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Während früher die sizilianische Cosa Nostra als mächtigste Mafia-Organisation galt, hat in den letzten zwei Jahrzehnten die kalabrische ’Ndrangheta eine steile Karriere hingelegt. „Nach den Morden an den beiden Staatsanwälten Giovanni Falcone und Paolo Borsellino waren die Scheinwerfer des öffentlichen Interesses fast ausschließlich auf Sizilien gerichtet,“ und im Schatten der Cosa Nostra konnte die `Ndrangheta fast unbemerkt wachsen. „Aus den bäuerlichen Clans, die einander Schafe raubten, war die reichste Mafiaorganisation Italiens geworden, mit einem geschätzten jährlichen Geschäftsumsatz von 45 Milliarden Euro“ [Reski 2010:87].

Die Mafia ist die größte italienische Holding, mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 135 Milliarden Euro und einem Nettogewinn von 70 Milliarden Euro [4]. Im Oktober 2009 berichtete die englische The Guardian [5], dass die Mafia 14,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Italiens kontrolliert, das heißt eines Landes, das zu der Gruppe der acht mächtigsten Nationen der Welt gehört (G8).

Die Aktivitäten der Mafia liegen nicht nur in Waffen- und Kokainhandel, Betrug und Fälschung, Mord und Erpressung. Die Mafia braucht auch das legale Geschäft (z.B. Restaurants und Pizzerien), unter anderem um ihr Geld zu waschen. „In Italien gaben die Antimafiafahnder im Sommer 2010 bekannt, dass heute mindestens 5.000 Restaurants Geldwaschanlagen der Mafia sind, in Großstädten wie Rom und Mailand soll sogar jedes fünfte Restaurant der Mafia gehören“ [Reski 2010:111].

Die Mafia mischt auch im Baugeschäft und Finanzhandel kräftig mit.

In Italien pflegt die Mafia seit mehr als einem halben Jahrhundert enge Kontakte zur Politik. Der sizilianische Staatsanwalt und oberste Mafia-Jäger Piero Grasso beschreibt dieses Verhältnis so: „Mafia und Politik verhalten sich zueinander wie der Fisch und das Wasser: Es gibt kein Wasser ohne Fische und keine Fische ohne Wasser. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Politik eher Lust auf die Mafia hat und sich davon nicht wirklich befreien will.“

Die Mafia kontrolliert viele Wählerstimmen und war in Italien immer wieder Teil der Regierung. Mehrere Mafiaaussteiger wie Tommaso Buscetta berichteten vor den Richtern über die Treffen zwischen Giulio Andreotti und den Mafiabossen. Andreotti war 21mal Minister, 7mal Regierungschef, ewiger Strippenzieher der Democrazia Cristiana (DC) und zählt Henry Kissinger und Helmut Kohl zu seinen engen Freunden .

Seit 2010 ist endgültig bewiesen, dass auch Silvio Berlusconi seit Jahrzehnten enge Kontakte zur Mafia pflegt [8]. Der Mediator ist seine rechte Hand Marcello Dell’Utri.

Dell’Utri war leitender Manager von Berlusconi’s Holding Fininvest, Mitbegründet von Berlusconi’s Partei Forza Italia im Jahr 1993, von 1999 bis 2004 Europäischer Abgeordneter in den Reihen des Europäischen Volkspartei (PPE), heute Mitglied des italienischen Senats. Dell’Utri wurde 2004 zu einer Gefängnisstrafe von neuen Jahren verurteilt, wegen externer Beteiligung an einer mafiösen Vereinigung. Im Juni 2010 hat das Berufungsgericht von Palermo die Verurteilung bestätigt, die Gefängnisstrafe jedoch auf sieben Jahre herabgesetzt.

© Davide Brocchi, 15.12.2010

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Was Geheimdienste damit zu tun haben und wie sich so manches verändert hat beschreibt Alfred McCoy in einem seiner gut recherchierten Bücher :

Mit Drogenkriegen Politik betreiben – das gehört seit 50 Jahren zur Strategie der CIA, so Alfred W. McCoy in „Die CIA und das Heroin“. Und er kann es belegen. Was als Abwehrkampf gegen Kommunismus und Terrorismus gedacht war, hatte – und hat – dramatische Folgen.

Ganz gleich, ob in Südostasien, am Hindukusch oder in Südamerika, ob in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts oder in der Gegenwart: Die Drogenkriege der CIA laufen stets nach ein und demselben Muster ab. Lediglich das Feindbild hat sich geändert.

Über Jahrzehnte versuchte die Central Intelligence Agency die Ausbreitung des Kommunismus mit der Geheimwaffe Heroin einzudämmen, nun ist der islamistische Terrorismus als „Staatsfeind Nummer Eins“ in den Fokus gerückt.

Alfred McCoy kann seine Kernthese, ihre Ursachen und ihre Folgen, anhand zahlreicher Beispiele belegen. Das Muster der CIA-Aktionen funktionierte und funktioniert demnach überall so wie in Asien:

In Birma, Laos und Afghanistan sorgte eine gesteigerte Opiumproduktion für die entscheidende Unterstützung der Geheimoperationen. Als die Stammesgesellschaften für die CIA-Geheimkriege mobilisiert wurden, mussten sie Arbeitskräfte vom Subsistenzlandbau abziehen und sie in den Krieg umlenken. Dadurch sank die Lebensmittelproduktion. Um sich dennoch ausreichend versorgen zu können, waren diese Gesellschaften nun auf die vergleichsweise guten Erlöse aus dem marktorientierten und zudem nicht so arbeitsintensiven Mohnanbau angewiesen. Aus Sicht der CIA ersparten ihr die Erlöse aus dem Drogenverkauf hohe, vielleicht sogar unbezahlbar hohe Kosten.

Die Folgen sind stets verheerend: Aus den von der CIA protegierten lokalen Kriegsherrn werden Drogenproduzenten, die an ihrem Geschäftsmodell auch dann noch festhalten, wenn die CIA ihre Dienste nicht mehr benötigt. So entstand in der Mitte des letzten Jahrhunderts mit maßgeblicher Unterstützung des US-Geheimdiensts das so genannte „Goldene Dreieck“ in der Region Laos-Thailand-Birma. Dort wurde im Überfluss hochwertiges Heroin hergestellt, das zunächst buchstäblich tonnenweise von den GIs im Vietnamkrieg konsumiert wurde – und später dann den amerikanischen Markt überflutete.

Die Zahl der Rauschgiftabhängigen wuchs dramatisch an

Aber nicht nur Millionen von US-Bürgern wurden auf diese Weise zu Drogenopfern, die Produkte der riesigen Mohnanbaugebiete fanden überall auf der Welt ihre Abnehmer. Somit führte die fahrlässige Drogenpolitik der CIA ungewollt zu einem dramatischen Anstieg der Zahl von Rauschgiftabhängigen auf allen Kontinenten, während zugleich ganze Regionen und Staaten dauerhaft destabilisiert wurden.

Denn die Bemühungen der USA – und auch das zeigt McCoy in seinem Buch –, die aus dem Ruder gelaufene Heroinproduktion nach dem Abschluss der verdeckten militärischen Operationen zu unterbinden, schlagen in der Regel fehl: Die lokalen Drogenkartelle sind meist mächtig genug sich zu widersetzen, etwa durch eine flexible Verlagerung der Anbaugebiete oder durch Bestechung der korrupten Politiker in ihrer Heimat. So verharrt die Verbreitung von Drogen auf hohem Niveau, mit weltweiten katastrophalen Konsequenzen:

Während der 1990er Jahre speiste die stark steigende afghanische Opiumernte einen internationalen Schmuggel, der Zentralasien, Russland und Europa zu einem riesigen illegalen Markt für Waffen, Drogen und Geldwäsche verknüpfte: Die Drogen flossen aus Afghanistan Richtung Westen nach Europa; Waffen und Geld strömten nach Osten zurück (…) Wo immer dieser unsichtbare Handel Etappe machte, um das Rauschgift zu verarbeiten, zu verpacken oder zu tauschen, verästelte sich das illegale Geschäft rasch und förderte Korruption, Massensucht und HIV-Infektionen. Durch die Alchemie des Kapitalismus entstanden allenthalben Mafiaorganisationen, bewaffnete ethnische Separatisten und eine Kultur der Kriminalität.

Alfred McCoys Buch „Die CIA und das Heroin“, das in den USA erstmals 1972 erschien, gilt längst als Klassiker, der jetzt aktualisiert in deutscher Übersetzung vorliegt. Vor über vierzig Jahren wäre es der CIA beinahe gelungen, eine Veröffentlichung des Buches zu verhindern. Inzwischen ist McCoy ein hoch angesehener Hochschullehrer, der mehrfach als Experte in staatlichen Untersuchungskommissionen zur Verstrickung der CIA in den internationalen Drogenhandel befragt wurde.

Meine einstmals umstrittene These über die Komplizenschaft der CIA im Drogenhandel, die sich aus ihrer engen Zusammenarbeit mit mächtigen Drogenbaronen ergibt, wird von den eigenen Quellen des Geheimdienstes und, wichtiger noch, von der Geschichte selbst untermauert.

Die Alleingänge der CIA sabotierten die US-Außenpolitik

An mehreren Stellen weist der Autor zudem nach, wie sehr sich die CIA mit ihrer Drogenpolitik in Alleingänge verstrickte, die die offizielle Washingtoner Agenda sabotierten:

Indem sie geflissentlich den Drogenhandel ihrer geheimen Bundesgenossen übersah, verletzte die CIA das US-Geheimdienstgesetz und spätere Regierungsdirektiven, die von ihr Informationen zur Unterstützung der Drogenkriege verlangten.

Alfred McCoy beschreibt äußerst detailliert, anschaulich und kenntnisreich die fatalen Irrtümer der CIA-Drogenpolitik. Bei der Lektüre begegnen dem Leser berühmt-berüchtigte Stichworte wie „Medellin-Kartell“, „Iran-Contra-Affäre“ oder „French Connection“, um nur einige zu nennen. In ausführlichen Exkursen, etwa unter dem Titel „Eine kleine Geschichte des Heroins“ liefert der Autor zahllose vertiefende Informationen über sein akademisches Lebensthema, das ihn seit gut einem halben Jahrhundert nicht loslässt. Es ist sein bleibendes Verdienst, dass er diese dunkle Seite einer völlig verfehlten amerikanischen Geheimdienst-Politik ausleuchtet.

Mafia, Geheimdienste und Politik der USA

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• 10/88-9/2000

• 10/00-9/2001

• 10/2001-2006

Diese Chronik behandelt die Geschichte des Organisierten Verbrechens und der

Geheimdienste in den USA sowie deren Einflüsse auf die Politik.

Schwerpunkte bilden:

-die Präsidentschaften von John F. Kennedy, Richard Nixon, George Bush sen. und jun;

-die Ermordungen von John und Robert Kennedy, Marilyn Monroe und Martin Luther King;

-die Mafia in Chicago, Louisiana und New York;

-die Aktivitäten von CIA, FBI, NSA, Secret Service und der Militärgeheimdienste;

-die Kriege gegen Korea, Kuba, Vietnam, den Irak und Afghanistan;

-der 1 1 .September 2001 und der amerikanische Staatsterrorismus.

Zudem gibt es viele weitere Informationen zu relevanten, zeitlich angeordneten

Ereignissen.

Zu Beginn der jeweiligen Abschnitte sind die Stichworte und

Personen angegeben, die behandelt werden und mit den Links schnell gefunden

werden können.

Quellen

I Für eine vertiefte Beschäftigung mit dem jeweiligen Ereignis, Akteur oder Land habe

IlTheaterstück-l ich ^' e verwenc| eten Quellen angegeben und in einem

Expose

Kontakt:

zusammengefasst.

Diese Chronik ist die Zusammenfassung meiner Recherchen für das Theaterstück

, die ich weitergeführt und aktualisiert habe.

Last update 22. Februar 2006

Mafia, Geheimdienste und Politik der USA

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1:1865-1

Die wichtigsten Themen der einzelnen Abschnitte sind:

Die Entstehung und Konsolidierung der Mafia sowie die

Karrieren von J. Edgar Hoover, Prescott Bush und Joe Kennedy.

Die Kooperation von Armee, Geheimdienste, Industrie, Mafia,

Faschisten und Vatikan im 2. Weltkrieg und danach.

9:7/64-9/68

10:10/68-8/7 '

1 1 :9/74-8/8(

12:9/80-9/8?

13:10/88-9/0(

14:10/00-9/0 -

15:1 0/01 -20(

Quellen

.eaterstück:

Kontakt:

Mafia, Nixon und den Faschisten.

Die Mafia-Unterstützung für Kennedy und Nixon, die Revolution

in Kuba und die Interventionen der CIA.

Das erste Jahr der Präsidentschaft Kennedys: Aussenpolitik,

Geheimdienste, Mafia und Frauen.

Die Ermordung von Marilyn Monroe und die Kuba-Krise.

Kennedys Konfrontationspolitik und die Entstehung einer

Gegenallianz.

Die Ermordung von John F. Kennedy und die Ermittlungen der

Warren-Kommission.

Der Vietnamkrieg, der Garrison-Prozess und die Ermordungen

von Martin Luther King und Robert Kennedy.

Die Präsidentschaft von Richard Nixon: Vietnamkrieg, Putsch

in Chile und Watergate.

Die Aktionen der CIA in Italien, Kambodscha, Indonesien, Iran,

Afghanistan, Nicaragua und Irak unter Ford und Carter.

Der Iran-Contra- und der Sparkassenskandal während der

Reagan/Bush-Regierung.

Die Präsidentschaften von George Bush und Bill Clinton mit

der Panama-Invasion und dem Golfkrieg.

George W. Bush und das Terror- Attentat vom 1 1 . September

2001.

Die Folgen von 9-1 1 : Anthrax, Patriot Act, die Kriege gegen

Afghanistan und den Irak.

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Übersieh

Einleitung:

1865-1938

1939-1948

1949-1955

1956-1960

Zum Text

Die einzelnen Ereignisse und Biographien dieser Chronik sind

unterschiedlich genau dargestellt, weil ich im Rahmen meiner

Recherchen für das Theaterstück primär die

Hintergründe für Präsident Kennedys Ermordung verstehen wollte. Ich

habe jedoch auch andere wichtige Ereignisse und spätere

Entwicklungen (vor allem die Präsidentschaften von Nixon und Bush

sen. und jun.) in diese Chronik miteinbezogen. Der Text, eine

komprimierte Zusammenstellung von Fakten, Personen und ihren

Verbindungen, ist in 15 Abschnitte unterteilt.

1963-11/1

11/63-6/196'

7/1 964-9/1 9(

10/68-8/197'

9/1974-8/19?

9/1980-9/19?

10/88-9/200 (

10/00-9/20(

10/2001- 200

Quellen

.eaterstück:

Kontakt:

Methodologische Grundsätze

Staaten und Institutionen sind soziale Konstrukte. Wörter wie

"Regierung", "CIA" oder "Mafia" verweisen auf kollektive Illusionen, die

für die Koordination menschlichen Verhaltens handlungsrelevant sind.

Die Konstruktionen in den Köpfen werden durch Handlungen zu Fakten

(Faktum = Gemachtes). Wir haben keine andere Wahl, als am

Selbstverständnis der Akteure anzusetzen und diese Konstruktionen

ebenfalls zu verwenden, um das Funktionieren von Politik, Gesellschaft

oder Wirtschaft rekonstruieren zu können. Die begrifflichen Traditionen

erleichtern die historische Analyse, beinhalten aber die Gefahr der

alltagstheoretischen Selbstverständlichkeit. Denn "Staatsschutz",

"nationale Sicherheitsinteressen" oder "Gesetze" sind im Wesentlichen

Legitimationsformeln, um bestehende Macht- und

Herrschaftsverhältnisse aufrecht zu erhalten.

Da die Geheimdienste und die Mafia keine schriftlichen Quellen

hinterlassen oder diese meist nur ungenügend zugänglich sind, bleibt

die Historiographie ihrer Aktivitäten und Wirkungen ein delikates

Unterfangen. Die mangelnden 'Beweise' müssen durch mehrschichtige

Rekonstruktionen, systematische Vergleiche und detailierte

Fallanalysen kompensiert werden, entsprechend der

kriminalpolizeilichen Doktrin Ciceros: "Cui bono?"

Trotzdem bleiben Rekonstruktionen wie diese Chronik anfällig für die

Diffamierung als "Verschwörungstheorien." Jede Theorie und jede

Geschichtsschreibung muss die Komplexität der Ereignisse und

Zusammenhänge auf die wichtigen Faktoren reduzieren und mit

Generalisierungen arbeiten. Es gibt keine Person oder politische

Gruppe, die die Welt beherrschen könnte, sondern nur unzählige

Akteure, die jedoch gruppenspezifische Interessen verfolgen. Von ihren

Überzeugungen und Intentionen muss jede historische Analyse

ausgehen und diese in Bezug auf die Kontexte rekonstruieren, indem

sie nach den Möglichkeiten, Bedingungen und Effekte der

Handlungsfelder fragt. Politik ist das Feld der institutionalisierten

Machtkämpfe, bei dem die inoffiziellen Kampfmittel nicht ausgeblendet

werden dürfen.

Politische Einschätzungen

Die politische Struktur der der USA lässt sich am besten als

Faschismus charakterisieren, weil die Grosskonzerne, die

Geheimdienste, die Armee, die beiden Parteien und kriminelle

Organisationen personell und institutionell eng miteinander verflochten

sind und sich die Macht teilen. Demokratische Entscheidungen gibt es

in den USA noch weitgehend auf der lokalen Ebene, während die

Einzelstaaten und die Bundesregierung von einem plutokratischen Filz

korporativer Eliten beherrscht werden. Die Verflechtungen von

Industrie, Militär, Polizei, Medien, Regierung, Mafia und der

Geheimdienste lassen 'die Demokratie' zu einer Fassade verkommen.

Dies funktioniert in den USA besonders gut, weil die grosse Mehrheit

der Amerikaner über ein geringes politisches Bewusstsein verfügt, das

mit einer starken Religiosität gekoppelt ist und deshalb sehr einfach

manipuliert und kontrolliert werden kann. Kein anderes westliches Land

definiert sich so stark über den Verweis auf Gott und glaubt, dessen

Werk im auserwählten Land zu verwirklichen. Deshalb ist die

Religiosität gekoppelt mit einem Patriotismus, der mit dem Mythos der

Gründerväter und einer 'sakralen' Verfassung identifiziert wird und

immer noch als Primärtugend gilt, eine Tragödie. Die Verehrung der

Flagge bleibt ebenso unhinterfragt wie die Verdrängung die Geschichte

der Verklavung der Afroamerikaner und der Genozid der Ureinwohner

(es gibt in Washington D.C. ein Holocaust-Denkmal, aber keines für

Sklaven).

Ebenso unbekannt bleibt meist die Bedeutung der 'underground'-

Organisationen. Geheimdienste sind Manipulations- und

Unterdrückungsapparate, die jeder Idee von Demokratie

widersprechen, da sie weitgehend unkontrolliert und unter Ausschluss

von Öffentlichkeit arbeiten. Aufgrund der Möglichkeiten zur

Mittelbeschaffung und -anwendung in einem rechtsfreien Raum ist das

Kriminalitäts- und Gewaltpotenzial der Geheimdienste zwangsläufig

hoch, und die Assoziation mit (anderen) kriminellen Organisationen

naheliegend. Geheimdienste und Mafiaorganisationen sind die grössten

Bedrohungen eines friedlichen und vernünftigen Zusammenlebens der

Menschen, sowohl auf regionaler wie globaler Ebene. Der wirksamste

Schutz der Bürger vor den klandestinen Organisationen ist die

Veröffentlichung der Geheimnisse und die Einforderung demokratischer

Kontrollen. Nicht nur auf politischer, sondern auch auch wirtschaftlicher

Ebene.

lic. phil. Richard Kohler

Mafia, Geheimdienste und Politik der USA

Teil 1 (1865 bis 1938)

Dieser Teil der Chronik behandelt die Entstehung, Immigration und Konsolidierung der

Mafia, die US-Politik in Lateinamerika und die Aktivitäten von J. Edgar Hoover, Prescott

Bush, Joe Kennedy und Franklin D. Roosevelt.

Die zentralen Themen und Personen sind:

Entstehung der Mafia , Ermordung von Abraham Lincoln , Gründung des Secret Service,

Immigration der Mafia , Lateinamerika-Politik der USA , Monroe-Doktrin, Krieg gegen

Spanien, Interventionen in Kuba, Honduras, Nicaragua, Panama und Guatemala, Erster

Weltkrieg , Kooperation von Prescott Bush, Avereil Harriman und George Herbert Walker,

Prohibition , Konsolidierung der Mafia, Die Karriere von Joseph Kennedv , Partner Frank

Costello, J. Edgar Hoover beim FBI , AI Capone in Chicago , Flucht der Mafia aus Sizilien,

Börsenkrise 1929 , Die Mafia in New York : Lucky Luciano, Meyer Lansky, Benny Siegel, Joe

Masseria, Castellammare-Krieg, Salvatore Maranzano, Amerikanisierung der Mafia, Murder

Ine, Albert Anastasia, Roosevelt und Kennedv , Das Kartell der Erdölgesellschaften , John D.

Rockefeiler, Aristoteles Onassis, Das Attentat auf Roosevelt , Aufhebung der Prohibition ,

Glückspielgeschäft, Gewerkschaften, Heroinhandel, Meyer Lansky, Upton Sinclair , Die

Mafiakarriere von Carlos Marcello , Mafiaverfolgung , Hoover, die Nazis und die Mafia ,

Botschafter Kennedv in England .

Der Text umfasst ca. 24 Seiten.

Home Vorwärts zu Teil 2

1865: Die Entstehung der Mafia

Nach 1812 wurde der Feudalismus in Sizilien nach und nach gesetzlich abgeschafft. Da die

Landadeligen und Feudalherren die Bauern nicht mehr zur Arbeit zwingen konnten, verpachteten

sie ihre Latifundien an skrupellose Dorfhonoratioren, die die Bauern notfalls mit Schlägertruppen

auf die Felder treiben. Gegen die Franzosen entstand eine Untergrundbewegung in Form einer

Geheimgesellschaft, die mit dem Slogan "Morte Alla Francia Italia Anela!" Aufstände anzettelt.

Mithilfe der Bauern können die Truppen Garibaldis 1860 die Bourbonen stürzen und Sizilien wird

ein Teil des Königreiches Italien. Aber statt der ersehnten Freiheit von den parasitären

Landbesitzern folgen nach der Proklamation des italienischen Nationalstaates die Truppen und

Polizisten der Bourgoisie aus dem Norden und beuten den Süden wie eine Kolonie aus. Politisch

bleibt jedoch ein Vakuum, in dem lokale Herrscher sich durchsetzen können. 1865 schliessen sich

die sizilianischen Grossgrundbesitzer zu einer grossen Geheimgesellschaft, der "onorata societä",

zusammen. Mitglieder dieser "Ehrenwerten Gesellschaft" erobern die Kontrolle der

Stadtregierungen und des Managements der Fabriken. Um 1900 gibt es im westlichen Drittel der

Insel kaum eine Ecke, die sich dem Einfluss der Mafia entzieht. Der Begriff "Mafia" wird 1865 das

erste Mal von einer Strafverfolgungsbehörde für Gruppen von kleinen Hehlern und Organisatoren

von Verbrechen verwendet. Bald darauf wird er nur noch auf kriminelle Vereinigungen bezogen,

die von einem Boss geleitet werden und über Klientel-Beziehungen ihre Umwelt beherrschen.

Diese Mafiosi mit ihren Schlägertruppen hatten nie die Absicht, die Bauern und Kleingewerbe

gegen Unterdrücker zu verteidigen, sondern sie wollten sie selbst ausbeuten. Das insulare

Misstrauen gegen die italienische Staatsautorität hat allerdings zu einem gewissen Schutz

mafioser Geschäfte durch manche Bevölkerungsgruppen geführt. Obwohl es einen capo di tutti

capi gibt, um 1900 ist dies Don Vito Cascio Ferro, der bei Interessenkonflikten und Streitigkeiten

oberste Autorität geniesst, bleiben die Mafiosi lokale Herrscher.

Während es in Sizilien nie eine einheitliche Organisation mit Zentralleitung gibt, hat sich in Neapel

ein uniformes, straff hierarchisierstes Stadt-Gangstertum entwickelt. Im Unterschied zur Mafia

besetzen Camorra-Bosse keine hohen politischen Positionen und können jederzeit ausgewechselt

werden. Bei der Mafia steht die Familie im Vordergrund; dagegen rekrutiert die 'ndrangheta in

Kalabrien ihre Mitglieder aus den untersten Schichten, die gegenüber Sozialrevolutionären Ideen

viel aufgeschlossener sind. Ihre kriminellen Tätigkeiten liegen im Agrarsektor

(Schutzgelderpressung für Plantagen, Beherrschung der grünen Märkte) und im politischen

Bereich (Wahlstimmenbeschaffung und Einschüchterung von Gegnern) und haben durchaus auch

gewerkschaftliche Aspekte. Der Widerstand des von Fremdherrschaft gezeichneteten Südens

gegen die Zentralregierung und die damit verbundene Schwäche der staatlichen Institutionen

eröffnen jenes Machtvakuum, in dem das Briganten-Gangstertum und die organisierte Kriminalität

entstehen kann.

Quellen : Raith: 48-82, Davis (1994): 20-22, Best: 2.

April 1869: Ermordung von Abraham Lincoln top.

Präsident Abraham Lincoln wird vom 21jährigen Schauspieler John Wilkes Booth, einem angeblich

verrückten Einzeltäter, am 16.4.1865 ermordet. Gleichzeitig mit Lincoln werden zwei seiner

Kabinettsmitglieder an verschiedenen Orten in Washington ermordet. Die Motive des Täters und

der Tathergang bleiben im Dunkeln, wichtige Beweismaterialien verschwinden, und Booth wird

später im Gefängnis umgebracht. Diese Ermordung im typischen Mafiastil ist wie eine Vorlage für

das Kennedy-Attentat.

Im gleichen Jahr wird der Secret Service zur Verfolgung von Falschgeldherstellern gegründet,

weshalb er dem Finanzministerium untersteht. Obwohl schon am 10.1.1835 ein bewaffneter Angriff

auf Präsident Andrew Jackson missglückte, wird erst 1881, nach dem Anschlag auf Präsident

James A. Garfield, eine Polizeibewachung des Weissen Hauses organisiert. Secret Service-

Agenten übernehmen Begleitschutzaufgaben, als Präsident Grover Cleveland 1884

Morddrohungen erhält. Und erst nach der Ermordung von Präsident William McKinley am 6.9.1901

verfügt der Kongress einen Vollzeitschutz durch den Secret Service. Nach einem Mordversuch an

Harry S. Truman 1951 wird der Begleitschutz auch auf Familienangehörige und den

Vizepräsidenten ausgedehnt.

Quellen : Scott (1993): 295, Marrs: 240f.

1869: Immigration in die USA top

Während dem 19. und 20. Jahrhundert emmigrieren über eine Million Sizilianer in die USA. Die

italienischen und sizilianischen Einwanderer haben das organisierte Verbrechen nicht als erste in

die USA gebracht. Es gibt bereits irische und jüdische Gangster, die sich organisieren. Die Iren

haben kein Sprachproblem und alliieren sich mit den Politikern, für die sie Wähler einschüchtern

oder gegnerische Wahlveranstaltungen stören.

Die Sizilianer spezialisieren sich zuerst auf die Erpressung ihrer Landsleute und auf

Falschgeldherstellung. In Louisiana formieren sich 1869 vier von der italienischen Polizei aus

Palermo ausgewiesene Banditen zu einem Bund, den sie "Stoppagherra Society" nennen und der

eine Art Kolonie der sizilianischen Mafia darstellt. Kurz nach dem Bürgerkrieg organisiert der Sohn

eines sizilianischen Einwanderers, Joseph Macheca, die erste Familie in New Orleans, die

mehrheitlich im Hafen aktiv ist. Der sizilianische Mafioso Giuseppe Esposito flüchtet nach der

Ermordung seines Bosses De Leoni nach New Orleans und versucht als "Radzo" den Lokalboss

Tony Labruzzo zu entmachten. Dieser schaltet die Polizisten Mike und David Hennessy ein, worauf

Esposito verhaftet und nach Italien abgeschoben wird. Labruzzo wird daraufhin von Giuliano

Ardotta umgebracht, und auch Mike Hennessy wird erschossen. Ende der 80er Jahre entwickelt

sich die Organisation zur ersten voll organisierten Verbrecherfamilie in den USA. An ihrer Spitze

stehen als Nachfolger Machecas die Brüder Charles und Tony Matranza, die mit etwa 300

Mitgliedern den French Market für die Standard Fruit Company kontrollieren und die Werften und

Kais der gegnerischen Provenzanos ebenfalls unterjochen wollen. David Hennessy, alliiert mit den

neapolitanischen Provenzanos, schaltet sich in den entstehenden Krieg ein und wird am

15.10.1890 umgebracht. 19 Mitglieder der Matranza-Bande werden angeklagt, aber dank

Todesdrohungen und Bestechungen freigesprochen. Die erzürnte Bevölkerung stürmt unter der

Führung von William S. Parkinson das Gefängnis und lyncht 1 1 der Mobster. Nachfolger der

Matranzas wird Sam "Silver Dollar" Carolla, der die Kontrolle der Territorien der Provenzanos

sichert.

Zwischen 1890 und 1920 kommen insgesamt mehr als 18 Millionen neue Bürger in die Vereinigten

Staaten, darunter sehr viele Kinder, die durch öffentliche Bildung integriert werden müssen. Als das

Stück des jüdischen Autors Israel Zangwill The Melting Pot 1908 in Washington Premiere hat,

befinden sich die Vereinigten Staaten mitten in der grössten Einwanderungswelle, die das Land je

erlebt hat. Die Metapher des "Schmelztiegels" verweist nicht einfach auf Ideologie, wenn man die

Institutionen der Integration betrachtet, also die Schulen und öffentlichen Bildungseinrichtungen.

Das Ziel der sozialen und kulturellen "Verschmelzung" kann nur mit einer integrativen Schulung

erreicht werden, die mit grossem Mittelaufwand angestrebt wird. Alle Einwanderergruppen bringen

kriminelle Organisationen hervor. Beispielsweise sind die Banden von Jesse Woodson James in

den Südstaaten Anglo-Saxen.

In Pennsylvania formen Stefano LaTorre und Santo Volpe "The Men of Montedoro", da um die

hundert Familien aus diesem sizilianischen Ort stammen. Ihr Einfluss auf die Kohleminenarbeiter

führt zur ersten Kontrolle einer Gewerkschaft, der United Mine Workers.

In Chicago werden nach sozialistischen Agitationen auf dem Haymarket und einer Verschwörung

des Managements vier Gewerkschaftsführer zum Tod verurteilt und am 1 .5.86 gehängt. Dieser Tag

wird seither jedes Jahr als Gewerkschaftstag begangen. Ende des Jahrhunderts entstehen die

irische Organisation unter Charles Dion O'Bannion und sizilianische und italienische Gangs wie die

"Camoras", die "Secret Hands" oder die "Mysterious Hands", die ihre Landsleute terrorisieren und

erpressen. Die bekannteste Gang wird die sizilianische "Black Hands". Deren Chef ist ab 1905

Diamond Joe Esposito, der dank seiner Korruptionstaktik und seinen Beziehungen zur Politik zum

Boss aufsteigt. Der zweite wichtige Mann ist Big Jim Colosimo, der seine Karriere bei einer

Puffmutter begann und nun die Prostitution kontrolliert. Die zunehmende Konkurrenz der Gangs

führt zu Kämpfen und erfordert immer wieder Verstärkung: Esposito lässt die Genna-Brüder aus

Sizilien kommen, Colosimo wird Johnny Torrio aus New York holen, und die lokalen Gangs von

jungen Kriminellen werden rekrutiert.

Die sizilianischen Immigranten in New York lassen sich mehrheitlich in Harlem, die

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9783754172797
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