Читать книгу: «Ein Hauch Zufriedenheit», страница 3

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Sie hält ihre Hand an die Stirn.

Oma Anni schaut sie traurig an und ist etwas ratlos.

„Na gut, dann lass ich dich mal wieder allein“, sagt sie und schließt die Tür.

Jutta schaut ihr erwartungsvoll entgegen.

„Jenny hat keinen Hunger“, sagt Oma Anni und setzt sich neben Janek. „Was hältst du davon, wenn du einfach ein paar Tage mit bei uns in der Pension wohnst? Dann hat Jenny ihr Zimmer für sich allein und etwas Ruhe.“

„Das wäre prima“, sagt Janek. „Aber nur bis übermorgen. Danach bin ich bei Mama. Wir wollen unser Weihnachtsfest vorverlegen. Sie fährt Heiligabend in Urlaub.“

„Gut“, sagt Oma Anni.

Janek kaut gierig an seinem Steak und sagt entschuldigend: „Ich hatte vielleicht Hunger.“

„Schön, dass es dir schmeckt“, sagt Jutta. „Dein Papa hat sich viel Arbeit mit dem Essen gemacht.“

„Das glaube ich nicht“, erwidert Markus´ Vater. „Er hat schon immer gern gekocht.“

Als Janek aufgegessen hat, steht er auf. „Ich gehe mal zu Jenny und sage ihr, dass sie mich in den nächsten Tagen nicht ertragen muss.“

„Warte mal“, sagt Oma Anni und nimmt sich einen Teller. Sie legt eine reichliche Portion darauf. „Hier, nimm den Jenny mit und stell ihn einfach auf ihren Tisch.“ Sie drückt ihm den Teller in die Hand.

„Die beiden sind so verschieden“, sagt Jutta. „Janek und Markus tun mir oft leid, weil Jenny mit ihrem unmöglichen Verhalten so viel kaputt macht.“

„Sie ist doch schon etwas umgänglicher geworden“, sagt Markus. „Sobald sie einen Freund hat, wird sie lammfromm. Du wirst sehen.“

Jutta verdreht die Augen.

„Hoffentlich. Seid ihr alle satt?“

Markus´ Eltern nicken. Markus öffnet eine Flasche Sekt und füllt die Gläser. Jutta nimmt sich Orangensaft. Sie stoßen auf ihr Kennenlernen und das zu erwartende Baby an.

„Herzlich willkommen in unserer Familie“, sagt Markus´ Vater und lächelt Jutta an.

„Endlich bekommen wir eine freundliche Schwiegertochter, wie wir sie uns schon immer gewünscht haben“, sagt Oma Anni.

„Das wird bestimmt noch bis zum Sommer dauern“, sagt Jutta. „Markus hat euch sicher erzählt, dass wir noch auf die Scheidungstermine warten müssen.“

„Ja, aber das ist nur eine Formsache. Lass uns positiv in die Zukunft sehen“, erwidert Oma Anni. „Wir sind sehr froh darüber, dass wir Janek jetzt wieder sehen dürfen.“

„Ich dachte, dass Markus´ Schwiegervater einen Scherz macht“, sagt Jutta kopfschüttelnd, „als er mir erzählte, dass seine Tochter allen den Kontakt mit Janek verboten hat.“ Markus´ Eltern sehen Jutta fragend an, sodass sie weiter berichtet. „Das war eine aufregende Zeit. Ich war voll im Umzugsstress und wollte eigentlich erst mal zur Ruhe kommen. Eines Tages stand Herr Winkler vor meiner Tür und bat mich um die Erlaubnis, meine Mutter treffen zu dürfen. Er erklärte mir dann, dass seine Tochter ihn erpressen würde. Sie verlangte von ihm, dass er nach dem Tod seiner Frau allein bleiben muss. Sollte er sich jedoch weiterhin mit meiner Mutter treffen, dürften er und Markus Janek nie wiedersehen. Ich konnte das gar nicht glauben. Jeder sollte doch froh sein, wenn seine Angehörigen zufrieden sind. Zum Glück habe ich dadurch mit Markus zusammengefunden.“

Sie schaut ihn liebevoll an. Er grinst. Daraufhin röten sich ihre Wangen wieder, weil sie sich auch an das Durcheinander ihres Verliebens erinnert. Markus streichelt ihre Hand und gibt ihr einen Kuss.

„Das hast du uns noch gar nicht erzählt“, sagt sein Vater zu ihm, „dass Juttas Mutter mit deinem Schwiegervater liiert ist.“

Jutta schüttelt den Kopf. „Nein, ist er nicht. Herr Winkler wollte nicht allein sein und hat sich sehr um meine Mutter bemüht. Leider ist sie mit ihrer derzeitigen Situation so unzufrieden, dass sie einfach zu niemandem freundlich sein kann. Ich hatte gehofft, dass sich das mit der Zeit ändern würde, aber sie verärgert uns am laufenden Band. Herr Winkler hat bei meiner Einzugsparty Frau Wiehmer, die Sekretärin unserer Agentur, kennengelernt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Es ist eine Freude zu sehen, wie glücklich sie miteinander sind.“

„Und Janeks Mutter scheint ihre neue Liebe auch gut zu tun“, sagt Markus, „sodass sie verständnisvoller geworden ist und ihr Umgangsverbot aufgehoben hat. Jetzt ist sie sogar froh darüber, dass Janek bei uns wohnen kann.“

„Was die Liebe doch für Wunder bewirken kann“, stellt sein Vater fest. „Junge, so glücklich haben wir dich bisher nur selten gesehen.“

„Dass ich den Job in der Agentur bekommen habe, war auch großes Glück“, sagt Markus. „Mein Chef ist Juttas alter Schulfreund. Er hatte mit dem Umbau des Reiterhofes so viel zu tun, dass er mir weitestgehend die Verantwortung in der Agentur überlassen hat. Und für mein Privatleben konnte mir nichts Besseres passieren, als dass mir diese bezaubernde Frau über den Weg lief.“

Juttas Wangen beginnen nun zu glühen, sodass Markus sagt: „Schatz, mit Komplimenten kannst du einfach nicht umgehen.“

Es ist ihr peinlich, dass ihr immer anzusehen ist, wie ihr gerade zumute ist. Sie senkt den Blick.

„Das zeigt doch nur, dass du Gefühle und ein reines Gewissen hast“, sagt Markus´ Vater zu ihr.

Sie lächelt ihn dankbar an. „Ich bin so erleichtert, dass ihr freundlich seid.“

„Das können wir von dir auch nur bestätigen“, sagt Oma Anni. „Ich werde es noch einmal bei Jenny versuchen.“

Sie klopft wieder an. Janek öffnet die Tür und verdreht die Augen. „Ich wollte gerade zu euch kommen.“

„Geh nur“, sagt seine Oma zu ihm.

Sie schließt hinter sich die Tür und schaut Jenny freundlich an.

„Was wollen Sie denn schon wieder?“, fragt Jenny.

„Dich bitten, mit zu uns zu kommen.“

„Nein! Das werde ich auf gar keinen Fall tun. Warum können Sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?“

„Weil Alleinsein nicht schön ist.“

„Für mich schon.“

„Na gut“, sagt Oma Anni resigniert. „Eigentlich wollte ich dir vorschlagen, dass wir noch vor Weihnachten gemeinsam einen ausgiebigen Einkaufsbummel machen. Da ich dich noch nicht kenne, weiß ich nicht, was dir gefallen würde. Deshalb möchte ich, dass du mir etwas auf die Sprünge hilfst, damit du dich über unser Weihnachtsgeschenk freust.“

„Ich brauche nichts“, sagt Jenny.

„Schade“, sagt Oma Anni.

Als sie den leeren Teller auf dem Tisch stehen sieht, lächelt sie zufrieden. Weil Jenny weiterhin nur wütend vor sich hinstarrt und sich sträubt, mit ihr zu reden, nimmt Oma Anni das Geschirr und lässt Jenny allein.

Mal sehen, wie lange es dauert, bis sie den Köder schluckt. Welches junge Mädchen steht nicht auf einen Einkaufsbummel mit freier Auswahl?“, denkt Oma Anni zufrieden.

Als sie das Wohnzimmer betritt, lächelt sie noch immer. Jutta schaut sie irritiert an.

„Das wird schon noch“, sagt Oma Anni zu ihr.

„Janek möchte fahren“, sagt Markus zu seiner Mutter.

„Dann wünschen wir euch einen schönen Abend“, sagt Oma Anni zum Abschied und umarmt erst Markus und danach Jutta herzlich. „Nimm dir Jennys Wut nicht so zu Herzen und lass dich nicht ärgern.“

„Das ist leicht gesagt“, antwortet Jutta.

4

„Olli, die Jungs sind schon munter“, sagt Christine und stupst ihn an.

„Können die Kinder nicht mal Weihnachten etwas Rücksicht auf uns nehmen“, murmelt er.

An seinen gleichmäßigen Atemzügen erkennt Christine, dass er bereits weiterschläft.

Sie quält sich aus dem Bett und geht in Daniels Zimmer.

„Duten Morgen, Mama Dristine“, wird sie von Bertram begrüßt.

„Wieso seid ihr schon wach?“, fragt sie die Jungs.

„Heute kommt doch der Weihnachtsmann“, sagt Daniel und grinst seine Mutter fröhlich an. Er holt mit einem Kissen aus, um damit nach Richard zu werfen.

„Morgen dommt der Weihnachtsmann“, singt Bertram, während er übermütig auf dem Bett herumhüpft.

„Heute!“, rufen Daniel und Richard wie aus einem Mund.

„Macht bitte nicht so laut“, ermahnt Christine sie. „Bitte, nur noch ein Viertelstündchen. Ich mache euch auch ausnahmsweise den Fernseher an.“

Die Jungs krabbeln in ihre Schlafsäcke. Christine sammelt die Kissen ein und wirft eins nach dem anderen in das Hochbett. Daniel fängt sie laut lachend auf und verteilt sie. Christine überzeugt sich, dass das Fernsehprogramm noch ein Weilchen für Unterhaltung sorgen wird, und geht wieder ins Schlafzimmer.

Sie kuschelt sich mit unter Ollis Decke.

„Wie kann man früh nur schon so vergnügt sein?“, fragt sie verschlafen und seufzt.

Er zieht sie in seine Arme und gibt ihr einen Kuss.

„Fröhliche Weihnachten, mein Schatz.“

„Ich wünsche dir auch ein schönes Fest“, antwortet sie.

Da sie mit ihm noch einmal über die Wünsche seiner Söhne sprechen wollte, nutzt sie gleich die Gelegenheit.

„Bertram wird sehr enttäuscht sein, weil er keinen großen Hund bekommt.“

„Der Weihnachtsmann bringt ihm doch einen.“

„Einen aus Plüsch. Du weißt genau, was er sich wirklich wünscht.“

„Ach komm, Christine, nicht schon wieder diese Diskussion. Was wollen wir in unserem kleinen Haus mit einem großen Hund? Bertram kann doch jederzeit auf dem Reiterhof mit Cäsar spielen.“

„Das ist doch nicht das Gleiche. Ich hätte ihm gern als Alternative wenigstens ein kleines Hündchen geschenkt.“

„Wir brauchen nicht weiter darüber zu reden. Heute bekommen wir sowieso keinen Hund mehr, der zu uns passen würde, und das ist auch gut so.“

„Schade. Ich sehe jetzt schon sein trauriges Gesichtchen vor mir.“

„Richard bekommt seinen Wunsch auch nicht erfüllt. Er wollte ein neues Klavier. Das ist aber finanziell nicht drin.“

Christine seufzt.

Olli zieht seinen Arm unter ihr vor und sagt: „Zumindest hast du es jetzt geschafft, dass ich munter bin.“

„Ich mache Frühstück“, sagt sie und geht in die Küche.

Nach einer halben Stunde kommt Olli mit den Jungs nach unten. Alle drei sind bereits angezogen, ordentlich frisiert und strahlen um die Wette.

„Seid ihr schon aufgeregt?“, fragt Christine.

„Ja“, sagt Daniel. „Mama, ob der Weihnachtsmann mir meinen Wunsch erfüllt?“

Christine hebt die Schultern.

„Mal sehen.“

„Mir bringt er endlich einen danz droßen Hund mit“, sagt Bertram voller Überzeugung.

Christine zieht sich das Herz zusammen. Sie sieht Olli an. Er weicht ihrem Blick aus.

„Und für mich hat er bestimmt Oma Hedis altes Klavier ganz gemacht“, sagt Richard beinahe feierlich.

„Nun lasst uns erst einmal frühstücken. Nachher machen wir eine Schneeballschlacht. Habt ihr schon gesehen, wie viel Schnee in der Nacht gefallen ist?“, fragt Olli, um die Kleinen abzulenken.

Alle drei nicken.

„Bauen wir auch einen danz droßen Schneemann?“, fragt Bertram.

„Natürlich. Das gehört doch zum Winter dazu. Christine, geht das für dich in Ordnung, wenn ich die Jungs beschäftige, oder brauchst du mich?“

„Ich habe soweit alles fertig“, antwortet sie. „Bis auf zwei bestimmte Kleinigkeiten, aber daran scheinst du ja wenig Interesse zu haben.“

„Ach, Christine. Lass uns bitte nicht streiten.“

„Wer streitet denn?“

Nach dem Frühstück geht Olli mit den Jungs in den Flur, um ihnen beim Anziehen zu helfen.

Kurze Zeit später ist Ruhe im Haus. Christine räumt den Tisch ab und überlegt, ob sie nicht doch noch irgendwie den zwei Kleinsten ihre großen Wünsche erfüllen kann.

„Mama, träumst du?“, fragt Tilly.

Christine dreht sich um. „Haben die Jungs dich geweckt? Das tut mir leid.“

„Ist schon gut. Ich habe sowieso nicht gut geschlafen, weil ich nicht weiß, ob unser Märchen überhaupt aufgeführt wird. Jenny geht nicht an ihr Telefon. Ich wollte sie eigentlich etwas aufmuntern, denn sie war so wütend auf Andy und Annika, eigentlich auf uns alle. Ich befürchte, dass wegen ihr alles ins Wasser fällt.“

„Wenn sie wirklich Liebeskummer hat, kannst du nichts machen. Jutta wird sich sicher wieder aufregen, und das ist nicht gut in ihrem Zustand“, sagt Christine völlig in Gedanken.

Tilly sieht ihre Mutter erstaunt an. Christine wird bewusst, dass sie ungewollt zu viel gesagt hat. Da sie zu ihrer Tochter jedoch ein sehr gutes Verhältnis hat, macht sie sich darüber keine Sorgen.

„Jutta hat es mir am Sonntag verraten“, sagt sie. „Ich bin aber der Meinung, dass sie selbst allen von ihrer Schwangerschaft erzählen sollte. Deshalb habe ich nicht darüber gesprochen.“

„Mama. Wie lange kenne wir uns?“, fragt Tilly. „Du weißt doch, dass ich Geheimnisse für mich behalten kann.“

„Ja, ich weiß. Ich habe dich lieb.“

„Ich dich auch und unsere Rasselbande gleich mit. Ach so, fröhliche Weihnachten wollte ich dir noch wünschen.“

„Das wünsche ich dir auch.“

Sie umarmen sich.

Christine hält ihre Tochter ganz fest, sodass Tilly erstaunt fragt: „Ist noch was?“

„Ich bin ein bisschen traurig, weil Richard kein neues Klavier bekommt, mit dem er ordentlich üben kann. Er ist sehr talentiert und hat ein einwandfrei funktionierendes Instrument verdient. Und Bertrams größten Wunsch kennst du auch. Er wird sehr enttäuscht sein, dass er heute Abend nicht mit seinem Hund herumtollen kann. Aber über Ollis Kopf hinweg wollte ich nicht einfach einen organisieren. Nach der Enttäuschung müssen die zwei Kleinen auch noch zusehen, wie Daniel mit seinem nagelneuen Fahrrad rumfährt. Das ist irgendwie ungerecht.“

Tilly guckt nun auch traurig. Das wiederum gefällt Christine gar nicht.

„Olli ist mit den Jungs im Garten. Möchtest du mit rausgehen?“, fragt sie Tilly. „Vielleicht bekommt ihr die Kleinen müde, damit sie mittags ein Weilchen schlafen. Das wird heute trotz allem ein aufregender Tag für sie.“

„Okay. Ich werde mit ihnen einen Schneemann bauen. Dafür brauche ich einen alten Topf, eine große Möhre und Walnüsse für das Gesicht.“

Christine sucht alles zusammen und übergibt es Tilly.

Als sie wieder allein ist, grübelt sie weiter, kommt jedoch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis.

5

Markus flüstert Jutta zu: „Fröhliche Weihnachten. Bleib ruhig noch etwas liegen. Ich gehe zum Bäcker.“

Jutta hält es jedoch nicht lange allein im Bett aus. Sie kocht Kaffee und deckt den Tisch. Als sie damit fertig ist, geht sie zum Fenster und schaut hinaus. Sie ist erstaunt, als sie Markus mit großen Einkaufstüten kommen sieht und öffnet ihm die Wohnungstür. Er strahlt sie an und wuchtet zwei Tüten auf den Küchentisch. Dann packt er mehrere Gläser mit sauren Gurken sowie drei Familienpackungen Eis aus. Sie schaut ihn entsetzt an.

Er grinst und erklärt ihr: „Die nächsten drei Tage sind alle Läden zu, und ich bin lieber auf alle Geschmacksverirrungen vorbereitet. Schokolade und Senf ist noch genügend da, das habe ich kontrolliert.“

„Igitt“, sagt sie und schüttelt sich.

„Warte es ab“, sagt Markus. „Du wirst mir bestimmt bald dankbar sein.“

Er zieht sie in seine Arme und hält sie fest.

„Ich liebe dich.“

„Ich dich auch“, antwortet sie überglücklich.

Sie setzen sich an den Tisch und beginnen mit dem Frühstück.

Als Jenny in die Küche kommt, schaut sie ihre Mutter verdrießlich an.

„Ich habe einen Entschluss gefasst“, sagt sie. „Ich ziehe wieder zu Papa. Dann seid ihr mich endlich los und habt eure Ruhe.“

Sie dreht sich um und will zurück in ihr Zimmer gehen.

„Aber … aber, das kannst du doch nicht machen“, sagt Jutta entsetzt.

„Warum nicht?“, fragt Jenny.

Jutta sucht krampfhaft nach Argumenten und beginnt aufzuzählen: „Na weil … weil wir uns jetzt gut verstehen, du dich in der Schule wohl fühlst und ohne den Reiterhof nicht mehr leben kannst, dachte ich jedenfalls.“

„Hier kann mir alles gestohlen bleiben. Ich habe Papa angerufen. Er holt mich nachher ab, damit wir pünktlich zur Bescherung bei Oma und Opa sind.“

„Das kannst du doch nicht machen“, sagt Jutta noch einmal und fängt an zu weinen.

„Siehst du doch. Es ist sogar ganz einfach. Opa schenkt mir zu Weihnachten ein ausgebildetes Turnierpferd“, sagt sie triumphierend. „Es ist alles schon arrangiert. Nach Weihnachten kann ich mit dem Training beginnen.“

Markus greift nach Juttas Hand. Es tut ihm weh, sie so traurig zu sehen.

„Ich fange schon mal an zu packen. Meine Möbel und alles was ich nicht mehr brauche, lasse ich hier. Dann seid ihr gleich eingerichtet, wenn ihr euer eigenes Kind bekommt.“

Sie macht auf dem Absatz kehrt und verlässt die Küche.

„Aber, Jenny …“, ruft Jutta ihr verzweifelt hinterher.

„Du solltest sie einfach gehen lassen“, sagt Markus.

„Das kann ich nicht. Sie ist doch meine Tochter.“

Markus versucht ein Lächeln, das ihm jedoch nicht so recht gelingen will.

„Lass sie bei Rüdiger erst mal zur Ruhe kommen. Du wirst sehen, sie ist schneller wieder zurück als uns lieb ist.“

„Meinst du?“

„Jutta. Solche Menschen wie Rüdiger und seine Eltern ändern sich nicht. Die fallen ruck-zuck in ihre alten Gewohnheiten zurück. Jenny ist bisher nicht gerade gut mit denen ausgekommen. Warum sollte das jetzt anders werden? Das tolle Pferd ist doch nur ein Köder.“

„Meinst du wirklich?“

„Beruhige dich, lehn dich zurück und warte ab“, sagt er, „auch wenn das Weihnachtsfest getrübt wird. Ich weiß, du hast dich sehr darauf gefreut. Ich habe in den letzten Wochen oft genug erlebt, wie glücklich Jenny über ihre guten Zensuren ist und wie ihre Augen leuchten, wenn sie mit ihrem Pferd Lumpi und ihren neuen Freunden zusammen ist. Glaube mir, diese guten Gefühle haben sich schon etwas in ihr gefestigt.“

„Hoffentlich hast du Recht.“

Markus nickt. „Glaube mir, alles wird gut.“

Jutta zieht ihre Stirn in Falten und schaut skeptisch vor sich hin.

„Ich kann mir jetzt schon Rüdigers schadenfrohes Gesicht vorstellen, wenn er sie abholt. Der grinst doch von einem Ohr zum anderen“, sagt sie.

„Lächle ihm einfach entgegen, sowie du die Tür öffnest. Damit nimmst du ihm den Wind aus den Segeln.“

„Das schaffe ich sicher nicht. Ich bin doch keine Schauspielerin.“

„Dann mach dir einfach nichts daraus. Du weißt doch … wer zuletzt lacht … Jenny leidet zurzeit doppelt. Die Neuigkeit über unser Baby hat sie schockiert. Das kann ich nachvollziehen. Außerdem ist Liebeskummer in ihrem Alter auch nur schwer zu ertragen.“

„Wieso Liebeskummer? Davon weiß ich gar nichts“, sagt Jutta erstaunt.

„Ich wollte dich nicht beunruhigen“, sagt Markus entschuldigend. „Janek hat mir erzählt, was bei der Generalprobe vorgefallen ist. Jennys Hoffnung, die Prinzessin spielen zu können, hat sich nicht erfüllt. Das hat sie so wütend gemacht, dass sie einfach abgehauen ist und sich weigert, überhaupt noch mitzumachen. Und kaum ist sie zu Hause angekommen, knallt deine Mutter ihr an den Kopf, dass du schwanger bist. Das war wirklich etwas viel auf einmal.“

„Wie soll ich das nur alles aushalten?“, fragt Jutta traurig.

„Du musst Weihnachten eben mit mir, Janek und meinen Eltern vorlieb nehmen. Vielleicht ist es auch ganz gut so, und du kannst endlich mal etwas zur Ruhe kommen. Das Weihnachtsfest auf dem Reiterhof wird bestimmt etwas ganz Besonderes. Außerdem solltest du nicht immer Angst haben, dass Jenny sich danebenbenehmen könnte. Sie wird langsam erwachsen und ist ganz allein für sich selbst verantwortlich.“

„Aber ich habe doch die Grundlagen für ihr Verhalten gelegt. Das scheint mir nicht gut gelungen zu sein.“

„Ihr hattet es beide bisher nicht leicht. Sei einfach für sie da, wenn sie bereit ist dir zuzuhören. Während der Pubertät haben Eltern doch kaum Chancen, an die Vernunft ihrer Kinder zu appellieren. Du bist wirklich eine gute Mutter. Würde ich dir sonst unser Kind anvertrauen?“

Jutta atmet schwer ein. „Ich hatte mir das Muttersein etwas einfacher vorgestellt.“

„Du hast doch in mir jetzt eine große Unterstützung und stehst nicht mehr mit allem allein da. Konzentriere dich auf schöne Dinge. Der Nachmittag wird bestimmt schön.“

„Die Theateraufführung möchte ich mir eigentlich nicht entgehen lassen“, sagt sie.

„Wir würden Janek enttäuschen, wenn wir nicht zuschauen. Außer, es sollte dir alles zu viel werden, dann bleiben wir zu Hause.“

„Nein, ich komme gern mit.“

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9783742747631
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