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Читать книгу: «Du in meinem Kopf», страница 3

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Hast du nicht etwas vergessen? Wolltest du ihnen nicht noch etwas sagen?

Nein.

Du hast es versprochen.

Nein, habe ich nicht. Ich sagte, ich werde auf meine Weise mit ihnen reden.

Du willst ihnen nicht sagen, dass ich hier in deinem Körper gefangen bin?, dröhnte Connor laut in meinem Kopf.

Noch nicht. Können wir bitte erst mal allein versuchen, deinen Geist wieder in deinen Körper zu bekommen, ohne mich wie eine durchgedrehte Irre dastehen zu lassen? Schließlich muss ich später in diesem Körper und mit seinem Ruf weiterleben.

Okay. Hast du schon einen Plan, wie wir das anstellen sollen?

Nein, noch nicht. Aber ich denke, es wäre bestimmt hilfreich, wenn ich mich direkt neben deinem Körper aufhalte.

Ja, dann können wir einiges ausprobieren, was die Sache wieder rückgängig machen könnte. Ich kann einfach nicht glauben, dass das alles kein Traum sein soll.

Wem sagst du das?

4. Dinge, die man nicht tun will

Ich schloss die Tür zu meinem Zuhause auf. Nach dem Rückweg taten mir alle Knochen weh, denn Connors Gang machte mich echt fertig. Meine Hüfte fand seine unkoordinierten Bewegungen überhaupt nicht prickelnd.

Das Klappern von Geschirr drang aus der Küche.

»Hazel, Schätzchen, bist du das?«

Ich ließ meinen Rucksack im Flur gleich neben der Treppe fallen. »Ja, Mom«, antwortete ich und mahnte sogleich Connor im Geiste. Wehe, du sagst ein Wort. Bitte halt meinen Mund. Okay?

Vielleicht. Mal schauen.

Ihm war anzuhören, dass er sich auf meine Kosten amüsierte und es lustig fand, mit meinen Befürchtungen zu spielen. Einmal mehr knirschte ich gedanklich mit den Zähnen und ging zu Mom in die Küche.

Sie hatte ihre braunen Haare locker hochgesteckt und hantierte am Herd herum. »Hey, Schätzchen. Du kommst gerade richtig. Das Essen ist fertig.« Ich trat neben meine Mutter und sie wandte sich mit einem Lächeln zu mir. »Na, wie war dein Tag?«

»Ganz okay und bei dir?«

Du meinst, abgesehen davon, dass ein fremder Geist in deinen Körper gefahren ist?

Innerlich gluckste ich. Das hört sich ja an, als hätte ein Dämon von mir Besitz ergriffen.

Wer weiß, vielleicht bin ich einer?

Ganz sicher nicht. Kein Dämon könnte mich jemals so nerven wie du, Connor Ward. Du bist bloß ein nerviger Arsch.

Er lachte und Mom seufzte.

»Es hätte etwas ruhiger sein können. Mein Chef wollte ausgerechnet noch kurz vor Feierabend, dass ich die Regale ausräume und abwische.« Sie ging mit der Pfanne, in der mehrere Eier brutzelten, zum Tisch, den sie für unser Abendessen schon eingedeckt hatte, und verteilte die Eier auf den Tellern.

Ich folgte ihr zum Esstisch, nahm Platz und hörte ihr zu, während sie weiter von ihrem Job im hiesigen Supermarkt und von ihrem nervigen Chef erzählte und die Pfanne wieder auf den Herd zurückstellte.

Bevor sie sich jedoch neben mir an der Stirnseite des Tisches niederließ, holte sie tief Luft. »Dylan? Das Essen ist fertig«, brüllte sie so laut über ihre Schulter, dass man es noch zwei Häuser weiter hören konnte.

Dylan? Dylan ist dein Bruder?

Ich seufzte in Gedanken. Ja.

Das wusste ich nicht. Weiß überhaupt jemand von unserer Schule, dass ihr Geschwister seid?

Nope, ich denke nicht. Meines Wissens streitet Dylan es immer ab, wenn er danach gefragt wird, und ich belasse es dabei.

Warum verleugnet er, dein Bruder zu sein?

Weil er ein Arsch ist, so wie du?

Meine Laune verabschiedete sich in den Keller. Alles, was mit meinem Bruder zusammenhing, ging ich aus dem Weg. Wir verstanden uns einfach nicht. Ich glaube, wir konnten uns nicht mal richtig leiden, und ich hatte keine Ahnung, woran das lag. Ich wusste bloß, dass Dylan am liebsten schon kotzen würde, wenn ich mich in der Nähe aufhielt. Ich hatte irgendwann aufgegeben, die Zuneigung meines Bruders zu gewinnen, der gerade mal ein Jahr älter als ich war. Wir waren nicht wie andere Geschwister, kein Herz und keine Seele. Familie konnte man sich im Gegensatz zu Freunden nun mal nicht aussuchen. Leider. Deswegen wollte ich es auch gar nicht erst versuchen, Connor zu erklären.

Ernsthaft, Hazel, wieso macht er das?

Weil er mich nicht leiden kann und ich ihn ebenso wenig.

Ihr seid ja seltsam drauf. Also ich wäre froh, Geschwister zu haben.

Ach, halt die Klappe, Connor. Es interessiert mich nicht, was du gerne hättest.

Angepisst widmete ich mich meiner Mahlzeit. Kurz darauf pflanzte sich Dylan mir gegenüber. Er hatte geduscht. Feuchte Strähnen fielen ihm in die Stirn. Stumm wie ein Fisch begann er die gebratenen Eier in sich hinein zu schaufeln.

Eigentlich wollte ich mich auf mein Essen konzentrieren, doch Connor zwang mich dazu, meinen Bruder anzustarren. Mein, sein oder vielmehr unser Blick wanderte langsam über Dylans Brust, die sich deutlich unter dem engen, ärmellosen T-Shirt abzeichnete und blieb an seinen muskulösen Oberarmen hängen.

Sag mal, du stehst doch auf Frauen, oder?

Sicher. Wieso fragst du?

Weil du meinen Bruder gerade anschmachtest. Gefällt er dir?

Was? Nein, um Gottes willen. Es war nur ...

Ja?

Sein Aussehen erklärt einiges.

Verdrießlich blinzelte ich zu meinem Bruder hinüber. Ja, das stimmte schon. Während ich hin und wieder im künstlich beleuchteten Supermarkt meiner Mutter mit Schokoriegeleinräumen ein paar Kröten dazu verdiente, schuftete Dylan fast täglich bei einem Farmer, was ihm nicht nur den Gang ins Fitnessstudio, sondern auch die Sonnenbank ersparte. Sam meinte einmal, mein Bruder wäre der muskelbepackte Johnny Depp der Beach Boys. Nur würde er nicht auf einem Surfbrett reiten, sondern auf einem Traktor. Es war zum Kotzen. Denn während ich offensichtlich als Schmuddel-Hazel auf dem untersten Rang der Highschool-Hierarchie herumdümpelte, galt mein Bruder als cooler, gefährlicher Außenseiter. Ein Underdog, was anscheinend, wie ich schon insgeheim befürchtet hatte, bei den Mädels sexy ankam. Und wohl auch bei den Jungs. Mein Bruder und sexy? Äh, igitt, allein schon der Gedanke. Die haben ihn echt noch nie morgens in seinen alten Unterhosen aus dem Bett kriechen sehen. Ich würde wirklich gleich kotzen, wenn ich weiter darüber nachdachte. Innerlich verdrehte ich die Augen, weil ich ahnte, was kommen würde.

Und was erklärt sein Aussehen?

Na, dass es doch wahr sein könnte.

Hä? Um was zur Hölle ging es hier? Ich verstand die Welt nicht mehr.

Dass was wahr sein könnte?

»Hazel, Schätzchen? Was ist denn mit dir? Hast du keinen Hunger? Du hast das Essen noch nicht einmal angerührt. Geht es dir nicht gut?« Besorgt deutete meine Mutter auf meine unberührte Mahlzeit.

»Doch, doch. Alles prima.« Schnell stopfte ich mir zwei Gabeln gebratenes Ei in den Mund und biss vom Toast ab, das sie mir bereitgelegt hatte.

Mein Bruder hob kurz den Blick, in dem geschrieben stand: Gott, was stimmt mit dir nicht?

Ach, komm tu nicht so. Du hast bestimmt schon das Gerücht gehört, dass dein Bruder etwas mit meiner Freundin gehabt haben soll.

»Mit Brianna?«, platzte es laut und empört aus meinem Mund heraus, was zwei Reaktionen nach sich zog. Das »Was?«, von Mom und eine ruckartige Kopfbewegung Dylans. Die fiel auch Connor auf, der sofort in meinen Hirngängen lauthals randalierte.

Los, frag ihn! Frag ihn, ob er was mit ihr hatte!

Nein, auf gar keinen Fall. Weißt du, was der mit mir anstellt, wenn ich das mache?

Ohne mein Zutun bewegten sich auf einmal meine Lippen. »Hattest du was mit Brianna Cunningham?«

Bist du wahnsinnig?, brüllte nun ich in meinen Gehirnwindungen, während sich mein Inneres vor Angst verrenkte.

Das Gesicht meines Bruders verfinsterte sich. »Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte. Also halt die Füße still, Schweinchen.«

Aha, er hatte was mit ihr. Womöglich läuft sogar immer noch etwas zwischen den beiden.

Was? Nein, das kannst du doch nicht einfach so aus seiner Antwort schließen? Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, das Brianna Dylans Typ ist. Ehrlich gesagt, bezweifle ich, dass überhaupt jemand sein Typ ist, so mies wie der immer drauf ist.

»Ich will es aber wissen«, hörte ich mich mutig über den Tisch hinweg kläffen, obwohl mein Gesicht vermutlich die Angst zeigte, die tatsächlich in mir tobte.

Um Gottes willen, was tust du da? Er wird mich umbringen oder noch Schlimmeres.

Prompt landete ein Stück von Dylans Eigelb mit einem Flatschen auf meiner Nase. »Anscheinend willst du auch Ärger?« Vielsagend schwang er seine Gabel.

»Dylan!«, mahnte Mom ihn, während ich mir das Gesicht von seiner Mahlzeit befreite.

Doch das brachte meinen Bruder nur noch mehr gegen mich auf. »Sie soll sich gefälligst um ihren eigenen Kram kümmern und sich nicht in mein Leben einmischen.« Abrupt stand er auf, schnappte seinen leeren Teller und schob seinen Stuhl mit einem wütenden Fußtritt an den Tisch zurück. Mit einem letzten giftigen Blick in meine Richtung kehrte er uns den Rücken zu und verschwand aus der Küche.

»Ihr zwei«, stöhnte meine Mutter. »Wieso könnt ihr euch nicht einfach vertragen wie andere Geschwister auch?«

Der verrät uns nie etwas. Wir müssen ihm nachspionieren.

Aber ganz sicher nicht. Ich bin doch nicht lebensmüde.

Ach, der macht doch nichts. Der tut nur so als ob.

Hallo? Ich habe da eine Narbe an der Stirn, die beweist das Gegenteil.

Echt? Eine Narbe? Von was?

Von Dylan natürlich.

Schon klar. Ich wollte wissen, wie er dir die verpasst hat.

Mit einem Salzstreuer aus Lucys Diner, den er mir mit Schmackes gegen den Kopf geworfen hat, weil ich von seinem Eis probieren wollte.

Ein Lachen erfüllte meine Gedanken. Wann war das? Als ihr fünf wart?

Nein, gestern. Natürlich als wir klein waren, du Idiot. Wehgetan hat es aber trotzdem und es ändert nichts daran, dass er mich plattmachen wird, wenn er herausfindet, dass ich ihm nachspioniert habe.

Du hast echt eine kranke Familie.

»Da wir jetzt wieder unter uns sind ...«

Haha, guter Witz, Mom.

»Hast du dir schon überlegt, was du zu deinem Date mit Noah anziehen wirst?«

Ach, du Scheiße. Wir haben ein Date?

Nein, ich habe ein Date. Na ja, eigentlich ist es nicht mal meins, sondern das meiner Mom.

Was soll das denn bedeuten?

Ich brachte einigermaßen ein Grinsen zustande. »Ähm, nein, Mom. Aber ... Warum mischst du dich eigentlich in mein Leben ein und nicht in Dylans?«

Mom lächelte zufrieden. »Weil er ja offensichtlich ein Liebesleben hat, du aber nicht.«

Da! Da haben wir es. Selbst deine Mutter weiß, dass er was mit Brianna hat.

Quatsch.

Los, frag sie!

Och, nee, bitte nicht.

Tu es, Schweinchen.

Hey, ich geb dir gleich Schweinchen.

»Also hat er was mit Brianna?«, fragte ich auch schon, ohne es zu wollen. Stöhnend versenkte ich mein Gesicht in den Händen. Wenn das mit Connor so weitergehen würde, würde ich mich in Zukunft nirgends mehr blicken lassen können.

Darauf kannst du einen lassen. Also tu besser, was ich von dir verlange.

Drohst du mir etwa?

Wenn du es so nennen willst: ja.

Ich warne dich. Auch ich kann dir das Leben zur Hölle machen.

Dass ich nicht lache. Und wie soll das gehen, Schweinchen?

Nenn mich noch einmal so und ich geh zu deiner geliebten Brianna und sage ihr, dass wir miteinander geschlafen haben.

Das wirst du nicht.

Wetten doch?

Bitte, tu dir keinen Zwang an. Sie würde dir das ohnehin nicht glauben.

Wenn ich eine Heulszene an deinem Krankenbett abliefere, die sich gewaschen hat, würde ich mir an deiner Stelle da nicht mehr so sicher sein.

Das wüsste ich zu verhindern.

Oh, nicht alles. Glaub mir.

Du würdest dich dann aber wie eine Irre aufführen. Das ist dir schon klar, oder? Und war das nicht genau das, was du verhindern wolltest?

Das wäre es mir wert. Denn dein Ruf wäre ebenso geschädigt. Wo bliebe denn dein Ansehen, wenn alle erführen, dass der coole Connor Ward etwas mit der billigen Schmuddel-Hazel hätte?

Stille. Für einen Augenblick in meinem Kopf.

Okay. Ich habe es geschnallt. Wir kommen nur mit Teamwork weiter. Ich sehe ein, dass ich mich gerade so arschig wie dein Bruder benommen habe.

Ich stutzte. Hatte ich tatsächlich den Sieg davongetragen? Anscheinend. Aber das bedeutete, dass ich in seinen Augen wirklich schrecklich sein musste und er tatsächlich der oberflächliche Arsch war, für den ich ihn hielt. Sein Ruf, sein Ansehen waren ihm wichtiger als alles andere und sollten nur mit der Crème de la Crème von New Stamford in Verbindung gebracht werden. Ein bitterer Geschmack machte sich in meinem Mund breit, floss mir die Kehle hinunter und brachte meine Augen zum Brennen. Ich nahm einen Schluck Wasser, das Mom uns eingeschenkt hatte. Connor sollte nicht merken, wie sehr mich das alles verletzte.

Gut, dass wir jetzt an einem Strang ziehen. Vielleicht bekommen wir ja heraus, ob etwas zwischen deiner Freundin und meinem Bruder läuft.

Genau das wünschte ich ihm nämlich, dass Brianna ihn nach Strich und Faden betrog.

Im selben Moment meldete sich Mom zu Wort. »Keine Ahnung, ob das Mädchen seine Freundin ist. Aber so wie Dylan reagiert hat, scheint sie ihn nicht kalt zu lassen.«

Connor knurrte und ich verbot mir ein Stöhnen, sowohl laut als auch innerlich. Schweigend aß ich den Rest meines Spiegeleis auf.

»Aber nun zurück zu deinem Date. Du hast doch diesen schwarzen Minirock? Ich finde, der bringt deine Beine besonders schön zur Geltung. Willst du den nicht anziehen?«

»Mom!« Mit einem jammernden Tonfall hoffte ich, sie davon abzuhalten, mich weiterhin wie eine zum Verkauf stehende Kuh anzupreisen.

Connor kicherte. Lass sie doch.

»Warum stellst du dich denn so an? Du versteckst viel zu viel von dir, was die Jungs sehr gerne sehen würden.«

Zu viel Information, eindeutig zu viel und das auch noch von der falschen Person. Sollten Mütter eigentlich nicht das Bedürfnis haben, ihre Töchter in einen Rollkragensack mit Keuschheitsgürtel und Panzerschloss zu stecken?

Ja, Hazel. Komm schon, zeig uns, was du unter den schlapprigen Klamotten zu verbergen hast. Connors tiefes Lachen hallte in meinem Schädel. Bei Gott, ich hätte nie vermutet, dass du einen Minirock in deinem Schrank hängen hast.

Woher auch? Ich weiß ja auch nicht, was du unter deinen Klamotten oder in deinem Kleiderschrank verbirgst. Und ich will es auch gar nicht wissen.

Stimmt. Aber ich glaube, nichts davon würde dich so überraschen, wie mich die Neuigkeit von deinem Minirock.

Autsch! Der Stich saß. Schon wieder.

»Können wir das Thema bitte wechseln.« Und das gilt auch für dich, Connor.

»Ahh, Schätzchen«, säuselte meine Mom. »Ich will doch nur, dass du glücklich bist.«

»Aber das bin ich doch – auch ohne Minirock«, entgegnete ich wie so oft. Wir führten diese Diskussion nicht zum ersten Mal und wie immer bildete sich zwischen Moms gütigen Augen eine Falte.

»Vielleicht wärst du rundum glücklich mit einem Partner an deiner Seite? Ich weiß doch, wie schwierig die Teenagerzeit ist und man manchmal das Gefühl hat, einsam und verlassen zu sein.« Sie griff über den Tisch nach meinen Fingern und drückte sie. »Du und Dylan ihr seid für mich das Wichtigste. Leider kann ich nicht immer so für euch da sein, wie ich mir das wünsche. Und ... ich weiß nicht, was ich sonst noch tun kann. Also lass mich bitte das tun.«

Für einen Moment schloss ich die Augen, um die Tränen zu verdrängen. »Mom, du machst dir viel zu viele Sorgen. Ehrlich. Dylan und mir geht es gut.«

Mit zusammengepressten Lippen tätschelte Mom meine Hand. »Ich werde mich immer um euch sorgen. Jeden Tag, solange ich lebe.« Sie wischte sich verstohlen übers Gesicht, bevor sie sich erhob und den Tisch abräumte. Seit Dad sich vor elf Jahren von uns getrennt und sich fernab von uns ein neues, anderes Leben aufgebaut hatte, versuchte sie, stark für uns zu sein. Ihn zu ersetzen. Uns vergessen zu lassen, dass wir einen Vater hatten, dem wir egal waren, der sich eine neue Frau besorgt und neue Kinder gezeugt hatte.

Traurig schaute ich ihr nach. Jedes Mal schaffte sie es, dass ich nach solch einem Gespräch alles Mögliche für sie tun wollte, damit sie sich nicht sorgte und vor Selbstzweifel zerfleischte.

Mein Gott, zieh halt diesen beschissenen Minirock zu dem Date an, wenn das deiner Mutter so viel bedeutet.

Aha, selbst Connor hatte sie um den Finger gewickelt. Kacke.

»Okay«, hörte ich mich sagen. »Ich werde mich in Schale werfen und zu dem Date gehen.«

Mit einem Schniefen drehte sich Mom zu mir. »Es wird dir gefallen. Du wirst sehen. Noah ist wirklich ein sehr netter Junge.«

Mir kam es vor, als würde ich unter Schmerzen grinsen. »Ja, das hast du schon mal erwähnt.«

Echt? Ohje, dann muss Noah wirklich ein Schleimer sein.

Mit hundertprozentiger Sicherheit.

Ich dachte erst, du sagtest das nur so, dass es ihr Date ist, aber sie zieht die Typen tatsächlich für dich an Land. Scheiße Mann, welcher Kerl macht mit der Mutter ein Date für die Tochter aus?

Ja, das frage ich mich auch immer wieder. Aber du hast ja gesehen, wie überzeugend sie sein kann.

Mom schnatterte munter vor sich hin, während sie die Pfanne abwusch. »Seine Mutter Tanja, die die Backwaren betreut, ist ja auch so eine liebe.«

»Ja, Mom, das hast du mir auch schon mindestens dreimal erzählt.«

»Ach wirklich? Na ja, die beiden sind nun mal ganz bezaubernd.«

Uh! Also wenn ein Typ bezaubernd ist, dann kann er ja nur ...

Du hast ja keine Ahnung. Der Sohn vom Briefträger war auch ganz bezaubernd. Der vom Hausmeister ebenso wie der vom Fleischlieferanten. Der von ihrem Radiologen. Der von ihrer Maniküre. Allesamt waren zauberhaft.

Connor grunzte. Und? Wie waren sie wirklich?

Oh, sie waren einiges. Mein erstes Date zum Beispiel, hatte mehr Interesse an der Bedienung als an mir.

Was? Er hat eine andere angebaggert, während er mit dir das Date hatte?

Was daran lag, dass ich ein Mädchen war und die Bedienung ein Kerl, der ihm gefiel.

Oh, oh, ich verstehe.

Ja, leider hatte sein Vater keinen Schimmer davon und mein Date wollte daran auch nichts ändern. Deswegen haben wir uns letztlich gemeinsam stundenlang Make-up-Tutorials auf Insta reingezogen.

Sowas schaust du dir an? Danach siehst du gar nicht aus.

Hatte sich meine Laune trotz der Aussichten auf ein weiteres Date gerade noch ein Stück weit gebessert, weil ich glaubte, sie wären nicht nur wegen mir alle verkorkst verlaufen, schlug sie nun wieder im Keller auf. Bam! Welches Mädchen hörte schon gerne, dass sie wie ein ungepflegtes Stück Holz aussah? Vor allem, wenn man zuvor schon als schmuddelig bezeichnet wurde.

Danke, Connor. Sehr freundlich. Du bist echt so ein Arsch!

Hey, das ... das war nicht so gemeint. Was ich damit sagen wollte war, du ... du wirkst immer so ... natürlich. Dein Gesicht ist nicht so ... maskenhaft wie ...

... bei deiner Freundin Brianna?

Ha, Treffer! Meine Spitze hatte ihr Ziel nicht verfehlt, denn Connor stockte.

Wie bei anderen Mädchen wollte ich sagen. Aber das ist ja auch egal. Erzähl mir von den anderen Typen, die dir deine Mom aufgerissen hat.

Warum sollte ich?

Ich weiß nicht, weil es witzig ist, weil ... du witzig bist.

Ich bin witzig?

Das war ein Kompliment, wie das andere auch.

Dann verrate ich dir mal was, Connor: Komplimentemachen zählt nicht gerade zu deinen Stärken.

Eigentlich schon, nur bei dir ...

Achso, jetzt bin ich schuld, weil du dich mies ausdrückst, oder wie?

Nein, du bist einfach nur ... anders als andere Mädchen. Und ich muss mich nun mal erst darauf einstellen.

Aha. Sollte das wieder ein Kompliment sein?

Im Grunde schon.

Du machst mich fertig, Connor.

Also, wie lief es mit deinen restlichen Dates?

Du willst es wirklich wissen, oder?

Sagte ich das nicht? Oder fischst du jetzt bloß nach weiteren Komplimenten?

Nein, warum sollte ich scharf auf Komplimente von dir sein?

Herrgott, Hazel! Das weiß ich doch nicht. Erzähl mir jetzt von deinen Dates oder lass es sein!

Kein Grund, gleich so auszurasten. Ich mach ja schon.

Na endlich.

Also ein anderer Kerl, den Mom für mich aufgabelte, war dermaßen schüchtern, dass er mich weder anschauen noch mit mir sprechen wollte. So einen schweigsamen Ratespielabend habe ich seitdem nie wieder erlebt. Dann war da noch der Gamer, der sich den Burger einpacken ließ und es übereilig hatte wieder nach Hause vor seinen PC zu kommen. Definitiv mein kürzestes und schnellstes Date. Ach, dann gab es noch den Verschwörungstheoretiker, der schon die ersten Züge einer Paranoia hatte. Wir mussten uns in das dunkelste Eck des Diners setzen, weil er befürchtete, dass uns doch noch irgendwo Kameras belauern könnten. Als er mich zudem hin noch drängte mein Smartphone auszuschalten, weil man uns abhören und orten würde, beendete ich das Date. Im Nachhinein vermute ich, dass er auf der Flucht war und sich für einen Whistleblower hielt.

Connor lachte.

Warte. Das interessanteste Date war aber das mit dem Hypochonder, der mehr Pillen und Tabletten aß als Pommes. Ehrlich ich wusste nicht, dass man sich so viele Krankheiten auf einmal einbilden kann, bloß weil man furzen muss. Das letzte Date entpuppte sich als geistig minderjähriger Spanner, der mir ständig auf den Busen glotzte.

Connors Lachen schallte in meinem Kopf. Es klang angenehm und ansteckend, so dass ich den Rest meines Spiegeleis mit einem Grinsen im Gesicht hinunterschluckte.

Wow, deine Mutter hat echt ein Händchen für schräge Typen.

Offensichtlich.

Ich linste zu meiner Mom hinüber. Mittlerweile putzte sie den Herd, weswegen ich mich beim Aufstehen und Abräumen des Tellers in die Geschirrspüle bemühte, mich wie gewöhnlich zu bewegen. »Ich geh auf mein Zimmer. Es war ein langer Tag und ich bin ziemlich erledigt.« Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Mom.«

»Gute Nacht, Schätzchen«, erwiderte sie matt und ich verzog mich schleunigst. Im Flur schnappte ich mir meinen Rucksack, huschte die Treppe hinauf und den Gang entlang in meine eigenen vier Wände. Ausatmend lehnte ich mich mit dem Rücken von Innen gegen die verschlossene Zimmertür und schaltete das Licht ein. Das wäre geschafft.

Okay wie stellen wir es morgen früh an, dass du zu meinem Körper kommst?

Morgen früh geh ich zur Schule - so wie immer.

Aber ...?

Vergiss es. Es ist mein Körper, mein Leben und die werde ich nicht gegen die Wand fahren, weil du glaubst, es nicht abwarten zu können.

Connor schnaufte, was wohl bedeutete, dass ihm das ganz und gar nicht passte.

Okay. Gleich nach meiner letzten Stunde gehen wir ins Medical Center und suchen dich. Versprochen.

Und wenn sie dich nicht zu mir lassen?

Wird uns etwas einfallen.

Ich stellte meinen Rucksack neben dem Schreibtisch ab und begann meine Hose aufzuknüpfen.

Hm, vielleicht ist das ja doch alles nur ein Traum und morgen früh wache ich wieder in meinem Körper und in meinem Bett auf?

Ja, das wäre natürlich super. Aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht mehr daran. Für mich fühlt es sich leider verdammt echt an. So verrückt es auch ist.

Inzwischen hatte ich mir meine Jeans samt Socken von den Beinen gestreift und zog nun das T-Shirt aus. Es landete auf dem Turm, der aus den zuvor abgelegten Klamotten bestand. Verbissen wühlte ich im Bett unter der Decke nach meinem Schlaf-Shirt. Doch selbst als ich es in den Händen hielt, blieb Connor stumm.

Für dich nicht?, hakte ich nach.

Doch, doch, mhm, kam lediglich von ihm.

Anscheinend grübelte er und ich befreite mich schweigend von meinem BH, den ich ebenso auf den Kleiderberg warf. Während ich da stand und mein Schlaf-Shirt überwerfen wollte, huschte mein Blick ständig auf meinen Busen. Im ersten Moment begriff ich nicht, was vor sich ging. Ich wunderte mich, bis mir auffiel, dass Connor noch immer verdächtig still war. Meine Augen wurden rund, während sie schon wieder zurück von meinem Schlaf-Shirt auf meinen Körper starrten. Mit einem empörten Luftschnappen bedeckte ich hastig meine Brüste.

»Connor!«, platzte es laut aus mir heraus. Du siehst, was ich sehe, oder?

Mhm, kam es wieder einsilbig.

Sag mal. Geht es noch. Schau weg! Los!

Wie soll ich das denn bitteschön machen? Ich habe keine Lider, die ich verschließen kann.

Arrgh! Du hast doch Gewalt über meine linke Körperhälfte?

Ja, sozusagen.

Erneut weiteten sich meine Augen. Moment mal! Du fühlst doch auch, was ich fühle?

Doch bevor er antwortete, dämmert es mir. Sein leises Soszusagen war gar nicht mehr nötig. Und schon zerrte ich meine unwillige linke Hand von meiner Brust.

Los, kneife das Auge zu. Auf was wartest du?

Aber wie soll ich dann sehen, was ich tun soll?

Oh, keine Angst, das übernehme ich schon.

Connor brummelte. Na, gut.

Mein linkes Lid schloss sich und so hantierte ich einäugig mit meinem Shirt, bis ich es übergezogen hatte.

Du siehst nichts, oder?, fragte ich zwischendurch.

Nein?

Connor?

Ein bisschen vielleicht.

Oh-nee.

Dann schau einfach irgendwo anders hin beim nächsten Mal.

Nun schnaubte ich unwillig vor mich hin.

Aber, Hazel, ... deine Mutter hat recht.

Mir schwante bereits Schreckliches und meine Wangen begannen zu glühen. Mit was?

Das würden Jungs wirklich gerne von dir sehen.

Boah, ich wusste es. War ja klar. Du Spanner!

Mann, das war ein Kompliment.

Oh, nein, war es nicht.

Verdammt, es war aber als solches gedacht.

Ohne Scheiß, du solltest deine Art Komplimente zu machen gründlich überdenken. Nicht jede Frau findet es toll, auf ihre Brüste angesprochen zu werden. Oder wie fändest du es, wenn ich dir ungefragt sagen würde, dass …

Ich eine tolle Brust habe?

Nein, dass du… dein Gehänge nicht zu verstecken bräuchtest.

Pf, als würde ich ohne Hose durch die Gegend …

Genau, und als würde ich jedem gerne meinen nackten Busen vor die Nase halten.

Trotzdem würde ich es als Kompliment entgegennehmen.

Ähm, einmal vielleicht, von einer Person, die dir nahesteht und dir wichtig ist. Aber nicht, wenn dir das öfters passiert von Wildfremden, die glauben, sie hätten das Recht dazu, dir - im schlimmsten Fall noch in aller Öffentlichkeit - zu sagen, wie sie deinen Körper finden. Als würde es mich interessieren, was sie über mich denken. Was geht sie mein Körper an?

Okay, ich habe verstanden. Heikles Thema. Tut mir leid, ich wollte nur nett sein.

Obwohl Connor richtig lag, meinen wunden Punkt getroffen zu haben, und er eingeschüchtert klang, fraß sich das, was ich schon zu oft erlebt hatte, aus mir heraus.

Es ist verdammt nochmal nicht in Ordnung, von anderen ungefragt bewertet zu werden und sich das Ergebnis auch noch anhören zu müssen.

Ja, ja, es war voll daneben von mir.

Connor wollte es nicht verstehen und plötzlich war all meine Wut, meine Energie dahin. Ich war nur noch leer und müde. Jeder Gedanke, ob von Connor oder mir, war mir zu nah, zu viel. Mein Kopf wog schwer wie Blei. Ich hörte ein Seufzen und wusste nicht mehr, woher es kam – von mir oder meinem ungebetenen Gast. Verzweifelt rieb ich mir über das Gesicht. Wir sollten schlafen.

Ja, wird wohl besser sein.

Schweigend legte ich mich ins Bett, deckte mich zu und löschte das Licht. Die letzten Stunden durchlebte ich nochmal im Schnelldurchgang. Wieder wallte eine leise Wut in mir auf, auf Connor, auf Dylan, im Grunde auf alle männlichen Wesen, aber auch auf die beiden Mädchen, die Joggerinnen. Manchmal brauchte es nicht mal Worte, sondern nur einen Blick oder ein Nichtstun, um zu verletzen. So leicht war es und doch so kompliziert.

Ich dachte, wir schlafen?

Tun wir doch.

Nein, ich kann deine Gedanken hören, Hazel.

Warum kann ich eigentlich nicht deine hören? Oder höre ich sie und weiß es nicht?

Nein – ich glaube nicht. So wie es aussieht, ist nicht alles von mir hier bei dir gelandet, sondern ein Teil muss noch in meinem Körper stecken.

Ja, sonst wärst du vermutlich wirklich tot.

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9783754184882
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