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Читать книгу: «Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945», страница 3

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1.4 Quellen

Einen Teil der Datengrundlage bildete Archivmaterial aus den Beständen des Österreichischen Staatsarchivs und des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Quellenkritische Schwierigkeiten gab es bei der Auswertung der hier vorgefundenen Gau- und NS-Registrierungsakten. Dabei war zu beachten, dass es sich bei beiden Aktenbeständen um subjektive Angaben der Betroffenen oder sie beschreibender Auskunftspersonen handelte. Dementsprechend war der Kontext der Aussagen zu berücksichtigen, da Personen, die in die NSDAP aufgenommen werden wollten, ihre „Taten für die Partei“ ins beste Licht rückten, während dieselben Personen nach Kriegsende im Zuge der Registrierung von NSADP-Mitgliedern (Entnazifizierung) ihre eigene Unwichtigkeit innerhalb der des Systems beteuerten.21

Bei den vorgefundenen jüdischen Personen stellte die erzwungene Flucht nach dem „Anschluss“ eine zusätzliche Erschwernis der Recherche dar, da persönliche Dokumente und berufliche Unterlagen großteils vernichtet wurden oder verloren gingen.22

Im Bereich der gärtnerischen Schulausbildung wirkte sich die unklare Kompetenzverteilung zwischen den Verwaltungsträgern erschwerend auf das Auffinden von Akten aus. So zählte der Gartenbau zum Gewerbe, manche Schulen wurden jedoch als landwirtschaftliche Schulen geführt. Die Verwaltungsagenden lagen im Falle der Zugehörigkeit zur Landwirtschaft beim Ministerium für Landwirtschaft, im Falle der Gewerbezugehörigkeit beim Ministerium für Unterricht und dementsprechend lagen die Agenden der Schulverwaltung entweder beim Bund oder bei den Ländern.

Weiters wurde Material aus dem Archiv der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft, hier vorwiegend Sitzungsprotokolle, und dem Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde verwendet. Auch ausländische Archive wie das Deutsche Bundesarchiv in Berlin, das Sigmund Freud Archiv in London und das Archiv der Library of Congress in Washington wurden in die Recherche einbezogen.

Gärtnerische Fachzeitschriften aus Österreich und Deutschland stellten eine weitere Quelle dar. Sie spiegelten die Konflikte und Differenzen innerhalb der Gärtnerschaft wider. Zumeist kamen nur Repräsentanten der jeweils dominierenden Fraktion zu Wort, die Unterschiedlichkeit der Interessen wurde verschwiegen oder verschleiert. Es war daher wichtig, zwischen den Zeilen zu lesen, um dahinterstehende Interessenslagen freizulegen und in oppositionellen Medien Gegenpositionen zu erforschen. Anhand der Beiträge in den Zeitschriften „Der Erwerbsgärtner“ und „Allgemeine Österreichische Gärtner-Zeitung“ war es möglich, die Konfliktlinien innerhalb der Gärtnerschaft nachzuzeichnen und das Verhältnis zwischen Meistern und Gehilfen zu beleuchten. Ersteres war das Organ der Wiener Gärtnergenossenschaft und Letzteres das Blatt des Gehilfenausschusses der Gärtner, das eng mit der sozialdemokratischen Freien Gewerkschaft kooperierte.

Die nicht namentlich gekennzeichneten Artikel in den Zeitschriften „Gartenzeitung“, „Allgemeine Österr. Gärtner-Zeitung“ und „Der Erwerbsgärtner“ werden in den Fußnoten als Kurzbelege angeführt – das Langzitat findet sich im Literaturverzeichnis unter „Artikel ohne Verfasser“ und dem jeweiligen Medium. Alle anderen Zeitungsartikel ohne Verfasserangaben werden in den Fußnoten als Langzitate angeführt.

Die Zeitschrift der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft mit dem Titel „Gartenzeitung“ sowie die Publikationen „Illustrierte Flora“, „Wiener Garten-Börse“, „Nach der Arbeit“ und „Allgemeine Gärtner-Zeitung“ stellten weitere wichtige Informationsquellen dar. Architekturzeitschriften und Magazine, wie zum Beispiel „Die Bühne“, „Mein Garten“ oder „Architektur und Baukunst“, wurden für ergänzende Recherchen herangezogen.

Quellenkritische Schwierigkeiten ergaben sich bei der Betrachtung von Festschriften und Tätigkeitsberichten von Verbänden. Der Historiker Stefan Eminger beschreibt diese treffend:

„Im Falle öffentlich-rechtlicher Organisationen mit Pflichtcharakter darf nicht umstandslos von der Politik der Verbandsführung auf die Interessen der Mitglieder geschlossen werden. Als intermediäre Instanzen transportieren Verbände nicht nur Anliegen von unten nach oben, sondern auch Zumutungen von oben nach unten. Sie waren also mehr oder weniger immer auch Partner und Adressaten. Zudem bedeutet Verbandspolitik zumeist nicht einfach den Ausgleich der Interessen seiner Basis, sondern sie spiegelte vielfach die Interessen der in der Organisation dominierenden Gruppen. Und drittens verfolgten Verbandsfunktionäre immer auch spezifische Eigeninteressen, von denen der Erhalt der Organisation und der Ausbau der Einflussmöglichkeiten besonders hervorzuheben ist.“23

Die Onlinedatenbank www.garden-cult.de erleichterte das Recherchieren in deutschen Zeitschriften wie „Die Gartenkunst“ und „Die Gartenwelt“ enorm.

Interviews mit Zeitzeugen und Nachkommen von Gartenarchitekten runden die Datensammlung ab.

1.5 Vorgehen

Am Anfang der Arbeit stand die deutsche Fachzeitschrift „Die Gartenkunst“. In dieser Zeitschrift wurden auch die Mitgliederbewegungen der „Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst“ verzeichnet. In einem ersten Schritt wurden alle Mitglieder mit einer österreichischen Adresse (die Liste findet sich im Anhang) exzerpiert, um so einen Überblick über die an Gartenkunst interessierten Personenkreise zu erhalten. Im nächsten Schritt wurden biografische Daten der in Wien ansässigen Personen in Archiven und Fachzeitschriften gesammelt. Begleitend wurden Zeitzeugen ausfindig gemacht und interviewt.

In diese Phase der Arbeit fiel eine erste Analyse der österreichischen gartenbaulichen Zeitschriften. Innerhalb dieser Medien wurde nach Autoren gesucht, die in der Mitgliederliste aufschienen, und nach Artikeln, die Lebensumstände bzw. politische Einflüsse sichtbar machten. Innerhalb der in Zeitschriften wie der „Gartenzeitung“, „Der Erwerbsgärtner“ oder der „Allgemeinen Österr. Gärtner-Zeitung“ meist vorhandenen Rubriken „Mitteilungen“, „Personen“ oder „Korrespondenz“ wurde die Tätigkeit der bekannten Personen in Vereinen und Verbänden recherchiert, um so deren Bedeutung für die Berufsgruppe darstellen zu können.

In einem weiteren Schritt wurde die Affinität einzelner Personen zum Nationalsozialismus untersucht. Zu diesem Zweck wurden alle in Wien ansässigen Personen dieser Mitgliederliste am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien auf ihre NSDAP-Zugehörigkeit überprüft und das Vorhandensein von Personenakten in österreichischen und ausländischen Archiven recherchiert. Gleichzeitig wurden die Quellen auf das Vorhandensein von jüdischen Gärtnern durchleuchtet, die vorgefundenen Akten analysiert und forschungsrelevante Daten exzerpiert. Die vorhandene Personenliste wurde überarbeitet und auf diejenigen Personen reduziert, die sich als systemrelevant herauskristallisierten, so zum Beispiel SchuldirektorInnen oder in Berufsverbänden aktive Personen. Mit der Vertiefung und Erweiterung des Wissens über die sozialen, politischen und ökonomischen Veränderungen während des Forschungszeitraums wurde eine nochmalige Durchsicht der Fachzeitschriften notwendig.

Bei der nachfolgenden Betrachtung und Ordnung des gesammelten Materials stand die Frage der Relevanz der Quellen im Vordergrund. Ausgehend von einer möglichst umfassenden Betrachtung der Fragestellung wurden die gefundenen Materialien den unterschiedlichen Fragen zugeordnet und auf ihre Bedeutung hin analysiert. Das Ergebnis dieser Betrachtung spiegelt sich in der inhaltlichen Gliederung der Arbeit. Um die möglichen Auswirkungen der jeweils herrschenden politischen Systeme auf die Berufsgruppe darstellen zu können, wurde die Arbeit in fünf thematische Abschnitte unterteilt.

Im ersten Kapitel finden sich einleitende Worte. Kapitel zwei beschreibt Methodik, Zielsetzung und Abgrenzung der Arbeit zu anderen gartenbaulichen Themenbereichen.

Das dritte Kapitel befasst sich mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Untersuchungszeitraum und ihrer Bedeutung für die Berufsgruppe. Anhand einzelner Unterkapitel werden Themen wie „Arbeitslosigkeit“ oder „Wirtschaftskrise und Gartenbau“ näher beleuchtet.

Im vierten Abschnitt werden gesetzliche und freiwillige Berufsverbände, deren organisatorischer Aufbau und ihre Funktionäre beschrieben und die Folgen politischer Entscheidungen für die Vereinigungen dargestellt.

Das fünfte Kapitel befasst sich mit für den Untersuchungszeitraum wichtigen Fragen, die die Gärtner beschäftigten und die es dringend zu lösen galt. So gab beispielsweise die Frage der Zugehörigkeit des Gartenbaus, ob zur Landwirtschaft oder zum Gewerbe, den Vertretern des Berufsstandes bis 1934 und noch darüber hinaus Anlass zu heftigen Kontroversen.

Das sechste Kapitel beschreibt die in Wien vorhandenen Möglichkeiten der schulischen Ausbildung im Gartenbau und weist in mehreren Unterkapiteln auf die damals wie heute in Österreich einzigartigen Gartenbauschulen für Frauen hin.

Im siebten Kapitel werden Personen beschrieben, die bereits in den vorangegangenen Abschnitten erwähnt wurden, da sie als Funktionäre in verschiedenen Vereinen wirkten, große Gärtnereien führten, journalistisch arbeiteten oder im Ausbildungssektor tätig waren. Soweit es die Quellenlage zuließ, wurden ihre beruflichen und privaten Biografien recherchiert und ihre politische Orientierung dargestellt.

In der zusammenfassenden Schlussdiskussion werden die Inhalte der einzelnen Kapitel im Hinblick auf die vorangestellte These überprüft und die daraus gezogenen Schlüsse präsentiert.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf zweigeschlechtliche Darstellung verzichtet. Es sind somit immer auch die weiblichen Varianten gemeint, und dieses Vorgehen ist somit nicht als diskriminierend zu betrachten.

______________

4 Die entsprechenden Literaturangaben finden sich im Literaturverzeichnis.

5 Seliger, 2012, S. 105 f.

6 Krippner/Meder, 2012, S. 323.

7 Zoll+, 23, 23.2013.

8 Schneider, 2010, S. 53 ff.

9 Gröning/Schneider, 1996, S. 123 f.

10 Universität Hannover: http://www.cgl.uni-hannover.de/tagungen/modernism/index.php [Stand 12.02.2014].

11 Universität Hannover: http://www.cgl.uni-hannover.de/veranstaltungen/landschaftswahrnehmung/index.php [Stand 12.02.2014].

12 Universität der Künste Berlin: http://www.arch.udk-berlin.de/groening/index.php?pageid=1 [Stand 12.02.2014].

13 Hennecke/Gröning, 2010, S. 10 f.

14 Universität Hannover: http://www.cgl.uni-hannover.de/ [Stand 12.02.2014].

15 Universität Hannover: http://www.cgl.uni-hannover.de/ [Stand 12.02.2014].

16 Universität Düsseldorf: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/kunst/institut-fuerkunstgeschichte/schwerpunkte/gartenkunst/ [Stand 12.02.2014].

17 Verein Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas e.v.: 2009.

18 Hennecke/Gröning, 2010, S. 13.

19 ISHS: http://www.luh2016.org/ [Stand 20.02.2016].

20 Wolschke-Bulmahn, 1996; Gröning, 2010.

21 Jerábek, 1998, S. 460 f. und http://oesta.gv.at/DocView.axd?CobId=31915 [Stand 20.05.2012].

22 Krippner/Meder, 2012, S. 323 ff.

23 Eminger, 2005, S. 13.

2 Politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen 1918–1945

Am Beginn stand die forschungsleitende Frage, ob die politischen, sozialen und ökonomischen Brüche des Untersuchungszeitraums unmittelbare Auswirkungen auf den Berufsstand der Gartenarchitekten und der Garten- und Landschaftsgestalter hatten.

Um diese Frage beantworten zu können, war es notwendig, diesen Zeitraum – mit Fokus auf die Berufsgruppe – zu beschreiben und sich die Brüche zu vergegenwärtigen. Die Änderungen im politischen, sozialen und ökonomischen Gefüge Österreichs bilden das Gerüst, anhand dessen die Konsequenzen für die Berufsgruppe aufgezeigt werden können.

Allein der mehrmalige Wechsel des politischen Herrschaftssystems – von der Monarchie zur Demokratie, von der Demokratie zum Austrofaschismus, vom Austrofaschismus zur NS-Herrschaft und von dieser wieder zurück zur Demokratie – zeigt, wie herausfordernd und gleichzeitig verunsichernd diese Periode für die Menschen in Österreich gewesen sein muss. Wobei der Wegfall des Herrscherhauses, der mit massiven territorialen Verlusten einherging und die damit verbundene plötzliche „Bedeutungslosigkeit“ innerhalb Europas die Psyche vieler Österreicher nachhaltig prägten.

Auch auf ökonomischer Ebene zeigt sich deutlich, in welch schwieriger Lage sich große Teile der Bevölkerung befanden, und die große Wirtschaftskrise Ende der 1930er-Jahre tat ihr Übriges zur tristen Situation vieler.

2.1 Habsburger-Monarchie und Erster Weltkrieg

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Glanzzeiten der österreichischungarischen Monarchie vorüber. Die letzten Jahre der Habsburger-Monarchie waren geprägt vom Zerfall.24 In ganz Europa gab es den Wunsch nach nationaler Selbstständigkeit und die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen innerhalb des Vielvölkerstaates waren groß geworden. Diese entluden sich unter anderem in der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo, die einen willkommenen Anlass für die am 28. Juli 1914 folgende Kriegserklärung bot.

Der vermeintlich kurze und relativ „problemlose“ Krieg hatte für Österreich weitreichende Konsequenzen.

Die schwerwiegendsten Folgen des verlorenen Ersten Weltkrieges waren die Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie und die damit verbundenen Gebietsverluste.25

Der Wegfall der Reisefreiheit, einhergehend mit der Einführung von Reisedokumenten, Handelsschranken in Form von Zollgrenzen und Zöllen sowie ein beginnendes Sprachenproblem waren für viele Menschen nur der kleinste Teil der aus dem Zerfall der k. u. k. Monarchie resultierenden Probleme.

2.1.1 Die Stellung des Gartenbaus vor und während des Ersten Weltkrieges

Während der Habsburger-Monarchie war ein Großteil der Gärtner in herrschaftlichem Dienst. Nur wenige führten Zier-, Handels- oder Gemüsegärtnereien und selbstständige Gartenarchitekten scheinen erst 1905 in branchenspezifischen Adressbüchern auf.26 Die Ausbildung der Gärtner war zudem schlecht und sie genossen nur geringes soziales Ansehen.

„Daß der Gartenbau in Österreich zum größten Teil noch nicht auf der Höhe der Zeit steht, das wird niemand leugnen, der nicht still und zurückgezogen in seiner Klause gesessen, sondern sich ein wenig weiter umgeschaut hat. England, Frankreich und das uns am nächsten liegende Deutschland sind uns entschieden über. Man sehe nur heute zu, welche Stellung dem Gärtner in Österreich eingeräumt wird, welches Ansehen er gesellschaftlich genießt, und was man von ihm und seinem Berufe, seinem Studium, seinem Können bei uns zu Lande denkt, und man vergleiche dieselben Punkte anderwärts, so wird man unschwer zu dem Schlusse kommen, daß bei uns noch viel nachzuholen ist.“27

Diesen Befund erstellte R. Solkim im Jahre 1905 in einem Artikel in der „Wiener Illustrierten Garten-Zeitung“.

Eine Ursache für diese Missstände sah Solkim im geringen Spezialisierungsgrad vor allem der Handelsgärtner, aber auch bei der Ausbildung der Gärtner käme Spezialisierung, zum Beispiel auf Obstbaumzucht, Baumschulwesen oder die damals noch moderne Teppichgärtnerei, kaum vor.28

Die Gartengestalter und Landschaftsgärtner diskutierten zwar die modernen Strömungen in der Landschaftsgärtnerei – gemeint war damit die Rückkehr der formalen Gärten und dazugehörig eine starke „Übereinstimmung“ zwischen Haus und Garten –, diese wurden jedoch nur sehr zögerlich von der konservativen österreichischen Gärtnerschaft aufgenommen, sodass ernsthafte Vorstöße in diese Richtung zumeist von Seiten der Architekten, abfällig auch als „Reißbrettgärtner“29 bezeichnet, kamen.

Der Gärtner Erich Wibiral30 ortet 1908 in seinem Artikel „Moderne Bestrebungen auf dem Gebiete der Landschaftsgärtnerei“ die Schuld an dieser Entwicklung eindeutig bei seinen Berufsgenossen:

„Die Gärtner sind, wie ich meine, selbst schuld daran, daß hier der Anstoß von außen, nicht immer von berufener Seite, kommt. Während Architektur und Kunstgewerbe seit Jahren bestrebt sind, der neuen Zeit ein neues Heim zu schaffen, steht die Gärtnerwelt mit wenig Ausnahmen noch heute teilnahmslos, oft feindlich der ‚neuen Mode‘’31 gegenüber. Aber die ‚neue Mode‘ hat gesiegt und wird weiter siegen; so wie in früheren Zeiten jede ‚Renaissance‘ der Kunst, des öffentlichen Lebens, auch in der Gartenkunst neue Ideale hervorrief, so muß der Gärtner auch heute seiner Zeit folgen.“32

Beispielhaft für die zögerliche Haltung der Gärtnerschaft den neuen Strömungen gegenüber ist die Anmerkung der Redaktion der „Österreichischen Gartenzeitung“ zu diesem Artikel – sie schrieb dazu, dass die Behauptung, „die neue Mode würde siegen“, wohl als verfrüht angesehen werden müsse, wiewohl sich die Gärtner diesen Neuerungen nicht ganz verschließen sollten.33

Den Gärtnern und Obergärtnern stand bis zum Ende des Ersten Weltkrieges durch die weit verstreuten Liegenschaften des Adels ein großes Netz an praktischen Aus- und Weiterbildungsstätten zur Verfügung. Sie kamen auf diesem „Bildungsweg“ beruflich durch ganz Europa. Die Praxis des Adels, Gärtner gegenseitig zu „verborgen“ oder weiterzuvermitteln, förderte diese Form der beruflichen Weiterbildung.34

Beispielhaft zeigt sich das im beruflichen Werdegang des deutschen Gärtners Albrecht Löscher. Er arbeitete nach seiner Gärtnerlehre, dem Besuch der Gartenbauschule in Berlin-Dahlem und abgeleistetem Militärdienst 1884 in der Gärtnerei von Baron Nathaniel von Rothschild auf der Hohen Warte in Wien. 1885 wechselte Löscher in den Dienst des Schwagers von Nathaniel Rothschild, Baron Adolphe von Rothschild, in dessen Gärten in Paris und Genf (Prégny) er bis 1889 arbeitete.35

Diese umfassende Ausbildung und deren Auswirkungen beschrieb der in Budweis tätige Stadtgärtner Josef Sobischek und er verwies in seinen Zeilen auch auf die Eignung der Gärtner innerhalb des Militärs:

„Die meisten unserer Obergärtner haben das Leben in halb Europa kennen gelernt, sie verfügen über bedeutende Sprachkenntnisse, sie haben Fachschulen besucht und sind mit der Erledigung von Kanzleigeschäften vollkommen vertraut. Die Gärtnerschaft liefert auch dem Staate Soldaten, die neben großen körperlichen Vorzügen bedeutende Bildung und Erfahrung mitbringen, weshalb man im Mannschaftsstande unserer Armee nur wenige Gärtner finden wird, die nicht eine Unteroffizierscharge erreicht hätten. Das ist einer der sinnfälligsten Beweise für die geistige Potenz der Gärtnerschaft.“36

Als Beleg für die Richtigkeit seiner Ausführung seien beispielhaft folgende Gärtner angeführt: Josef Calta war während des Ersten Weltkrieges Zugsführer des k. k. Landst.-Etappen-Baon 40037 und Franz Nothhacksberger Fähnrich und ab 1916 Führer des „schweren Minenwerferzuges 13“.38 Auch Anton Eipeldauer, er diente im Infanterieregiment Nr. 81, rüstete als Feldwebel ab und wurde mit der bronzenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.39 Fritz Kratochwjle, der spätere Leiter des Wiener Stadtgartenamtes, rückte am 1. August 1914 als Leutnant ein und wurde mehrmals schwer verwundet, meldete sich jedoch wieder freiwillig an die Front und war bis Kriegsende als Kompaniekommandant bei Verdun im Einsatz. Er wurde mehrfach ausgezeichnet: mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse, der Verwundungsmedaille und dem Karl-Truppenkreuz.40

2.1.2 Förderung der Gärtner durch den Adel

Das Kaiserhaus und der Adel spielten eine wichtige Rolle im Berufsleben der Gärtner – nicht nur als Auftrag- und Arbeitgeber, sondern auch als Unterstützer. Es gab damals eine Vielzahl an Stipendien.

Für Gartenbautreibende wurden ab dem Jahr 1864 zwei Kaiserpreise vergeben, und zwar für „ganz besondere und vorzügliche Leistungen im Gartenfache […] an Gärtner des Inlandes – ohne Unterschied, ob dieselben Handelsgärtner sind oder nicht“.41

Für Gehilfen gab es Gehilfenpreise, die von Josef Ritter Mitscha von Mährheim – er war Rechtsberater der k. k. Gartenbau-Gesellschaft und kann als Gründer der niederen Gartenbauschule der k. k. Gartenbau-Gesellschaft betrachtet werden42 – und Fürst Johann Adolf von Schwarzenberg gestiftet und verdienstvollen langjährigen Gärtnergehilfen zuerkannt wurden. Diese Preise wurden auch während des Ersten Weltkrieges vergeben.43 Ebenso gab es Reisestipendien, die Gärtnergehilfen die Möglichkeit gaben, durch Europa zu reisen, um sich in unterschiedlichen Betrieben und oft auf Vermittlung von Adeligen weiterzubilden.

Die Stipendienvergabe oblag in den oben genannten Fällen der k. k. Gartenbau-Gesellschaft.44

Die Unterstützung des Kaisers kam auch Lehrlingen bzw. Schülern zugute, etwa in Form der „Kaiserstipendien“. Diese Geldleistungen ermöglichten ausbildungswilligen mittellosen Lehrlingen den Schulbesuch. So kamen zum Beispiel im Schuljahr 1900/1901 in der Gartenbauschule „Elisabethinum“ in Mödling zwei Schüler in den Genuss dieser Stipendien in Höhe von je 500 Kronen.45 Auch an der Höheren Gartenbauschule in Eisgrub kam pro Jahr ein Schüler in den Genuss eines „Kaiserstipendiums“ in Höhe von 400 Kronen.46

Nach dem Zerfall der k. u. k. Monarchie standen diese Formen der Unterstützung der Gärtnerschaft nur mehr sehr eingeschränkt über Stipendien verschiedener Ministerien und der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft (ÖGG) zur Verfügung.

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801 стр. 70 иллюстраций
ISBN:
9783706561303
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