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Читать книгу: «Seewölfe Paket 7», страница 23

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Das Gefecht wütete erbittert hin und her und trieb rasch ihrem infernalischen Höhepunkt entgegen. Der Ausgang schien nur in einem alles vernichtenden Höllenbrand liegen zu können.

Der Kapitän der vorn segelnden Kriegsgaleone fluchte Mord undVerrat. Selbst durch die Kanonenschüsse der „Isabella“ bereits erheblich angeschlagen, hatte er jetzt nur eine unvollständige Breitseite auf den Gegner abfeuern können, weil die Steuerbordpartie seines Schiffes halb zerfetzt war. Am größten war der Schaden auf der Kuhl. Männer lagen unter Trümmern des Schanzkleides begraben oder wälzten sich in ihrem Blut. Die Unversehrten hatten noch sechs Geschütze zünden können, und von diesen Kugeln hatten nur zwei im Ziel gelegen.

Zwar hatte die „Isabella“ jetzt ein Loch im achteren Bereich ihrer Bordwand, doch konnte es sie weder in ihrer Manövrierfähigkeit noch in ihrer Wehrhaftigkeit beeinträchtigen, denn es lag zu hoch, um zu einem echten Leck zu werden, und zu tief, um die Männer auf Oberdeck zu behindern.

Die andere Kugel hatte ein Stück von der Heckgalerie der großen Galeone abrasiert. Aber das eigentliche Ziel des spanischen Kapitäns, die Ruderanlage der „Isabella“ zu zerstören, war verfehlt worden.

Im über See streichenden Pulverrauch zog die „Isabella“ an der spanischen Galeone vorbei. Im Größerwerden der Distanz zwischen beiden Schiffen drehte sich der Vorsteven der „Isabella“ allmählich nach Süden.

„Madre de Dios!“ schrie der spanische Kapitän. „Dieser Bastard luvt an – er will uns rammen!“

Zwar war das eine totale Fehleinschätzung dessen, was der Seewolf wirklich plante, aber im Endeffekt wurde das erreicht, was Hasard vorhatte.

Der Kapitän der ersten Dreimast-Kriegsgaleone wechselte gleichfalls den Kurs und ließ anluven. So vollzog er gemeinsam mit der „Isabella“ praktisch das gleiche Manöver – aus Angst, es könnte wirklich die Absicht dieses offensichtlich verrückten Korsaren sein, eine Kollison hervorzurufen.

Aber nach einem Entermanöver sah das Ganze wahrhaftig nicht aus.

Hasard hatte hart anbrassen lassen und schaffte es nun, in einem engeren Bogen und flinker als das spanische Schiff zu drehen. Während der erste Gegner in großer Schleife nach Süden ablief, drehte die „Isabella“ in den Wind.

„Wir gehen über Stag!“ schrie Hasard seinen Männern zu.

Wenig später hatten sie die zweite Dreimast-Galeone der Spanier vor dem Bug. Für Sekunden segelten beide Schiffe direkt aufeinander zu. Dann feuerte der Don seine Buggeschütze ab und luvte ebenfalls in der gleichen Kursrichtung wie die erste Galeone an.

„Vordeck!“ kommandierte der Seewolf. „Drehbassen Feuer!“

Smoky und Al Conroy zündeten die in drehbaren Gabellafetten gelagerten Hinterlader und trafen unter dem Jubel der Kameraden das Vorkastell des Spaniers.

Hasard stieß einen grellen Pfiff aus. Er genügte, um auch Big Old Shane und Batuti, den schwarzen Herkules aus Gambia, in Aktion zu versetzen. Kleine Feuerzungen loderten in Groß und Vormars aus, sie verließen das Schiff und huschten zu der spanischen Galeone hinüber. Das Zielschießen mit Pfeilen hatte begonnen, die Takelung des Dons begann zu brennen, aber die pulvergefüllten Pfeile, eine Spezialität, bewahrte sich Shane noch für später auf.

Der Tiger von Malakka war derweil in die Flanke des Gegners gefallen. Seine „Yaira“ und die anderen Prahos waren ungemein beweglich und dem Feind in dieser Beziehung weit überlegen.

Hasard hatte erreicht, was er sich in den Kopf gesetzt hatte. Der Fünferverband war aufgesplittert.

Die „Isabella“ legte sich hoch am Wind auf den Backbordbug. Carberry brüllte, daß die „Isabella“ bis in ihre Maststengen erzitterte, und dann raste die Steuerbordbreitseite, achtmal siebzehn Pfund massiven Eisens, aus dem Schiff.

Ferris Tucker hatte eins der Geschütze bedient, aber er schaute auf und sah zu dem eigentümlichen hölzernen Gestell, das er auf dem Quarterdeck placiert hatte.

Hasard bemerkte es und rief ihm zu: „Noch nicht, Ferris. Deine Höllenflaschenabschußkanone bedienst du erst, wenn ich es dir sage.“

„Aye, Sir!“ rief Ferris zurück. Dann betätigte er sich als Ladenummer, indem er sich unter die Brüstung des Schanzkleides kauerte, um vor dem Feuer des Gegners geschützt zu sein, und mit dem Borstenschwamm zunächst das Rohr der Culverine reinigte. Bill, der Schiffsjunge, stand hinter dem Bodenstück der Kanone und hielt die Zugtalje, die verhinderte, daß der 17-Pfünder auf seiner Lafette vorrollen konnte.

Ferris führte mit Hilfe der Kelle eine Kartusche in das Rohr und preßte dann mit einem Ansetzer, der einen biegsamen Griff hatte, ein Knäuel Kabelgarn aufs Pulver. Darauf kam zuletzt die Kugel, die wiederum mit einem Wergknäuel in ihrer Lage festgehalten wurde.

Unterdessen griff das Feuer auf der zweiten spanischen Galeone um sich. Der Besatzung gelang es nicht, die Flammen zu ersticken.

Hasard wollte an das Flaggschiff des Verbandes heran, doch der Kommandant war mit dem Kurs auf Nordosten nun seinerseits Überstag gegangen und segelte auf den tollkühnen Sotoro und dessen „Yaira“ zu.

Die vierte und die fünfte Galeone rauschten am Heckspiegel der „Candia“ vorbei und steuerten auf die „Isabella“ zu. Das Feuer aus leichten Bordgeschützen und Musketen sowie die Brandpfeile, die die kleineren Prahos verließen, konnten diese beiden Schiffe nicht beeinträchtigen. Sie waren noch unversehrt, und ihre Kapitäne hatten nichts von ihren Energien und ihrem Drang, dem Feind jetzt die Hölle heiß zu machen, eingebüßt.

Die zwei Dreimaster schoben sich zwischen die „Candia“ und die „Isabella“, ehe Hasard ihnen mit einem entsprechenden Manöver zuvorkommen konnte. Plötzlich hatten die Seewölfe alle Hände voll zu tun, den anrückenden Spaniern zu trotzen, denn die Steuerbordbatterie war noch nicht wieder vollständig geladen.

Ferris Tucker eilte auf Hasards Wink hin an die „Höllenflaschenabschußkanone“ und ließ sofort die erste Explosionsflasche mit einer glimmenden Lunte und hochbrisantem Inhalt zu der vierten Galeone hinüberwirbeln. Shane und Batuti richteten ihr Pfeilfeuer auf diesen Gegner. Big Old Shane entschloß sich, die Pulverpfeile einzusetzen.

Hasard selbst opferte einen Brandsatz, den er vom Hof des Großen Chan Wan Li mitgebracht hatte. Fauchend stieg das gleißende Feuerbündel vom Achterdeck der „Isabella“ auf und raste auf die fünfte Galeone los.

Hasard hatte die Distanz richtig kalkuliert. Wie ein Geisterfeuerwerk, eine großartige Lichtermesse zum Mondkuchenfest der Chinesen, tanzte der Zauber über das Oberdeck des feindlichen Dreimasters. Schreie wehten zur „Isabella“ herüber.

Über Hasards Züge huschte ein grimmiger Ausdruck. Magnesitfeuer und chinesischer Schnee ließen sich nur schwer löschen. Die Besatzung der Galeone hatte vollauf damit zu tun, sich selbst vor den Flammen zu schützen und sich von der Kuhl auf die höhergelegenen Decks zu retten.

Ins Gefecht konnte sie momentan nicht mehr eingreifen.

Hasard und seine Crew widmeten sich nun voll und ganz der vierten Galeone, und empfingen sie mit einer halben Steuerbordbreitseite, während unter Carberrys heiserem Gebrüll die restlichen vier Kanonen in Schußposition bugsiert wurden.

Die erste Galeone des Verbandes hatte inzwischen auch über Stag gedreht, während die zweite brennend nach Süden lief. Der Kapitän der ersten Galeone versuchte, dem wie eine Fackel lodernden fünften Schiff zu Hilfe zu eilen.

Sotoro hatte diese Entwicklung von seinem Praho aus beobachtet. Jetzt wechselte er den Kurs, und seine Kampfesgenossen in den anderen kleinen Schiffen nahmen die „Candia“ unter Beschuß. Es bedurfte keiner Absprache, keiner Signale, die Malaien wußten auch so, was sie zu tun hatten.

Do Velho und seine Mannschaft hatten so intensiv mit den Eingeborenen zu tun, daß es dem Tiger von Malakka tatsächlich gelang, in Lee an dem Flaggschiff vorbeizuschnüren.

Sotoro ging an dem von dem chinesischen Brandsatz getroffenen Dreimaster vorbei und hielt auf die erste Galeone zu, bereit zum Entern. Als ein paar wutentbrannte Gegner der fünften Galeone mit Musketen und Arkebusen auf die „Yaira“ zu schießen trachteten, schwirrten die Pfeile von den Bogensehnen der Freibeuter. Ein wahrer Hagel prasselte auf das Deck der Galeone ein, als die Schiffe einander in geringem Abstand passierten. Die Spanier mußten in Deckung gehen.

So gelang dem malaiischen Freibeuter der Durchbruch zu der ersten Galeone. Die Seewölfe schlugen sich unterdessen erbittert mit der vierten Galeone herum.

Hasard gewann in einer Atempause den Ausblick auf die „Candia“. Deutlich sah er die Gestalt des Kommandanten auf dem Achterdeck. Sie erschien ihm bekannt. Er griff zum Spektiv, führte es ans Auge, hatte den Don in voller Lebensgröße in der Optik vor sich – und ein Fluch löste sich von seinen Lippen.

Der Kerl dort war derjenige, der ihn nördlich von Formosa in eine tödliche Falle hatte locken wollen. Täuschend echt hatte er seine „Sao Fernao“ so hergerichtet gehabt, daß alles nach einem Überfall durch Piraten oder Kopfjäger ausgesehen hatte. Nur knapp waren die Seewölfe diesem gemeinen Hinterhalt entronnen.

Solcher Tricks bediente sich jener Hundesohn, dessen Namen Hasard immer noch nicht wußte. Und auch heute früh hatte er ja wieder bewiesen, welche Mittel ihm recht waren, den Seewolf gefangenzusetzen und sich möglicherweise die von Philipp II. höchstpersönlich ausgesetzte Belohnung zu verdienen.

Hasard trieb seine Männer an, die vierte Galeone außer Gefecht zu setzen. Er wollte die „Candia“ endlich erreichen und sich diesen ausgekochten, heimtückischen Portugiesen kaufen.

Pulverpfeile, Höllenflaschen, Culverinen- und Drehbassenkugeln verwandelten das Heck der vierten Galeone in eine rotwabernde, berstende Hölle. Hasard ließ den Feind nicht zum Zug kommen, er trieb die Spanier von ihren Geschützen weg und schickte sich an, diesen Dreimaster zu versenken.

Die erste Galeone war angeschlagen, aber sie brannte nicht, und das war in diesem Kampf voll lodernden Feuers schon ein erheblicher Vorteil. Der Kapitän hatte seiner Mannschaft wieder den nötigen Schneid und die Disziplin eingedrillt, die für ein einwandfreies Manövrieren und das Nachladen und Richten der Kanonen nötig waren.

Bevor sein Schiff jetzt jedoch auf Backbordbug liegend hoch am Wind zu der fünften Galeone gelangte, war die „Yaira“ heran. Geradezu unheimlich schnell versuchte sie sich längsseits der Bordwand des Spaniers zu schieben.

„Feuer!“ schrie der Kapitän der Kriegsgaleone. Die Steuerbordbatterie des Oberdecks dröhnte, raste aber über den flachen Praho weg und knickte nur dessen Fockmast.

Die Batterie des Unterdecks entließ ebenfalls ihre verheerende Ladung, doch der Tiger von Malakka ließ sich nicht abschrecken, er warf sich mit seinen Gefährten flach auf Deck, so daß die Eisenkugeln über sie hinwegröhrten. Daß der Großmast der „Yaira“ zu Bruch ging, berührte den Tiger in diesem Augenblick nicht weiter.

Enterhaken flogen und krallten sich mit ihren Eisendornen in Schanzkleid, Rüsten und Berghölzer der spanischen Galeone. Die „Yaira“ erhielt direkten Kontakt zu dem Feindschiff, als die Malaien an den Tauen der Enterhaken zerrten – und dann enterten die Piraten! Sotoro stürmte allen voran, das Mädchen Yaira und sogar der alte Otonedju waren an seiner Seite.

Die Freibeuter von Malakka kletterten an der Bordwand des Spaniers hoch, krochen durch die Stückpforten, drangen ins Unterdeck und auf die Kuhl ein. Die fluchenden Gegner verteidigten sich zunächst mit ihren Schußwaffen, konnten auch ein paar Eingeborene niederstrecken, aber zu schnell war die Flut der Leiber heran, zu hurtig blitzten Parang und Kris auf und fochten und stachen den Widerstand nieder.

Ehe die Spanier richtig begriffen, daß sie diesen Feind erheblich unterschätzt hatten, hatten die Malaien das Schiff bereits in ihren Besitz gebracht.

Der Kapitän faßte einen verzweifelten Plan. Er focht sich mit seinem Säbel den Weg in die unteren Schiffsräume frei, tötete einen Piraten, der ihm mit gezücktem Krummdolch entgegensprang, und suchte in aller Hast und mit rasendem Herzen die Pulver- und Munitionsdepots der Galeone auf.

Seine Finger flogen, als er Pulverfässer öffnete und umkippte. Er legte eine Spur aus Pulver bis zum offenen Schott und auf den Gang hinaus, dann schlang er vor Nervosität bebend Feuerstein und Feuerstahl gegeneinander und erzeugte den Funken, der nötig war, um die Hölle zu entfesseln.

Zischend sprang der Funke in das Pulver.

Der Kapitän fuhr herum, stürzte fort, einen Niedergang hinauf, dann zum unteren Batteriedeck. Hier schlug ihm kein Widerstand entgegen, denn die Malaien hatten nun allesamt das Oberdeck aufgesucht. Hier unten lagen nur reglose Gestalten neben den Geschützen, die nie wieder ein Mensch bedienen würde.

Der Kapitän bückte sich und zwängte sich an der Mündung eines 17-Pfünders vorbei durch eine der offenen Stückpforten. Er tat das, was ein Mann seines Ranges nur im äußersten Notfall und als letztes Mitglied einer Schiffsbesatzung tun durfte: er verließ den Segler.

Mit einem Hechtsprung tauchte er kopfunter in die Fluten, an Backbord, wo der Fluchtweg nicht durch die „Yaira“ versperrt wurde. Mit kräftigen Zügen brachte er sich von dem der Verdammung preisgegebenen Schiff fort, und jeder Zoll, den er an Abstand gewann, vergrößerte die Garantie, daß er als einziger der Galeone überleben würde.

Die Explosion hob die Kriegsgaleone ein Stück hoch und fetzte sie fast genau in ihrer Mitte auseinander.

In dem Feuerblitz, der himmelan stob, in dem auseinanderfasernden fetten schwarzen Rauch wirbelten Trümmerteile und menschliche Gestalten durch die Luft. Ein einziger Schrei begleitete den Explosionsdonner.

Sotoro, Otonedju, Yaira und die anderen malaiischen Freibeuter waren mit den spanischen Widersachern von dem zerspringenden Schiff katapultiert worden.

5.

Lucio do Velho fuhr auf dem Achterdeck seiner Viermast-Galeone herum, als der vom detonierenden Pulver verursachte Feuer- und Rauchpilz aus der See wuchs. Er stöhnte auf, aber sein Entsetzen war nur von kurzer Dauer, weil er im selben Moment feststellte, daß auch der dreimastige Praho mit von dem donnernden Unheil erfaßt wurde.

Ja, auch die „Yaira“ zerhieb es. Bis zu den in der Nachbarschaft der gesprengten Galeone segelnden Schiffen wirbelten ihre Trümmer. Selbst auf dem Flaggschiff duckten sich die Decksleute und Offiziere instinktiv vor heransegelnden Resten.

Eine halbe Spiere und einige andere Teile krachten auch tatsächlich auf das Deck der „Candia“. Lucio do Velho war ebenfalls in Deckung gegangen, weil er um seine helle Kommandantenmontur und die Unversehrtheit seines Gesichtes bangte. Er behielt jedoch den Überblick und zwang sich zur Ruhe.

Kaum war die Gefahr der fliegenden Trümmerteile vorbei, lief er ans Heck seines Viermasters und blickte in die Fluten hinunter. Er stellte fest, daß menschliche Körper als Wrackreste im Kielwasser seines Schiffes schwammen – und einige dieser Körper regten sich noch.

Teils verletzt, teils nur zwischen Benommenheit und einsetzender Besinnungslosigkeit schwebend, versuchten diese Gestalten sich an Holzteilen festzuklammern, die im Wasser trieben.

„Ignazio!“ rief der Portugiese seinem Bootsmann zu. „Sofort ein Boot abfieren lassen!“

„Si, Senor, aber dazu müssen wir Fahrt aus dem Schiff nehmen!“

„Natürlich, du Idiot. Ich will die Schiffbrüchigen an Bord nehmen“, entgegnete do Velho.

Soviel Menschlichkeit kannte der Mann aus Porto von seinem Befehlshaber sonst eigentlich nicht. Aber Ignazio hütete sich, auch nur noch einen einzigen Kommentar zu dem Beschluß Lucio do Velhos abzugeben. Vielmehr leitete er die Order an den Zuchtmeister weiter, das Schiff zu stoppen und ein Beiboot abzufieren, dann eilte er, Ignazio, zu seinem Herrn aufs Achterdeck.

„Ich sehe vier, fünf malaiische Piraten“, stieß do Velho soeben aus. „Diese Hunde will ich haben. Als Geiseln. Und um mich für das zu bedanken, was sie uns gemeinsam mit dem Seewolf angetan haben. Ignazio!“

„Comandante?“

„Wir müssen die Kerle auffischen, bevor es ihre Spießgesellen tun. Du weißt, was das bedeutet.“

Diesmal begriff der schwere, sonst kaum selbständig handelnde Mann aus Porto sofort. Er entblößte seinen Oberkörper, streifte dann auch seine Stiefel aus weichem Ziegenleder und die aufgebauschte Leinenhose ab, bis er nur noch eine kurze Hose trug, die ihn bei seinem Vorhaben nicht behinderte.

Ein Messer im Gurt und zu allem entschlossen, so kletterte Ignazio auf das achtere Schanzkleid. Er zögerte nicht, stieß sich mit den Füßen ab und stürzte in elegantem Bogen der schillernden Wasserfläche entgegen.

„Beachtlich“, sagte do Velho, als sein Untertan eintauchte. „Dazu taugt er eben.“

Inzwischen war die „Candia“ nahezu in den Wind gegangen. Die Segel wurden aufgegeit, ein Boot senkte sich rasch der See entgegen. In Lee enterte die vom Zuchtmeister zusammengestellte Besatzung ab, bemannte das Boot, legte ab und pullte auf den schwimmenden Ignazio zu.

„Gebt ihnen Feuerdeckung!“ schrie Lucio do Velho.

Zehn Soldaten stürzten daraufhin mit Musketen und Arkebusen an das Steuerbordschanzkleid der Kuhl und legten auf etwaige Gegner an. Aber ein Umstand half dem protugiesischen Kommandanten: schwer und träge breiteten sich die Rauchschwaden der Explosion immer noch nach allen Seiten aus. Sie hingen tief über den Wellen, und der Wind schaffte es nicht, sie fortzuräumen.

Die malaiischen Freibeuter in den Prahos, die Männer von Otonedjus Stamm und die Krieger der Orang Laut bemerkten daher erst wertvolle Sekunden später, was sich in Lee der viermastigen Galeone tat.

Auch Hasard und seine Männer konnten durch die Rauchschwaden so gut wie gar nichts mehr erkennen. Erschüttert hatten sie nur verfolgt, wie die Explosion die zwei Schiffe zerfetzt hatte. Das verzweifelte Bestreben der Spanier an Bord der vierten Galeone jedoch, der „Isabella“ doch noch einen vernichtenden Treffer zu verpassen, vereitelte das Vorhaben des Seewolfs, die Unglücksstelle aufzusuchen und nach dem Rechten zu sehen.

So ergab sich aus einem tragischen Zusammentreffen von Fakten, daß Ignazio ungehindert die treibenden Schiffbrüchigen erreichte. Er glitt auf einen blutenden Mann zu, der gerade im Begriff war, unter den Wasserspiegel zu rutschen. Ignazio registrierte, daß es sich bei diesem schwarzbärtigen, wild aussehenden Kerl um einen der malaiischen Piraten handelte, und er war eher versucht, diesem das Messer in den Leib zu rammen, um das Werk zu vollenden, das die Wirkung der Explosion begonnen hatte.

Aber rechtzeitig besann er sich auf den Befehl, den do Velho ihm mit auf den Weg gegeben hatte.

Ignazio schwamm zu dem Malaien. Der Mann war bewußtlos. Ignazio griff in seinen vollen Haarschopf, zerrte ihn zu sich heran und schleppte ihn ohne sonderliche Mühe zu dem heranpullenden Boot hin ab.

Die Bootsbesatzung stellte die Riemen in den Dollen hoch, so daß der Mann aus Porto bis an das Dollbord gelangte. Ignazio hievte den ohnmächtigen Eingeborenen ein wenig empor, und die Kameraden von der „Candia“ packten zu und nahmen den Reglosen über, wobei sie alles andere als sanft mit ihm umsprangen.

Auf die gleiche Weise holte der Mann aus Porto auch die anderen Überlebenden der Katastrophe bis an das Boot. Insgesamt wurden es sieben Mann, fünf Malaien und zwei Spanier. Die letzteren zählten zu den einfachen Decksleuten, nicht zu den Offizieren oder Soldaten der Galeone. So sehr Ignazio sich auch umschaute, er konnte weitere Besatzungsmitglieder der vernichteten spanischen Galeone nicht entdecken.

Auf der „Candia“ krachten plötzlich die Musketen und Arkebusen. Ein einmastiger Praho hatte die Rauchbarriere durchstoßen und schickte sich an, zu dem Beiboot des Flaggschiffes zu segeln. Die Malaien schienen begriffen zu haben, was hier geschah, und stimmten ein wütendes Geschrei an.

Ignazio beeilte sich, zu dem Boot zurückzugelangen. Er klomm an Bord, die Jolle schwankte bedenklich, dann begannen die Spanier in fiebernder Hast zu pullen. Ob sie heil zur „Candia“ zurückgelangten, war inzwischen in Frage gestellt, da die Rebellen von Malakka sich auch durch das stakkatohafte Musketenfeuer nicht abhalten ließ, an der „Candia“ vorbeizurauschen.

Erst als drei Kanonen des unteren Batteriedecks der „Candia“ ihren Gluthauch auf den Praho ausspien, ließen sich die Malaien vom Kurs abbringen. Die Bootsbesatzung do Velhos gewann Zeit und Vorsprung und pullte wie rasend auf die Bordwand des imposanten, behäbig daliegenden Viermasters zu.

Von der Luvseite her setzten die Freibeuter der „Candia“ inzwischen auch wieder zu.

Aus Lucio doVelhos Sicht gehörte viel Nervenstärke dazu, ein gerüttelt Maß an Kaltblütigkeit, mit aufgegeiten Segeln auf die Übernahme von Boot und Insassen zu warten. Doch do Velho besaß diese Abgeklärtheit. Er geriet auch dann nicht aus der Fassung, als kleine Kanonenkugeln der Prahos klaffende Lücken in das Backbordschanzkleid seines Schiffes hackten.

Die Männer aus der Jolle enterten an der Jakobsleiter auf, Ignazio folgte als letzter. Er schleppte den schwarzbärtigen, muskulösen Malaien auf der Schulter mit, als handle es sich um ein nicht sonderlich schweres Bündel Segeltuch. Die übrigen Schiffbrüchigen wurden vermittels Tauen hochgehievt, dann wurde auch das Boot so schnell wie möglich binnenbords geholt – und Lucio do Velho ließ das Großsegel und die Fock setzen.

Kommandorufe hallten über Deck der „Candia“. Sie ging überstag und wandte sich mit ihrem Vorsteven nach Süden.

Do Velho bedeutete Ignazio und einigen anderen Männern, die fünf malaiischen Gefangenen herbeizuschleppen. Nur einer von ihnen hatte das Bewußtsein wiedererlangt – der Schwarzbärtige. Sein glühender, haßlodernder Blick traf den portugiesischen Kommandanten.

„Haltet den Kerl fest“, ordnete do Velho an. „Die anderen richtet ihr so am Schanzkleid des Hecks auf, daß die Hundesöhne unten in den Prahos ihre Kumpane deutlich genug sehen können.“ Er schaute wieder zu dem Schwarzbärtigen. „Du da. Verstehst du mich?“

Kein einziges Wort erwiderte der Pirat, aber seine durchbohrenden Blicke sprachen Bände.

„Ich habe dich was gefragt!“ brüllte do Velho ihn unbeherrscht an. Jetzt, diesem triefend nassen, blutenden, in Fetzen gehüllten Mann gegenüber, verlor er tatsächlich seine souveräne Haltung. „Ignazio, bring den Dreckskerl zum Sprechen!“

Ignazio hieb mit der Faust zu und traf den Nacken des hochgewachsenen Malaien. Der Mann ging in die Knie, stöhnte aber nicht. Er versuchte herumzufahren und den Mann aus Porto anzugreifen, aber Ignazio schlug noch einmal zu.

Da sank der Malaie auf die Körperseite. Sein Gesicht war verzerrt, er stieß etwas in seiner Muttersprache aus und spuckte Lucio do Velho vor die Füße.

Ignazio wollte mit beiden Fäusten auf ihn losgehen.

„Nicht“, sagte sein Kommandant jedoch. „Er scheint wirklich nicht zu verstehen. Aber wir setzen seinen Spießgesellen auch so auseinander, was wir verlangen. Stell diesen Bastard auf die Beine.“

Seine letzten Worte gingen in dem Donnergrollen unter, das von der „Isabella“ herübertönte. Hasard hatte weitere vier Culverinen der Steuerbordseite auf die vierte Galeone des spanischen Verbandes abfeuern lassen, und diesmal war das Ergebnis im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagend. Schwer getroffen krängte die Galeone nach Backbord und begann zu sinken.

Die fünfte Galeone stand in gierig hochschießenden Flammen, das Feuer verzehrte die Masten samt ihrem laufenden und stehenden Gut und sengte über den oberen Teil des Holzrumpfes.

Die Besatzungen beider Schiffe flohen mit den Beibooten. Die zweite Galeone indes lief brennend immer weiter nach Südwesten ab. Ihrer Mannschaft gelang es nicht, das Feuer unter Kontrolle zu kriegen.

Do Velho ließ seine fünf eingeborenen Gefangenen wie die Marionetten am Heckschanzkleid der „Candia“ hochstemmen. Er blickte auf die Gegner hinunter. Zwei Prahos trachteten gerade, sich von achtern an die Galeone heranzupirschen und ein Entermanöver zu beginnen.

„Haltet ein!“ schrie do Velho den Piraten zu. „Wir töten eure Kameraden, wenn ihr nicht die Flagge streicht!“

Als die Piraten von Malakka keinerlei Reaktion zeigten, hob do Velho die Hand zu einer Gebärde. Ignazio und die anderen Bewacher der Gefangenen begriffen. Sie zückten ihre Messer und hielten die Klingen den Geiseln an die Gurgeln.

Die Geste war unmißverständlich. Dennoch hatte der Portugiese sich in den Männern der Prahos getäuscht, und zwar gründlich. Sie ließen sich nicht aufhalten. Wieder blafften die kleinen Bordgeschütze auf, Musketen und Tromblons wurden gegen die nur langsam dahinziehende „Candia“ leergeschossen. Ein Hagel von Pfeilen schwirrte über die Galerie des Viermasters hinaus ganz nach oben, zum erhöhten Deck – nicht nur do Velho, Ignazio und die übrigen Besatzungsmitglieder liefen Gefahr, getroffen zu werden, auch die fünf Malaien in ihrer Gewalt waren bedroht.

„Die sind ja wahnsinnig!“ schrie der Kommandant außer sich vor Zorn. „Gefährden ihre eigenen Kumpane! Sind die denn von allen Geistern verlassen?“

„Ich glaube nicht, Senor“, erwiderte sein erster Offizier. „Ganz im Gegenteil.“

„So? Dann werden wir ein Exempel statuieren und einen dieser Halunken zum Schreien bringen. Ignazio, kitzle diesen Schweinehund von einem Schwarzbart ein wenig mit dem Messer.“

Der Mann aus Porto grinste, es bereitete ihm keinerlei Skrupel, einen Wehrlosen zu traktieren.

Der erste Offizier allerdings sagte zu do Velho: „Senor, ich habe den Eindruck, diese fünf Kerle krepieren lieber langsam und qualvoll, als ihre Landsleute zur Aufgabe zu bewegen. Und genauso ist die Einstellung der Piraten unten in den Prahos …“

Do Velho zog den Kopf ein, weil Brandpfeile über sie hinwegzischten. Einer blieb im Besanmast stecken. Die Flamme drohte das Segel in Brand zu stecken, aber ein beflissener Decksmann war heran und kippte ein Segeltuchpütz Seewasser über dem Geschoß aus, ehe sich das Feuer richtig entwickeln konnte.

„Primero!“ schrie der Kommandant seinen Ersten an. „Zu wem halten Sie eigentlich? Ich werde Ihre Gesinnung überprüfen …“

„Sie verstehen mich falsch, Senor!“

„Soll ich anfangen?“ fragte der verwirrte Ignazio.

Do Velho hatte sich entschlossen, die Erklärung des Primeros abzuwarten, bevor er dem bulligen Mann aus Porto antwortete.

„Diese Leute haben eine Mentalität, die uns fremd ist!“ rief der erste Offizier. „Ich weiß, das ist Ihnen bekannt, Senor Comandante, oder zumindest können Sie es sich sehr gut vorstellen. Aber ich habe auf den Philippinen sehr lange mit den Wilden zu tun gehabt und weiß, unter welchen Voraussetzungen sie durchaus bereit sind, all ihr Eigentum, ja, sogar ihre Freunde und ihre Familienangehörigen aufs Spiel zusetzen und aufzugeben, falls es ihrer Sache dient.“

„Blinde Fanatiker also?“

„Nicht mehr als wir …“

„Ich verbitte mir diese Bemerkungen!“ brüllte do Velho. „Sie wollen also allen Ernstes behaupten, daß diese braunen Kanaillen ohne weiteres ihre fünf Blutsbrüder abmurksen lassen, daß sie sie opfern, nur, um weiterkämpfen zu können?“

„Ja.“

Do Velho wollte aufbegehren, auf seine Erfahrungen, seine Privilegien als Kommandant pochen und jeden weiteren Einwand niederbrüllen.

Doch da schob sich auch die „Isabella VIII.“ heran. Ihre Konturen entwikkelten sich zu einem drohenden Schemen, der aus Rauch und Feuer hervorwuchs. Kaltschnäuzig und fast ohne Rücksicht auf sein Schiff segelte der Seewolf zwischen der lodernden, sinkenden vierten und der nach West-Süd-West abtreibenden fünften Galeone des Feindverbandes hindurch und nahm Kurs auf die „Candia“. Er drohte in den Wind zu laufen, und Lucio do Velho hoffte es, drückte insgeheim die Daumen, daß es eintrat, aber er hatte sich getäuscht.

Eine hervorragende Crew manövrierte die „Isabella“. Ohne Zwischenfall pflügte die große Galeone heran.

In diesem Augenblick beschloß do Velho, doch lieber die Flucht anzutreten. Was nützte es, die fünf Malaien zu massakrieren? Waren sie tot, fielen die Engländer und die Malakka-Piraten wie die Teufel über das Flaggschiff her – eine Übermacht, der die „Candia“ allein trotz ihrer vierundvierzig Kanonen nicht mehr Paroli zu bieten vermochte.

Do Velho ließ Vollzeug setzen. Das Blatt hatte sich gewendet. Der Jäger war zum Gejagten geworden.

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9783954394968
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