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Kapitel 2: Nerada

Reumütig kehrte Ayuma nach Hause zurück. Das Abenteuer hatte eine tiefe Verwirrung in ihr hinterlassen und sie beschloss, mit ihrem Vater zu reden, obwohl sie von ihm eine Zurechtweisung zu erwarten hatte.

Izores schaute von seiner Arbeit auf, als Ayuma die Schmiede betrat.

„Vater? Mornan, Airo und ich waren ... nun ja ...“, begann Ayuma.

Doch Izores unterbrach sie: „Ich weiß, dass du mit den beiden im Sperrgebiet warst.“ Es klang wie eine Feststellung und gar nicht wütend, Ayuma war irritiert. „Es hat sich bereits herumgesprochen. In einer kleinen Stadt wie Seron kennt jeder jeden und Neuigkeiten machen schnell die Runde, oder?“ Er schwieg kurz, dann fuhr er fort: „Gut finde ich es nicht, dass du dich über mein Verbot hinweggesetzt hast, aber du musstest wohl einfach selbst erfahren, was passieren kann. Gut, dass ihr heil aus der Situation herausgekommen seid.“

Ayumas Verwirrung wuchs noch mehr. „Heißt das, du bist gar nicht wütend auf mich?“

Izores schüttelte den Kopf. Ayuma war erleichtert.

„Aber es heißt auch, wenn du noch einmal ins Sperrgebiet gehst, wirst du nicht ungestraft davonkommen“, fügte Izores an.

Ayuma nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Aber sie war noch nicht zum Ende gekommen und erklärte, sie habe einen Entschluss gefasst.

„Klingt ernst“, meinte ihr Vater.

„Ist es auch.“ Ayuma schaute zu Boden.

„Worum geht es also bei dieser wichtigen Sache? Komm schon, du kannst es mir sagen.“

Ayuma atmete tief durch. „Du darfst aber nicht lachen.“

„Natürlich lache ich nicht! Also, worum geht es?“

„Ich möchte die Magie erlernen!“

Izores stöhnte. „Ich wusste, dass du früher oder später darauf kommen würdest. Jeder ist von der Magie fasziniert, aber nur wenige besitzen wirklich Fähigkeiten, die man trainieren kann. Nicht jedem ist es gegeben. Ich selbst konnte nie etwas mit der Magie anfangen. Aber du hast auch hier Fähigkeiten, also wenn du unbedingt willst ...“

„Kennst du jemanden, der mich unterrichten könnte?“

„Ja, sie ist eine gute Freundin von mir. Ihr Name ist Nerada. Sie beherrschte Magie schon als kleines Kind.“

Ayuma wunderte sich, dass sie nie von Nerada gehört hatte, doch Izores ging nicht weiter darauf ein. Er erklärte ihr den Weg zur Magierin: Ayuma musste Seron in nördlicher Richtung verlassen. Am Anfang des Waldes verlief der Weg nach Osten bis zum Fluss Nami. Von hier aus konnte man Neradas Haus schon sehen.

Ayuma packte ein paar Sachen. Erst am frühen Abend kehrte ihre Mutter heim. Sie saßen noch bis zur Dunkelheit zusammen und redeten über Ayumas Pläne. Cass nahm ihr das Versprechen ab, auf sich aufzupassen und ihre Eltern nicht zu vergessen. Schließlich verabschiedeten sie sich mit herzlichen Umarmungen und legten sich schlafen.

Am folgenden Morgen brach Ayuma auf. Sie schritt zügig durch die Stadttore und nach nicht einmal zwei Stunden kam sie an eine kleine Hütte. Hinter dieser floss ein Fluss und daneben erstreckte sich der Wald.

Ayuma klopfte an. Die Tür öffnete sich und eine Frau mit dunkelblonden Haaren und braunen Augen schaute interessiert heraus. „Du musst Ayuma Shino sein. Du bist sehr gewachsen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe.“

Ayuma nickte verblüfft und ließ es geschehen, dass Nerada sie von unten bis oben musterte. Offenbar fanden beide sofort Gefallen aneinander.

„Tja, weißt du, die Zeit ...“

Ein Lächeln legte sich auf Ayumas Gesicht, ihr war es, als ob sie Nerada schon immer gekannt hatte. Diese hielt die Tür weiter auf, sodass Ayuma eintreten konnte. Im Haus war es sehr ordentlich, viel ordentlicher als in Ayumas Zuhause. In der Wohnstube standen überall Schränke, in denen aufgereiht Bücher, Schriftrollen, Tränke und leere Fläschchen zu finden waren. Die Mitte des Raumes nahm ein Tisch ein, auf dem ein aufgeschlagenes Buch lag. Nerada hatte wohl gerade gelesen. In der Wohnstube gab es noch drei weitere Türen, zwei übergroße und eine gewöhnliche, die alle geschlossen waren.

Nerada klappte das Buch zu und schaute Ayuma an. „Also, was führt dich zu mir?“

Ayuma erzählte ihre Geschichte, dass sie von Waffen fasziniert sei, viel mit den Dorfjungen geübt habe, unbedingt eine Kriegerin werden wolle. „... und als gute Kriegerin muss ich auch Magie erlernen und beherrschen.“

„Izores wird es nicht gefallen“, wandte Nerada ein.

Ayuma dachte an das Gespräch mit ihrem Vater und nickte seufzend. „Er hält mich nicht auf. Magische Kräfte können sehr nützlich sein.“

„Das ist wahr. Ich habe erfahren, dass du mit deinen Freunden im Sperrgebiet warst und dort auf ein dunkles Wesen gestoßen bist, das du mit deinem Schwert nicht vertreiben konntest. Hat diese Erfahrung dich beeinflusst?“, forschte Nerada.

„Ja, man konnte es nur mit Magie bändigen. Solche Kreaturen dürfen die geteilte Welt nicht beherrschen. Also ... wirst du mich unterrichten?“

„Ich habe schon einen Schüler. Der Unterricht kostet mich jetzt schon sehr viel Zeit. Ich kann dich nur aufnehmen, wenn du dein Ziel klar vor Augen hast. Wie steht es mit dir?“

„Ich verspreche, fleißig zu sein und dich nicht zu enttäuschen.“ Ayuma verbeugte sich, um damit ihr Versprechen zu bekräftigen.

„Ich mache dich später mit meinem ersten Schüler bekannt, sein Name ist Airo Seram.“

Ayuma sprang auf. „Airo? Ich kenne ihn. Wo ist er?“

„Er ist im Wald. Ich habe ihm aufgetragen, Blaumondlilien zu sammeln. Er müsste bald zurück sein“, erklärte Nerada mit gerunzelter Stirn und einer vagen Handbewegung.

„Aber die Blaumondlilie wächst nur unter Wasser!“

„Genau. Gut, dass du das weißt, Ayuma.“

In diesem Moment polterte Airo durchnässt in die Hütte. Ayuma musste ein Grinsen verstecken. Offenbar hatte Airo die Blaumondlilie gefunden. Er hielt einen triefenden Arm in die Höhe und wollte zum Sprechen ansetzen, brachte aber dann kein Wort heraus, als er das Mädchen sah.

„Begrüße Ayuma, meine neue Schülerin“, forderte Nerada ihn auf, um damit die Regeln der Höflichkeit einzuhalten, und an Ayuma gewandt sagte sie: „Es ist schon spät. Du kannst die leere Schlafkoje nutzen, die andere belegt Airo.“ Nerada deutete auf die zwei übergroßen Türen. Mit einem „Gute Nacht“ an Ayuma und Airo schritt sie durch die schmale Tür und zog sich in ihre Schlafkammer zurück.

Ayuma öffnete ihre Schlafstätte und war überrascht, wie gemütlich sie wirkte. Nachdem sie sich sattgesehen hatte, drehte sie sich zu Airo um. Dieser hatte sie wohl schon eine Weile betrachtet. Jetzt verlangte er zu wissen, welche Umstände sie hierhergebracht hatten. Ayuma erzählte auch ihm ihre Geschichte. Airo lag in seiner Koje, während er zuhörte, schaute er an die Decke.

„Wie lange bist du schon hier?“, lenkte Ayuma das Gespräch nun auf ihn.

„Schon fast drei Jahre“, erklärte Airo. „Und bevor du dich aufregst: Letztens im Wald habe ich dir davon erzählt, zwar nicht, wie lange, aber dass ich jemanden habe, der mich unterrichtet. Ich wollte nicht, dass es alle wissen, du weißt doch, wie Mornan reagiert hätte.“

Sie sprachen noch weiter über die Ausbildung in Magie, mit der Ayuma morgen beginnen würde. Doch Airo wollte nicht sagen, was sie am nächsten Tag erwartete. Denn würde Ayuma sich darauf vorbereiten, könne Nerada nicht erkennen, inwieweit sie die Magie bereits beherrschte. Eine Weile schwiegen sie beide. Schließlich wünschte Ayuma eine gute Nacht, verschwand in ihrer Koje und versuchte einzuschlafen.

Am nächsten Morgen fiel helles Licht durch die offene Tür der Koje herein und weckte das Mädchen. Es hörte eine Stimme, verstand aber nichts. Ayuma atmete tief ein, streckte sich und öffnete verschlafen die Augen.

„Gut, du bist endlich wach“, knurrte Airo und verschwand aus ihrem Blickfeld. Ayuma setzte sich auf, schlug die Bettdecke beiseite und kletterte aus der Koje.

Nerada deckte gerade den Tisch, um, wie sie meinte, zur Feier des Tages mal ein ordentliches Frühstück zu machen. Alle drei setzten sich. Die Speisen sahen lecker aus, obwohl Ayuma einiges nicht kannte.

„Hast du keinen Hunger?“, fragte Airo, der schon dabei war, seinen Teller vollzuschaufeln.

„Du solltest etwas essen, heute wird ein anstrengender Tag“, forderte Nerada Ayuma auf.

Diese griff immer noch schlaftrunken nach dem Brot und hätte dabei fast die Schale mit der Milch umgestoßen. Der Schreck ließ mit einem Mal alle Müdigkeit von ihr abfallen, ihre Hände hielten krampfhaft alles fest. Airo musste laut loslachen.

„Ach, ich hätte es fast vergessen. Zu deinem Geburtstag hab ich noch ein Geschenk für dich.“ Nerada verschwand in ihrer Kammer und kam kurz darauf mit einem Päckchen zurück.

„Du musst mir nichts schenken“, erwiderte Ayuma höflich.

„Schon klar, aber mach es trotzdem auf.“

Ayuma löste einen Knoten und wickelte das Papier ab. Zum Vorschein kam ein Handschuh aus einem weichen weißen Leder, den sie sich staunend über die rechte Hand streifte. „Oh, er passt wie angegossen und sieht wunderschön aus.“ Sie bewegte die Finger der Reihe nach vor und zurück und bewunderte die Wellen, die im Stoff entstanden.

„Er soll nicht nur gut aussehen“, erklärte Nerada. „Er leitet Magieströme. Wenn du einen Zauber benutzt, kannst du ihn durch deinen rechten Arm leiten und ihn dadurch verstärken. Du kannst die Magie sogar weiter in deine Waffe strömen lassen und mit deinem Schwert zum Beispiel einen Feuerstrahl abfeuern.“

„So etwas geht?“ Ayuma staunte.

Nerada nickte zustimmend. „Du brauchst nur erst etwas Übung.“

Als sie ihre Mahlzeit beendet hatten, gingen Ayuma und Airo, um die Teller im Fluss abzuwaschen. Danach begab sich Ayuma auf die Wiese hinter Neradas Haus.

Nun begann ihre erste Magiestunde.

„Bevor wir anfangen, habe ich eine Frage an dich“, wandte sich Ayuma an Nerada. „Wie kommt es, dass du über vieles Bescheid weißt und doch so weit außerhalb von Seron wohnst?“

„Manche in der Stadt sehen es nicht gerne, wenn eine Magierin in ihrer Nähe wohnt. Sie fühlen sich unsicher und haben Angst vor Magie. So bin ich lieber hierhergezogen. Hier habe ich meine Ruhe und meine Informationsquellen“, antwortete Nerada. „Nun kommen wir zur Sache. Was weißt du über Magie?“

„Ich weiß nicht viel, ich kann ein paar Dinge ...“

„Also müssen wir ganz unten bei null anfangen“, seufzte Nerada und setzte sich auf die Wiese. Ayuma tat es ihr gleich. „Wozu, denkst du, brauchen wir Magie?“

„Um Dinge zu verzaubern.“

„Das auch, aber der eigentliche Grund ist, dass du mit der Magie Dinge augenblicklich erledigen kannst, für deren Ablauf du sonst mehr Zeit brauchen würdest. Es ist der einzige Grund, der für uns zu Anfang wichtig ist.“

Ayuma nickte.

„Es gibt Regeln im Umgang mit Magie, die du beachten musst. Du musst wissen, dass alles, was du mit Magie bewirkst, die gleiche Kraft kostet, als wenn du es auf herkömmlichem Weg erledigen würdest. Es dauert eben nur nicht die gleiche Zeit. Versuche also nie, einen Berg zu bewegen. Es würde dich augenblicklich das Leben kosten.“

„Verstehe. Ich sollte also besser auf magischem Weg ein Erdloch ausschaufeln, damit eine Mauer um- und hineinfällt, anstatt die riesigen Quader fortbewegen zu wollen“, entwickelte Ayuma eine weitere Idee.

„Zum Beispiel. Das kostet dich immer noch viel Kraft, aber weit weniger, als sie auszulöschen. Und höre: Du darfst niemals mit Magie experimentieren!“

„Gibt es nicht Magier, die sich speziell mit dem Entdecken und Ausarbeiten von neuen Zaubern beschäftigen?“

„Ja, aber erstens tun dies nur sehr erfahrene Magier und zweitens gehen diese Versuche, falls man sie denn so nennen kann, nicht immer gut aus. Wenn du einen Zauber entfachst, von dem du nicht weißt, was er bewirkt, könnte dieser dich schneller töten, als dir bei der Lösung deines Problems zu helfen.“ Darüber musste Ayuma erst nachdenken. Sie fragte nach weiteren Regeln. Nerada blickte das Mädchen ernst an. „Die letzte Regel ist die wichtigste von allen. Versuche niemals, niemals, einen magischen oder heiligen Gegenstand mit Magie herbeizurufen. Diese Gegenstände saugen das Leben aus dir heraus! Du musst mir versprechen, dass du dich nicht in Versuchung bringen lässt!“

Ayuma nickte ernst. „Du hast mein Wort. Ich habe die Regeln nun so verstanden: Man sollte wenig Energie verbrauchen, man darf nicht mit Magie experimentieren und man darf keine magischen Gegenstände herbeirufen. Verstanden. Ist das so etwas wie die goldene Dreierregel?“

Nerada kicherte. „So könnte man es auch nennen.“ Sie stand auf und bedeutete Ayuma, ihr zu folgen.

Dem Mädchen schwirrte der Kopf von so vielen Dingen, die beachtet werden mussten. Sie hatte angenommen, dass Zauber eher spontan gewirkt wurden, nun schien es eine echte Wissenschaft zu sein. Nerada führte sie in den Garten zu einem Blumenbeet. Nun kam die Zeit, einen ersten Zauber zu wirken. In Ayuma stieg Vorfreude auf.

„Was ist denn mein erster Zauber? Ein Feuer entzünden, einen Stein verschwinden lassen, etwas aus dem Nichts hervorzaubern?“

„Du wirst aus dieser Erde eine Pflanze wachsen lassen!“ Ayuma starrte auf den Boden. Ein wenig ihrer Freude machte sich zusammen mit ihrem Lächeln davon. Sie hätte Grandioseres erwartet, als ein Pflänzlein sprießen zu lassen. Nerada schien es nicht zu bemerken. „Konzentriere dich! Strecke die Hand über der Erde aus. Genau so!“ Nerada machte es vor, sodass ihre Hand jetzt über dem Beet schwebte. „Dann sagst du deutlich: Perscit!“

Sie starrten auf den Punkt. Sollte jetzt nicht etwas passieren? Doch! Da bewegte sich die Erde und es spross ein Keimling empor, der sich rasch entwickelte, Knospen und Blätter bildete und zu einer Rose heranwuchs, die rot erblühte.

Ayuma staunte. Sie streckte ebenfalls ihre Hand aus, atmete aus, schluckte und sagte dann: „Perscit!“

Nichts passierte.

„Du musst dich mehr konzentrieren. Finde den Zugang zur Magie!“

Ayuma schloss die Augen, konzentrierte sich, atmete wieder tief ein und aus. „Perscit!“

Wieder nichts.

„Es funktioniert nicht.“

„Mach dir keine Sorgen, Airo hat auch lange gebraucht, um diese Aufgabe zu bewältigen. Versuch es einfach noch einmal.“

Ayuma nickte und schloss die Augen abermals. Diesmal konzentrierte sie sich stärker. Dachte daran, wie stolz ihr Vater auf sie wäre, wenn sie ihm ihren Zauber zeigen würde, und wie Airo sich freuen würde, wenn ihr erster Zauber gelang. Und dann fand Ayuma etwas, das stärker war, als sie es je erlebt hatte. Eine Kraft, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie in ihr existierte.

„Perscit!“

Sie öffnete die Augen. Eine blaue Lilie wuchs aus der Erde. Sie wurde nicht so groß wie andere Lilien, aber sie stand in voller Pracht. Der Zauber war ihr gelungen!

Nerada war zufrieden.

*

Kapitel 3: Die Schattenburg

Es war gruselig auf der Schattenburg, selbst im Sommer.

Nurena Kinera stand auf den Mauern des Schlosses. Die Kriegerin schaute auf das weite Land, an dessen Horizont man das Meer sehen konnte. Nebelschwaden umgaben die Burg wie ein Vorhang und die Sonnenstrahlen schienen keine Wärme zu haben. Der Geruch einer nahenden Schlacht lag in der Luft. Doch Nurena verspürte keine Angst. Sie war bereits auf mehr Schlachtfeldern gewesen als ein paar der besten Krieger von Darilon. Sie wusste, dass dieser Krieg allein die Schuld der Königin von Baril war. Für ihre Göttin Singura wäre Nurena bereit, war sie immer bereit gewesen, in die Schlacht zu ziehen.

Laika Kinera, die Königin von Darilon, hatte erzählt, dass die Annuri selbst die Burg erbaut hatten. Die Annuri waren ein uraltes Volk, das die Göttin Singura anbetete. Fast alle, die diesem Glauben angehörten, hatten schwarze oder weiße Haare. Entweder wurden sie damit geboren oder sie halfen mit Magie nach.

Nurena seufzte und ging ein Stück die Mauer entlang. Plötzlich hörte sie Aufrufe und drehte sich um. Zwei Reiter galoppierten in den Schlosshof. Obwohl Nurena ihre Gesichter nicht sehen konnte, wusste sie, wer die beiden waren. Auf der schwarzen Stute saß ihre ältere Schwester Nurayama Kinera. Die Mädchen glichen sich auf den ersten Blick, was vor allem an ihren langen schwarzen Haaren lag. Doch hatte Nurena warm schimmernde grüne Augen, während Nurayamas hellblaue Augen ihr den Anschein verliehen, kalt und rücksichtslos zu sein. Der Mann neben ihr war Takeo, ein Bote. Er war eine zwielichtige Gestalt, doch schien er sich das Vertrauen der Königin erworben zu haben. Offenbar hielten sie und ihre Tochter seine Fähigkeiten für nützlich, weswegen er oft Wege zusammen mit Nurayama erledigte. Jedoch ging er auch manchmal anderen Aufträgen nach.

Auf Nurenas Gesicht stahl sich ein Lächeln. Sie war froh, dass ihre Schwester wieder auf der Burg war. Nurayama war mit Takeo auf einem Streifzug durch Darilon gewesen. Da das Land nicht gerade klein war, hatte Nurena sie erst morgen zurückerwartet. Sie ging den Ankömmlingen entgegen.

„Schön, dich zu sehen, Nurayama!“ Nurena umarmte ihre Schwester. „Wie konntet ihr so schnell zurückkommen?“

„Wir sind einmal an der Grenze entlanggeritten, um zu sehen, ob dort alles seine Richtigkeit hat. Das Wetter spielte mit und so ging es schneller als erwartet.“

„Und was habt ihr an den Grenzen vorgefunden?“

„Übliches Chaos.“ Als Nurena die Stirn runzelte, fuhr Nurayama fort: „Die Soldaten müssen unsere Grenzen verteidigen. Zwar ist es selten, dass es jemand wagt, uns anzugreifen, aber im Ernstfall müssen sie Alarm schlagen und die Angreifer möglichst noch vor der Grenze vertreiben. Und ...“

„Und was?“

„Sie haben eben Angst.“

„Wovor?“

„Vor Tod und Elend. Aber lass uns die Köpfe nicht weiter mit diesen Problemen vollstopfen. Ich gehe mich umziehen und dann unterhalten wir uns besser an einem anderen Ort.“

„Wir sehen uns oben auf dem Turm.“

Der Turm, den Nurena ansteuerte, war der höchste der Schattenburg. Schon als Kinder hatten sie sich dort oben getroffen. Es war ihr Platz, der Ort, von dem man alles um das Schloss herum sehen konnte. Nurena öffnete die Tür, die zum Balkon des Turmes führte, schloss sie wieder hinter sich und ging zur niedrigen Mauer, die als Absperrung diente.

Sie verstand das alles nicht. Erst war Nurayama zu diesem Ritt entlang der Grenze aufgebrochen und dann war Laika, die Königin, so nervös geworden. Doch da hörte sie die Tür knarzen und drehte sich um. Ihre Schwester trat zu ihr.

„Wie ist es dir unterwegs ergangen?“, fragte Nurena.

„Adlige behandeln sie immer gut.“ Nurayama schaute hinaus in die Ferne.

„Kann ich dich etwas fragen? Die Händler waren hier und ich habe zufällig gehört ...“

„Nurena, du hast doch nicht gelauscht? Ich hab dir immer gesagt, du sollst deine magischen Kräfte nicht für solche Zwecke einsetzen!“

„Es heißt, durch uns würde die geteilte Welt zerstört werden.“

Nurayama schaute sie an und überlegte. Nurena wandte den Blick ab und schaute jetzt genau wie Nurayama zuvor auf das weite Land hinaus.

„Du fragst mich, ob ich denke, dass wir die Bösen sind?“, fragte Nurayama.

Nurena schaute sie wieder an und nickte.

„Der Krieg resultiert daraus, dass es zwei Anführer gibt, die verschiedene Meinungen vertreten. Beide sind bereit, bis zum Tod für ihre Ansicht einzustehen. Jeder denkt vom anderen, dass er im Unrecht ist. Wir denken, dass Baril in diesem Krieg falschliegt und ich glaube, es ist andersherum genauso“, erklärte Nurayama.

„Ich verstehe“, sagte Nurena. Es wurde still und die beiden Schwestern ließen ihre Gedanken hinaus in die weite Ebene schweifen.

„Ach, da ist ja noch was!“, rief Nurayama auf einmal. „Alles Gute zum Geburtstag!“ Sie zog einen verhüllten länglichen Gegenstand hervor, den sie ihrer Schwester reichte.

Nurena wickelte das Geschenk ungeduldig aus. Zum Vorschein kam ein Schwert mit einer schwarzen Schneide, die in der untergehenden Sonne schillerte.

941,63 ₽
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282 стр. 4 иллюстрации
ISBN:
9783960743118
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