Читать книгу: «Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz», страница 6

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2. Der Haftungsschuldner

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Vollstreckungsschuldner ist nach Absatz 1 Buchst. b ferner der Haftungsschuldner. Er haftet persönlich und grundsätzlich auch unbeschränkt an Stelle des Selbstschuldners oder neben ihm für dessen gesetzliche Leistungsschuld (BVerwG U 29.6.2000 – 1 C 25/99, juris Rn. 12 = NVwZ 2000, 1424). Die Haftung kann auch gesamtschuldnerisch sein.

Gegen den Haftungsschuldner kann nur vollstreckt werden, wenn die Gläubigerbehörde gegen ihn einen Verwaltungsakt erlassen hat, mit dem seine Haftungsschuld begründet ist. Dieser Verwaltungsakt ist ein Leistungsbescheid nach § 3 Abs. 2 Buchst. a (Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 2 Rn. 3; App/Wettlaufer, § 5 Rn. 17; zum entsprechenden § 20 Abs. 2 Nr. 2 ThürVwZVG VG Meiningen B 11.5.1998 – 5 K 1261/97, juris = NVwZ-RR 1999, 220). Der Leistungsbescheid ist notwendig. Denn er ist die grundsätzliche Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung (§ 3 Rn. 9, 28).

Beispiele für Haftungsschuld:


Haftung des überlebenden Ehegatten bei Gesamtgutverpflichtungen der fortgesetzten Gütergemeinschaft: § 1489 BGB.
Erbschaftskauf: § 2382 BGB.
Erwerb eines Handelsgeschäfts: § 25 HGB.
Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns: § 28 HGB.
Haftung des Gesellschafters der OHG: § 128 HGB.
Haftung der Komplementäre der KG: § 161 Abs. 2, § 128 HGB.
Haftung des Kommanditisten: § 171 Abs. 1 HGB.
Kostenhaftung des Ausländers und anderer Personen: § 66, § 68 AufenthG (BVerwG U 14.6.2005 – 1 C 11/04, juris = BVerwGE 123, 382; BVerwG U 14.6.2005 – 1 C 15/04 –, juris = BVerwGE 124, 1; VGH München B 8.9.2006 – 24 ZB 06.1326, juris = DÖV 2006, 1010).

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Eine besondere Haftungsschuld gibt es bei der Einziehung von Kurbeiträgen in Badeorten. Für diese sind die Kurgäste beitragspflichtig. Jedoch können nach Satzungsrecht auch Personen oder Unternehmen, die Personen beherbergen, verpflichtet sein, die Kurbeiträge einzuziehen und an den Staat abzuliefern (VGH Kassel B 22.2.1995 – 5 N 2973/88, juris = NVwZ 1996, 1136; OVG Lüneburg U 13.6.2001 – 9 K 1975/00, juris = NVwZ-RR 2002, 456; OVG Lüneburg U 22.11.2010 – 9 LC 393/08, juris = NdsVBl 2011, 84; VGH München U 12.2.2004 – 5 N 02.1674, juris = NVwZ-RR 2004, 895; OVG Koblenz U 17.5.2011 – 6 C 11337/10, juris = NVwZ-RR 2011, 778). Der Kurbeitragspflichtige und der Wohnungsgeber können als Gesamtschuldner haften (OVG Lüneburg B 29.3.2005 – 9 LA 33/05, juris = NVwZ-RR 2005, 567).

Neben Übernachtungsgästen können auch Tagesgäste kurbeitragspflichtig sein, falls sie kostenaufwendige Einrichtungen des Kurortes in Anspruch nehmen (OVG Lüneburg B 10.6.2011 – 9 LA 122/10, juris = NVwZ-RR 2011, 784).

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Bei Schuldübernahme nach § 414 BGB oder Bürgschaft nach § 765 BGB entsteht keine öffentlich-rechtliche Haftungsschuld zugunsten der Behörde gemäß Absatz 1 Buchst. b. Denn hierbei handelt es sich um privatrechtliche Verträge zwischen dem Übernehmenden oder Bürgen und der Behörde. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54 VwVfG scheidet aus, weil die öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien fehlen. Diese bestehen nur zwischen dem Selbstschuldner und der Behörde. Deshalb ist hier gemäß § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes der ordentliche Rechtsweg gegeben. Vgl. zur Bürgschaft: BGH U 16.2.1984 – IX ZR 45/83, juris = BGHZ 90, 187; OVG Lüneburg B 29.1.1993 – 1 M 5564/92, juris = NVwZ 1994, 87; OLG Frankfurt/Main U 14.4.1983 – 1 U 216/82, juris = NVwZ 1983, 573.

Für Fremdenverkehrsbeiträge kann auch der Verwalter von Wohnungseigentum haften (OVG Lüneburg B 18.10.2012 – 9 LA 151/11, juris = ZMR 2013, 1007).

Sowohl die Schuldübernahme als auch die Bürgschaft können aus folgenden Gründen keine Rechtsgrundlage für eine Haftungsschuld sein: Eine Haftung des Übernehmenden oder Bürgen ergibt sich nicht unmittelbar aus § 414 BGB oder § 765 BGB (a.A. für die Bürgschaft: Erlenkämper/Rhein, VwVG NRW § 4 Rn. 22). Denn diese Rechtsinstitute beruhen im Rahmen der Vertragsfreiheit des § 311 BGB ausschließlich auf zivilrechtlichen Grundgeschäften. Folglich würden Rechtsstreitigkeiten in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte fallen. Dagegen wäre für Streitigkeiten im hoheitlichen Verwaltungsvollstreckungsverfahren der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Hieraus ergibt sich: Eine Haftungsschuld kann allein durch einen freiwilligen öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 54 S. 1 VwVfG zwischen der Vollzugsbehörde und dem Garanten begründet werden. Das sollte mit der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung nach § 61 VwVfG geschehen.

Für die Bürgschaft im Zusammenhang mit dem Verwaltungsakt einer staatlichen Subventionsbehörde gilt Folgendes: Der Sicherungszweck einer Bürgschaft für eine durch Verwaltungsakt festzusetzende Rückforderung einer staatlichen Subvention reicht im Zweifel nur soweit, wie die zuständige Behörde den Empfänger der Subvention bei fehlerfreier Ermessenausübung tatsächlich in Anspruch genommen hätte (BGH U 28.4.2009 – XI ZR 86/08, juris = WM 2009, 1180).

3. Die öffentliche Hand als Schuldner

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Die Vollstreckung gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts wegen Geldforderungen ist nicht ausdrücklich geregelt. Es fehlt eine dem § 17 entsprechende Bestimmung. Jedoch ergibt sich aus § 5 in Verbindung mit § 255 AO Folgendes: Gegen den Bund oder ein Land ist die Vollstreckung nicht zulässig.

Jedoch sei auf § 170 VwGO hingewiesen. Dort ist die zulässige Vollstreckung gegen die öffentliche Hand aus den gerichtlichen Titeln des § 168 VwGO geregelt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg B 7.4.2009 – 9 L 29/09, juris = LKV 2009, 287).

Eine besondere Regelung für sofort vollstreckbare öffentlich-rechtliche Verträge enthält § 61 Abs. 2 S. 2 VwVfG. Ferner lässt § 114 Abs. 3 S. 2 GWB die Vollstreckung gegen Hoheitsträger zu.

Im Übrigen ist die Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Staatsaufsicht unterliegen, nur mit Zustimmung der betreffenden Aufsichtsbehörde zulässig. Unter dem Begriff Land ist ein Bundesland in seiner staatsrechtlichen Einheit zu verstehen. Als Untergliederungen eines Landes gehören die Gemeinden zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts (vgl. BGH B 11.2.2010 – VII ZB 3/09, juris = WM 2010, 769). Die Aufsichtsbehörde bestimmt den Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden kann. Gegenüber öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten gelten diese Bestimmungen nicht (siehe auch § 170 Abs. 4 VwGO, § 255 Abs. 2 AO, § 152 Abs. 4 FGO, § 882a Abs. 3 S. 2 ZPO). Das wird in § 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes besonders hervorgehoben. Die gleiche Rechtslage gilt auch in folgenden Bundesländern:

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(1) Baden-Württemberg: § 17 LVwVG.

(2) Berlin: § 8 Abs. 1 S. 1 VwVfG Bln verweist auf VwVG und damit auch auf § 5 VwVG

(3) Brandenburg: § 7 VwVGBbg in Verbindung mit § 118 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg, jedoch mit der Einschränkung in § 118 Abs. 2 der Kommunalverfassung, dass ein Insolvenzverfahren nicht stattfindet.

(Bremen: § 2 Abs. 1 BremGVG verweist auf AO, angelehnt an § 5 VwVG.

(5) Hessen: § 26 HessVwVG mit der Einschränkung in Abs. 1 S. 2, dass ein Insolvenzverfahren nicht stattfindet.

(6) Mecklenburg-Vorpommern: § 111 Abs. 1 VwVfG M-V = § 5 VwVG.

(7) Niedersachsen: § 21 NVwVG.

(8) Nordrhein-Westfalen: § 78 VwVG NRW mit der Einschränkung in Abs. 3 S. 2, dass ein Insolvenzverfahren nicht stattfindet.

9) Saarland: § 37 SVwVG mit der Einschränkung in Abs. 1 S. 4, dass ein Insolvenzverfahren nicht stattfindet.

(10) Sachsen: § 18 SächsVwVG. Die Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde muss genau begründet werden (VG Dresden B 18.12.1998 – 7 K 3246/98, juris L, SächsVBl. 1999, 88).

(11) Sachsen-Anhalt: § 21 VwVG LSA.

(12) Schleswig-Holstein: § 271 LVwG.

(13) Thüringen: § 40 ThürVwZVG

Ein Ausschluss der Insolvenzfähigkeit, der früheren Konkursfähigkeit, ist verfassungsrechtlich zulässig. Das hat das Bundesverfassungsgericht zu § 26 Abs. 1 S. 4 HessVwVG entschieden (B 6.12.1983 – 2 BvL 1/82, juris = BVerfGE 65, 359; vgl. auch BVerfG B 5.10.1993 – 1 BvL 34/81, juris = BVerfGE 89, 132).

Die Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde betrifft alle bürgerlich-rechtlichen Geldforderungen. Das gilt auch für die Zwangsvollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Titeln (BGH B 11.2.2010 – VII ZB 3/09, juris = WM 2010, 769).

Als Hoheitsakt ist die Zustimmung ein Verwaltungsakt. Sie muss als solcher gelten. Denn gegen sie ist der Widerspruch zulässig. Diesen gibt es aber nur gegen einen Verwaltungsakt (BGH B 11.2.2010 a.a.O.).

Das hat für die Zwangsvollstreckung gegen eine Gemeinde bedeutsame Folgen: Die Gemeinde kann gegen die Verfügung der Rechtsaufsichtsbehörde Widerspruch erheben. Diese ist infolgedessen nicht vollziehbar, wenn das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO wiederhergestellt hat (BGH B 11.2.2010 a.a.O.). Ist vor der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung etwa bereits ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergangen, so kann das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO diese Maßnahme aufheben (BGH B 11.2.2010, a.a.O.).

4. Rangfolge bei Inanspruchnahme eines Schuldners

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In welcher Rangfolge die Behörde den Selbstschuldner oder den Haftungsschuldner in Anspruch nehmen darf, hat der Gesetzgeber offengelassen. Es fehlt die gebotene Aussage über die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners an Stelle des Selbstschuldners, wie sie in §§ 191, 219 AO enthalten ist. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird die Behörde in erster Linie den Selbstschuldner in Anspruch nehmen. Engelhardt/App/Schlatmann (VwVG § 2 Rn. 5) ist zuzustimmen, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung trifft und die etwaige Inanspruchnahme des Haftungsschuldners vor dem Selbstschuldner besonders zu begründen hat (entsprechend § 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG).

Eine spezialgesetzliche Regelung über die Rangfolge enthält § 66 Abs. 4 AufenthG: Für die Kosten der Abschiebung oder Zurückschiebung eines Ausländers haftet, wer diesen unerlaubt als Arbeitnehmer beschäftigt hat. In gleicher Weise haftet, wer eine nach § 96 AufenthG strafbare Handlung (Einschleusen von Ausländern) begeht. Der Ausländer haftet für die Kosten nur, soweit sie von dem anderen Kostenschuldner nicht beigetrieben werden können.

II. Zu Absatz 2

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Der duldungspflichtige Schuldner wird in dieser Vorschrift dem Vollstreckungsschuldner nur insoweit gleichgestellt, als die Duldungspflicht reicht. Daher ist er nur zur Duldung der Vollstreckung in Gegenstände verpflichtet, die er für den Schuldner verwaltet. Für die fremde Schuld haftet er nicht mit seinem eigenen Vermögen.

Beispiele für Duldungsschuldner:


Nießbraucher: §§ 1086, 1089 BGB.
Eltern: § 1626 Abs. 1 BGB.
Vormund von Minderjährigen: § 1793 BGB.
Betreuer von Volljährigen: § 1901 BGB.
Nachlassverwalter: § 1985 BGB.
Testamentsvollstrecker: §§ 2205, 2213 BGB.

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Besondere Fälle der öffentlich-rechtlichen Duldungspflicht bilden die öffentlichen Lasten als dingliche Verwertungsrechte, die auf öffentlichem Recht beruhen. Als öffentliche Last werden in bundes- und landesrechtlichen Vorschriften nur solche Abgaben ausdrücklich bezeichnet, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Grundstück stehen. Sie werden insbesondere für Leistungen geschuldet, die einer dauernden Werterhaltung oder Wertsteigerung dienen. In der Vollstreckung gilt für die Duldungspflicht § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 77 AO (OVG Frankfurt/Oder B 6.5.2004 – 2 A 178/02, juris = NVwZ-RR 2005, 566; VG Kassel B 22.1.2010 – 5 B 3254/09, juris = NJW 2010, 1987). Damit wird die Duldungspflicht des § 2 Abs. 2 VwVG durch § 77 AO klarstellend ergänzt.

Beispiele für öffentliche Lasten:


Ausgleichsbetrag des Grundstückseigentümers im Sanierungsgebiet: § 154 Abs. 1 S. 1 des Baugesetzbuchs (dazu BVerwG U 17.12.1992 – 4 C 30/90, juris =NVwZ 1993, 1112; OVG Lüneburg B 7.3.2003 – 1 ME 341/02, juris = NVwZ-RR 2003, 674).
Erschließungsbeiträge: §§ 134, 135 des Baugesetzbuchs (zur Zahlungsverjährung BVerwG U 14.2.2001 – 11 C 9/00, juris = BVerwGE 114, 1).
Ausgleichsleistungen für Mehrwerte im Umlegungsverfahren: § 64 Abs. 3 des Baugesetzbuchs.
Öffentliche Grundstückslasten: § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (dazu BGH U 30.6.1988 – IX ZR 141/87, juris = NJW 1989, 107).
Abgabenschulden (OVG Lüneburg B 31.8.2009 – 9 LA 419/07, juris = NVwZ-RR 2009, 906).
Grundstücksbezogene öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühren nach Landesrecht (BGH U 11.5.2010 – IX ZR 127/09, juris =WM 2010, 1715).
Kehr- und Überprüfungsgebühren: § 20 Abs. 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (zu den Vorgängervorschriften § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 4 des Schornsteinfegergesetzes BVerwG B 18.12.1989 – 8 B 141/89, juris = BVerwGE 84, 244; BVerwG U 12.5.1992 – 1 C 3/89, juris = NVwZ-RR 1993, 662). Diese sind gegenüber den Gebühren nach § 52 Abs. 4 BImSchG verschiedenartig (OVG Lüneburg B 24.11.2006 – 8 ME 152/05, juris = NVwZ-RR 2007, 96). Bei Wohnungseigentum ist Gebührenschuldner die Wohnungseigentümergemeinschaft (VG Darmstadt B 7.12.2006 – 9 G 1892/06, juris = NVwZ-RR 2007, 437).
Beiträge der Mitglieder und Nießbraucher der Wasser- und Bodenverbände: § 29 Gesetz über Wasser- und Bodenverbände.
Beitrags- und Vorschusspflicht: § 20 des Flurbereinigungsgesetzes.

Anhang: Vergleichbares Landesrecht

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(1) Baden-Württemberg: § 3, § 13 LVwVG. Rechtsnachfolger: § 3.

(2) Bayern: Art. 19 Abs. 2 VwZVG.

(3) Berlin: § 8 Abs. 1 VwVfG Berlin verweist auf VwVG.

(4) Brandenburg: § 6 VwVGBbg.

(5) Bremen: § 3 BremGVG.

(6) Hamburg: § 32 HmbVwVG. Öffentliche Lasten: § 32 Abs. 3.

(7) Hessen: § 4, § 20 HessVwVG. Rechtsnachfolger: § 4 Abs. 3.

(8) Mecklenburg-Vorpommern: § 111 Abs. 1 VwVfG M-V = § 2 VwVG.

(9) Niedersachsen: § 2 Abs. 5 NVwVG.

(10) Nordrhein-Westfalen: § 4, § 10 VwVG NRW. Öffentliche Lasten: § 4 Abs. 3.

(11) Rheinland-Pfalz: § 6, § 23 LVwVG. Öffentliche Lasten: § 23 Abs. Abs. 2.

(12) Saarland: § 32 SVwVG. Öffentliche Lasten: § 32 Abs. 3.

(13) Sachsen: § 3 SächsVwVG. Rechtsnachfolger: § 3 Abs. 3.

(14) Sachsen-Anhalt: § 2 Abs. 4 VwVG LSA.

(15) Schleswig-Holstein: § 264 LVwG. Öffentliche Lasten: § 264 Abs. 3.

(16) Thüringen: § 20 ThürVwZVG. Rechtsnachfolger: § 20 Abs. 4.

Kapitel I Kommentar zum Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) › Erster Abschnitt Vollstreckung wegen Geldforderungen › § 3 Vollstreckungsanordnung

§ 3 Vollstreckungsanordnung

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:


a)
b)
c)

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

Erläuterungen

I.Zu Absatz 11 – 7

1.Vollstreckungsanordnung1 – 5

2.Vollstreckung ohne gerichtlichen Titel6, 7

II.Zu Absatz 28 – 63

1.Einleitung der Vollstreckung8 – 48

a)Leistungsbescheid9 – 43

b)Fälligkeit der Leistung44 – 46

c)Ablauf der Wochenfrist47, 48

2.Vollziehbarkeit von Leistungsbescheiden49 – 63

III.Zu Absatz 364 – 74

IV.Zu Absatz 475, 76

Anhang:Vergleichbares Landesrecht77

I. Zu Absatz 1

1. Vollstreckungsanordnung

1

Sie ist das behördeninterne Ergebnis einer Prüfung des Falles. Daher enthält sie noch keine Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen. Also ist die Vollstreckungsanordnung kein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG (a.A.: Mayer/Kopp, § 46 S. 388).

2

Bereits vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Vollstreckungsanordnung kein Verwaltungsakt ist (BVerwG U 18.11.1960 – 7 C 184/57, juris Rn. 6 u. 12 = NJW 1961, 332 (333)).

Gegen die Vollstreckungsanordnung ist deshalb auch kein Rechtsbehelf gegeben. Widerspruch und Anfechtungsklage sind nicht zulässig. Mangels Regelungs- und Außenwirkung der Vollstreckungsanordnung kann der Vollstreckungsschuldner durch sie nicht in seinen Rechten verletzt sein.

Daraus folgt, dass die Behörde nicht verpflichtet sein kann, ihre Vollstreckungsanordnung dem Schuldner bekannt zu geben. Es ist ihr aber unbenommen, es zu tun. Das wäre eine möglicherweise wirkungsvolle warnende Aufklärung im Sinne des § 25 VwVfG darüber, dass es nun ernst werden soll. Für diese Mitteilung ist eine förmliche Zustellung nicht erforderlich. Denn ein Fall gesetzlicher Zustellungspflicht gemäß § 1 Abs. 2 erste Fallgruppe VwZG liegt nicht vor.

Man könnte die Vollstreckungsanordnung als den Auftrag der Anordnungsbehörde an die Vollstreckungsbehörde ansehen, die Vollstreckung durchzuführen (so Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 3 Rn. 9). Jedoch sagt § 3 Abs. 1 hierüber nichts aus. Die Lösung findet sich vielmehr in § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 250 Abs. 1 AO. Danach leistet die Vollstreckungsbehörde spezialgesetzliche Amtshilfe für die Anordnungsbehörde. Diese Amtshilfe findet ohne Außenwirkung auf den Schuldner im Innenverhältnis der beiden Behörden statt. Sie ist also kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Die Verweigerung der Amtshilfe ist in § 250 Abs. 2 AO besonders (und nicht in § 5 Abs. 2–5 VwVfG allgemein) geregelt.

Für die Europäische Union gelten zur Verwaltungszusammenarbeit bei einer Amtshilfe die Vorschriften der §§ 8a bis 8e VwVfG. Ergänzend ist das deutsche Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7.12.2011 (BGBl. I S. 2592) erlassen worden, welches als Artikel 1 das EU-Beitreibungsgesetz enthält.

Die Regelung, dass die Vollstreckungsanordnung von der Gläubigerbehörde und nicht von der Vollstreckungsbehörde erlassen wird, geht auf preußisches Recht zurück (OVG Koblenz B 19.4.1972 – 1 B 40/71, juris L, VerwRspr. 25, 248). Sie entspricht der Verordnung betreffend das Verwaltungszwangsverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen vom 15.11.1899 (GS S. 545).

3

Nach ihrem Wesen und Zweck dient die Vollstreckungsanordnung hauptsächlich dazu, unberechtigte oder unzweckmäßige Vollstreckungsverfahren zu verhindern. Die inhaltliche Richtigkeit der Vollstreckungsanordnung und -ankündigung ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Vollstreckung (OVG Münster B 21.12.2015 12 A 1034/15, juris Rn. 7 ff.). Als Gläubigerin prüft und entscheidet die anordnungsbefugte Behörde, ob die Vollstreckung gegen den Schuldner durchgeführt werden soll. Sie ist nur zulässig, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Sollte die Gläubigerbehörde erkennen, dass die Vollstreckung aus einem Leistungsbescheid schlechthin unerträglich wäre, weil er rechtswidrig ist, wird sie selbstverständlich eine Vollstreckungsanordnung nicht erlassen. Sie wird vielmehr diesen Verwaltungsakt aufheben. Das gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben (OVG Magdeburg B 1.2.2 011 – 4 L 158/10, juris = NVwZ-RR 2011, 617).

Die Vollstreckung ist aber unzweckmäßig, wenn der Schuldner offenkundig mittellos ist. Im Übrigen geht es auch darum, unbillige Härten zu vermeiden. Das ist durch § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 258 AO vorgeschrieben. Die Billigkeitsentscheidung hat möglichst allen Umständen des Falles gerecht zu werden. Sie soll sowohl für die Gläubigerbehörde als auch für den Schuldner eine sachlich und persönlich vertretbare Lösung erreichen. Dadurch wird die formale Strenge des Vollstreckungsrechts ausgeglichen. Eine spezialgesetzliche Billigkeitsregelung enthält § 12 Abs. 2 S. 3 BBesG (BVerwG U 27.1.1994 – 2 C 19/92, juris = BVerwGE 95, 94; BVerwG U 28.2.2002 – 2 C 2/01, juris Rn. 20 ff. = BVerwGE 116, 74 (77 f.); BVerwG U 26.4.2012 – 2 C 15/10, juris = NVwZ-RR 2012, 930; OVG Berlin-Brandenburg U 12.3.2009 – 4 B 43/08, juris = NVwZ-RR 2009, 731).

Als innerdienstliche Verfügung hat die Vollstreckungsanordnung demzufolge die Wirkung, dass die Anordnungsbehörde sich dazu entschließt und es zulässt, die Vollstreckung einzuleiten.

4

Eine solche Vollstreckungsanordnung gibt es nur im Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes und im darauf verweisenden Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 21.4.2016 (GVBl. 2016, 218). – So ist auch die in Bayern gemäß Art. 24 VwZVG bezeichnete Vollstreckungsanordnung ein nach außen wirkendes Ersuchen an das Finanzamt, die Vollstreckung durchzuführen.

5

Gemäß § 66 Abs. 5 S. 2 AufenthG kann eine Kostenschuld „ohne vorherige Vollstreckungsanordnung“ vollstreckt werden. Davon sind der Ausländer und andere Kostenschuldner betroffen. Die Rechtsnatur dieser Vollstreckungsanordnung ist nicht klar erkennbar. Nach hiesiger Ansicht handelt es sich um eine behördeninterne Angelegenheit im Sinne des § 3 Abs. 1.

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