Читать книгу: «Seewölfe Paket 9», страница 27

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4.

Es war ein seltsames und eigenartiges Gefühl, durch eine Welt aus Watte dahinzugleiten, in der alles unwirklich war.

Kaum hatten sie abgelegt, da verzerrten sich auch schon die Konturen der „Isabella“, und der Rahsegler sah jetzt selber wie ein Geisterschiff aus, an dem die Segel herabhingen und die Masten nur schemenhaft zu erkennen waren.

Die Riemen tauchten gleichmäßig ins Wasser, das Geräusch, das dabei entstand, verlor sich augenblicklich wieder.

Gleich darauf war auch die „Isabella“ verschwunden, als hätte sie aufgehört zu existieren.

Die Welt war still und wie tot, sie bewegten sich in einer Sphäre, die einem Traum ähnelte, weil alles so unwirklich und geheimnisvoll war.

Hasard hielt den kleinen Kompaß fest und legte ihn auf die Ducht. Dabei beobachtete er genau die Nadel.

„Etwas mehr Backbord“, sagte er. „Gut so, auf Kurs bleiben. Dan, du sagst mir sofort, wenn du auch nur den Schatten des fremden Schiffes siehst. Es wird noch eine Weile dauern, aber ich möchte es nach Möglichkeit nicht verfehlen.“

„Wird verdammt schwer sein, ihn zu finden“, entgegnete Dan.

„Aber vielleicht reißt der Nebel stellenweise wieder auf, und wir haben etwas Glück.“

„Ja, Glück gehört dazu, trotz Kompaß.“

Tucker und Carberry pullten schweigend. Ihre mächtigen Gestalten schienen Löcher in dem Nebel zu hinterlassen und ihn aufzureißen. Dichte Schwaden trieben um die Köpfe der beiden Männer, die selbst von Hasard nicht deutlich gesehen werden konnten.

Etwas später wurde der Nebel zäh und hing wie eine feste Wand vor dem kleinen Boot.

„So dicht habe ich ihn noch nie gesehen“, sagte Ed in die Stille hinein. Selbst seine Worte waren zäh und dick wie Sirup.

Obwohl sich die vier Männer gegenübersaßen und sich zwangsläufig ansahen, bemerkten sie sich kaum noch. Man konnte den Nebel mit der Hand greifen, so dicht wurde er jetzt. Wenn die Riemen durchs Wasser gezogen wurden, hörte es sich an, als dringe das Geräusch von weit her, von einem anderen Boot.

Hasard, der immer noch auf den Kompaß blickte, korrigierte erneut den Kurs.

„Mal feststellen, ob sie uns auf der „Isabella“ noch hören“, sagte er. Er legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief mit lauter Stimme den Namen seines Schiffes.

Aber niemand antwortete. Die weiße Substanz schluckte das Geräusch gierig und erstickte es.

„Na ja“, meinte er, „wir sind ja auch schon ein ganzes Stück von ihr entfernt. Sie können uns nicht mehr hören.“

Es war ganz offensichtlich, daß Carberry, Tucker und O’Flynn sich nicht besonders wohlfühlten. Hasard dagegen nahm das alles wesentlich gelassener hin.

Eine Weile lang wurde schweigend weitergepullt. Dan wollte einen der beiden Männer ablösen, aber Carberry schüttelte den Kopf.

„Das bißchen Pullen ist ein Klacks“, meinte er. „Deine Seeadleraugen sind viel mehr gefragt. Du siehst den Kahn ja schon, wenn er noch hinter dem Horizont ist.“

„So wild ist das auch wieder nicht“, schwächte Dan ab.

Weiter ging die fast lautlose Fahrt durch die weißen Schleier.

Mitunter schien es den Männern, als bestünde das Boot nur noch aus einer Hälfte, während die andere irgendwohin verschwunden war.

Einmal war es Dan, als schwebe hoch über ihren Köpfen etwas flatternd dahin. Auch Hasard hatte das Geräusch gehört.

Tucker blinzelte unter halbgeschlossenen Lidern nach oben, aber er sah nichts außer der zähen Wand, die sie von allen Seiten umgab und einhüllte.

Eine halbe Stunde verging, dann räusperte sich Dan.

„Verdammt, bei dem Schlag, den wir pullen, müßten wir längst bei der Karacke sein“, sagte er.

„Das finde ich auch“, sagte Ed.

„Wir sind ganz dicht in der Nähe und werden es schon merken, wenn wir gegen die Planken knallen.“

So optimistisch sich der Seewolf auch gab, er war es jetzt ebenfalls nicht mehr. Sie brauchten nur ein oder zwei Yards an dem Schiff vorbeizulaufen, dann fanden sie es nicht, weil sie nicht einmal seinen Schatten sehen würden.

Dan saß auf der Ducht und starrte sich die Augen aus, bis sie schmerzten und er nur noch flirrende Linien wahrnahm.

„Hört mal auf zu pullen!“ sagte Hasard. „Wir rufen noch einmal, wir müssen in der Nähe sein.“

Die Riemen blieben waagerecht in der Luft hängen, die Fahrt sank rapide, bis das Boot unbeweglich liegenblieb.

Hasard legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief laut in die Richtung, in der er das Schiff vermutete: „Hallo! Wir bringen Hilfe. Meldet euch!“

Er wiederholte die Worte noch einmal in Spanisch, weil sie immer noch nicht genau wußten, welcher Nationalität der Segler angehörte.

Er sprach wie durch einen gewaltigen Trichter, doch die Worte schienen buchstäblich in der Luft zu hängen und wurden kaum weitergetragen. Jedenfalls antwortete niemand.

Alle vier Männer wollten es nicht wahrhaben, daß sie an der Karacke vorbeigerudert waren, und doch mußte es so sein. Für die knapp drei Meilen Entfernung war die Zeit längst vorbei. Vermutlich befanden sie sich schon weit hinter dem fremden Schiff.

Hasard verglich wieder den Kompaß und fluchte unterdrückt.

„Soll ich einen Schuß abfeuern?“ fragte Dan den Seewolf.

„Nein, lieber nicht. Falls man ihn auf der ‚Isabella‘ hört, gerät da alles durcheinander. Wir fahren jetzt einen kleinen Bogen nach Backbord und ziehen einen Kreis. Finden wir das Schiff dann immer noch nicht, geht’s wieder zurück.“

Die Riemen tauchten wieder ein, und der Seewolf dirigierte den Kurs mit Handbewegungen.

Nicht mehr lange und Dan O’Flynn griff nach dem Arm des Seewolfs.

„Halt!“ rief er leise, „da könnte es sein, man sieht einen Schatten.“

Hasard sah den angeblichen Schatten immer noch nicht, und auch als die beiden Ruderer sich umdrehten, konnten sie nichts erkennen.

„Mann“, sagte Carberry andächtig. „Wenn das stimmt, ist ein Seeadler ein blindes Huhn gegen dich!“

Jetzt sah Dan den Schatten auch nicht mehr, denn seine Augen brannten höllisch, aber noch während das Boot weitertrieb, tauchte ganz überraschend dicht vor ihnen eine dunkle Wand auf.

Das Heck des Schiffes erschien im Nebel, und sie wären ohne die letzte Korrektur tatsächlich achtern daran vorbeigelaufen, ohne es zu finden.

Carberry sprang auf und drückte mit der Hand gegen die Planken, um den Anprall abzufangen. Sofort zog er seine Hand zurück.

„Pfui Teufel“, sagte er angwidert und betrachtete seine grünverschmierte Hand. „Der Kahn ist glitschig, als würde er schon jahrelang vor sich hinfaulen.“

„Das sind kleine Algen, nichts weiter“, sagte Ferris. „Das stammt von der See, wenn der Kasten eintaucht.“

Ed griff zum Ruder und hämmerte einmal hart gegen die Planken.

„He, ihr Rübenschweine!“ rief er. „Wo bleibt die Begrüßung?“

Dumpf und hohl setzte sich der Schlag durch das Schiff fort.

Alles blieb unheimlich still.

„Das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, rügte Hasard. „Los, weiter am Rumpf entlang!“

Das eigentümliche Schiff flößte ihnen Beklemmung ein, nicht ausgesprochene Angst, aber es verursachte doch einen dumpfen Druck auf der Brust und ein merkwürdiges Gefühl im Magen. Nur dem Seewolf schien das alles gleichgültig zu sein. Er stellte sich auf die Ducht und versuchte den Namen am Heck zu entziffern. Doch die mit Farbe aufgetragenen Buchstaben waren längst abgeblättert und die Stellen darunter so verwaschen, daß sich nichts erkennen ließ.

„Ich tippe doch eher auf einen Spanier“, sagte er leise. „Aus der Entfernung hat das Bild getäuscht. So bauen nur die Spanier, oder bist du anderer Ansicht, Ferris?“

Tucker betastete das Holz, kniff die Augen zusammen und stieß ein paarmal mit dem Daumen gegen die Planken.

„Dem Verlauf des Achterstevens nach ganz sicher ein Don“, sagte er. Doch nahm er die Finger so plötzlich von den Planken, als hätte er sich an dem Holz verbrannt. Seine Nackenhaare richteten sich auf, und er stieß einen verhaltenen Fluch aus.

„Verdammt, da drin hat es gerumpelt“, sagte er.

Den drei anderen Männern war das Geräusch ebenfalls nicht entgangen, und bis auf Hasard schluckten sie alle.

„Ein Zeichen, daß sich jemand an Bord befindet“, sagte er lässig. „Seid auf der Hut, haltet die Waffen schußbereit.“

Immer wieder blickten sie nach oben zum Schanzkleid, ob sich da vielleicht ein Gesicht zeigte.

Unendlich vorsichtig umfuhren sie das Schiff. Von außen konnten sie jetzt Einzelheiten erkennen, und Dan wies zu den Masten.

„Seht nur“, flüsterte er. „Das sind keine aufgegeiten Segel, das sind nur noch Fetzen, die da herabhängen! Total zerfetzt und vergammelt.“

Tucker legte den Kopf in den Nakken. Was Dan da sagte, stimmte.

Es waren die Überreste ehemaliger Segel, die da herunterhingen. Zerschlissen, vermodert, zerlumpt, sie befanden sich in einem erbarmungswürdigen Zustand.

Für Hasard war das ein Beweis, daß die Karacke schon lange nicht mehr segelte, sondern im Sargassomeer herumtrieb, natürlich ohne Besatzung.

Aber was hatte dann das Geräusch zu bedeuten?

Mit angehaltenem Atem lauschten sie.

„Anscheinend ist doch niemand an Bord“, sagte der Seewolf.

Carberrys Gesicht hatte sich verschlossen, nur seine Augen blickten äußerst mißtrauisch drein. Er traute diesem Höllenkahn nicht und dachte an O’Flynns Unkereien. Sollte der Alte wieder einmal recht behalten?

Jetzt hatten sie die fremde Karakke einmal umrundet und befanden sich wieder am Ausgangspunkt. Nirgendwo hing ein Tau oder eine Jakobsleiter herunter.

„Wir gehen an Bord und sehen uns um“, entschied Hasard. „Einer bleibt zur Sicherheit im Boot.“

Sie sahen sich an, und Dan nickte.

„Gut, ich bleibe. Ferris als Zimmermann muß sowieso mit, und der Profos als Zuchtmeister gehört einfach dazu, er hat ja immer den Vortritt.“

„Nun, nun“, sagte Ed gönnerhaft. „Ich kann ja auch ausnahmsweise einmal im Boot bleiben, da will ich gar nicht auf meine Rechte pochen. Ob ich den verlausten Kahn nun von innen sehe oder nicht, wird ja nicht viel ändern.“

Aber Dan blieb grinsend dabei und betrachtete das lange Gesicht, das der Profos zog. Ed schien sich ausgesprochen unbehaglich zu fühlen, denn für Segler dieser Art hatte der gute Profos nicht sehr viel übrig.

Hasard hatte einen langes Tau mit einem Enterhaken mitgenommen und warf es über das Schanzkleid, wo es sich sofort verhakte.

Er prüfte die Zugfestigkeit und kletterte nach oben. Ihm folgten Tucker und der Profos, den trotz der Wärme ein bißchen fror.

Carberry war ganz gewiß keine ängstliche Natur, das konnte ihm jeder bestätigen, der ihn beim Kämpfen gesehen hatte. Aber er hatte eine Abneigung gegen mitternächtliche Friedhöfe und verlassene Schiffe, auf denen es nicht geheuer war. Dagegen vermochte er sich mit seinen gewaltigen Körperkräften nicht zu wehren. Das war etwas, das man nicht greifen oder packen konnte, das waren Mächte, gegen die man nicht ankam.

Sie standen mit den Pistolen in den Fäusten an Deck und sahen sich um, während Dan unten das Boot vertäute.

Der erste Eindruck war beklemmend.

Die Karacke sah aus, als läge sie schon seit Ewigkeiten hier fest. Das Deck war schon lange nicht mehr gesäubert worden und hatte grünlichen und weißen Schimmel angesetzt, der es wie eine dünne Haut bedeckte. Ein paar Fetzen, brüchig und morsch, die von den Segeln stammten, lagen an Deck und vermoderten.

Vom hinteren Mast fehlte ein großes Stück, und auch dort lagen vergammelte Leinwandfetzen auf den grünlich schimmernden Planken.

Hasard sah sich argwöhnisch nach allen Seiten um. Noch immer hatte er das merkwürdige Geräusch im Ohr, das wie ein dumpfes Poltern geklungen hatte.

Er blickte nach vorn. Die Schotten waren geschlossen, auch das der Kombüse, und auf dem Vordeck regte sich nichts.

Auf der Kuhl war das Bild das gleiche. Angemodertes Tauwerk lag herum, ein paar Planken hatten sich aufgewölbt, waren aber nicht zersplittert. Es herrschte leichte Unordnung, als wäre jahrelang nichts mehr getan worden.

Drei leere, aufgeschlagene Fässer lagen herum. Was sie enthalten hatten, ließ sich nicht mehr feststellen.

Was, so fragte sich der Seewolf, würden sie in den Räumen wohl vorfinden? Skelettierte Leichen wie damals? Ein paar Tote, die in ihren Kojen lagen?

Nein, so sah es nicht aus. An Deck selbst fand sich nicht der geringste Hinweis, daß es hier Tote gab.

„Der Kahn ist allem Anschein nach verlassen worden“, sagte der Seewolf, „und das schon seit einigen Jahren.“

Tucker hatte an den Planken herumgekratzt, ein wenig mit der scharfen Seite der Axt gestochert und schüttelte den Kopf.

„Das sieht nur auf den ersten Blick so aus“, sagte er. „Das Schiff treibt noch nicht lange, ich schätze, höchstens ein halbes Jahr, mehr nicht. Es gibt keine Beiboote an Bord, demnach scheint man es in aller Eile verlassen zu haben. Hier hat uns jedenfalls niemand in eine Falle gelockt.“

Der Nebel ließ das verlassene Schiff noch weitaus gespenstischer erscheinen, als es in Wirklichkeit war. Bei strahlender Sonne mochte alles nur halb so schlimm aussehen, aber die traurig herabhängenden Segelfetzen, das modrige Deck, die vergammelten Aufbauten und der Geruch nach faulendem Holz verliehen dem Schiff doch etwas Unheimliches.

So ganz trauten sie der Sache immer noch nicht, und als es einmal knackte, fuhr der Profos wieselflink herum und richtete seine Pistole auf das Deck.

„Das waren die Planken“, sagte Tucker trocken. „Die tun dir ganz bestimmt nichts.“

„Himmelarsch“, fluchte Ed. „Das hätte ja auch etwas anderes sein können.“

„Klar, Wassermänner zum Beispiel, die sich durch die Planken fressen“, sagte der Seewolf lächelnd.

„Sir!“ sagte Ed vorwurfsvoll. „Du selbst hast uns eingehämmert, vorsichtig zu sein und nicht blindlings irgendwo hineinzurennen. Das hat nichts mit Angst zu tun.“

„Das ist richtig, Ed, aber hier gibt es wirklich niemanden, ich glaube es jedenfalls nicht.“

Hasard hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, als es an der Bordwand aufdröhnte. Wieder hallte es wie ein Riesengong durch die unheimliche Stille.

Carberry stürzte zum Schanzkleid und sah ins Boot hinunter.

„Was soll das, du Blödmann!“ herrschte er den verdutzten Dan an. „Willst du hier Geist spielen?“

„Blas dich nicht so auf, Mister Profos!“ rief Dan nach oben. „Ich war das nicht, ich habe das Geräusch auch gehört. Oder glaubst du, ich hämmere hier aus Langeweile gegen die Schiffsplanken, was, wie?“

„Dann – dann kam das aus dem Schiff?“ fragte Ed schluckend.

„Woher denn sonst wohl? Klar kam es aus dem Kahn. Genau wie vorhin auch!“

„Das müssen Planken, Spanten oder die Masten im Kielschwein sein“, sagte Ferris Tucker. „Das Holz arbeitet pausenlos, ein Schiff, das nicht in Bewegung ist, verrottet und verkommt. Dann gibt es Spannungen durch die Trockenheit, durch Hitzeeinwirkung und vieles mehr.“

„Aber das hörte sich verdammt anders an“, sagte Ed.

„Wahrscheinlich ist der Nebel dran schuld, Ed. Der verzerrt die Geräusche, und man glaubt Wunder was zu hören.“

„Wenn du meinst.“

So ganz befriedigte den Profos diese Antwort nicht, aber er sagte nichts mehr darauf.

„Ihr bleibt hier stehen“, sagte Hasard, „ich werde mich einmal dort vorn umsehen.“

Hasard ging bis an das Schott und riß es auf. Es klemmte etwas, aber schließlich gab es mit einem häßlichen Quietschen nach und öffnete sich.

Er trat in eine halbdunkle Kombüse und sah sich um. Zwei fette Ratten flitzten über die Planken und verschwanden in einem Loch, das sie durch das Deck genagt hatten.

In der Kombüse herrschte schmuddelige Unordnung. Pfannen, Töpfe und Kessel waren schwarz und fettig. In den beiden Herden lagen noch halbverbrannte Reste von Holzkohle.

Als er das Schapp aufriß, quoll ihm geschrotetes Getreide entgegen, grobes Mehl, in dem ebenfalls die Ratten hausten. Sie hatten sich ein ganzes Nest gebaut und ließen sich nur widerwillig stören. Auch sie verschwanden in einem Loch in der Wand dicht hinter dem Schapp.

In der Kombüse gab es noch Vorräte. Vieles war verschimmelt und verfault, und einiges hatten die Ratten gefressen, die sich hier ausgesprochen wohl fühlten. Steinhartes Brot fand sich, dann knochentrockener Zwieback, in dem Mehlwürmer herumkrochen und dunkle Kakerlaken ihr Unwesen trieben.

Hasard verließ die Kombüse und hob auf die fragenden Blicke der beiden Männer die Schultern.

„Nur Ratten und Ungeziefer, sonst nichts“, sagte er. „Scheint so, als hätten sie das ganze Schiff in Besitz genommen.“

„Keine Toten?“ fragte Carberry zurück.

„Bisher habe ich keinen gefunden.“

Der Seewolf ging weiter nach vorn, wo sich das andere Schott befand. Auch dieses ließ sich leicht öffnen, und er blickte in pechschwarze Finsternis.

Es roch modrig und faul, als wäre hier jahrelang nicht mehr gelüftet worden. Er öffnete das Schott noch weiter, bis schwaches Dämmerlicht in den Raum fiel und stieg dann die Treppe hinunter.

Die Kammer war nicht einmal halb so groß wie die auf der „Isabella“. Die Decke war niedrig und von schweren Balken durchzogen. Das Logis erinnerte an eine dunkle Höhle, an eine Gruft, die der Seewolf seinen eigenen Leuten niemals zugemutet hätte.

Die Kojen bestanden aus Verschlägen mit ein paar Brettern. Darüber hatte man Säcke gebreitet, sonst nichts.

Seine Augen hatten sich mittlerweile an das zwielichtige Halbdämmer gewöhnt, und er erwartete jeden Augenblick, eine mumifizierte Leiche in einer der Kojen anzutreffen.

Alle zwölf Kojen waren jedoch leer. Auch hier unten quietschte es leise, und Hasard hörte, wie die Ratten davonhuschten.

Kopfschüttelnd ging er wieder an Deck.

Für das Vorschiff blieb jetzt nur noch die Piek. Andere Räume gab es hier nicht mehr.

Carberry und Tucker sahen es ihm an den Augen an, daß er auch hier nichts gefunden hatte. Sie standen immer noch an Deck, nur hatten sie die Pistolen eingesteckt. Tucker hielt seine schwere Axt jedoch in der Hand.

In der Vorpiek stand die Brühe halbyardhoch, als Hasard den schweren Riegel zurückschob. Hier gab es keine Ratten, die waren längst ausgekniffen und hatten sich die besseren Plätze an Bord gesucht, wo es gemütlicher war.

Aber Wasserfässer standen dort. Vierzehn zählte der Seewolf im ganzen, fast die Hälfte von ihnen war noch gefüllt. Er drehte probeweise den hölzernen Hahn auf.

Grünschilldernde Brühe floß auf die Gräting. Das Wasser roch verfault und ekelhaft, und es befanden sich grüne Fäden darin.

Das Schott ließ er offen und ging wieder an Deck.

„So, jetzt die Kuhl, die Segellast und was der Räume mehr sind“, sagte er. „Dieses Schiff gibt mir immer mehr Rätsel auf. Aus irgendeinem Grund hat es seine Mannschaft verlassen. Aber überall finden sich Lebensmittel und in der Piek sind sogar die Fässer noch voll Wasser, auch wenn es verfault ist.“

Hasard wollte weitergehen, doch dann blieb er wie angewurzelt stehen und sah Ed und Ferris nachdenklich an.

„Einen Augenblick“, sagte er gedehnt. „Das fällt mir erst jetzt auf. Eigenartig“, murmelte er.

„Was ist eigenartig, Sir?“ fragte der Profos.

„Kommt mit“, sagte Hasard.

Gemeinsam gingen sie noch einmal zur Vorpiek, und Hasard zeigte auf die Schöpfkelle neben den Wasserfässern. Sie baumelte an einem kupfernen Nagel, der ins Holz gebogen war.

„Die Kelle ist noch viertelvoll“, sagte er.

Die drei Männer sahen sich nach diesen Worten betroffen an.

„Wenn wir voraussetzen, daß das Schiff seit einem Vierteljahr mindestens oder sogar einem halben Jahr von der Mannschaft verlassen ist, dann würde doch in dieser Zeit ganz sicher das Wasser in der Schöpfkelle verdunsten, nicht wahr?“

„Allerdings“, murmelte Carberry entgeistert.

„Vorhin fiel mir das gar nicht auf, ich dachte mir nichts dabei, die Erleuchtung kriegte ich erst auf dem Rückweg.“

Mehr brauchte der Seewolf nicht zu sagen, die Männer hatten kapiert, was er damit zum Ausdruck bringen wollte.

Folglich mußte es doch noch ein menschliches Lebewesen an Bord geben.

Die Geräusche von vorhin fielen ihnen wieder ein.

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