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Читать книгу: «Zwölf sind einer zu viel», страница 3

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Eines Abends gab es jedoch einmal eine helle Aufregung und viel Geschrei, nach einer verspäteten Heimkehr und einem etwas lauteren Wortgefecht mit Oma, stürzte Oma die steile Treppe vom Obergeschoss hinab, aber bis auf ein paar blaue Flecken und ohne weitere Blessuren, wurde diese Angelegenheit unter den nicht vorhandenen Teppich gekehrt …

Eines Tages hieß es jedoch Abschied von Oma und Opa zu nehmen, ein geräumiger, großer Möbelwagen fuhr vor und die uns liebgewordenen Großeltern verließen unser Haus und zogen an die Schweizer Grenze, es war trotz der Geschwister auf einmal eine Traurigkeit eingekehrt, etwas fehlte uns …

… eine geliebte Anlaufstelle war von Heute auf Morgen weggebrochen, es war zwar auf einmal mehr Platz im Haus und die zu erledigenden Arbeiten wurden nun auch auf uns Kinder umverteilt, da hatten wir die Fütterung der „Flatter-Tiere“, frischen Löwenzahn für die Stallhasen suchen, mithelfen im Haushalt und viele Dinge mehr. Der Auszug der Großeltern verursachte auch ein Loch in der Haushaltskasse und dieser Missstand musste durch zusätzliche Heimarbeit ausgeglichen werden.

Die am Ort ansässige Firma vergab Arbeiten für die Montage der Reißverschlüsse und deren Einzelteile, wir setzten im familieneigenen Wettbewerb tausende dieser kleinen Schieber zusammen und waren immer stolz, wenn wir Jüngeren einen unserer Eltern oder der größeren Geschwister hinter uns lassen konnten.

Die Kartons mit circa fünftausend Einzelteilen holten wir mit unseren Leiterwagen im Herbst und Frühjahr ab und im Winter mit dem Schlitten, wobei uns dabei im Winter schon mal im Übermut eine gesamte Kiste in den Schnee fiel, bei der rasten Abfahrt zu uns ins Tal. Polen war da in Not, alle Teile mussten vor der Korrosion abgetrocknet und gereinigt werden, eine zusätzliche, langwierige Arbeit wegen ein paar Minuten Spaß …

Wenn Bedarf bestand holten wir ein oder zwei Kartons mit Einzelteilen ab, es war keine Dauerbeschäftigung, nein mal mehr, mal weniger und manchmal gar nichts.

Wenn das Abendessen vorbei war und der Abwasch unter Mithilfe von Severin und Sarrina getätigt war, dann ging es an die „geliebte“ Heimarbeit. Fernsehen am Abend gab es noch nicht und so taten wir im Familienkreis auch noch etwas dazu. Es war für uns Kinder auch schon anstrengend, aber wir hatten auch unseren Spaß dabei und das war uns wichtig. Wir waren eine tolle kleine Familie und ein tolles Team, nicht zerstritten und jeder war für den Anderen da, wir konnten uns alle in die Augen sehen und waren durch unsere Eltern wohl behütet und das bedeutete uns sehr viel …

… der Sommer kam ins Land, heiß, lange Tage und Sommerferien für Severin und Sarrina und nach den Ferien sollte meine Einschulung statt finden, aber nun war erst einmal Abwechslung mit meinen größeren Geschwistern angesagt, zuerst waren die zugewiesenen Arbeiten dran, aber es blieb noch genügend Freizeit zum Spielen und Blödsinn machen übrig, Mutter hatte auch einmal Zeit mit uns zu spielen und auch zum Singen und wir waren viel unterwegs, der Verkehr war noch sehr harmlos und wir bewegten und hauptsächlich über die Wiesen und Felder und ein ganz beliebter Platz war der eigene Bachlauf mit dem aufgestauten Wasser, der schon ein kleiner Weiher war. Es war herrlich den umliegenden Bauern beim Heumachen und später auch bei der Ernte zu zusehen, dies geschah damals noch alles mit der Sense und war schwere „Knochenarbeit“ bei der sengenden Hitze, das Wenden geschah mit der vierzackigen Heugabel, abends wurde das Heu zusammen gerecht und als „Heumännchen“ aufgestellt, damit bei eventuellen Regen oder bei der Nachtfeuchte das teilgetrocknete Heu, keinen Schaden nehmen konnte. Bei Sonnenschein am nächsten Tag begann die Prozedur mit dem Neuverteilen und Ausbreiten des Heus, erst wenn keine Feuchtigkeit mehr im Heu war, wurde es aufgeladen, mit dem Ladebaum oben fixiert und in den Heuschobern eingelagert für die kargen Wintermonate. Diese Heuschober bestanden aus entrindeten Rundholz-Stämmen, die mit Abstand verbunden waren und somit für eine Belüftung sorgten, so wurde dem Selbstentzünden von zu nassen Heu vorgebeugt.

Die Sommer- und Herbstzeit war mit dem Einbringen der Ernte, die arbeitsreichste Zeit des Jahres und gleichzeitig ein Wettlauf mit den Gewalten der Natur. In unserer Gebirgsregion waren Wärmegewitter mit Hagelschlag an der Tagesordnung, ein Zusammenhalt der Ortsbevölkerung bzw. ein Mithelfen war selbstverständlich, da wurde nicht lange gefragt, man half mit, wenn Not am Mann war …

***

Severin lernte gut und war schon mit dreizehn Jahren mit der Volksschule fertig, wir schrieben das Jahr 1955 und nun war guter Rat teuer! Er wollte Koch lernen, aber Walchensee lag sehr abseits und unsere Eltern versuchten es in München. Dort fanden sie im Alpenhotel eine Lehrstelle und wohnen sollte Severin in einem Studentenheim am Josefsplatz in München, es sollte ein sehr teures Unterfangen für die nächsten drei Jahre werden, aber die Eltern waren gewillt dies für die Ausbildung für Severin zu leisten. In einem Zimmer waren vier Jungs unter gebracht, jeder zahlte fünfundvierzig Deutsche Mark für seinen Schlafplatz in diesem Zimmer, eigentlich ein Wucher! Severin bekam als monatliche Ausbildungs-Vergütung fünfzehn Deutsche Mark vom Lehrherrn, es waren höchstens die Fahrtkosten mit der Straßenbahn, na ja, die Zeiten waren nicht besser …

Schwere Rückenprobleme, zum Teil von einer Sportverletzung beim Skispringen und von der schweren Arbeit im Steinbruch, hatten unseren Vater zum Frührentner abgestempelt. Er sollte auf einer Kur in Bad Aibling mit Moorschlamm-Packungen wieder fit für den Alltag gemacht werden, aber er kam aus dieser vierwöchigen Reha, gesundheitlich schlechter zurück, als er hin gefahren war.

Zwischendurch hatte Papa für einen Schul-Buch-Verlag eine Vertreterstelle, für die Pfalz, übernommen. Dieses Engagement war jedoch nicht von großen Erfolg gekrönt, dann wurde er von einer Likörfabrik eingestellt und bekam eine sehr umfangreiche Musterkollektion, die Firma machte Pleite und die Musterkollektion verblieb für eine schöne, ausschweifende Silvester-Feier mit unseren Bekannten und Freunden.

***

Das neue Schuljahr begann in Bayern stets Anfang September, das war immer so und unsere „schwarze“ Landesregierung hatte sich noch nie etwas drein reden lassen, von wegen Rotation mit den anderen Bundesländern oder so ähnlich. Bayern war stets das Schwarze Bundesland, so war es und so sollte es für immer bleiben, dafür sorgte einst Franz Josef Strauss und später sein Adlatus Edmund Stoiber. Sie waren konservativ, nach Rechts geneigt und hatten seit Neugründung, aus der Bayernpartei heraus, in der Regel über sechzig Prozent der Wähler hinter sich gebracht, natürlich auch mit der „christlichen“ Unterstützung der Weltmacht Kirche, denn für was stand denn das „C“ in ihrem Parteinamen?

Nun war ja endlich der heiß ersehnte Tag gekommen, der erste Schultag stand bevor und Siegfried war aufgeregt und „hippelig“. Der Schulranzen, schon gut gebraucht von der Schwester, stand bereit, darin die schwarze, schon etwas zerkratzte Schiefertafel, eine Seite mit Linien und die andere Seite ohne Markierungen. Dazu eine fast neue Schwammdose mit feuchten Schwamm und den benötigten Griffelkasten mit verschiedenen Schreibgriffel in weicher und harter Qualität, geübt wurde damals schon zu Hause damit. Siegfried bekam eine sehr große Schultüte mit vielen Leckereien, Obst und Knabberzeug. Dann ging es mit den größeren Geschwistern und Nachbars-Kindern und mit Mutter zur Volksschule, die aus zwei größeren, hellen Schulsälen bestand, die Unter- und die Oberstufe. Es gab damals noch keine Bestimmung der Klassengröße oder wo eine Überbelegung begann, wer das Einschulungsalter erreicht hatte kam dazu, nach dem Motto, „… Platz war in der kleinsten Hütte …“. Es sollte eine sehr hektische Schulzeit werden, denn es war ein geburtenstarker Jahrgang und die Konzentration sollte sehr oft auf der Strecke bleiben.

Für den ersten Schultag wurde Siegfried besonders schick heraus geputzt, heute wohl „gestylt“, ich konnte mich Heute noch an die schöne Knickerbocker-Hose erinnern, an die weiße mit Grün eingefasste Strickjacke, die Mutti für Sonntag selbst gestrickt hatte und mit Hirschhorn-Knöpfen versehen war. Die Haare wurden tags zuvor auch noch geschnitten, Mutti hatte hier schon ihre Übung, Kochtopf aufgesetzt und kurzer Haarschnitt war angesagt. An diesen Ehrentag kamen auch die Sonntagsschuhe zum Tragen, es waren die in dieser ländlichen Region bekannten Haferlschuhe mit starker, kräftiger Sohle und seitlicher Schnürung. Ansonsten gab es von Mai bis Oktober keine Schuhe, da war Barfußlaufen angesagt, auch wenn einmal sich ein Schnupfen ankündigte und die „Rotzglocken“ herunter liefen. An viele Kinder-Krankheiten konnte ich mich nicht erinnern, mal plagte uns ein Keuchhusten und einmal hatten wir alle zusammen Röteln und das war es auch schon, wie erwähnt, wir lebten gesund mit der Natur und deren Produkten, hier bekamen wir alle erforderlichen Abwehrkräfte und für „krank sein“ hatten wir Kinder eh keine Zeit!

Dieser erste Schultag ging wie im Fluge vorbei, gelernt hatten wir an diesem Tage noch nichts, was für Siegfried sehr enttäuschend war, denn er hatte die Vorstellung, dass mit dem Schulbesuch das Lesen und Rechnen automatisch erfolgen würde und er es seiner größeren Schwester Sarrina, gleich tun könnte, denn sie konnte nach diesem ersten Schuljahr bereits lesen und rechnen, zumindest im Lese- und Märchenbuch und bis zum kleinen Ein mal Eins.

Ohne dieses, erhoffte Wissen ging dieser sehnlichst herbei gesehnte Tag zu Ende, Siegfried wusste zwar wo die Toiletten waren und das man, wenn man Austreten wollte, zwei Finger heben musste, nicht schwätzen durfte, Aufpassen sollte, was nicht immer so einfach war und wenn man etwas sagen wollte, so musste ein Finger gehoben werden und dazwischen rufen, gab es überhaupt nicht! Dann wurde noch der Tafeldienst festgelegt und wer die Aufgabe bekam, die Kreide aus dem Lehrerzimmer, bei Bedarf, zu holen. Das war Siegfrieds erster Schultag, auch eine Enttäuschung, denn Lesen und Schreiben, geschweige Rechnen, wie Sarrina es schon kannte, mit dem war es nichts an diesen Tag …

… etwas enttäuscht ging es in die Obhut der Mutter nach Hause zurück, als Trost blieb noch der Inhalt der Schultüte, die über die erste große Enttäuschung des jungen Lebens hinweg trösten musste. Die für diesen Tag ausgegebenen Sonntags-Klamotten wurden wieder ausgezogen und es gab die Alltags-Montur und die bestand aus einer unverwüstlichen Lederhose mit Hosenträgern, Leibchen und „Barfuß“, so ging es auch bis Oktober in die Schule. Nach dieser Zeit musste die Kleidung der kühleren und sehr kalten Jahreszeit angepasst werden, diese bestand aus einem zusätzlichem Straps-Laibchen und braunen, groben Strümpfen, dazu eine selbstgestrickte Jacke oder Pullover, eine Mütze gegen kalte Ohren und dem lausigen Wind, Fäustlinge und diese gesamten Strickwaren kamen aus der Heimarbeit unserer fleißigen Mutter, für was doch lange Abende auch immer gut waren …?

Ganz ungewohnt waren dann die groben, halbhohen Bergschuhe mit einer festen Sohle, auch schon von den Geschwistern getragen und diese Treter waren nicht kaputt zu kriegen …, eigentlich schade!

… aber unsere Sehnsucht war stets das Frühjahr und die besagten Klamotten, da musste man nicht groß aufpassen, denn was sollte an einer „Ledernen“ schon kaputt gehen? Und die zugezogenen Schrammen und Blessuren, die heilten ohne Probleme wieder ab.

Die Tage und Wochen bis in den Dezember hinein vergingen doch sehr schnell, nicht so wie im Sommer, wo sich doch alles im Freien abspielte. Siegfried sollte ja auch bis Weihnachten die ersten Worte lesen können und da hatte er so seine liebe Not.

Die ersten Worte konnten zusammen gezogen werden und zur Verständlichkeit gab es den Lesekasten mit den vielen aufgedruckten Buchstaben auf den Kartonteilchen und diese wurden zu Wörtern fein säuberlich aneinander gereiht, bis diese Teile ein Wort oder ganze Sätze ergaben.

Es war eine schwere Zeit des Lernens und des Verstehens, ich erinnere mich Heute noch an Wörter wie „Ku“ und „Kuh“, damals verstand ich nicht, warum die doofe „Kuh“ mit „H“ erst zur „Kuh“ wurde? Aber irgendwie begriff ich diese Technik nicht so und verstärkte mich auf das auswendig Lernen der einzelnen Geschichten aus dem Lesebuch, der bekannten Fibel. Meistens waren diese Abschnitte in Reimform und sie gingen mir leicht ins Gedächtnis, wie „Milch und Butter für Vater und Mutter, für Hans und Susi, für Dora und Else.“

Meine Mutter erzählte mir später einmal, dass ich angeblich das gesamte Lesebuch auswendig kannte und die Lehrerin nach dem ersten Schuljahr feststellen musste, dass ich gar nicht lesen konnte, sondern nur die Geschichten auswendig vortrug Anfang Dezember kam in die Unterstufe der Nikolaus mit seinem Gehilfen, dem „Krampus“, für die Nicht-Bayern, war dies Knecht Rupprecht, der etwas Angst einflößende Gehilfe von Nikolaus, der die unartigen Kinder angeblich in den Jutesack stecken sollte und dann mitnahm …

… diesen Vorgang hatte Siegfried noch nie live gesehen oder miterleben dürfen, aber wir wurden stets von unseren Lehrern und Eltern davor gewarnt und doch in Angst versetzt und an diesem 6. Dezember war keiner als Beistand in der Schule dabei und irgendwie eine Schandtat hatte jeder der anwesenden Bürschlein sicherlich auf dem Kerbholz …

Nikolaus und Krampus saßen vorne am Lehrerpult, mit strengen Blick und alle Schüler im Visier, dann wurde in seinem goldenen Buch geblättert und wir wurden einzeln nach vorne gerufen, so manches „Herzelein“ rutschte dabei bestimmt in die Hose, mir war auch sehr mulmig zu Mute, obwohl ich bestimmt nichts (?) verbrochen hatte, aber wusste das der Gute? Schüchtern stand ich vor dem Nikolaus und Krampus rasselte mit der Kette, es ging durch Mark und Bein, dann bekam ich meine Schandtat vorgehalten, es blieb gottlob im Rahmen, sollte mehr aufpassen und weiter mir viel Mühe beim Lesen geben, das war es dann …

… Glück gehabt? Die Mädchen waren, so sah es sicherlich aus, immer und bei allen die Braven, Nikolaus hatte kaum eine Beanstandung und der „Kettenmann“ verhielt sich ganz ruhig, nicht so wie bei uns Jungs …, fast wie im richtigen Leben?

Siegfried hatte hierbei schon mal gelernt, das die Mädels das brave Geschlecht waren und wir Jungs, die waren, die den Shit abbekamen und das sollte so gerecht sein?

Zum Schluss bekamen wir alle ein Geschenk mit Süßigkeiten, ermahnende Worte und vom Nikolaus die hinweisenden Worte, dass er alles sieht und nächstes Jahr wieder kommt. Das mit dem „alles sehen“ war mir schon unheimlich, zwar unerklärlich, aber ehrfürchtig ging dieser Nikolaus-Schultag zu Ende … „Glück gehabt“, nichts wie nach Hause, obwohl die Nacht davor von Alpträumen geprägt war.

Die erste große Prüfung mit dem Alleinsein in der Schule, nur mit den gleichaltrigen Schulkameraden und unserer Lehrerin und dann noch der Nikolausbesuch, war nun vorüber, ob dieser Erziehungsabschnitt jedoch in unseren Köpfen hängen geblieben war, ließ mich damals schon zweifeln, sicher saß dieses Erlebnis tief in unseren Köpfen und sicher gaben wir uns Mühe in dieser Vorweihnachtszeit, braver und gehorsamer zu sein, ein Druckmittel war stets die ausgesprochene Ermahnung mit dem „alles sehen“, aber nach ein paar Tagen hatten wir dies wieder verdrängt, es war dann Schnee von Gestern …

Lehrer und auch unsere Eltern konnten in dieser Hinsicht ganz schön hinterhältig sein und so geschah diese Furcht einflößende Begebenheit eines Abends bei uns zu Hause …

… es war nun einer der langen Winterabende und mein Vater hatte sich wieder einmal eine kleine List ausgedacht, ich wusste auch im Nachhinein nicht, ob ich was verbockt oder angestellt hatte. Papa schickte mich in den 1.Stock um etwas von seinen Nachtschrank zu holen, hierzu musste ich über die steile Treppe, den Weg nach oben antreten. Also nach oben, das Gewünschte holen, auch wenn der Weg lästig erschien, aber Weihnachten stand vor der Tür und ich wollte kein Geschenk durch den Ungehorsam verlieren. Es war schon sehr dämmerig draußen und öffnete die Tür zum Eltern-Schlafzimmer, drehte den Lichtschalter und die fünfundzwanzig Watt-Glühbirne erhellte sparsam den Raum, dann zu Vaters Nachtschrank und ein Blick auf sein Bett und nichts ahnend was mich da zu erwarten hatte … und dann im Dämmerlicht, wie von einer großen Tarantel gestochen, gab ich Fersengeld, ab durch die noch halboffen stehende Tür, die steile Treppe hinunter, drei Stufen jeweils auf einmal nehmend, so kam ich kreidebleich unten an, als ob mich der „Wahrhaftige“ verfolgt hatte, ich hatte Angst und schob Panik, die Knie zitterten.

Papa konnte ein hinterhältiges Lächeln sich nicht verkneifen, war aber über seinen Scherz mit meiner Angst auch sehr erschrocken und meine Mutter war als Seelen-Tröster gefragt, nun ging es abermals nach oben, an der Hand meiner Mutter. Dieser Weg war sicherlich psychologisch wichtig, da für die Zukunft kein „Knacks“ zurück bleiben sollte.

Oben angekommen, so sah meine Mutter, den Grund meines rasanten „Treppenlaufes“. Vater hatte eine Nikolaus-Gesichtsmaske mit Rauschebart und Zipfelmütze in sein Bett gelegt und für mich sah es so aus, als ob Nikolaus hier im Bett lag.

Nachdem sich diese Angelegenheit nun aufgeklärt hatte, so kehrte an diesen Abend wieder etwas Normalität ein und es war wieder alles im Lot, zumindest mit dieser leblosen Maske und nicht mit den bekannten Gespann aus der Schule.

Die vorweihnachtliche Adventszeit mit den langen Winterabenden und den kalten Nächten, brachte bei unseren Eltern eine gewisse, heimliche Betriebsamkeit hervor.

Bei vier Geschwistern und dem nicht vorhandenen Geld, so hatten sich unsere Eltern stets liebevolle Gedanken gemacht, wie sie uns Kindern zu Weihnachten eine Freude machen konnten und wie sie uns überraschen wollten. Papa verschwand viele Abende nach seiner schweren Arbeit, im seitlichen Anbau, den hinter der Garage vor dem angrenzenden Hühnerstall, um unbemerkt für uns Geschenke herzustellen.

Zu gerne hätten wir gewusst, was hinter der stets verschlossenen Garagentür vor sich ging, aber genau so schnell wie die Neugier kam, genau so schnell verschwand dieses Interesse.

Die Tage waren kurz und manchmal auch sehr kurzlebig, wir Kinder lernten sehr früh das Skilaufen, es gehörte zu der vierten Jahreszeit, wie das Barfußlaufen im Sommer. Ende Oktober, spätestens Anfang November kam der erste Schnee und dieser blieb dann bis in den März hinein liegen, der Winter vor sechzig Jahren war noch ein echter kalter Winter und nicht eine Jahreszeit wie Heute mit teils sommerlichen Temperaturen.

Wir wohnten auf einer kleinen Anhöhe und unsere Schule befand sich im Dorfzentrum oberhalb des Sees, unser Schulweg am Morgen ging über einen Feldweg bergab ins „Tal“ und nach der Schule entgegengesetzt leider bergauf! Zwischen unserem Zuhause und der Schule lagen die Wiesen und Felder der Bauern, im Winter lag der Schnee oft so hoch, dass die Draht verspannten Weidezäune nicht mehr sichtbar waren und das konnte schon sehr gefährlich werden beim Tiefschnee fahren. Unser damaliges Skimaterial war mit dem heutigen nicht zu vergleichen, von wegen taillierte Carven-Skis mit Stahlkanten und Sicherheits-Bindung, es waren ganz normale Holzlatten mit aufgebogener Spitze, gefacte Holzkanten, aber schon mit einer Rille in der Laufsohle, so etwas gab es doch schon. Aber das Beste war doch die Bindung, von einer Sicherheits-Bindung war noch lange nichts zu sehen, jeder war mit seiner Fahrweise selbst für seine Sicherheit verantwortlich.

Wir hatten auf unseren ersten Skis, eine Art fest verschraubten Lederüber-Schuh, in dem wir mit unseren festen Bergschuhen hinein gestiegen sind und mit einem Lederriemen wurde dieser Überschuh verschlossen und schon ging es bergab und später nach der Schule, im Skaterschritt, sehr anstrengend bergauf. Nasse Socken und kalte Füße gehörten genauso dazu, wie das Weihwasser zur Kirche.

Später kam dann eine Verbesserung im Bezug auf die Sicherheit dazu, es kam eine Backenbindung mit oberen verstellbaren Riemenbügel und einem Federstrammer auf den Markt, hier war ein wesentlich besserer Halt gegeben und die Skis ließen sich wesentlich besser lenken. Wir bekamen diese Bindung erst viel später auf unsere Skis, denn Sportausrüstungen waren Luxus und damals schon sehr teuer.

Die revolutionierende Kandahar-Bindung mit hinteren Seilzug und Federummantelung sowie mit seitlichen Führungs-Nippeln, kam erst später und sie hatte den Vorteil, das man von Abfahrt auf Langlauf umstellen konnte. Die Skis bekamen vorne eine mittige Aufwulstung, die mit einer Nase in der Skispitze endete. Meine ersten Skis waren alle einheitlich braun, naturfarben lackiert.

An einen Skibruch oder an einen „Spitzelsalat“, konnte ich mich nicht erinnern, geschweige an einen Arm- oder Beinbruch oder an eine andere Verletzung. Waren wir so abgehärtet oder nur etwas vorsichtiger mit unserer Gesundheit, denn schnelle rasante Abfahrten hatten wir als Wettbewerb auch getätigt.

Aber das Verletzungsrisiko liegt Heute sicherlich darin, das die „Sportler“ sich überschätzen, sich nicht muskulös aufwärmen und nur mit dem Lift nach oben wollen. In unserer Kind-Jugendzeit gab es nur in einigen gutbetuchten Gegenden diese Anlagen und dort fuhren wir nicht hin. Heute hat man für alle Arten des Skilaufs verschiedene Skis und verschiedene Schuhe, die Mode nimmt einen sehr großen Stellenwert ein und für viele bedeutet Skifahren, Lebensfreude und Apree-Ski.

Für uns Burschen im Ort war schon jeder Berg und jeder Hügel geeignet zum Schanzenbau und zum Skispringen, hier zählte der Mut und wer am weitesten kam, Sprünge im zehn bis zwanzig Meterbereich waren schon sehr spektakulär.

Weihnachten rückte immer näher und wir Kinder waren sehr neugierig, was das Christkind uns wohl bringen würde. Es waren immer sehr einfache und besinnliche Weihnachten, Reichtümer waren nicht vorhanden und wir freuten uns stets über neues Spielzeug, teils von Papa selbst gemacht oder doch sehr teuer erstanden. Die Vorfreude und die gesamte Adventszeit waren mehr als eine Einstimmung auf das große Fest und wir erinnern uns sicherlich alle noch sehr gerne an diese „stade Zeit“. Einmal gab es für jedes Kind ein Modell unseres Wohnhauses als Sparbüchse mit abnehmbaren Kamin für den Geldeinwurf, ein anderes Mal einen großen Kaufladen, liebevoll eingerichtet mit zugeklebten Originalverpackungen, von Mutti schon das ganze Jahr aufgehoben und gesammelt, auch an ein großes Feuerwehr-Auto mit Drehleiter und kleinen Wasserschlauch und echter Spritzfunktion konnte ich mich erinnern …

… dazu viel Selbstgestricktes von Mutti und die besten selbstgebackenen Plätzchen, die mit Vater gebacken wurden.

Die im Herbst gesammelten und getrockneten Wal- und Haselnüsse hatten für uns einen dicht gefüllten Gabentisch hinterlassen, gelbrote Äpfel von unseren eigenen Obstbäumen und Orangen, die das Christkind bestimmt teuer erstanden hatte, ließen das Fest zu einem echten Fest werden.

Am Hl. Abend ging es beim Essen ganz klassisch zu, es gab Kartoffelsalat mit Mayonnaise, süßsaure Gürkchen darin, feine Apfelstückchen, Zwiebeln knackige Kartoffelscheibchen und alles schön „schlotzig“ durchgezogen, lecker! Und dazu von Dorfmetzger die leckeren „Wienerle“ mit mittelscharfen Senf bis zum Abwinken.

So konnte Weihnachten beginnen und für die Festtage hatten unsere Eltern einen Truthahn in die Röhre geschoben, der Bratenduft durchströmte das gesamte Haus und wir bekamen alle den besagten Appetit, dazu gab es Kartoffelknödel und Blaukraut, alles selbstgemacht bzw. schon im Herbst eingelegt, zur Feier des Tages gab es für die Eltern einen Wein und für uns Kinder einen guten Apfelsaft aus den geernteten Äpfel. Das Leben konnte doch so schön sein …

… wenn Vater Zeit hatte, dann ergänzten sich unsere Eltern gerne in der Küche. Papa liebte die Böhmische Küche, Serviettenknödel mit Schmetten-Sosse, Geflügel mit Maronen- und Backpflaumen-Füllung und Nüssen, da läuft mir Heute noch das Wasser im Mund zusammen.

So ein Festtagsbraten reichte gut für die Tage zwischen den Jahren, zumindest solange die Familie nicht größer wurde, in den späteren Jahren mussten unsere Eltern mehrere Gerichte für die Festtage einplanen. Es waren stets schöne Feste, immer noch ohne Fernsehen, aber doch schon mit einem Plattenspieler und auch unserem Radio, das am Morgen eingeschalten wurde und den ganzen Tag unser häuslicher Begleiter war.

***

Die Wintermonate waren lang und meistens auch sehr streng und klirrend kalt, die Hühner produzierten auch weniger Eier, benötigten aber viel Körnerfutter, Kleie und Zusatzstoffe und sie wurden ungeduldig, wollten ins Freie. Aber da warteten wir immer noch ein bisschen bis einige Stellen vom Schnee abgetaut waren und der Bodenfrost die oberen Schichten freigab.

Wir Kinder sehnten das nächste große Fest sehnlichst herbei, denn nach Ostern ging es in der Natur doch steil nach oben, auch wenn die Nächte immer wieder einmal sehr kalt waren, aber die Sonne entschädigte uns am Tage für die lange Wartezeit des vergangenen Winters.

Die Sommerkleidung kam wieder zum Tragen, die lästigen Leibchen mit den braunen Strümpfen gehörten für Monate wieder in den Schrank. Die folgenden Monate waren doch die Besten des Jahres, wenn auch das Skifahren und die schönen Geschenke zu Weihnachten nicht zu verachten waren …

In der Schule hatte ich mit meinen Platz-Nachbarn Walter Freundschaft geschlossen und dieser Bub wohnte nicht weit von uns entfernt in einem etwas größeren Wohnhaus mit mehreren Parteien. Im ausgebauten Dachgeschoss dieses Hauses wohnte ein älteres, buckliges Mütterchen mit einer schwarzen Katze. Wir hatten anfangs überhaupt keinen Kontakt zu dieser doch sehr zurück gezogenen Frau, sie war uns unheimlich und mit der Katze ähnelte sie der Hexe aus dem Märchen „Hänsel und Gretel“, durch ihre stets schwarze Kleidung und durch den gebückten Gang in den Wald, um Kräuter, Pilze und Beeren zu sammeln, so hatten wir viel Ehrfurcht vor dieser Frau oder auch nur Angst? Als ich eines Tages meinen Freund Walter besuchte und auch meine Schwester Sarrina dabei hatte, so trafen wir im Treppenhaus diese schwarz gekleidete, bucklige Frau und wir wurden in die Dachwohnung alle samt eingeladen, es war uns mehr als mulmig. Aber die Frau hatte eine so sanfte Stimme, das wir unsere Zurückhaltung vergaßen, es gab Kuchen und Saft und danach saßen wir alle auf der oberen Treppe und die Frau las uns im Dämmerlicht des Treppen-Hauses aus ihrem Märchenbuch vor. Wir tauchten so in eine ganz andere, mysteriöse Welt der Märchen ein und waren unsagbar darin gefangen …

… erst der Tod einige Monate später, zeigte uns wie grausam die Welt doch auch sein konnte, wir hatten unsere liebgewonnene „Oma“ verloren und die Tatsache rückte in den Vordergrund, dass alles geliebte irgendwo und eines Tages sein Ende haben wird …

Die Schule machte eigentlich schon auch Spaß, Siegfried ging gerne in die Klasse zu seiner Lehrerin, lernte brav seine Lese-Buchstaben auswendig und erweckte keinen Verdacht, dass er diese Seiten nur auswendig kannte. Doch an manchen Tagen konnten ihm die Unterrichtsstunden nicht schnell genug vergehen, kein Wunder, denn die Frühlings- und Sommermonate und später auch die Herbstzeit waren für uns Kinder voller Tatendrang, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Blödeleien und so manche Eselei, aber auch sehr oft als Anstifter für nicht erlaubte Streiche zeichneten Siegfried aus. Unsere Mutter hatte aus erzieherischen Gründen, die eine oder andere Aufgabe des Einkaufens, nach der Schule, Siegfried übertragen.

Es war schon eine große Belastung, das mitgegebene Einkaufsgeld aufzubewahren, ohne es zu verlieren, durch den Schul-Unterricht zu bringen und dazu hatten wir alle Kinder ein kleines Portemonnaie aus Freudenstadt im Schwarzwald, ein Mitbringsel von Papa, von seinem letzten Besuch bei seinem Bruder, unseren Onkel Franz. Das mitgegebene Geld war also noch vorhanden und es ging nach dem letzten Läuten der Schulglocke, die kleine Anhöhe hinunter zum Bäcker. Der frische Backgeruch schlug mir schon beim Öffnen der Ladentür entgegen und entfachte ein unstillbares Hungergefühl nach den doch anstrengenden Schulstunden. Schnell war der Einkauf getätigt und nun war es meine Aufgabe diesen so lecker duftenden Laib Brot auf dem schnellsten Weg nach Hause zu befördern …

… aber genau wie die einst so verführerische Schlange im Paradies, mit dem rot und gelb farbig glänzenden Apfel, dem angeblich Eva nicht widerstehen konnte, so muss das noch warme, eingepackte Brot, Siegfried und Walter vorgekommen sein. Die ersten Versuche konnten noch durch die im Gedächtnis hängen gebliebenen Worte der Mutter, unterdrückt werden. Aber je länger der Weg wurde und nach den langen Unterrichts-Stunden in der Schule, das Hungergefühl übermannte den kleinen Einkäufer, denn wir wohnten ja nicht um die Ecke, auch durften wir nicht über die mit hohen Gras bewachsenen Wiesen abkürzen, wir mussten auf dem eingefahrenen Feldwegspuren heimwärts gehen und die Sonne stand im Zenit … und das große Brot von zwei Kilo war für Siegfried nicht leicht, auch wenn Walter abwechselnd trug. Aber auch Walter verspürte schon einen Heißhunger auf das warme und verführerisch duftende Brot … und es kam wie es kommen musste, wir gönnten uns halb abgeschlafft vom Tragen, einen kaum sichtbaren Anbiss am Brotende oder am Brotanfang, wie man es ebend betrachtete, wo das Brot oder der Brotkanten am knusprigsten war, einfach nur köstlich und das ohne Butter oder ohne Margarine, die wir wochentags nur bekamen!

Clevere Jungs wie wir, dafür hielten wir uns doch, hatten da auch schon eine Lösung parat. Siegfried steckte das Brot mit der angeknabberten Seite zuerst in die Tüte zurück und meine Mutter würde dies nicht sofort bemerken. Dies war zumindest ein sehr guter Plan, wie Siegfried und Walter bemerkten.

399
427,38 ₽
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350 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783754134801
Издатель:
Правообладатель:
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