Читать книгу: «Zwölf sind einer zu viel», страница 2

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Am 29.November 1939 hatten sich unsere Eltern in Lötzen verlobt …

… sie planten einen gemeinsamen Weihnachtsurlaub, zuerst wollten sie bei ihren Verwandten in Pommern einige Tage verbringen und dann mit ihrem Verlobten bei seinen Eltern Weihnachten feiern, seine Familie kennen lernen und zum Silvesterabend wollten sie wieder in Pyritz sein.

Aber manchmal geht es ebend nicht nach der Planung, zu Mal der Wettergott nicht mitspielte. Es wurde alles durch einander gewirbelt, mit Verspätungen, sie lernten die gegenseitige Verwandtschaft kennen und kamen zum Schluss zu Karls Eltern. Die zukünftige Schwiegermutter warnte unsere Mutter, „diesen Hallodri nicht zu heiraten …“ und bot ihr, ihre anderen Söhne als Ersatz an …?

… unsere Mutter blieb bei ihrer ersten Wahl, unseren Vater!

Unsere Mutter erbat von ihrer Dienststelle in Ostpreußen für die geplante Hochzeit am 24. und 25. Februar 1940 einen Sonderurlaub und um ihre Versetzung nach Pommern, der Urlaub wurde genehmigt, die Versetzung nicht!

Meine zwei Vetter bekamen keinen Urlaub, denn es war bereits Kriegszustand und es gab für alles schon Bezugsscheine und Verpflegungsmarken. Diese Auflagen verhinderten größere Feste und Feiern …

Es kamen aber doch viel mehr Gäste als gerechnet! Unsere Mutter war ja dort geboren und wuchs dort bei ihrem Onkel und ihrer Tante auf, die wie ihre Eltern waren …

… die Hochzeit war sehr schön, es ging mit Kutschen, anstelle von Autos, in die Kirche und gefeiert wurde im Gasthaus Viktoria bei sehr guten Freunden der Familie. Von unserem Vater kamen die Eltern und ein Bruder, trotz der weiten Anreise zur Hochzeit. Die Musik stellte der Kommandeur von unserem Fliegerhorst und auch einige sehr guten Tänzer, sie waren Flieger bei dem berüchtigten Stuka-Geschwader aus der Stadt.

Nach der Hochzeit ging es zurück nach Rastenburg, kalt war der Winter, aber auch das Bett im Hotel. Unsere Mutter musste noch einen Monat im Lager arbeiten, ihre Sachen übergeben und dann erfolgte die Entlassung zu Ende März.

Bis zum 15.April 1942 blieben unsere jungen Eltern dann noch zusammen, dann musste unser Vater zu den Soldaten nach Allenstein, die Uniform des Reichs-Arbeitsdienstes wurde getauscht und das Soldatenleben nahm seinen Lauf …

… Mutter erwartete ihr erstes Kind und es sollte im Oktober geboren werden. Es herrschte trotz der Kriegswirren und der doch spürbaren Einschränkungen im alltäglichen Bereich, große Freude.

Zur Entbindung fuhr unsere Mutter dann doch nach Hause zu ihren Eltern, allein wollte und konnte sie nicht bleiben, fast wäre eh noch alles schief gegangen. Der behandelnde Hausarzt hatte sie schon fast aufgegeben, aber irgendwie hat unsere Mutter dies doch gut überstanden.

Der kleine Sohn war kräftig, gut genährt und konnte schreien, für das Kind hatten sich die Eltern auch schon einen Namen ausgedacht, bei einem Mädchen sollte es Sabrina heißen, nun war es ein Junge und er bekam den Namen Severin …

***

Das „normale“ Leben war schon sehr eingeschränkt und die Hiobs-Botschaften und Schicksals-Schläge nahmen kaum eine Familie aus.

Schwager Hans fiel gleich im ersten Gefecht in Russland 1942.

Ein Bruder meiner Schwiegermutter wurde schwer verwundet, hatte einen Lungensteckschuss abbekommen und sollte schnellstmöglich operiert werden.

Mein Bruder Günther war in Prag und ließ sich seine Augenverletzung behandeln, Jahre später sollte er an dieser erlittenen Verletzung erblinden.

Meine Neffen Gustav und Hans gerieten in Finnland in Gefangenschaft und sie sollten erst 1948 in ihre Heimat zurück kehren, zumindest war für diese Beiden der Krieg vorbei.

Vetter Werner blieb in Russland vermisst, nicht nur für die Eltern ein schwerer Verlust …

***

Im Juni 1943 übersiedelte unsere Mutter mit dem Söhnchen Severin nach Wiesenthal, wo sie ein Häuschen gekauft hatte aber die Renovierungsarbeiten waren in dieser Zeit nur mit viel Geduld zu schaffen.

Von Juni 1943 bis 1944 wurden die gröbsten Umbauten erledigt, bis zu dieser Zeit wohnte die übrig gebliebene, kleine Familie in einem kleinen Holzhaus in der Nähe, später noch in einem Raum im alten Gasthaus-Bau, 1944 war dann alles fertig und die Wohnung konnte bezogen werden.

Die Schwiegereltern kamen auf Besuch und waren begeistert von der schönen ländlichen Gegend. Im Haus lebte noch ein älteres Ehepaar, die sehr gerne die Hausmeister-Tätigkeit übernommen hatten und wir waren nicht so allein und einsam. Zur Hilfe im Haus und im Garten bekamen sie eine Arbeits-Maid zugeteilt, die alle sechs Wochen sich abwechselten. Das kleine Anwesen hatte viel Wald, Wiesen und Ackerland. Die Wiesen waren an die Nachbarn verpachtet und dafür gab es Milch für die Kinder.

Am 26.November 1944 wurde eine kleine Tochter geboren, sie sollte auf den schönen Namen Dietlinde bald getauft werden. Mit einem Pferdeschlitten wurde diese „Fracht“ von den Nachbarn aus der Klinik abgeholt.

Dieses Mal hatte die junge Mutti Angst vor der Geburt und ging vorsorglich gleich in die Klinik und der Verlauf gab keine Sorge zum Anlass.

Während dieser dramatischen Tage kam auch die Schwiegermutter ins Haus, es war bereits der kalendarische Winter ins Land gekommen und die Investitionen in die bereits eingebauten Kachelöfen, machten sich bezahlt, es wurde schön mollig warm für Jedermann im Haus und Holz gab es noch genügend zum Heizen.

Weihnachten 1944 wurde Dietlinde getauft, ihr Papa hatte Urlaub von der Front bekommen, es war noch einmal ein schönes Fest mit vielen Feierlichkeiten, vor Jahres-Ende musste Papa allerdings wieder an die Front zurück.

***

1945 kamen die Russen auch nach Wiesenthal, wir lebten oben auf dem Bramberg in unserem Haus. Mutter musste für die Tschechen, die Briefe vom Ausland übersetzen und wir wurden in Ruhe gelassen. Russische Offiziere kamen auch zu uns ins Haus und wollten das Wohnzimmer für ihre Arbeit requirieren. Schon damals hatten wir uns oft unterhalten, über ihre Ziele.

Sie meinten, dass die Deutschen für sie Kameraden, wenn auch Feinde, wären. Von den Tschechen hatten sie keine gute Meinung, denn da hatten sie schon ihre Erfahrung in dieser Hinsicht gemacht.

***

Der zweite Weltkrieg zerstörte alles und die Tschechen und die Polen sind nun die neuen Hausherren …

… nach dem Krieg waren wir alle auf der Flucht vor den Russen, das große Unrecht mit der Zwangsvertreibung begann …

***

… nun noch etwas geschichtliches …

Mit der Kapitulation der Wehrmacht am 8.Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Die Reichsmark hatte schon sehr an Bedeutung verloren.

Die Währungsreform wurde am 20. Juni 1948 vollzogen, pro Kopf wurden 40 „Deutsche Mark“ ausgegeben, das gesamte Geld-Volumen betrug nach der Umstellung 13 Milliarden Mark.

Die Sowjetunion setzte am 24.Juni 1948 die „Berlin-Blockade“ durch, sie wurde mit der Durchführung der Währungsreform begründet. Im Juli 1948 führte die Sowjetunion in Ostdeutschland eine eigene „Deutsche Mark“ ein.

Am 18.Mai 1990 wurde der Vertrag über die Währungsunion unterschrieben, die D-Mark-West wurde somit auch in Ostdeutschland eingeführt und 1: 1 umgetauscht.

Das Ende der Deutschen Mark war am 1. Jan.

1999 besiegelt, es kam die neue Währung „Euro“ als Zahlungsmittel in den Handel …

II
II

Mutter suchte dann um eine Aussiedlung nach Bayern an und zwar mit unserem Vater und den beiden Kindern, Vater war zwar noch in tschechischer Kriegsgefangenschaft, aber Anfang 1946 sollte die Aussiedlung in trockenen Tüchern sein.

Wir durften Gepäck und für die Kinder Korb und Kinderwagen mitnehmen, auch Essen hatte Mutter vorbereitet und mit ins Lager bei den Tschechen genommen. Leider sperrten die Amerikaner für vier Wochen diese Transporte und so musste die junge Familie im Lager bleiben und mit dem Lageressen vorlieb nehmen.

ARSEN war dem Essen beigemengt und Kinder unter zwei Jahren bekam dies nicht. Dietlinde war auch davon betroffen und starb uns dann im Lager bei Furth im Walde …

… an ihrem Beerdigungstag kam auch unsere Großmutter, sie wollte uns alle mitnehmen, aber es ging nicht. Severin war sehr krank und Mutter ging es auch sehr schlecht, wir hatten alle mit der gemeinen, niederträchtigen Vergiftung die größten Sorgen. Über den örtlichen Pfarrer und das Rote Kreuz erhielten wir dann über die Schweiz, das benötigte Penicillin und mit einem der nächsten Transporte konnten wir weiter nach Euerdorf bei Bad Kissingen ziehen.

Vater war zu dieser Zeit in einem Gefangenenlager bei den Amerikanern, dort bekam er seinen Entlassungsschein, den er unbedingt benötigte um einen Zuzug und die wichtigen Lebensmittel-Karten zu erhalten. Vater fuhr dann erst einmal nach Coburg, wo er den Rest der Familie vermutete, alle halfen ihn dann weiter und in Kürze zogen wir dann gemeinsam nach Coburg. Wir fanden eine Holzbaracke mit Möbeln und sogar mit Betten, zwar auf einem Fabrikgelände, wir waren nach dieser Odyssee wirklich nicht wählerisch und außerdem gab es hier einen Garten und fließend Wasser. Es war wirklich so in Ordnung, das Schlimmste war überstanden und wir waren nun endlich im Frieden zusammen. Dort in Coburg hatten sie von 1946 bis 1948 gelebt Vater hatte eine Arbeit und für das Essen musste Jeder selber sorgen oder sich was Essbares besorgen, wenn er nicht hungern wollte …

… langsam besserte sich unsere Lage, allgemein und finanziell. Wir zogen in ein festes, gemauertes Haus ein und hier wurde unsere Tochter Sarrina im März 1947 geboren und es wurde wieder sehr lebhaft in unserem kleinen Haus. Auf der anderen Seite hatten wir große Sorge um unseren Ältesten Severin, da er schubweise über Nacht hohe Fieberanfälle bekam, diese reichten bis zu der kritischen vierzig Grad Marke. Ein uns nahestehender Arzt riet uns zu einem Orts-Wechsel, am besten an die See oder in das Gebirge. Vater war ja auch im Gebirge aufgewachsen und so wollten wir versuchen hier einen Wohnungstausch zu vollziehen.

Zum 1. April 1948 hatten wir einen Wohnungstausch-Partner nach Walchensee in Oberbayern gefunden, diese Familie wollte in die Stadt und wir aufs Land im Gebirge.

***

Deutschland hatte ja diesen irrsinnigen Krieg verloren, die feige „Braune Brut“ hatte sich zum Teil selbst ins Jenseits befördert oder wurde strafrechtlich durch die Alliierten verfolgt und abgeurteilt, viele schafften aber auch unbemerkt den Absprung in die Anonymität, um später erneut auf sich aufmerksam zu machen …

Die USA, Franzosen, Engländer und die Russen teilten Deutschland in vier Sektoren auf. Westdeutschland ging an die ersten drei Besatzer und der östliche Teil an die Russen, Berlin wurde als Enklave des östlichen Deutschlands gleichfalls in vier Sektoren aufgeteilt, jeder mit eigener Verwaltung unter den Besatzungsmächten. Zum gesamten östlichen Teil des ehemaligen Deutschlands baute sich nicht nur ideologisch der „Eiserne Vorhang“ auf, es war der Eiserne Vorhang und die Ostbevölkerung wurde regelrecht abgeschnitten, wirtschaftlich und menschlich.

Berlin war ein Inselstaat und der traurigste Höhepunkt war erst einmal der 17.Juni 1953, mit dem Niederwalzen des Arbeiteraufstandes und dann wohl der 13.August 1961 mit dem Befehl von Walter Ulbricht zur Abriegelung der Sektorengrenze in Ostberlin und dem verbundenen Mauerbau …

… eine Schandmauer mit Todesstreifen und Schießbefehl, vielen Toten und Verletzten, zog sich durch Berlin und durch Deutschland. Es schien als hätten die Herren im Osten nichts aus den vergangenen beiden Kriegen gelernt. Dieser Mauerbau und der Ausbau der innerdeutschen Grenze wurde aus Angst vor einen dritten Weltkrieg, von den westlichen Besatzern, nicht verhindert.

Familien wurden von einem zum anderen Tag von einander getrennt und wie sagte einst der „Oberindianer“ der DDR Honecker, „… es ist ein antikapitalistischer Schutzwall gegen den Westen …“ und diese Teilung sollte für die nächsten achtunddreißig Jahre seinen Bestand haben …

***

Unsere Eltern waren nun doch sehr hoffnungsvoll und zuversichtlich, ausgestattet mit einer großen Portion Schaffenskraft und in den besten Jahren.

Sicherlich die Jugend war vorbei, vergeudet durch den „braunen“ Wahnsinn, gestohlen aus dem Leben, aber nun war der „Spuk“ vorbei, der Aufbau war voll im Gange und jeder versuchte seines Glückes Schmied zu sein. In Walchensee war es jedoch nicht leicht für Vater Arbeit zu finden, es gab körperlich schwere Arbeit im Steinbruch, später auch als Wachmann für das Spreng-Stofflager, denn ein großes Bauvorhaben war am Riessbach am Entstehen.

Die Eltern versuchten einen Bauplatz am Walchensee zu bekommen, was jedoch erst nach einer weiteren Währungsreform gelang, sie kauften dies auf Abzahlung.

Mein Bruder Severin entwickelte sich prächtig und die Gebirgs- und Seeluft taten ihres dazu. Unsere Eltern vermissten natürlich Dietlinde, die auf so böse Weise von uns gehen musste, aber auch die Zeit heilt so manche Wunden und irgendwie hatte jede Familie mit einem ähnlichen Schicksal seine Bewandtnis.

Unsere Eltern träumten von einer Groß-Familie mit einer großen Kinderschar und Vater war vernarrt, alle Kinder mit dem gleichen Anfangs-Buchstaben zu benennen, mit Severin und Sarrina war nun schon der Anfang getan …

… es kündigte sich bereits weiterer Zuwachs an, Ende September 1948 erblickte ein weiteres Bürschlein namens Siegfried das Licht der Welt, er war die Nummer Drei der Thron-Folge und ein kleines gut genährtes Bürschlein mit einigen Speckfältchen am „Mittleren Ring“. Unsere Wohnung wurde langsam zu eng in dem angemieteten schwedischen Holzhaus , das früher ein Jagdhaus war.

Auf dem ersten Grundstück durften unsere Eltern nicht bauen, also wurde das Grundstück getauscht und dann wurde endlich der beantragte Bau genehmigt. Tag für Tag hatten unsere Eltern in eigener Arbeit ein Haus für uns gebaut, Hilfe konnten sie sich nicht leisten, denn das angesparte Baugeld wurde durch die Währungsreform „aufgefressen“. Für die noch fehlenden Ziegel musste noch ein zusätzlicher Kredit von sechshundert Mark aufgenommen werden, groß wurde das Haus nicht, aber doch sehr schön und gemütlich …

***

Nach der Währungsreform war der Geldwert nach unten gesetzt worden, Vater verdiente als Stundenlohn circa siebzig Pfennige und ein Brötchen kostete drei Pfennige …

***

Dann wurde noch eine Garage mit großem Hühnerstall an der Nachbargrenze gebaut, Mutter kümmerte sich um den Garten und investierte viel Arbeit hinein, Gemüse und Beerenobst wurde gepflanzt, auch für Blumen war noch genügend Platz. Viele Gäste im Sommer brachten auch einiges Geld in die schmale Kasse, Vater und Severin schliefen auf dem Heuboden oberhalb der Garage und dem Hühnerstall und Sarrina, Siegfried und Mutter im Wohnzimmer, die oberen zwei Zimmer waren vorerst für die Gäste.

In dem Neubau hatten wir am Anfang weder fließend Wasser noch elektrisch Licht, denn dazu reichte erst einmal nicht unser Geld. Das Wasser musste mühsam vom Nachbarn, in Eimern, herüber getragen werden, eine schwere Arbeit.

1950 übernachteten schon im Rohbau die ersten Sommergäste, sie kamen dann jährlich wieder und freuten sich mit unserem kleinen Wohlstand nach der Fertigstellung des Hauses. Wir verfügten nun über vier Fremdenzimmer im Obergeschoss und unten war das Wohnzimmer zum Frühstücksraum umfunkioniert worden, aber meistens fand das Frühstück bei Sonnenschein auf der Terrasse statt …

… später wurde noch ein Keller angebaut mit einer überdachten Sitzterrasse, aber der Keller eignete sich bei Regenwetter eher als Schwimmbad, als zu einen Vorratsraum.

Das Haus war für die damaligen Verhältnisse und Bedürfnisse fertig gestellt, nicht der selbstverständliche „Luxus“, den wir uns Heute vorstellen und als vorausgesetzt betrachten. An fließend Wasser oder an ein Bad war noch nicht zu denken, ein Wasserklosett gab es auch nicht, dafür ein Plumpsklo außerhalb des Hauses und alle Zeitungs-Exemplare wurden fein säuberlich auf DIN A6 mit dem Messer geschnitten, mit einem Zwirn an einem Ecke zusammengefügt und als Toilettenpapier benutzt. Extra weiche Wellentextur, drei- bis vierlagig lag noch in weiter Ferne.

Das benötigte Tageswasser stand in Eimern in einem dunklen Vorratsraum und für uns Alle, war dies ein kostbares Lebensmittel …

… was aber nicht heißen sollte, dass Kinder auch in dieser Zeit gerne mit Wasser spielten bzw. Gedanken verloren ihren Spaß damit hatten. Einmal, als wir alleine zu Hause waren, die Luft rein war und es galt besonders „cool“ zu sein, da fiel uns natürlich das Wasser in dem Vorratsraum ein, zuerst durften unsere Bade-Entlein ein ausreichendes Bad nehmen, schwimmen und tauchen, dass es eine Freude war. Ganz selbstverständlich mussten Entlein auch einmal „Pippi machen“ und diesen Part übernahm Siegfried und pinkelte im hohen Bogen in den Wassereimer, die Pinkelblasen erfreuten uns alle und wir hatten diesem Geheimnis keine weitere Aufmerksamkeit zugemessen …

… wahrscheinlich hätte niemand mehr daran gedacht, wenn meine Mutter nicht beim Essen zubereiten von dem seltsamen Geruch des Wassers gestört wurde, aber Frauen und besonders Mütter müssen ja immer allen Übel auf den Grund gehen, warum eigentlich?

Ein paar Querfragen an Papa, an die Schwester und den Bruder und schon hatte die „Staatsanwältin“ den Hauptschuldigen ausgemacht …

… es blieb nicht nur bei ein paar Belehrungen, nein es setzte schon ein paar Schläge auf den Hosenboden, denn wir hatten noch die antiautoritäre Erziehung, alles Andere kam erst viel, viel später. Die Demokratie, auch das großzügige Vergeben musste langsam in den folgenden Jahren erst gelehrt und erlernt werden, Eltern, Erwachsene, Lehrer und Pfarrer waren Respekt-Personen und da sollte sicherlich noch so manches Exempel statuiert werden.

Mutter wurde erneut schwanger und Ende Juli kam unsere Schwester Sarah auf die Welt und es war gerade Hochsaison für Gäste am Walchensee. Eines Sonntag-Nachmittags wurde bei uns zu Hause nach der ortsansässigen Allgemein-Ärztin gerufen und diese ging mit unserer Mutter ins Nebenzimmer und nach einiger Zeit, so erinnerte ich mich noch Heute, durften wir unser neues Schwesterlein bestaunen, was natürlicher Weise der „Klapperstorch“ gebracht hatte.

Viel Ruhe- und Erholungszeit gönnte sich unsere Mutter nicht, der Alltag hatte für Alle seine Pflichten und wir konnten zum ersten Mal miterleben, wie so ein kleines Menschenkind heran wächst. Es war eine schöne erlebnisreiche Zeit mit kleinen Streitereien, wer nun die Milchflasche halten durfte oder wer den Stubenwagen hin und her fahren sollte, damit Sarah einschlief. Siegfried war dabei groß im Vorteil, denn er war noch nicht eingeschult und somit den ganzen Vormittag zu Hause und er ging dabei unserer Mutter mehr als zur Hand, zum Leidwesen von Sarrina und Severin. Dieser vorwitzige Knabe genoss das Heranwachsen seiner Schwester.

Wir hatten Hochsommer und die Schulferien standen an, Sarrina hatte die erste Klasse gut absolviert und Severin machte keine größere Sorgen.

Sehr lieb gewonnene Dauergäste stellten sich als Taufpaten zur Verfügung.

***

Vater war durch die schwere Arbeit im Steinbruch sehr schwer am Rücken erkrankt, musste zum Teil ein Korsett tragen und durfte nicht mehr schwer heben, es ergab sich der Verdienst durch Heimarbeit von einem ansässigen Werk für Reißverschlüsse.

Vorsorglich, im Sinne der Selbstversorgung und zur Absicherung unseres kleinen Wohlstandes, kauften unsere Eltern noch ein weiteres Grundstück mit Wasserlauf, unterhalb des Hauses, dazu. Hier entstand ein wahres Paradies für freilaufende Hühner, Enten und Gänse, sogar Puten, Stallhasen und ein Schäferhund Rüde namens „Batzi“

waren unser Eigen.

Unsere Mutter erinnerte sich sehr gerne an drei, unserer weißen Großhühner, die so anhänglich und Personen bezogen waren. Sie liefen unserer Mutter überall hinterher, ging unsere Mutter zum Einkaufen in den Ort, so schlüpften diese Drei irgendwo durch den Zaun und folgten unserer Mutter, das Dorf amüsierte sich stets über diese Begleitung, und Mutter musste sehr oft diese Tiere erst zurück bringen und in den Stall sperren, bevor sie ihre Einkäufe erledigen konnte.

Das Geschäft mit den Hühnern und den gelegten Eiern entwickelte sich sehr gut, Severin trug die Eierbestellungen mehrmals, wöchentlich im Dorf aus, den die Qualität und die Frische entsprachen damals schon dem heutigen Bio-Level. Severin war damals auch schon ein kleiner Rechenkünstler, er besserte sein Taschengeld damit auf, dass er einige Pfennige bei der Auslieferung, als Service aufschlug.

Dieser Service-Zuschlag war aber sicherlich auch berechtigt, denn Severin musste die schwere Last per Pedes, also zu Fuß, zu den Kunden bringen, denn ein Fahrrad, so wie es Heute schon bei Kleinkindern üblich ist, gab es nicht. Papa hatte als Einziger ein großes Herrenrad mit Querstange und mit diesem fuhr er sechs Mal in der Woche, in den Steinbruch, um den Lebens-Unterhalt zu verdienen.

Inzwischen hatten wir auch einen Wasser- und Stromanschluss im Haus und im Sommer zahlreiche Gäste. Unsere beiden Nebenverdienste erwiesen sich als Goldgrube, unsere Eier und auch die geschlachteten Hühner waren sehr gefragt, von einer größeren Farm kauften wir manchmal Eier dazu.

Einmal die Woche war Schlachttag, eigentlich sollten wir dieses notwendige Schauspiel nicht mitbekommen und so wurde dieses „Gemetzel“ am Vormittag durch unsere Mutter ausgeführt, die Großen waren in der Schule, Sarah war noch ein Baby, schlummernd im Stubenwagen und Siegfried war ein aufgewecktes „Bürschlein“, im Vorschulalter ohne Vorschule! Was lag da näher der Mutter einmal heimlich beim Schlachten zu zusehen, aus einer gut getarnten Entfernung.

Mutti hatte da schon ihre Methode des friedvollen Schlachtens, die Hühner wurden kopfüber an den Füssen gepackt zwei, dreimal schnell im Kreis geschleudert und so benommen auf den Hackstock gelegt und das Beil erledigte das arme Hühnerleben.

Nur bei diesem heimlichen Zuschauen hatte Siegfried sich durch ein Geräusch verraten, es fiel etwas laut um und Mutter ließ das Huhn los und es flatterte kopflos in den nahen Obstbaum. Nun musste erst einmal dieses Geschöpf wieder eingefangen werden und dann gab es die fällige Moralpredigt, aber das Zuschauen war es Siegfried wert und so kam ich als Knirps hinter das Geheimnis des Schlachtens …

1952 kauften wir unser erstes gemeinsames Auto, es war ein Lloyd 400, unser Plastik-Bomber, obwohl er gar nicht soviel Plastik hatte, sondern in der Karosserie viel Sperrholz verbaut wurde!

Es war ein Kleinwagen von der Firma Borgward mit 396 ccm und 13 PS, ohne Heizung und sehr sparsam, er brachte uns überall hin, manchmal mit kleinen Pannen, die wurden aber sehr schnell behoben, sehr oft wurde das Auto für Vaters Eiertransport bis zu den Münchner Hotels genutzt …

Bei all dieser Arbeit, gab es auch viel Spaß und nette Stunden mit den Gästen. In der nicht so gastfreundlichen Zeit lebten wir hauptsächlich von der Heimarbeit, dem Zusammenbau von den Reißverschlüssen und deren Schieber, die größeren Kinder durften zur Unterstützung schon einmal mit helfen.

Vater war inzwischen schon zum Frührentner abgestempelt, die Rente war gering, aber irgendwie ging es immer weiter …

… in dieser Zeit wohnten auch Oma und Opa, die Eltern von Papa in unserem Haus, sie waren auch aus ihrer Heimat im Sudetenland ausgewiesen worden und hatten noch keine andere Bleibe gefunden, später zogen sie an die Schweizer Grenze, nach Säckingen am Rhein.

Für uns Kinder gab es nichts Schöneres als Oma und Opa, nun wohnten sie bei uns im Haus und es waren nun drei Generationen unter einem Dach vereint und ob es eine gute Idee der Erwachsenen war oder ein Versuch des gemeinschaftlichen Zusammenlebens oder es nur eine Zweckgemeinschaft war, wir Kinder hatten uns keine Gedanken diesbezüglich auferlegt, sie waren da und es war gut so …

Severin, Sarrina, Siegfried und Sarah wuchsen miteinander auf wie alle anderen Kinder in der Nachbarschaft, ein Kindergarten war damals noch keine Einrichtung am Ort, denn es gab genügend Kinder und auch Großeltern im Dorf und man pflegte noch die Unbekümmertheit und die Zusammen-Gehörigkeit im Dorf.

Im Wonnemonat Mai kam ein weiteres Mitglied in unsere doch schon zahlreiche Familie, unser neues Brüderlein Samuel war der Glückliche und auch herzlich willkommen.

Unser größerer Bruder Severin war mit der Volksschule schon gut voran gekommen, Mama schwärmte stolz in späteren Jahren immer wieder von der Leichtigkeit des Lernens bei ihren Erstgeborenen. Sarrina war kurz vor der Einschulung und Siegfried genoss die unbeschwerte Zeit mit Opa, der ihm auf seinen täglichen Waldspaziergängen mit nahm und ihm viel bei gebracht hatte, Siegfried kannte die gesammelten Pilze und Beeren aus dem Wald und wusste wie man das gesammelte Brennholz aus dem Wald, tragegerecht in den Rucksack zu stapeln hatte, denn Opa war da sehr pingelig, wenn die Astansätze beim Gehen in den Rücken drückten.

Opas „Arbeit“ bestand darin, tagtäglich in den Wald zu gehen, um Holz zu sammeln und dieses für die damals noch sehr langen und strengen Winter zu bevorraten. Im Sommer, eigentlich die schönste Jahreszeit am See, und im Herbst die Beeren und Pilze zu unserem Speiseplan hinzu zu fügen. In Gedanken sehe ich Heute noch die unberührten Bergeshöhen mit der flimmernden Luft, dem Geruch abgestorbener Pflanzen und die köstlichen Walderdbeeren, Blau- und Himbeeren, Brombeeren, Hagebutten und natürlich die gesamte Palette der heimischen Pilze. Damals gab es diese paradiesischen Geschenke noch in Unmengen und wir hatten so manche Milchkanne voll gepflückt und wir konnten dann nach Herzenslust „natürlich“ naschen, Schokolade und Bonbons waren da eher eine Rarität. Auch so mancher Spankorb voll Pilze bereicherte unseren gemeinsamen Mittags- und Abendtisch. Mit Opa hatte ich sehr viele Waldspaziergänge bis in die sonnigen Höhenlagen verbracht, Opa konnte viele Geschichten erzählen und er hatte in Siegfried einen wissbegierigen Zuhörer, er bewunderte ihn und freute sich stets, wenn Opa nach getaner Sammelarbeit eine gute Brotzeit aus seinen Rucksack zauberte.

Wenn unsere Brotzeit „verputzt“ war, ging es erst einmal daran, den nun leeren Rucksack mit Holz zu befüllen. Opa lehrte Siegfried, wie man stärkere Äste zwischen zwei eingewachsenen Bäumen zerbrechen konnte und die schwächeren Äste und Zweige wurden übers Knie gebrochen, natürlich sollten die gesamten Holzstücke auch noch eine gleiche Länge aufweisen. Es waren viele Punkte zu beachten und Siegfried gelang dieser Spagat nicht immer und Opa schimpfte auch so einige Male, denn zu Hause sollte das gestapelte Holz auch ein ordentliches und sauberes Bild ergeben. Nun musste noch der Rucksack wie schon erwähnt, ordentlich befüllt werden. Es war ein alter, olivgrüner unverwüstlicher Wehrmacht-Rucksack aus groben Leinengewebe, mit Metallschnallen und Lederriemen, einer oberen Abdeckklappe und einem darunter liegenden Schnürrbund, dazu zwei verstellbare, kräftige Trage-Riemen.

Manchmal waren wir noch keine fünfzig Schritte gewandert, dann hatte auch Opa an meiner Arbeit etwas auszusetzen, der schlecht befüllte Rucksack wurde etwas säuerlich ausgeleert und gemeinsam wurde dieser dann tragefreundlich befüllt, stets unter der belehrenden Anweisung meines Opas, Siegfried bekam bereits in diesem zarten Alter, eine Lehrstunde über Gewissenhaftigkeit und das man seine Arbeiten zur Zufriedenheit verrichten musste.

Diese Tugenden sind mir bis Heute in Fleisch und Blut übergegangen und mit einem Schmunzeln denke ich Heute noch an diese schöne Kindheit zurück …

Zu Hause angekommen, da wartete Oma meistens schon mit einer warmen Suppe auf uns, Oma konnte Suppen kochen, wie ein Poet Gedichte schreiben kann, es war einfach nur köstlich mit der Anlehnung an die Österreich-Böhmische Küche, diese Küche zählt Heute noch zu den Besten der Welt …

Mein Wunsch damals war, diesen Rucksack, wo doch so viele Kindheits-Erinnerungen verbunden waren, eines Tages zu bekommen, aber dieser Wunsch ging für Siegfried aus welchen Grund auch immer, nicht in Erfüllung.

Es war damals noch eine Zeit von Genügsamkeit, ohne Überschwang, ohne Verschwendung, es gab noch kein Fernsehen und die Familien waren doch noch sehr intakt. Man erfreute sich an den Familienfesten, auch mit Freunden und Bekannten, am guten natürlichen Essen und ein Radiogerät war schon das höchste des bekannten Luxuses.

In den Wintermonaten fiel Witterungsbedingt der tägliche Wald-Spaziergang aus, das häusliche Leben hatte uns in die vier Wände verbannt. Damals gab es noch richtige Wintermonate mit Schneehöhen von einem Meter und mehr, einmal hatten wir sogar Anfang Mai einen Wintereinbruch von einem gigantischen Ausmaß, es schneite fast zwei Tage ununterbrochen und am nächsten Morgen, beim Öffnen der Haustür lief man gegen eine Schneewand, es waren zwei Meter Nass-Schnee gefallen und viele Bäume, die bereits Blätter hatten, brachen unter dieser schweren Last zusammen. Es wurde ein sehr schlechtes Obstjahr …

… zu dieser Zeit sprach noch kein Mensch vom Klimawandel, maximal davon, dass man in Bayern die Bayernpartei und später die CSU wählen sollte, wenn man nicht ins Fegefeuer „wandern“ wollte und dafür sorgten die „Pfaffen“ mit ihrer sonntäglichen Predigt von der Kirchenkanzel …

So war es sicherlich erklärbar, dass die „Schwarzen“ damals zwei Drittel der abgegebenen Stimmen für sich verbuchen konnten, damals gab es noch Parteien mit bemerkenswerten Wähler-Potenzial, die Heute keiner mehr kennt und die Politik wurde im Wirtshaus gemacht und ausdiskutiert. Öfters durfte auch ich mit Opa ins Wirtshaus gehen und meistens führte ich ihn schwankend nach Hause. Oma empfing Opa dann mit einer kleinen Moralpredigt, von wegen vor dem Enkel zu trinken und so …

… oft hörte ich auch Opas Entschuldigung wie, „… setz Du dich einmal auf die harte Bank und trink das kalte Bier …“, irgendwie war Opa schon ein sehr lustiger Mensch und so blieb Opa mir auch in Erinnerung …

399
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9783754134801
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