Читать книгу: «Geliebter Wächter 2: Wolfsherz», страница 6

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Alles in Xaith wollte sich auf Vaaks werfen und ihm und sich die Kleider mit Händen und Zähnen von den Leibern reißen. Aber er traute sich nicht. Er verfluchte sich selbst für seine Schüchternheit, aber noch immer befürchtete er, Vaaks könnte aufspringen und ihn auslachen. »Du hast doch nicht wirklich geglaubt, wir würden…? Hahaha! Bestimmt nicht …«

Vaaks spürte die Zurückhaltung und das verlieh wiederrum ihm Mut, denn noch ehe Xaith sich wehren konnte, rollte sich dieser Riese auf ihn und drohte ihn, unter sich zu ersticken. Und doch war es nicht genug. Im Kuss vertieft presste Xaith sich an Vaaks` breiten, großen Körper und rieb sich aufreizend an ihm. Junge Leidenschaft kannte keine Zurückhaltung, Xaith wollte es so sehr, forderte es. Wollte Vaaks so sehr nahe sein. Trotz aller Unerfahrenheit, er wollte aufs Ganze gehen und endlich erleben, wovon er immer nur geträumt hatte.

Vielleicht gerade in diesem Moment mehr denn je, da er den Schrecken der Nacht verdrängen wollte.

Sie keuchten zwischen den Küssen und schnappten nach Atem, während ihre feuchten Münder sofort wieder in schierer Verzweiflung verschmolzen. Sie rissen und zerrten ungestüm aneinander, wobei Vaaks so herrlich übermächtig über Xaith ragte, dass er sich vollkommen von ihm eingenommen fühlte und ihm der Kopf vor Gier schwirrte. Wie konnte Vaaks so viel harte Masse besitzen und gleichzeitig noch »zu wenig Vaaks« sein.

Er labt sich gerade an den harten Brustmuskeln, strich mit seinen schlanken Fingern darüber und ergötzte sich stolz an Vaaks` unkontrolliertem Stöhnen, als es passierte.

Das, was nicht passieren sollte.

Der Hunger erwachte. Ein übermächtiges Verlangen, das sich nur nach Blut sehnte. Nach Vaaks´ Blut, das so köstlich in dieser kräftigen Vene an seinem starken Hals pochte. Xaith versteinerte, während ihm bereits das Wasser im Mund zusammenlief. Vaaks bekam davon nichts mit, hielt sein Erstarren vielleicht für Hemmung, denn er schob eine Hand zwischen ihre Körper, atmete gegen Xaiths Mund und packte ihm sanft in den Schritt.

Das Gefühl sandte ein noch größeres Verlangen durch Xaiths Körper, und mit einem entschlossenen Schubs beförderte er Vaaks von sich runter.

Atemlos setzte er sich auf, während Vaaks ebenso keuchend neben ihm auf der Matratze landete und verständnislos den Arm ausbreitete.

»Willst du nicht?«, fragte er verwundert und umfasste Xaiths Arm.

Ruckartig entzog sich Xaith der Berührung und versuchte angestrengt, nicht Vaaks` würzigen, herbstlichen Duft einzuatmen. »Fass mich jetzt nicht an«, presste er hervor und sein Körper begann vor Zurückhaltung zu zittern.

Vaaks setzte sich langsam auf, respektierte aber, dass er nicht berührt werden wollte. Er neigte den Kopf, um ihn ansehen zu können, genau wie damals auf der steinernen Bank im Rosengarten.

»Was ist mit dir?«

Xaith schloss die Augen. »Der Blutrausch«, keuchte er mühsam. »Bitte. Vaaks. Kannst du etwas Abstand nehmen.«

Aber Vaaks rührte sich nicht. Im Gegenteil, statt dass er sich fürchtete, schien es ihn sogar zu beruhigen. Er lachte leise und drückte sich an Xaiths Rücken.

Der Hunger bäumte sich wie ein eigenständiges Wesen in Xaith auf, sodass er sich in die Bettlaken krallte und die Fänge zusammenbiss. »Vaaks…«, knurrte er.

»Vertrau mir«, sagte Vaaks und strich ihm beruhigend über den Hinterkopf bis hinunter zu seinem Hosenbund. »Ich fürchte mich nicht.«

»Ich scherze nicht, Vaaks, du musst…« Ein unterdrückter Schrei entkam ihm. »Verdammt, geh vom Bett… sonst … kann ich nicht …« Atmen.

Vaaks gab einen Laut voller Unmut von sich, erbarmte sich dann aber. Jedoch offensichtlich nicht im Geringsten besorgt, sondern lediglich, weil Xaith ihn darum bat.

Es dauerte eine qualvolle Ewigkeit, bis Xaith sich einigermaßen wieder unter Kontrolle hatte und sich frei zu atmen wagte. Als er sich daraufhin im Zimmer umsah, stand Vaaks vor dem Fenster und beobachtete ihn mit verschränkten Armen. Sein schönes, bereits so sagenhaft männliches Gesicht war alles andere als amüsiert.

Xaith konnte es ihm nicht verübeln, ein weiteres Mal hatten sie sich unterbrechen müssen.

Er senkte den Blick und schluckte geräuschvoll. »Das muss dich mächtig nerven, entschuldige.«

Verdammt, warum musste er auch so kompliziert sein.

Aber Vaaks schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht genervt. Nicht davon jedenfalls.«

Xaith sah auf, als Vaaks wieder näherkam.

»Vertraust du mir nicht?«, fragte Vaaks ein wenig verstimmt. »Glaubst du, ich könnte dich nicht aufhalten?«

Xaith runzelte die Stirn. »Du bist ein Mensch! Ich könnte dich töten.«

»Dann hältst du mich für schwach«, schlussfolgerte er pikiert.

Xaith ließ matt die Schultern hängen. »Nein! Natürlich nicht. Aber du bist aufgrund deines Volkes eben schlicht verletzlicher. Du heilst nicht so schnell und ich habe mich nicht unter Kontrolle. Nur ein falscher Biss, in einem Moment der Unachtsamkeit, und…« Er brach ab und sah zerknirscht in Vaaks` beleidigte Miene. »Ich habe schon meine Mutter auf dem Gewissen, Vaaks, ich will nicht auch noch dich…«

»Das wirst du nicht«, sagte Vaaks so ernst, so entschlossen, das Xaith ihm beinahe geglaubt hätte. Beinahe.

Er seufzte. »Vaaks, ich…«

»Ich bin stark, Xaith!«, unterbrach Vaaks ihn gleich und stieg zu ihm aufs Bett. Sein Geruch machte Xaith wieder ganz nervös. »Wenn du die Kontrolle verlierst, dann kann ich dich aufhalten.« Er packte Xaiths Kinn mit seiner Pranke und hob seinen Kopf an, bis sie sich ansehen mussten. Vollkommen entschieden betonte Vaaks: »Ich kann dich kontrollieren, wenn du es nicht mehr kannst, Bruder.«

Xaith sah gequält zur Seite. »Bitte, nenn mich nicht Bruder. Wir sind keine …«

»Doch, sind wir«, sagte Vaaks bitterernst.

Xaith fuhr fassungslos zu ihm herum. »Wie kannst du das jetzt noch behaupten? Ich dachte…«

Vaaks` mildes Lächeln ließ ihn innehalten. »Wir sind Brüder«, betonte Vaaks und beugte sich zu ihm, sanft strich er mit den Lippen über Xaiths Mund. Und Xaith seufzte sehnsüchtig.

»Wir waren immer Brüder«, fuhr Vaaks fort, »und werden es immer sein. Du denkst vielleicht, wir dürften es nicht sein, aber ich will es. Selbst, wenn ich dein Fleisch und Blut wäre – und du meines, selbst dann würde ich dich wollen.« Eindringlich bohrten sich seine warmen Augen in Xaiths. »Das ist, was ich will. Ich will dich, meinen Bruder. Weil dieser Umstand, dass zwischen uns, noch einmal zu etwas ganz Besonderem macht. Weil wir uns von Beginn an kennen und bisher jeden verfluchten Tag zusammen geteilt haben. Weil wir Brüder sind, sind wir besonders. Weil du mein Bruder bist, liebe ich dich.«

Gerührt legte Xaith den Kopf schief.

»Das ist, was ich will«, beschwor ihn Vaaks und umfasste sanft sein Gesicht, »ich will dich, als … das hier.« Er küsste ihn und lächelte dann. »Und als Bruder. Ich will alles für dich sein.«

Zögerlich hoben sich Xaiths Mundwinkel.

»Und als all das, bin ich auch in der Lage, mit deinem Blutrausch umzugehen«, glaubte Vaaks.

Aber Xaith hatte da so seine Bedenken, aus einem verdammt guten Grund. Er schüttelte zweifelnd den Kopf und sah Vaaks` Feuer erlöschen.

»Vergib mir«, raunte er und umfasste Vaaks` Arm, »ich halte dich nicht für schwach, Vaaks, aber ich könnte nicht mehr leben, wenn ich dir schaden würde. Zwing mich nicht dazu, bitte.«

Missmutig ließ Vaaks den Kopf hängen und atmete schwer aus, wie ein Stier, der gerade entschieden hatte, dass ein Kampf die Anstrengung nicht wert wäre.

»Tut mir leid.« Ernüchtert starrte Xaith auf die Bettdecke. Er wollte noch mehr sagen, doch er wusste gar nicht, was. Plötzlich wog das Schweigen zwischen ihnen schwer und fühlte sich falsch an.

Er schalt sich einen Narren, dass er für einen Moment geglaubt hatte, von nun an würde alles leicht werden.

»Das heißt ja nicht, dass wir nie …« Er errötete und sah wieder zur Seite. »Wir müssen einfach vorsichtig sein. Der Hunger ist ja nicht immer da.«

Verdammt, er würde sich aus dem Fenster stürzen, wenn der verdammte Hunger nach Blut ihm jetzt Vaaks` Zuneigung zerstörte…

»Und wenn ich dich festbinde?«

Xaith riss den Kopf zu Vaaks herum und starrte ihn mit offenem Mund an.

Vollkommen ernst erwiderte Vaaks seinen Blick und schien tatsächlich auf eine Antwort zu warten. Es war bereits beängstigend, wie er diesen Vorschlag hervorgebracht hatte. So überaus trocken und selbstverständlich, als wäre es normal, seinen Liebhaber erst einmal festzubinden, um bei ihm liegen zu können. Und nun sah er ihn auch noch so erwartungsvoll an.

Xaith blinzelte mehrmals. »Wie…Wie bitte?« Er schnaubte. »Du … du willst mich festbinden?«

Vaaks zuckte mit den massigen Schultern. »Wenn dich das beruhigt. Dann kannst du mich nicht verletzen und ich muss nicht vor dir fliehen wie eine Prinzessin vor dem Drachen.«

Xaith hätte über den Vergleich geschmunzelt, wäre er nicht noch immer so schockiert über Vaaks` Vorschlag gewesen.

»Ich lass mich doch nicht von dir festbinden wie ein Tier!«, rief er dann entsetzt. »Was denkst du dir?«

Vaaks sah ihm noch immer vollkommen ernst entgegen. »Warum nicht?«, fragte er geradeheraus.

Xaith war von dem Vorschlag derart vor dem Kopf gestoßen, dass er verwirrt zurückzuckte und unsicher auflachte, aber Vaaks verzog keine Miene. Es war ihm damit todernst.

Verdammt, er entdeckte ganz neue Seiten an Vaaks. Vor allem jene, die alles riskierte, um sich endlich vereinigen zu können. Eine gefährliche, unbedachte Seite, die sich gerne stark fühlte und sich nicht beschützen lassen wollte.

Aber was genau wusste er auch schon über Vaaks in dieser Hinsicht? Er hatte ihn nie… dabei gesehen, wusste nicht, wie er … liebte. Er wusste in Liebesdingen überhaupt nichts, weder über sich selbst noch über Vaaks. Diesbezüglich waren sie sich so fremd, wie sie sich nur sein konnten.

»Warum nicht?«, hakte Vaaks erneut nach. »Vertraust du mir nicht?«

Xaith öffnete den Mund, aber ihm fehlten wirklich die Worte. Was sollte er sagen? Er konnte sich wirklich etwas Schöneres vorstellen, als sich festbinden zu lassen. Aber Vaaks leckte sich bereits nervös die Lippen und durchbohrte ihn mit neugierigen Blicken.

Er suchte nach einer Antwort, doch bevor er sie geben konnte, rettete ihn ein Klopfen an der Tür, das ihn schuldbewusst vor Vaaks zurückzucken ließ.

»Xaith?«, rief May aufgeregt durch die Tür und fuhr gleich fort, ohne auf eine Antwort zu warten. »Komm schnell! Sie sagen, Vater ist zurück! Und er ist nicht allein!«

Kapitel 6

Ein lautes Knarren der Scharniere ertönte, als die Wachen sie schwungvoll für ihn öffneten. Sein Herz wusste bereits, wer ihn dahinter im hellen Saal erwartete. Es wusste es ganz genau und vollführte wilde Überschläge, als die eisblauen Augen hinter dem langen Tisch überrascht aufsahen und dann vor Freude zu glänzen begannen.

»Derius!«

Desiderius seufzte. »Wex!«

Sie liefen sich neben dem langen Kartentisch des Kaisers in die Arme. Desiderius wurden die Knie ganz weich, als er seinen Gefährten an sich drückte und dessen lebendiger Leib sich an ihn schmiegte. Beruhigend strich er über Wexmells goldene Locken und vergrub das Gesicht an dessen Halsbeuge, um genüsslich den süßen Duft seines Prinzen einzuatmen.

»Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte Wexmell ihm zu. »Um uns alle.«

»Ich weiß«, Desiderius hauchte einen Kuss auf Wexmells Scheitel und spürte ihre Herzen erst im Einklang und dann ruhiger schlagen. »Ich auch. Aber ich komme immer wieder zurück, das weißt du doch.« Er senkte den Mund an Wexmells Ohr und schwor leise: »Ich komme immer zurück zu dir.«

Wexmell legte ihm die Hände auf die Brustmuskeln und lehnte sich zurück, um mit schiefgelegtem Kopf zu ihm aufzusehen. Die Sorge der letzten Stunden zeichneten sich noch deutlich in seiner Miene ab, die dunkelvioletten Augenringe und gerötete Lider sprachen eine deutliche Sprache und machten Desiderius das Herz schwer.

»Wir wollten uns nicht mehr trennen«, tadelte Wexmell ihn mit einem Schmunzeln. Es sollte ein Scherz werden.

Desiderius schmunzelte schief zurück und beugte sich zu Wexmell hinab. »Vergebung, mein Prinz, ich werde dich bei nächster Gelegenheit natürlich mit in den Tod reißen.« Er legte Wex eine Hand an die Wange und die andere in den Nacken, um ihn zu küssen. Immer und immer wieder, bis ihre Münder feucht und geschwollen waren. Aber es war nicht genug, könnte nie genug sein.

Wexmell lächelte amüsiert, dann zog er Desiderius wieder in seine Arme und seufzte erleichtert an seinem Ohr. »Ich bin bloß froh, dass dir nichts passiert ist.«

Desiderius legte die Hände auf seinen Rücken und drückte ihn fest an sich. »Ich weiß, ich auch.«

Eine ganze Weile hielten sie sich einfach aneinander fest, schlossen die Außenwelt aus, wie sie es oft taten, und genossen schlicht den Herzschlag des jeweils anderen an der eigenen Brust…

Jemand räusperte sich hinter Desiderius und erinnerte sie daran, dass sie nicht allein waren. Es war ihm jedoch gleich, er hielt Wexmell noch einen Moment länger fest, bis er sicher war, dass Wexmells Erleichterung jeglichen Kummer vertrieben hatte.

Mittlerweile war auch Eagle nähergetreten, auf einen Gehstock gestützt und deutlich humpelnd, während er wie erwartet mit einem verschlossenen, herrschaftlichen Blick die Männer hinter Desiderius betrachtete. »Ein Verräter und viele Fremde bringst du in mein Haus.«

Mit Verräter meinte er Zazar, den er auch sogleich mit verachtender Miene strafte. Was Bellzazar natürlich kalt ließ.

Die kritische Miene würde Eagle ohnehin schon bald vergehen.

Desiderius löste sich etwas von Wexmell, um den Kopf Eagle zuzuwenden. »Mein Kaiser«, inszenierte er voller Sarkasmus, »ich bringe einen verlorenen Sohn in Euer Heim.«

Eagle runzelte irritiert seine Stirn, ehe er aufgebracht den Blick erneut über die Männer schweifen ließ, nun jedoch voller Hoffnung. Natürlich dachte er zunächst an Desith, aber die Hoffnung schwand schnell aus seinen Augen.

Noch versteckte sich der Kleine hinter Ragons Rücken und war nicht gewillt, sich selbst zu offenbaren.

Desiderius lächelte nachsichtig und wandte sich wieder an Wexmell, der ihn neugierig, aber offen betrachtete.

»Ich habe dir zwei Dinge gebracht, Liebster«, lächelte er und nahm Wexmells Hand, »einen Spiegel, der atmet, und einen lebenden Toten.«

Wexmell schüttelte belustigt den Kopf. »Wovon sprichst du?«

Mit einem geheimnisvollen Lächeln drehte Desiderius sich halb zu den anderen um und gab den Blick auf den Mann hinter sich frei.

Wexmells Knie wurden weich und Unglauben ließ ihn den Mund aufklappen. »Cohen!«, keuchte er und hielt sich an Desiderius` Arm fest, seine Augen wurden feucht. »Wie … wie kann das …«

Cohen lächelte zurückhaltend. »Schön, Euch zu sehen, Wexmell-«

Da warf sich Wexmell ihm bereits an den Hals und drückte ihn so fest, dass er würgte.

Leise lachte Desiderius über seinen Prinzen und schüttelte amüsiert den Kopf. In diesem Moment hätte er nicht mehr Liebe für Wex empfinden können. Wie er Cohen einfach mit offenen Armen empfing und sich ebenso freute wie Desiderius, obwohl sie eine nicht ganz unbeschwerte Vorgeschichte teilten. Aber Wexmell war noch nie ein eifersüchtiger Kauz gewesen. Genau das liebte er an Wex. Sein Wex, mit dem großen Herzen.

Cohen zögerte einen Moment, bis er Wexmell die Hände auf den Rücken legte und endlich entspannt die Umarmung erwiderte. Tränen der Rührung im blutroten Auge.

»Welchem Wunder wir diesen Umstand auch verdanken«, sagte Wexmell voller Liebe und umfasste Cohens Gesicht, »mein Herz frohlockt, weil es dich sieht!«

»Diesem Wunder«, schmunzelte Cohen und deutete mit einem Kopfnicken auf Bellzazar. »Er hat mich zurückgebracht.« Dabei sah sein blutrotes Auge beinahe vorwurfsvoll in Desiderius` Richtung.

»Rumgespielt hat er«, murrte Desiderius und sah seinen Bruder teils tadelnd, teils amüsiert an.

Zazar zuckte mit den Schultern, wobei er einen deutlichen Schritt neben Cohen trat, als wollte er ihn von Wexmell wegziehen. »Wenn du das so nennen willst…«

»Cohen!« Eagle streckte einen Arm aus und Cohen überbrückte den Abstand, um seinen alten Freund brüderlich zu umarmen. Eagle hatte Tränen in den Augen. »Ich muss träumen! All die Jahre … und jetzt stehst du einfach hier …?«

»Wir haben schon unglaublichere Dinge gesehen«, warf Cohen ein. »Und wir wussten immer, dass es ein Wiedersehen geben wird.«

Aber nicht hier, dachte Desiderius aufgewühlt. Nicht in dieser Welt, nicht in diesem Leben. Und doch war es so. Wie so viele andere unglaubliche Dinge auch. Er konnte nur die Hälfte von dem, was ihm heute offenbart wurde, wirklich verstehen und glauben, und doch verpufften sie nicht einfach wieder wie ein verrückter Traum. Sie waren wirklich.

Er war froh, wenn dieser Tag dem Ende zu ging und er sich eine Weile zurückziehen konnte, um all das erst einmal angemessen zu verdauen. Das brauchten sie jetzt alle. Einfach Zeit, sich an die neue Wahrheit zu gewöhnen.

Aber zuerst mussten sie alle noch ihre Pflichten erfüllen und stark bleiben, zumindest nach außen hin, obwohl ein Sturm in ihren allen Herzen tobte.

»Wer seid ihr alle?«, verlangte Eagle zu erfahren und humpelte neben Desiderius. »Und was meintest du mit verlorenem Sohn?«

Söhne, sollte er wohl eher sagen, doch das besprach er am besten zuerst mit Wexmell allein. Hier ging es auch nicht um Ragon, zumindest nicht darum, wer dessen Vater war. Nein, es ging nicht um ihn oder Desiderius, es ging um Eagle und um …

»Deinen Sohn!«, betonte Desiderius und trat vor Ragon. Er streckte eine Hand aus und sprach zu dessen Schulter: »Komm schon, zeig dich.«

Zögerlich linste ein frostblaues Auge um Ragon herum, goldgelocktes Haar schimmerte in der weißen Marmorhalle auf. Es wurde totenstill im Saal und die Anspannung wurde greifbar.

Ragon drehte sich halb zu dem ängstlichen Burschen um. »Geh schon«, drängte er sanft, wobei seine Stimme durch die Maske gedämpft klang. »Hab keine Angst.«

Doch dieser andere, dieses dunkelhäutige Spitzohr, trat dicht neben den Jungen, als wollte er ihn nun hinter sich verstecken, wenn es sein müsste.

Der Bursche sah Desiderius zögerlich ins Gesicht und kam langsam hervor. Mit einem Nicken machte Desiderius ihm Mut, sodass der Kleine schließlich seine Hand ausstreckte und sie in Desiderius` legte. Die zerbrechlichen, viel zu dünnen Finger waren eiskalt. Er hatte sofort das Bedürfnis, sie mit seinen Händen zu wärmen.

Er zog den Kleinen, der Wexmells absolutes Ebenbild war, an seine Seite und drehte sich mit hochmütiger Miene zu Eagle um. »Sag mir, Eagle, hast du versäumt, uns etwas zu erzählen?«

Aber Eagle starrte den Kleinen genauso fassungslos an, wie Wexmell. Keine Spur von Erkennen oder Reue. »Das kann nicht sein«, raunte er und schüttelte entschieden den Kopf. »Das ist überhaupt nicht möglich! Ich habe Ari nie…« Hilfesuchend sah er sich nach Wexmell, seinem Vater um.

Wexmells Augen weiteten sich etwas. »Er ist bestimmt nicht von mir, Eagle!«

Nein, Wexmells einzige Erfahrung mit einer Frau – einer Dirne – hatte nur Eagle hervorgebracht, das wussten sie alle ganz sicher.

Eagle schluckte nervös und sah wieder zurück in das Gesicht des eingeschüchterten Jungen, der den Kopf wegdrehte und zurück zu seinen Gefährten fliehen wollte.

Desiderius hielt ihn fest.

»Er ist dein Sohn, Eagle, leugnen ist sinnlos.«

In Eagles Mimik arbeitete es, während er durch den Jungen hindurchsah und äußerst angestrengt nachdachte. »Wie alt bist du?«, hakte Eagle tonlos nach. »Du kannst nicht älter als zwölf-«

»Achtzehn«, antwortete Ragon in der Gemeinsprache für ihn, »der Junge ist Achtzehn Sommer alt.«

Eagle blinzelte, als sähe er plötzlich klar. »Deine Mutter war eine Hexe«, es war keine Frage, sondern eine Erinnerung. Er blickte auf und schien zu verstehen. »Sie flüchtete mit ihrer Familie aus Nohva.«

Auch Desiderius erinnerte sich an die Flüchtlinge, die er gemeinsam mit Eagle und Cohen vor so vielen Jahren in der Wildnis getroffen hatte. Aber er hatte nicht gewusst, dass Eagle…

»Ich habe dich damals gewarnt«, sagte Cohen leise zu Eagle. Leise, aber vorwurfsvoll. Trotzdem drückte er aufmunternd die Schulter seines Freundes.

Schwankend fuhr Eagle sich über den Mund. »Götter, ich habe es nicht gewusst …«

Desiderius dachte an Ragon und seine Wut verrauchte. Er ließ den Jungen los, der sofort zurück hinter Ragon rannte und sich an dessen Arm klammerte. Er war eben doch nur ein Junge.

»Vergib mir, ich urteilte zu vorschnell«, sagte Desiderius zu Eagle, der noch immer um Fassung rang.

Cohen zog unter seiner Kapuze äußerst nervig eine arrogante Augenbraue nach oben. Zazar gab ein amüsiertes Grunzen von sich.

Es gefiel Desiderius überhaupt nicht, dass sie sich gegen ihn verschworen, beide strafte er mit einem bösen Blick. Dann wandte er sich wieder ihrem Problem zu.

»Er ist nicht aus Zufall hier, Eagle«, begann er und sah dann Wexmell an, der sofort seine betont ernste Stimme bemerkte und die Stirn runzelte. »Das sind Ragon und Fen«, Desiderius deutete auf die beiden Männer. »Sie haben ihn aus einer Metallkiste befreit und mussten ihn hierherbringen. Er ist eine Waffe, eine verflucht mächtige Waffe.« Dann sah er an Zazar vorbei und holte tief Luft. »Und das sind Korah, Levi und Place. Sie sind Götter.« Matt ausatmend drehte er sich wieder zu Eagle und Wexmell um. »Und spätestens jetzt wisst ihr, dass wir ziemlich tief in der Scheiße sitzen.«

»So tief«, bestätigte Bellzazar und trat vor, »dass wir sie schon schmecken können.«

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