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Tamira schluckte: «Vielleicht ist es besser, wenn ich die Wahrheit sage und ...»

«... dich hängen lässt? Rede keinen Unsinn! Und jetzt komm mit runter!»

Sie kletterten hinab ...

«Bei den Göttern ...», rief Tamira aus und schaute auf den Priester, der einfach nur grauenhaft entstellt aussah. Seine Glieder waren teilweise gebrochen und standen völlig willkürlich von ihm ab. Er sah aus wie eine Marionette, der man die Fäden abgeschnitten hatte.

«Reiß dich zusammen!», sagte die Magd: «Und hilf mir!» Sie packte den Priester an den Füßen: «Wir müssen ihn hier hinunter Richtung Strand ziehen!»

«Wenn uns jemand sieht, dann sind wir beide tot!», sagte Tamira und ging zu seinem Oberköper. Sie musste einen Würgereiz unterdrücken.

«Denk nicht daran. Nicht jetzt!»

Tamira starrte in das blutüberströmte Gesicht. Ihr Herz bekam fast einen Aussetzer, als der Priester plötzlich die Augen öffnete: «Heilige Monde der sieben Götter. Er lebt ...» Panik erfüllte die Hofdame der Prinzessin und sie machte einen Schritt zur Seite.

«Helft mir ...», stöhnte der Priester. Seine Lippen bewegten sich dabei nur ganz wenig. Er hatte vermutlich höllische Schmerzen. Aber er lebte.

«Verflucht!», sagte die Magd: «Wir müssen ihn erlösen!»

«Ihn erlösen?», Tamira wurde fast schon ein wenig zu laut. Noch einmal wiederholte sie ihre Worte etwas leiser: «Ihn erlösen ... oh verdammt. Das meinst du doch nicht ernst!»

«Natürlich meine ich das ernst!»

«Du meinst ermorden!»

«Du hast ihn schon ermordet!», sagte die Magd: «Du hast ihn vom Balkon gestürzt.»

«Aber er lebt!»

«Nennst du das Leben? Schau ihn dir an. Er ist so gut wie tot!»

«Helft mir!», stöhnte der Priester. Man sah ihm an, dass er versuchte aufzustehen. Aber die vielen gebrochenen Knochen machten das unmöglich: «Was ... was ist geschehen?»

«Ihr seid gefallen!», sagte die Magd.

«Nein!», meinte er: «Ich wurde ... ich wurde gestoßen.» Er versuchte die Hand zu heben, aber es gelang ihm nicht.

«Nein. Ihr seid gefallen!», wiederholte die Magd.

«Ich bin gestoßen worden. Von ihr!», er meinte Tamira. Aber es gelang ihm nicht auf sie zu zeigen.

«Wir müssen ihn töten!», sagte die Magd noch einmal laut und deutlich.

«Bitte!», flehte er: «Das könnt ihr nicht tun!»

«Wir müssen!», erwiderte seine Magd bestimmt.

«Das ist Sünde. Ihr vergreift euch an einem Priester der Götter. Ihr werdet in der Ewigen Verdammnis für alle Ewigkeit verbannt!», sagte er.

Die Magd nahm ihre Schürze ab, die ohnehin schon voller Blut war. Sie rollte sie zusammen und presste sie dann auf sein Gesicht.

«Was tust du?», sagte Tamira schnell.

«Ich beende es!»

Der Körper des Priesters bewegte sich. Er kämpfte mit dem Tod. Er rang um sein Leben. Seine Lungen brauchten Sauerstoff, aber die Atemwege waren blockiert. Allzu viel Widerstand leistete der Körper nicht. Und dann war er plötzlich bewegungslos.

«Ist er tot?», fragte Tamira unsicher.

«Ich denke!», meinte die Magd und schlug dem Priester ins Gesicht.

Dieser öffnete plötzlich wieder seine Augen. Ein tiefer Luftzug und seine Lungen füllten sich wieder mit Sauerstoff.

«Verdammt!», die Magd zitterte und erneut presste sie ihre Schürze auf sein Gesicht. Dieses Mal war der Widerstand geringer. Sie drückte zu. Lange. Längst kam keine einzige Regung mehr. Aber sie wollte sichergehen. Sie wollte sicher sein, dass er tot ist.

«Ist er nun wirklich tot?»

Die Magd nickte: «Ich denke schon!»

«Du denkst?»

«Ja, er ist tot. Und nun lass ihn uns wegbringen!»

«Bei den Göttern. Das ist alles so grausam!»

«Hilfst du mir nun?»

Tamira nickte: «Ja, sicher. Was soll ich tun?»

«Wir ziehen ihn die Felsen hinunter.»

«Er ist fett, und schwer!», meinte die Hofdame der Prinzessin.

«Ja!», murmelte die Magd. Die Erinnerung, dass dieser Typ sie vergewaltigt hatte, kam wieder hoch: «Aber jetzt lass ihn uns hinunterziehen! Siehst du den Abhang dort?»

«Ja!»

«Dort werfen wir ihn hinunter!»

«Und dann?»

«Das wirst du dann schon sehen!»

7

Land der Pravin,

vor den Toren von Laros

Blut und Asche – Asche und Blut. Die Nehataner schrieben Geschichte. Es war vollkommen egal, welcher Feind besiegt worden war. In welcher Größe und Stärke er die Stadt verteidigt hatte. Es ging nur um den Sieg. Ob der schmutzig war, das war egal. Die Nehataner hatten gewonnen und das war das einzige was zählte. Mit dem Mut der Verzweiflung hatten sich die Pravin gegen die Angreifer gestellt. Eigentlich verdienten sie jeglichen militärischen Respekt. Sie hatten strategisch klug gehandelt und die richtigen militärischen Entscheidungen getroffen. Sie hatten mit dem Mut der Verzweiflung gekämpft und keine Gnade gekannt.

Der Hauptmann der Garnison lebte noch. Aber er würde hingerichtet werden. Noch am heutigen Tag. Er, der wohl als militärischer Führer mehr taktisches Gefühl und Verständnis bewiesen hatte, als die ganzen führenden Köpfe der Nehataner. Er würde sterben, weil die Nehataner es so wollten. Weil er ein Feind war. Und Mixtli war es ein besonderes Anliegen diesen Mann zu töten. Aus Hass und vor allem aus Wut. Aber insbesondere aus Wut gegenüber sich selbst. Weil er sich dabei ertappte, dass er diesem Mann Respekt und Anerkennung zollte. Die Entscheidungen des Hauptmanns waren alle richtig gewesen, was man von seinen eigenen Entscheidungen nicht behaupten konnte. Zweihundert Mann hatten die Pravin im Endeffekt verloren. Auch wenn noch einige lebten, sie würden bald ihren Kameraden in den Tod folgen. Aber sie hatten sich für ihr eigenes Volk aufgeopfert. Konnte man das bei den Nehatanern auch behaupten? Sage und schreibe vierhundert nehatanische Soldaten hatten ihr Leben verloren. Die Armee der Nehataner war von einst dreitausend auf fast zweitausendfünfhundert Mann geschrumpft. Rechnete man die Verluste bei der ersten und vor allem zweiten Siedlung mit. Das war eine Katastrophe. Fünfzehn Prozent Verlust in ein paar wenigen Tagen. Aber im Moment war das alles egal. Was zählte war der Sieg. Über eine Stadt, die sich mutig verteidigt hatte.

«Die nächste Stadt wird schwerer einzunehmen sein!», meinte Chantico.

Mixtli drehte sich um. Er wusste es nicht. Es war schwer zu sagen. Denn hier hatten sie Fehler gemacht, die sie nicht wiederholen durften. Aber der Feldherr hatte recht, was die Theorie anging. Die nächste und letzte größere Stadt hier Küstenstreifen war Lios. Sie war nicht nur größer, sondern vor allem durch einen Schutzwall umgeben. Ja, das war eine größere Herausforderung. Deshalb nickte er: «Ihr habt recht. Aber wir werden dennoch siegen!»

«Wie viele Soldaten erwarten uns dort?», fragte Chantico.

«Einer der Pravin hat geplaudert!», erwiderte Mixtli: «Und wir gehen von dreihundert Mann aus!»

«Wir müssen klüger in unseren Entscheidungen werden!», der Feldherr kickte einen Stein auf dem Boden.

Mixtli nickte stumm. Auf der einen Seite hatte der Feldherr und Bruder des Königs recht. Auf der anderen Seite hörte man die Kritik heraus. Er, der Feldmarschall musste klüger werden. Der Feldherr und eigentliche Befehlshaber hatte keine einzige Entscheidung getroffen. Da konnte man auch keinen Fehler machen.

«Wie geht es Euch, Feldherr?», fragte Mixtli und blickte auf die Wunde. Man hatte sie verbunden.

«Alles in Ordnung. Es war nur ein Streifschuss!»

«Dafür habt Ihr aber wie ein Mädchen geweint!», dachte sich Mixtli spöttisch. Aber er sprach es natürlich nicht aus, sondern nickte: «Gut! Das ist gut!»

8

Außerhalb der Stad Hingston,

alter Wachturm

Tamira konnte sich nicht wirklich vorstellen, was die Magd vorhatte. Sie ging hinauf zur Prinzessin. Ihre Arme schmerzten. Der Priester war kein Leichtgewicht.

«Wo ist die Magd?», fragte Katharina leise.

«Sie steht unten an der Türe. Ich weiß nicht was sie tut, königliche Hoheit!»

«Wir sollten Lord Philipp holen!», meinte die Prinzessin: «Er kann sicherlich helfen!»

«Helfen? Sie werden mich hängen, königliche Hoheit. Ich flehe Euch an, tut das nicht!»

«Ich werde aussagen. Dass ...», Katharina überlegte: «... dass er mich angegriffen hat!»

«Man wird mich trotzdem hängen. Ich bin nichts wert, das wisst Ihr so gut wie ich. Ich bin aus der untersten Schicht. Niemand interessiert sich für eine Hofdame. Und erst recht nicht für eine mit einer derartigen Geschichte! Ich bin die Tochter des Mannes, der auf dem Platz der Veteranen aufgeknöpft wurde!»

Zur gleichen Zeit einige Meter weiter unten kam es zur Wachablösung. Die Magd des Priesters hatte darauf nur gewartet. Sie stand hinter der dicken Türe, die von außen verschlossen war. Aber sie konnte die Stimmen der Männer hören.

«Gibt es irgendetwas Neues?», fragte einer der beiden wachablösenden Soldaten relativ gelangweilt seine beiden abzulösenden Kameraden.

«Nein, der Priester ist noch da. Die Magd des Priesters und die Hofdame sind auch gerade hoch. Ansonsten gibt es nichts Neues!»

«Die Götter allein wissen warum man die Prinzessin ausgerechnet hier draußen in diesem Turm bewacht!», meinte einer der neuen Wachsoldaten.

«Bewachen ist gut!», schüttelte einer der abzulösenden Soldaten den Kopf: «Ich denke eher, dass man sie wegsperrt!»

«Aber warum sollte man das tun?»

«Keine Ahnung. War Anweisung des Priesters! Aber warum der König da nicht widerspricht, es wissen nur die Götter!»

«Wie auch immer. Es soll nicht mehr eurer Problem sein. Ihr seid hiermit erlöst!»

«Danke, Kamerad! Dann gehen wir mal zurück zur Stadt!»

«Gut!», sagte einer der neuen Wachmänner und stellte sich dann vor die schwere hölzerne Türe: «Schönen Feierabend!»

«Und euch einen hoffentlich ruhigen Dienst!»

Die Magd war aufgeregt. Ihr Herz pochte wie wild. Sie wusste nicht, ob ihr Plan aufgehen würde. Aber er musste, sonst sah es düster auf.

«Was ist los?», fragte die Prinzessin.

«Die Wachen haben nun gewechselt!», meinte die Magd.

«Und?», Tamira blickte sie nervös: «Was nun?»

«Wir gehen hinunter. Und fragen nach dem Priester ...»

«Was?», die Prinzessin schüttelte den Kopf: «Aber er hat den Turm nie verlassen ...»

«Nun. Das glauben die neuen Wachen zwar, aber sie haben es nicht mit eigenen Augen gesehen!», murmelte die Magd und ging dann die Treppe hinunter. Tamira folgte ihr.

Die Magd des Priesters klopfte an die schwere Türe. Einer der Soldaten machte auf.

Sie schaute die beiden neuen Wachsoldaten an: «Wo ist der Priester?»

«Wir dachten, er wäre oben!», meinte einer der beiden Soldaten: «Wer bist du?»

Die Magd schaute irritiert: «Ich bin die Magd des Priesters. Und ja, er ist hier. Allerdings ging er vor einer Weile fort um ... ihr wisst schon.»

«Um was?», fragte der Soldat.

«Um sein Geschäft zu erledigen!», meinte die Magd: «Er muss doch an euch vorbei gegangen sein ...»

«Wir sind noch nicht so lange hier!», murmelte der Soldat: «Wir sind die Ablösung!»

«Oh, okay!», grinste die Magd: «Für mich seht ihr alle gleich aus!» Die Lüge kam ihr leicht über die Lippen. Dennoch war sie aufgeregt und zitterte ein wenig.

«Er wird schon kommen!», meinte der Soldat: «Sein Geschäft dauert eben!»

«Er wollte zu den Felsen dort. Ich habe ihm abgeraten, weil es dort ziemlich steil ist! Aber er wollte nicht auf mich hören.»

«Geh du und schau!», meinte der eine Soldat zum anderen.

Die Magd starrte dem Soldaten hinterher. Alles, was sie gesagt hatte, hatte sich so plump und falsch angehört. Aber sie konnte die Szene nicht wiederholen. Sie konnte nicht einfach wieder in den Turm gehen, noch einmal rauskommen und von vorne anfangen. Aber im Grunde war es ohnehin egal. Entweder sie glaubten ihr oder sie glaubten es nicht. Und es konnte durchaus sein, dass er sich dort an den Rand gestellt hatte um hinunter zu pinkeln. Sie hatten extra seine Hose hinuntergezogen um es realistischer wirken zu lassen.

«Wie ist er so. Als Herr?», fragte der Soldat plötzlich.

«Wer?», meinte die Magd.

«Na, der Priester!»

«Oh ...», sie nickte: «Ja. Er ist der beste Herr, den man sich vorstellen kann. Ich bin froh ihm dienen zu können.»

Es dauerte eine Weile bis der Soldat den Priester gefunden hatte. Aufgeregt kam er zurück: «Ich habe schlechte Nachrichten. Ich denke, ich habe ihn gefunden!»

«Das ist doch gut!», meinte die Magd: «Wo ist er?»

«Das ist nicht gut!», murmelte der Soldat: «Ich denke ... ich denke, er ist abgestürzt. Er ist tot!»

«Was?»

«Ich muss unbedingt den Kommandeur holen!», der Soldat wischte sich den Schweiß ab: «Und ihr beide macht, dass ihr fortkommt!»

Der andere Soldat nickte: «Richtig. Geh du und hole den Kommandeur. Ich bleibe hier. Und ihr beide ...», er blickte auf die zwei jungen Frauen: «... macht, dass ihr zur Stadt kommt!»

9

Land der Pravin,

Anhöhe nahe Laros

Der Hauptmann der pravinischen Garnison hatte bereits am frühen Morgen geahnt, dass heute sein Tod bevorstand. Und nun war es soweit. Er würde einen qualvollen Tod sterben. Die Nehataner würden keine Gnade kennen. Alles deutete darauf hin. Einige Soldaten hatten immer noch die Hoffnung gehabt zu überleben und als Sklaven nach Nehats verschleppt zu werden. Aber die nehatanische Armee sortierte hierfür lediglich Bauern und Handwerker aus, die in den kommenden Tagen die Reise in die Hauptstadt Xipe Totec antreten sollten. Als Geschenk an den König Atlacoya. Die Soldaten sollten sterben. Es gab einige Krieger der Pravin, die dem Feldmarschall angeboten hatten auf seiner Seite zu kämpfen, aber dieser blieb hart. Es war durchaus im Gespräch gewesen eine Söldnertruppe aus fremden Soldaten zu bilden. Diese Idee war jedoch längst verworfen. Zu groß war die Angst, dass sich die jeweiligen Soldaten am Ende doch gegen ihren wirklichen Feind stellten. Die Chance war sogar recht groß. Die Pravin hatten sich als sehr nationalstolz gezeigt. Mit welcher Inbrunst sie ihre Stadt verteidigt hatten, war ein deutliches Zeichen.

Die achtzehn überlebenden Soldaten wurden aus der Stadt in Richtung Anhöhe geführt und schließlich von dort hinunter in ein Nebental geführt. Von dort aus hatten sich die Pravin für den Angriff in die Flanke genähert. Im Schutze des dortigen Bambushains.

Der Hauptmann wusste nicht in welcher Form sie sterben würden, er wusste nur, dass sie sterben würden. Er hoffte natürlich auf einen möglichst schmerzlosen und schnellen Tod. Aber diesen Gefallen würde ihm der Feldmarschall der nehatanischen Armee nicht machen. Im Gegenteil.

Nackt wurden die Soldaten ausgezogen. Eingekreist von den deutlich dunkelhäutigeren nehatanischen Kriegern. Dem Spott und dem Hohn ausgesetzt, standen sie da. Der Hauptmann der Pravin schaute irritiert auf die Stelle vor ihm. Man hatte einige Bambuspflanzen gekappt und nur einen etwa zehn Zentimeter großen Stumpf übriggelassen. Die Reste der Bambuspflanzen lagen säuberlich an der Seite. Die schnellwachsenden Pflanzen waren ein wichtiger Baustoff für die Pravin.

«Der Hauptmann als Erstes!», befahl Mixtli.

Die Männer gehorchten. Sie packten den Hauptmann und führten ihn zu einem der Stümpfe im Boden.

Chantico schaute sich das Schauspiel von Weitem an. Er wollte nicht direkt dabei sein. Seine Wunde, die er im Kampf davongetragen hatte, war nicht allzu groß. Aber sie erinnerte ihn daran, dass er verwundbar war. Und er hatte definitiv keine Lust in diesem sinnlosen Krieg zu sterben. Allmählich wurde ihm der Feldmarschall auch zu mächtig. Er wusste, dass er als Feldherr mehr Entscheidungen treffen musste. Es war wichtig, dass er die Führung übernahm. In möglichst vielen Punkten. Und er nahm sich vor das in Zukunft auch zu tun. Allerdings wollte er sich wenigstens bei den Hinrichtungen, die er ebenfalls als unsinnig ansah, raushalten. Jeder nehatanische Soldat erwartete nun die Tötung der Überlebenden. Weil Mixtli ständig davon gesprochen hatte. Chantico wollte sich wenigstens dabei die Hände nicht schmutzig machen.

Der Hauptmann der pravinischen Garnison von Laros hatte keine Ahnung, was man mit ihm und seinen Männern vorhatte. Man fesselte ihm die Hände hinter dem Rücken und schließlich auch die Beine zusammen. Und dann tat man etwas, das er sich in seinen schlimmsten Alpträumen niemals hätte vorstellen können. Zwei Männer packten ihn an den Schultern, hoben ihn hoch und setzten ihn dann mit dem Hintern auf den Bambusstumpf. Schmerzhaft bohrte sich der Bambus in seinen Anus. Der Hauptmann schrie auf. Zappelte wie wild. Aber er hatte keine Chance. Immer tiefer trieben sie den gut zehn Zentimeter langen und in etwa zwei bis drei Zentimeter breiten Bambusrest in seinen Darm.

Einer der Nehataner trieb hinter dem Delinquenten einen langen Holzpfahl in den Boden. Anschließend fesselte man den Oberkörper des Hauptmannes an diesem fest, so dass er keine Möglichkeit hatte auch nur annähernd wegzukommen.

Tränen stiegen dem Führer der besiegten Garnison in die Augen. Der Schmerz war unerträglich. Es gab keine größere Erniedrigung, keine größere Demütigung. Und keinen größeren Schmerz. Sein Schließmuskel versuchte den Fremdkörper abzustoßen. Aber es gelang ihm nicht.

Der Hauptmann wusste, dass dies einer der grausamsten Tode sein würde, den er und seine Männer sterben würden. Er wusste, wie schnell der Bambus wuchs. Wie Spargelspitzen brachen jüngere Pflanzen durch das Erdreich und erreichten im Laufe ihres Lebens eine Wuchsgeschwindigkeit von rund einem Fuß pro Tag. Und wegen dem schnellen Wuchs waren sie als Rohstoff so beliebt. In gut einem Tag würde dieser Bambus sich einen Fuß weit in seinen Körper bohren. Eine grausame Vorstellung. Wann er sterben würde, das war nicht klar. Ihm war in jedem Fall bewusst, dass er innerlich irgendwann verbluten würde. Hoffentlich früher als später.

Der nächste Soldat wurde auf gleiche Weise aufgespießt. Anders als der Hauptmann heulte und jammerte er wie ein Kind. Im Angesicht der Folter allerdings durchaus verständlich. Der Hauptmann machte ihm keine Vorwürfe. Auch er litt unter unsagbaren Schmerzen. Und Tränen rannen seine Wangen herab. Aber einen Laut gab er nicht von sich. Er wollte dem Feind diese Genugtuung nicht geben. Tief in sich spürte er jedoch das Verlangen so laut wie möglichst zu schreien.

Nacheinander wurden so alle noch lebenden pravinischen Soldaten einer höllischen Qual ausgesetzt. Die Schreie hallten laut und erreichten auch die Stadt Laros, die hinter dem Hügel lag. Die dortigen überlebenden Einwohner erschauerten. Viele beteten zu den Göttern.

10

Stadt Hingston,

Küste nahe des Wachturms

Christoph von Charleston nickte stumm. Er blickte den Abhang hinunter und beobachtete, wie seine Männer den Leichnam bargen. Sie würden ihn nicht hier hochbringen, sondern am Strand entlang und dann direkt zur Stadt tragen. Hier war der Abhang einfach zu steil.

Sein Bruder, Stephan von Charleston, der Offizier der Angriffskompanie schüttelte ungläubig den Kopf: «Ich kann es gar nicht glauben. Er pinkelt dort die Felsen hinunter und stürzt dann ab?»

«So wird es wohl gewesen sein!», murmelte Christoph: «Geh du und sag dem König Bescheid!»

«Werde ich!», meinte Lord Stephan und winkte dann zwei seiner Männer herbei: «Was tust du?»

«Ich werde mal mit der Prinzessin sprechen!», meinte der aktuelle Kommandeur: «Vielleicht hat sie was gesehen!» Er blickte hinauf zum Balkon des Turmes.

«Nun. Möglich wäre es von dort oben. Aber es wäre dann doch Zufall. Sie wird doch wohl nicht die ganze Zeit aus dem Fenster starren. Zudem hätte sie sicherlich um Hilfe gerufen!»

«Vermutlich!», murmelte Christoph und ging dann Richtung Turm.

Es gab eine Sache die Fragen aufwarf. Er ging direkt zu der Felsspalte unter dem Turm und kniete sich hin. Da war Blut. Frisches Blut. Wie kam das hierher? Wenn der Priester gut zehn Meter weiter Richtung Felsabgrund gegangen war und dort abstürzte, wo kam dann dieses Blut hier her? Die Möglichkeit, die ihm als Erstes in den Sinn kam, war durchaus schlüssig. Aber genauso auch erschreckend. Nämlich, dass der Priester vom Balkon gestürzt war. Und ihn anschließend jemand zehn Meter weiter geschleift hatte, um ihn dort noch tiefer hinunter zu stürzen.

Lord Christoph ging den Weg zwischen der möglichen Stelle unterhalb des Turmes und der Stelle, wo der Priester angeblich abgestürzt war, ab. Ja, da war eindeutig eine Blutspur. Wer auch immer hier etwas vertuschen wollte, er hatte stümperhaft gearbeitet. Vielleicht unter Schock. Recht schnell kamen ihm die Magd und die Hofdame der Prinzessin in den Sinn. War es möglich, dass ...? Er verdrängte den Gedanken. Aber nur für einen Augenblick. Dann kam er wieder hoch. Den beiden würde er durchaus zutrauen, dass sie nicht an die Blutspur dachten. Weil sie hektisch und voller Adrenalin gehandelt hatten. Ohne nachzudenken. Aber dann kam doch auch die Frage auf, wieso der Priester vom Balkon gefallen war. War er tatsächlich gefallen? Wenn er gefallen wäre, würde er dann nicht viel dichter am Turm liegen? Christoph überlegte. Es war einige Fuß zwischen dem Turm und der Stelle, wo der Priester vermutlich aufgeprallt war. Er musste gestoßen worden sein.

Ein lautes Grollen ertönte. Lord Christoph von Charleston blickte zum Himmel. Ein Unwetter zog auf. Das war ungünstig. Und noch bevor er richtig darüber nachdenken konnte, fing es an zu regnen.

«Verflucht!», murmelte er und blickte auf das Blut, dass sich auf dem Stein befand. Der Regen würde alles wegspülen. In kürzester Zeit. Er war vermutlich nahe dran an der Wahrheit. Schnell ging er die Felsen hinauf und einmal um den Turm. Er blickte Richtung Stadt. Sah wie sein Bruder davonritt. Erneut fluchte er. Gerne hätte er seinem Bruder seinen Fund noch einmal gezeigt, bevor der Regen alles wegwaschen würde.

Der Regen wurde stärker und stärker.

«Du da!», herrschte er einen seiner Soldaten an: «Komm mit!»

Der Soldat gehorchte. Er folgte dem Kommandeur.

Schnell kletterte Christoph hinunter zu der Stelle, wo er vermutete, dass der Priester aufgeschlagen war.

«Siehst du das Blut?», fragte er den Soldaten.

«Herr Kommandeur?», der Soldat schaute sich irritiert um.

«Dort, hier!», Christoph lief herum wie ein tollwütiger Hund. Verdammt. Konnte es sein, dass das Blut schon so schnell weggeschwemmt worden war? Er wusste nicht einmal mehr genau, wo die Stelle war. Er hätte sie irgendwie markieren müssen.

«Ich sehe nichts!», der Soldat wirkte ratlos.

Christoph seufzte: «Schon in Ordnung. Geh wieder hoch. Wir reiten zurück zur Stadt!»

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