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DIE ERSTEN SIEDLUNGEN

Trotz der feierlichen Inbesitznahme durch die Spanier ist von ihrer Macht wenig geblieben. Sie wurden bald von den ständigen Überfällen der erbitterten Indianer aus Guyana vertrieben. Doch längst nahmen Franzosen und auch Holländer und Zeeländer regelmäßig Kurs auf die Küste von Guyana. Mit dem niederländischen Generalpatent von 1614 erhielt jeder, der fortan einen neuen Hafen, eine Passage oder einen Ort entdeckte, das Recht, dieses für vier Jahre unter Ausschluss anderer zu verwalten. Dauerhafte Niederlassungen gab es damals aber noch nicht. Erst Mitte des 17. Jahrhunderts fassten die Europäer in Guyana Fuß. Kapitän Maréchal, begleitet von 60 Engländern, siedelte sich 1630 am Suriname-Fluss an. Von dieser Landnahme ist historisch nichts weiter überliefert. 1643 gründete man in Rouaan eine Gesellschaft zur Kolonisierung von Suriname. Ein gewisser Poncet Brétigny setzte sich an die Spitze einiger Glücksritter und ließ sich an der Küste nieder. Doch sie machten sich so vieler Gräueltaten an den Indianern schuldig, dass sie schließlich vertrieben oder getötet wurden. Den nächsten Versuch wagte einige Jahre später eine andere französische Gesellschaft mit dem Aussenden von 800 Kolonisten. Doch auch dieses Mal führte es zu keiner dauerhaften Besiedlung.

Auf die Franzosen folgten die Briten. Lord Willoughby, der Baron von Parham, rüstete 1650 auf eigene Kosten ein Schiff mit dem Bestimmungsziel Guyana aus. Die Eingeborenen empfingen die Engländer freundlich, weil sie als friedfertige Kaufleute auftraten. Doch recht bald zeigte sich, dass diese vorgeblichen Pazifisten in Wahrheit hartherzige Soldaten waren, die die Indianer dank besserer Waffen in die Wälder trieben. Zügig errichteten sie wehrhafte Forts, um sich vor den Überfällen der verbitterten und betrogenen Eingeborenen zu schützen. Baron von Parham selbst kam 1652 nach Suriname, um die Leitung der neuen Kolonie zu übernehmen. Lange blieb er nicht, weil er zum Generalgouverneur der Westindischen Inseln ernannt wurde. Nach seiner Abreise nach Barbados wurde ein Mann namens Ruff mit der Verwaltung von Suriname betraut. So hatte Europa in Suriname Fuß gefasst, die Herrschaft war gefestigt und das Leben dort für immer ein anderes.

Dieser Zustand wurde 1662 zudem per Gesetz mit einer Schenkungsurkunde von Karl II. bekräftigt. Land und Küste von Suriname wurden Sir Charles Willoughby, Baron von Parham, und Laurens Hide, Graf van Clarendon, und deren Nachkommen und Rechtsnachfolger übereignet.

Unter der englischen Verwaltung wuchs die Zahl der Weißen in Suriname rasch. Vor allem Juden aus Cayenne ließen sich 1664 unter der Führung von David Nassy in Suriname nieder. Willoughby stellte sie in Recht und Freiheit mit den Briten gleich. Unter der Knute der Engländer legten rote und schwarze Sklaven in kürzester Zeit über 60 Zucker- und Tabakplantagen an. Die schwere Arbeit in der tropischen Hitze war unbeschreiblich anstrengend und kostete vielen Sklaven das Leben. Andere trösteten sich in ihrem Elend mit Feuerwasser, das in jenen Tagen von den Weißen zum ersten Mal eingeführt wurde. Die Anzahl der gebürtigen Surinamer nahm rapide ab, manche zogen sich in die Wälder zurück und versuchten ab und an vergeblich, die Fremden zu vertreiben. Auch die schwarzen Sklaven wurden von Krankheiten heimgesucht oder starben an Erschöpfung. Doch keine Sorge. Die Sklavenhändler sorgten für regelmäßigen Nachschub. Der Menschenhandel blühte!

DIE HOLLÄNDISCHE HERRSCHAFT

Die ersten Entdeckungsreisen unternahmen die Spanier, Franzosen wagten den Versuch einer ersten Kolonialisierung, Briten eroberten das Land, bauten Festungen, legten Plantagen an und schafften es, durch ihre verhältnismäßig liberale Politik anderen Weißen gegenüber fähige Juden in ihre Kolonie zu locken. Die Holländer erschienen erst auf der Bühne, als das Bett schon gemacht war. Haben sie der Kolonie ein neues zivilisatorisches Antlitz gegeben?

Seit 1661 führte die Republik der Vereinigten Niederlande Krieg gegen England. Um dem Feind möglichst stark zu schaden, rüsteten die Staaten von Zeeland drei Kriegsschiffe aus und bemannten sie unter dem Befehl von Abraham Crijnsen, Julius Lichtenberg und Maurits de Rama mit 300 Soldaten. Am 26. Februar 1667 fuhr dieses Geschwader unter englischer Flagge den Suriname-Fluss hinauf. Unter englischer Flagge näherten sich die Holländer also zum ersten Mal ihren künftigen Besitztümern. Zwar misslang diese Kriegslist aus Unkenntnis der britischen Signale, doch weil die Festung kaum auf einen Angriff vorbereitet war, fiel sie nach einem kurzen Gefecht schließlich doch in die Hände der Holländer. Den meisten Kolonisten wurde eine Beibehaltung ihrer von den Engländern verliehenen Vorrechte zugesichert. Aber weil auch ein Pferd seinen Hafer braucht, konfiszierte man die Güter des Gouverneurs William Biam und nötigte den Einwohnern als Lösegeld 100 000 Pfund Zucker ab.6 Der Gesamtertrag dieser Beschlagnahmung betrug für die Zeeländer etwa 400 000 Gulden, ein Beweis dafür, dass Suriname in jener Zeit bereits eine wohlhabende Kolonie war.

Die Festung wurde verstärkt. Außerdem ließ man eine Garnison von 120 Mann unter Maurits de Rama zurück, dem zudem noch 15 Geschütze, Lebensmittel und andere notwendige Kriegsvorräte zur Verfügung standen. Mit dem Frieden von Breda 1667 wurde die holländische Kolonie Nieuw Nederland im Tausch gegen Suriname an England abgetreten – als würde man eine Wagenladung Böcke gegen eine Wagenladung Schafe eintauschen.

Man sollte derartige Friedensverträge und sonstige feierliche Versprechungen allerdings mit einer Prise Salz genießen. Obwohl am 31. Juli 1667 der Frieden von Breda unterzeichnet wurde, tauchte bereits am 18. Oktober 1667 der englische Kapitän John Hermans mit sieben Kriegsschiffen vor dem Fort Zeelandia auf. Die gerade erst verstärkte Festung fiel wieder in britische Hände. Nachdem die Vereinigten Provinzen über diese Invasion bei der englischen Regierung Beschwerde eingelegt hatten, gab diese tatsächlich Anweisung, die Kolonie wieder zu räumen. Ein regelrechter Auszug folgte: Über 1200 Engländer verließen Suriname und nahmen etliche Sklaven, Vieh und Güter mit nach Jamaika.

Mit dem Frieden von Westminster 1674 wurde schließlich die Souveränität über Suriname für immer der Republik der Vereinigten Niederlande zugesprochen.

Doch diese Geschichte hatte noch ein Nachspiel, da unter der englischen Verwaltung einige Abkommen mit den Einheimischen getroffen worden waren. Die Holländer aber dachten nicht daran, diesen Vereinbarungen nachzukommen, vielmehr verdrängten sie die Bewohner immer weiter von ihrem Land, indem sie es in sogenannten Kaufverträgen gegen allerlei Plunder wie Messer, Spiegel und Angelgerät eintauschten. Die Indianer lehnten sich erneut auf und versuchten, sich von dem fremden Joch zu befreien. Zwar führten sie keinen richtigen Krieg mit großem Aufmarsch, doch überfielen sie in kleinen Gruppen immer wieder die Plantagen und töteten dabei zahlreiche Weiße. Gegen diese mutigen Surinamer, die durch ihre Vertrautheit mit dem Terrain den Weißen gegenüber im Vorteil waren, ließ sich wenig ausrichten. Auch eine Streitmacht von 150 bis an die Zähne bewaffneter Zeeländer, die unter Gouverneur Heinsius (1680) gegen die Indianer ins Feld zogen, musste unverrichteter Dinge wieder abrücken. Wir Surinamer von heute gedenken dieser Vorväter und ehren sie.

Die Geschichte von der Ankunft der Holländer in unserem Land wäre nicht vollständig, wenn wir es versäumten, über die unerfreulichen Reibereien zwischen Zeeland und den Generalstaaten zu berichten, die sich wie zwei Kampfhähne um das Besitzrecht von Suriname zankten. Da Crijnsen, der Fort Zeelandia befehligte, ein Zeeländer war, erhoben die Staaten von Zeeland aufgrund seines Heldenmuts Anspruch auf Souveränität. Doch die Generalstaaten konnten höhere Rechte geltend machen, immerhin hatten sie die Expedition finanziert.

Der Konflikt endete unentschieden. Zeeland blieb einstweilen im Besitz von Suriname, während man den Generalstaaten eine gewisse Oberhoheit zuerkannte. Als allerdings unter Heinsius die Aufstände der Einheimischen immer schärfere Formen annahmen, einigten sich die Staaten von Zeeland mit der Generalität letztlich darauf, diesen gefährlichen Posten 1682 der ehrbaren Westindien-Kompanie zu übereignen. Die Staaten von Zeeland erhielten dafür 260 000 Gulden. Und die Generalstaaten gewährten den neuen Eigentümern ein Hoheitsrecht über zehn Jahre.

Aus der kolonialen Kulturaufgabe der Holländer in Suriname wurde dank dieses Schriftstücks aus 32 Artikeln (eine Art Grundgesetz für Suriname) ein monopolistischer Handelsbetrieb.

Da ja die Kolonisten ihr liebes Vaterland nicht verlassen hatten, um in der Tropensonne im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot zu verdienen, war ihr Wohlstand von der schnellen und guten Versorgung mit brauchbaren Sklaven abhängig. Für den Nachschub dieses Arbeitsviehs erhielt die Westindien-Kompanie nun das Monopol, wie es in Artikel VI des Schriftstücks wörtlich lautet: »Da die erwähnte Kolonie ohne schwarze Sklaven oder Negros nicht lohnend geführt werden kann, und niemand außer der Kompanie in diesen Länder befugt ist, Sklaven von der Küste Afrikas zu holen, wo alleinig darin gehandelt wird, so soll die Kompanie verpflichtet sein, der erwähnten Kolonie jährlich eine solche Anzahl Sklaven zu liefern, wie von dort angefordert.«7

Um die Sache aber in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, nahm die Westindien-Kompanie zugleich die Verpflichtung auf sich, »dass die Kolonisten zu allen Zeiten versorgt sind mit einem oder mehreren Dienern Gottes, damit die Kolonisten und andere Eingesessene dort in Gottesfurcht und der Lehre der Seligkeit geleitet und unterwiesen werden können.«8

Die Westindien-Kompanie hatte ihre Blütezeit jedoch hinter sich und konnte nicht die notwendigen Mittel aufbringen, um die Kolonie, die sich durch den Fortzug der Engländer und durch die Überfälle der Indianer vollkommen im Verfall befand, wieder gewinnbringend zu machen. Deshalb verkaufte sie 1683 ein Drittel ihrer Rechte an die Stadt Amsterdam, und ein Drittel an Cornelis van Aerssen van Sommelsdyck, der in der Übertragungsurkunde auch gleich zum Gouverneur ernannt wurde. Die neuen Eigentümer nahmen daraufhin den Namen der »De Geoctroyeerde Sociëteit van Suriname« an. Die oberste Souveränität und die Verteidigung blieben allerdings weiterhin in den Händen der Generalstaaten.

Im Grunde hatte sich durch die Übertragung nichts verändert. Die Westindien-Kompanie behielt das Monopol für den Sklavenhandel, nur dass die Geoctroyeerde Sociëteit das Recht erwarb, notfalls auch selbst Sklaven zu importieren, vorausgesetzt, sie würden für jeden dieser Sklaven 15 Gulden an die Westindien-Kompanie abführen (wir würden sagen: Einfuhrzoll).

DER SKLAVENHANDEL

Auf dem endlosen tiefblauen Ozean fährt eine Fregatte, herrlich die edle Pracht ihrer Masten und Stangen, das wölbende Weiß ihrer vom Wind geblähten Segel. Keine stampfenden Maschinen treiben sie an, keine schwarzen Rauchwolken beschmutzen das blaue Himmelsgewölbe. Vom Ausguck aus gesehen liegt das Schiff unter uns wie ein weißer Fisch, die Gischt peitscht gegen das Bugspriet, zwei Matrosen an der Ruderpinne singen ein altes, altes Seemannslied.

Kein Schauspiel gleicht dem eines Dreimasters unter Takelage, es ist schöner als Heinrich Hausers Letzte Segelschiffe*, schöner als die Fregatte Johanna Maria*, es ist der Traum jener, die mitten im Getöse der großen Stadt, zwischen den Schreib- und Rechenmaschinen, vom goldenen Füllhorn vergangener Zeiten träumen.

Wir gönnen euch diese Theaterloge im Ausguck dieser alten Schiffe, wir gönnen euch den Seewind in den Haaren und unter euch das Lied der Matrosen, die auf dem Mast das Bramsegel reffen.

Und doch möchten wir euch warnen. Seid nicht so kühn, von eurem hohen Logenplatz in die Wanten zu klettern, oder wenn euch das zu gefährlich erscheint, durch das Mannloch nach unten. Setzt keinen Fuß auf die Strickleitern, die zum Achterdeck führen, wie blitzblank gescheuert es von oben auch aussehen mag.

Oben atmest du die vom Teergeruch stechende Luft und den salzigen Seewind.

Unten stinkt es schon eine Meile leewärts nach Schweiß und den Ausscheidungen von tausend in einen Raum gepferchten Sklaven.

Hier oben hörst du den Schrei der Albatrosse, die singenden Matrosen und das Meeresrauschen.

Unten aber das Wimmern der Sklaven, die Schreie einer Frau, die in den Wehen liegt, und die Peitsche, die auf die Rücken der Schwarzen niedersaust.

Die Räume unter Deck werden dir nicht gefallen, diese dreckigen Brutstätten von Unrat und Ungeziefer, in denen Männer von Frauen getrennt sind, alle in Ketten liegen und, um Platz zu gewinnen, zusammengezwängt sind und in ihrer Verzweiflung jammern. Auch du wirst etwas vom Kummer und der Verzweiflung der Schwarzen spüren, verschleppt von Zuhause, weit weg von ihren Verwandten, krank vom Schaukeln der Wellen und der schlechten Verpflegung, voller Angst vor der ihnen unbekannten Zukunft.

Und obendrein ist es nicht gänzlich ungefährlich, sich nach unten zu begeben. Es kann passieren, dass ein Sklave in Raserei über den Aufpasser herfällt, in der Hoffnung, niedergeschlagen zu werden. Es ist sogar vorgekommen, dass auf einem Schiff alle Sklaven einen Aufstand gewagt haben. Wir wissen, dass es so war, 1751 auf der »Middelburgs Welvaren«.

Zwei oder drei Tage, nachdem das Schiff die afrikanische Küste mit dem Ziel Guyana verlassen hatte, lehnten sich die Sklaven gegen die bestialische Behandlung durch die Weißen auf. Ohne Waffen versuchten sie, gegen die schwer bewaffnete Schiffsmannschaft zu rebellieren. Wir wissen, dass von 62 Sklaven nur 30 am Leben geblieben sind, während von der weißen Besatzung »zum Glück kein einziger Mann verloren ging«.9

*Heinrich Hauser: Die letzten Segelschiffe (1930)

*Arthur van Schendel: Die Fregatte Johanna Maria (1930; dt. 1933)

DER MARKT

Es wäre ein schlechter Kaufmann, der nicht dafür sorgte, dass seine Ware möglichst vorteilhaft aussieht, wenn sie auf den Markt kommt! Und was dem Holländer auch an Menschlichkeit fehlen mag, die Ehre, ein guter Kaufmann zu sein, muss man ihm lassen.

Bevor die geraubten Neger in Afrika eingeschifft wurden, brachte man die Sklaven, unsere Väter, in den Schuppen der Festung unter, deren dicke Mauern zum Schutz dieses schändlichen Handels errichtet worden waren. Daraufhin ließ man die Sklaven den ganzen Tag auf einem kleinen Platz im Freien stehen, natürlich unter scharfer Bewachung. Um die Kauflust zu wecken, musste ihre Haut glänzen, weshalb sie eingeölt wurden. Auch Nahrung erhielten sie in jenen Tagen genug, um die Käufer nicht durch einen abgemagerten Anblick abzuschrecken. Jeden Abend, wenn die Sonne unterging, mussten sie sich in Reihen aufstellen, dann wurden sie zu den Schuppen getrieben, wo sie bis zum Morgen blieben. Zum Schluss wurden sie einer nach dem anderen dem Generaldirektor vorgeführt, wo sie unter Aufsicht eines europäischen Wundarztes genauestens untersucht wurden. Nach dieser Untersuchung trennte man die Tauglichen von den sogenannten Untauglichen. Zu den letzterenzählten die Sklaven, die älter als fünfunddreißig Jahre schienen, und andere, die verkrüppelt waren oder an irgendeiner Krankheit litten. Fehlten ihnen Zähne oder hatten sie graue Haare, wurden sie den Reihen der billigeren Sorten zugeteilt.

Die Tauglichen wurden nun aufgestellt, markiert und wie Vieh mit einem glühenden Eisen auf der Brust gebrandmarkt, wobei das Wappen oder der Name der Gesellschaft in ihre Haut gesengt wurde.10

Nachdem das Sklavenschiff in Suriname angekommen war und die Ware dort durch einige Tage ausreichender Ernährung wieder recht gut aussah, wurden die armen Negersklaven gewaschen und danach mit Fett und Öl eingerieben, ihr Haar in allerlei Formen wie Sterne, Halbmonde und ähnliches geschoren, um sie dem Spott und der Lachlust der damals ach so kultivierten Weißen preiszugeben.

Dann konnte der Verkauf beginnen.

Der Holländer ist bekanntermaßen ein guter Kaufmann. Und warum sollte er seinen Gewinn nicht erhöhen, indem er von den natürlichen Eigenschaften profitiert, die Gott auch den Menschen mit schwarzer Haut gegeben hat?

Auch der Schwarze besitzt nun einmal eine gewisse Anhänglichkeit seiner Frau und den Kindern gegenüber. Wenn man den Schwarzen ohne seine Familie kauft, besteht durchaus die Gefahr, dass der Käufer Schaden nehmen wird, weil der »verfluchte Nigger« bald weglaufen könnte, um seine Familie zu suchen. Die Herren der Kompanie wissen das, und so bieten sie absichtlich den Mann und seine Familie, die unter den Hammer kommen, voneinander getrennt an, um so den Käufer dazu zu bewegen, auch die zweite Gruppe, die Frau und die Kinder, zu kaufen.

Mit Wohlgefallen betrachtet der Kaufmann von der Kompanie seine Ware. Es mag sein, dass die Preise wie bei jedem Handel steigen oder fallen, je nach Anzahl der Sklaven, die eingeliefert wurden, doch ein starker und gesunder Neger brachte noch immer sein Geld ein. Und gesund und stark waren sie, unsere Väter, bevor das giftige Feuerwasser ihren Organismus zerstörte, bevor die Erreger der Malaria sich in ihre unterernährten Körper eingenistet hatten. Gesund und stark und schön waren sie, diese Naturmenschen, bei denen nur sehr selten körperliche Gebrechen vorkamen.

Kurz vor der Versteigerung werden die Interessenten eingelassen. Man lässt die Sklaven, unsere Väter, auf Kommando springen, rennen und lachen, man hat ihnen geraten, sich freundlich zu geben, um einen guten Herrn zu bekommen.

Ein weißer Kerl untersucht dreist ein anmutiges zehnjähriges Mädchen, dessen Mutter gestern von dem Kaufmann unter der Hand verkauft wurde.

Ein brutal aussehender Europäer packt einen Neger am Kinn und reißt ihm den Mund auf, um nachzusehen, ob seine Zähne makellos sind. Der Sklave muss seine Armmuskeln zeigen, er muss sich bücken, schreiten und springen, um zu beweisen, dass mit seinen Beinen alles in Ordnung ist. Und überall versammeln sich die Käufer um die ausgestellte Ware, sie betasten die Körper und besprechen untereinander die Qualität der Ware mit solcher Zwanglosigkeit, die Besuchern eines Viehmarkts eigen ist.

Dann beginnt die offizielle Versteigerung.

Einzeln oder in Gruppen werden die Sklaven nun auf einen Block gestellt, wobei der Auktionator ihre guten Eigenschaften oft mit einem groben und abstoßenden Witz herausschreit.

Ein schnelles Gefecht setzt zwischen den verschiedenen Bietern ein.

»Mein.« –

Und der Sklave wird seinem neuen Eigentümer übergeben, der ihn oder sie zum Brenner bringt, um seine Initialen auf die Haut des Sklaven zu sengen.

Das zweite Brandmal.

So beginnt der Sklave sein neues Leben in Sranan.

IN SKLAVEREI

»Ich (Pinson Bonham) habe 21 Jahre in Westindien verbracht, und in jeder Kolonie habe ich immer wieder gehört, was für eine sehr schwere Strafe es für einen Neger sei, an einen Plantagenbesitzer in Suriname verkauft zu werden. Und nun erachte ich, dass dies die Wahrheit ist.«11

»Ich bin noch in keiner Kolonie gewesen, wo die Sklaven so schlecht behandelt wurden, so schlechte Nahrung und so ärmliche Kleidung erhielten, und wo sie doch zu so schwerer Arbeit gezwungen wurden, die ihre Kräfte übersteigt.«12

Briefe von Bonham an Earl Bathurst

Jahrhundertelang haben sich weiße Religionsgelehrte daran abgearbeitet, zu beweisen, dass die Sklaverei Gottes Wille sei – »es ist zweifellos die Absicht der Vorsehung, dass das afrikanische Volk Diener sein soll und in Unterwerfung gehalten wird.« Denn so stehe es doch in der Heiligen Schrift: »Verflucht sei Kanaan, der niedrigste Knecht sei er seinen Brüdern.«13

Zudem bezeugte der hochwürdige Herr Johan Picardt, im Leben Pfarrer zu Coevorden: »Diese Menschen« (die Afrikaner, die er als Nachfahren von Ham und zur Sklaverei bestimmt sieht) »sind von solcher Natur / wenn man ihnen die Freiheit zurückgäbe / oder Barmherzigkeit hegte / würden sie doch nichts taugen / und könnten nicht über sich gebieten: doch schlägt man ihnen andauernd mit Rohrstöcken auf die Lenden / und verabreicht ihnen allen eine Tracht Prügel ohne Gnade / so kann man gute Dienste von ihnen erwarten: also besteht ihr Wohlstand in der Sklaverei.«14

Tatsächlich zeigten sich die Früchte der »Tracht Prügel« in den satten Gewinnen, die Suriname in jener Zeit den Weißen einbrachte.

1730 gab es rund 400 Plantagen, auf denen Zucker, Kaffee, Kakao, Tabak und andere Kulturen angebaut wurden. 1749 wurden über 30 000 Pfund Tabak nach Holland geschickt und im Jahr darauf konnte eine einzige Plantage etwa 20 000 Pfund Baumwolle und 50 000 Pfund Kaffee verschiffen.

Die Zahlen sprechen für sich.

Und dennoch erkühnten sich fromme Pfarrer zu behaupten, dass »es der Vorsehung doch behagt hat, dieses Geschlecht (die Neger) vor Jahrhunderten zur Sklaverei zu verurteilen«. Hat es die Vorsehung wirklich gewünscht, dass die Sklaverei in Suriname solche Zeichen von barbarischer Grausamkeit aufwies?

Alle Arbeit in Suriname wurde unter dem Antrieb von Schlägen verrichtet. Welche anderen Anreize hätten die Sklaven gebraucht, um ihre Aufgaben anständig auszuführen? Lohn gab es nirgendwo in Suriname, es sei denn, die elenden, von Ungeziefer verseuchten Bruchbuden oder die dürftige Nahrung würde man als solchen betrachten. Auch kannte der Sklave nicht das wohltuende Gefühl, seine Familie mit seiner Arbeit zusammenhalten zu können, denn schon morgen könnte sein Herr sie trotz aller Schufterei aus einer Laune heraus auseinanderreißen. Es könnte ihm in den Sinn kommen, die Frau, die Kinder oder ihn selbst an einen Kollegen zu verkaufen, oder, was auch vorkam, beim Würfeln zu verspielen.

Die Sklaven, unsere Väter, mühten sich auf den Feldern ab, um den Reichtum der Weißen zu vermehren. Auf den Zuckerplantagen, wo sich die Sklaven abplagten und ums Leben kamen, standen die Europäer mit der Peitsche hinter ihnen, bereit, bei der kleinsten Verzögerung ihre nackten Körper zu strafen. Oft kam es in der Erntezeit vor, dass ihnen nicht einmal die Nachtruhe vergönnt war.

Auf den Holzplantagen schufteten Männer und Frauen gemeinsam, sie fällten Bäume und sägten sie zu Brettern. In der Regel hatten sich die armen Frauen um den Transport zu kümmern. Auf dem Kopf trugen sie die Bretter und Balken vom Wald bis zur Anlegestelle.

Vielleicht hast du, weißer Leser, in der Schule gelernt, dass das Mauritshuis in Den Haag mit den edelsten brasilianischen Hölzern verkleidet ist. Wenn du dann voller Bewunderung vor dieser Holzvertäfelung stehst, bitten wir dich zu bedenken, dass es unsere Mütter waren, die diese schwere Last tagein tagaus (denn den Sonntag hatten die christlichen Kulturbringer versäumt, in Suriname einzuführen) durch die hügelige Landschaft schleppten, durch Tümpel und Sümpfe trugen, immerzu mit der Peitsche bedroht, die deine Vorfahren schwangen.

Überflüssig zu erzählen, dass Blutspucken und andere Krankheiten an der Tagesordnung waren. Die Sklaven und Sklavinnen auf diesen Holzplantagen waren schnell untauglich und der Betriebsleiter rechnete mit ihrem verfrühten Verschleiß. Wie Öl wirkte in diesem knirschenden Räderwerk der schlechte Alkohol, den der Herr manchmal unter seinen Sklaven verteilte, damit sie in einem kurzen Rausch ihr Elend vergessen konnten.

Wir wollen unsere Behauptungen mit einigen Fakten erhärten, mit einigen losen Seiten aus dem Schwarzbuch der surinamischen Grausamkeit.

Unter dem Regime von Gouverneur Mauricius lesen wir, dass auf Anzeige des Fiskalrats eine Hausdurchsuchung bei einer gewissen Frau Pieterson durchgeführt wurde, die für ihre Grausamkeit bekannt war. Die Untersuchung brachte ans Licht, dass sie »einige ihrer Sklaven auf tyrannische und barbarische Weise ums Leben gebracht hat«. Sie machte auch keine Anstalten, diese Taten zu bestreiten, sondern sprach vor der Untersuchungskommission die stolzen Worte: »Dass sie ihren eigenen Besitz, von ihrem Geld gekauft, vernichten darf«.15

Die Kolonialjustiz hat sie nicht bestraft: So fand sie Zeit zu fliehen.

Die Witwe Mauricius, eine Dame aus den höchsten Surinamer Kreisen, hatte eine alte Sklavin an einen Baum binden und totschlagen lassen. Sie selbst erklärte, dass sie das aus einer Laune heraus gestattet habe, weil sie gerne sehen wolle, wie ihre alten Dienerin Schmerzen leide. Verschiedene ihrer Sklaven hatten dasselbe Los erfahren, ja sogar die kleinen Kinder auf ihrer Plantage wurden oft mit dem Spanischen Bock bestraft (eine sehr raffinierte Folter, worüber wir noch schreiben werden).

Frau Mauricius’ Sklaven teilten nun dem kolonialen Gerichtshof mit, dass sie weglaufen würden, sollte die Gouverneurswitwe nicht aus der Geschäftsführung der Plantagen abgesetzt werden.

Tatsächlich versuchte der Hof sie zu überreden, die Plantage fortan in die Hände eines Verwalters zu legen, »weil man sonst den gesamten Verlust des Besitzes ihrer Schützlinge befürchte«, doch Frau Mauricius gab zu verstehen, dass die Herrschaft über ihr Eigentum von niemandem besser geführt werden könne, als von ihr selbst.

Ein anderes Mal erklärte sie: »Ich will nicht, dass einer meiner Neger auf meiner Plantage mit so glatter Haut herumläuft.« Und tatsächlich hatte sie sich eine effektive Kur ausgedacht, die ihre Wirkung selten verfehlte. So ließ sie manchmal all ihre Sklaven vierundzwanzig Stunden ununterbrochen geißeln und »halb abschälen oder häuten«. Ein Neger und zwei Negerinnen brachen unter dieser Tortur zusammen. Die später ausgesandte Kommission, die über den Zustand auf der Plantage zu befinden hatte, erklärte dann auch, »dass die Sklaven sehr elend und misshandelt aussahen«.16

Kein Wunder, dass einige Sklaven vor Frau Mauricius flohen und Zuflucht in den Wäldern bei den aufständischen Marrons suchten. Dasselbe taten auch etliche Sklaven von Frau La Parra, eine Herrin, die an Grausamkeit Frau Mauricius in nichts nachstand.

Diese Sklaven liefen auf ihrer Flucht in die Wälder allerdings oft direkt in die Arme der Kolonialjustiz. Zwei Sklaven und zwei Sklavinnen wurden aufgeknüpft, drei Neger und vier Negerinnen empfingen für die widerrechtliche Flucht unter dem Galgen einen Spanischen Bock. Was Frau La Parra angeht, sie wurde von der Kolonialjustiz ermahnt, »ihre Sklaven fortan angemessen und anständig zu behandeln«.17

Derartige Ermahnungen sind jedoch selten, und noch seltener werden die Fakten durch eine solche Untersuchung festgestellt. Die Brutalitäten Sklaven gegenüber gehörten so sehr zu den Gepflogenheiten jener Zeit18, dass sie schon sehr besondere Formen annehmen mussten, ehe sie in den Kolonialchroniken verzeichnet wurden. Besser als in den Geschichtsbüchern der Weißen ist die Misshandlung unserer Väter in unseren Herzen festgehalten. Nie hat das Leid der Sklaverei stärker zu mir gesprochen als aus den Augen meiner Großmutter, wenn sie uns Kindern vor der Hütte in Paramaribo Geschichten aus alten Zeiten erzählte. Selbst nachdem die Sklaverei in Französisch-Cayenne bereits abgeschafft worden war, gaben sich viele Holländer weiterhin den schändlichsten Misshandlungen hin. Direktor C. Varenhorst ließ seine Sklaven halbtot schuften und versagte ihnen sogar die nötige Nahrung. Auf bloßen Verdacht hin ließ er einen Sklaven schwer züchtigen, seine Füße fesseln und ihn mit einer Kette um den Hals an einen Pfahl binden. Varenhorst verbot es (bei Strafe!) seinen anderen Sklaven, ihrem angeketteten Gefährten zu Hilfe zu kommen. Der Sklave starb völlig geschwächt und unter entsetzlichen Schmerzen, »in Gestank und Fäulnis«. Man brachte diesen Fall vor den holländischen Kolonialgerichtshof. Doch die Richter, deren Aufgabe es war, ein Urteil nach Recht und Gesetz zu fällen, gaben Varenhorst Recht und bestraften die Ankläger mit einem Spanischen Bock.19

Und noch 1801 wurden durch richterlichen Beschluss fast monatlich Sklaven gehängt oder gerädert. Nahezu täglich kam es zu Spanischen Böcken unter dem Galgen oder im Fort Zeelandia. Der Zustand war so erschütternd, dass die Militärs sich beklagten, weil dieses »beinahe täglich vorkommende Spektakel unangenehm und abstoßend war«.20

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9783887474041
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