Читать книгу: «Erzählungen aus 1001 Nacht - 4. Band», страница 5

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O du, dem angstvoll zitternd Wichte klagen – Du, stets bereit, was immer kommt, zu tragen!

Es hilft mir nur, klopf ich an deine Tür – Wo poch ich sonst, willst du die Tür versagen?

Du, dessen Huld ein Wort einschließt, dies: Werde! – Erbarm dich mein, so flehe ich voll Zagen.

Als nun Amdschad seines Bruders Weinen hörte, da weinte auch er, und er drückte ihn an die Brust und sprach die Verse:

O du, der mehr als einmal viel mir gab – Des Gaben zahllos, grenzenlos ich fand!

Nie fiel ein Streich des Schicksals je auf mich – Ich fand zur Seite stützend deine Hand.

Dann sprach Amdschad zu dem Schatzmeister: ›Ich beschwöre dich bei dem Einen, Allmächtigen, bei dem Herrn der Gnade, dem Wohltätigen! Erschlage mich vor meinem Bruder Asad, so werde ich vielleicht das Feuer in meinem Herzen nicht mehr kennen, und es wird mich in diesem Leben nicht mehr brennen.‹ Asad aber weinte und rief aus: ›Nein, ich will als erster sterben.‹ Und schließlich sprach Amdschad: ›Das beste wäre, ich umarmte dich, und du umarmtest mich, so daß uns das Schwert auf einen Streich träfe und beide erschlüge.‹ So umarmten sie sich denn, Wange an Wange, und klammerten sich eng aneinander an, während der Schatzmeister sie weinend mit Stricken umwand. Dann zog er das Schwert und sagte zu ihnen: ›Bei Allah, o meine Gebieter, es wird mir wahrlich schwer, euch zu erschlagen! Aber habt ihr nicht noch letzte Wünsche, die ich erfüllen, oder Aufträge, die ich ausführen könnte, oder eine Botschaft, die ich überbringen kann?‹ Versetzte Amdschad: ›Wir haben keinen Wunsch; und mein einziger Auftrag ist der, daß du meinen Bruder unter mich legest, und mich über ihn, damit der Schlag zuerst auf mich falle; und wenn du uns getötet hast und zum König zurückkehrst, und er dich fragt: Was hörtest du vor ihrem Tode von ihnen? so antworte du: Wahrlich, deine Söhne grüßen dich und sagen dir: Du wußtest nicht, ob wir unschuldig waren oder schuldig, und dennoch hast du uns hingerichtet, und dich nicht von unserer Sünde überzeugt noch auch unser Vergehen untersucht. Dann wiederhole ihm diese Verse:

Die Weiber sind Teufel, erschaffen zum Leide der Männer – Ich fliehe zu Allah vor ihren Satansschlingen:

Urquell aller Übel sind sie unsres Geschlechtes – In weltlichen Nöten und Glaubensdingen.‹

Und Amdschad fuhr fort: ›Wir wünschen nichts von dir, als daß du unserem Vater diese beiden Verse wiederholest.‹ – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundzweiundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß Amdschad also zu dem Schatzmeister sprach: ›Wir wünschen nichts von dir, als daß du unserem Vater diese beiden Verse wiederholest, die du eben gehört hast; und ich beschwöre dich bei Allah, habe Geduld mit uns, während ich meinem Bruder noch ein paar Verse vorspreche.‹ Und er weinte mit bitterem Weinen und hub an:

Die Könige, die vor uns dahingegangen – Sie zeigten Beispiele uns in Scharen:

Der Großen und Kleinen, der Hohen und Niedern – Wie viele sind dieses Weges gefahren!

Als nun der Schatzmeister diese Worte Amdschads hörte, da weinte er, bis ihm der Bart naß war, während Asads Augen voll standen bis an den Band voll Tränen, und er sprach die Verse:

Das Schicksal schreckt uns, wenn die Not vergangen – Die Träne gilt dem Leibe nicht allein:

Was fehlt den Nächten? Gott tilg unsre Sünde! – Den Nächten wird ein andrer Tod verleihn!

Schon einst verspürt Zubairs Sohn ihren Haß – Und floh um Zuflucht zu dem Haus und Stein:

Und als Kharidschah für Amru erlag – Konnt Ali man durch Opfertod befrein.

Und während ihm die niederrinnenden Tränen die Wangen befleckten, sprach er auch diese Verse:

Gebrandmarkt sind die Tage und die Nächte – Und wie Verräter falsch, so lügen sie;

Der Wüstendunst glänzt gleich wie ihre Zähne – Kohl ihren Augen grause Schwärze lieh:

Die Sünde an der Welt, die ich verachte – Ist Schwertessünde, Kampf des Schwerts ist sie.

Dann wurde sein Schluchzen lauter, und er sprach:

Der du die Welt, die unwert ist, umwirbst – Lern sie als Unheilshaus, als Netz des Todes kennen:

Als Haus, drin morgen weint, der heut gelacht – Mög das Verderben sein dies Haus der Qualen nennen!

Endlos ihr Kampf: und ihre Knechte werden – Niemals befreit: endlos Gefahren uns berennen.

Wie viele prahlten ihres Prunks und Stolzes – Bis stolz und prunkvoll sie die Grenzen nicht mehr kennen.

Dann drehte sie den Schild und ließ sie saufen – Den vollen Trank, um dann auf Racheschuld zu brennen.

Denn wisse, schnell und sicher fällt ihr Streich – Ob sie auch lange zagt, des Schicksals Pfad zu rennen:

Hab acht auf deinen Tag, daß nicht das Leben – Eitel dahingeh, und mehr du als je lernst kennen;

Und schneide durch des Weltverlangens Ketten – Hinauf zu Höherem die Seele dir zu retten.

Als nun Asad seine Verse beendet hatte, da drückte er seinen Bruder Amdschad in den Armen, bis sie beide zu einem Leibe wurden, und der Schatzmeister zog sein Schwert und wollte sie eben treffen, als, siehe, sein Roß erschrak vor dem Luftzug seiner gehobenen Hand, die Fessel brach und in die Wüste entfloh. Nun hatte das Pferd tausend Goldstücke gekostet, und auf seinem Rücken lag ein Sattel, der viel Geld wert war; daher warf der Schatzmeister das Schwert zu Boden und lief dem Tiere nach. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertunddreiundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß der Schatzmeister, als ihm sein Pferd davonlief, dem Tier in großer Sorge nachsetzte und nicht eher im Laufe innehielt, dieweil er es fangen wollte, als bis es ein Dickicht erreicht hatte. Und auch, während es durch den Wald dahinstob, indem es die Erde mit den Hufen traf, daß der Staub türmend hoch in die Lüfte emporwirbelte, folgte er ihm noch; und es schnaubte, fauchte, wieherte und wurde wild und wütend. Nun traf es sich, daß in diesem Dickicht ein Löwe lebte, ein schrecklich gewaltiges Tier: Grauenhaft für das Gesicht: seine Augen sprühten Licht: sein Blick schmetterte nieder, und sein Anblick jagte den Schrecken in der Menschen Glieder. Und schließlich machte der Schatzmeister Kehrt und erblickte den Löwen, der auf ihn zukam; er aber sah keinen Weg zur Flucht und hatte auch sein Schwert nicht bei sich. Da sprach er bei sich selber: ›Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht, außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen! Diese Not hat mich aus keinem anderen Grunde betroffen als um Amdschads und Asads willen; und wahrlich, dieser Ritt war von Anbeginn ohne Segen.‹ Derweilen nun drückte die Hitze schwer auf die beiden Prinzen, so daß sie durstig wurden und ihnen die Zunge herniederhing und sie um Hilfe riefen, doch niemand kam. Da sprachen sie: ›Wollte der Himmel, wir wären erschlagen worden und hätten Ruhe vor diesem Schmerz! Aber wir wissen nicht, wohin das Pferd entflohen ist, da der Schatzmeister ihm nach ist und uns hier gefesselt zurückließ. Käme er nur und tötete uns, das wäre weniger schwer für uns als diese Folter.‹ Sprach Asad: ›O mein Bruder, sei geduldig, so wird uns Allahs Hilfe (Er sei erhöht und erhoben!) sicherlich zuteil werden; denn das Pferd entsprang nur vermöge Seiner Gnade, und nichts quält uns als dieser Durst.‹ Und zugleich reckte und schüttelte er sich und zerrte nach rechts und nach links, bis er die Fesseln zerbrach; dann stand er auf, band seinen Bruder los, ergriff das Schwert des Emirs und sprach: ›Bei Allah, wir wollen nicht eher von hinnen gehen, als bis wir nach ihm gesehen haben und wissen, was aus ihm geworden ist.‹ Und sie begannen, seiner Spur zu folgen, bis sie sie in das Dickicht führte; dort sprachen sie zueinander: ›Sicherlich sind weder das Pferd noch der Schatzmeister aus diesem Walde entkommen.‹ Sprach Asad: ›Bleibe du hier, während ich in das Dickicht eindringe und es durchsuche‹; und Amdschad versetzte: ›Ich laß dich nicht allein hinein: und nur zusammen wollen wir eindringen; wenn wir dann entkommen, so entkommen wir beide, und finden wir den Tod, so finden wir beide den Tod.‹ Beide also drangen ein und fanden den Löwen, wie er auf dem Schatzmeister kauerte, der einem Sperling gleich in seinen Krallen lag, Allah um Hilfe anrief und mit den Händen gen Himmel winkte. Als nun Amdschad das sah, da nahm er das Schwert, stürzte auf den Löwen zu, traf ihn zwischen den Augen und streckte ihn tot zu Boden. Staunend ob seiner Rettung sprang der Emir empor, und da er Amdschad und Asad erblickte, die Söhne seines Herrn, warf er sich ihnen zu Füßen und rief aus: ›Bei Allah, o meine Herren, es wäre unerträgliches Unrecht, wollte ich euch töten. Möge der nie leben, der euch töten wollte. Wahrlich, mit meinem Leben kaufe ich euch los.‹ – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundvierundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß der Schatzmeister zu Amdschad und Asad sprach: ›Mit meinem Leben will ich euch beide loskaufen!‹ Dann stand er eilig auf, umarmte sie alsbald und fragte sie, wie sie ihre Fesseln gelöst hätten und hierher gekommen wären; da berichteten sie ihm, wie sich die Fesseln des einen von ihnen gelöst hatten und der den anderen befreite; denn die Reinheit ihrer Absichten habe ihnen geholfen, so daß sie seine Spur verfolgen konnten, bis sie ihn erreichten. Er aber dankte ihnen für ihre Tat und verließ mit ihnen das Dickicht; und als sie auf offenem Felde waren, sprachen sie: ›O Oheim, tu nach unsres Vaters Geheiß.‹ Versetzte er: ›Allah verhüte, daß ich euch mit Unheil nahen sollte! Aber wisset, ich gedenke eure Kleider zu nehmen und euch in meine zu kleiden. Dann will ich zwei Flaschen mit dem Blute des Löwen füllen und zum König zurückkehren, um ihm zu sagen, ich habe euch hingerichtet. Ihr beide aber zieht hinaus in die Lande, denn Allahs Erde ist weit; und wisset, o meine Herren, es schmerzt mich, daß ich euch verlassen muß.‹ Darob begannen sie alle zu weinen; dann legten die beiden Jünglinge ihre Kleider ab, und der Schatzmeister kleidete sie in die seinen. Ferner machte er aus ihrer Kleidung zwei Bündel, füllte zwei Flaschen mit dem Blute des Löwen und nahm all das vor sich aufs Pferd. Dann nahm er Abschied von ihnen, schlug die Richtung zur Stadt ein und ritt dahin, bis er vor den König Kamar al-Zaman trat und den Boden küßte zwischen seinen Händen. Der König sah sein verwandeltes Antlitz und seine Unruhe (die Folgen des Abenteuers mit dem Löwen), und da er meinte, es komme von der Tötung seiner beiden Söhne, so freute er sich und sprach zu ihm: ›Hast du das Werk vollbracht?‹ ›Ja, o unser Herr,‹ versetzte der Schatzmeister und gab ihm die beiden Kleiderbündel und die beiden Flaschen Blutes. Fragte der König: ›Was beobachtetest du an ihnen?‹ Versetzte der Schatzmeister: ›Ich fand sie geduldig und ergeben in das, was über sie kam, und sie sprachen zu mir: Wahrlich, unser Vater ist entschuldbar; bringe ihm unseren Gruß und sprich zu ihm: Du bist des Mordes an uns frei. Wir aber geben dir den Auftrag, ihm diese Verse zu wiederholen:

Die Weiber sind Teufel, erschaffen zum Leide der Männer – Ich fliehe zu Allah vor ihren Satansschlingen:

Urquell aller Übel sind sie unsres Geschlechtes – In weltlichen Nöten und Glaubensdingen.‹

Als nun der König diese Worte des Schatzmeisters vernahm, da beugte er das Haupt zu Boden, lange, und er erkannte, daß seiner Söhne Worte bedeuten sollten, sie seien unschuldig hingerichtet worden. Und er dachte der Tücke der Weiber und des Unheils, das durch sie zustande kommt; und er nahm die beiden Bündel und öffnete sie und begann die Kleider seiner Söhne hin und her zu wenden und weinte. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundfünfundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß König Kamar al-Zaman die beiden Bündel öffnete und die Kleider seiner Söhne hin und her zu wenden begann; und während er weinte, begab es sich nun, daß er in der Tasche des Gewandes seines Sohnes Asad einen Brief in der Handschrift seines Weibes fand, der mit ihren Haarschnüren gebunden war; und er öffnete ihn und las ihn, und als er den Inhalt verstanden hatte, da wurde er inne, daß der Prinz fälschlicherweise angeklagt worden war. Dann durchsuchte er Amdschads Kleiderbündel, und auch in seiner Tasche fand er einen Brief: der war in der Handschrift der Königin Hajat al-Nufus, und auch er enthielt die Schnüre ihres Haares; er öffnete und las ihn und erkannte, daß auch Amdschad unrecht geschehen war; da schlug er mit der Hand auf die Hand und rief: ›Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen! Ich habe meine Söhne ungerechterweise erschlagen!‹ Und er schlug sich das Gesicht und rief: ›Wehe, meine Söhne! Wehe, mein langer Gram!‹ Dann befahl er, ihnen in einem Hause, das er das Haus der Klagen nannte, zwei Gräber zu bauen, und ließ auf ihnen die Namen seiner Söhne einritzen; und er warf sich auf Amdschads Grab, weinte und stöhnte und klagte und sprach aus dem Stegreif diese Verse:

O Mond, auf ewig jetzt hinabgetaucht – Um den die Sterne aller Himmel klagen!

Gebrochner Zweig, der niemals winkend mehr – Des Schauers Aug wird mit Verzückung schlagen;

Aus Eifersucht nahm ich dich diesen Augen – Die nun in dieser Welt die Trennung tragen:

Schlaflos ertrinke ich im Meer der Tränen – Sahirahs Flammen mir am Leibe nagen.

Dann warf er sich auf Asads Grab, stöhnte und weinte und klagte und sprach aus dem Stegreif diese Verse:

Ich teilte wahrlich gern die Not mit dir – Doch Allahs Wille will wie meiner nicht:

Schwarz macht mein Gram die Welt mir bis zur Leere – Der Augen Schwarz wird weiß wie helles Licht:

Der Strom der Tränen trocknet niemals auf – Im Herz die Eiterschwären trocknen nicht:

Es schmerzt mich schwer, daß dort ich dich erblicke – Wo Knecht und Herr ein Lager eng umflicht!

Und er weinte und klagte nur doppelt, und als er seine Klagen und seine Verse beendet hatte, verließ er seine Freunde und Vertrauten, versagte sich seinen Frauen und den Seinen, schloß sich im Hause der Klagen ab vor der Welt und verbrachte dort seine Tage, indem er um seine Söhne weinte.

Amdschad und Asad aber zogen derweilen weiter, in die Wüste hinein; einen vollen Monat lang aßen sie von den Früchten der Erde und tranken aus den Regenlachen, bis ihre Wanderung sie zu einem Berge aus schwarzem Flintstein führte, dessen weiterer Verlauf nicht bekannt war. Und hier gabelte sich der Weg; der eine Pfad führte den mittleren Kamm entlang, der andere aber zum Gipfel empor. Sie schlugen den ein, der zur Höhe hinauflief, und fünf Tage lang folgten sie ihm unablässig, ohne ein Ende zu finden; sie waren überwältigt von Mattigkeit, denn sie waren des Marsches in den Bergen oder sonstwo ungewohnt. Schließlich, als sie daran verzweifelten, das Ziel des Weges zu erreichen, kehrten sie um auf ihrer Spur und schlugen den zweiten Pfad ein, der über den mittleren Kamm hinlief. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundsechsundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß die Prinzen Amdschad und Asad umkehrten auf dem Pfade, der zum Bergesgipfel führte, und den einschlugen, der den mittleren Kamm entlang lief; auf ihm nun zogen sie den ganzen Tag hindurch dahin, bis die Nacht hereinbrach und Asad, müde vom langen Wandern, zu Amdschad sprach: ›O mein Bruder, ich kann nicht länger gehen, denn ich bin über die Maßen schwach.‹ Versetzte Amdschad: ›O mein Bruder, fasse Mut! Vielleicht sendet Allah uns Hilfe.‹ Und also wanderten sie denn noch einen Teil der Nacht weiter, bis das Dunkel sie umschloß; da wurde Asad müde über alles Maß der Müdigkeit hinaus, und er rief: ›O mein Bruder, ich bin erschöpft und ausgegeben vom vielen Wandern,‹ und er warf sich zu Boden und weinte. Amdschad aber nahm ihn in die Arme und ging mit ihm weiter, indem er sich von Zeit zu Zeit niedersetzte, um auszuruhen, bis der Tag anbrach und sie auf die Bergeshöhe kamen, wo sie einen Bach fließenden Wassers fanden, und an seinem Ufer einen Granatbaum und eine Nische zum Beten. Sie trauten kaum ihren Augen, als sie das sahen; doch sie setzten sich nieder neben der Quelle und tranken von ihrem Wasser und aßen von der Frucht des Granatbaums; dann legten sie sich nieder auf den Boden und schliefen bis zum Aufgang der Sonne. Und als sie erwachten, wuschen sie sich und badeten in dem Bach und aßen von dem Granatbaum, um dann wiederum bis zur Zeit des Nachmittagsgebets zu schlafen. Dann dachten sie ihre Wanderschaft fortzusetzen, aber Asad konnte nicht gehen, denn seine Füße waren geschwollen. Sie blieben also drei Tage lang dort, bis sie ausgeruht waren, und machten sich dann wieder auf und zogen dahin über das Gebirge bei Tag und bei Nacht, geplagt vom Durst, der sie fast tötete, bis sie in der Ferne eine Stadt aufblinken sahen, worob sie sich freuten und auf sie zuhielten. Und als sie näher kamen, da dankten sie Allah (erhöht sei sein Name!), und Amdschad sprach zu Asad: ›O mein Bruder, bleibe hier sitzen, während ich in jene Stadt gehe und nachsehe, welche es ist und wessen sie ist, und wo in Allahs weiter Welt wir sind, damit wir erfahren, durch was für Länder wir gekommen sind, als wir durch dies Gebirge zogen; und wären wir seinem Rande gefolgt, wir hätten diese Stadt nicht in einem Jahr erreicht. Also sei Allah gepriesen für die Rettung!‹ Versetzte Asad: ›Bei Allah, o mein Bruder, niemand soll hinuntergehn in jene Stadt als ich selber; und möge ich dein Lösegeld sein! Wenn du mich allein lässest, und wäre es auch nur auf eine Stunde, so stelle ich mir tausend Dinge vor und ertrinke in einem Gießbach der Angst um deinetwillen, denn ich kann die Trennung von dir nicht ertragen.‹ Sprach Amdschad: ›So gehe und zögere nicht.‹ Da nahm Asad ein paar Goldstücke, ließ seinen Bruder, der auf ihn wartete, allein, stieg den Berg hinab und ging dahin, bis er in die Stadt einzog. Als er nun durch die Straßen ging, da traf er einen altersverfallenen Greis, dessen Bart ihm auf die Brust herabfloß und sich unten gabelte; in der Hand trug er einen Stab, und er war reich gekleidet, während seinen Kopf ein großer, roter Turban bedeckte. Als Asad ihn sah, da staunte er ob seiner Kleidung und Miene; und er trat zu ihm, grüßte ihn und sprach: ›Wo ist der Weg zum Markt, o mein Gebieter?‹ Und der Schaykh lächelte ihn an und sprach: ›O mein Sohn, mich dünkt, du bist ein Fremder!‹ Versetzte Asad: ›Ja, ich bin ein Fremder.‹ – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundsiebenundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß der Schaykh, dem Asad begegnete, ihn anlächelte und sprach: ›O mein Sohn, mich dünkt, du bist ein Fremder!‹ Versetzte Asad: ›Ja, ich bin ein Fremder.‹ Da sprach der Alte: ›Wahrlich, du machst unser Land froh durch deine Gegenwart, o mein Sohn, und trostlos machst du dein eigenes Land durch deine Abwesenheit. Was wolltest du auf dem Markte?‹ Sprach Asad: ›O mein Oheim, ich habe einen Bruder, mit dem ich aus einem fernen Lande komme und mit dem ich seit drei Monden wandere; und als wir diese Stadt erblickten, da ließ ich ihn, der mein älterer Bruder ist, auf dem Gebirge und kam hierher, um Speise und anderes zu kaufen und damit zu ihm zu kehren, damit es uns sättige.‹ Sprach der Alte: ›Freue dich alles Guten, o mein Sohn, und wisse, ich gebe heute ein Hochzeitsfest, zu dem ich viele Gäste geladen habe, und ich habe viele Speisen bereitet, die besten und köstlichsten, die sich das Herz nur wünschen kann. Wenn du also mit mir kommen willst in mein Haus, so will ich dir gern alles geben, dessen du bedarfst, und keinen Preis noch sonst etwas von dir fordern. Und ferner will ich dich die Straßen dieser Stadt kennen lehren; und Preis sei Allah, o mein Sohn, daß ich dir begegnet bin, und kein anderer.‹ ›Wie du willst,‹ versetzte Asad, ›tu, wie es dir beliebt, nur eile dich, denn wahrlich, mein Bruder erwartet mich, und sein ganzes Herz ist bei mir.‹ Da nahm der Alte Asad bei der Hand und führte ihn in eine enge Gasse, indem er ihn anlächelte und sprach: ›Ruhm sei Ihm, der dich errettete vor dem Volk dieser Stadt!‹ Und er ging weiter, bis er eintrat in ein geräumiges Haus, darinnen ein Saal war, und siehe, in seiner Mitte saßen vierzig hochbetagte Greise, die um ein brennendes Feuer, vor dem sie sich niederwarfen und Andacht verrichteten, einen geschlossenen Kreis gebildet hatten. Als Asad das sah, da war er verwirrt, und das Haar auf seinem Leibe richtete sich auf, obgleich er nicht wußte, was sie waren; und der Schaykh sprach zu ihnen: ›O ihr Ältesten des Feuers, wie gesegnet ist dieser Tag!‹ Dann rief er laut und sprach: ›Hallo, Ghazban!‹ Und ein riesiger schwarzer Sklave von furchtbarem Anblick, mit grimmem Gesicht und flacher Nase, einem Affen gleich, trat zu ihm heraus; und als der Alte ihm einen Wink gab, bog er Asad die Arme auf den Rücken und fesselte sie; dann sprach der Schaykh: ›Laß ihn hinab in das Verlies unter der Erde, und dort laß ihn liegen und sage zu meiner Sklavin Soundso: Foltere ihn bei Tag und Nacht und gib ihm morgens und abends ein Kuchenbrot zu essen, bis die Zeit gekommen ist der Reise zum Blauen Meer und zum Berge des Feuers, auf dem wir ihn als Opfer schlachten wollen.‹ Und der Schwarze führte ihn zu einer anderen Tür hinaus, hob eine Platte im Boden, die eine Treppe von zwanzig Stufen verdeckte, und brachte ihn in eine Kammer unter der Erde, wo er seine Füße in Eisen schloß, ihn der Sklavin übergab und davonging. Inzwischen sprachen die Greise zueinander: ›Wenn der Tag des Feuerfestes kommt, so wollen wir ihn auf dem Berge opfern, als eine Sühngabe, durch die wir dem Feuer gefällig sind.‹ Das Mädchen aber ging alsbald hinab und schlug ihn schwer, so daß ihm Ströme Blutes aus den Flanken liefen und er in Ohnmacht fiel; dann legte sie ihm zu Häupten ein Kuchenbrot hin und einen Krug salzigen Wassers, ging davon und ließ ihn allein. Mitten in der Nacht erwachte er, und da er merkte, daß er gefesselt war und geschlagen und wund von Schlägen, so weinte er bittere Tränen; und er gedachte seiner einstigen Ehrenstellung im Glück, in der Herrschaft und der Regierung, und seiner Trennung vom Vater und der Verbannung aus seiner Heimat. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundachtundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, als Asad merkte, daß er gebunden war und geschlagen und wund von Schlägen, da habe er seiner einstigen Ehrenstellung, seines Glücks und seiner Herrschaft gedacht und geweint und laut gestöhnt und diese Verse gesprochen:

Tritt hin zu der Stätte der Trümmer und frage nach uns – Glaub nicht, dort wohnend wie ehdem fändest du uns:

Die Welt, die Trennerin trennte ja jetzt auch uns – Doch glättet der Neider Herz das Schicksal nimmer für uns:

Mit Peitschen geißelt, verflucht, die Sklavin uns – Ihre Brust geht trächtig mit schwärendem Haß wider uns:

Vielleicht auch enttrennt einst Gott das Leben für uns – Und endet die Not und verjagt unsre Feinde von uns.

Und als Asad seine Verse gesprochen hatte, da streckte er die Hand zu seinen Häupten aus, und da er die Kruste und den Krug voll salzigen Wassers dort fand, aß er einen Bissen, der eben genügte, das Leben in ihm zu erhalten, und er trank ein wenig Wasser, doch bis zum Morgen fand er vor den Schwärmen der Wanzen und Läuse keinen Schlaf. Als es dann Tag war, kam die Sklavin zu ihm herab und wechselte seine Kleider, die naß waren vom Blut und an ihm klebten, so daß ihm mit dem Hemde die Haut abriß; laut schrie er auf und rief: ›Wehe!‹ und sprach: ›O mein Gott, ist dies deine Lust, so mehre es mir! O Herr! Wahrlich, du siehst nicht hinweg über den, der mich bedrückt; also räche du mich an ihm!‹ Und er stöhnte und sprach die folgenden Verse:

Geduldig, o Herr, beug ich mich deinem Geschick – Was dir zu bestimmen gefällt, genüge mir:

Geduldig will, o mein Herr, deinen Willen ich tragen – Geduldig lieg ich auf Kohlen des Ghazabaumes vor dir:

Sie tun mir unrecht und suchen mich heim mit Schmerzen – Vielleicht verjagt und vertreibt deine Huld sie von mir:

Fern sei es von Dir, o mein Herr, den Missetäter zu schonen – Du Herr des Schicksals, es ruht meine Hoffnung in dir!

Und was ein anderer sagt:

Denk nicht der Welt, sie macht dir bang – Laß alles nur des Schicksals Gang;

Denn oft wird, was dich heute quält – Dir morgen doch zu Lust und Dank;

Und oft wird weit, was eng erst war – Und was weit war, wird eng und bang.

Allah wird tun, was ihm gefällt – Drum schilt nicht du auf Not und Zwang!

Freu dich der Hoffnung künftigen Glücks – Da deine Not die Zeit verschlang.

Und als er seine Verse geendet hatte, fiel die Sklavin von neuem mit Schlägen über ihn her, bis er in Ohnmacht sank; und indem sie ihm ein Stück Brot hinwarf und einen Krug salzigen Wassers, ging sie davon und ließ ihn traurig und einsam in seinen eisernen Ketten zurück, fern von denen, die er liebte, während ihm das Blut von den Seiten herabrann. Und er weinte und dachte seines Bruders und der Ehren, die er einst genoß. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundneunundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß Asad seines Bruders dachte und der Ehren, die er einst genoß; und er weinte und stöhnte und klagte und vergoß Tränen in Strömen und sprach aus dem Stegreif diese Verse:

Gemach, o Schicksal! Soll dies Leiden ewig währen? – Das mich den Brüdern raubt am Morgen und zur Nacht?

Ist es nicht endlich Zeit, daß dir mein Leid genügt – Und daß dein Felsenherz zu milder Huld erwacht?

Den Freunden tatst du Schmach, als du die Feinde triebst – Zu jubeln voller Hohn, da du mich schlugst mit Macht:

Des Feindes Herz frohlockt ob dessen, was er sah – Wie in der Fremde nur mich Elend überdacht:

Genügt dir nicht der Schmerz, der schon mein Haupt belastet – Jeglichen Freunds Verlust, das Auge rot entfacht?

Daß in den Kerker du mich wirfst, so eng, daß ich – Die Hand nur beißen kann, die mir am Lager wacht,

Mit Tränen, die herab wie Wolkengaben strömen – Und Sehnsuchtsdurst, des Brand nicht Sättigung gebracht.

Verlangen, Stöhnen, Reu und unablässig Seufzen – Sehnsucht, Erinnerung, des Schmerzes Wahnsinnsnacht:

Schwer drückt mich die Begier, und tief Melancholie – Ich bin der Raserei als Beute ganz vermacht:

Ich finde keinen Freund, der noch erbarmend blickt – Und mich besucht, mein Leid zu lindern sanft und sacht:

Sag, lebt wohl einer noch, der, treu in seiner Liebe – Ob meiner Qualen stöhnt, ob meiner Krankheit wacht?

Dem ich noch seufzen kann, und der voll Mitleid dann – Auf meine Augen blickt, schlaflos vom Schmerz gemacht?

Mein Blut saugt Laus und Floh, dem Ritter gleich, der Wein – Aus schönen Händen trinkt, die ihm den Kelch gebracht:

Und unter Wanzen mahnt mein Leib mich an das Gut – Der Waisen in der Hand des Schelms in Kasis Tracht:

Mein Haus, das ist ein Grab; es mißt der Ellen drei – Drin leb gefesselt ich in meiner Qualen Schacht:

Die Tränen sind mein Wein, Musik der Ketten Klirren – Die Sorgen Obst bei Tisch, der Gram mein Bett zur Nacht.

Und als er seine Verse geendet und seine Prosa gesprochen hatte, da stöhnte er von neuem und klagte und dachte dessen, was er gewesen und wie er von seinem Bruder getrennt worden war. So also stand es mit ihm.

Sein Bruder Amdschad aber wartete derweilen bis Mittag auf Asad, doch er kam nicht zurück: da bebte Amdschad das Herz, die Schmerzen der Trennung bedrückten ihn, und er vergoß reichliche Tränen. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertunddreißigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, als Amdschad seinen Bruder bis Mittag erwartet hatte und er nicht kam, da habe ihm das Herz gebebt; die Trennungsschmerzen bedrückten ihn sehr, und er vergoß reichliche Tränen, indem er rief: ›Wehe, mein Bruder! Wehe, mein Freund! Wehe, mein Gram! Wie sehr hatte ich gefürchtet, daß wir getrennt werden könnten!‹ Und er stieg nieder vom Bergesgipfel, während ihm Tränen über die Wangen herabrannen; und er betrat die Stadt und machte nicht eher Halt, als bis er auf dem Markt ankam. Er fragte die Leute nach dem Namen des Orts und nach den Bewohnern, und sie versetzten: ›Die Stadt heißt die Stadt der Magier, und ihre Bewohner beten zumeist zum Feuer statt zum allmächtigen König.‹ Dann fragte er nach der Ebenholzstadt, und sie erwiderten: ›Wahrlich, es ist eines Jahres Reise dorthin zu Lande, und zur See sechs Monate Fahrt: sie wurde einst beherrscht von einem König namens Armanùs; doch nahm er zum Schwiegersohn und machte an seiner Stelle zum König einen Prinzen namens Kamar al-Zaman, der sich hervortut durch Gerechtigkeit, Milde, Billigkeit und Güte.‹ Als Amdschad von seinem Vater hörte, da stöhnte er und weinte und klagte und wußte nicht, wohin er gehen sollte. Er kaufte sich jedoch ein wenig Zehrung und trug sie an einen entlegenen Ort, wo er sich niedersetzte und zu essen dachte; doch als ihm sein Bruder einfiel, begann er zu weinen, und er nahm nur einen Bissen, um Atem und Leib zusammenzuhalten, und auch den nur wider seinen Willen. Dann stand er auf und ging in der Stadt umher, indem er nach Nachricht suchte von seinem Bruder, bis er einen moslemitischen Schneider in seinem Laden sitzen sah; er setzte sich zu ihm und erzählte ihm seine Geschichte, und der Schneider sprach: ›Wenn er den Magiern in die Hände gefallen ist, so wirst du ihn schwerlich wiedersehen; aber vielleicht wird Allah euch doch noch vereinigen. Und du, o mein Bruder, willst du bei mir wohnen?‹ Versetzte Amdschad: ›Ja‹; und dessen freute der Schneider sich. Und er blieb bei ihm viele Tage hindurch, während deren der Schneider ihn tröstete und zur Geduld ermahnte und ihm das Schneiderhandwerk lehrte, so daß er ein Meister wurde in dieser Kunst. Nun ging er eines Tages hinaus an die Meeresküste und wusch seine Kleider; dann trat er ins Bad und legte sich saubere Gewänder an; und schließlich ging er in der Stadt umher, um sich durch ihre Schönheiten zu zerstreuen, als ihm ein Weib begegnete von herrlicher Schönheit und Lieblichkeit, ohnegleichen an Anmut und Zierlichkeit. Und als sie ihn sah, da hob sie den Schleier und winkte ihm mit den Augenbrauen und mit der Augen lockenden Blicken, indem sie die Verse sprach:

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