Читать книгу: «Erzählungen aus 1001 Nacht - 4. Band», страница 4

Шрифт:

Siehst du den Basar mit den Früchten in Reihen? – Der liebt die Feige und jener die Sykomore!

Und ein anderer sagt:

Bei manchen ist die Spange stumm, doch klingt der Gürtel hell – Der eine ißt sich reichlich satt, der andere lebt von Klagen:

Du heißt ein Narr mich sein und dich um ihren Reiz verlassen – Verhüte Gott, daß untreu ich mich sollte des Glaubens entschlagen!

Nein, bei dem Recht deines Wangenbarts, der ihre Locken höhnt – Nicht Weib noch Maid soll jemals dir mein brennend Herz enttragen.

Und wieder ein anderer:

Der Schönheit Perle! Du bist mein Bekenntnis – Mein höchster Wunsch, der Gott, den ich erkor:

Die Frauen schwor ich ab, so mögen alle – Mich einen Pfaffen schelten, der sich schor.

Und wieder ein anderer:

Gleich nicht dem Mädchen den, der bartlos ist – Noch achte des Spions, sagt er: Ein falscher Schuß:

Eins ist das Mädchen, dem den Fuß du küßt – Und eins das Wild, des Fuß die Erde küssen muß.

Und wieder ein anderer:

Ein Knabe von zweimal zehn ist recht für einen König!

Und wieder ein anderer:

Das Glied paßt, rund und glatt, gut für das Hinterteil – Wär es bestimmt für das Weib, es wäre geformt wie das Beil.

Und wieder ein anderer:

Meine Seele für dich, den ich wählte – Weil dich keine Blutung stört noch des Eierstocks Bürde:

Verkehrt ich mit Frauen, ich zeugte – Der Kinder soviel, daß die Welt uns zu enge würde.

Und wieder ein anderer:

Sie spricht (im schärfsten Sinne schwer verletzt – Denn was sich nicht geziemte, trug sie an):

Rührst du mich nicht, wie es dem Weib gebührt – So schilt auch nicht, fühlst du der Hörner Bann!

Dein Stab scheint wächsern, wie ein Tuch so schlaff – Und knet ich, fühlt er sich nur weicher an!

Und wieder ein anderer:

Sprach sie (denn niemals lag ich mehr bei ihr): – Du Narrheitsjünger Narr! Du Narr im Kern!

Paßt als Altar für dies dir nicht mein Das – Ich zeig ein andres dir: das hast du gern.

Und wieder ein anderer:

Sie bot mir die zarten Lenden – Sprach ich: So mag ich dich nicht!

Aufsprang sie, sprach: Vom Glauben – Fällt ab er nach Gottes Gericht!

Wie einst man es tat, ist es heute – Veraltet nach jüngstem Bericht!

Und sie wandte sich um, und leuchtend – Zeigt sie mir ihr zweites Licht.

Ich rief: So recht, meine Herrin! – Ich sorge mich länger nicht;

Von allem, was Allah geöffnet – Zeigst du mir, worauf ich erpicht!

Und wieder ein anderer:

Der Mann hebt hoch die Hand, fleht er um Gnade – Doch mit den Beinen fleht die Frau zumeist:

Auf an das fromme, andachtsvolle Werk – Der Herr erhebt, was nach den Tiefen weist.‹

Als aber Kamar al-Zaman sie all diese Verse sprechen hörte und gewiß war, daß er nicht würde umhin können, zu tun, was sie wollte, da sprach er: ›O König der Zeit, wenn du es durchaus so willst, so schließe einen Pakt mit mir, daß du solches mit mir nur einmal tun willst, obgleich es nicht fruchtet, wenn ich deine verderbten Lüste verbessern möchte; und daß du bis zum Ende der Zeit dies nie mehr von mir verlangen willst; dann wird mir Allah vielleicht die Sünde erlassen.‹ Sprach sie: ›Ich verspreche dir solches, denn ich hoffe, Allah werde in seiner Gnade nachsichtig sein gegen uns und unser tödliches Vergehen streichen; denn der Gürtel der Vergebung des Himmels ist wahrlich nicht so eng, sondern er kann uns umfassen und uns lossprechen von dem Übermaß unserer schmählichen Sünden und uns aus dem Dunkel des Irrens in das Licht des Heils hinaufführen. Wahrlich, trefflich sagt der Dichter:

Gar arge Dinge munkeln sie von uns – An dem Gedanken hängt ihr Geist in Treue:

Komm, laß uns recht denn ihrer Seele geben – Und so sie retten; schnell ein Streich, dann – Reue!‹

So schloß sie mit ihm einen Pakt und Vertrag, und sie schwor einen feierlichen Eid bei Ihm, der da aus sich selber ist, daß solches nur einmal zwischen ihnen geschehen sollte, und in aller Zeit nie wieder, da das Verlangen nach ihm sie in Tod und Verderben treibe. Unter dieser Bedingung erhob er sich mit ihr und folgte ihr in ihr Gemach, damit sie die Glut ihrer Lust an ihm löschte, und sprach: ›Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht, außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen! Dies ist der vorbestimmte Beschluß des Allmächtigen und Allweisen!‹ Und in Scham und Verlegenheit zog er die Hose aus, während ihm im Drange der Angst die Tränen aus den Augen liefen. Da lächelte sie, und sie ließ ihn neben sich auf ein Lager steigen und sprach zu ihm: ›Nach dieser Nacht sollst du nichts mehr sehen, was dich verletzt.‹ Dann wandte sie sich um zu ihm, küßte ihn und zog ihn an die Brust, schmiegte Wade auf Wade und sprach: ›Lege mir die Hand an der gewohnten Stelle zwischen die Schenkel: dann erhebt es sich vielleicht nach der Niederwerfung zum Gebet.‹ Er aber weinte und rief: ›Ich tauge nicht für all diese Dinge‹; doch sie sagte: ›Bei meinem Leben, wenn du tust, was ich dir sage, so soll es dir nützen!‹ Da streckte er die Hand aus, und die Eingeweide brannten ihm vor Verwirrung; und er fand ihre Lenden kühler als Rahm und weicher als Seide. Die Berührung erweckte ihm Lust, und er bewegte die Hand hierhin und dorthin, bis sie zu einer Kuppel kam, die reich war an guten Gaben, Regungen und Wendungen, und er sprach bei sich selber: ›Vielleicht ist dieser König ein Zwitter, weder ganz ein Weib noch ganz ein Ritter‹; laut aber sagte er zu ihr: ›O König, ich glaube, du hast nicht wie andere Männer ein Werkzeug; was also trieb dich zu dieser Tat?‹ Da lachte die Königin Budur laut, bis sie auf den Rücken fiel, und sprach: ›O mein Liebling, wie schnell hast du die Nächte vergessen, da wir beieinander lagen!‹ Und sie gab sich ihm zu erkennen, und er erkannte sie als sein Weib, die Herrin Budur, die Tochter des Königs Ghajur, des Herrn der Inseln und der Meere. So umarmte er sie, und sie umarmte ihn, er küßte sie, und sie küßte ihn; und sie legten sich nieder auf dem Bette wollüstigen Genusses, indem sie die Worte des Dichters sprachen:

Als ihn sein weicher geschmeidiger Leib eng in die Arme mir bog – Die ihn umschlangen, tastend ganz, wie rankender, klammernder Wein,

Als sich die Flut des Schmelzens ihm über das Herz ergoß – Da gab er nach, ob im Anfang auch weigernd er sprach ein Nein;

Und ob aus Furcht, daß des Spötters Aug seine Gestalt erspäh – Er in der Vorsicht Rüstung kam, um ihm nicht sichtbar zu sein:

Sein Rumpf stöhnt ob der hinteren Last, die auf die Füße drückt – So drückt das junge Kamel die Last der Waren schwer wie Stein;

Ihn gürtet das Schwert seiner Blicke fest: es scheint, sie dürsten nach Blut – Ihn schirmt ein Panzer aus Locken schwarz: sie glänzen von leuchtendem Schein:

Sein Duft schon verkündet mir nahendes Glück: die Schritte kommen herbei – Dem Vogel gleich, der dem Käfig entfloh, flieg ich in den Arm ihm hinein:

Ich breite die Wange ihm auf den Pfad: er tritt sie mit seinem Schuh – Und siehe, das Pulver seines Staubs heilt meiner Augen Pein.

Mit einer Umarmung binde ich neu der Liebe Banner uns – Und löse den Knoten meiner Lust, den Fesseln schlangen ein:

Dann laß ich ein Fest uns rüsten schnell, die Freuden strömen herein – Die graues Alter nie erkannt, nicht Schmerzen kennen noch Pein:

Der volle Mond streut Sterne aus auf Perlenzähne und Mund – Sie tanzen freudig am sprudelnden Rand des Bechers auf dem Wein:

Ich aber gab in der Nische mich des Gebets ihrer Freuden ganz – Dem hin, was dem größten Sünder selbst könnte Demut und Reue leihn.

Ich schwöre bei den Zeichen all, die auf seiner Stirn ich las – Vergessen will ich nimmermehr die Sure Al-Ikhlas.

Dann erzählte die Königin Budur Kamar al-Zaman alles, was ihr widerfahren war, von Anfang bis zu Ende, und er tat desgleichen; schließlich aber begann er sie zu schelten, indem er sprach: ›Was trieb dich, heute nacht an mir zu handeln, wie du es tatest?‹ Versetzte sie: ›Verzeih mir, ich tat es aus Scherz, und damit die Lust und die Freude noch wuchsen.‹ Und als der Morgen dämmerte und der Tag leuchtend in seinem Glanze aufging, da schickte sie zum König Armanùs, dem Vater der Herrin Hajat al-Nufus, und machte ihn bekannt mit dem wahren Sachverhalt und sagte ihm, daß sie das Weib Kamar al-Zamans wäre. Ferner berichtete sie ihm ihre ganze Geschichte: den Anlaß ihrer Trennung, und wie seine Tochter eine Jungfrau sei, rein wie bei ihrer Geburt. Er staunte in höchstem Staunen ob ihrer Erzählung und befahl ihnen, sie in goldenen Lettern aufzuzeichnen. Dann wandte er sich zu Kamar al-Zaman und sprach: ›O Königssohn, möchtest du mein Eidam werden, indem du dich meiner Tochter vermählst?‹ Versetzte er: ›Ich muß die Königin Budur um Rat fragen, denn sie hat um unablässiger Wohltaten willen einen Anspruch an mich.‹ Und als er sich mit ihr beriet, da sagte sie: ›Recht ist deine Rechnung: vermähle dich ihr, und ich will ihre Sklavin sein; denn ich bin für Güte und Gunst und gute Dienste in ihrer Schuld und ihr mannigfach verpflichtet, zumal wir hier in ihrem Palaste sind und ihr Vater uns mit Wohltaten überhäuft hat.‹ Da er nun sah, daß sie dazu bereit wäre, ohne Eifersucht auf Hajat al-Nufus, da kam er hierin mit ihr überein. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundsiebenzehnte Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß Kamar al-Zaman mit seinem Weibe, der Königin Budur, übereinkam und dem König Armanùs erzählte, was sie geantwortet hatte; der aber freute sich in großer Freude. Und er ging hinaus und setzte sich auf seinen Staatssitz, versammelte all die Veziere, Emire, Kämmerlinge und Großen und berichtete ihnen die ganze Geschichte Kamar al-Zamans und seines Weibes, der Königin Budur, von Anfang bis zu Ende; und er tat ihnen zu wissen, daß er seine Tochter Hajat al- mit dem Prinzen zu vermählen wünschte, um ihn an Stelle der Königin Budur zum König zu machen. Da sprachen sie alle: ›Er ist der Gatte der Königin Budur, die bisher unser König war, da wir sie für den Eidam des Königs Armanùs hielten, und so sind wir alle damit zufrieden, ihn als Sultan über uns zu haben; wir wollen seine Diener sein und ihm nie die Treue brechen.‹ Des freute der König sich, und indem er die Kasis und Zeugen berief und die ersten Würdenträger des Staates, befahl er, den Ehevertrag zwischen Kamar al-Zaman und seiner Tochter, der Prinzessin Hajat al-Nufus, zu schreiben. Dann hielt er ein Freudenfest ab, indem er prunkvolle Gastmähler gab und kostbare Ehrengewänder an alle Emire und Hauptleute des Heeres verlieh; er verteilte Almosen unter alle Armen und Bedürftigen und ließ die Gefangenen frei. Die ganze Welt freute sich der Thronbesteigung Kamar al-Zamans; alle segneten ihn und wünschten ihm Dauer des Ruhms und Gedeihens, des Glücks und Preises seines Namens; und sowie er König geworden war, hob er die Zölle auf und entließ alle, die noch in den Kerkern zurückgehalten wurden. So lebte er lange in würdigem Verhältnis zu seinen Untertanen; und er lebte in Frieden mit seinen beiden Frauen, in Glück, Treue und Zufriedenheit, indem er nachts abwechselnd bei einer von ihnen schlief. Viele Jahre lang blieb es so, denn wahrlich, all seine Nöte waren aus seinem Gedächtnis getilgt, und er vergaß seinen Vater, den König Schahriman, bei dem er einst in Ehre und Gunst gestanden hatte. Nach einer Weile segnete Allah, der Allmächtige, ihn mit zweien Kindern, leuchtenden Monden gleich; das ältere hieß Prinz Amdschad, und seine Mutter war die Königin Budur, und das jüngere hieß Prinz Asad, und seine Mutter war die Königin Hajat al-Nufus; und dieser war noch schöner als sein Bruder. Sie wurden aufgezogen in Glanz und zärtlicher Liebe, in der Haltung der Ehrfurcht und vollendeter Erziehung; und man unterrichtete sie im Schreiben und in den Wissenschaften und in den Künsten der Herrschaft und des Reitens, bis sie die höchste Bildung erlangten und die äußersten Grenzen der Schönheit und Lieblichkeit erreichten, so daß Männer wie Frauen entzückt waren von ihren Reizen. Seite an Seite wuchsen sie auf, bis sie siebenzehn Jahre alt wurden; sie aßen und tranken zusammen und schliefen in einem Bette und trennten sich nie, zu keiner Zeit und keiner Stunde, so daß alle sie beneideten. Als sie nun erwachsen waren und begabt mit jeder Vollkommenheit, da pflegte ihr Vater sie, so oft er eine Reise antrat, in der Halle des Gerichtes abwechselnd an seine Stelle zu setzen, und ein jeder sprach an je einem Tage unter dem Volke Recht. Nun aber geschah es, daß nach dem vorbestimmten Schicksal und dem beschlossenen Lose im Herzen der Königin Budur die Liebe keimte zu Asad (dem Sohne der Königin Hajat al-Nufus); und daß sich die Liebe zu Amdschad (dem Sohne der Königin Budur) erhob im Herzen der Königin Hajat al-Nufus. So ergab es sich, daß jede der Frauen mit dem Sohn ihrer Eheschwester zu spielen und zu kosen pflegte, indem sie ihn küßte und an die Brust zog, während eine jede der Mütter glaubte, das Tun der anderen entspringe nur mütterlicher Neigung. Und die Leidenschaft bemeisterte sich der Herzen der beiden Frauen, und ihre Liebe zu den beiden Jünglingen wurde zum Wahnsinn, so daß die eine den Sohn der anderen, wenn er bei ihr eintrat, an die Brust preßte, voller Sehnsucht, sich nie mehr von ihm zu trennen; und schließlich, als ihnen das Warten langwierig wurde und sie keinen Weg zu finden vermochten, um zum Genuß zu gelangen, verweigerten sie Speise und Trank und verbannten den Trost des Schlafes. Und eines Tages ritt der König hinaus zu Jagd und Hatz, und er befahl seinen beiden Söhnen, abwechselnd je einen Tag lang wie immer an seiner Stelle Recht zu sprechen. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundachtzehnte Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß Kamar al-Zaman auszog zu Jagd und Ritt und seinen beiden Söhnen befahl, wie immer abwechselnd jeder einen Tag an seiner Stelle Recht zu sprechen. Nun saß am ersten Tage Prinz Amdschad zu Gericht, und er gebot und verbot, ernannte und setzte ab, gab und versagte; und die Königin Hajat al-Nufus, die Mutter Asads, schrieb ihm einen Brief, in dem sie ihn um seine Gunst bat und ihm ihre Leidenschaft und Liebe offenbarte; sie warf die Maske ab und tat ihm zu wissen, daß sie ihn zu genießen begehrte. Der Brief aber, den sie schrieb, enthielt diese Zeilen: ›Von der Liebesverstörten – der trauernden Betörten – deren Qual sich hinzieht in Sehnsucht nach dir! – Wollte ich dir schildern meines Kummers Dauer – und alles, was ich ertrage an Trauer – die Leidenschaft, die mir im Herzen gestritten – und was ich von Tränen und Unrast gelitten – wie mir die Brust zerrissen ist – und nimmer der Gram mir läßt eine Frist – wie der Schmerz unablässig an mir nagt – und mein Herz ob der Trennung von dir klagt – und wie die Glut und die Trauer mich plagt – das könnte kein Brief umfassen – noch würde es sich berechnen lassen! – Himmel und Erde engen sich rings um mich ein – und mein Vertrauen und meine Hoffnung setze ich auf dich allein! – Schon bin ich dem Tode nah – und die Schrecken der Vernichtung ich schon vor mir sah – brennend schließt es mich ein – mit Entfremdung und Trennungspein. – Wollte ich schildern, wie mich die Sehnsucht immer mehr peinigt – es genügte nicht alles Papier der Welt vereinigt – und im Übermaß meiner Leiden und Schmerzen habe ich diese Verse gedichtet:

Wollt schildern ich die herzverzehrende Glut – Die Unrast, Raserei an Geistes Statt,

Es bliebe Tinte nicht noch Federrohr – Und kein Papier, nein, nicht ein einzig Blatt.

Dann hüllte die Königin Hajat al-Nufus ihren Brief in ein Stück kostbarer Seide, das sie mit Moschus und Amber parfümierte; und sie band ihn mit ihren seidenen Haarschnüren, die Schätze gekostet hatten; das Ganze legte sie in ein Tuch und gab es einem Eunuchen, dem sie befahl, es dem Prinzen Amdschad zu bringen. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundneunzehnte Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß sie ihre Botschaft dem diensttuenden Eunuchen gab und ihm befahl, sie dem Prinzen Amdschad zu bringen. Und der Eunuch ging dahin, ohne zu wissen, was die Zukunft für ihn barg (denn der Allwissende ordnet die Dinge, wie es ihm gefällt); er trat ein bei dem Prinzen, küßte den Boden zwischen seinen Händen und reichte ihm den Brief. Als er das Tuch entgegennahm, öffnete er es, las den Brief, und da er den Inhalt begriff, erkannte er, daß seines Vaters Weib in ihrem Wesen eine Ehebrecherin und in ihrem Herzen eine Verräterin an ihrem Gatten war, dem König Kamar al-Zaman. Da ergrimmte er in höchstem Grimm und höhnte die Weiber und ihr Wirken, indem er sprach: ›Allah verfluche die Weiber, die Verräterinnen, unvollkommen an Verstand und Religion!‹ Dann zog er das Schwert und sprach zu dem Eunuchen: ›Pfui, du boshafter Sklave! Trägst du Botschaften der Untreue für das Weib deines Herrn? Bei Allah, du taugst nicht, du Schwarzhäutiger, Schwarzherziger, ekel nach Antlitz und Bildung der Natur!‹ Und er traf ihn im Nacken und trennte ihm das Haupt vom Leibe; dann schlug er das Tuch wieder über den Inhalt und steckte es in die Tasche auf seiner Brust; und er ging zu seiner eigenen Mutter und erzählte ihr, was geschehen war, indem er sie schmähte und schalt und zu ihr sprach: ›Eine jede von euch ist noch gemeiner als die andere; und bei Allah, dem Glorreichen, Großen, fürchtete ich nicht, mich ungebührlich zu vergehen wider die Rechte meines Vaters Kamar al-Zaman und meines Bruders Asad, ich ginge gewißlich zu ihr und schlüge ihr den Kopf ab, wie ich ihn dem Eunuchen abgeschlagen habe!‹ Dann verließ er seine Mutter in gewaltiger Wut, und als die Nachricht von dem, was er an ihrem Eunuchen getan hatte, die Königin Hajat al-Nufus erreichte, da schmähte sie ihn, fluchte ihm und spann Verrat. Krank vor Wut, Zorn und Sorge, verbrachte er die Nacht, und er fand keine Freude mehr an Speise und Trank oder Schlaf. Und als der nächste Morgen dämmerte, da ging Prinz Asad seinerseits hin, an seines Vaters Stelle über das Volk zu gebieten; seine Mutter aber, Hajat al-Nufus, erwachte ganz schwach, denn sie hatte gehört, wie Prinz Amdschad ihren Eunuchen erschlagen hatte. Prinz Asad saß an diesem Tage in der Prunkhalle, richtete und sprach Recht, ernannte und setzte ab, gebot und verbot, gab und verlieh. Und die Königin Budur schickte nach einer listigen alten Frau, enthüllte ihr, was ihr im Herzen tobte, und schrieb einen Brief an den Prinzen Asad, in dem sie sich in diesen rhythmischen Zeilen beklagte ob des Übermaßes ihrer Liebe und ihres Verlangens nach ihm: ›Von ihr, die erstirbt vor Leidenschaft, in Liebe verloren – an ihn, der von Natur und durch Pflege am herrlichsten ist geboren – an ihn, der da eitel ist auf seine Lieblichkeit – und sich brüstet mit seiner lockenden Zierlichkeit – der von denen sich wendet, die ihn zu genießen streben, an den Ungütigen – der die Gunst verweigert denen, die sich vor ihm demütigen – an ihn, der da grausam ist und verächtlich blickt – von ihr, die in der Verzweiflung erstickt – an den Prinzen Asad, den die Schönheit umkleidet – und der an der eigenen Anmut sich weidet – und an seinem mondhellen Angesicht – an der Stirne wie Blüten licht – die wie blendende Strahlen sticht! – Dies ist mein Brief an ihn, der mir durch die Liebe schmilzt meinen Leib – und mir die Haut zerreißt, die Knochen zerbricht! – Wisse, es flieht die Geduld, sag ich: bleib! – einen Rat in der Not, ach, ich weiß ihn nicht! – Schlaf und Ruhe fliehen mich – Sehnsucht und Ratlosigkeit ermüden mich – aber die Trauer und das Wachen umklammern mich – und Verlangen und Leidenschaft foltern mich – und das Übermaß des Siechtums und der Krankheit hat mich zuschanden gemacht – und doch sei mein Leben als Lösegeld dir dargebracht – und ist es auch deine Lust, die zu erschlagen, die dich liebt – so flehe ich doch zu Allah, der dir langes Leben gibt – daß er dich schütze vor jeglicher Schwäche!‹ Und nach diesen Sätzen schrieb sie noch diese Verse:

Das Schicksal will, daß dein Genoß ich werde – Du Leuchtender, dem Mond gleich hell und klar,

Umfängst die Schönheit und Beredsamkeit – Nichts herrlicher je in den Welten war:

Ich bin schon froh, bist du mein Folterknecht – Gib einen Blick mir, schön und wunderbar!

Glück ist der Tod aus Liebesdurst zu dir! – Wer dich nicht liebt, ist jeden Glückes bar!

Und auch diese:

Dir klag, Asad, aus Liebesschmerzen ich – Mitleid mit ihr, die brennt vor Flammenpein:

Wie lange spielt der Liebe Hand mit mir – Soll Sehnsucht, Wachen, Qual mir ewig sein?

Bald rast ein Meer im Herzen, bald das Feuer – Ein Wunder ist es, Wunsch des Herzens mein!

O Tadler, laß den Tadel, flieh du selbst – Sonst wird dein Aug ein Tränenrinnsal sein.

Wie oft schrei ich ob Trennung und Verlangen – Doch keinen Vorteil trägt mein Schrei'n mir ein:

Denn unerträglich krank macht deine Härte – Du bist mein Arzt, laß Hilfe angedeihn!

O Schmäler, laß und warne mich nicht mehr – Auch dich trifft wohl der Liebesplage Speer.

Dann parfümierte die Königin das Papier mit einer Fülle wohlriechenden Moschus, und sie band es ein in ihre Haarschnüre, die aus Irakiseide waren, mit Gehängen länglicher Smaragden, besetzt mit Perlen und Edelsteinen; und schließlich gab sie es der Alten, der sie befahl, es dem Prinzen Asad zu bringen. Diese tat es, um der Königin zu Gefallen zu sein, ging unverweilt zum Prinzen und fand ihn in seinen eigenen Zimmern, wo sie ihm ungesehen den Brief übergab; dann blieb sie stehn und harrte etwa eine Stunde lang der Antwort. Als aber Asad das Blatt gelesen hatte, umwand er es wieder mit den Schnüren und steckte es in die Tasche auf seiner Brust; dann (denn er war über alles Maß des Grimmes hinaus ergrimmt) fluchte er allen falschen Weibern, sprang auf, zog sein Schwert und traf die Alte im Nacken, so daß er ihr den Kopf abschlug. Und er ging zu seiner Mutter, der Königin Hajat al-Nufus, die schwach auf ihrem Bette lag, um dessentwillen, was ihr mit dem Prinzen Amdschad widerfahren war; und er schmähte und verfluchte sie; dann ließ er sie allein und ging zu seinem Bruder, dem er erzählte, was die Königin Budur unternommen hatte; und er fügte hinzu: ›Bei Allah, o mein Bruder, hätte ich mich nicht vor dir geschämt, so wäre ich stracks zu ihr gegangen und hätte ihr den Kopf von den Schultern geschlagen!‹ Versetzte Prinz Amdschad: ›Bei Allah, o mein Bruder, gestern, als ich auf dem Sessel des Gerichtes saß, da widerfuhr mir dasselbe, was dir heute widerfahren ist, mit deiner Mutter, die mir einen Brief des gleichen Inhalts schickte.‹ Und er berichtete ihm alles, was geschehen war, und fügte hinzu: ›Bei Allah, o mein Bruder, nur die Achtung vor dir hielt mich davon ab, zu ihr zu gehen und an ihr zu handeln, wie ich an dem Eunuchen gehandelt habe!‹ So verbrachten sie den Rest der Nacht im Gespräch, und sie fluchten den falschen Weibern und kamen überein, die Sache geheim zu halten, damit nicht ihr Vater davon hörte und die beiden Frauen tötete. Doch sie litten fortwährend an Unruhe und sahen Trübsal voraus. Und als der Morgen dämmerte, da kehrte der König mit seinem Gefolge heim von der Jagd, und er setzte sich eine Weile in den Staatsstuhl; dann schickte er die Emire an ihre Geschäfte und ging in seinen Palast. Dort fand er seine beiden Frauen im Bette, und beide waren sehr krank und schwach. Nun hatten sie gegen ihre Söhne ein Komplott geschmiedet und vereinbart, ihnen das Leben zu nehmen; denn sie hatten sich vor ihnen bloßgestellt und fürchteten, in ihrer Gewalt zu sein und von ihrer Nachsicht abzuhängen. Als aber Kamar al-Zaman sie also sah, da fragte er sie: ›Was fehlt euch?‹ Und sie erhoben sich vor ihm, küßten ihm die Hände und erwiderten, indem sie die Sache umkehrten, dieses: ›Wisse, o König, deine beiden Söhne, die in deiner Güte aufgezogen wurden, haben dich verraten und dich in deinen Frauen entehrt.‹ Als er das hörte, da wurde das Licht vor seinen Augen zunicht, und er raste in solchem Grimm, daß ihm der Verstand entfloh; dann sprach er zu ihnen: ›Erklärt mir diese Sache.‹ Versetzte Königin Budur: ›O König der Zeit, wisse, seit vielen Tagen schon hat mir dein Sohn Asad beharrlich Briefe und Botschaften geschickt, in denen er mich zu Unzucht und Ehebruch verlockte, während ich ihm solches untersagte; er aber wollte es sich nicht untersagen lassen; und als du zur Jagd auszogst, stürzte er auf mich ein, trunken, und ein gezogenes Schwert in der Hand, mit dem er meinen Eunuchen traf und erschlug; so büßte er seinen bösen Willen an mir mit Gewalt. Und wenn du mir jetzt nicht Recht verschaffst wider ihn, o König, so werde ich mich mit eigener Hand erschlagen, denn ich bedarf des Lebens in der Welt nicht mehr nach dieser verworfenen Tat.‹ Und die Königin Hajat al-Nufus erzählte ihm, von Tränen erstickt, eine gleiche Geschichte über den Prinzen Amdschad. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß die Königin Hajat al-Nufus ihrem Gatten, dem König Kamar al-Zaman, eine gleiche Geschichte erzählte wie ihre Eheschwester Budur und sprach: ›Dasselbe widerfuhr mir von deinem Sohne Amdschad.‹ Dann begann sie zu weinen und zu klagen und sprach: ›Wenn du mir nicht Recht verschaffst wider ihn, so erzähle ich es meinem Vater, dem König Armanùs.‹ Und beide Frauen weinten vor Kamar al-Zaman in bitterem Weinen, und als er ihre Tränen sah und ihre Worte hörte, da kam er zu dem Schluß, daß ihre Geschichte wahr sei, und indem er über jedes Maß des Grimmes hinaus ergrimmte, ging er davon, denn er gedachte seine beiden Söhne zu überfallen und zu töten. Unterwegs aber traf er seinen Schwiegervater Armanùs, der auf die Kunde von seiner Heimkehr zu eben dieser Stunde kam, um ihn zu begrüßen; und da er ihn sah, das nackte Schwert in der Hand, während ihm vor dem Übermaß der Wut Blut aus der Nase tropfte, fragte er, was ihn anfechte. Da erzählte ihm Kamar al-Zaman alles, was seine Söhne Amdschad und Asad getan haben sollten, und fügte hinzu: ›Und jetzt will ich sie auf die schmählichste Weise erschlagen und sie zum schändlichsten Beispiel machen.‹ Sprach König Armanùs (und wahrlich, er war ergrimmt wider sie): ›Du tust recht daran, o mein Sohn, und Allah möge sie nicht segnen, noch überhaupt die Söhne, die gegen ihres Vaters Ehre solche Taten tun. Aber, o mein Sohn, der Dichter des alten Spruches sagt: Wer nicht das Ende bedenkt, dem das Schicksal keine Freundschaft schenkt. Auf jeden Fall sind sie deine Söhne, und es schickt sich nicht, daß du sie mit eigener Hand erschlägst, wenn du nicht von ihrer Todesqual trinken willst und bereuen, daß du sie erschlugst, wenn keine Reue mehr fruchtet. Lieber schicke sie mit einem deiner Mamelucken in die Wüste und lasse sie dort töten, fern von deinen Augen, denn, wie das Sprichwort sagt: Fern von dem Blick meines Freundes ist es besser und angenehmer.‹ Als Kamar al-Zaman die Worte seines Schwiegervaters hörte, da erkannte er sie als richtig; er stieß das Schwert in die Seheide, kehrte um und setzte sich auf den Thron seines Reiches. Dort berief er seinen Schatzmeister, einen uralten Mann, der bewandert war in den Geschäften und Wechselfällen des Schicksals; und er sprach zu ihm: ›Geh hinein zu meinen Söhnen Amdschad und Asad; binde ihnen die Hände mit starken Fesseln, lege sie in zwei Kisten und lade sie auf ein Maultier. Dann sitze auf und bringe sie mitten in die Wüste; dort töte sie beide und fülle zwei Flaschen mit ihrem Blute und bringe es mir eilig her.‹ Versetzte der Schatzmeister: ›Ich höre und gehorche‹, und er stand eilends auf und ging davon, die Prinzen zu suchen; und unterwegs traf er sie, wie sie aus der Halle des Palastes traten, denn sie hatten ihre besten und reichsten Kleider angelegt; und sie waren auf dem Wege, ihren Vater zu begrüßen und ihm Glück zu wünschen zur wohlbehaltenen Rückkehr von der Jagd. Und als er sie sah, da legte er die Hand an sie und sprach: ›O meine Söhne, wißt, ich bin nur ein Sklave, dem man befiehlt, und euer Vater hat mir einen Befehl auferlegt; wollt ihr seinem Befehl gehorchen?‹ Sie sagten: ›Ja‹; er aber trat zu ihnen, fesselte ihnen die Arme und legte sie in die Kiste, die er auf ein Maultier lud, das er aus der Stadt mitgebracht hatte. So ritt er mit ihnen fast bis zum Mittag in das offene Land hinein; und als er an einem wüsten und verlassenen Orte Halt gemacht hatte, stieg er ab von seiner Stute und nahm die Kiste vom Rücken des Maultiers. Dann öffnete er sie und nahm Amdschad und Asad heraus; und als er sie ansah, da weinte er bitterlich um ihre Schönheit und Lieblichkeit; und indem er das Schwert zog, sprach er zu ihnen: ›Bei Allah, o meine Herren, es wird mir schwer, so arg an euch zu handeln; aber ich bin entschuldigt, da man einem Sklaven befiehlt, denn euer Vater, der König Kamar al-Zaman, hat mir befohlen, euch den Kopf abzuschlagen.‹ Versetzten sie: ,O Emir, tu des Königs Geheiß, denn wir ertragen in Geduld, was Allah (dessen die Ehre sei und die Macht und der Ruhm!) uns bestimmt hat; und du bist frei von unserem Blute.‹ Sie umarmten einander und sagten sich lebewohl, und Asad sprach zu dem Schatzmeister: ›Allah sei mit dir, mein Oheim, erspare mir den Anblick der Todesqual meines Bruders, damit ich nicht von seinen Ängsten trinken muß, und töte mich zuerst, denn so wird es mir leichter.‹ Und Amdschad sagte desgleichen und flehte den Schatzmeister an, ihn vor Asad zu töten, indem er sprach: ›Mein Bruder ist jünger als ich; also laß mich nicht von seinen Qualen kosten!‹ Und beide weinten bittere Tränen, während der Schatzmeister weinte, dieweil sie weinten. – –«

Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Doch als die Zweihundertundeinundzwanzigste Nacht da war, fuhr sie also fort: »Ich vernahm, o glücklicher König, daß der Schatzmeister weinte, dieweil sie weinten; und die beiden Brüder umarmten einander und sagten sich lebewohl und sprachen: ›All dies kommt von der Bosheit dieser Verräterinnen, meiner Mutter und deiner Mutter; und dies ist der Lohn dafür, daß ich mich deiner Mutter, und daß du dich meiner Mutter enthieltest! Aber es gibt keine Macht, und es gibt keine Majestät außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen! Wahrlich, wir sind Allahs, und zu ihm kehren wir zurück.‹ Und Asad umarmte seinen Bruder, schluchzte und sprach die Verse:

399
477,97 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
440 стр.
ISBN:
9783966512268
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают