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b) § 370 als Allgemein- und Sonderdelikt

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Als Täter einer Steuerhinterziehung kommt jeder in Betracht, der die Tatbestandsmerkmale des § 370 erfüllt. Das muss nicht der Steuerschuldner sein.[60]

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Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun (Abs. 1 Nr. 1) kann jeder sein, der auf die Festsetzung, Erhebung oder Vollstreckung der geschuldeten Steuer einwirken kann[61] (sog. Allgemeindelikt[62] oder „Jedermannsdelikt“[63]). Wer dazu in der Lage ist, den steuerlichen Verkürzungserfolg durch die Abgabe von Erklärungen gegenüber den Finanzbehörden herbeizuführen, macht sich mit entspr. falschen Erklärungen strafbar, auch wenn er nicht erklärungspflichtig ist.[64] Er muss auch nicht mit Wissen oder Billigung des Steuerpflichtigen handeln. So macht sich etwa ein Buchhalter strafbar, der ohne Vollmacht des Unternehmers fehlerhafte Umsatzsteuervoranmeldungen einreicht und damit eine Steuerverkürzung bewirkt.

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Bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3, siehe dazu auch § 369 Rn. 42 ff.) muss demgegenüber über das Merkmal „pflichtwidrig“ die Verletzung einer Pflicht zur Offenbarung gegenüber den Finanzbehörden hinzutreten.[65] Folglich können sich auch als Mittäter nur Personen strafbar machen, denen selbst steuerliche Erklärungspflichten (bei Nr. 2) bzw. Verwendungspflichten (bei Nr. 3) obliegen.[66] Insoweit wird § 370 als Sonderdelikt eingeordnet.[67] Der BGH hat dementspr. in früheren Entscheidungen – zutreffend – (nur) geprüft, ob dem vermeintlichen (Mit-)Täter nach den geltenden Steuergesetzen eine Steuererklärungspflicht obliegt.[68] Widersprüchlich äußert sich insoweit der 1. Senat des BGH in einem Urt. v. 9.4.2013, in dem er einerseits die Auffassung vertritt, § 370 Abs. 1 Nr. 2 könne „nicht nur vom Stpfl. und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind“, verwirklicht werden, sondern grundsätzlich von „Jedermann“, andererseits aber – unter zutreffendem Verweis auf den Wortlaut der Norm – daran festhält, dass Täter nur derjenige sein könne, „der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist“.[69] Diesen Widerspruch will der BGH dadurch überbrücken, dass sich die Erklärungspflicht grundsätzlich auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben könne.[70] Allein die Möglichkeit, durch Erklärungen den steuerlichen Verkürzungserfolg abzuwenden genügt jedenfalls nicht, um einer Person das Unterlassen erheblicher Angaben vorzuwerfen, hinzukommen muss die Verletzung einer eigenen Pflicht zur Abgabe der Erklärung[71] (s. dazu näher Rn. 108 ff. und § 369 Rn. 42 f.).

c) Täterschaft und Teilnahme

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Der Täter beteiligt sich an der eigenen Tat, der Teilnehmer sich an einer fremden Tat. Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nimmt die Rspr. aufgrund einer wertenden Betrachtung der gesamten Umstände vor. Dabei sind für die Täterschaft entscheidend, „der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder doch wenigstens der Wille zur Tatherrschaft“.[72] Das gilt für die aktive Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 genauso wie für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3. Da Unterlassungstäter nur derjenige sein kann, dem steuerliche Pflichten i.S.d. § 370 Abs. 2 bzw. Nr. 3 obliegen, ist insoweit Täter, wer den Taterfolg durch eigene Angaben gegenüber den Finanzbehörden verhindern kann und muss, Teilnehmer hingegen, wer die Tatbegehung eines anderen erschweren kann und muss.[73] Schmuggelt z.B. der A im Auftrag des B Ware des B über die Grenze, so ist A Täter, da er im Zeitpunkt der Tatbegehung, dem Unterlassen der Anmeldung der Ware bei Grenzübertritt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2), die Tatherrschaft hat, auch wenn die unverzollte Einfuhr auf Wunsch des B und in dessen Interesse erfolgt. § 370 setzt nicht voraus, dass die Steuerverkürzung im eigenen Interesse erfolgt. Ob B Mittäter sein kann, ist umstritten. Da ihm keine steuerlichen Pflichten obliegen, käme insoweit nur eine Garantenpflicht nach § 13 StGB aus Ingerenz in Betracht (s. dazu Rn. 108 ff.). Anders wäre die Beteiligung zu beurteilen, wenn der A nicht weiß, dass er zu verzollende Ware einführt und die Anmeldung nur deshalb unterlässt. In diesem Fall wäre A mangels Vorsatzes nicht strafbar, die Tatherrschaft hätte B, der A als undoloses Werkzeug benutzt und demgemäß als mittelbarer Täter handelt (s. dazu auch Rn. 18, dortige Fn. am Ende).

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Teilnahme ist in den Formen der Anstiftung und der Beihilfe strafbar. Als Anstiftung (§ 26 StGB) gilt das „Bestimmen“ eines anderen zu dessen Tat, also das Hervorrufen des Tatentschlusses. Die Beihilfe (§ 27 StGB) besteht in der „Hilfeleistung“ zu einer fremden vorsätzlich begangenen Tat. Insoweit genügt jeder Tatbeitrag, der als physische oder psychische Unterstützung, Förderung, Erleichterung, Verstärkung, Absicherung oder Ermöglichung der Tat zu werten ist. Dabei muss der Tatbeitrag nicht ursächlich für die Haupttat sein.[74] Subjektiv muss der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennen und in dem Bewusstsein handeln, durch sein Verhalten das Vorhaben des Hauttäters zu fördern. Ob er den Taterfolg wünscht oder ihn missbilligt und den Täter sogar darauf hinweist, spielt keine Rolle.[75]

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Eine Teilnahmestrafbarkeit durch aktives Tun setzt keine besondere steuerliche Verpflichtung voraus. Für die Teilnahme an einem Unterlassen hat der 1. Senat mit Urteil vom 23.10.2018 (1 StR 454/17) seine bisherige Rechtsprechung[76] aufgegeben und entschieden, dass es sich bei der in § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 für die Haupttat vorausgesetzten steuerlichen Erklärungspflicht um ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB handelt.[77] Folge ist, dass eine doppelte Strafrahmenverschiebung in Betracht kommt,[78] wenn dem Gehilfen in einem Fall des für den Haupttäter strafbaren Unterlassens der Abgabe einer Erklärung selbst keine steuerliche Erklärungspflicht obliegt (siehe dazu auch Rn. 103).

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Als Beihilfehandlungen strafbar können auch sog. „neutrale“, „berufstypische“ oder „sozialadäquate Handlungen“ sein, wenn sie eine Steuerhinterziehung fördern. Nach der Rspr. des BGH liegt eine strafrechtlich relevante Beihilfehandlung vor, wenn der Hilfeleistende weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf zielt, eine strafbare Handlung zu begehen, nicht aber, wenn er es lediglich für möglich hält, dass der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter zur Begehung einer Straftat genutzt wird, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ.[79] Das FG Rheinland Pfalz hat bspw. eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch den Geschäftsführer eines Unternehmens bejaht, das Kassenmanipulationssoftware hergestellt und an Einzelhändler verkauft hat. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung bestehe im Verkauf des Kassen-Systems in dem Wissen um die Möglichkeiten, die dieses System bietet und mit dem Ziel, dem Abnehmer eine Steuerverkürzung zu ermöglichen. Dabei sei nicht entscheidend, wann und durch wen die Installation und Einweisung in das Programm erfolgt sind und ob der Geschäftsführer selbst oder ein Dritter die Manipulationssoftware entwickelt hat. Es sei auch nicht erforderlich, dass der Gehilfe die technischen Details der Programme gekannt und verstanden hat.[80]

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Für die Annahme psychischer Beihilfe müssen weitere Anhaltspunkte dafür hinzutreten, dass die Anwesenheit die Tat objektiv gefördert oder erleichtert hat und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war.[81]

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Zeitlich kann eine strafbare Beihilfe bereits im Vorbereitungsstadium der Haupttat geleistet werden, sofern die Haupttat später zumindest ins Versuchsstadium gelangt. Es muss auch noch kein fälliger Steueranspruch bestehen.

d) Einzelfälle

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In Fällen, in denen mehrere Personen in steuerliche Vorgänge eingebunden sind, stellt sich regelmäßig die Frage, wer von ihnen als Täter einer Steuerhinterziehung zu qualifizieren ist. Einige typische Konstellationen werden nachfolgend dargestellt.

aa) Täterschaft bei Treuhandschaft

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Schiebt der wirtschaftlich Berechtigte im Geschäftsverkehr eine andere Person vor, die nach außen hin selbst unternehmerisch handelt, im Innenverhältnis aber auf Rechnung des Hintermannes tätig wird und dessen Weisungen unterliegt, so ist zu klären, wer die Verantwortung für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten trägt. Das ist in erster Linie derjenige, dem die Einkünfte oder Umsätze zuzurechnen sind. Er hat Steuererklärungen abzugeben und für die Entrichtung der Steuer zu sorgen.

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Ertragsteuerlich erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG derjenige, der (mit-)unternehmerisch handelt. Das kann nach der Rspr. des BFH sein, wer in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen – als verdeckter Treuhänder oder Strohmann – ein Einzelunternehmen führt oder persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft ist.[82] Das gilt auch dann, wenn er den Weisungen des Treugebers unterliegt und im Innenverhältnis von jeglicher Haftung freigestellt ist, da er über die persönliche unbeschränkte Haftung ein Unternehmerrisiko trägt, das allein durch die Zusage des Vertretenen, ihn im Innenverhältnis von allen Verbindlichkeiten freizustellen, in der Regel nicht ausgeschlossen wird. Denn ob sich dieser Rückgriffsanspruch im Ernstfall tatsächlich realisieren lässt, ist ungewiss. Eine davon abweichende Beurteilung kann ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn das Unternehmen wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt wird, ein nur geringer Kapitaleinsatz erforderlich ist und die Geschäftsabschlüsse kein nennenswertes wirtschaftliches Risiko bergen.[83] Allerdings trifft gem. § 35 auch den Verfügungsberechtigten eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen. Verfügungsberechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein, der ihm gegenüber weisungsabhängige „Strohleute“ im Rechtsverkehr nach außen im eigenen Namen auftreten lässt.[84]

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Auch im Umsatzsteuerrecht kann grundsätzlich ein Treuhänder bzw. Strohmann Unternehmer und Leistender i.S.d. Umsatzsteuergesetzes sein.[85] Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen.[86] In der Regel ist das derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Tritt ein Strohmann nach außen im eigenen Namen als Leistender auf, handelt aber auf fremde Rechnung, treffen ihn selbst die steuerlichen Pflichten des Unternehmers i.S.d. § 2 UStG, wenn der Vertragspartner das Geschäft mit dem Strohmann abschließen will.[87] Anders verhält es sich, wenn die Geschäfte des Strohmanns lediglich zum Schein (§ 41) getätigt werden, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem Hintermann eintreten sollen.[88] Der BGH bejaht dies, „wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene – ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende – Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will“.[89] Das Geschäft kommt dann gem. § 41 Abs. 2 zwischen dem wirklichen Unternehmer und dem Vertragspartner zustande. Diese haben die sich daraus ergebenden steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Der vorgeschobene Strohmann kann je nach den Umständen des Einzelfalls Mittäter oder Gehilfe einer Hinterziehung von USt sein. Stellt er Rechnungen aus, in denen er anstelle des wirklich leistenden Unternehmers angegeben ist, so schuldet er gem. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG die unberechtigt ausgewiesene USt und hat entsprechende Erklärungen abzugeben.

bb) Täterschaft bei faktischer Organschaft

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Als Organ einer steuerpflichtigen Gesellschaft – etwa als formeller Geschäftsführer einer GmbH – ist auch ein bloßer Strohmann aufgrund seiner steuerlichen Pflichten (nach § 34 Abs. 1) tauglicher Täter, sofern er vorsätzlich und schuldhaft handelt bzw. unterlässt.[90] Gleiches gilt für Vorstände einer AG.

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Nach in der Rspr. vorherrschender Ansicht kann daneben als faktischer Geschäftsführer bzw. faktischer Vorstand strafrechtlich belangt werden, wer mit Billigung der Gesellschafter faktisch wie ein Geschäftsführer nach außen auftritt.[91] Von der Rspr. wird gefordert, dass er neben dem formellen Geschäftsführer „eine überragende Stellung“[92] oder „das deutliche Übergewicht“[93] oder auch nur ein „Übergewicht“[94] inne hat. Dazu muss geprüft werden, ob und inwieweit der vermeintlich faktische Geschäftsführer typische Geschäftsführungsaufgaben wahrgenommen hat.[95] Höchstrichterliche Rechtsprechung, die verlangen würde, dass von acht klassischen Geschäftsführungsaufgaben (Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Einstellen von Mitarbeitern, Bestimmung der Höhe der Gehälter, Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern, Verhandlungen mit Kreditgebern, Treffen von Entscheidungen in Steuerangelegenheiten, Steuerung der Buchhaltung) mindestens sechs vom faktischen Geschäftsführer wahrgenommen werden, existiert entgegen landläufiger Meinung – soweit ersichtlich – nicht.[96] Die Rechtsprechung, bleibt insoweit vielmehr vage und stellt je nach Einzelfall unterschiedliche Anforderungen an die Tätigkeit des faktischen Geschäftsführers. Es sei „jedenfalls erforderlich, dass die Urteilsfeststellungen ein ‚Bild‚ von den Verhältnissen ergeben, das Rückschlüsse auf die der Annahme faktischer Geschäftsführung zugrunde liegende konkrete Tätigkeit und ihren Umfang zulässt“.[97] Personen, die – bspw. als Gesellschafter – umfangreich für Kapitalgesellschaften handeln, ohne Geschäftsführer zu sein, laufen damit immer Gefahr, als faktische Geschäftsführer in Anspruch genommen zu werden, ohne dass Ihnen im Vorhinein klare Grenzen aufgezeigt werden könnten. Die einzig festzustellende Regel ist, je umfangreicher und gewichtiger die wahrgenommenen Aufgaben für die Gesellschaft sind, desto größer ist die Gefahr, als faktischer Geschäftsführer betrachtet zu werden.

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Grundsätzlich deckt sich diese Rspr. mit den üblichen Annahmen zur Tatherrschaft eines mittelbaren Täters. Abweichend dazu spielt es aber keine Rolle, ob der formelle Geschäftsführer als Vordermann eigenverantwortlich handelt oder nicht. Letztlich wird der faktische Geschäftsführer dem eingetragenen aufgrund seiner besonderen Einflussnahme gleich gestellt und handelt ggf. als Mittäter.[98]

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Unabhängig von der oben dargestellten Rspr. dürften faktische Geschäftsführer regelmäßig nach § 35 als Verfügungsberechtigte oder nach § 34 Abs. 3 als Vermögensverwalter verantwortlich sein. Verfügungsberechtigt i.S.d. § 35 ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt“.[99] Die Voraussetzungen des § 35 sind für jeden Beteiligten gesondert festzustellen. Eine Zurechnung des Auftretens anderer nach außen nach den strafrechtlichen Grundsätzen der Mittäterschaft findet insoweit nicht statt.[100]

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Der BGH hat zu den Voraussetzungen nach § 35 in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 ausführlich Stellung genommen:[101]

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(1.) Zunächst genügt danach eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis. Somit ist verfügungsberechtigt, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters selbst erfüllen kann, sie durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann oder kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann. Eine solche Möglichkeit besteht z.B. für einen Alleingesellschafter einer GmbH, der sich jederzeit selbst zum Geschäftsführer bestellen oder für die Einsetzung eines anderen Geschäftsführers Sorge tragen kann.[102] Entscheidend ist, dass er selbst in der Lage ist, sich auch die rechtliche Möglichkeit zu verschaffen, über das Vermögen des Schuldners zu verfügen. Nicht ausreichend ist hingegen eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen.[103]

Wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich, den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter i.S.d. § 35 anzusehen sein.[104]

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(2.) Zudem muss der Verfügungsberechtigte als solcher nach außen – also gegenüber irgendeinem Dritten außer dem Rechteinhaber – auftreten.[105] Es reicht aus, wenn er sich so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen, so etwa ein faktischer Geschäftsführer der lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen, zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt.

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(3.) Schließlich muss der Verfügungsberechtigte rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage sein, wobei mittelbares Können – etwa in Form von verbindlichen Weisungen – genügt.

Ist ein Hintermann lediglich faktisch in der Lage, über das Verhalten des nach außen Handelnden zu bestimmen, so kommt insbesondere eine Strafbarkeit wegen Anstiftung in Betracht.[106]

cc) Ehegatte als Mittäter/Teilnehmer

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Werden Ehegatten gemeinsam veranlagt (§ 26a EStG), so ist der Ehepartner, der sich darauf beschränkt, die gemeinsame Erklärung zu unterschreiben, obwohl er weiß, dass der andere Ehegatte unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht, nicht Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung.[107] Der Erklärungsgehalt der Unterschrift gem. § 25 Abs. 3 S. 2 EStG beschränkt sich auf die Tatsachen, die den jeweiligen Ehegatten betreffen. Angaben zu Einkünften, die nur von einem Ehegatten erzielt werden, macht nur der Ehegatte, der den Tatbestand dieser Einkunftsart verwirklicht.[108] Soweit die Einkommensteuererklärung hingegen Besteuerungsmerkmale umfasst, die – wie z.B. Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen – beide Ehegatten betreffen, so beziehen sich auch ihre Erklärungen auf diese Merkmale.[109] Zur Feststellung von Mittäterschaft oder Gehilfenschaft sind die allgemeinen Regeln anzuwenden: Gehen die Beiträge des Ehegatten über die Unterzeichnung der Erklärung hinaus, unterstützt er etwa den anderen aktiv dabei, falsche Angaben zu machen, so ist er als Teilnehmer strafbar. Eine mittäterschaftliche Zurechnung der Hinterziehung an den Ehepartner erfordert die Feststellung, dass das Verschweigen dieses Betrages einem gemeinsamen Tatplan entsprach, etwa weil der mitunterzeichnende Ehegatte an der Erzielung der verschwiegenen Einkünfte mitgewirkt hat.[110]

dd) Steuerberater als Täter/Teilnehmer

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Macht der Steuerberater im eigenen Namen vorsätzlich falsche Angaben für seinen Mandanten gegenüber dem Finanzamt (als Vertreter oder Verfügungsbefugter), so ist er selbst Täter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1. Wenn der steuerliche Berater nicht nach außen auftritt, sondern der Mandant selbst die Erklärung unterzeichnet und als eigene Erklärung einreicht, ist allein der Mandant unmittelbarer Täter, während sich der Steuerberater unter Umständen wegen Beihilfe strafbar macht. Das gleiche gilt bei Erteilung eines Mitwirkungsvermerks des Beraters, dieser macht die Erklärung nicht zu einer solchen des Steuerberaters.[111] In der Literatur wird vertreten, dass auch eine Beihilfestrafbarkeit des Steuerberaters nicht in Betracht komme, wenn sich seine Tätigkeit auf das Anfertigen der Erklärung nach den falschen Angaben des Mandanten beschränkt.[112] Diese Ansicht erscheint jedoch zu weitgehend. Für eine Beihilfestrafbarkeit genügt jede (physische oder psychische) Förderung der Tat, die auch im Vorbereiten einer inhaltlich unrichtigen Erklärung liegen kann, sofern der Steuerberater positive Kenntnis von der Unrichtigkeit der Angaben hat (siehe auch Rn. 25 und 44 zu berufstypischem Verhalten).[113]

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Umstritten ist die Frage, ob der Steuerberater nach § 153 zur Berichtigung einer nachträglich als falsch erkannten Erklärung verpflichtet ist und durch die Nichtabgabe der Berichtigungserklärung den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 erfüllen kann. Eine Berichtigungspflicht des Steuerberaters ergibt sich aus § 153 aber (sofern er nicht zugleich gesetzlicher Vertreter oder Verfügungsberechtigter ist) nicht, da die Vorschrift nur den Steuerpflichtigen, den Rechtsnachfolger sowie nach §§ 34, 35 für sie handelnde Personen trifft.[114]

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Das FG Nürnberg hat in einer Entscheidung vom 10.12.2002 über die Frage der Haftung des Steuerberaters nach § 71 darauf hingewiesen, dass ein Steuerberater, der erkenne, dass in der Zeit seiner Tätigkeit für den Mandanten falsche Erklärungen abgegeben worden sind, standesrechtlich dazu verpflichtet sei, den Mandanten entspr. aufzuklären, zu beraten und ihn zur Abgabe einer Selbstanzeige aufzufordern. Weigert sich der Mandant, die Selbstanzeige abzugeben, sei der Steuerberater verpflichtet, sein Mandat niederzulegen.[115] Von einer Beihilfestrafbarkeit ist aber jedenfalls nur insoweit auszugehen, als der Steuerberater selbst vorsätzlich an der Vorbereitung oder Abgabe falscher Erklärungen mitwirkt oder in Kenntnis einer falschen Erklärung steuerlich relevante Handlungen vornimmt, die sich auf diese Erklärung beziehen, ohne sie richtig zu stellen.

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9783811406506
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