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ee) Bankmitarbeiter als Täter/Teilnehmer

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Die Frage, ob sich Bankangestellte im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit, bspw. mit der Mitwirkung am Kapitaltransfer von Kunden ins Ausland, einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen können sowie die Kriterien für eine Abgrenzung erlaubter Mitwirkung von strafbarer Beihilfe, sind unter dem Begriff des „berufstypischen“, „sozialadäquaten“ oder „neutralen Verhaltens“ in Literatur und Rspr. kontrovers diskutiert worden.[116] Unter anderem wurde eine Strafbarkeit des Bankmitarbeiters mangels Zurechenbarkeit verneint, wenn/weil der Kunde aufgrund eines eigenen (späteren) Entschlusses Erträge im Rahmen seiner Steuererklärung nicht angibt bzw. zumindest dann verneint, wenn seitens der Bank keine Strukturen eingerichtet und genutzt wurden, die ersichtlich auf Verschleierung angelegt waren.[117] Der BGH hat die Frage inzwischen dahingehend entschieden, dass eine generelle Straflosigkeit von als „berufstypisch“ oder auch „professionell adäquat“ bzw. „neutral“, bezeichneten Handlungen nicht in Betracht kommt.[118]

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Der BGH weist zutreffend darauf hin, dass die Begriffe nicht geeignet sind, eine Abgrenzung vorzunehmen, da grundsätzlich jede Handlung in einen strafbaren Kontext gestellt werden kann. Solche Handlungen sind nur dann als strafrechtlich relevante Beihilfehandlung zu beurteilen, wenn der Hilfeleistende weiß, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf zielt, eine strafbare Handlung zu begehen. Hingegen macht sich der Hilfeleistende nicht strafbar, wenn er es lediglich für möglich hält, dass der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter zur Begehung einer Straftat genutzt wird, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ.[119]

ff) Finanzbeamter als Täter/Teilnehmer

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Da die Steuerhinterziehung keine Täuschung gegenüber dem Finanzamt voraussetzt,[120] können auch Finanzbeamte Täter oder Teilnehmer einer (fremden) Steuerhinterziehung sein. So begeht ein Sachbearbeiter des Finanzamtes, der durch die Eingabe erfundener Daten für fingierte Steuerpflichtige Erstattungsbeträge erhält, eine Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Untreue,[121] wobei dem typischen Unrecht des § 266 StGB bereits durch den erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Rechnung getragen wird.[122]

gg) Täterschaft bei Insolvenzverwaltung

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Spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen die steuerlichen Pflichten gem. § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über.[123] Der Insolvenzverwalter ist dann Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3, mit der Folge, dass ihn die steuerlichen Pflichten nach § 34 Abs. 1 treffen.[124] Soweit seine Verwaltung reicht, hat er dieselben steuerlichen Pflichten zu erfüllen, wie die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen sowie die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Ihn treffen daher alle Pflichten, die dem Schuldner oblägen, wenn über sein Vermögen nicht das Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre. Dazu gehört auch die Steuererklärungspflicht gemäß § 149 Abs. 1 sowie ggf. die Verpflichtung zur Buchführung und Bilanzierung; das gilt auch für Steuerabschnitte, die vor der Insolvenzeröffnung liegen. Nach der Rspr. des BFH hat der Insolvenzverwalter auch dann einen Steuerberater mit der Erstellung von Jahresabschlüssen zu beauftragen, wenn die Masse zur Begleichung der dafür entstehenden Kosten nicht ausreicht.[125] Das ist insoweit konsequent, als auch der Steuerpflichtige selbst seine steuerlichen Pflichten unabhängig davon erfüllen muss, ob er einen Steuerberater beauftragen kann oder nicht. Es ist dem Insolvenzverwalter auch zumutbar, da er ggf. einen Erstattungsanspruch aus der Staatsakasse hat.[126] Mit der Verletzung der ihm obliegenden steuerlichen Pflichten kann sich der Insolvenzverwalter nach § 370 strafbar machen, wobei die Grundsätze des berufstypischen Verhaltens zu beachten sind (siehe dazu Rn. 44 f.).

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Daneben kann der Insolvenzschuldner durch die Abgabe von unrichtigen Erklärungen nach den üblichen Kriterien täterschaftlich eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 begehen – ggf. in mittelbarer Täterschaft, wenn er den Insolvenzverwalter zur Abgabe (unwissentlich) falscher Erklärungen bewegt (siehe dazu Rn. 16, 18). Denkbar ist auch eine Strafbarkeit wegen Anstiftung[127] oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Insolvenzverwalters. Hingegen kann sich der Schuldner, bezogen auf die Veranlagungszeiträume, für die die Erklärungspflicht erst im laufenden Insolvenzverfahren entsteht, keiner Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar machen. Ein Verstoß gegen seine Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht gegenüber dem Insolvenzverwalter erfüllt nicht den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2, da tatbestandsmäßig nur pflichtwidriges Unterlassen gegenüber den Finanzbehörden ist.[128]

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Vorstehendes gilt auch dann, wenn dem Schuldner mit Bestellung eines sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters ein Verfügungsverbot gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 1. Alt InsO auferlegt wird.[129]

Ein sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist hingegen selbst dann nicht Vermögensverwalter i.S. von § 34 Abs. 3 und auch nicht Verfügungsberechtigter i.S. von § 35, wenn er die ihm vom Insolvenzgericht übertragenen Verwaltungsbefugnisse überschreitet und tatsächlich über Vermögen des noch verfügungsberechtigten Schuldners verfügt.[130] Erklärungspflichtig bleibt insoweit der Insolvenzschuldner selbst.

2. Tathandlung

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Die Steuerhinterziehung kann nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 durch aktives Tun oder nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 durch Unterlassen begangen werden.

a) Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 – Tun

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Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 liegt darin, dass der Täter gegenüber den Finanzbehörden oder anderen Behörden unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht.

aa) Finanzbehörden oder andere Behörden

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Die Finanzbehörden als mögliche Adressanten der Steuerhinterziehung sind in § 6 Abs. 2 abschließend aufgeführt. Andere Behörden werden in § 6 Abs. 1 legal definiert als Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Als Adressat bei der Steuerhinterziehung kommen sie in Betracht, soweit sie steuerlich erhebliche Entscheidungen treffen. Darüber hinaus werden Gerichte nach § 369 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB den Behörden gleichgestellt, wobei es sich, da sie steuerlich erhebliche Entscheidungen treffen müssen, nur um Finanzgerichte handeln kann.[131] Keine steuerlich erheblichen Feststellungen trifft bspw. das Nachlassgericht.[132] Früher wurde die Anwendbarkeit der § 369 Abs. 2 AO, § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB von Stimmen in der Literatur teilweise mit der Begründung abgelehnt, dass § 6 Abs. 1 insoweit ein Anwendungsvorrang zukomme.[133] Diese Auffassung überzeugt allerdings nicht, da es sich bei § 6 nicht um eine Strafvorschrift der Steuergesetze i.S.d. § 369 Abs. 2 handelt.[134] Lehnt man die Anwendung ab, käme durch falsche Angaben gegenüber Finanzgerichten statt einer Steuerhinterziehung eine Strafbarkeit gem. § 263 StGB wegen Prozessbetruges in Betracht.

bb) Tatsachen

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Der Täter macht im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen. Tatsachen sind konkrete Geschehnisse oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind.[135] Künftige Ereignisse, Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten sowie Werturteile sind keine Tatsachen. Es ist daher nicht tatbestandlich, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Steuererklärung eine unzutreffende Rechtsansicht vertritt, sofern er dem Finanzamt gegenüber den Sachverhalt derart offenlegt, dass die Behörde ihn eigenständig prüfen und bewerten kann[136] (in der Literatur ist das umstritten,[137] s. dazu Rn. 62). Erheblich können auch innere Tatsachen (Überzeugungen, Kenntnisse, Absichten) sein,[138] wie etwa die Absicht künftiger Vermietung bei der Geltendmachung von vorweggenommenen Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.[139]

cc) Steuerlich erhebliche Tatsachen

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Nach Auffassung der strafrechtlichen Rspr. sind Tatsachen dann steuerlich erheblich, „wenn sie zur Ausfüllung eines Besteuerungstatbestands herangezogen werden müssen und damit Grund und Höhe des Steueranspruchs oder des Steuervorteils beeinflussen oder wenn sie die Finanzbehörden zur Einwirkung auf den Steueranspruch sonst veranlassen könnten“.[140] Konkreter formuliert sind erheblich insb. solche Tatsachen, die die Ermittlung (Berechnung/Festsetzung), Erhebung (§ 218 ff.) oder Beitreibung (Vollstreckung, §§ 249 ff.) einer Steuer betreffen.

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Inwieweit falsche Angaben betreffend unzureichende oder fehlerhafte Beweismittel erheblich sind, ist umstritten. Zumindest wenn die Beweismittel keinen Einfluss auf den Steueranspruch als solchen haben, sollen falsche Angaben dazu nicht erheblich sein.[141] So ist bspw. das Vorliegen ordnungsgemäßer Rechnungen keine Voraussetzung für die Geltendmachung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben im Ertragsteuerrecht, eine Täuschung über das Vorliegen daher als Solches noch keine unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen. Legt der Steuerpflichtige zur Verhinderung eines Benennungsverlangens nach § 160 Scheinrechnungen über tatsächlich angefallene Betriebsausgaben oder Werbungskosten vor, so macht er damit Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen (siehe dazu auch Rn. 87).[142] Dennoch begründet dies noch keine Tathandlung, da das Unterbleiben der Vorlegung nicht zwingend zu einem Bennenungsverlangen führt.[143] Wird über Beweismittel getäuscht, bei denen nicht sicher ist, dass ihr Fehlen zu einer steuerlich abweichenden Festsetzung geführt hätte, ist die Täuschung mangels objektiver Zurechenbarkeit nicht tatbestandlich.[144] Hingegen sollen, jedenfalls wenn die Beweismittel materielle Voraussetzung für die Anerkennung von steuerlichen Rechten sind, Angaben dazu erheblich sein.[145] In einem Urteil vom 29.4.2008[146] hat der BFH ausgeführt: „Fehlen Nachweise, deren Vorliegen sachlich-rechtliche Voraussetzung einer Steuernorm sind, und weiß der Steuerpflichtige, dass er diese Bescheinigungen benötigt, um die Voraussetzungen einer bestimmten begünstigenden Regelung erfüllen zu können, so begeht er eine Steuerhinterziehung, wenn er diese steuerliche Regelung beansprucht und dabei das Nichtvorliegen der erforderlichen Bescheinigungen verschweigt.“ Die Entscheidung betraf Kapitalertragsteuerbescheinigungen gem. § 45a Abs. 2 EStG für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Die steuerrechtlichen Anrechnungsvoraussetzungen lagen nach Ansicht des BFH nicht vor, wenn die Bescheinigungen über Körperschaftsteuer nach § 44 KStG in der damals geltenden Fassung im Zeitpunkt der Tatbegehung nicht vorlag. Abzugsteuerbeträge, die nicht bescheinigt wurden, seien weder geeignet, den tatbestandlichen Erfolg der Steuerhinterziehung entfallen zu lassen noch die Strafzumessung zugunsten des Einkommensteuerhinterziehers zu beeinflussen.[147] In gleicher Weise wurde der für Ausfuhrlieferungen vorgeschriebene Buch- und Belegnachweis vom BGH als „tatbestandliche Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung“ gewertet (siehe dazu auch Rn. 179).[148] Diese Rspr. musste der BGH wegen Unvereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben[149] aufgegeben. Er hat daher entschieden, dass die Einhaltung der für Ausfuhrlieferungen im Sinne von, § 6 UStG vorgesehenen Nachweispflichten (§§ 8 ff. UStDV) keine materiellrechtliche Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung ist und daraus gefolgert, dass eine sich lediglich auf die Nachweispflichten auswirkende Verschleierung für sich genommen umsatzsteuerrechtlich ohne Relevanz ist. Die gleiche Problematik stellt sich, wenn der Steuerpflichtige einen Vorsteueranspruch geltend macht, obwohl er nicht über eine Rechnung verfügt. Das Vorliegen einer Rechnung i.S.d. §§ 14, 14a UStG gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG wird bislang in ständiger Rspr. ebenfalls als sachlich-rechtliche Voraussetzung für die Geltendmachung des Vorsteueranspruchs behandelt,[150] so dass auch insoweit die bloße Geltendmachung von Vorsteueransprüchen ohne Vorliegen von ordnungsgemäßen Rechnungen i.S.d. §§ 14, 14c UStG stets als tabestandsmäßig gem. § 370 AO erachtet wird. Selbst wenn der Rechnungsaussteller die USt abführt, kommt das dem Rechnungsadressaten steuerlich nicht zugute.[151] Strafrechtlich wird dieser Umstand lediglich über den steuerlichen Schaden im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt. Demgegenüber ist das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung nach der Rechtsprechung des EuGH ausdrücklich nur formelle Voraussetzung.[152] Ausgehend von anderen Fällen, in denen der EuGH steuerliche Unterlagen als formelle und nicht materielle Voraussetzung für die Geltendmachung steuerlicher Ansprüche betrachtet, kann der Nachweis des Vorsteueranspruchs folglich grds. auch auf andere Weise erfolgen.[153] Entsprechend hat der EuGH in einer Entscheidung vom 21.11.2018 (Az. C 664/16) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit verstoße, da dadurch dem Steuerpflichtigen auf unverhältnismäßige Weise die steuerliche Neutralität seiner Umsätze verwehrt würde.[154]. Demgegenüber lässt der BFH in Kenntnis der Rspr. des EuGH offen, „ob in extremen Ausnahmefällen, in denen der Vorsteuerabzug ansonsten unmöglich gemacht oder auf unverhältnismäßige Weise verwehrt würde, ernstlich zweifelhaft sein könnte, ob ein Vorsteuerabzug ohne eine auf den Leistungsempfänger lautende Rechnung i.S. des § 14 Abs. 4 UStG, Art. 226 MwStSystRL möglich sein könnte“.[155] Da aber die Entstehung des Vorsteueranspruchs nach aktueller Rspr. des EuGH nicht vom Vorliegen einer Rechnung abhängt, wäre das bloße Verschweigen des Nichtvorliegens einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht per se tatbestandlich.[156] Die Anforderungen an den anderweitigen Nachweis des Vorsteueranspruchs sind allerdings auch nach der Rspr. des EuGH sehr hoch.[157] So genügt etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Umfang der bezogenen Vorleistungen nicht als Nachweis, da damit nicht bewiesen wird, dass die USt tatsächlich gezahlt worden ist.[158] Die steuerliche Beweislastregel gilt im Strafverfahren nicht, so dass das Strafgericht zu der Überzeugung gelangen muss, dass der Steuerpflichtige die behaupteten Umsätze nicht getätigt und damit Steuer hinterzogen hat.[159] Dabei wird das Nichtvorliegen von Rechnungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden.

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Erheblich sind auch falsche Angaben betreffend einen Folgebescheid, selbst wenn zum Grundlagenbescheid zutreffende Erklärungen abgegeben werden. So etwa, wenn in einer Gemeinschaftspraxis erwerbstätige Eheleute ihren Gewinn in der Gewinnfeststellungserklärung gem. §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 a, 181 Abs. 2 Nr. 1 zutreffend deklarieren, in der Einkommensteuererklärung aber zu niedrig angeben.[160] Der Umstand, dass der Grundlagenbescheid nach § 182 Abs. 1 S. 1 Bindungswirkung für den Folgebescheid entfaltet, spielt nach Ansicht der Rspr. des BFH keine Rolle.[161]

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Macht der Steuerpflichtige falsche Angaben in seiner Einkommensteuererklärung, die zu einer zu niedrigen Festsetzung führen, so begeht er eine Steuerhinterziehung auch bzgl. der in der Folge ebenfalls zu niedrig festgesetzten Vorauszahlungen.[162]

dd) Unrichtige oder unvollständige Angaben

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Um unrichtige oder unvollständige Angaben i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 zu machen, muss der Täter eine Erklärung abgeben. In welcher Form er die Erklärung abgibt, ob mündlich, schriftlich oder elektronisch,[163] spielt grundsätzlich keine Rolle.

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Steuerlich erheblich sind auch bewusst unrichtige oder unvollständige Angaben zum Abschluss einer tatsächlichen Verständigung.[164] Das bloße Nichtzahlen von Steuern erfüllt den Tatbestand hingegen mangels Erklärung nicht.[165] Eine Ausnahme dazu bildet das gewerbsmäßige oder bandenmäßige Nicht-Entrichten der USt gem. §§ 26b, 26c UStG. Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 sind auch falsche Erklärungen im Erhebungs- oder Vollstreckungsverfahren, mit denen die an sich mögliche Steuererhebung verzögert oder vereitelt wird, wie bspw. die Vorlegung eines falschen Vermögensverzeichnisses, um Zahlungserleichterungen zu erhalten.[166]

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Die Steuerhinterziehung setzt keine Täuschungshandlung voraus.[167] Auf den Kenntnisstand des Finanzamts kommt es daher nicht an. Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 kann selbst dann begangen werden, wenn der zuständige Finanzbeamte der Veranlagungsstelle Kenntnis aller für die zutreffende Festsetzung erforderlichen Tatsachen hat und die Beweismittel i.S.d. § 90 bekannt und verfügbar sind.[168]

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Umgekehrt macht der Steuerpflichtige keine falschen Angaben, wenn er vom Finanzamt trotz vollständiger und richtiger Erklärung begangene Fehler übernimmt, indem er bspw. einen durch das Finanzamt in Kenntnis aller relevanten Tatsachen zu unrecht festgestellten Verlustvortrag geltend macht.[169]

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Nach der Rspr. genügt es für eine Steuerhinterziehung, dass in der Erklärung eine von der Verwaltung abweichende Rechtsauffassung vertreten wird, die zu anderen steuerlichen Ergebnissen führt, ohne dass dies gegenüber dem Finanzamt offen gelegt wird.[170] Verschiedene Literaturmeinungen lehnen das – für den Fall, dass die Rechtsansicht vertretbar ist – ab.[171] Das erscheint jedoch weder praktikabel, noch sachgerecht: Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, wie und durch wen eine noch vertretbare von einer nicht mehr vertretbaren Meinung abgegrenzt werden sollte, erscheint es zumutbar, den Steuerpflichtigen zur Offenlegung einer als von der Rspr. bzw. Verwaltungsmeinung abweichend erkannten Behandlung der steuerlich relevanten Tatsachen zu verpflichten.[172] Das bedeutet, der Steuerpflichtige muss den Sachverhalt offenlegen, den er abweichend behandelt, also bspw. mitteilen, dass es sich bei den geltend gemachten Betriebsausgaben um Bestechungszahlungen oder die Kosten für ein Tageszeitungsabonnement handelt.[173] Lehnt die Verwaltung die entsprechende Veranlagung ab, steht ihm der Rechtsweg offen. Erkennt der Steuerpflichtige nicht, dass er eine abweichende Rechtsauffassung vertritt, so handelt er nicht vorsätzlich. Legt der Steuerpflichtige seine abweichende Rechtsauffassung gegenüber dem Finanzamt offen, darf er diese seiner Erklärung zugrunde legen, auch wenn sie höchstrichterlicher Rspr. und/oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis widerspricht.[174]

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Unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 setzten nach Ansicht der Rspr. des BGH keine Abgabe einer wirksamen Steuererklärung voraus.[175] Wird bspw. eine Steuererklärung entgegen den gesetzlichen Vorgaben ohne eigenhändige Unterschrift eingereicht, so ist die Erklärung zwar zunächst unwirksam,[176] durch die Steuerfestsetzung werde der Erklärungsmangel aber geheilt.[177] Eine falsche Umsatzsteuerjahreserklärung wird dementsprechend selbst dann als strafrechtlich relevant erachtet, wenn sie entgegen den geltenden Bestimmungen nicht unterschrieben ist. Es muss lediglich auf andere Weise sicher gestellt sein, dass die falschen Angaben in der eingereichten Erklärung vom Täter veranlasst worden sind und zu einer Steuerverkürzung geführt haben.[178] Gleiches gilt für die nach § 25 Abs. 3 S. 1 EStG, § 150 AO vom Steuerpflichtigen zu unterzeichnende Einkommensteuererklärung. In der Praxis verlagert sich das Problem auf Erklärungen, die fehlerhaft elektronisch eingereicht worden sind.[179] So darf die Umsatzsteuerjahreserklärung schon jetzt nur noch in Ausnahmefällen in Papierform unterschrieben eingereicht werden (§ 18 Abs. 3 S. 3 UStG). Werden elektronische Erklärungen – wie die USt-Jahreserklärung entgegen § 18 Abs. 3 S. 1 UStG i.V.m. § 6 Abs. 1 StDÜV oder die Einkommensteuererklärung entgegen § 25 Abs. 4 EStG, jeweils i.V.m. § 87a Abs. 3 S. 3 und 4 AO –, ohne die vorgesehene Authentifizierung abgegeben, spielt dies ausgehend von der zitierten Rspr. keine Rolle, wenn sich auf andere Weise feststellen lässt, dass der Täter sie versendet hat.

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Andererseits genügt die Unterschrift allein nicht als Übernahme der Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit der Steuererklärung und hat daher für sich genommen keine strafrechtliche Bedeutung, wenn die Erklärung bspw. vom Steuerberater fehlerhaft vorbereitet worden ist.[180] Lässt der Steuerpflichtige die Erklärung (wirksam) von einem Vertretungsberechtigten, bspw. seinem Steuerberater, unterschreiben entbindet ihn das wiederum nicht von seiner Verantwortung für die Richtigkeit der darin gemachten Angaben.[181]

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Die erweiterte Sachaufklärungspflicht nach § 90 Abs. 2 gilt im Strafverfahren nicht, so dass aus der Verletzung der Beweisvorsorge- und Beweisbeschaffungspflicht als solcher keine negativen Schlüsse für den Beschuldigten gezogen werden dürfen.[182]

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9783811406506
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