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Читать книгу: «La San Felice Band 14», страница 6

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Achtes Capitel.
Wie man 1799 in Neapel starb

Vier bis an die Zähne bewaffnete Männer erwarteten Salvato im Innern der Kirche. Einer von ihnen breitete ihm die Arme entgegen. Salvato warf sich ihm an die Brust und rief:

»Mein Vater !«

»Und nun,« sagte dieser, »ist kein Augenblick zu verlieren. Komm’, komm’!«

»Aber,« sagte Salvato sich sträubend. »können wir nicht auch meine Unglücksgenossen retten?«

»Nein, daran ist nicht zu denken,« entgegnete Giuseppe Palmieri. »Denken wir blos an Luisa.«

»Ja, ja, Luisa!«, rief Salvato; »retten wir Luisa.«

Hätte Salvato übrigens auch Widerstand leisten wollen, so wäre ihm dies doch unmöglich gewesen, denn bei dem Getöse der an der Kirchenthür hämmernden Flintenkolben zog Giuseppe Palmieri seinen Sohn mit Riesenkraft nach dem Ausgang, welcher in die Strada dei Chiarettieri al Pendino führt.

An diesem Ausgange erwarteten, von zwei Bauern aus den Abruzzen gehalten, vier fertiggesattelte Pferde, jedes mit einem Carabiner am Sattelbogen, ihre Reiter.

»Dies da ist mein Pferd,« sagte Giuseppe Palmieri, indem er sich in den Sattel schwang, »und hier ist das deinige,« setzte er hinzu, indem er seinem Sohn ein zweites Pferd zeigte.

Ehe sein Vater noch ausgeredet hatte, saß Salvato ebenfalls im Sattel.

»Folge mir!« rief Giuseppe ihm zu.

Und er sprengte voran über den Largo del Elmo, durch den Vico Grande, durch die Strada Egiziaca a Forcella.

Salvato folgte ihm; die beiden anderen Männer galoppierten hinter Salvato drein.

Fünf Minuten später verließen sie Neapel durch das Thor von Nola, schlugen den Weg nach San Corme ein, wendeten sich auf einem durch den Sumpf führenden Weg links, gewannen oberhalb Capodichino die Straße nach Casoria, ließen San Antonio zu ihrer Linken, Acerra zu ihrer Rechten und vertieften sich, Dank der Vortrefflichkeit ihrer Pferde, die beiden Männer, welche ihnen zur Escorte dienten, weit hinter sich lassend, in das Thal der caudinischen Pässe.

Denjenigen unserer Leser, welche Alles erklärt haben wollen, werden wir diese Erklärung jetzt mit kurzen Worten geben.

Giuseppe Palmieri hatte auf einer kurzen Reise, die er nach Molia gemacht, ein Dutzend ihm treuergebene Männer gefunden, die er mit nach Neapel genommen.

Ein alter Freund von ihm, welcher Mitglied der Brüderschaft der Bianchi war, hatte es übernommen, unter dem Vorwand, Salvato als Büßer zu begleiten, den Verurtheilten von dem in Kenntniß zu setzen, was zu einer Rettung unternommen worden.

Einer der von Giuseppe Palmieri mitgebrachten Bauern hatte die Straße durch einen Holzwagen versperrt.

Der andere erwartete das Vorüberkommen des Zuges mit einem mit zwei Büffeln bespannten Karren, welcher beinahe die ganze Breite der Straße einnahm.

Sobald der Zug vorüber war, ließ der Bauer einem jeden seiner Büffel ein Stück brennenden Schwamm in das Ohr fallen. Die Büffel geriethen dadurch natürlich in die größte Wuth, stürzten sich brüllend in die Straße hinein und rannten Alles nieder, was ihnen in den Weg kam.

Dies war die Veranlassung zu der Verwirrung, welche Salvato benutzt hatte.

Durch sein Verschwinden aber war diese Verwirrung nicht beschwichtigt worden.

Wir haben bereits gesagt, daß Michele einen Versuch machte, Salvato zu folgen, daß er aber durch den alten Fischer Basso Tomeo festgehalten ward, welcher geschworen hatte, ihn dem Henker streitig zu machen.

Und in der That hatte sich nicht blos ein Kampf zwischen den Lazzaroni, welche Michele in Stücke reißen wollten, weil er ihre ehrenwerthe Zunft durch das Tragen der französischen Uniform geschändet, sondern auch zwischen ihnen und Michele entsponnen, welcher, wenn es einmal nicht anders war, doch lieber gehängt als in Stücke gerissen werden wollte.

Die Soldaten der Escorte kamen Michele zu Hilfe und es gelang ihnen ihn den Händen seiner ehemaligen Cameraden zu entreißen, leider aber in einem beklagenswerthem Zustand.

Die Lazzaroni sind flink und hatten Zeit gehabt, Michele zwei oder drei Messerstiche zu versetzen.

Die Folge hiervon war, daß man, da der arme Teufel nicht mehr gehen konnte, sich des Karrens bemächtigte, welcher die Straße versperrte, um auf diesem den Verurtheilten den noch übrigen Weg zurücklegen zu lassen.

Was Salvato betraf, so hatte man eine Flucht wohl bemerkt, denn diese war durch die Kolbenschläge beschleunigt worden, welche die Soldaten gegen die Thür der Kirche geführt.

Diese Thür war aber zu fest, als daß man sie einzuschlagen vermocht hätte. Deshalb mußte man um die Kirche und sogar durch die Strada del Pendino um die ganze Gasse herumlaufen.

Man that es; aber dies dauerte eine Viertelstunde, und als man an den Ausgang der Kirche gelangte, war Salvato schon außerhalb Neapel und folglich außer Gefahr.

Von den übrigen Verurtheilten hatte keiner die mindeste Bewegung gemacht, um ebenfalls zu entfliehen.

Als Salvato verschwunden war und Michele auf seinem Karren lag, setzte die Todesprozession sich wieder in Bewegung nach dem Ort der Hinrichtung, das heißt nach dem sogenannten Altmarkte.

Um jedoch dem Volke mehr Genuß zu verschaffen, ließ man den Zug einen großen Umweg durch die Strada Francesca machen, so daß er auf den Quai herauskam.

Die Lazzaroni hatten Leonora Pimentel erkannt, und indem sie unter Geheul und obscönen Geberden zu beiden Seiten der Escorte hertanzten, sangen sie:

 
»La Signora Dianora,
Che contava neappa lo triato,
Mo alballa muzzo a lo mercato.
 
 
»Viva, viva lo papa santo,
Che a marmato i cannoncini,
Per distruggere i giacobini.
 
 
»Viva la forca e maestro Donato,
Sant’ Antonio sia lodato!«
 

Diese Verse bedeuten:

»Die Signora Dianora, welche auf dem Theater sang, tanzt jetzt mitten auf dem Markte.

»Es lebe, es lebe der heilige Vater, welcher kleine Kanonen geschickt hat, um die Jakobiner zu vernichten.

»Es lebe der Galgen und Meister Donato. Der heilige Antonius sei gelobt!«

Mitten unter diesem Geschrei und Geheul, diesen groben Scherzen und Beleidigungen kamen die Verurtheilten auf den Quai heraus, folgten der Strada Nuova und erreichten die Strada dei Sospiri dell’ Abisso, von wo aus sie die in der Mitte des Altmarkts aufgerichteten Hinrichtungswerkzeuge erblickten.

Dieselben bestanden aus sechs Galgen und einem Schaffot.

Einer der Galgen überragte die anderen um wenigstens zehn Fuß.

In Folge eines obscönen Einfalls war dieser Galgen für Leonora Pimentel bestimmt.

Man sieht, der König von Neapel setzte die Aufmerksamkeit gegen eine guten Lazzaroni nicht aus den Augen.

An der Ecke des Vico della Conciaria erwartete ein gräßlich verstümmelter Mann mit einer Narbe, welche sein Gesicht spaltete und die Stelle des einen Auges bedeckte, mit einer Hand, woran die Finger fehlten und mit einem hölzernen Bein, durch welches er sein gebrochenes ersetzt, den Zug, welchem er in Folge einer Schwäche nicht im Stande gewesen war entgegenzugehen.

Es war der Beccajo.

Er hatte Salvato’s Prozeß und Verurtheilung erfahren, und so schlecht geheilt er auch war, eine Anstrengung gemacht, um das Vergnügen zu haben, ihm hängen zu sehen.

»Wo ist er, der Jakobiner? Wo ist er, der Verworfene? Wo ist er, der Bandit?« rief er, indem er die Reihe der Soldaten zu durchbrechen suchte.

Michele erkannte seine Stimme, und obschon fast sterbend, richtete er sich auf seinem Karren empor und rief mit lautem Gelächter:

»Wenn Du Dich hierherbemüht hat, um den General Salvato hängen zu sehen, so hast Du Dir vergebliche Mühe gemacht. Er ist gerettet!«

»Gerettet!« rief der Beccajo, »gerettet! Das ist unmöglich!«

»Nun so frage diese Herren und sieh, was für lange Gesichter sie machen! Indessen hast Du immer noch eine Aussicht für Dich, nämlich wenn Du Dich sofort aufmacht und ihm nachläuft. Du hast gute Beine, Du wirst ihn schon einholen.«

Der Beccajo stieß ein Wuthgeheul aus; noch einmal sah er sich um eine Rache betrogen.

»Platz! Platz!« riefen die Soldaten, indem sie ihn mit Kolbenstößen zurückdrängten.

Und der Zug bewegte sich weiter.

Man langte am Fuße der Galgen an. Hier erwartete ein Gerichtsbeamter die Verurtheilten, um ihnen den Urtheilsspruch nochmals vorzulesen.

Dieses Vorlesen geschah mitten unter Gelächter, Geheul, Schmähungen und brüllendem Gesang.

Als der Urtheilsspruch verlesen war, näherte der Henker sich der Gruppe der Verurtheilten.

In Bezug auf die Reihenfolge, in welcher die Patrioten hingerichtet werden sollten, war keine feste Bestimmung getroffen.

Als Cirillo und Manthonnet den Henker auf sich zukommen sahen, thaten sie einen Schritt vorwärts.

»Welchen von beiden soll ich zuerst hängen?« fragte Meister Donato.

Manthonnet bückte sich, hob zwei Strohhalme von ungleicher Länge auf und gab Cirillo die Wahl.

Cirillo zog den längsten.

»Ich habe gewonnen,« sagte Manthonnet.

Und mit diesen Worten überlieferte er sich Meister Donato.

Als ihm der Strick um den Hals gelegt war, rief er:

»O Volk, heute schmähst Du uns, aber es wird der Tag kommen, wo Du Alle rächst, die für dein Vaterland gestorben sind.«

Meister Donato stieß ihn von der Leiter und sein Körper baumelte in der Luft.

Nun war Cirillo an der Reihe.

Als er auf der Leiter stand, versuchte er ebenfalls einige Worte zu sprechen, der Henker aber ließ ihm nicht Zeit dazu, und unter dem lauten Beifallsgeschrei der Lazzaroni baumelte sein Körper neben dem Manthonnets.

Nun trat Leonore Pimentel vor.

»Du bist noch nicht daran,« sagte der Henker in rauhem Tone zu ihr.

Sie trat einen Schritt zurück und sah, daß man Michele getragen brachte.

Am Fuße des Galgens aber sagte dieser:

»Laßt mich versuchen die Leiter allein hinaufzusteigen, meine Freunde, denn sonst wird man glauben, nicht meine Wunden hätten mir die Kraft geraubt, sondern die Furcht.«

Und ohne gestützt zu werden, stieg er die Stufen hinauf, bis Meister Donato zu ihm sagte:

»So ist’s genug.«

Dann blieb er stehen. Und da ihm der Strick im Voraus um den Hals gelegt worden, so brauchte der Henker ihm nur einen Stoß mit dem Knie zu versetzen, um ihm den Garaus zu machen.

In dem Augenblick, wo er in den leeren Raum hinausgeschleudert ward, murmelte er dem Namen Nanno. Der übrige Theil des Redesalzes, wenn es wirklich ein Redesatz war, ward durch die sich zusammenziehende Schlinge erwürgt.

Jede dieser Hinrichtungen ward mit wahnsinnigem, wüthendem Hurrahgeschrei begrüßt.

Die Hinrichtung aber, welche man mit der größten Ungeduld erwartete, war augenscheinlich die der unglücklichen Leonora Pimentel.

Endlich war sie an der Reihe, denn Meister Donato mußte erst mit den Galgen fertig werden, ehe er zur Guillotine überging.

Der Gerichtsbeamte sagte einige Worte leise zu Meister Donato, welcher sich Leonora näherte.

Die Heldin hatte ihre Ruhe wiedergewonnen, die einen Augenblick lang durch den Anblick dieses Galgens, der höher war als alle übrigen, gestört worden – einen Anblick, der allerdings nicht ihren Muth gebrochen, wohl aber ihr Schamgefühl erschreckt hatte.

»Signora,« sagte der Henker in einem andern Ton als dem, in welchem er fünf Minuten vorher zu ihr gesprochen, »ich bin beauftragt, Ihnen zu sagen, daß, wenn Sie um Begnadigung bitten, Ihnen eine Frist bewilligt werden wird, während welcher Ihr Gesuch an den König Ferdinand abgesendet werden soll, der in seiner Milde vielleicht Ihre Bitte erhört.«

»Bitten Sie um Gnade! Bitten Sie um Gnade!« wiederholten um sie herum die Büßer, welche sie und ihre Genossen hierhergeleitet hatten.

Dieser Beweis von Theilnahme entlockte ihr ein Lächeln.

»Und wenn ich nun um etwas Anderes bitte als das Leben, wird man es mir gewähren?«

»Vielleicht,« entgegnete Meister Donato.

»Wenn dies der Fall ist,« sagte sie, »so bitte ich Euch um ein Beinkleid.«

»Bravo!« rief Hector Caraffa; »eine Spartanerin hätte nicht besser sprechen können.«

Der Henker sah den Gerichtsbeamten an. Man hatte eine weibliche Schwäche erwartet, erhielt aber dagegen die erhabene Antwort einer Heldin.

Der Gerichtsbeamte gab ein Zeichen.

Meister Donato ließ seine unsaubere Hand auf Leonora’s nackte Schulter fallen und zog sie nach dem höchsten Galgen.

Am Fuße desselben angelangt, maß sie die Höhe mit den Augen.

Dann wendete sie sich nach dem Kreise von Zuschauern, welcher das Marterwerkzeug von allen Seiten umringte, und sagte:

»Im Namen des Schamgefühles frage ich: Gibt es eine Familienmutter unter Euch, welche mir ein Mittel gewährt, mich vor dieser Infamie zu bewahren?«

Eine Frau warf ihr die lange silberne Nadel zu, womit sie ihr Haar festgesteckt hatte.

Leonora stieß einen Freudenschrei aus, steckte mit Hilfe dieser silbernen Nadel in der Höhe des Knies das Vorder- und Hintertheil ihres Kleides zusammen und improvisierte das Beinkleid, welches sie vergebens verlangt hatte.

Dann erstieg sie mit festem Fuße die Sprossen der Leiter, indem sie die vier ersten Verse der neapolitanischen Marseillaise hersagte, die sie an dem Tage, wo man den Fall von Altamura erfuhr, auf dem Theater San Carlo gesungen hatte.

Ehe sie noch den vierten Vers beendet, war diese heldenmüthige Seele in den Himmel emporgestiegen.

Die Galgen waren voll bis auf einen. Es war dies der für Salvato bestimmte. Es gab Niemanden mehr zu hängen, wohl aber gab es noch Jemanden zu guillotiniren.

Dies war der Graf von Ruvo.

»Na,« sagte er, als er sah, daß Meister Donato und seine Gehilfen mit dem letzten Cadaver fertig waren, »hoffentlich komme nun ich an die Reihe, wie?«

»O, sei unbesorgt,« sagte Meister Donato, »ich werde Dich nicht lange warten lassen.«

»Wenn ich um eine Gunst bäte, würde mir dieselbe wohl gewährt werden?

»Wer weiß? Bittet nur erst.«

»Wohlan, dann wünsche ich so geköpft zu werden, daß ich das Eisen, welches mir den Hals durchschneiden wird, fallen sehen kann.«

Meister Donato sah den Gerichtsbeamten an. Dieser gab durch eine Geberde zu verstehen, daß nach seiner Ansicht der Erfüllung dieses Wunsches sich kein Hinderniß entgegenstelle.

»Es wird geschehen, wie Du willst,« antwortete der Henker.

Hector Caraffa erstieg nun flink die Stufen des Schaffots und legte, auf der Plattform angelangt, sich selbst auf das Brett, mit dem Rücken nach unten und dem Gesicht gen Himmel gewendet.

So band man ihn fest, dann schob man ihn unter das Fallbeil.

Der über diesen unerschütterlichen Muth vielleicht ein wenig erstaunte Henker zögerte einen Augenblick, ein schreckliches Amt zu verrichten.

»Taglia dunque, per Dio!« rief ihm der Delinquent zu. (»So schneidet doch, bei Gott!«)

Auf diesen Befehl fiel das verhängnißvolle Eisen und Hector Caraffas Kopf rollte auf das Blutgerüst.

Wenden wir die Augen ab von diesem gräßlichen Schauplatz der Metzelei, welchen man Neapel nennt, und richten wir sie wieder auf einen andern Punkt des Königreiches.

Neuntes Capitel.
Die Goelette »der Renner«

Drei Monate waren seit den soeben erzählten Ereignissen verflossen. Vieles hatte sich in Neapel geändert. Die englische Flotte war fort und der Cardinal Ruffo hatte sich ebenfalls entfernt, nachdem er seine Armee aufgelöst und seine Vollmachten zurückgegeben, um nach Venedig zu gehen und als einfacher Cardinal im Conclave Pius dem Sechsten einen Nachfolger zu geben.

Eine der wichtigsten Veränderungen war die Ernennung des Fürsten von Cassero Statella zum Vicekönig von Neapel und die des Marquis Malaspina zum zweiten Geheimsecretär.

Da die Restauration des Königs Ferdinand von nun an gesichert war, so wurden die Belohnungen ausgeheilt.

Für Nelson noch mehr zu thun, als man bereits gethan, war beinahe unmöglich. Er hatte den Degen Philipps des Fünften, er war Herzog von Bronte, er bezog von seinem Herzogthum fünfundsiebzigtausend Livres Rente.

Der Cardinal Ruffo erhielt eine Leibrente von fünfzehntausend Ducati oder fünfundsechzigtausend Francs von den Einkünften von San Giorgio la Malara, einem Lehen des Fürsten von Riccia, welches in Ermanglung von Erben der Regierung anheimgefallen war.

Der Herzog von Baranello, ältester Bruder des Cardinals, bekam die Abtei San Sofia Benevento, eine der reichten des Königreiches.

Francesco Ruffo, der seinen Bruder zum Kriegsinspector ernannt – derselbe, den wir von Nelson halb als Boten, halb als Geißel an den Hof von Palermo schicken gesehen – erhielt eine lebenslängliche Pension von dreitausend Ducati.

Der General Micheroux ward zum Marschall ernannt und erhielt einen diplomatischen Vertrauensposten.

Cesare, der falsche Herzog von Calabrien, bekam dreitausend Ducati Rente und ward zum General ernannt.

Fra Diavolo ward Oberst und Herzog von Cassano.

Pronio, Mammone und Sciarpa wurden zu Obersten und Baronen ernannt, erhielten Pensionen und Landgüter und wurden mit dem Orden des heiligen Georg decorirt.

Ueberdies stiftete man zur Belohnung der Dienste einen neuen Orden, welcher den Namen: »Orden des heiligen Ferdinand und des Verdienstes bekam und die Devise führte: Fidei et Merito.

Nelson war der erste Ritter dieses Ordens, denn den des heiligen Januarius, den ersten des Staates, konnte man ihm als einem Ketzer nicht geben.

Endlich nachdem Ferdinand die ganze Welt belohnt, meinte er, es sei nicht mehr als recht, daß er sich auch selbst belohne.

Er ließ deshalb Canova von Rom kommen und befahl ihm – die Sache ist wirklich so seltsam, daß wir zögern sie zu erzählen, weil wir fürchten müssen, daß man uns nicht glaube, – und befahl ihm, seine eigene Statue als Minerva zu fertigen.

Sechzig Jahre lang sah man das groteske kolossale Meisterwerk in einer Nische über den ersten Stufen der großen Treppe des bourbonischen Museums, wo sie noch stehen würde, wenn ich zur Zeit meiner Ernennung zum Honorardirector der schönen Künste sie nicht von diesem Standpunkt hätte entfernen lassen, nicht weil es eine lächerliche Reproduction Ferdinands, sondern weil es ein Flecken für den Genius des größten Bildhauers Italiens und ein Beweis von der Erniedrigung war, zu welcher der Meißel eines Künstler herabsteigen kann, welcher, wenn er nur einen Grad von Selbstachtung besessen, sich gewiß nicht dazu verstanden hätte, sein Talent durch Ausführung einer solchen Caricatur zu prostituieren.

Hierzu kam, daß, da die neapolitanische Dynastie einmal im glücklichen Zuge war, die schöne melancholische Erzherzogin, welche wir auf der königlichen Galeere gesehen, nachdem sie kurz zuvor jene Tochter geboren, die, wie wir ebenfalls bereits bemerkt, später einmal die Herzogin von Berry werden sollte, im Monat Februar oder März 1800 wieder in gesegneten Umständen war.

Trotz aller von uns erzählten Ereignisse, welche nachtheilig auf ihre Schwangerschaft hätten einwirken können, war diese glücklich bis zum neunten Monate gediehen, so daß man blos auf ihre Entbindung wartete, um, besonders wenn sie einen Prinzen zur Welt brächte, in Palermo eine Reihe von Festen zu veranstalten, welche der doppelten Veranlassung, welche den Grund dazu gegeben, würdig wären.

Auch noch eine andere Frau sah, freilich nicht in einem Palast und nicht von Sammt und Seite umgeben, sondern auf dem Stroh des Kerkers, einer verhängnißvollen und tödtlichen Entbindung entgegen, denn sie sollte dieselbe nicht lange überleben.

Diese andere Frau war die unglückliche Molina Luisa San Felice, welche, wie wir gehört, von ihrem Gatten für schwanger erklärt worden und auf Befehl des in seiner Rache hartnäckigen Königs Ferdinand nach Palermo geführt und einer ärztlichen Untersuchung unterzogen worden, bei welcher sich die Schwangerschaft als unzweifelhaft herausgestellt hatte.

Der König aber, der selbst für das Mitleid so wenig zugänglich war, hatte seinen eigenen Arzt Antonio Villari rufen lassen und ihm unter Androhung der härtesten Strafe befohlen, ihm über den Zustand der Gefangenen die Wahrheit zu sagen.

Antonio Villari erkannte eben so wie seine Collegen die Schwangerschaft, und versicherte sie dem König auf Ehre und Gewissen.

Nun erkundigte der König sich genau, von welcher Zeit an wohl die Schwangerschaft datiere, um zu wissen, wann, nachdem das Kind geboren worden, man die Mutter dem Henker überantworten könne.

Zum Glück war sie gerichtet und verurtheilt und konnte noch an demselben Tage, wo das Kind, das bis jetzt ihr Schutz war, ihrem Leibe entrissen sein würde, ohne weiteren Aufschub hingerichtet werden.

Ferdinand gab seinen eigenen Arzt Antonio Villardem Dienste der Gefangenen bei und wollte, damit Niemand seine Rachepläne durchkreuze, nicht blos zuerst, sondern auch allein von der stattgehabten Entbindung in Kenntniß gesetzt werden.

Diese beiden Entbindungen, die der Prinzessin, welche dem Thron einen Erben, und die der Verurtheilten, welche dem Henker ein Schlachtopfer schenken sollte, standen binnen wenigen Wochen nacheinander zu erwarten und zwar so, daß die der Prinzessin der der Verurtheilten voranging.

Dieser Umstand war es, auf welchen den Chevalier San Felice seine letzte Hoffnung gebaut hatte.

In der That war er, nachdem er seine barmherzige Mission in Neapel erfüllt, nachdem er durch seine Erklärung vor dem Tribunal und durch seine Achtung vor der Gefangenen die Ehre des Weibes sichergestellt, wieder nach Palermo zurückgekehrt, um bei dem Herzog von Calabrien, welcher den Palast des Senats bewohnte, seinen gewohnten Posten wieder aufgenommen.

Noch am Tage seiner Ankunft, und als er noch zögerte, vor dem Prinzen zu erscheinen, ließ dieser ihn rufen, reichte ihm die Hand, welche der Chevalier küßte, und sagte:

»Mein lieber San Felice, Sie haben mich um die Erlaubniß gebeten, nach Neapel zu reisen, und ohne Sie zu fragen, was Sie dort zu thun hätten, habe ich Ihnen diese Erlaubniß gegeben. Gegenwärtig haben sich verschiedene Gerüchte, wahre oder falsche, über die Ursache Ihrer Reise verbreitet. Nicht als Fürst, sondern als Freund erwarte ich, von Ihnen von dem, was Sie dort gemacht haben, unterrichtet zu werden. Ich habe Sie sehr lieb, das wissen Sie, und an dem Tage, wo ich Ihnen einen großen Dienst werde leisten können, werde ich der glücklichste Mensch von der Welt sein, ohne deswegen zu glauben, daß ich mich meiner Schuld gegen Sie entledigt habe.«

Der Chevalier wollte sich auf ein Knie niederlassen, der Prinz wehrte es ihm aber, schloß ihn in seine Arme und drückte ihn an sein Herz.

Nun erzählte der Chevalier Alles, seine Freundschaft gegen den Fürsten Caramanico, das Versprechen, welches er demselben an seinem Sterbebett gegeben, seine Vermälung mit Luisa; kurz, er erzählte ihm Alles, ausgenommen Luisas Geständnisse, so daß in den Augen des Prinzen die Vaterschaft des Chevaliers keinem Zweifel unterworfen sein konnte.

Der Chevalier endete damit, daß er Luisas politische Unschuld betheuerte und den Prinzen bat, ihre Begnadigung auszuwirken.

Der Prinz dachte einen Augenblick nach. Er kannte den grausamen rachsüchtigen Charakter seines Vaters; er wußte, welchen Schwur dieser gethan und wie schwer es sein würde, ihn von diesem Schwur zurückzubringen.

Plötzlich aber durchzuckte ein leuchtender Gedanke sein Hirn.

»Erwarten Sie mich hier, sagte er zu dem Chevalier.

»In einer Angelegenheit von dieser Bedeutung muß ich meine Gemahlin zu Rathe ziehen und diese ist überdies eine sehr gute Rathgeberin.«

Mit diesen Worten ging er in das Schlafzimmer der Prinzessin.

Fünf Minuten später öffnete sich die Thür wieder und der Prinz rief, den Kopf durch die Oeffnung steckend, den Chevalier hinein.

In dem Augenblick, wo die Thür des Schlafzimmers der Prinzessin sich hinter San Felice schloß, steuerte eine kleine Goelette, welche durch die Höhe und Biegsamkeit ihrer Masten amerikanische Bauart verrieth, um den Berg Pelegrino, folgte dem langen Hafendamm des Schlosses des Molo, welcher mit der Batterie endet, fuhr mit derselben Leichtigkeit, wie in unseren Tagen ein Dampfschiff zu thun pflegt, zwischen den englischen Kriegsschiffen und den Kauffahrteischiffen aller Länder, welche den Hafen von Palermo füllten, hindurch und ging eine halbe Kabellänge vor dem seit langer Zeit in ein Staatsgefängniß verwandelten Schlosse Castellamare vor Anker.

Wenn das Merkmal, an welchem man, wie wir gesagt, die Nationalität des kleinen Schiffes erkennen konnte, für wenig geübte Augen nicht hinreichend gewesen wäre, so hätte doch die sich an der Spitze des großen Mastes entfaltende Flagge, auf welcher man die Sterne der amerikanischen Union erblickte, bestätigt, daß es auf dem von Christoph Columbus entdeckten Boden gebaut war und daß es, so gebrechlich es auch zu sein schien, kühn und glücklich das atlantische Meer überschifft hatte, gerade wie ein Dreidecker oder eine Fregatte.

Sein mit goldenen Buchstaben am Spiegel angeschriebener Name »The Runner«, das heißt »der Renner«, verrieth, daß es einen Namen seinem Verdienst gemäß, aber nicht von der Laune eines Eigenthümers erhalten hatte.

Kaum war der Anker geworfen, so sah man das Quarantänenboot mit Beobachtung der gewohnten Formalitäten und Vorsichtsmaßregeln auf den »Renner« zusteuern, und dann wurden die herkömmlichen Fragen und Antworten gewechselt.

»Goelette, ahoi!« rief man; »wo kommt Ihr her?«

»Von Malta.«

»Direct?«

»Nein, wir sind in Marsala angelaufen.«

»Zeigt euer Patent.«

Der Capitän, welcher alle diese Fragen auf italienisch, aber mit sehr hörbarem Yankee-Accent beantwortete, reichte das verlangte Papier dar, welches man ihm mit einer Zange aus den Händen nahm und welches, nachdem man es gelesen, ihm auf dieselbe Weise zurückgegeben ward.

»Gut,« sagte der Beamte, »Ihr könnt in das Boot steigen und mit uns nach der Quarantäne kommen.«

Der Capitän ließ eines seiner Boote aussetzen, nahm vier Ruderer mit und passierte, von dem Quarantäneboot begleitet, die ganze Rhede, um das auf der andern Seite des Hafens liegende Quarantänegebäude, die Salute genannt, zu erreichen.

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Дата выхода на Литрес:
30 ноября 2019
Объем:
200 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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