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Читать книгу: «La San Felice Band 14», страница 7

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Zehntes Capitel.
Die Nachrichten, welche die Goelette »der Renner«
mitbrachte

Noch am Abend des Tages, wo wir den Chevalier San Felice in das Schlafzimmer der Herzogin von Calabrien gehen und den Capitän der Goelette »der Renner« sich nach der Salute haben begeben sehen, war die ganze königliche Familie bei der Sicilien in demselben Zimmer des Palastes versammelt, wo wir gesehen haben, wie Ferdinand mit dem Präsidenten Cardillo seine Partie Reversis machte, wie Emma Lyonna dem Bankier an Pharotische mit Händen voll Gold die Spitze bot, und die Königin, mit den jungen Prinzessinnen in einen Winkel zurückgezogen, die Fahne stickte, welche der treue und kluge Lamarra dem Cardinal Ruffo überbringen sollte.

Nichts hatte sich verändert. Der König spielte immer noch Reversis; der Präsident Cardillo riß sich immer noch die Knöpfe ab; Emma Lyonna bedeckte den Tisch immer noch mit Gold, während sie zugleich leise mit dem auf ihren Sessel sich stützenden Nelson plauderte, und die Königin und die Prinzessinnen stickten allerdings nicht mehr eine Fahne für den Cardinal, wohl aber ein Danksagungsbanner für die heilige Rosalie, diese sanfte Jungfrau, deren Namen man zu besudeln versuchte, indem man sie zur Beschützerin dieses Thrones machte, welcher jetzt im Begriff stand, sich wieder durch Blut zu befestigen.

Dennoch aber hatten sich seit dem Tage, wo wir unsere Leser zum ersten Mal in dieses selbe Zimmer einführten, die Dinge bedeutend geändert.

Aus einem Verbannten und Besiegten war Ferdinand, Dank dem Cardinal, ein Eroberer und Sieger geworden. Auch wäre die Ruhe dieses majestätischen Antlitzes, welches Canova, wie wir bereits erwähnt, beschäftigt war als Minerva, nicht aus dem Haupte des Jupiter, sondern aus einem herrlichen Marmorblock von Carrara springen zu lassen, noch ganz dieselbe gewesen, wenn nicht einige soeben aus Frankreich eingetroffene Nummern des »Moniteur republicain« ihren Schatten auf die neue Aera geworfen hätten, in welche das sicilische Königthum eintrat.

Die Russen waren nämlich durch Massena bei Zürich und die Engländer durch Brune bei Allmacker geschlagen worden. Die Engländer hatten sich genöthigt gesehen, sich wieder einzuschiffen und Suwarow, welcher zehntausend Mann auf dem Schlachtfelde zurückließ, war nur dadurch entronnen, daß er einen Abgrund, auf dessen Boden die Reuß strömte, auf zwei mit den Gürteln seiner Officiere aneinandergebundenen Fichtenstämmen überschritt und dann, nachdem er den Abgrund passiert, die Brücke, auf welcher er ihn überschritten, in die Tiefe hinabschleudern ließ.

Ferdinand hatte sich mitten unter dem Aerger, welchen diese Nachrichten ihm verursachten, einige Minuten Vergnügen gemacht und zwar dadurch, daß er Nelson mit der Wiedereinschiffung der Engländer und Bailly mit der Flucht Suwarow’s neckte.

Was sollte man hierauf einem Manne entgegnen, der unter gleichen Umständen sich auf so grausame und zugleich so lustige Weise selbst verspottet hatte?

Nelson begnügte sich deshalb blos auf die Lippen zu beißen und Bailly, welcher Irländer, aber von französischer Abkunft war, empfand über die Schlappe, welche die Truppen des Czaar Paul des Ersten davongetragen, nicht allzugroßes Bedauern.

Allerdings war in dem Stande der Angelegenheiten, welche Ferdinand direct interessierten, das heißt an den Angelegenheiten Italiens, nichts geändert. Oesterreich stand in Folge seiner Siege in Deutschland und Italien am Fuße der Alpen, und der Var, die alte französische Grenze, war bedroht.

Hierzu kam, daß Rom und das römische Gebiet durch Burkard und Pronio, die beiden Generale Seiner sicilichen Majestät wiedererobert worden, und daß kraft des zwischen dem General Burkard, Commandanten der neapolitanischen Truppen, der die britischen Truppen commandierende Commodore Truebridge und der Commandant der französischen Truppen General Garnier unterzeichneten Vertrages letztere mit allen Kriegsehren abziehen, aber bis zum 4. Oktober die römischen Staaten verlassen haben sollten.

In Allem diesen gab es, wie der König Ferdinand jagte, »zu essen und zu trinken.« Dann warf er mit seiner neapolitanischen Sorglosigkeit das bekannte Sprichwort, welches die Neapolitaner noch öfter in moralischem als in physischem Sinne anwenden: »Nun, was nicht erstickt, wird fett,« in die Luft, auf die Gefahr hin, daß es ihm wieder auf die Nase fiele.

Seine Majestät machte daher, ohne sich sehr durch die Ereignisse beunruhigen zu lassen, welche in der Schweiz und in Holland vor sich gingen, und sehr ruhig in Bezug auf die, welche in Italien geschehen waren, noch geschahen und geschehen sollten, seine Partie Reversis und neckte gleichzeitig Cardillo, seinen Mitspieler, und Nelson und Bailly, seine Bundesgenossen, als der Kronprinz in den Salon trat, sich gegen den König und die Königin verneigte, mit den Augen den in Palermo beim König gebliebenen und wegen seiner Treue zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannten Fürsten von Castelcicala suchte, gerade auf diesen zuging, und sofort ein mit leiser Stimme geführtes Gespräch mit ihm begann.

Nach Verlauf von fünf Minuten durchschritt der Fürst von Castelcicala den Salon seiner ganzen Länge nach, ging seinerseits gerade auf die Königin zu und sagte zu ihr leise einige Worte, welche sie bewogen, rasch den Kopf emporzurichten.

»Melden Sie es Nelson,« sagte die Königin, »und folgen Sie mir dann mit dem Prinzen von Calabrien in das Nebenzimmer.«

Mit diesen Worten erhob sie sich und ging in ein an den großen Salon stoßendes Cabinet.

Einige Sekunden später führte der Fürst von Castelcicala den Prinzen ein, und Nelson folgte, um dann die Thür hinter sich zu schließen.

»Kommen Sie her, Franz,« sagte die Königin zu ihrem Sohn, »und erzählen Sie uns, woher Sie diese ganz schöne Geschichte haben, welche Castelcicala mir soeben erzählt hat.«

»Madame,« sagte der Prinz, indem er sich mit jener Mischung von Furcht und Respekt verneigte, welche er seiner Mutter gegenüber, von der er sich nicht geliebt wußte, stets empfand, »Madame, einer meiner Leute, ein Mann, auf den ich mich verlassen kann, hat, als er sich heute gegen zwei Uhr Nachmittags auf der Polizei befand, sagen hören, der Capitän eines kleinen amerikanischen Schiffes, welches heute in dem Hafen eingelaufen ist und beim Absegeln von Malta durch einen Sturm nach der Richtung des Cap Bon getrieben worden war, sei zwei französischen Kriegsschiffen begegnet, auf deren einem, wie er vollen Grund hat zu glauben, sich der General Bonaparte befand.«

Nelson, welcher sah, mit welcher Aufmerksamkeit Alle die Mittheilung des Prinzen anhörten, ließ sich dieselbe durch den Minister der auswärtigen Angelegenheiten ins Englische übersetzen und begnügte sich dann, die Achseln zu zucken.

»Und haben Sie,« fragte die Königin ihren Sohn, »auf diese, wenn auch nur unsichere und unbestimmte Nachricht hin nicht gesucht jenen Capitän zu sprechen und selbst zu ermitteln, was wohl an diesem Gerücht Wahres ist? In der That, Franz, Sie besitzen eine unverzeihliche Sorglosigkeit.«

Der Prinz verneigte sich.

»Madame,« antwortete er, »mir, der ich mit der Regierung nichts zu schaffen habe, kam es nicht zu, Geheimnisse von dieser Wichtigkeit durchdringen zu wollen, wohl aber habe ich den Mann, der mir dieses Gerücht überbracht, selbst an Bord der amerikanischen Goelette geschickt und ihm befohlen, sich unmittelbar an der Quelle zu erkundigen, und wenn der Capitän ihm ein glaubwürdiger Mann zu sein schiene, denselben mit in den Palast zu bringen.«

»Nun und?« fragte die Königin ungeduldig.

»Nun, Madame, der Capitän wartet im rothen Salon.«

»Castelcicala,« sagte die Königin, »gehen Sie und führen Sie ihn durch die Corridors hierher, damit er nicht durch den Salon komme.«

Es trat unter den drei wartenden Personen tiefes Schweigen ein.

Nach Verlauf einer Minute öffnete sich die Thür wieder und ein Mann trat ein, welcher fünfzig bis fünfundfünfzig Jahre alt sein mochte und eine Phantasieuniform trug.

»Der Capitän Skinner,« sagte der Fürst von Castelcicala, indem er den amerikanischen Touristen einführte.

Der Capitän Skinner war, wie wir eben gesagt, ein Mann, welcher den Mittag des Lebens bereits hinter sich hatte, von etwas über Mittelgröße, vortrefflichem Wuchs und einem ernsten, aber empfänglichen Gesicht mit im Ergrauen begriffenen Haar, welches zurückgestrichen war, als ob der in das Gesicht wehende Sturm sie so gelegt hätte. Er trug keinen Schnurrbart, ein dicker Kinnbart aber tauchte bis in die Cravatte von untadelhaft weißem feinen Battist hinab.

Er verneigte sich ehrerbietig vor der Königin und vor dem Herzog von Calabrien. Nelson begrüßte er wie eine ganz gewöhnliche Person und verrieth dadurch, daß er ihn entweder nicht kannte oder nicht kennen wollte.

»Mein Herr,« sagte die Königin zu ihm, »man versichert mir, daß Sie der Ueberbringer von wichtigen Nachrichten sind. Dies erklärt Ihnen, weshalb ich gewünscht habe, daß Sie sich hierher in den Palast bemühen möchten. Wir haben Alle das größte Interesse daran, diese Nachrichten kennen zu lernen. Damit Sie wissen, mit wem Sie sprechen, bemerke ich, daß ich die Königin Marie Caroline bin; dies da ist mein Sohn, der Herzog von Calabrien, dies da mein Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürst von Castelcicala, und dies hier mein Freund, meine Stütze, mein Retter, Mylord Nelson, Herzog von Bronte, Baron vom Nil.«

Der Capitän Skinner schien mit den Augen eine fünfte Person zu suchen, als plötzlich die in den Salon führende Thür des Cabinets sich öffnete und der König eintrat.

Es war augenscheinlich, daß diese fünfte Person es war, welche der Capitän Skinner mit den Augen gesucht hatte.

»Madonna!« rief der König, sich zu seiner Gemahlin wendend, »wissen Sie, theure Freundin, was für Nachrichten sich so eben in Palermo verbreiten?«

»Nein, ich weiß es noch nicht, aber ich werde es sogleich erfahren, denn hier ist der Herr, welcher diese Nachrichten gebracht hat und im Begriff steht, mir sie mitzutheilen.«

»Ah! ah!« sagte der König.

»Ich erwarte, daß die Majestäten mir die Ehre erzeigen, mich zu befragen,« sagte der Capitän Skinner.

»Ich stehe zu Befehl.«

»Man sagt, mein Herr,« hob die Königin an, »daß Sie uns Nachrichten über den General Bonaparte geben können.«

Ein Lächeln umspielte die Lippen des Amerikaners.

»Ja, und zwar sichere, Majestät,« sagte er, »denn vor nur erst drei Tagen bin ich ihm auf der See begegnet.«

»Auf der See!« wiederholte die Königin.

»Was sagt der Herr?« fragte Nelson.

Der Fürst von Castelcicala übersetzte die Antwort des amerikanischen Capitäns ins Englische.

»Wo denn?« fragte Nelson.

»Zwischen Sicilien und dem Cap Bon,« antwortete der Capitän Skinner in vortrefflichem Englisch.

»Also,« bemerkte Nelson, »ungefähr unter dem siebenunddreißigsten Grade nördlicher Breite?«

»Ja, ungefähr unter dem siebenunddreißigsten Grade nördlicher Breite und etwa neun Grad zwanzig Minuten östlicher Länge.«

Der Fürst von Castelcicala übersetzte dem König, was gesprochen ward; für die Königin und den Herzog von Calabrien war keine Uebersetzung nöthig, denn beide sprachen und verstanden englisch.

»Das ist unmöglich,« sagte Nelson. »Sir Sidney Smith blockiert den Hafen von Alexandrien und würde zwei französische Schiffe auf dem Wege nach Frankreich nicht haben passieren lassen.«

»O,« sagte der König, welcher niemals die Gelegenheit versäumte, Lord Nelson einen Hieb zu versetzen, »Sie haben ja die ganze französische Flotte auf dem Wege nach Alexandrien passieren lassen.«

»Blos um sie bei Abukir desto besser zu vernichten,« antwortete Nelson.

»Nun denn, sagte der König, »dann setzen Sie doch den beiden Schiffen, welche der Capitän Skinner gesehen hat, nach und vernichten Sie dieselben auch.«

»Würde,« fragte der Herzog von Calabrien mit ehrerbietiger Geberde gegen seinen Vater und seine Mutter, wie um sich zu entschuldigen, daß er in ihrer Gegenwart das Wort zu nehmen wagte, »würde der Capitän uns wohl sagen, in Folge welcher Umstände er sich unter jenen Breitegraden befand und aus welchen Gründen er glaubt, daß auf einem der beiden französischen Schiffe, denen er begegnete, der General Bonaparte sich befand?«

»Sehr gern, Hoheit,« antwortete der Capitän, sich verneigend. »Ich war von Malta abgesegelt, um die Meerenge von Messina zu passiren, als ich in der Entfernung von einer Meile südlich vom Cap Passaro von einem Sturme ereilt ward. Ich steuerte demgemäß in der Richtung der Insel Maritimo und mit demselben Winde nach dem Cap Bon, obschon ich immer die hohe See zu halten suchte.«

»Und hier?« fragte der Herzog.

»Hier sah ich mich zwei Schiffen gegenüber, in welchen ich französische erkannte und die in mir den Amerikaner erkannten. Uebrigens hatte auch ein Kanonenschuß ihre Flagge in Gewißheit gesetzt und mich aufgefordert, die meinige zu entfalten. Eines der beiden Schiffe forderte mich auf näher zukommen, und als ich dies bis auf Sprechweite gethan, rief ein Mann in Generalsuniform mir zu:

»Goelette, ahoi! habt Ihr englische Schiffe gesehen?«

»Nein, General, antwortete ich; »wir haben keines gesehen.«

»Was macht die Flotte des Admirals Nelson?«

»Ein Theil blockiert Malta, der andere liegt in dem Hafen von Palermo.«

»Wo geht Ihr hin?«

»Nach Palermo.«

»Wohlan, wenn Ihr den Admiral seht, so sagt ihm, daß ich in Italien Revanche für Abukir nehmen werde.«

»Und damit setzte das französische Schiff seinen Weg weiter fort.

»Wissen Sie wie der General heißt, der Sie soeben befragte?« fragte mich mein Lieutenant, welcher während des kurzen Gespräches neben mir gestanden hatte. »Es war Niemand Anderer, als der General Bonaparte selbst.«

Man übersetzte dem Admiral Nelson die ganze Erzählung des amerikanischen Capitäns, während der König, die Königin und der Herzog von Calabrien einander mit unruhigen Blicken ansahen.

»Und,« fragte Nelson, »wissen Sie vielleicht auch den Namen dieser beiden Schiffe?«

»Ja, denn ich war denselben so nahe, daß ich die Namen lesen konnte, antwortete der Capitän. »Das eine hieß der »Muiron«, das andere der »Carère«.

»Was sollen diese Namen heißen?« fragte die Königin den Herzog von Calabrien auf deutsch. »Ich begreife die Bedeutung nicht.

»Es sind zwei Männernamen, Majestät,« antwortete der Capitän Skinner ebenfalls auf deutsch und sprach diese Sprache eben so rein wie die beiden anderen, in welchen er sich bereits ausgedrückt.

»Diese verteufelten Amerikaner!", sagte die Königin auf französisch; »sie reden alle Sprachen.«

»Das müssen wir auch, Majestät,« antwortete der Capitän Skinner in gutem Französisch. »Ein Handelsvolk muß alle Sprachen können, in welchen man nach dem Preise des Ballens Baumwolle fragen kann.«

»Nun, Mylord Nelson,« fragte der König, was sagen Sie zu dieser Mittheilung?«

»Ich sage, daß es eine sehr wichtige und ernste ist, daß man sich deswegen aber nicht allzusehr beunruhigen lassen darf. Lord Keith kreuzt zwischen Corsica und Sardinien, und Sie wissen, das Meer und die Winde sind für England.«

»Ich danke Ihnen, Herr Capitän, für die Nachrichten, die Sie uns gebracht, sagte die Königin zu Mr. Skinner. »Gedenken Sie lange in Palermo zu verweilen?«

»Ich bin ein Tourist, der zu einem Vergnügen reist, Majestät,« antwortete der Capitän, »und dafern Sie nicht etwas Anderes wünschen, so gedenke ich gegen Ende nächster Woche wieder unter Segel zu gehen.«

»Wo würde man Sie finden, Capitän, im Falle man abermaliger Mittheilungen bedürfte?«

»An Bord meines Schiffes. Ich bin dem Fort Castellamare gegenüber vor Anker gegangen, und werde, dafern mir nicht etwas Anderes befohlen wird, dort bleiben, weil ich den Platz sehr bequem finde.«

»Franz,« sagte die Königin zu ihrem Sohne, »Sie werden dafür sorgen, daß der Capitän von dem Platze, den er gewählt hat, nicht verdrängt werde. Man muß wissen, wo man ihn augenblicklich finden kann, im Falle man seiner bedürfte.«

Der Prinz verneigte sich.

»Wohlan, Mylord Nelson,« fragte der König, »was ist jetzt nach Ihrer Ansicht zu thun?«

»Sire, Sie können Ihre Partie Reversis wieder aufnehmen, als ob nichts Außergewöhnliches geschehen wäre. Selbst wenn man annimmt, daß der General Bonaparte in Frankreich landet, so ist dann blos ein Mann mehr da.«

»Wenn Sie nicht bei Abukir gewesen wären, Mylord,« sagte der Capitän Skinner, »so wäre dann auch nur ein Mann weniger da gewesen, dennoch aber ist es wahrscheinlich, daß eben in Folge dieses Mannes weniger die französische Flotte sich gerettet hätte.«

Nachdem der amerikanische Capitän diese Worte, in welchen gleichzeitig ein Compliment und eine Drohung lag, gesprochen, verneigte er sich tief vor den erhabenen Personen, die ihn gerufen, und zog sich zurück.

Dem ihm von Nelson gegebenen Rathe gemäß ging der König, seinen Platz wieder an dem Tische einzunehmen, wo der Präsident Cardillo ihn ungeduldig erwartete, während der Herzog von Ascoli und der Marquis Cirillo geduldig harrten, wie es gut dressierten Höflingen geziemt.

Die Letzteren waren auch mit den Gesetzen der Hofetikette zu genau bekannt, als daß sie sich erlaubt hätten, den König zu befragen. Der Präsident Cardillo dagegen war ein weniger strenger Beobachter des Decorum, als diese beiden Herren.

»Nun, Sire,« fragte er, »verlohnte es denn der Mühe, unsere Partie zu unterbrechen und uns eine Viertelstunde lang mit dem Schnabel im Wasser zu halten?«

»Nein, gewiß nicht, wenigstens dem zufolge, was der Admiral Nelson behauptet,« sagte der König.

»Bonaparte hat Egypten verlassen, und ist, ohne gesehen zu werden, durch die Flotte des Admirals Sidney Smith hindurchgesegelt. Vor vier Tagen befand er sich auf der Höhe des Cap Bon. Er wird durch Mylord Keiths Flotte ebenso hindurchschlüpfen, wie er der Sir Sidney Smiths entschlüpft ist, und binnen drei Wochen in Paris sein. Sie sind am Kartenmischen, Präsident. Wer weiß, ob Bonaparte nicht auch bald ein Spiel mischt.«

Und mit diesem vermeinten Witze, von welchem er selbst ganz entzückt zu sein schien, nahm der König seine Partie wieder auf, als ob in der That das, was er erfahren, nicht der Mühe verlohnt hätte, sie zu unterbrechen.

Elftes Capitel.
Die Ehegatten

Man erinnert sich, wie der Prinz von Calabrien Wind von den Nachrichten bekommen, welche er seiner Mutter mitgetheilt.

Ein ihm ergebener Mann hatte im Polizeibureau einige Worte gehört, welche der Capitän Skinner zu dem Director der Salute gesagt.

Hatte der Capitän diese Worte absichtlich oder zufällig gesprochen? Dies hätte nur er allein sagen können.

Der treuergebene Mann, von welchem der Herzog von Calabrien sprach, war kein Anderer als der Chevalier San Felice, welcher mit einer Empfehlung vom Prinzen den Polizeipräfekten um die Ermächtigung bitten wollte, bis zu der unglücklichen Gefangenen zu gelangen.

Diese Ermächtigung war ihm ertheilt worden, aber nur gegen das Versprechen der vollständigsten Discretion, da die Gefangene durch den König selbst der besonderen Strenge des Präfekten empfohlen worden.

Demgemäß sollte der Chevalier während der Dunkelheit, zwischen zehn und elf Uhr, Einlaß in das Gefängniß seiner Gattin erhalten.

Als er in den Senatspalast zurückkehrte, welchen, wie wir erwähnt, der Kronprinz bewohnte, erzählte er diesem, was er auf dem Polizeibureau von einem amerikanischen Seecapitän über die Begegnung gehört, die derselbe auf dem Meer mit dem General Bonaparte gemacht.

Der Prinz besaß einen weit ausschauenden Blick und errieth sofort die Folgen einer solchen Rückkehr. Die Nachricht erschien ihm deshalb als eine äußerst wichtige, und um sich zu überzeugen, in wie weit sie wahr sei, bat er den Chevalier San Felice, sich sofort an Bord des amerikanischen Schiffes zu begeben.

San Felice würde dem Prinzen zu jeder Zeit mit der Schnelligkeit der Hingebung gehorcht haben; an diesem selben Tage aber hatte der Prinz ihn mit Güte überhäuft und er bedauerte daher, daß er, um ihm einen Dienst zu leisten, nur einen so einfachen Befehl auszuführen hatte.

Der Chevalier war je nach Lage der Sache beauftragt, den amerikanischen Capitän mit zu dem Prinzen zu bringen.

Er hatte sich demzufolge augenblicklich nach dem Hafen begeben, und nachdem er die ihm erheilte schriftliche Erlaubniß, das Gefängniß zu besuchen, in einer Brieftasche verwahrt, nahm er eines jener Boote, welche auf der Rhede hin- und herfahren, und forderte mit einer gewohnten Sanftmuth die darin sitzenden Ruderer auf, ihn nach der amerikanischen Goelette zu bringen.

So gewöhnlich und so häufig auch ein solches Vorkommniß ist, so bleibt das Einlaufen eines Schiffes in einen Hafen doch immer ein Ereigniß. Kaum hatte daher der Chevalier San Felice das Ziel seiner Fahrt bezeichnet, so steuerten die Ruderer sofort mit dem kleinen Schiffe, dessen graziös rückwärtsgeneigte beide Masten durch ihre Höhe zu der Kleinheit des Rumpfes einen so seltsamen Gegensatz bildeten.

Am Bord der Goelette schien streng Wache gehalten zu werden, denn kaum hatte der auf dem Hinterdeck postierte Matrose das Boot bemerkt und vermuthet, daß es nach dem Schiffe steuere, so ward der seit kaum einer Stunde von der Salute zurückgekehrte Capitän von dem bevorstehenden Besuche benachrichtigt und stieg in Begleitung seines Lieutenants, eines jungen Mannes von sechs- bis achtundzwanzig Jahren, rasch auf das Deck hinauf.

Nicht sobald hatten sie jedoch einen raschen Blick auf das Boot geworfen, als sie im Tone des Erstaunens und der Unruhe einige Worte wechselten und der junge Mann die in den Salon hinabführende Treppe verschwand.

Der Capitän wartete allein.

Der Chevalier San Felice glaubte, obschon er nur zwei Stufen zu steigen hatte, um auf das Deck zu gelangen, doch in englischer Sprache fragen zu müssen, ob er an Bord kommen dürfe.

Der Capitän antwortete jedoch durch einen Ruf der Ueberraschung und zog den nicht wenig erstaunten Chevalier auf eine im Hintertheile des Schiffes befindliche, mit einem Messinggeländer umgebene kleine Plattform.

Der Chevalier wußte nicht, was er von diesem Empfang, der übrigens durchaus nichts Feindseliges hatte, denken sollte, und betrachtete den Amerikaner mit fragendem Blick.

Dieser sagte jedoch in vortrefflichem Italienisch:

»Ich danke Ihnen, daß Sie mich nicht erkannt haben, Chevalier, es beweist dies, daß meine Verkleidung gut gewählt ist, obschon das Auge eines Freundes oft weniger scharf ist als das eines Feindes.«

Der Chevalier fuhr fort den Capitän anzusehen und versuchte seine Erinnerungen zusammenzuraffen, konnte sich aber nicht besinnen, wo er diese kräftigen, redlichen Züge schon gesehen.

»Ich werde,« sagte der vermeinte Amerikaner, »mich durch eine traurige, aber edle Erinnerung in Ihr Leben mischen, mein Herr. Ich war in dem Tribunal von Monte Oliveto an dem Tage, wo Sie daselbst erschienen, um Ihrer Gattin das Leben zu retten. Ich folgte Ihnen beim Heraustreten aus dem Tribunal und redete Sie an. Ich trug damals das Gewand eines Benedictinermönches.«

San Felice trat einen Schritt zurück und ward ein wenig bleich.

»Dann,« murmelte er, »sind Sie also der Vater?«

»Ja, Sie entsinnen sich wohl noch dessen, was Sie mir sagten, als ich Ihnen jene halbvertrauliche Mittheilung machte?«

»Ja, ich sagte zu Ihnen: Thun wir Alles, was in unseren Kräften steht, um die Unglückliche zu retten.«

»Und heute?«

»O, heute sage ich von ganzem Herzen dasselbe.«

»Wohlan,« sagte der vorgebliche Amerikaner, »ich bin deswegen hier.«

»Und ich,« sagte der Chevalier, »hoffe, daß diese Nacht mein Vorhaben gelingen werde. Wollen Sie mich vielleicht von Ihren Versuchen unterrichtet halten?«

»Ich verspreche es Ihnen.«

»Aber da Sie mich nicht erkannt haben, was führt Sie dann jetzt zu mir?«

»Der Befehl des Kronprinzen. Es hat sich das Gerücht verbreitet, daß Sie sehr wichtige Nachrichten mitbrächten, und der Prinz schickt mich zu Ihnen in der Absicht, Sie zum König zu führen. Widerstrebt es Ihnen, dem König vorgestellt zu werden?«

»Mir widerstrebt nichts, was unsere Pläne fördern kann, und ich verlange nichts Besseres als die Blicke der Polizei von dem eigentlichen Ziel, welches mich hierherführt, abzulenken. Uebrigens zweifle ich, daß der König unter diesem Costüm und in dieser Stellung den Bruder Giuseppe, den Wundarzt des Klosters vom Monte Cassino, erkennen werde. Sollte er aber auch den Bruder Giuseppe, den Wund- vom Monte Cassino, erkennen, so würde er doch immer noch weit entfernt sein zu ahnen, was derselbe in Palermo vorhat.«

»Nun, dann hören Sie mich.«

»Ich höre.«

»Während Sie mit dem Kronprinzen nach dem Palast gehen, und während der König Sie dort empfangen wird, gelange ich mit dem Erlaubnißschein der Polizei zu der Gefangenen. Ich theile ihr einen heute zwischen uns, der Herzogin von Calabrien und mir verabredeten Plan mit. Gelingt dieser Plan – und ich werde Ihnen heute Abend sagen, worin er besteht – so haben Sie nichts weiter zu thun. Die Unglückliche ist gerettet und die Verbannung tritt für sie an die Stelle der Todesstrafe. Nun aber ist die Verbannung ein Glück für sie, und Gott schenke ihr daher die Verbannung. Scheitert dagegen unser Plan, so hat die Gefangene, wie ich Ihnen hiermit erkläre, keine Hoffnung weiter als auf Sie. Ist dieser Augenblick gekommen, so werden Sie mir sagen, was Sie von mir wünschen. Möge es sich um thätige Mitwirkung oder einfache Bitten handeln, so haben Sie das Recht, Alles zu verlangen. Ich habe bereits mein Glück dem Ihrigen zum Opfer gebracht, ebenso bin ich auch bereit, mein Leben dem Ihrigen zu opfern.«

»Ja, ja, das wissen wir, Sie sind der Engel der Selbstverläugnung.«

»Ich thue, was ich soll, und eben deshalb habe ich die Verbindlichkeit auf mich genommen, welche ich heute erfülle. Sie werden den Palast ungefähr zu derselben Stunde verlassen, wo ich das Gefängniß verlasse. Der Erste von uns, welcher frei wird, erwartet dann den Andern auf dem Platze der vier Cantone.«

»Damit bin ich einverstanden.«

»Nun, so kommen Sie.«

»Ich habe nur noch einen Befehl zu ertheilen, dann stehe ich zu Ihrer Verfügung.«

Man begreift das Zartgefühl, welches Salvato in dem Augenblick, wo der Chevalier auf die Goelette kam, bewogen hatte, sich zu entfernen. Sein Vater aber, welcher errieth, von welcher Unruhe er gemartert würde, wollte, ehe er die Goelette verließ, ihm sagen, was er selbst nur sehr oberflächlich wußte, das heißt den Punkt, auf welchem die Dinge sich dermalen befanden. Es stand diesem gemäß Alles noch gut. Luisa war Gefangene, aber noch am Leben, und der Chevalier San Felice, der Herzog und die Herzogin von Calabrien conspirierten für sie.

Mit solchen Protectionen war es fast unmöglich, daß die Rettung nicht gelänge.

Scheiterte der Plan dennoch, nun dann war es Salvato’s Sache, in Gemeinschaft mit seinem Vater irgend einen verzweifelten Streich nach Art dessen zu versuchen, durch welchen er sich selbst gerettet.

Giuseppe Palmieri ging wieder auf das Deck hinauf. Der Chevalier erwartete ihn in dem Boote, welches ihn hergebracht. Der vorgebliche Capitän ertheilte in der That sehr laut einige Befehle auf amerikanisch und nahm dann neben dem Chevalier Platz.

Wie die Dinge im Palast gegangen waren, und welche Nachrichten der Besitzer der Goelette gebracht, haben wir bereits gesehen. Es bleibt uns jetzt noch übrig, zu sehen, was während dieser Zeit in dem Gefängniß vorgegangen war, und worin der von dem Chevalier und seinen beiden mächtigen Protectoren, dem Herzog und der Herzogin von Calabrien, verabredete Plan bestand.

Schlag zehn Uhr pochte der Chevalier an das Thor der Festung.

Dieses Wort »Festung« verräth, daß das Gefängniß, in welches man die unglückliche Luisa gesperrt, mehr als ein gewöhnliches Gefängniß war. Es war ein Staatsgefängniß.

Der Chevalier ward demgemäß zu dem Gouverneur geführt.

Militärpersonen sind gewöhnlich frei von jenen kleinlichen Leidenschaften, welche in Civilgefängnissen dem Haß der Gewalthaber zum bereitwilligen Werkzeug dienen. Der Oberst, welcher den Posten eines Gouverneurs bekleidete, empfing und begrüßte den Chevalier sehr artig, nahm Kenntniß von der ihm erheilten Ermächtigung, mit der Gefangenen zu verkehren, ließ den Oberaufseher rufen und befahl ihm, den Chevalier in das Zimmer der Person zu führen, welche er Erlaubniß hatte zu besuchen.

Als er bemerkte, daß diese Erlaubniß auf die Verwendung des Prinzen vertheilt worden, und als er in San Felice demgemäß eine der vertrauten Personen des Palastes erkannte, sagte er, indem er von dem Chevalier Abschied nahm:

»Ich bitte Sie, Excellenz, Seiner königlichen Hoheit meine ehrerbietige Huldigung zu Füßen zu legen.«

Der Chevalier, welcher förmlich gerührt war, dieser Courtoisie zu begegnen, während er gefürchtet, irgend eine Brutalität hinnehmen zu müssen, versprach nicht blos, sich des ihm ertheilten Auftrages zu entledigen, sondern auch dem Prinzen zu sagen, welche Rücksicht der Gouverneur auf seine Empfehlung genommen habe.

Der Oberaufseher seinerseits kam, als er sah, mit welcher Höflichkeit der Gouverneur mit dem Chevalier sprach, zudem Schlusse, der Chevalier sei eine sehr vornehme Persönlichkeit und beeilte sich daher, ihn unter fortwährenden Verbeugungen nach Luisa’s Zimmer zu geleiten, welches sich im zweiten Stockwerk eines der Thürme befand.

So wie der Chevalier die Treppen hinaufstieg, fühlte er wie das Herz ihm immer schwerer ward. Er hatte, wie wir bereits gesagt, Luisa seit der Sitzung des Tribunals nicht wieder gesehen, und mußte daher bei ihrem Wiederanblick nothwendig eine tiefe Gemüthserschütterung empfinden.

Als er daher an die Thür des Zimmers gelangte, legte er in dem Augenblick, wo der Schließer den Schlüssel in das Schloß stecken wollte, ihm die Hand auf die Schulter und murmelte:

»Ich bitte, mein Freund, noch einen Augenblick.«

Der Schließer hielt inne. Der Chevalier lehnte sich an die Wand; er vermochte kaum sich noch auf den Füßen zu erhalten.

Die Sinne der Gefangenen erlangen jedoch im Schweigen, in der Einsamkeit und in der Nacht eine ganz besondere, eigenthümliche Schärfe. Luisa hatte Tritte auf der Treppe gehört und bemerkt, daß diese Tritte vor ihrer Thür Halt machten.

Nun aber war jetzt nicht die Stunde, zu welcher Jemand in ihr Gefängniß zu kommen pflegte. Unruhig stieg sie von dem Bett herab, auf welches sie sich völlig angekleidet geworfen. Das Ohr spitzend und die Arme vor sich hinstreckend näherte sie sich der Thür, in der Hoffnung, irgend ein Geräusch zu vernehmen, welches ihr erlaubte, zu errathen, in welcher Absicht man sie zu einer so späten Stunde des Abends besuche.

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Дата выхода на Литрес:
30 ноября 2019
Объем:
200 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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