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Читать книгу: «Der Frauenkrieg», страница 40

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XVII

Während diese Dinge in Bordeaux vorfielen, während der Pöbel den Leichnam des unglücklichen Canolles durch die Straßen schleppte, und der Herzog von Larochefoucault zurückkehrte und dem Stolze der Frau Prinzessin schmeichelte, indem er ihr sagte, um das Böse zu thun, sei sie so mächtig als eine Königin; während Cauvignac, welcher dachte, es wäre unnütz, seine Sendung weiter zu treiben, mit Barrabas die Thore der Stadt wieder erreichte, hielt eine Carrosse, gezogen von vier athemlosen, mit Schaum bedeckten Pferden, auf dem Bordeaux entgegengesetzten Ufer der Gironde zwischen dem Dorfe Belcroix und dem Dorfe de la Bastide an.

Es hatte so eben elf Uhr geschlagen.

Ein Läufer, der zu Pferde folgte, sprang hastig zu Boden, sobald er den Wagen unbeweglich sah, und öffnete den Kutschenschlag.

Eine Dame stieg rasch aus, befragte den von einem blutigen Reflexe gerötheten Himmel und horchte auf den entfernten Lärmen.

»Ihr wißt gewiß, daß uns Niemand gefolgt ist,« sprach sie zu ihrer Kammerfrau, welche nach ihr ausstieg.

»Nein, Madame,« antwortete diese; »die Piqueurs, welche auf Euren Befehl zurückgeblieben sind, haben den Wagen eingeholt und sagen, sie hätten nichts gesehen und nichts gehört.«

»Und Ihr, hört Ihr nichts in der Richtung der Stadt?«

»Es kommt mir vor, als hörte ich entfernten Geschrei.«

»Seht Ihr nichts?«

»Ich sehe etwas wie den Schimmer einer Feuersbrunst.«

»Das sind Fackeln.«

»Ja, Madame, ja, denn sie bewegen sich, sie laufen wie Irrlichter. Hört Ihr, Madame? der Lärmen verdoppelt sich, und das Geschrei wird ganz deutlich.«

»Mein Gott!« rief die junge Frau und sank auf dem feuchten Boden auf die Kniee; »mein Gott! mein Gott!«

Das war ihr einzigen Gebet. Ein einzigen Wort bot sich ihrem Geiste, ihr Mund vermochte nur ein Wort zu artikulieren, es war der Name des Einzigen, der ein Wunder zu ihren Gunsten bewirken konnte.

Die Kammerfrau hatte sich nicht getäuscht; es bewegten sich in der That Fackeln, das Geschrei schien näher zu kommen; man hörte einen Flintenschuß, dem fünfzig andere folgten, dann ein gewaltiges Geräusch, dann erloschen die Fackeln und das Geschrei entfernte sich; der Regen fing an herabzustürzen, ein Sturm brauste am Himmel; aber was kümmerte sich die junge Frau darum: sie hatte nicht vor den Blitzen bange.

Ihre Augen waren beständig auf die Stelle geheftet, wo sie so viele Fackeln gesehen, wo sie einen so gewaltigen Lärmen gehört hatte. Sie sah nichts mehr, sie hörte nichts mehr, und bei dem Schimmer der Blitze kam es ihr vor, als wäre der Platz leer.

»Oh! ich habe nicht die Kraft, länger zu warten« rief sie. »Nach Bordeaux! man führe mich nach Bordeaux!«

Plötzlich hörte man ein Geräusch von Pferden, das sich rasch näherte.

»Ah!« ist sprach sie, »endlich kommen sie. Hier sind sie. Adieu, Francinette, ziehe Dich zurück, Francinette, ich muß allein gehen; nehmt sie zu Euch auf Euer Pferd, Lombard, und laßt Alles was ich mitgebracht habe, im Wagen.«

»Aber was wollt Ihr denn machen, Madame!« rief die Kammerfrau ganz erschrocken.

»Gott befohlen, Francinette lebe wohl!«

»Warum Lebewohl, Madame? Wohin geht Ihr denn?«

»Ich gehe nach Bordeaux.«

»Oh! im Namen des Himmels, thut das nicht, Madame, sie werden Euch tödten.«

»Nun, warum glaubst Du denn, daß ich dahin gehen will?«

»Oh! Madame! Lombard zu Hilfe! herbei, wir müssen sie verhindern . . .«

»Stille! entferne Dich, Francinette. Ich hebe mich Deiner erinnert; sei unbesorgt, entferne Dich, es soll Dir kein Unglück widerfahren. Gehorche, sie nahen; Hier sind sie!«

Ein Reiter, in einiger Entfernung von einem andern Reiter gefolgt, jagte wirklich herbei; man hörte sein Pferd mehr brüllen als schnaufen.

»Meine Schwester! meine Schwester! schrie er. »Oh! ich komme noch zu rechter Zeit.«

»Cauvignac,« rief Nanon. »Nun, ist es abgemacht? Erwartet er mich? brechen wir auf?«

Aber statt zu antworten, springt Cauvignac dom Pferde und faßt Nanon, welche ihn mit der unbeweglichen Starrheit der Gespenster und Wahnsinnigen gewähren läßt, in seine Arme. Er legt sie in den Wagen, läßt Francinette und Lombard zu ihr einsteigen, schließt den Kutschenschlag und schwingt sich auf sein Roß. Wieder zu sich gekommen schreit und zerarbeitet sich die arme Nanon vergebens.

»Laßt sie nicht los,« ruft Cauvignac, laßt sie um Alles in der Welt nicht los. Barrabas, den andren Schlag, und Dir, Kutscher, zerschmettere ich die Hirnschale, wenn Deine Pferde aus dem Galopp fallen.«

Diese Befehle werden so rasch gegeben, daß ein Augenblick des Zögerns eintritt; der Wagen setzt sich sehr langsam in Bewegung; die Bedienten zittern, die Pferde wollen nicht vorwärts.

»Aber beeilt Euch doch, tausend Teufel!« schrie Cauvignac; »sie kommen, sie kommen.«

Man vernahm wirklich in der Ferne den Hufschlag von Pferden, dem Rollen eines Donners ähnlich, der rasch und drohend näher kommt.

Die Furcht ist ansteckend. Bei der Stimme von Cauvignac begreift der Kutscher, daß irgend eine große Gefahr dräut, und faßt die Zügel seiner Pferde.

»Wohin fahren wir?« stammelte er.

»Nach Bordeaux! nach Bordeaux!« ruft Nanon aus dem Innern des Wagens.

»Tausend Donner, nach Libourne!« schreit Cauvignac.

»Herr, die Pferde werden fallen, ehe sie zwei Meilen gemacht haben.«

»Ich verlange nicht, daß sie so viel machen!« ruft Cauvignac und peitscht sie mit seinem Degen. »Wenn sie nur bis zu dem Posten von Ferguzon kommen, mehr fordere ich nicht.«

Und die plumpe Maschine setzt sich in Bewegung und rollt mit einer furchtbaren Geschwindigkeit fort. Menschen und Pferde beleben sich gegenseitig, die einen durch Geschrei, die andern durch Wiehern.

Nation hat es versucht, zu widerstreben, zu kämpfen, aus dem Wagen zu springen; doch sie erschöpft ihre Kräfte in diesem Kampfe und fällt gelähmt zurück; sie hört nicht mehr, sie sieht nicht mehr. Sie strengt sich an, in diesem Gemenge die fliehenden Schatten festzuhalten, aber es faßt sie der Schwindel, sie schließt die Augen, stößt einen Schrei aus und bleibt kalt in den Armen ihrer Kammerfrau.

Cauvignac ist an dem Kutschenschlage vorbeigeritten und hat die Köpfe der Pferde erreicht. Sein Roß läßt einen Feuerstreifen auf dem Pflaster der Straße zurück.

»Herbei! Ferguzon, herbei!« ruft er.

Und er hört etwas wie ein Hurrah in der Ferne.

»Hölle!« schreit Cauvignac, »Du spielst gegen mich, doch ich glaube, du wirst heute abermals verlieren.«

Es ertönen mehre Flintenschüsse von hinten, aber vorne antwortet man durch ein allgemeines Feuer.

Der Wagen hält an, zwei Pferde sind vor Anstrengung gestürzt, ein dritten hat eine Kugel niedergeschmettert.

Ferguzon und seine Leute fallen über die Truppen von Herrn von Larochefoucault her; da sie ihnen der Anzahl nach dreifach überlegen sind, so vermögen die Bordelesen keinen Widerstand zu leisten, wenden ihre Pferde und Sieger und Besiegte, Verfolger und Flüchtige, verschwinden wie eine Wolke, die der Wind fortträgt, in der Finsterniß der Nacht.

Cauvignac bleibt mit den Dienern allein und Francinette sucht die jedes Gefühles beraubte Nanon wiederzubeleben.

Zum Glück war man nur hundert Schritte von dem Dorfe Cardonblanc entfernt. Cauvignac trug Nanon in seinen Armen bis zu dem ersten Hause des Dorfes. Hier legte er, nachdem er Befehl gegeben hatte, den Wagen nachzubringen, seine Schwester auf ein Bett, zog sodann aus seiner Brust einen Gegenstand hervor, den Francinette nicht unterscheiden konnte, und steckte ihn in die krampfhaft zusammengepreßte Hand der armen Frau.

Als Nanon am andern Tage aus dem, was sie für einen furchtbaren Traum hielt, erwachte, griff sie mit dieser Hand in ihr Gesicht, und etwas Seidenes, Duftendes streifte ihre bleichen Lippen.

Es war eine Haarlocke von Canolles, welche Cauvignac heldenmüthig mit Gefahr seines Lebens von den bordelesischen Tigern erobert hatte.

XVIII

Acht Tage und acht Nächte hindurch blieb Frau von Cambes, nachdem sie die furchtbare Kunde vernommen, wie im Wahnsinn in dem Bette, in das man sie ohnmächtig gebracht hatte.

Ihre Frauen wachten an ihrem Lager, Pompée aber betrachte die Thüre; nur der alte Diener allein vermochte, an dem Bette seiner unglücklichen Gebieterin niederknieend, einen Funken Vernunft in ihr zu erwecken.

Zahlreiche Besuche belagerten diese Thüre; aber streng wie ein alter Soldat sich an die Vorschrift haltend, vertheidigte der treue Stallmeister muthig den Eingang, einmal in der Ueberzeugung, daß jeder Besuch seiner Herrin lästig sein müßte, und dann auf Befehl des Arztes, der vor einer zu starken Bewegung für Frau von Cambes bange hatte.

Jeden Morgen erschien Lenet an der Thüre der armen jungen Frau, aber Lenet wurde eben so wenig als die Anderen angenommen. Die Frau Prinzessin selbst kam mit seinem großen Gefolge, als sie eines Tags die Mutter des armen Richon besucht hatte, welche in einer Vorstadt von Bordeaux wohnte. Abgesehen von der Theilnahme, welche Frau von Condé für die Vicomtesse hegte, war es ihr Zweck, eine völlige Unparteilichkeit zur Schau zu stellen.

Sie erschien daher, um die Souveränin zu spielen, aber Pompée bemerkte ihr in aller Ehrfurcht, er hätte eine Verordnung, von welcher er nicht abgehen könnte; alle Männer, selbst die Herzoge und Generale, alle Frauen, selbst die Prinzesinnen, müßten sich dieser Verordnung fügen, und Frau von Condé mehr als irgend eine Andere, in Betracht, daß nach dem, was vorgefallen, ihr Besuch eine furchtbare Krise herbeiführen könnte.

Der Prinzessin, welche sich einer Pflicht entledigte oder zu entledigen glaubte, war es sehr willkommen, sich zurückziehen zu können; sie ließ sich das also nicht zweimal sagen und entfernte sich mit ihrem Gefolge.

Am neunten Tage kam Claire wieder zum Bewußtsein; während ihres achtmal vierundzwanzig Stunden anhaltenden Deliriums hatte sie nicht zu weinen aufgehört; obgleich das Fieber in der Regel die Thränen trocknet, so hatten doch die ihrigen gleichfalls eine Furche unter ihrem Augenliede gegraben, welchen von einem roth und blaßblauen Kreise umgeben war, wie das der erhabenen Jungfrau von Rubens.

Am neunten Tage kehrte, wie gesagt, in dem Augenblick, wo man es am wenigsten erwartete und bereits zu verzweifeln anfing, die Vernunft wie durch einen Zauber bei ihr zurück: ihre Thränen versiegten, ihre Augen schauten umher und hefteten sich mit einem traurigen Lächeln auf ihre Frauen, welche ihr so eifrig beigestanden waren, und auf Pompée, der sie so gut bewacht hatte; dann blieb sie einige Stunden stumm und auf ihren Ellenbogen gelehnt und verfolgte mit starrem Blicke denselben Gedanken, der immer lebendiger in ihrem wiedergeborenen Geiste sich erzeugte und ausbildete.

Plötzlich sagte sie, ohne sich darum zu bekümmern, ob ihre Kräfte ihrem Entschlusse entsprächen:

»Man kleide mich an.«

Die Frauen näherten sich ihr erstaunt und wollten in Ehrfurcht und Liebe Einspruche thun. Pompée machte drei Schritte im Zimmer und faltete die Hände, als wollte er sie anflehen.

Die Vicomtesse wiederholte jedoch sanft, aber mit festem Tone:

»Ich habe bereits gesagt, man solle mich ankleiden; kleidet mich an.«

Die Frauen schickten sich an zu gehorchen. Pompée verbeugte sich und ging rückwärts hinaus.

Ach! die rosigen, vollen Wangen hatten der Blässe, der Magerkeit der Sterbenden ihre Stelle eingeräumt; ihre immer noch schöne und reizend geformte Hand hob sich durchsichtig und elfenbeinartig mattweiß auf ihre Brust, welche die Weiße des Batists verdunkelte, in den sie gehüllt war; unter der Haut liefen ihre bläulichrothen Adern hin . . . ein Symptom der Erschöpfung in Folge von langen Leiden. Die Gewänder, welche sie kurz zuvor ausgezogen hatte, fielen, statt wie früher ihren zierlichen Wuchs hervorzuheben, in langen und weiten Falten an ihr herab. Man kleidete sie nach ihrem Begehren, aber die Toilette dauerte lange, denn sie war so schwach, daß man dreimal eine Ohnmacht befürchtete; als sie endlich angekleidet war, näherte sie sich einem Fenster. Dach plötzlich zurückweichend, als ob der Anblick des Himmels und der Stadt sie erschreckt hatte, setzte sie sich an einen Tisch, verlangte Tinte und Feder, und schrieb an die Prinzessin um sich die Gnade einer Audienz zu erbitten. Zehn Minuten nachdem dieser Brief durch Pompée an die Frau, Prinzessin geschickt war, hörte man das Geräusch eines Wagens, welcher vor dem Hotel hielt, und beinahe in demselben Augenblick wurde Frau von Tourville gemeldet.

»Habt Ihr wirklich an die Frau Prinzessin geschrieben, um Euch eine Audienz von ihr zu erbitten?« fragte Frau von Tourville die Vicomtesse von Cambes.

»Ja, Madame,« antwortete Claire; »sollte sie mir dieselbe verweigern?«

»Oh! im Gegentheil, liebes Kind; ich eile herbei, um Euch in ihrem Auftrage zu sagen, Ihr wisset wohl, daß Ihr keiner Audienz bedürfet und zu jeder Stunde des Tages und der Nacht unangemeldet bei ihr eintreten könnet.«

»Ich danke, Madame, und werde von der Erlaubniß Gebrauch machen.«

»Wie?« rief Frau von Tourville. »Ihr wollt Euch in dem Zustand, in welchem Ihr Euch befindet, hinauswagen?«

»Seid unbesorgt, Madame,« erwiederte die Vicomtesse; »ich fühle mich vollkommen wohl.«

»Und Ihr kommt? . . .«

»In einem Augenblick.«

»Ich werde die Frau Prinzessin von Eurer Ankunft benachrichtigen.«

Und Frau von Tourville entfernte sich, wie sie gekommen war, nachdem sie der Vicomtesse eine ceremoniöse Verbeugung gemacht hatte. Die Kunde von diesem unerwarteten Besuche brachte, wie man sich leicht denken kann, eine große Wirkung an dem kleinen Hofe hervor; die Lage der Vicomtesse hatte ebenso allgemeine als lebhafte Theilnahme eingeflößt, denn es billigte entfernt nicht Jedermann das Benehmen der Frau Prinzessin unter den jüngsten Umständen. Die Neugierde steigerte sich daher auf den höchsten Grad: Officiere, Ehrendamen, Höflinge füllten das Cabinet von Frau von Condé, welche nicht an den zugesagten Besuch glauben wollte, denn noch am Tage vorher hatte man den Zustand von Claire als beinahe verzweifelt geschildert.

Plötzlich meldete man die Frau Vicomtesse von Cambes.

Claire erschien.

Beim Anblick dieses wachsbleichen, marmorartig kalten, unbeweglichen Gesichtes, dessen hohle, von einem dunkeln Kreise umgebene Augen nur noch einen Funken, den letzten Reflex der von ihr vergossenen Thränen, hatten erhob sich ein schmerzliches Gemurmel um die Prinzessin.

Claire schien es nicht zu bemerken.

Lenet kam ihr tief erschüttert entgegen und reichte ihr die Hand.

Aber ohne ihm die ihrige dagegen zu bieten, machte Claire eine Verbeugung voll erhabenen Anstands und ging durch die ganze Länge des Saales mit festem Schritte, obgleich sie so bleich war, daß man jeden Augenblick befürchten mußte, sie würde fallen.

Sehr bewegt und selbst sehr bleich, sah die Prinzessin Claire mit einem Gefühle vorschreiten, das dem Schrecken glich, und sie besaß nicht die Kraft, dieses Gefühl zu verbergen, welches sich unwillkührlich auf ihrem Antlitz ausprägte.

»Madame,« sprach die Vicomtesse mit ernstem Tone, »ich habe Eure Hoheit um die Gnade einer Audienz gebeten, um sie im Angesichts Aller zu fragen, ob sie, seitdem ich ihr zu dienen die Ehre gehabt habe, mit meiner Treue und Ergebenheit zufrieden gewesen ist.«

Die Prinzessin drückte ihr Taschentuch auf ihre Lippen und antwortete sodann:

»Allerdings, theuere Vicomtesse, ich bin bei jeder Gelegenheit vollkommen mit Euch zufrieden gewesen und habe Euch meine Dankbarkeit mehr als einmal ausgedrückt.«

»Dieses Zeugniß ist kostbar für mich,« erwiederte die Vicomtesse, »denn es berechtigt mich, Eure Hoheit zu bitten, mir gnädigst meinen Abschied gewähren zu wollen.«

»Wie!« rief die Prinzessin, »Ihr verlaßt mich, Claire?«

Claire verbeugte sich ehrfurchtsvoll und schwieg.

Man sah auf allen Gesichtern die Scham, die Reue und den Schmerz. Eine Todesstille schwebte über der Versammlung.

»Aber warum verlaßt Ihr mich?« fragte die Prinzessin.

»Ich habe nur noch wenige Tage zu leben, Madame,« antwortete die Vicomtesse, »und diese wenigen Tage möchte ich gern zum Werke meines Heils anwenden.«

»Claire, liebe Claire,« rief die Prinzessin, »bedenkt doch . . .«

»Madame,« unterbrach sie die Vicomtesse, »ich wage es, mir zwei Gnaden von Euch zu erbitten; darf ich hoffen, daß Ihr sie mir gewähren werdet?«

»Ah! Sprecht, sprecht, denn ich bin glücklich, etwas für Euch thun zu können.«

»Ihr könnt es.«

»Dann nennt diese Gnaden.«

»Die erste ist die Bewilligung der seit dem Tode von Frau von Montivy erledigten Sainte-Radegonde-Abtei.«

»Euch eine Abtei, liebes Kind! Ihr denkt nicht daran.«

»Die zweite, Madame,« fuhr Claire mit einem leichten Zittern der Stimme fort, »die zweite besteht darin, daß es mir erlaubt sein möge, auf meinem Gute Cambes den Leib meines von den Einwohnern von Bordeaux ermordeten Bräutigams, des Herrn Baron Raoul von Canolles, bestatten zu lassen.«

Die Prinzessin wandte sich, ihre kraftlosen Hände an ihr Herz pressend, ab. Der Herzog von Larochefoucault erbleichte und gerieth in sichtbare Verwirrung. Lenet öffnete die Thüre des Saales und entfloh.

»Einem Hoheit antwortet nicht?« sprach Claire: »schlägt sie mir meine Bitten ab? ich habe vielleicht zu viel verlangt?«

Frau von Coudé hatte nur noch Kraft genug, um mit dem Kopfe ein Zeichen der Einwilligung zu machen; dann fiel sie ohnmächtig in ihren Lehnstuhl.

Claire wandte sich wie eine Bildsäule um, man öffnete ihr einen breiten Weg, sie schritt kalt und aufrecht an allen den gebeugten Stirnen vorüber, und erst nachdem sie den Saal verlassen, bemerkte man, daß Niemand daran gedacht hatte, Frau von Condé Hilfe zu leisten.

Nach fünf Minuten rollte ein Wagen langsam durch den Hof: es war die Vicomtesse, welche Bordeaux verließ.

»Was beschließt Eure Hoheit?« fragte die Marquise von Tourville Frau von Condé, als diese wieder zu sich kam.

»Man willfahre der Frau Vicomtesse in Betreff der beiden von ihr so eben vorgebrachten Wünsche, und bitte sie, uns zu verzeihen.«

– E n d e -
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0+
Дата выхода на Литрес:
04 декабря 2019
Объем:
670 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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