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Henne oder Ei

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Dass ein gesunder Geist leichter gesund bleibt und sich vielleicht in einem gesunden Körper wohler fühlt, ist nicht wirklich etwas Neues. Das wussten schon die Römer vor fast zweitausend Jahren. Mens sana in corpore sano. Auf unterschiedlichen Veranstaltungen, im Rahmen von Vorträgen oder auch im Einzelcoaching wird mir oft diese Frage gestellt: Warum hält sich diese Idee seit 2000 Jahren so standhaft? Auch habe ich schon Menschen erlebt, die richtig unleidlich wurden, so nach dem Motto: Gibt’s nichts Neues? Ewig wird das Gleiche gepredigt: Wir sollen uns mehr bewegen. Und überhaupt, Herr Jaklitsch, was haben Mentaltraining und mentale Fitness mit körperlicher Fitness zu tun?

Als ich im Frühjahr 2014 auf Manfred Spitzer, einen der führenden Psychiater und Gehirnforscher, bei einem Vortrag für Lehrer traf, fragte eine der Teilnehmerinnen, was denn nun das Beste Gehirnjogging sei? Manfred Spitzer überlegte nicht lange und antwortete darauf:


Vorbereitung von T. Jaklitsch auf das RAW 2015 Foto: www.lucaspflanzl.at

„Das beste Gehirnjogging

ist Jogging!”

Über die Funktion und die weitreichenden lebensverlängernden Effekte von Bewegung habe ich bereits im Vorgängerbuch hingewiesen. Mittlerweile gibt es ausreichend Studienergebnisse, welche positiven Effekte Bewegung und auch individuell angemessener Sport auf das persönliche Wohlbefinden haben und es steigern können. Und klarerweise nicht nur das, sondern sie können auch das Leben verlängern und die Möglichkeiten des Lebens in vielen Bereichen erweitern.

Unser Körper ist ein dynamisches System, welches sich ständig verändert und sich immer wieder erneuern kann. Spannend ist jedoch auch die Erkenntnis, dass der Takt und die Geschwindigkeit der Erneuerung von Zellen, also ein Effekt der Gesundung, nicht konstant ist. Was bestimmt nun den Rhythmus und die „Motivation“ der Zellen, sich zu erneuern und sich zu entwickeln? Verschiedenste Forschungen legen nahe, dass die Variation der Erneuerung abhängig von deinen Aktivitäten und deinen Emotionen ist.

„Ein Schlüsselsignal, das Ihren Zellen sagt, ob sie absterben oder wachsen sollen,

ist beispielsweise die Bewegung. Eine eher sitzende Lebensweise fördert das Absterben der Zellen. Ein aktiver Lebensstil hingegen fördert die Zellerneuerung.

Das trifft sowohl auf Ihren Körper als auch auf Ihr Gehirn zu.”

(B. Fredrickson, Die Macht der guten Gefühle, 2011, S. 102)

Aktuellen Studien zufolge ist der neueste Risikosport, der in unserem Kulturkreis am häufigsten ausgeübt wird, das Sitzen! Manche Zeitungen titelten sogar „Sitzen ist das neue Rauchen“ (z. B. Gerald Gartlehner im Standard, 20. März 2015). Unterschiedlichste Studien brachten im Detail verschiedene Ergebnisse hervor. Der durchgängige Trend aus den Untersuchungen zeigte aber, dass wir 50 bis 70 Prozent des Tages sitzend verbringen und dieses Faktum kostet uns einige Jahre Lebenszeit. Die Conclusio einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2012 folgert hingegen, dass wir unsere Lebenserwartung um zwei Jahre steigern könnten, wenn wir nur mehr maximal drei Stunden am Tag sitzen würden! (L. Katzmarzyk, Zusammenhang von inaktivem Verhalten und allgemeinem Sterblichkeitsrisiko in den USA, 2012) Die Frage, die sich stellt, ist, ob Bewegung helfen würde, den negativen Effekt des zu langen Sitzens zu neutralisieren? Die Antwort gibt es später.

Sporttreibende Menschen kennen den Effekt: Der Tag war anstrengend, der Akku ist leer, der Kopf hingegen voll! Doch du ringst dich durch, ziehst die Laufschuhe an oder schwingst dich aufs Rad oder welche Bewegung auch immer die passende ist, und nach einiger Zeit der kontinuierlichen Bewegung ist vieles anders. Vielleicht nach 20 Minuten, vielleicht nach 40 Minuten, vielleicht auch erst nach einer guten Stunde gewinnen viele Menschen, obwohl sie Energie für die Bewegung verbrauchen, subjektiv mehr an Energie. Der Lebensenergie-Akku darf sich wieder füllen, der Kopf hingegen leert sich und so manche Lösung für scheinbar unlösbare Herausforderungen wurde inmitten der Natur, während sportlicher Aktivität gefunden.

Es geht dabei nicht immer nur um das sogenannte „Runners High“, dieses Hochgefühl, welches aus einem körpereigenen Drogencocktail wie Endorphinen, die zu den Opioiden zu zählen sind und ähnlich wirken wie Opium, bereitgestellt wird. Auch das entspannte Gefühl und das Wohlbefinden danach werden selbst produziert und von körpereigenen Entspannungsgehilfen, nämlich Endocannabinoiden, verursacht. Sind wir selbst unser bester Drogenproduzent? Letztlich zieht unser Gehirn vermutlich mindestens den gleichen Nutzen wie unser restlicher Körper, wenn wir uns bewegen. Wir können besser denken, erlangen mehr Selbstbewusstsein und werden ausgeglichener. Bewegung sei Dank (vgl. Focus Magazin, Glücksfaktor Sport, Nr. 28, 2012). Es gilt, Aufmerksamkeit für die weitreichenden Konsequenzen des sensiblen Wechselspiels zwischen Stress und dessen persönlichen Folgen sowie unseren Möglichkeiten, Stress auch abzubauen, zu schaffen. Letztlich mit dem Ziel, uns hoffentlich ein Leben lang wohl zu fühlen und so gesund wie nur möglich zu sein, muss einerseits die kontinuierliche Zellregeneration und müssen andererseits die wechselseitigen Abhängigkeiten von Psyche, Nerven-, Hormon- und Immunsystem im Fokus der Bemühungen sein. Immerhin titelte bereits im Jahr 2007 eine Pressemitteilung der Universität Ulm: „Laufen macht schlau!“ Nachgewiesenerweise haben bei der dreijährigen Studie die Teilnehmer bereits nach sechs Wochen regelmäßigen Lauftrainings in den Bereichen „visuell-räumliches Gedächtnis“ und „Konzentrationsfähigkeit“ bessere Ergebnisse erreicht und allgemein für sich eine „positive Stimmung“ genossen. Die Conclusio von Professor Manfred Spitzer ist hoffnungsvoll: „Wir konnten jetzt zum ersten Mal zeigen, dass ganz bestimmte geistige Leistungen direkt vom Sport profitieren“. Die im EEG messbare hirnelektrische Aktivität wird von der körperlichen Fitness mitbestimmt. Je fitter, umso schneller erfolgt die Reizverarbeitung im Gehirn. Wieso es, obwohl es diese Erkenntnisse nun bereits seit Jahren gibt, noch immer Diskussionen über das Sportpensum von Kindern und Jugendlichen in der Schule gibt, ist fraglich.


Selbstproduzierte Drogen, RAAM 2013 Foto: www.lupispuma.com

Wir sind zwar selbst unser bester Drogenproduzent, doch unser Drogendealer handelt oft eigenmächtig!

Schon in der Antike war man sich der Wechselwirkung zwischen Gefühlen und körperlicher Gesundheit bewusst. Doch erst im Jahre 1974 konnte der amerikanische Psychologe Robert Ader (1932–2011) einen Nachweis erbringen, dass das zentrale Nervensystem mit dem Immunsystem nicht nur in Verbindung steht, sondern zusammenarbeitet und beide voneinander lernen können. Diese Wissenschaftsdisziplin nennt sich Psychoneuroimmunologie und hat ihr Hauptaugenmerk auf die Folgen der wechselseitigen Beeinflussung von Leib und Seele und ihre Wirkung auf die menschliche Gesundheit gelegt. Im Zuge unserer Menschheitsgeschichte entwickelten wir die Notwendigkeit, ein gut ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Umwelt, Psyche, Hormon- und Immunsystem herzustellen. Dabei dienen verschiedenste Botenstoffe der Kommunikation und dem ständigen Austausch zwischen unserem Gehirn, sprich unseren Gedanken, und unserem Immunsystem. Die Wechselbeziehung ist so intensiv, dass das quasi gestresste Gehirn über Botenstoffe die Immunzellen strapazieren kann. Umgekehrt produziert auch das Immunsystem Botenstoffe, die sich direkt auf unser Denken und Fühlen auswirken können.

Die Abwehrreaktion des Menschen auf Stress oder Überforderung ist evolutionär genial, aber hinterlässt Folgen. Ganz automatisch werden in der ersten Abwehrreaktion vom Auftraggeber Zwischenhirn im Nebennierenmark Adrenalin und Noradrenalin produziert. Diese Aktivierungshormone sorgen dafür, dass die Muskeln und das Gehirn bestens durchblutet und aufgrund der Erhöhung des Blutzuckerspiegels auch voller Energie sind. Immerhin muss der Körper in Verteidigungsbereitschaft sein und geschützt werden können. Sobald die ersten Belastungsspitzen überstanden sind, wird der Körper mit dem Hormon Cortisol wieder beruhigt. Dieses Beruhigungshormon dämpft und reduziert möglicherweise entstandene Entzündungen.

Bei Stress als Dauerzustand produziert der Körper zu viel Cortisol, dämpft damit die Immunabwehr und bringt diese aus der Balance, vor allem das besonders sensible Gleichgewicht zwischen zellu­lärer und humoraler Immunabwehr. Bekämpft werden Bakterien, die zum Beispiel durch eine Wunde in den Organismus eindringen können, von der humoralen Abwehr. Viren und mutierte Zellen – Krebszellen – werden von der zellulären Immunabwehr bearbeitet. Das Zuviel an Stress, das wie beschrieben zu zu viel Cortisol führt, verschiebt dieses Gleichgewicht und führt zur Schwächung der zellulären Abwehr und damit gleichzeitig zu einer Verstärkung der humoralen Immunabwehr. Die Folge ist vielen bekannt: Wenn der Stress nachlässt, wird man krank. Viele Menschen beklagen sich, die Weihnachtsferien anstatt mit der Familie krank im Bett zu verbringen. Der Weihnachtsstress sorgt mit den oben beschriebenen Prozessen für ein Ungleichgewicht der Immunabwehr, verschlechtert die Immunfaktoren und steigert somit, ge­rade in Zeiten, wo eigentlich aufgrund der Witterung ein starkes Immunsystem benötigt würde, die Gefahr einer Infektion. Bei Sportlern wird dieser Effekt, der nach sehr harten und intensiven Trainingseinheiten auftreten kann, als „Open-Window-Phänomen“ bezeichnet. Überlastendes Training bzw. zu stark fordernde sportliche Aktivität – also evolutionär gesehen vom System als Stress erkannt – schwächt das Immunsystem und somit können etwaige bakterielle Krankheitserreger nicht mehr ausreichend beseitigt werden. Gerade in der Übergangszeit und in den kalten Wintermonaten sind Leistungssportler besonders gefährdet. Einerseits ist die Ansteckungsgefahr allgemein erhöht, andererseits ist das Atmen von sehr kalter Luft im Freien eine enorme Zusatzbelastung für die Schleimhäute. Durch die Schwächung der zellulären Abwehr werden wir anfälliger für Virusinfektionen wie Grippe oder Herpes. Zufall oder nicht, gerade in der Woche vor dem Start des Race Across America 2015 plauderte ich in der Zeit der Hitzeakklimatisation in der Wüste von Borrego Springs mit Extremradler Severin Zotter. Er war – wie Christoph Strasser und ich – nach dem Organisations-, Einpack- und Flugstress zur Entspannung und für den Hitzefeinschliff vor Ort. Drei Mal darf man raten, was ich an seiner Lippe entdecken durfte ...

Das Hormon Cortisol wirkt immunsuppressiv, dämpft die körper­eigene Immunabwehr. Als Folge werden vermehrt Antikörper (Immunglobuline) von den weißen Blutzellen, den B-Lymphozyten, produziert. Diese überschießende Reaktion führt leider dazu, dass wir anfälliger werden können für Allergien, Hauterkrankungen sowie Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel Rheuma eine darstellt. Die Psychoneuroimmunologie kann durch Faktoren wie zum Beispiel steigende Stressbelastung die Zunahme und Entstehung von bestimmten Krankheiten nachvollziehbar erklären.

Es ist auch eine unumstößliche Gewissheit, dass eine belastende Kindheit dramatische Folgewirkungen haben kann. Studien belegen, wie traumatische Erfahrungen im Kindesalter die Ursache für diverse entzündliche Prozesse bei Erwachsenen sein können. Manche Schwierigkeiten jedoch werden schon vor der Geburt produziert. Wenn werdende Mütter, überfordert, belastet und gestresst, ihr Cortisol an den Fötus weitergeben, werden manche Herausforderungen bereits in die Wiege gelegt.

Der Weg der Biochemie in die Zelle ist keine Einbahnstraße. Einerseits haben Immunzellen Rezeptoren für Entzündungssignale, Hormone und Neurotransmitter. So kann unser Nervensystem über diese Botenstoffe das Immunsystem beeinflussen. Obwohl viele dieser Wechselwirkungen noch nicht erforscht sind, wissen wir, dass dieser Vorgang auch umgekehrt stattfindet. Über Botenstoffe kann das Immunsystem dem Gehirn Erkrankungen mitteilen.

Schlussfolgerung

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Aber wie? Unser Körper ist unsere Burg. Eine Burg, die sich im Laufe der Zeit von der Befruchtung der Eizelle bis zum Fötus, vom Baby zum Kind, vom Jugendlichen zum Erwachsenen bis zum Tod hin verändert. Eine Baustelle, die zu Lebzeiten niemals beendet wird. Ein erwachsener Mensch besteht aus ungefähr 90 bis 100 Billionen Zellen. Davon sterben jede Sekunde etwa 50 Millionen ab, um in der gleichen Sekunde wieder gebildet und ersetzt werden zu können. Ein dynamisches System, welches sich ständig verändert und sich immer wieder erneuern kann. Dabei bedeutend ist die Erkenntnis, dass der Takt und die Geschwindigkeit der Zellerneuerung, also der Effekt der Gesundung, nicht konstant sind. Verschiedenste Forschungen können einen Hinweis darauf geben, dass die Variation der Erneuerung abhängig ist von deinen Aktivitäten und deinen Emotionen. Mehrfach wurde nachgewiesen, dass Sport ein Motor in der Zellerneuerung sein kann. Dass sportliche Aktivität und Bewegung subjektiv das Wohlbefinden steigert, ist längst bekannt. Nachgewiesen wurde mittlerweile, dass Ausdauersport die räumliche Gedächtnisleistung unterstützt, die Konzentrationsfähigkeit erhöht und auch objektiv optimistischer macht. Je fitter wir sind, umso schneller

können wir die elektrischen Reize im Gehirn verarbeiten.

Diese Wechselwirkungen zwischen der Psyche, dem Nervensystem und dem Immunsystem zu erklären, ist die Hauptaufgabe des interdisziplinären Forschungsgebietes der Psychoneuroimmunologie. Während das Immunsystem in der Lage ist, auf Signale von Nerven- und Hormonsystem zu reagieren, kann auch das Immunsystem die Funktion des Nerven- und Hormonsystems beeinflussen. Ist diese Balance gestört, können Erkrankungen auftreten.


RAW 2015 Foto: www.lucaspflanzl.at


Smoveytraining in der Wüste zur Lockerung Foto: www.lucaspflanzl.at

„Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt,

muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.”

(Sebastian Kneipp, entnommen aus http://www.kneipp-meilen.ch/zitate.htm)

Drei kreislaufaktivierende Körperübungen für zwischendurch

Um den Kreislauf auf Trab zu bringen, den Puls höher zu treiben und den Stoffwechsel endlich wieder anzukurbeln, genügen im Grunde schon ein paar wenige, aber dafür funktionelle Übungen. Im Berufsalltag mancher Menschen ist kostenfrei und richtig wirkungsvoll ohnehin ein „Fitnessstudio” integriert. Einfach und variantenreich ist Treppensteigen. Erklimme 100 Stufen im Treppenhaus, entweder Treppe für Treppe zügig aufwärts gehen oder abwechselnd die Anzahl der auf einmal überwundenen Stufen variieren. Je nachdem, ob du nur eine, zwei oder drei Stufen auf einmal nimmst, werden unterschiedliche Muskelbereiche an den Beinen und am Po aktiviert! Nach dem Motto des Gehirnforschers Manfred Spitzer „Das beste Gehirnjogging ist Jogging!” lässt sich die Übung auch bezüglich der Neurogenese einsetzen. Bei jedem Schritt immer den jeweils übernächsten Buchstaben des Alphabets sagen/denken: A, C, E … Also öfter mal wieder Treppen steigen, statt Aufzug fahren.

Solltest du kein Treppenhaus haben, dann vielleicht zum Aufwärmen einfach zwei, drei Minuten locker auf der Stelle laufen, die gebeugten Arme kannst du dabei kräftig mitschwingen. Immer wieder zwischendurch zur Aktivierung den Puls nach oben bringen – wirkt wahre Wunder.

Ich selber nutze die grünen Smovey-Vibrationsringe zum Workout tagsüber und zur Lockerung meiner Schultern und Gedanken. Erfunden aus der Not heraus von Hans Salzwimmer, alias „Salzhans”: vom aktiven lebensfrohen Tennistrainer zum Parkinsonpatienten geworden, fand er damit wieder retour ins Leben. Viele meiner Kunden, vor allem auch die Schreibtischtäter, die aufgrund der Bürotischhaltung immer wieder über massive Rücken- und Nackenbeschwerden gejammert haben, nutzen die Smoveys – im Arbeitsalltag einfach über den Tag verteilt. Spätestens nach 15 Minuten schwingen sind nicht nur der Kreislauf aktiviert und die Schultern gelockert, sondern auch die Handreflexzonen über die automatische Vibration stimuliert und man fühlt sich nicht nur besser, sondern ist nachweislich in einem besseren Zustand. Für mich als Radfahrer das ideale Alternativtraining für den Oberkörper, perfekt zur Stärkung der Muskelschlingen, um eine aerodynamische Position auch über ein gesamtes Langdistanzrennen halten zu können, und gegen die hängenden Schultern der Zeitfahrposition. Also du kannst beginnen, dich freiwillig wieder zu bewegen und für dein Wohlbefinden Entscheidungen zu treffen.

Innovation

Als Christoph Strasser im Herbst 2012 beim entspannten Plaudern in meinem Beratungszentrum einerseits die Saison Revue passieren ließ und andererseits bereits mehr als intensiv auf die Saison 2013 schielte, kristallisierte sich ein Ziel immer stärker heraus. Ein Wunsch, den sich in den letzten 33 Jahren kein Mensch erfüllen hatte können: Das Race Across America unter acht Tagen zu fahren. Aufgrund der Analyse seiner Leistungsdaten und der Vergleiche der bisherigen Ergebnisse aus den vergangenen Jahren, seiner gefahrenen Zwischenzeiten bei den jeweiligen Zeitstationen des Events, konnte es möglich sein. Kann Christoph der erste Mensch in der Geschichte des seit 1976 jährlich stattfindenden Radevents sein, der 5.000 Kilometer quer durch Amerika unter acht Tagen zu radeln vermag? Ist der Anspruch vermessen? Klarerweise nur möglich, wenn auch die äußeren Rahmenbedingungen wie Wetter (Niederschläge wie auch Temperatur) und etwaige Pannen, an Rad wie an Begleitfahrzeugen, ihn verschonen würden. Aus dem gesundheitsbedingten Rennabbruch 2009 wurde gelernt, der daraus resultierende Sieg 2011 und auch der zweite Platz 2012 waren ein Fundus an Lernmöglichkeiten. Die Antwort auf die oben gestellte Frage und auch das Motto dazu, „time to perform“, konnten bereits in „Hilf mir, meinen Lebenstraum zu erfüllen“ gegeben werden. Ja, er konnte der erste Mensch sein. Doch viel wesentlicher scheint in diesem Zusammenhang die Frage zu sein: Wie? Und zu welchen weiterführenden Konsequenzen positiver wie möglicherweise negativer Natur? Also galt es, das Gute noch weiter zu optimieren, und die Dinge, die noch nicht ausreichend funktionierten, zu sanieren. Vor allem die Nervenschädigungen an den Händen – bedingt durch zu viel Druck und Gewicht auf den Händen während der Querung der USA – sollten dringend beseitigt werden. Durch die Straßenverhältnisse einerseits und aufgrund der Sitzposition von Christoph auf seinem Rad bei seinem Sieg 2011 hatte er gegen Ende des Rennens sogar Mühe, seine Trinkflaschen zu halten, geschweige denn waren feinmotorische Bewegungen seiner Finger an beiden Händen möglich. Dies ist zu einem bestimmten Grad einfach eine logische Folge der mechanischen Belastung der Hände über diese Zeitspanne von mehr als einer Woche. Immerhin sind die Hände, die Füße und die Auflagefläche des Gesäßes die einzigen Kontaktflächen, die den menschlichen Körper mit dem Fahrrad verbinden. Je nach individuellem Gewicht und mehr oder weniger komfortabler bzw. aerodynamischer Sitzposition werden an den Händen vor allem der Ulnar-Nerv – an der Außenseite der Handkante gelegen – und der Nervus Medianus (Karpaltunnelsyndrom) – direkt in der Mitte des Handballens – beansprucht. Nachdem Christoph nach seinem Sieg 2011 wochenlang Mühe hatte, ohne hinzusehen seine Hand und seine Finger zu steuern, wurden bereits 2012 vielfältige Verbesserungen gesucht. Die Verbesserungsideen reichten sogar bis zu speziellen orthopädischen Auflagen für die Hände und Unterarme aus dem Rollstuhl-Sport. Es war also ausreichend Verbesserungspotenzial vorhanden, um das neue Ziel, das RAAM 2013 unter acht Tagen zu schaffen, zu erreichen. Doch nicht nur in punkto Komfort, um eben länger entspannter und dadurch leistungsfähiger sein zu können, sollten Veränderungen und Optimierungen helfen, sondern vor allem in einem Punkt: Aerodynamik! In diesem Bereich suchten wir Unterstützung im Vorhaben, diesen Rekord aufzustellen, und fanden sie: Bisher galt bei einem Langstreckenrad das ungeschriebene Gesetz: Komfort an erster Stelle! Weil die aerodynamischste Sitzposition auf Dauer keinen Erfolg brächte, wenn sie nicht ausreichend lange und nur mit hohem energetischen Aufwand aufrechtzuerhalten wäre. Trotzdem war gerade deswegen die Idee geboren, ein klassisches Zeitfahrrad so komfortabel wie nur möglich an Christophs Körper anzupassen, damit auf den unendlichen Geraden Amerikas dieser Vorteil sich in Zeitersparnis niederschlägt. Die Straßen durch die Wüstenbereiche von Kalifornien, Arizona und Utah sowie auf den bis zum Horizont führenden Straßen zwischen den Weizenfeldern von Kansas mussten doch für aerodynamischen Vorteil zu nutzen sein. Die Idee eines Zeitfahrrades musste reifen. Doch nicht lange, denn nur wenige Monate später fand sich Christoph tagelang bei seinem Radhersteller wieder, um an der Einstellung der Sitzposition auf einem Zeitfahrrad zu feilen. Perfektioniert wurde diese Feineinstellung dann bei jenem Hersteller, der Benchmark in punkto Aerodynamik und Komfort gleichzeitig ist: Syntace. Und wirklich: Die Mühen waren so weit von Erfolg gekrönt, dass Christoph nicht nur schneller, sondern auch mit weit mehr Wohlbefinden sein Training stundenlang auf dem Zeitfahrrad vollbringen konnte. Den Oberkörper möglichst bequem abgestützt auf den Auflagen seines Zeitfahrauflegers. Eine Aussage, die seine mentale Einstellung dazu gut illustriert, getätigt im letzten Coaching kurz vor dem Abflug zum RAAM 2013, ist bemerkenswert: „Wenn man auf so einem Zeitfahrrad sitzt, ist man automatisch, ohne dass man irgendwie anders Rad fährt, um ein bis zwei km/h schneller.“ Rechnet man diesen einfach vor sich hin gesagten Vorteil auf die möglichen Flachpassagen beim RAAM mit ein – welch Riesenvorteil! Immerhin konnte Christoph das Race Across America schon zweimal in acht Tagen und weniger als neun Stunden beenden. Vorausgesetzt die Rahmenbedingungen ließen es zu und Chris­tophs körperlicher wie mentaler Leistungsoutput wären wieder gleich stark, wäre diese magische Acht-Tage-Grenze zu kippen. Doch so weit war es noch nicht. So weit waren wir noch nicht. Immerhin ist es ein hohes Risiko, bei einem Langdistanz-Radrennen von einer Woche und mehr etwaige Rückenschmerzen zu produzieren, die Grund für Muskelverhärtungen in den Beinen und in der Pomuskulatur sein können. Deren Folgewirkungen auf Gelenke und Sehnen wiederum zu Entzündungen und letztlich zu einem Abbruch des Rennens führen könnten. Andererseits ist auch der logistische Aufwand, Räder zu zerlegen, sie nach Amerika einzufliegen, dort wieder aufzubauen, enorm. Zudem besteht das Risiko, dass aufgrund der „sorgsamen“ Behandlung des Sondergepäcks bei den Fluglinien diese High-Tech-Produkte aus Carbon und Aluminium nicht im gewünschten Zustand ankommen. Auch hier gilt: Vorsicht und Planung sind besser als ein ungestümes Voranpreschen mit den dazugehörigen Nachteilen.


Keine Stopp-Schilder mehr?! Foto: www.lupispuma.com

Doch die Idee, SUB 8, nahm immer mehr Gestalt an. Immerhin wollten wir die besondere Erfindung eines Rennrads, einer futuristisch anmutenden „Zeitfahrmaschine“, verwenden. Diese werden im Profi-Radrennsport normalerweise für Prologe über wenige Kilometern und lange Mannschaftszeitfahren von gerade mal 70 Kilometern verwendet, aber wir wollten einen Vorteil für vermutlich 1.500 Kilometer oder sogar mehr. Im Langstrecken-Triathlon, dem Ironman (3,8 km schwimmen, 180 km Rad fahren, 42 km laufen), benutzt man ja bereits seit Jahren die etwas aerodynamisch entschärften Zeitfahrräder für die ca. 180 Kilometer der Raddistanz. Aber würde dies auch auf mehrere 100 Kilometer funktionieren? Im herkömmlichen Profi-Radsport haben die flachen Einzel- und Mannschaftszeitfahren schon oft Etappenrennen wie die Tour de France, Giro d’Italia, Vuelta etc. entschieden. Die andere Rahmengeometrie im Vergleich zu einem normalen Straßenrennrad, die aerodynamischeren Rohrquerschnitte, Zeitfahrlenker, aber vor allem die wettkampfspezifisch günstigere Sitzposition, die den Radfahrer etwas weiter vor über das Tretlager bringt, in Kombination mit einem Zeitfahraufleger schaffen sekundenweise Zeitersparnis auf jedem Kilometer. Und genau diesen Vorteil wollten wir nutzen.

Steve Jobs, gespielt von Ashton Kutcher, wurde in seiner Film-Biografie folgende Aussage in den Mund gelegt:

„Man kann nicht die Konkurrenz beobachten, um es besser zu machen.

Man muss die Konkurrenz beobachten, um es anders zu machen.”

(Steve Jobs, Film-Biografie, 2013, Minute 72)

Zeitfahrräder tauchten doch in Team- bzw. Staffelbewerben immer wieder für kurze Strecken bei Langstrecken-Radrennen auf. Doch wieso nutzten es die Solofahrer noch nicht konsequent? Der Österreicher Gerhard Gulewicz fuhr als Solo-RAAM-Teilnehmer bereits 2009 mit Zeitfahrhelm aerodynamisch optimiert über die schnurgeraden Straßen von Kansas. Er blieb damals die Ausnahme. (Obwohl bereits die innovativste Kraft im Radsport, der Triathlon, und ein gleichnamiges Magazin im Jahr 2005 der Aerodynamik seitenweise Raum gaben. Dort bestätigte man zwei Prozent Leistungsersparnis nur durch Verwendung von Zeitfahrhelmen.)


Rennrad versus Aerorad Foto: www.lupispuma.com

Nach den Stunden, Tagen, Wochen der Vorbereitungen, der Optimierungen und des Trainings auf dem Zeitfahrrad half dennoch nur eines: TUN. Die drei Buchstaben, die schon Goethe als Erfolgsfaktor definierte. Als Generalprobe für das RAAM 2013 durfte also das Race Across Italy fungieren. Halb so kurz wie das Race Around Slovenia und vor allem mit dem Termin Mitte April gab es ausreichend Regenerationszeit bis zum Start des RAAM Mitte Juni. Die wunderschöne Strecke von 630 Kilometern mit 5.000 Höhenmetern führte von Nettuno im Süden von Rom auf die andere Seite der Küste nach Chieti (Pescara) und wieder retour. Laut Streckenprofil ein idealer Testparcours zur Kontrolle der Arbeit an der Sitzposition von Winter und Frühjahr. Und so war es dann auch. Die im vorangegangenen Coaching angepeilte Zielzeit von 19 Stunden konnte Christoph weit unterbieten und einen eindrucksvollen Sieg bei der Pendelfahrt quer durch Italien mit nach Hause bringen. Mit einem fast unglaublichen Schnitt von 35,5 km/h, einer Fahrzeit von 17 Stunden 44 Minuten, distanzierte er die nachfolgenden um mehrere Stunden. Christoph konnte damit eine perfekte Generalprobe für die Verwendung eines Zeitfahrrades bei einem Langstreckenrad­rennen liefern. Und damit war ein weiteres Mosaiksteinchen für das Ziel „Sub 8“ beim RAAM 2013 in erreichbare Nähe gerückt. Zumindest für uns wurde ab nun ein gemeinsamer Nenner, der alle schnellen Sportarten eint, mit ins Team geholt: die Aerodynamik!


Wechsel auf das Zeitfahrrad RAAM 2013 Foto: www.lupispuma.com

Schlussfolgerung

Wenn man nahe an menschlichen Grenzen arbeitet bzw. diese sogar überschreiten möchte, hat man zwangsläufig immer mit Innovation zu tun. Eine Innovation ist aber erst dann eine Innovation, wenn aus einer Idee eben ein neues Produkt, ein neues Denken, umgesetzt wurde und wahrhaftig erfolgreich Anwendung gefunden hat und im besten Fall dupliziert wurde und in der Welt einen Markt – eine Wiederholung – gefunden hat. Christoph Strasser setzte mit seinen 7 Tagen 22 Stunden und 11 Minuten, die er für das Race Across America 2013 benötigte, einen Meilenstein. Dieser Weltrekord, als erster Mensch in der Geschichte dieses Rennens den amerikanischen Kontinent unter acht Tagen mit einem Fahrrad zu durchqueren, fand sich sogar im Guinness-Buch der Rekorde wieder. Nicht umsonst war er darin auf seinem Zeitfahrrad abgebildet.

Möchte man letztendlich innovativ sein, kann es nicht anders funktionieren, als die gewohnten Wege zu verlassen und möglicherweise Risiken auf sich zu nehmen – oder menschlich ausgedrückt: seine persönliche, gewohnte Komfortzone zu erweitern. Die Zeichen der Zeit zu erkennen und im richtigen Moment am richtigen Ort die richtige Entscheidung zu treffen, ist das große Mirakel gelungener Innovation oder sogar seines Lebens. Die Geschichte der Fehleinschätzungen unserer Menschheitsgeschichte ist lang. Der Bogen spannt sich von einer Musik-Combo aus Liverpool, bei deren Probeaufnahme 1962 die Plattenbosse entschieden haben, dass sich so etwas nie verkaufen lasse. – Nicht einmal ein Jahr später führten die Beatles die Charts nicht nur an, sondern dominierten das Musikgeschehen für viele Jahre. Doch auch in der neueren Zeit gab es ausreichend unerkannte und ungenutzte neue Ideen, die innovativ letztlich eine ganze Generation prägen durften. Joanne K. Rowling blitzte bei sechs Verlagsmanagern mit ihrem Manuskript zu Harry Potter ab. Einer erkannte die Chance eines Bestsellers, griff zu und machte aus der Autorin nach insgesamt sieben Bänden Harry Potter und gleich vielen Filmen die erste Schriftstellerin der Welt, die mit Büchern über eine Milliarde Dollar verdiente. Viele Klassiker der nicht erkannten Innovation liefert die Geschichte der Technik. Selbst Nobelpreisträger Albert Einstein gab der friedlichen Nutzung der Atomenergie keine Chance, weil er sich zu sehr für deren kriegerische Verwendung schämte.

Legendärer sind natürlich die ökonomischen Einschätzungen und Reaktionen auf die technischen Innovationen unserer Kommunikation. Bei der Einführung des Telegramms lautete der allgemeine Tenor: Brauchen wir nicht, wir haben ja Briefe. Bei der Einführung des Telefons: Brauchen wir nicht, wir haben ja Telegramme. Bei der Einführung des Computers: Brauchen wir nicht, zu teuer und wir haben ja Schreibmaschinen. Eine ähnliche Fehl­einschätzung beging auch Microsoft-Chef Steve Ballmer: Er sah im iPhone lediglich ein Randgruppenphänomen. Laut einer Studie aus dem Juli 2015 hat Apple mit dem iPhone in den USA einen Marktanteil von 50 Prozent aller verwendeten Smartphones. Ein Randgruppenphänomen, das sich seit der Markteinführung 2007 weltweit bis zum März 2015 700 Millionen Mal verkauft hat. Möglich nur, weil Steve Jobs sein Motto „Denke das andere“, nämlich das, was alles noch möglich wäre, konsequent verfolgte. Bereits vor dem Jahr 2000 begann die technische Entwicklung und die Ideenreifung eines Multi-Touch-Bildschirms, der später zu den berühmt-berüchtigten Wischhandys der Jetztzeit führte.

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9783701180189
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