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Der Kochkurs

Marianne liebte die chinesische Küche. Zu ihrem großen Leidwesen konnte aber ihr Mann Werner damit gar nichts anfangen. Und das als Küchenchef! Sie hatte schon lange überlegt, wie sie Werner doch noch dazu bringen konnte, diese Küche kennenzulernen. Und als dann in der Zeitung ein chinesischer Kochkurs angeboten wurde, fackelte sie nicht lange. Sie meldete sich und ihren Mann sofort an. Als Werner dann nach Hause kam, kam strahlend seine Frau auf ihn zu: „Rate mal, was wir nächsten Dienstagabend zusammen machen werden.“ Nichts ahnend zuckte Werner die Schultern. „Ich habe uns für einen chinesischen Kochkurs angemeldet.“ „Was? Muss das sein?“ Werner war nicht gerade entzückt. Doch weil er wusste, wie sehr Marianne daran gelegen war und weil er seine Frau schließlich liebte, gab er gutmütig nach. Marianne freute sich riesig. Sie war überzeugt, dass es am Schluss sogar ihrem Mann schmecken würde. Hätte sie geahnt, wie der Abend verläuft, hätte sie schnellstens ihre Anmeldung wieder rückgängig gemacht …

Der Dienstag kam. Marianne hatte extra eine weitere Kochschürze für ihren Mann besorgt. Freudig erregt die eine, skeptisch der andere, betraten sie die Kochschule. Werner war der einzige Mann unter ca. 15 Frauen. Er fühlte sich sichtlich wohl als Hahn im Korb. Die Kochleiterin machte ein paar einleitende Worte, stellte dann 2er- Gruppen zusammen, die jeweils ein kleines Gericht vorbereiten und kochen mussten. Sie würde dann bei jedem mal vorbeikommen. Marianne und Werner hatten es mit einem Gemüsegericht zu tun. Ihre Nachbarin, ein rundliche Dame, die zum 2. Mal mit einem Italiener verheiratet war, konnte gar nicht genug tratschen. „Ist das hier ein Kaffeekränzchen oder ein Kochkurs? Und überhaupt, wie die alle so kochen, man könnte meinen, die hätten noch nie vor einem Herd gestanden! Schau mal, sogar die Kochleiterin hat Schwierigkeiten!“ Werner stänkerte. Marianne stupste ihm in die Seite: „Hör’ auf, Schatz. So reklamier doch nicht immer. Es macht doch Spaß. Und auch ein Küchenchef kann immer noch dazulernen, meinst du nicht auch?“ „Aber hier bestimmt nicht“, brummelte Werner, der weiterhin die Kochleiterin beobachtete.

Diese hatte nämlich offensichtlich Schwierigkeiten. Jeder hatte Fragen an sie, ständig musste sie hin und her eilen. Und mitten im Stress explodierten doch tatsächlich die Frühlingsrollen im heißen Öl! Werner war fast gleichzeitig wie die Lehrerin dort. Während diese verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlug, nahm Werner geistesgegenwärtig eine Kelle und fischte den Rest der Frühlingsrollen aus dem Öl. Danach schupste er gebieterisch die 2 Leute, die dafür verantwortlich waren, zur Seite und übernahm das Zepter. „Also, so was ist mir in meinen Kochkursen noch nie passiert“, jammerte die Kochleiterin, während Werner geschickt neue Frühlingsrollen vorbereitete und ins Öl gleiten ließ. Bewundernd schauten ihn die Frauen an. Sichtlich stolz erzählte Marianne, dass ihr Mann schließlich Küchenchef sei. „Wow, solch einen Mann hätte ich auch gerne. Er sieht gut aus und kann auch noch kochen“, tuschelten die Frauen untereinander.

Später deckten sie zusammen den großen Tisch. Es wurde ein Buffet aufgebaut. Jeder brachte sein Gericht, das er vorbereitet hatte, und stellte es irgendwohin. Alle bedienten sich. Dazu gab es Tee, Mineralwasser oder Wein. Es wurde viel geredet und gelacht. Jeder war bereit, etwas aus seinem Privatleben zu erzählen. „Also doch ein Kaffeekränzchen“, flüsterte Werner seiner Frau ins Ohr. Als diese nicht reagierte, schaute er ihr besorgt ins Gesicht. „Ist dir nicht gut? Du bist so weiß im Gesicht.“ Marianne fing plötzlich an zu schwitzen. „Ich weiß auch nicht, was los ist. Ich denke, ich habe zu viel gegessen.“ Werner leuchtete das nicht ein, denn er hatte mehr gegessen, und ihm ging es gut. Den anderen war nichts aufgefallen. Sie hatten begonnen, abzudecken und abzuwaschen.

Endlich wurden sie von der Kochleiterin verabschiedet. Als sie das Haus verließen, bekam Marianne fürchterlich weiche Knie. Sie konnte sich kaum mehr aufrecht halten. Werner konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen: „Was ist? Ist dir die chinesische Küche nicht gut bekommen?“ Wenn Marianne nicht so übel gewesen wäre, hätte sie ihm schon eine geharnischte Antwort entgegengeschleudert. Sie setzte sich auf eine Steinbank, hielt sich mit der einen Hand den Bauch, die andere legte sie um ihren Hals. Doch es nützte alles nichts. Sie konnte gerade noch zum nächsten kleinen Bäumchen rennen, wo sie sich heftig übergeben musste. Und weil der Druck derart groß war, wurden ihr Tränen herausgepresst, und auch ihre Blase hielt nicht stand. Mein Gott, war das peinlich! So was war ihr noch nie im Leben passiert! Zu allem Übel lachte ihr Mann lauthals. Sie war so wütend auf ihn und diese Situation, sie hätte Werner am liebsten alle Schande gesagt. Doch sie hatte einfach nicht die Kraft dazu. Außerdem war ihr immer noch übel. Die Knie zitterten, sie war von oben bis unten nass. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken! Gott sei Dank war es dunkel. Und in der Nebengasse, wo sie sich aufhielten, befand sich auch keiner. Werner wollte sie stützen, doch Marianne zischte ihn erbost an: „Lass mich ja in Ruhe! Du musst gar nicht so gönnerhaft tun!“ Wiederum musste Werner lachen, aber er überließ sie dann großzügigerweise ihrem Selbstmitleid. Sie bewegten sich auf ihr Auto zu.

Während der Heimfahrt konnte es sich Werner einfach nicht verkneifen: „Na, mein Schatz, wie hat dir die chinesische Küche geschmeckt?“ Marianne antwortete ihm nicht. Sie fror und schämte sich entsetzlich. Zu Hause ging sie sofort unter die Dusche, steckte danach ihre Kleider in die Waschmaschine. So ein Blödsinn, dachte sie, dass mir das ausgerechnet jetzt passiert ist. Ich vertrage doch sonst die chinesische Küche so gut. Warum diesmal nicht? Und Werner werde ich wohl nie mehr zu einem Kochkurs geschweige denn zum chinesischen Essen überreden können. Ich könnte heulen! Ohne dass Werner es bemerkte, schlich sie ins Gästezimmer. Dort lag nämlich die Anmeldung für den chinesischen Kochkurs II. Schnell zerriss sie den Zettel und warf ihn in den Abfalleimer. Schließlich wollte sie sich nicht noch einmal blamieren …

Ein aufregender Ausflug

„Wie wär’s wieder mal mit einem Ausflug in den Naturpark?“ Cornelia schaute fragend ihre Schwester Sonja an. „Du weißt doch, ich bin im neunten Monat schwanger. Und der Park ist ja nicht gerade in der Nähe. Wenn da was passiert …“ „Ach, komm, so schnell geht das auch nicht. Die Kinder hätten sicher ihren Spaß. Und Mama nehmen wir auch gleich mit. Nach dem Tod von Vater könnte sie eine Abwechslung brauchen.“ Sonja nickte. „Du hast recht. Einen richtigen Familienausflug hatten wir schon lange nicht mehr. Und das Wetter macht auch mit. Wann soll’s losgehen?“ Bereits am nächsten Tag waren sie unterwegs. Sie fuhren mit 2 Autos. Sonja mit ihren Kindern Rolf, Carina und Iris, Cornelia mit ihren Söhnen Peter und Tim, dazu noch ihre Mutter. Diese hatte sich ein keckes Hütchen auf den Kopf gesetzt. Falls es regnen sollte. Doch die Sonne schien, und alle freuten sich auf den Ausflug. Nach 1 ½ Stunden Fahrt erblickten sie den Naturpark mit den prachtvollen alten Häusern aus dem letzten Jahrhundert und den herrlichen Blumen und Bäumen, wo sich auch Rehe tummelten.

Sie parkten und gingen Richtung Eingang mit dem Zahlhäuschen. „Wie wär’s mit einer Rundfahrt?“ Ein blonder junger Mann lächelte Cornelia charmant an. „Dann müssten Sie nicht stundenlang laufen und könnten alles in Ruhe ansehen und genießen.“ Sonja war sogleich begeistert. Sie war nicht gerade die Schlankste und hielt von Spaziergängen auch nicht sonderlich viel. Von den Kindern ganz zu schweigen, die bereits zum Pferd, das ihren Wagen ziehen sollte, rannten. „Was meinst du, Mutter?“ Diese beäugte kritisch das Pferd. Sie war auch nicht die Schlankste und bezweifelte stark, dass das Pferd den Wagen mit den 8 Personen ziehen konnte. Und billig war so ein Ausritt für eine Stunde bestimmt auch nicht. „Keine Ausreden, Mutter. Wir gönnen uns heute etwas. Sonja?“ Cornelia schaute kurz zu ihrer Schwester rüber, die nickte. „Und wir bezahlen. Du bist eingeladen.“

Schon bestiegen alle den Wagen. Es holperte ganz gewaltig, denn die Naturwege waren nicht gerade eben. Doch die Kinder hatten ihre helle Freude daran. Und zu sehen, wie Sonja und Großmutter mit ihren dicken Hinterteilen auf und ab hopsten, war einfach grandios! Der junge Mann erzählte, dass er aus Jugoslawien käme, Petric heiße und seinen Job hier in dem Naturpark sehr liebe. Er schäkerte zwar mit den Kindern, doch dass ihm Cornelia ganz gut gefiel, war nicht zu übersehen. Immer wieder blinzelte er ihr verführerisch zu. Es schien ihn auch nicht zu stören, dass Cornelia demonstrativ die Hand mit dem Ehering auf die Lehne legte. Übermütig stibitzte er den Hut der Mutter und setzte ihn selber auf. Anscheinend störte es diese nicht. Sie lachte nur und schien den Ausritt zu genießen. „Blöder Kerl“, murmelte Cornelia vor sich hin. Sonja hob ihre Augenbraue: „Sei doch froh, wenn du in deinem Alter noch von anderen Männern begehrt wirst!“ Sie lachten. Allerdings nicht lange.

Prompt war das passiert, was die Mutter von Anfang an befürchtet hatte. Der Weg ging zu steil nach oben. Das Pferd hatte nicht die Kraft, sie alle zu ziehen. Leicht pikiert stiegen zuerst Sonja und ihre Mutter aus dem Wagen. „Immer schön stoßen“, riefen ihnen die anderen zu. Doch es nützte nichts. Auch die anderen mussten aussteigen. „Und für das müssen wir auch noch bezahlen!“ Der Einzige, der sitzen geblieben war, war der Jugoslawe mit dem Hütchen von Mutter. Typisch Mann!, dachte Cornelia. Ein Stück weiter oben durften sie dann wieder aufsitzen. „Aber meine Damen! Nur keine Aufregung. Ich spendiere Ihnen allen dafür ein Eis!“ Wieder zufriedener, betrachteten sie interessiert ihre Umgebung. Es gab prächtige Häuser und herrliche Wiesen. Ihr Führer erzählte ihnen, dass es hier jedes Jahr Theateraufführungen gäbe, die immer gut besucht wären. Sogar er hätte dabei jeweils eine kleine Statistenrolle. Die Kinder hatten besonders viel Freude, als sie ein paar Rehe erblickten. Inzwischen waren ein paar Wolken aufgetaucht. Sie überholten ein älteres Ehepaar, das ihnen lächelnd nachwinkte. „Lieber die als ich“, sagte Cornelia. „Die müssen ja noch ein ganzes Stück laufen.“

Sie kamen zum ersten Halt. „In dieser Bäckerstube können Sie zusehen, wie damals Brot gemacht wurde. Daneben gibt es eine Metzgerei mit Spezialitäten aus unserer Gegend. Wenn Sie wollen, können Sie da auch etwas einkaufen. Und damit sie dies in aller Ruhe tun können, spendiere ich Ihren Kindern das versprochene Eis und passe auf diese auf, bis Sie wiederkommen.“ Die 3 Frauen genossen es, sich in aller Ruhe umsehen zu können. Nach einer Weile trafen sich Cornelia und Sonja wieder beim Pferdewagen. Da stand doch tatsächlich Petric mit einer schönen Wiesenblume in der Hand und überreichte sie galant Cornelia. Mit hochrotem Gesicht bedankte sie sich und stieg schnell in den Wagen.

Kaum war der Wagen angefahren, hörten sie Schreie. Alle drehten den Kopf. Waren sie doch tatsächlich ohne Großmutter abgefahren! Diese kam schnaufend und prustend näher. „He, was fällt euch ein? Habt ihr das extra gemacht? Ihr wolltet mich wohl loswerden?“ Ihre Enkelkinder kugelten sich vor Lachen. „Bestimmt hast du nun ein paar Gramm abgenommen durch die Lauferei, Großmutter!“ Sogar Cornelia und Sonja mussten ein Lachen unterdrücken. Inzwischen war das ältere Ehepaar, das sie unterwegs getroffen hatten, auch hier angekommen. „Bald wird es regnen. Wir hoffen, ihr werdet in eurem offenen Wagen nicht zu nass werden. Wir nämlich haben Schirme dabei.“ Verblüfft registrierten alle, dass bereits die ersten Regentropfen fielen. „Jetzt aber allez,, Sie Schwerenöter!“, rief Cornelia ihrem Verehrer zu. „Wir haben keine Lust, nass zu werden.“ Doch das Pferd ließ sich nicht stören. Petric konnte machen, was er wollte. Im Gegenteil, anscheinend schien das Pferd müde geworden zu sein. Es wollte stehen bleiben und genüsslich ein paar frische Kräuter am Wegrand fressen. Erst als Petric abstieg und am Halfter zog, bequemte es sich, weiterzugehen. Nun regnete es schon in Strömen.

Der Einzige, der wieder mal gut davongekommen war, war Petric. Hatte er doch den Hut der Großmutter immer noch auf, während deren Locken schon ganz gewaltig litten. Doch so schnell der Schauer gekommen war, ging es auch wieder vorüber. Sie kamen zum Aussichtsrestaurant. Heiße Würstchen und danach Kaffee wären nun genau das Richtige. „Tut mir unheimlich leid, doch die Würstchen sind uns ausgegangen. Wie wär’s mit einem Käseteller?“, antwortete die Kellnerin. Cornelia wurde es langsam zu viel. „Sie können Ihren Käse sonst wo hinstecken. Ich will jetzt ein Würstchen!“ Peinlich berührt sahen sich alle an. Cornelia hatte sehr laut gesprochen, und die anderen Gäste hatten beim Wortwechsel ihren Kopf in ihre Richtung gedreht. „Habe ich etwa nicht recht? Und du, Sonja, brauchst gar nicht dein Gesicht zu verziehen. Du hast doch bestimmt auch Lust auf etwas Warmes!“ Doch Sonja reagierte nicht. Sie stöhnte und verzog noch mehr ihr Gesicht. Ihre Mutter war sofort alarmiert. „Du meine Güte, Sonja, sag’ jetzt nicht, du hättest Wehen!“ „Ich kann doch nichts dafür. Zuerst die holprigen Wege, dann den kalten Regenschauer und jetzt noch keine heißen Würstchen. Da muss doch mein Baby einfach kommen.“ Wieder fing sie an zu stöhnen. Die Kinder schauten schon ganz verstört. „Autsch! Und jetzt ist mir auch noch die Fruchtblase geplatzt!“ Entsetzt schauten alle auf ihre Füße, die in einer Wasserlache standen.

Jetzt kam sogar der Wirt angerannt. Er führte Sonja in ein Nebenzimmer, während seine Frau einen Krankenwagen anforderte. Es könne aber eine Weile dauern, bis der hier sei, berichtete die Wirtin. „Wir spendieren Ihnen Suppe und Kaffee. Vielleicht hören die Wehen wieder auf, wenn sie etwas liegen kann. Ich werde solange bei ihr bleiben.“ Etwas bedrückt setzten sich alle wieder. Doch die heiße Suppe belebte ihre Gemüter wieder. Genau in dem Moment, als die Wirtin heftig gestikulierend aus dem Zimmer kam, wo Sonja lag und mit lauter Stimme verzweifelt „Das Baby kommt, kann mir denn niemand helfen?“ rief, öffnete sich die Restauranttür, und das ältere Ehepaar kam herein. Der Mann reagierte sofort. „Ich bin Arzt. Kann ich helfen?“ „Gott sei Dank! Kommen Sie schnell!“ Die Wirtin packte ihn resolut beim Ärmel und zog ihn in den Raum. Die ältere Frau lächelte und setzte sich zu den anderen. „Nur keine Angst. Mein Mann hat schon vielen Babys auf die Welt geholfen.“ Cornelia hatte den Mund weit offen. Das alles war ihr einfach zu schnell gewesen. „Ich glaube, ich brauche frische Luft.“ Sie erhob sich und rannte zur Tür hinaus.

Dort wartete jedoch bereits Petric auf sie. Schnell erklärte sie ihm, was passiert war. „Na, dann haben wir ja nun etwas Zeit füreinander, nicht wahr? Wollen Sie eine Zigarette?“ Während Cornelia dankend annahm, unterhielten sich drinnen die ältere Frau und die Großmutter angeregt. Beide hatten selber je 3 Kinder geboren und erzählten sich gegenseitig davon. Die Kinder wussten nicht so recht, was tun. Still saßen sie da und harrten der Dinge. Keine 10 Minuten später kam der Arzt heraus und teilte strahlend mit, dass es Zwillinge gegeben hätte und alle 3 wohlauf seien. Spontan klatschten die Gäste in die Hände. Der Wirt war ganz konfus. So etwas Aufregendes hatte er noch nie erlebt. Und dann noch in seinem Restaurant! Endlich kam der Krankenwagen. Sonja und die Zwillinge wurden abtransportiert und ins nächste Krankenhaus gebracht. Die Großmutter nahm ihre Enkel und begab sich nach draußen, wo Cornelia und Petric heftig flirteten. „Wollt ihr beide noch bis zum Abend schäkern, oder kann es endlich weitergehen?“, fragte sie etwas bissig ihre Tochter. Petric gratulierte ihr zu ihren weiteren Enkelkindern: „Ihnen als so junge und hübsche Großmutter würde man gar nicht zutrauen, schon soooo viele Enkel zu haben!“ Nun war sie es, die verlegen zur Seite sah. Männer wussten halt schon, wie sie Frauen betören können, dachte sie.

Das Pferd hatte sich anscheinend in der Zwischenzeit erholt, denn es legte nun ganz schön zu. Wieder kicherten die Kinder. Großmutters Rundungen hüpften auf und ab. „Ja, ja, lacht nur! Wenn ihr mal in meinem Alter seid, ist eure Figur wahrscheinlich auch nicht mehr das, was sie einmal war!“ Als die Fahrt endlich zu Ende war, half Petric den Damen galant beim Aussteigen. „Es würde mich freuen, wenn sie wieder mal einen Besuch in unserem Naturpark machen.“ Während die Grossmutter „nein danke, hier ist es mir zu aufregend“ sagte, nahm sich Cornelia fest vor, bald wiederzukommen. Schließlich ist so ein Naturpark ideal für Kinder, nicht wahr? Da ihre Mutter auch fahren konnte, teilten sie sich die Kinder auf und fuhren mit beiden Autos nach Hause, wo sie schon von Hanspeter, Sonjas Mann, erwartet wurden. „Na, wie war’s? Hattet ihr viel Spaß? Und wo ist Sonja?“ Das hätte er lieber nicht gefragt. Jeder wollte ihm so schnell wie möglich alles erzählen. Alle stürmten auf ihn ein, bis er sich die Ohren zuhielt. Es ist einfach nicht zu glauben, dachte er. Wann immer die Frauen allein was unternahmen, passierte etwas. Das nächste Mal würde er mitkommen, damit nichts passierte. Ohne Männer sind doch die Frauen einfach hilflos …

Turbulente Ferien

„Nein, nein!“ „Wieso nicht? Mal was anderes!“ Manuela sah ihre Cousine Fränzi entrüstet an: „Ich denke ja gar nicht daran, in die Türkei zu reisen! Dort, wo mittelalterliche Zustände herrschen mit all den dominanten Männern und den armen Frauen. Wer weiß, was dort so alles passieren kann. Ich will in ein friedliches Land.“ Fränzi lachte sie aus. „Ach was, selbst die Türkei ist in der Zwischenzeit modern geworden. Abgesehen davon ist es bestimmt interessant, mal eine ganz andere Kultur kennenzulernen.“ Fränzi konnte sehr überzeugend sein, wenn sie sich was in den Kopf gesetzt hatte. Und Manuela mochte ihre Cousine, die sie zuweilen als „meine Schwester“ bezeichnete, viel zu sehr, als dass sie ihr einen Wunsch abschlagen konnte. Sie seufzte und gab nach. „Aber du bist schuld, wenn unsere Ferien nicht schön werden!“ Als ihnen dann die Beraterin im Reisebüro noch einen Sonderrabatt von 400.- pro Person gewährte, war die Sache sowieso gelaufen. Beide freuten sich unheimlich auf ihre gemeinsamen Ferien. Eine Woche in der Türkei, viel Sonne, Strand und faulenzen. Mal ganz weg vom Alltag, zusammen die neu gewonnene Freiheit genießen: einfach herrlich!

Manuela mit ihren 30 Jahren war genau 2 Jahre älter als ihre Cousine. Sie waren praktisch gemeinsam aufgewachsen, sahen sich auch sehr ähnlich. Nur die Augenfarbe stimmte nicht. Aber auch sonst gab es Parallelen in ihrem Leben. Beide hatten fast am selben Tag Geburtstag, sie interessierten sich für dieselben Dinge, hatten die gleichen Hobbys und hatten in ihrer ersten Ehe jeweils einen Mann mit demselben Sternzeichen geheiratet. Und fast auf den Monat genau hatten sie sich vor ein paar Monaten wieder scheiden lassen. Manuela hatte allerdings 2 Kinder im Gegensatz zu Fränzi, die bis anhin der Karriere den Vorzug gegeben hatte. Und nun wollten sie sich nach der Scheidung etwas gönnen. Es traf sich sehr gut, dass Manuelas Exmann einverstanden war, die gemeinsamen Kinder für eine Woche zu sich zu nehmen, gerade zu einem Zeitpunkt, wo auch Fränzi Ferien hatte. Und das musste man schließlich ausnutzen.

Sie fühlten sich ausgesprochen heiter und beschwingt, als sie sich wie vereinbart auf dem Flughafen trafen. „Ich kann’s noch gar nicht fassen! Eine Woche nur Sonne und Strand, kein Kinderlärm und an nichts denken müssen. Am liebsten würde ich laut jauchzen!“ Übermütig schwenkte Manuela ihren Flugschein vor Fränzis Nase. „Komm, beeil dich mit dem Einchecken, damit wir einen guten Platz ergattern können.“ Fränzi schaute ihre Cousine lächelnd an. „So kenne ich dich ja gar nicht, Schwesterchen. Sonst bist du doch die Ruhigere von uns beiden. Anscheinend kann aus dir wirklich noch was anderes werden als das Hausmütterchen, das du bisher warst!“ „Warte nur, du wirst noch staunen! Was du kannst, kann ich schon lange!“ Sie neckten sich gegenseitig, während sie im Warteraum auf die Ankunft des Flugzeuges warteten.

Endlich kam die Turkish Airline. Es war eine kleine Maschine, die nicht sehr Vertrauen erweckend wirkte. „Denkst du, diese kleine Maschine kann deine vielen Koffer tragen?“, witzelte Manuela. „Ha, du musst gerade was sagen! Wie ich gesehen habe, hast du dir ein Beauty-Case zugetan. Schau’ nur selber, dass du all deine Ware gut unterbringst!“ Auf dem Weg zum Flugzeug beäugte Manuela kritisch die türkischen Männer. Die waren ihr einfach nicht geheuer. Nein, also diesen Männern würde sie nie über den Weg trauen. Gott sei Dank gingen sie nur in die Ferien und mussten nicht dort bleiben. Im Flugzeug suchten sie sich ihre Plätze. Sie verstauten ihr kleines Gepäck und machten es sich auf den Sitzen bequem. Plötzlich stupste Manuela ihre Cousine in die Seite und deutete stumm mit dem Kopf auf das Ehepaar neben ihnen. Dieses war ihr schon vorher negativ aufgefallen.

Es wirkte schon etwas grotesk, wie der türkische Mann demonstrativ einen kleinen Plastiksack getragen hatte, als wäre dieser eine Tonne schwer, während seine Frau ein große schwere Nähmaschine in der einen Hand und einen kleineren Koffer in der anderen Hand gehalten hatte. Und nun hatte sie Schwierigkeiten, diese Nähmaschine zu verstauen. Sie versuchte es auf alle möglichen Arten. Ihr Ehemann dachte nicht im Traum daran, ihr zu helfen. Er schaute interessiert aus dem kleinen runden Fenster und tat so, als hätte er die Probleme seiner Frau nicht bemerkt. Schließlich half ihr die Stewardess. Die Nähmaschine wurde zwischen ihrem und dem vorderen Sitz auf dem Boden eingeklemmt, sodass die Türkin gezwungen war, im Schneidersitz zu sitzen.

Fränzi grinste und sagte nur „typisch türkischer Mann“, während Manuela empört den Ehemann fixierte. Doch diesen schien das nicht zu stören. Komischerweise schaute auch die Türkin ganz fröhlich drein. Wahrscheinlich war sie das freche Benehmen ihres Mannes schon lange gewohnt, argumentierte Manuela für sich. Die Arme! Ich sag’s ja, warum müssen wir auch ausgerechnet in die Türkei? Der Flug verlief ruhig. Sie lasen und hörten Musik aus dem Walkman. Nach der Landung mussten sie eine satte Stunde draußen auf dem Rollfeld warten. Es war glühend heiß. Beide schwitzten und waren mehr als froh, als sie endlich durch den Zoll konnten. Im Bus, der sie in die Hotelanlage bringen sollte, fielen sie erschöpft in die Sessel. „Puh, diese Hitze! An die muss ich mich erst noch gewöhnen“, stöhnte Manuela. „Übrigens, ich will dich nur noch mal an unsere Abmachung erinnern, liebes Schwesterchen. Keine Männer! Egal, was passiert, keine Männer! Kein Ferienflirt, nicht mal reden oder dergleichen. Und wenn die Männer noch so gut aussehen – keine Männer, hast du mich verstanden?“ Fränzi lachte. Sie war einverstanden, schließlich hatten sie beide eine schwere Zeit hinter sich und wollten vorläufig nichts mehr mit Männern zu tun haben. Nichts außer entspannen und genießen.

Doch Manuela kannte ihre Cousine nur zu gut. Im Vergleich zu ihr hatte sie selber geradezu keusch gelebt. Fränzi ohne Männer – das konnte sie sich kaum vorstellen. Aber es war ihr mehr als recht, wenn sie sich einmal für eine Weile daran hielt. So hatte sie mehr von ihrer Cousine. Knapp eine Stunde später erreichten sie ihr Hotel. Mit dem Gepäck und dem Schlüssel in der Hand begaben sie sich auf ihr Zimmer. Beide waren sich einig, erst einmal zu duschen. Während Fränzi ihren Koffer auspackte und die Kleider in den Schrank legen wollte, widmete sich Manuela ihrem neu erworbenen Beauty-Case. Stolz holte sie das kleine Schlüsselchen hervor und öffnete den Deckel. Ein lauter Schrei entfuhr ihr, gefolgt von einem Schluchzen. „Diese Saukerle! Was haben die mit meinem Beauty-Case bloß gemacht? Tennis damit gespielt oder so was? Der ganze Inhalt ist durcheinander. Alle meine Make-up- Döschen sind offen und kaputt. Das rosa Wangenrouge ist in tausend Teile gegangen und hat sich im ganzen Köfferchen verteilt. Der kleine Spiegel am Deckel ist auch kaputt. Ich sehe nur noch rosa!“

Wie ein Häufchen Elend saß Manuela da. Sollte sie weinen oder lachen? Die Hitze machte ihr zu schaffen, dann der Flug, später die lange Abfertigung und Busfahrt – das war einfach zu viel. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Doch nur ein paar Sekunden lang. Ein heftiges Poltern und Fluchen sorgte dafür, dass Manuela ruckartig vom Bett aufsprang. Eine wütende Stimme befahl ihr, sie gefälligst aus dem Schrank zu befreien. „Ja, sag’ mal, Fränzi, wo steckst du denn überhaupt? Und was machst du im Schrank?“ „Frag’ doch nicht so blöd, du siehst doch, was passiert ist. Die Schranktür hat geklemmt. Darum bin ich in den Schrank gegangen und wollte von innen die Tür reparieren. Dabei sind mir die Tablare auf den Kopf gefallen. Und die Türe ist auch zu. Also hilf mir gefälligst wieder hinaus!“ Manuela kam der Aufforderung nach und öffnete die Tür. Doch als sie ihre Cousine verschwitzt und wütend am Boden sitzen sah, konnte sie nicht mehr. Sie lachte schallend los. Sie konnte sich einfach nicht mehr beruhigen. Fränzi schaute zuerst perplex, aber dann stimmte sie in das Lachen ein. „Na, das kann ja heiter werden!“ Fränzi rappelte sich wieder auf, und während sie die Tablare wieder installierte und ihre Kleider einordnete, putzte Manuela zuerst einmal ihr geliebtes Beauty-Case. Die kaputten Sachen warf sie fort. Aber schon nahte das nächste Unglück.

Fränzi stürmte aus dem Badezimmer. „Diese Türken haben nicht einmal Wasser! Das glaubt mir einfach keiner! Nicht mal duschen kann ich. Hör’ auf, Cousinchen, du musst gar nicht lachen. Hast du nicht vorhin gesagt, du müsstest dringend aufs WC? Ha, kannst du vergessen. Das WC funktioniert auch nicht!“ Beide standen mitten im Zimmer und schauten sich an. Lachen oder weinen? „Tja, Fränzi, du wolltest ja unbedingt in die Türkei!“ Sie entschieden sich fürs Lachen. Kurz entschlossen verließen sie ihr Zimmer Richtung Rezeption. Dort wurden sie beruhigt mit den Worten, dass sie gleich jemanden raufschicken würden für die Reparatur. Sie sollten sich doch in der Zwischenzeit die Hotelanlage anschauen und danach etwas trinken. Das taten sie dann auch. Zuerst aber begaben sie sich an den Strand. Der war wirklich herrlich und entschädigte sie für beinahe alles. Sie machten ein paar traumhafte Fotos.

Wieder beim Hotel, sahen sie sich die verschiedenen hoteleigenen Läden an. Vor einer Boutique standen zwei Türken, die sie grinsend von oben bis unten betrachteten. „Hallo! Einen schönen Tag wünschen wir!“ In fast perfektem Deutsch wurden sie angesprochen. Während Manuela nur kurz angebunden den Gruß erwiderte und schnell weitergehen wollte, blieb Fränzi prompt stehen und grüßte die beiden mit einem gekonnten Augenaufschlag. Das ist doch nicht zu fassen, flirtet die doch tatsächlich schon wieder, dachte Manuela und zerrte erbost am T-Shirt ihrer Cousine. „Denk’ an unsere Abmachung“, zischte sie ihr ins Ohr. Doch diese grinste nur; sie war definitiv wieder in ihrem Element.

Langsam schlenderten sie zurück in ihr Zimmer. Alles funktionierte nun tadellos. Nach dem Duschen fühlten sich die beiden schon erheblich wohler. Sie machten sich hübsch und begaben sich dann in das Restaurant fürs Nachtessen. Es wurde draußen serviert, d. h. einen Teil des Essens konnte man sich selber vom Buffet holen. Auf einer Bühne gab es eine Tanzvorstellung mit türkischer Musik. Manuela wurde vom Chef de Service auf Türkisch begrüßt. Das war wieder mal typisch. Selbst in der Schweiz passierte es ihr immer wieder, dass sie auf Italienisch angesprochen wurde, weil sie offenbar ein etwas südländisches Aussehen hatte. Und nun hielt man sie sogar für eine Türkin! Sie klärte den Irrtum auf. Der Chef de Service, der perfekt deutsch sprach, lächelte und begrüßte sie fortan, wann immer sie auftauchte, demonstrativ mit „Hello, turkish girl!“

Sie genossen ihr Essen, den netten Service und die Musik, dazu den Sternenhimmel und den lauen Nachtwind. Später wechselten sie hinüber zur Bar, wo sie sich einen kleinen Drink genehmigten, während sie einem Animateur, genannt Patric, zuhörten. Er imitierte perfekt Elvis Presley. Manuela und Fränzi, die ausgesprochene Rock’n’-roll-Musik-Fans waren, hielten es auf ihren Sitzen nicht mehr aus. Sie sprangen auf, klatschten in die Hände, tanzten und sangen begeistert mit. Bald taten es ihnen die anderen Gäste nach. Plötzlich entdeckte Manuela einen der beiden Türken, die sie bei der Ankunft begrüßt hatten. Es war der Größere der beiden. Manuela musste zugeben, dass er gar nicht schlecht aussah.

Trotzdem wollte sie nichts von ihm wissen. Vom Flirten hatte sie noch nie was gehalten, geschweige denn von Ferienflirts. Deshalb drehte sie ihm demonstrativ den Rücken zu, als sich dieser ihr näherte. Anscheinend respektierte der junge Mann diese Geste. Er blieb aber in ihrer Nähe stehen und klatschte und sang fleißig mit. Es gefiel ihr, dass er nicht aufdringlich wurde. Trotzdem wartete sie ab, bis er mal kurz verschwand. Sie schrieb nämlich leidenschaftlich gerne Ansichtskarten an ihre Freunde, wenn sie in den Ferien war. „Ja, geh’ nur und besorg dir die Karten. Ich hole dann morgen ein paar.“ Fränzi hatte glänzende Äuglein und klatschte fleißig weiter, während sich Manuela schnell in die Boutique begab und ein Dutzend Karten aussuchte. Sie schaute um sich. Nein, der große Türke war nicht in Sicht. Gott sei Dank. Ihm allein gegenüberstehen zu müssen, wäre ihr gar nicht recht gewesen.

Schnell hastete sie zur Kasse, streckte die Karte dem Verkäufer unter die Nase – und schaute direkt in ein paar dunkle Augen, die sie anstrahlten. Ihr Gesicht lief dunkelrot an, und in ihrer Verlegenheit wusste sie gar nicht, was tun. „Hallo! Schön, dich wiederzusehen. Ich habe dich beobachtet, wie du zur Boutique, wo ich arbeite, gegangen bist. Deshalb bin ich schnell auch hierhin gekommen.“ Ohne etwas zu antworten, wollte ihm Manuela das Geld in die Hand geben und wieder weggehen. Aber so schnell ließ der Türke nun nicht mehr locker. „Ich würde mich freuen, wenn du morgen Abend mit mir in den Ausgang gehen würdest!“ Auch das noch!

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