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Ben

Ich wartete im Lamborghini, lauschte dem Lied „Back to Black“ von Amy Winehouse und versank in Träumereien. Fluchendes Schimpfen riss mich aus meinem Dämmerzustand, wütend stampfend verließ Ben sein Zuhause, knallte die Türe ins Schloss. Er vermittelte einen rebellischen Eindruck. Seine Klamotten, modisch zerrissen, seine Statur dünn und schlaksig, und seine Haut schien so unheimlich bleich. Ich duckte mich, als ob er mich erkennen könnte. Dabei hatte er mich das letzte Mal vor zehn Jahren gesehen, bevor ich aus seinem Leben verschwand. Ich hob meinen Kopf, sah wie sich Ben eine Zigarette anzündete.

„Du bist erst vierzehn und rauchst schon.“ schimpfte ich ärgerlich.

Dennoch, ich ließ ihn seines Weges ziehen. Ich blickte nach oben, der Häuserfassade entlang, sah durchs Fenster. Sandra stand an der Spüle und weinte, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Jetzt in diesem einsamen Moment hatte sie es nicht nötig ein Schauspiel abzuziehen. Ich versuchte mich zu beherrschen, doch meine Wut kochte ungezügelt hoch, mein Puls schlug am Anschlag, meine Gedanken kreisten um die Waffe, die ich dummerweise bei mir trug. Ich drehte den Zündschlüssel um, bevor ich ein Unglück heraufbeschwor, fuhr die Straße entlang, sah Ben laufen und schrie aus dem Fenster. „Mensch Junge, spinnst du? Lass das Rauchen! Das ist nichts für dich.“

Dann drückte ich meinen Fuß aufs Pedal und startete durch, während mir mein Sohn rotzfrech den Stinkefinger zeigte. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Unverschämt war er also auch noch.

Ich war auf dem Weg zu einer geheimen Verabredung, es hatte mich ein kleines Vermögen gekostet, die Nummer dieses mysteriösen Mannes erhalten zu dürfen. Ich sollte ihn am Römer treffen. Jedoch, dieses Vermögen war gut angelegt. So fest meine Beziehung zu meiner 35er Glock auch war, sie konnte mir bei dieser außergewöhnlichen Zielperson nicht weiterhelfen. Ich erkannte den auffälligen Mann bereits aus einiger Entfernung. Sein grellgelber Anzug stach mir direkt in die Augen. Ich fürchtete blind zu werden, trotzdem steuerte ich direkt auf Binji zu.

„Guten Tag, Sir. Ich bin Shey.“ Ich schüttelte ihm die grobe Hand.

Überhaupt sah meine Kontaktperson sehr grobschlächtig aus. Klein und dick, um nicht zu sagen von Blobfischähnlicher Gestalt.

„Warum treffen wir uns im Geheimen, wenn die ganze Stadt jetzt Sonnenbrillen aufziehen muss?“, lachte ich Binji an.

„Was strahlt dir entgegen? Mein Gesicht oder das grelle Gelb? Hallo Shey. Du siehst besser aus als Djan dich beschrieben hatte. Gehen wir spazieren. Ich bin so selten in Frankfurt. Dabei liebe ich diese Stadt mit ihrem schicken Multikulti.“

Wir schlenderten zum Bahnhof, denn meine Zitronengelbe Kontaktperson war nur auf der Durchreise. Binji wollte noch in der nächsten Stunde den Zug nach Hamburg erwischen. Wir philosophierten über den must-have-Standard der Waffen in der heutigen Zeit. Djan hatte mich vorgewarnt. Ich sollte es unterlassen dem meisterlichen Waffenschmied meine Vorstellung aufzudrängen. Da konnte Binji sehr ungehalten reagieren. Ich stellte mir sein Gesicht vor, hochrot und vor Wut schnaubend, schnappend wie ein kampflustiger Blobfisch. Das wollte ich nicht heraufbeschwören, also sprachen wir unbefangen über die Vorlieben bei Waffen.

„Djan hatte mir gestern die Unterlagen überbracht. Ein gefährlicher Auftrag, auf den du dich da einlässt. Ich will dir nicht zu nahetreten, nur die Waffe ist doch dein kleinstes Problem. Shey, du begibst dich auf eine Mission, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.“

Mit diesen Worten verabschiedete er sich von mir, stieg eilends in den Zug und ich winkte ihm nach. Wir hatten weder einen mündlichen Vertrag geschlossen, noch einen Preis für den Deal ausgemacht, oder nur annähernd über ein Lieferdatum gesprochen. Ich war ehrlich gesagt, noch nicht einmal sicher, ob er denn überhaupt eine Waffe für mich entwickeln würde. Ein seltsamer Kauz, dachte ich mir nur, schlenderte zu einem der Kioske in der Haupthalle und bestellte mir eine kleinen Coffee to go. Ich blickte auf die Uhr. Ich hatte noch ein paar Stunden, bevor ich mich mit Eve und Melanie an der U-Bahnstation Hauptwache treffen wollte. Daher beschloss ich die Lücke zu nutzen, machte mich auf den Weg zur Villa Kennedy in der Kennedyallee, unweit der Niederräder Landstraße. Dringliche Anrufe warteten auf ihre Erledigung und ich wollte dabei ungestört einen London Buck genießen. Jetzt hieß es, alte Kontakte aufleben zu lassen, die zuverlässig waren und genug Sicherheit boten, damit meine Zielperson keinen Wind davon bekam.

Harte, durchtriebene Knochen säumten meinen Pfad, grausame Menschen, die wie Dämonen aus den dunklen Winkeln der Hölle hervorkrochen. Böses lag ihn ihren Augen, verdunkelte ihre Seelen, abscheulich schwarze Qualen, an denen sie sich ergötzten, ihre unheimliche Befriedigungen darin fanden. Shan Zeibo war eindeutig von anderer Natur. Weitaus gefährlicher. Ihre Opfer hatten niemals nur den Deut einer Wahl. Sie wurden aus ihrem Alltag gerissen, stürzten ahnungslos ins Verderben. Shan Zeibo berauschte sich an der Macht, zelebrierte die Big Deals und genoss die Freiheit, die ihr das mörderische Business bot. Sie schloss ihre Kontrakte mit Staatenlenkern, mit Wirtschaftsbosse und Wissenschaftler ab, auf glattpolierte antike Schreibtische. Die blaue Tinte auf den Verträgen besiegelte millionenfache Tragödien, noch bevor sie getrocknet war. Das Vermögen, das sie dabei scheffelte, war so unglaublich, sie hätte damit mühelos einige Länder von der Weltkarte erwerben können. Der Reichtum und der Luxus, der damit einherging, war nicht die anstachelnde Kraft hinter ihrem teuflischen Tun. Was also war ihr Antrieb? Diese eine Frage stellte ich mir, seit ich mit dem Spiel begonnen hatte, seit ich auf der Pirsch war. Was steckt in solchen Ungeheuern, die jede Grenze der barmherzigen Menschlichkeit durchbrechen, gewissenlos ausbrennen?

„Hey Steve, schön dich zu hören. Wo steckst du gerade? Der Empfang ist ziemlich miserabel.“ Ein unangenehmes Rauschen durchzog die Leitung, obwohl ich Steve an seinem Satellitentelefon erreichte.

„Ich bin gerade am Rande des Arktischen Ozeans. Du wirst es nicht glauben, inmitten dreizehn Meter hoher Wellen. Unser Schiff kämpft wie ein besoffener Drache gegen die Urkraft des Poseidons. Ob wir diesen Sturm überleben werden, kann ich dir nicht versichern.“ Steve lachte verwegen.

Er war einer dieser Menschen, die ständig in gefährlichen Situationen feststeckten und im letzten Moment doch heil herauskamen. Wenn ich ihn einmal zu Gesicht bekam, erinnerte er mich an Robinson Crusoe. Er war der Inbegriff eines draufgängerischen Weltenbummlers und ein unglaublich sicherer Fährtenleser. In ihm steckte die Gabe, dass er jede Person dieses Erdballs aufstöberte, ganz gleich wo diese sich versteckt hielt. Ich hatte einstmals um ihn geworben, versprach ihm ein Luxusleben in Saus und Braus, denn er besaß das Zeug zu einem vortrefflichen Jäger. Jedoch, er war kein Mensch, der sich an der Hatz auf seine Mitmenschen beteiligen wollte. Bedauerlicherweise. Auch wenn es Monster waren, mehr teuflische Ausgeburten als Menschen. Falls sie denn Menschen waren.

„Es hat ein paar Tage Zeit. Ich melde mich am Freitag nochmal bei dir. Guck, dass du bis dahin in einem sicheren Hafen ankerst.“ Knacken und Rauschen, mehr vernahm ich nicht.

Ich wärmte mehrere Kontakte auf, doch den Grund meines Vorhabens verschwieg ich vorerst. Ich achtete auf mein intuitives Gefühl, waren sie die Richtigen für meinen Plan, oder mittlerweile korrumpiert und zur dunklen Seite übergelaufen. Nach meinem dritten Glas London Buck suchte ich die Toilette auf, puderte meine Nase mit den feinsten Kokskristallen, beglich angetörnt meine Rechnung und begab mich zu Fuß auf den Weg zur Hauptwache. Zum Fahren war ich eindeutig zu steif, der Alkohol tat seine Wirkung. Ich spazierte gerne durch die Stadt, betrachtete die bunte Vielfalt der Frankfurter, tauchte ein in die spannende Geräuschkulisse der Straßen.

Eve und Melanie warteten bereits auf mich. Sie hatten ihre Besorgungen getätigt. Ich blieb stehen und betrachtete meine Hotties aus einiger Entfernung. Wow, was waren das für prächtige Ladys. Ich ließ keine Gelegenheit aus, mich bei Gott für dieses unbeschreibliche Glück zu bedanken. Ich tanzte auf sie zu, küsste Eve stürmisch und Melanie hingebungsvoll. Eves Eifersucht galt nicht Melanie, denn in ihren Augen war Melanie sowieso ihre Frau, um die ich mich zu kümmern hatte. Ich nahm sie an den Händen, und stolzierte zwischen ihnen. Sie waren schick gekleidet, überragten mich um wenige Zentimeter, was mich nicht weiter störte. Ich spürte die Blicke der neidischen Männer, fürchtete mich aber nicht vor den bedrohlich wirkenden Machos. Meine zwei Amazonen hätten jeden ausgeschaltet, ohne mit der Wimper zu zucken. Hatte ich mich mächtig und überlegen gefühlt? Jawohl, das hatte ich. Und ich hatte auch jeden Grund dazu.

„Wo ist dein Wagen?“, fragte Melanie fürsorglich nach.

„Den habe ich bei der Kennedy Villa zurückgelassen.“, antwortete ich lapidar.

Melanie blieb stehen, sah mich an, als ob ich ein unartiger Bub war, dem sie aber nicht böse sein konnte, zückte ihr Smartphone und telefonierte mit dem Concierge, der es veranlassen sollte, dass mein Lamborghini nach Königstein überführt wurde und wir stattdessen vom hauseigenen Chauffeur abgeholt wurden. Wir speisten in einer bürgerlichen Küche deftige hessische Hausmannskost und bestellten eifrig Apfelwein. Eve bat Melanie mit Augenzwinkern auf die Toilette, während ich die letzten Reste vom Teller naschte. Ich bezahlte in Abwesenheit der Ladys, griff ihre Einkaufstüten und wartete vor der Türe. Mit weißen Nasen kamen sie vor die Türe und wie auf Knopfdruck stand der Chauffeur bereit. Melanie bat darum, vorne sitzen zu dürfen und ich machte es mir hinten mit Eve bequem, die mich kokett musterte. Ihre Lippen pressten sich gegen meinen Hals, ihr Atem streichelte meine Haut, sie knapperte an meinem Ohrläppchen, während ich ihre Hand zwischen meinen Beinen spürte. Sie öffnete mir den Hosenknopf, hauchte mir ins Ohr, spielte mit ihrer Zungenspitze in meinem Ohr.

„Ich hole mir jetzt mein Spielzeug und du bleibst still. Ganz still.“, befahl sie mir.

Ich atmete heftig. Die Erregung presste mir die Luft aus dem Körper. Eve wanderte mit ihrem Kopf nach unten, während Melanie den Chauffeur in ein Gespräch verwickelte. Eve saugte und schmatzte, hielt mich fest in ihrer Hand, spielte mit ihrer Zunge, umschloss mich mit ihren heißen Lippen, bis ich zuckend kam. Sie setzte sich brav neben mich und zwinkerte mir zu. Dann flüsterte sie mir ins Ohr. „Anziehen musst du dich schon selbst.“ Lauthals lachte sie los, wie eine Bitch, die wusste, dass sie eine Bitch war, und es genoss eine wirklich schmutzige Bitch zu sein.

Wir näherten uns unserem Domizil und ich spürte das tiefe Verlangen nach Molly und mehr. Mehr von Eve und mehr von Melanie. Wir verlebten euphorisch die Nacht.

Am nächsten Tag, nach einer erfrischenden Dusche, setzte ich mich mit zitternden Beinen auf die Terrasse, beugte mich über die neueste Errungenschaft, die Eve in einem Antiquariat aufgestöbert hatte. Die beiden Ladys entspannten sich im Spa und so blieb ich ungestört. Ich rollte die alten Karten behutsam auf, wohlwissend was für einen unermesslichen Schatz ich in meinen Händen hielt. Ich bestaunte die Detailgenauigkeit der imperialistischen Landkarten, fuhr mit meiner Fingerkuppe über Ländergrenzen, die aus der heutigen Geschichte gänzlich verschwunden waren. Weite Teile Afrikas und Indiens waren in der Vergangenheit schon für die abscheulichen Versuchsstudien genutzt worden, und noch immer gab es Gebiete, die durch Krieg und Ausbeutung entwicklungsarm zurückblieben. Genau die Regionen nach denen Shan Zeibo Ausschau hielt. Sie ringelte herrschaftlich ihre roten Kreise um das Todesland, bestimmte ihren Preis und reichte ihn an die Interessenten weiter. Ich schüttelte fassungslos meinen Kopf, dass es den Politikern bisher gelungen war, den überwiegenden Teil der Menschen in dem Glauben zu erziehen, dass diese Katastrophen Folgen von natürlichen Begebenheiten herrührten. Dass es vollkommene Normalität war, dass Kriege oder menschenverursachte Katastrophen zum Lauf des Lebens dazugehörten, genauso wie das Wasser zu trinken und es nachher abzulassen. Nein, hier ging es eindeutig um die Macht über Länder, Menschen und dem Leben. Anscheinend strebten die Ungeheuer nach purem Lustgewinn. Ich schlug mit der Faust wütend auf den Tisch. Melanie stand plötzlich neben mir.

„Fahr dich runter, mein Liebster. Wir sind doch schon am Werk. Hast du dir ein Land ausgesucht?“

Ich schüttelte verneinend den Kopf.

„Ach Melanie, ich habe noch nicht einmal begonnen, die Karten zu studieren. Sobald ich über meine Zielperson nachdenke, verzweifle ich an der Dummheit der Menschen. Sie beschäftigen sich einzig und allein mit ihrer Ablenkung, lassen denen, die hinter dem Vorhang am Machtspieltisch sitzen, die Kugel drehen. Hilf mir!“ Ich stupste sie mit meiner Fußspitze, küsste sie und wanderte zu ihrem Ohr. „Bitte, bitte. Kannst du nicht gemeinsam mit Eve ein Land für mich aussuchen. Schließlich war es deine Idee. Du kannst es einfach besser.“

Schon an ihrer Umarmung konnte ich spüren, dass ich sie um den Finger gewickelt hatte. Ich drückte sie fest an mich, hob sie hoch und drehte sie, bis es mir schwindelig wurde. Eve kam aus dem Badezimmer und kicherte los.

„Na, die zwei Verliebten im Maientanz. Ihr seid mir schon so Bärchen.“

Eve hatte selten die Stimmung irgendjemand zu verniedlichen. In solchen Momenten steigerte sich mein Gefühl, dass Eve der Mann in unserer Liebesbeziehung war. Melanie, ihre angetraute Frau und ich die männliche Geliebte, mehr Schlampe, als der fürsorgliche Freund. Melanie küsste mich noch einmal, drehte sich zu Eve und bat sie, ihr bei den Kartenstudien behilflich zu sein.

„Shey, mir fehlt noch eine Karte aus dem asiatischen Bereich. Shanghai genau genommen, in den frühen Jahren des neunzehnten Jahrhunderts. Ja, vor den Opiumkriegen. Ich habe sie gestern bereits im Antiquariat Tresor bestellt.“

Sie deutete mit einer Geste an, ich solle los, sie und Eve werden den müßigen Teil der Recherche übernehmen.

„Das Antiquariat befindet sich beim Römer.“, erinnerte mich Eve und äffte Melanie nach.

Sie erahnte, was gespielt wurde. Ich beeilte mich, nicht, dass sie es sich zwischenzeitlich anders überlegten. Ich sauste los, doch die A66 war um die Mittagszeit restlos ausgebucht. Es tat auch keine Not schnell am Ziel anzukommen, also startete ich Trap&Hard, drehte laut auf, feierte im Bentley mein Leben, zog noch ein, zwei, drei Löffelchen Weißes und trommelte gegen das Lenkrad. Für mich war in diesem Augenblick die Welt rund, sie drehte sich, schneller und schneller. So schnell, dass ich den Weg kaum wahrnahm.

Plötzlich wurde ich von einer adretten Dame angesprochen.

„Guten Tag. Kann ich ihnen weiterhelfen?“

Ich schüttelte den Kopf zum wachwerden, die Narkotika hatte mich im Griff.

„Ja, sie können.“, antwortete ich spontan und fühlte mich in einer Schlüsselszene von Fear and Loathing in Las Vegas gefangen. „Shanghai!“, presste ich heraus, bemühte mich die Umgebung zu erfassen. „Shanghai!“, dieses Mal konzentriert betont.

Die Dame blickte mich durch ihre Brillengläser an, doch ich bemerkte, wie sich ihre Stirn runzelte. Wenn ich ihr nur einen Moment ließ, dann würde sie von einem Gedankenblitz heimgesucht. Und tatsächlich das Wunder geschah.

„Ah, sie sind der Freund von der jungen attraktiven Frau mit dem russischen Akzent, die gestern etliche Rollen erworben hatte.“ Ich nickte. „Folgen sie mir. Sie werden erstaunt sein, ich habe tatsächlich eine Karte ersteigern können. Welch ein wundervoller Kupferstich. Da haben sie wirklich Glück. Nicht zu glauben, dass es so einen seltenen Schatz noch zu erwerben gibt.“

Ich lief brav mit, ließ mir die prachtvolle Karte zeigen, nutzte den Moment meine Sinne zu schärfen und bat die Dame, dass die Karte mit einem Eilboten zu meinem Domizil überbracht werden sollte. Ich bedankte mich herzlich für den Einsatz und benötigte unbedingt frische Luft.

„Wow, dachte ich mir, das war eine Dröhnung. Wo steht mein Wagen?“

Bevor ich unnötig ins Grübeln kam, suchte ich den nächsten Straßenbäcker auf, bestellte mir einen doppelten Espresso und atmetet bewusst tief ein. Ich nippte an der Tasse und wen sah ich da urplötzlich im Augenwinkel. Ben, mein Junge, stromerte mit abgerissenen Typen durch die Straße. Sie waren dem Aussehen nach durchweg älter als mein Sohn. Ich beobachtete die abstrakte Szene. Ben hatte seinen Kopf gesenkt, seine ungepflegten Wuschelhaare benötigten unbedingt Shampoo und einen Kamm. Er trug noch immer dieselbe zerrissene Hose. Seine Kollegen, oder Freunde, oder wer immer auch diese zwielichtigen Kerle waren, lebten nach ihrem verkommenen Äußeren zu urteilen, unter der Brücke.

Ben sprach einen alten Passanten an, der sofort seinen Stock erhob.

„Geh was arbeiten, du Gesindel. Arme Rentner am helllichten Tage anzubetteln, schäm dich.“

Ben schimpfte, probierte es beim Nächsten. Doch meinem Jungen war das Glück nicht hold. Ich bezahlte meinen Espresso, folgte ihm unauffällig, hielt mich im Hintergrund. Bedauerliches Bild.

„Armer Junge, bei deiner durchgefickten verlogenen Schlampenmutter wäre es zu viel erwartet, dass etwas Anständiges aus dir geworden wäre. Dein unschuldiges Leben in den Händen eines dummen und gemeinen Miststücks. Jetzt sehe ich das trostlose Ergebnis.“, fluchte ich leise vor mich hin.

Er streunte mit seiner Clique die Zeil entlang, die Leute hielten gebührenden Abstand, nicht aus Respekt, wie ihren angewiderten Mienen zu entnehmen war. Dann verschwanden sie wie ein Rudel zerfledderter Köder durch den Torbogen in einen Hinterhof. Ich stoppte, überlegte, ob ich ihm folgen sollte, ging dann aber doch meines Weges. Ich besorgte mir an einem Kiosk einen kleinen Wodka, winkte ein Taxi herbei und bat ihn auf den kürzesten Weg nach Bischofsheim zu fahren. Nur es gab in Frankfurt keinen einzigen Taxifahrer, der jemals die kürzeste Strecke gekannt hätte. Ich ließ mich in Bischofsheim Mitte absetzen, schnorrte unterwegs einen Passanten an, rauchte und schlenderte zum Haus von Sandra. Es lag ein breiter Zeitstreifen zwischen dem Jetzt und der Vergangenheit. Viel war seitdem passiert. Meine 35er Glock lag im Safe, Sandra war zumindest vor dem finalen Schuss erst mal sicher. Ekel kroch in mir hoch, ich spukte aus und schnalzte die Kippe auf die Straße. Schrittweise näherte ich mich dem Haus, unschlüssig ob ich läuten sollte oder nicht. Die Uhr tickte in meinem Kopf, aber meine Beine trugen mich weiter, entfernten mich wieder von ihr, suchten sich selbständig ein Taxi. Doch um diese Uhrzeit verirrte sich keine gelbe Kutsche in dieses Kaff. Ich nahm mein Smartphone zur Hand und wählte.

„Melanie, frag bitte nicht und bestell mir ein Taxi nach Bischofsheim.“

Ich nannte ihr die Straße und verabschiedete mich zügig. Es dauert keine zehn Minuten bis der Jaguar um die Ecke rauschte. In der Villa angekommen, schlich ich mich wortlos rein, schlüpfte unter die Dusche, fühlte mich elend, die Erinnerungen krochen in mein Gemüt und versauten mir die Stimmung. Warum konnte sie mich nicht in Ruhe lassen? Ich hatte diese Episode erfolgreich aus meinem Leben verdrängt. Weshalb also jetzt? Ich trocknete mich ab, zog mir warme Kleidung über, denn mich fröstelte, und setzte mir eine Nadel, ballerte mir Black Tar Heroin in die Vene. Der graue Trübsinn löste sich auf, ich küsste Eve und Melanie, fiel aufs Bett und tauchte ab ins süße Vergessen. Die Welt kappte ihre Verbindung zu meinem Geist, ich verlor mich in den Tiefen des Unterbewussten, ohne Bilder und Stimmen, niemand der mich verfolgte. Himmlischer Frieden.

„Wach auf, komm schon. In drei Stunden sind wir in der Luft, winken der afrikanischen Sonne entgegen, vorausgesetzt du willst uns begleiten.“ Eve rüttelte spielerisch an mir.

Melanie lag neben mir, streichelte mein Gesicht, freute sich, dass ich meine Augen öffnete. Die Zunge klebte an meinen Gaumen, schläfrig drehte ich mich um, vielleicht konnte ich noch ein paar Stunden schlafen. Doch Melanie ließ mich nicht mehr einschlafen.

„Bitte, steh jetzt auf. Du sollst doch die Finger vom BTH lassen. Das weißt du auch. Wir stecken inmitten eines Auftrags. Ein kalter Entzug würde uns nur unnötig aufhalten.“

Sie zerrten und zogen an mir und so stand ich auf, noch immer schwer betäubt. Ich kümmerte mich um nichts, ich schwieg, schlief im Sitzen, im Stehen und im Gehen. Eve und Melanie packten meinen Koffer, brachten mich zum Jaguar, halfen mir ins Flugzeug, schenkten mir Gin in den Becher und schmusten mit mir. Der Flug verging im Fluge. In Marokko checkten wir ins Royal Mansour Marrakech ein, richteten uns in dem vor Prunk strotzenden traditionellen Riad mit seinem innen liegenden Garten ein. Alle Wünsche konnten in Erfüllung gehen, alles war möglich. 1001 Nacht überdauerte die Epochen, trug ihr orientalisches Kleid für uns auf. Exotik streifte mein Dasein, verstärkte mein verrauschtes Runterkommen. Gemeinsam entführten meine Ladys mich in die Sauna, wuschen mich mit lauwarmem Wasser, kneteten fürsorglich meinen Rücken, massierten mir die Füße, liebkosten mir die Hände. Erst gegen späten Abend war ich wieder ansprechbar und tierisch hungrig. Doch ich hätte es ahnen können. Mir wurde lediglich Wasser und das marokkanische Nationalgericht Tajine, als vegetarische Variation aufgetischt.

„Shey, das ist nur zu deinem Besten. Du brauchst deine Kraft. Und wir auch.“, ermunterte mich Eve süffisant, während Melanie mich fütterte.

Füttern, ja natürlich empfand ich das als übertrieben, aber es beruhigte sie ungemein, also ließ ich es geduldig über mich ergehen. Doch dieses Mal, dass war mir klar, brauchte ich kaum den Versuch zu starten, dass ich später irgendwann ein Glas Champagner oder einen Spliff genießen durfte. Ich war in den Heroinrausch geflüchtet, jetzt ist in beiden die Notfall-Schwesternschaft aufgeblüht. Sinnlos, dagegen anzukommen. Nach dem Essen munterten sie mich auf, mit ihnen die Mission zu besprechen. Auf Sex hatte ich keinen Bock. Das war für die beiden liebeshungrigen Amazonen eine wirklich schlimme Situation. Sie brauchten meinen Körper, mein leidenschaftliches Wesen, sie gierten und lechzten nach meinen lustvollen Lenden.

„Wir haben uns lange beratschlagt. Unsere Entscheidung ist gefallen. Hier in diesem wunderbaren Ort wirst du sie schnappen.“ Eve deutete mit ihrem Finger auf Kenia. „Wir haben den Kontinent Afrika nur aus einem Grund gewählt.“

Ich war sofort Feuer und Flamme. „Kommt schon, spannt mich nicht auf die Folter.“, bettelte ich.

„Shan Zeibo hütet hier ein Geheimnis.“, informierte mich Eve, rümpfte wissend ihre Nase und hielt inne.

„Welches Geheimnis hütet sie hier, Eve? Willst du es mir denn nicht verraten?“

Ich verfiel in eine verspielte Stimme. Eve fand Gefallen daran, und sie antwortete spielerisch zurück.

„Weil ich es eben weiß?“, donnerte sie heraus.

„Komm schon, bleib ernst. Die Frau ist überaus gefährlich, wir sollte die Sache professionell angehen. Uns wird kein Fehler erlaubt sein.“

Ich rüttelte Eve auf, schließlich war ich kein kleiner Bub.

„In den letzten fünf Jahren ist sie wahrscheinlich mehr als dreizehnmal nach Kenia eingereist, vermittelte aber bisher nur vier Verträge in diesem Land. Es gibt also einen anderen Grund für sie, das tolle Kenia zu besuchen.“

„Kenia ist doch für seine Großwildjagden bekannt. Vielleicht hegt sie ein Hobby. Ich vermute mal, sie ist eine Jägerin.“, warf ich ein.

„Nein, das ist eher unwahrscheinlich. Was immer es auch ist, das gilt es rauszufinden. Genau dort finden wir die Möglichkeit, bei der wir sie aufspüren werden.“

Wir schmiedeten bis spät in die Nacht die ersten Pläne und schliefen kuschelnd ein.

Die kommenden Tage waren ausgefüllt. Frühmorgen gab es ein gemeinsames Sportprogramm, danach ein leichtes Frühstück, wir erkundeten Marokko, suchten stille Buchten auf, ich sollte mich entspannen, während Eve und Melanie einen genauen Schlachtplan gestalteten. Ich ließ ihnen freie Hand. Eve war eine ausgezeichnete Strategin, hatte ihre Ausbildung beim russischen Geheimdienst durchlaufen. Gegen Nachmittag absolvierte ich unter ihrer strengen Aufsicht ein Work-Out-Programm. Sie quälten das Heroin aus meinen Körper, plagten mich als Zeichen ihrer unerbittlichen Strenge. Niemals hätten sie mir etwas verboten, aber sie hatten ihre Methode entwickelt, mich ihren Unmut spüren zu lassen.

Endlich war der Freitag da. Der Wecker zeigte fünf Uhr in der Früh, ich reckte und streckte mich wohl gelaunt, trällerte ein Lied und bereitete schwarzen Kaffee zu.

„Eve, Melanie, los aufstehen. Wir wollen doch eine Runde joggen.“

Ich zog ihnen die Decke vom Kopf und erhielt müdes Murren. Nur, ich hätte unmöglich nachgeben können, denn um den Terror zu stoppen, braucht es eine gehörige Portion Gegenterror.

„Aufstehen, sonst hole ich kaltes Wasser!“, drohte ich ihnen.

Ich konnte die Mordlust in ihren Gesichtern ablesen. Jedoch, der Erfolg ließ nicht allzulange auf sich warten und sie schlurften beide Händchenhaltend zur Dusche. Nach nur wenigen Minuten waren sie bei mir.

„Wie schön, dass du endlich fit bist.“, stellten sie unisono fest, zogen mich rücksichtslos aufs Bett und fielen ausgehungert über mich her. Wir küssten, streichelten und liebten uns stundenlang. Ich sog ihren zarten Duft in mich auf, biss Eve in die Schulter, leckte Melanies feuchte Muschi, während beide glücklich schnurrten. Ich liebte sie bis in die Wolken und spritzte meinen Liebessaft in ihre nassen Pussys. Nach unserem Liebesfest war die Hitze derart unerträglich, dass der Frühsport ausfiel.

Die Hotelanlage lag zwar innerhalb der Stadtmauer Marrakeschs, war also gut abgeschirmt, dennoch schien es mir sicherer, Steve von einem anderen Hotel aus anzurufen. Ich freute mich darauf, den verrückten Haudegen bald begrüßen zu können. Er war für mich die Verkörperung eines unbezähmbaren Glücksjägers, der aus allen Regeln fiel. Ob er jetzt lebte oder vor dreihundert Jahren gelebt hätte, er wäre derselbe geblieben, nur die Kulisse hätte sich um ihn herum verändert.

Ich schritt die Rue Abou Abbas El Sebti entlang, begab mich in den inneren Stadtkern, bis zum Oued Issil, der zu breit für einen Bach war und zu schmal für einen Fluss. Die Marokkaner, ein lautes Volk, stellte ich amüsiert fest. Der Tee dampfte in den Zinnkannen über den dreifüßigen Holzkohleherden, Schlangenbeschwörer hypnotisierten ihre giftig geschuppten Tänzerinnen, der Lärmpegel wurde nur durch die Betriebsamkeit der Menschen übertroffen. Im Riad Jade gönnte ich mir einen grünen Tee mit Minze und wählte meinen alten Weggefährten an.

„Steve, wo steckst du Meiner?“ Die Verbindung war dieses Mal rauschfrei.

„Island. Hier werde ich mich im hohen Alter niederlassen. Was gibt es so Dringliches, dass du mich von der Barentssee wegholst? Die Kamtschatka-Krabben lassen sich dieses Jahr reichlich einsammeln. Kaum sind die Reusen von Bord, können wir sie bis zum Anschlag gefüllt wieder reinholen.“

Ich rührte mir reichlich Zucker in den Tee.

„Steve, lass die Königskrabben und besuch mich in Marokko. Ich habe einen Auftrag für dich, da schlotterst du mit den Beinen. Lass uns nicht zu lange telefonieren. Du kannst dir bestimmt denken, wo ich nächtige.“

Abrupt legte ich auf. Das Gefühl beobachtet zu werden war mein stetiger Begleiter, seit ich die Spiele auf den Markt gebracht hatte. Ich nahm noch einen Schluck Tee, ließ die Minze länger als nötig drin, denn ich bevorzugte den bitteren Geschmack. Jeder Marokkaner wäre mir entweder ins Gesicht gesprungen oder hätte wahrscheinlich noch mehr Zucker dazu gegeben. Ich begab mich zurück ins Royal Mansour Marrakech, vermisste meine beiden Ladys. Eve nahm mich in den Arm, küsste mich, während Melanie noch immer telefonierte.

„Setz dich, wir wollen mit dir reden.“, forderte Eve mich streng auf. Oh, oh, was kam jetzt wieder auf mich zu. Ich schenkte mir Champagner ein, breitete mich gemütlich auf dem Diwan aus, legte meine Füße hoch und harrte der Dinge. Melanie blickte wie eine Oberlehrerin über ihren Brillenrand, fixierte mich solange bis ihr Telefonat beendet war. Ich wartete, freute mich auf Steves Ankunft. Dann setzte sich Melanie und Eve zu mir, schenkten sich den Champagner in die Gläser, nippten, und die Spannung war auf dem Höhepunkt.

„Was ist los? Was liegt euch auf den Herzen?“, begann ich das Gespräch.

„Shey, genau. Was ist los mit dir? Das hat doch einen Grund, dass du wieder zum Heroin greifst.“, fragte mich Melanie mit besorgter Miene.

Eve blickte mich abwartend an, stimmte ihr ohne Worte zu.

„Weil es da ist!“, antwortete ich schnippisch. Gab aber sofort nach, denn die Kunst unserer beständigen Liebe lag darin, dass wir das Wort als die erste Güte des Lebens huldigten. Schon in der Bibel stand geschrieben, zuerst war das Wort. Wir logen uns nicht an. Selbst das Verschweigen einer Tatsache kam einem Hintergehen gleich. Bevor sie ihre Münder öffneten, purzelte ich heraus und erzählte ihnen von der kurzen Begegnung mit Sandra und meinem Sohn. Sie guckten sich nur an und lachten lauthals los.

„Du hattest Kontakt mit dem Miststück. Jetzt verstehen wir dich. Ja klar, da hätten wir auch sofort zum Heroin gegriffen.“, brüllte Eve heraus.

Ich wurde von ihrem Lachen angesteckt, obwohl ich es nicht sonderlich amüsant fand.

„Wie soll es weitergehen?“, fragte Melanie interessiert nach und nahm meine Hand.

„Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.“, zuckte meine Schultern und drückte ihre Hand.

Sie küssten mich auf meine Wangen, schmiegten ihre erhitze Körper gegen meinen und liebkosten meinen Hals.

„Steve ist auf dem Weg zu uns. Wenn alles glatt läuft, ist er morgen Mittag bei uns. Ich werde auf euch gucken und wehe ihr liebäugelt mit ihm.“ Ich lächelte frech. „Dann Date ich Shan Zeibo in Kenia und werde ihr mein Leid klagen.“

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