Читать книгу: «Vatermissbrauch», страница 2

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„Versuchst du mich gerade zu motivieren?“, neckte ich ihn.

Tatsächlich törnte es mich an. Dieser Auftrag war anders als alle andere, schoss es mir instinktiv durch meinen Geist. Ich hatte Mühe ruhig durchzuatmen, verabschiedete mich sogleich, ließ mich von den beiden unbekannten Filmspionen zu meinem Lamborghini rudern, und brauste los. Ich hinterließ eine staubige Wolke, winkte dem stolzen Pfau zum Abschied, hielt den Umschlag fest umschlossen.

Eve und Melanie schliefen engumschlungen, ich bewegte mich auf Fußspitzen über dem Parkettboden der Suite, sah, dass der Spiegel angerichtet war, schnupfte White Crystal und begab mich in mein Bekleidungszimmer. Ich beschloss den Brief erst zu öffnen, sobald ich ausgeschlafen war. Natürlich drängte mich die Neugierde, doch in erster Linie war ich ein Koryphäe meines Handwerks und es war nicht der richtige Zeitpunkt. Also verstaute ich meinen Auftrag in einer Schuhschachtel, zog mir Laufkleidung über und begab mich nach unten. Um warm zu werden lief ich mit langsamen Schritten los, lauschte der beruhigenden Stille des grünen Parks. Ich atmete tief durch, erhöhte mein Tempo, wurde schneller und schneller, das Blut pochte durch meine Adern. Mein Geist war frei.

Doch dann, plötzlich und unvermutet blitze eine Vision vor mir auf. Ich blieb stehen. Ich roch ihr Parfüm, sah ihre brünetten Haare, sie weinte. Sie saß auf dem Boden gekauert und schluchzte mit einem Foto in ihrer Hand. Lange war es her, sehr lange. Die Vergangenheit rührte sich in mir. So schnell wie die Einbildung in meinem Kopf aufflackerte, so schnell verschwand sie auch wieder. Ich war eindeutig zu lange wach und halluzinierte. Ich drehte um, eilte zurück in die Suite, duschte, rauchte auf der Terrasse einen Spliff und legte mich entspannt zu meinen beiden Ladys. Sie schlangen ihre Arme um meine Brust, kuschelten ihre warmen Körper an mich. Ja, das waren meine Feelings, mein Lifestyle. Vorzeitig im Paradies angekommen. Nach dreizehn Stunden ausgiebigen Schlafens weckte mich Eve.

„Los, aufstehen. Lass uns shoppen gehen.“

Sie rüttelte an mir, gab erst nach, als ich aufrecht auf dem Bett saß. Melanie brachte mir einen kühlen Energiedrink. Beide saßen sie vor mir, blickten mich erwartungsvoll mit ihren lebendigen Augen an und warteten ab.

„Ladys, zuerst das Training, dann können wir in die Stadt.“ Die exklusive Goethestraße in der Frankfurter Innenstadt lag von Königstein nur 20 Autominuten entfernt, also kein Grund zur Eile.

„Das Trainingsprogramm haben wir längst absolviert, während der Herr munter geschlafen hat.“ Eve und Melanie drehten ihre Köpfe, zeigten mir ihre kunstvoll gerichteten Hochsteckfrisuren, reckten ihre manikürten Finger in die Höhe und lächelten amüsiert. „Unser Spa-Vormittag ist erfüllt. Wir können also auf der Stelle aufbrechen.“, forderte mich Eve auf. Melanie grinste unverschämt hinterher.

In unserem Trio hielt eindeutig Eve das Zepter in der Hand. Was blieb mir anderes übrig. Ich stand auf, verzichtete auf die sonstigen Aufputschmittel und zog mir sommerliche Kleidung über. Melanie spielte mit ihrer schwarz umrahmten Brille, fragte höflich beim Concierge an, ob wir eine Limousine mit Fahrer buchen könnten, gab die Liste der Luxusboutiquen durch, denen wir einen Besuch abstatten wollten und bedankte sich herzlich für den außergewöhnlichen Service.

„Melanie, warum fragst du so überaus freundlich? Deine persönlichen Wünsche zu erfüllen, das ist die Aufgabe des Concierge. Dafür wird er schließlich bezahlt.“ Eve schüttelte verständnislos ihren Kopf. Ich konnte nicht an mich halten.

„Weißt du, die Kunst des Concierge besteht darin, dass er seine Stellung nicht nur als eine notwendige Pflichtaufgabe behandelt, nur um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern als sein leidenschaftliches Engagement dem Gast des Hauses gegenüber. Er ist der Meister, der dir wie Aladin in der Wunderlampe deinen persönlichen Wunschtraum zur Erfüllung bringt. Dieser fantastische Realitätsdesigner erschafft uns unser luxuriöses Panorama des Lebens, solange wir in der Villa Rothschild Kempinski zu Besuch sind.“, klärte ich Eve auf. „Genau genommen ist er der Schöpfer unserer Erlebniswelt. Nicht nur das. Er sieht alles, er hört alles, jedoch er schweigt und macht einfach. Diese Qualität ist nur wenigen Menschen zu Eigen. Er hat unseren ehrlichen Respekt verdient, da stimme ich Melanie bedingungslos zu.“

„Poch, poch, poch.“ Es klopfte an der Türe, Melanie öffnete, ich beobachtete Eve, stellte erstaunt fest, dass sie mit dem korrekt gekleideten Concierge Augenkontakt herstellte. Argwöhnisch musterte ich die beiden, doch es entzündete sich kein Feuer des Flirts, nein, in ihren Augen spiegelte sich die Hochachtung wieder, die dem begabten Magier gebührte. Er begleitete uns zum hauseigenen Limousinen-Shuttle, der Chauffeur öffnete galant die Türe des Jaguars und fuhr uns schweigend nach Frankfurt.

Kaum in der Stadt angekommen, verabschiedete ich ihn und begleitete meine Ladys in die Luxusboutiquen, ließ mir eifrig von dem köstlichen Launengold einschenken, bestaunte die Wandlungskraft ihrer Schönheit, unterstützte die Wahl der Beraterin

oder lobte die Wahl von Eve und Melanie. Die Stunden flossen dahin, der Sekt perlte, die edlen Pakete stapelten sich bis unter die Decke, warteten darauf, mit dem Service in unser Domizil gebracht zu werden. Ich war bereit meinen zwei Schönheiten die gesamte Welt zu Füßen zu legen. Unerwartet verspürte ich das Bedürfnis, eine ordinäre Zigarette zu rauchen. Das Verlangen erlebte ich nur, wenn ich ausgiebig Sekt trank, anscheinend gab es da einen Zusammenhang.

Ich ging aus der Türe, schnorrte bei einem vorbeilaufenden Passanten, der mir sympathisch erschien, steckte mir die Zigarette an und rauchte. Ich freute mich des Tages und blies den Rauch aus. Erst unmerklich, ich schnupperte, der schleierhafte Duft des Parfüms lag in der Luft, das wohlbekannte Aroma nahm den Raum um mich ein. War es abermals nur eine Einbildung? Ich blickte mich nervös nach allen Seiten um, suchte, meine Augen wanderten hektisch über die Gesichter der spazierenden Leute. Befand sie sich unter ihnen? Angespannt rauchte ich weiter. Nichts passierte. Ich ging zurück in die Luxusboutique, verdrückte mich auf die Toilette, wusch mir meine Hände, erfrischt mein Gesicht. Ich hatte eindeutig zu viel Launengold auf nüchternen Magen getrunken. Mit schwammigen Knien betrat ich den Verkaufsraum.

„Shey, du siehst bleich aus. Ist alles gut bei dir?“, fragte Melanie besorgt nach. Meine Hotties ließen alles stehen und liegen, eilten sofort zu mir. Melanie nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände, blickte mir tief in die Augen, küsste meine Lippen. Eve umarmte mich.

„Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur einen unglaublichen Hunger.“, antwortete ich bübisch.

Melanie bat die Beraterin, sich um die Vielzahl der Pakete zu kümmern, bedankte sich freundlich, während Eve mich resolut an die Hand nahm und nach außen an die frische Luft zog.

„Shey, du achtest überhaupt nicht auf dich. Das kann so nicht weitergehen.“, schimpfte sie mich.

„Ich brauche nur eine kräftige Mahlzeit, dann bin ich schnell auf dem Damm. Lasst uns amerikanisch essen! Lecker Sparerips, Bacon und Potatos.“

Melanie eilte herbei. „Das, mein Liebster, kannst du ganz schnell wieder vergessen. Was du brauchst, ist eine gesunde Gemüsesuppe. Die bringt dich zu Kräften. Ganz in der Nähe gibt es doch dieses vegane Restaurant. Dort gehen wir jetzt hin. Melanie küsste mich abermals. „Und heute wird kein Alkohol mehr getrunken. Hast du mich verstanden? Ist nur zu deinem Besten.“

Melanie besaß eindeutig mütterliche Ambitionen. Aber es war sinnlos zu widersprechen. Sie hatte Eve ganz klar auf ihrer Seite. Zwei gegen einen. Also fügte ich mich kampflos und wir spazierten zu dem heilsversprechenden Restaurant. Ich wusste eh, wenn ich den aufgezwungenen Ratschlag befolgte, hätte ich meine zwei Gesundheitshüterinnen bis zum späten Abend soweit um den Finger gewickelt, dass ich wenigstens den ein oder anderen Spliff zwischen meinen Lippen halten durfte.

Nach einem Vevay Teller und einem Chia-Kokos-Pudding mit Obst, trank ich noch reichlich Supergreen-Smoothies. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, denn ich blickte nach dem grünen Mahl in zwei rundum zufriedene Gesichter.

„Was würde ich nur ohne meine Engel machen. Ich danke Gott jeden Tag, dass es euch gibt.“

In bestimmten Fällen war es unnötig mich gegen diese geballte Frauenpower aufzulehnen. Ich war der Klügere und beugte mich vor der weiblichen Gewalt. Nach einem ausgedehnten Spaziergang mit anschließender Fütterung der Enten kümmerte sich Melanie um den Shuttle-Service. Es dauerte keine fünfzehn Minuten und wir saßen im Jaguar, der uns in die Villa Rothschild Kempinski zurückfuhr. Ich schnappte mir den silbernen Umschlag, bewegte mich möglichst selbstverständlich zu meiner verzierten Holzbox, holte mir einen gerollten Spliff hervor und zündete ihn an.

„Geh auf den Balkon, wenn du rauchst! Hier innen wird nicht geraucht.“, ermahnte mich Eve und blickte mich dabei bissig an.

Ich genoss genüsslich meinen Spliff, zu meinem Bedauern alleine. Meine Ladys huschten ins Badezimmer. High öffnete ich den Umschlag, las nun endlich meinen neuen Auftrag.

Shan Zeibo. Ich blickte auf das Foto. Eine attraktive Asiatin guckte mir entgegen. „Goldene Perle, wie Doppeldeutig.“, flüsterte ich vor mich hin. Das war also meine zugeteilte Zielperson. Mein Blick verweilte auf dem Bild. „Du bist meinem Auftraggeber eine stattliche Summe wert.“, klärte ich sie auf.

Ich besaß die Angewohnheit, frühzeitig mit meinen Zielpersonen zu reden, ganz so, als ob sie anwesend wären. Aus der Erfahrung der Jahre konnte ich sagen, dass es mir half, mich in meine Jagdbeute einzufühlen. Sie war erst 26 Jahre alt und wurde bereits als eine der gefährlichsten Personen auf dem Planeten eingestuft. Shan Zeibo betrieb einen Handel mit Versuchskontingenten der besonderen Art. Ihr Fachgebiet galt den menschenverachtenden geheimen Abschlüssen, die die Staaten hinter dem Vorhang der Macht anboten. Angesehene Wissenschaftler, Industrien oder Militärs orderten auf dem Weltmarkt Gebiete, die die korrupten Staatschefs mitsamt ihren Bewohnern an den Höchstbietenden verpachteten. Die freigegebenen Areale durften dann für Versuchszwecke jeglicher Art genutzt werden. Die Tötungsrate des Lebens konnte bis zu einhundert Prozent betragen, solange gewährleistet wurde, dass die Versuche die festgelegten Grenzen nicht überschritten und das Territorium nach der vertraglich vereinbarten Versuchslaufzeit wiederaufbereitet wurde. Shan Zeibo jettete durch die Welt, verhandelte mit käuflichen Staatschefs, Königen, Diktatoren und Milizen, ließ keine Gelegenheit ungenutzt, bevölkerte Gebiete in ihr schreckliches Portfolio unterzubringen, um sie zu Unsummen auf dem braunen Markt zu versteigern. Die Nachfrage war außerordentlich. Neuartige Viren, bedrohliche Insektenepidemien und andere biologischen Waffen warteten auf ihre Testreihen. Die nukleare wie auch die chemische Industrie zahlten utopische Summen für diese Kontingente. Shan Zeibo war die abscheuliche Herrin über die Verseuchung und der Auslöschung ganzer Landstriche. Das Top der Angebote war es eine Insel zu pachten, was selbst für manchen renommierten Wissenschaftler unerschwinglich blieb, das konnten sich nur die Industrie oder das Militär für ihre abartigen Versuche leisten. Die Gewährleistung lag klar auf der Hand. Das Meerwasser diente als natürliche Schutzschranke, erhöhte somit die Chance, dass die Auswirkungen des Versuchs innerhalb des abgesteckten Gebietes blieben. Das erhöhte die Nachfrage beispielslos. Dafür gab es den heißbegehrten „All Pay“ Status.

„Dich interessiert nicht das Cash. Nein Shan Zeibo, dich erregt die Macht, die du in deinen Händen trägst. Es ist deine verdammte Lustbefriedigung. Tatsächlich, du bist die goldene Perle wert. Wenn nicht du, wer dann? Und ich werde sie für Djan ergattern.“, versprach ich mir selbst.

Eve kam nackt aus dem Bad, wuschelte sich ihre blonde Mähne, tapste zu mir, blickte mir ungezähmt in die Augen. „Warst du eifersüchtig?“, fragte sie provokant.

„Ich? Nein, sollte ich?“, erwiderte ich in Gedanken versunken. Sie entriss mir den Brief, schmiegte ihren erregten Körper an mich, küsste mich leidenschaftlich.

„Dann habe ich mich wohl getäuscht. Aber toll sieht er aus, der Concierge. Stattlich und gut gekleidet. Du hattest recht, ein wahrer Experte seiner Zunft.“

Ich klapste ihr auf dem Po und biss ihr ins Ohr, presste sie ganz fest an mich, zeigte ihr, dass sie mein war. Einzig und allein mein. Eve riss mir gierig die Kleidung vom Leib, setzte sich auf mich und wir liebten uns animalisch, sie ritt meinen harten Zauberstab, stöhnte heftig in mein Ohr, ich kam in ihren Schoß. Verschwitzt suchte ich das Badezimmer auf, stieg zu meiner Melanie in die Wanne. Sie wusch mir liebevoll den zerkratzten Rücken, liebkoste meinen zerbissenen Hals, streichelte mir durch mein zerzaustes Haar und setze sich engumschlungen auf meinen angeschwollenen Schwanz. Melanie liebte mich mit zärtlichen, sanften Bewegungen. Ich hielt sie in meinen Armen, roch an ihrer erregten Haut und flüsterte in ihr Ohr.

„Melanie, ohne dich will ich nicht mehr leben. Bleib für immer bei mir.“

Sie streichelt mir über mein Haar und küsste unentwegt mein Gesicht. „Für immer.“, versprach sie mir. Wir saßen zu dritt auf dem Balkon und rauchten reichlich Weed. Ich holte uns Champagner, überprüfte die Engelsgesichter, ob es Einwände gab und schenkte uns die Gläser voll.

„Eve, hast du die Listen der Zielpersonen an alle Auftraggeber verschickt?“

„Ja. Genau in der Reihenfolge wie das Computerprogramm die neue Liste ausgewählt hatte. Warum fragst du? Ich habe keinen Auftraggeber ausgelassen.“

„Seltsam. Nur Djan ist an der goldenen Perle interessiert. Oder habt ihr ein zweites Angebot vorliegen? Eigentlich hätte ich erwartet, dass sich die Auftraggeber mit ihren Preisen überbieten.“

Eve leckte sich über ihre Lippen. „Ach, die goldene Perle!“

Ich wartete. Da stimmte etwas nicht, das roch ich aus einer Meile Entfernung. Mein Instinkt täuschte mich nie.

„Ja, weißt du.“, zögerte Eve. Sie druckste herum.

„Was Eve dir sagen will, ist folgendes. All die anderen Auftraggeber hatten sich zusammengeschlossen und mich gebeten eine goldene Perle anfertigen zu lassen, damit sie Djan eine Freude machen konnten.“, warf Melanie ein.

Ich wartete noch immer. Das war nur ein Teil der Wahrheit, dass spürte ich intuitiv. Ich blickte ihnen wissend ins Gesicht.

„Ja, die Wahrheit ist die.“, fuhr Eve fort. „Die Auftraggeber wissen, dass Djan verwegen genug ist sich mit dem Staatsfreund Nummer 1 anzulegen. Oder vielmehr, der Staatsfreundin Nummer 1. Shan Zeibo ist die verbotene Schlüsselfigur unter den Geheimdiensten. Sie wird wie ein diabolischer Schatz behütet. Sie zur Strecke zu bringen, bedeutet in den Olymp aufzusteigen, die Königsklasse der Jagd sozusagen, aber auch gleichzeitig in den Schlund der Hölle zu blicken.“

Melanie nippte an ihrem Glas. „Sie haben Befürchtungen und trauen es nur Djan zu. Deswegen ihre außergewöhnliche Bitte, es ihm mit einer goldenen Perle zu versüßen. Er hätte damit unumstößlich den ersten Platz in der Rangliste erreicht, noch vor

Saraxus dem Honduraner, ganz gleich wie viele Perlen er aktuell in seinem Besitz hätte. Das ist doch Djans sehnlichster Wunsch.“

Ich nickte. „Ja, er würde damit in die Geschichte eingehen. Tja, wer dem Teufel die Hand gibt, sollte auch mit ihm tanzen!“, lachte ich meinen beiden Ladys spitzbübisch ins Gesicht. „Ihr habt doch keine Angst, oder? Schließlich ist endlich der Zeitpunkt vor der Türe, dass wir uns vom abscheulichsten Ungeziefer auf unserem wunderschönen Planeten entledigen könnten. Was wären wir für lausige Kammerjäger, wenn wir jetzt vor einer asiatischen Monsterwanze zurückschrecken würden?“ Abermals grinste ich übermütig.

„Gut, dann sollten wir uns Morgen an die Arbeit machen.“, forderte Eve mich auf.

Ich fuhr ziemlich früh in die Stadt, während meine beiden Ladys sich um die Beschaffung von Informationen über unsere Zielperson kümmerten. Sie hatten im Laufe der Jahre ein weltweites Informationssystem erschaffen und leisteten die beschwerliche Vorarbeit unserer Aufträge. Während dieser Phase verdrückte ich mich so oft es nur ging, denn sie waren hochkonzentriert am Werk und launisch wie zwei glutspeiende Vulkane. Diesen Feuerregen wollte ich nicht über mich brechen lassen.

Ich flanierte auf der Bergerstraße, die Frankfurter Fußgängerzone mit dem französischen Flair, beschloss mich an den Tisch eines der Straßencafés zu setzten und gemütlich einen Latte Macchiato zu trinken. Ich bestellte bei der höflichen Bedienung, holte den Briefumschlag hervor, und studierte wiederholt die Zielperson. Abermals umwehte mich der vertraute Duft des Parfüms. Ich rümpfte argwöhnisch meine Nase, erhob meinen Kopf und da stand sie, direkt vor mir. Leibhaftig. Ich erschrak fürchterlich.

„Sandra, was machst du hier? Wie hast du mich gefunden?“, purzelte es aus mir heraus. Doch so überrascht wie ich zuerst war, die einstmals vergrabene Wut brodelte blitzartig aus mir hervor. „Was willst du Miststück?“, pflaumte ich sie barsch an.

Sandra blickte mich mit ihren großen braunen Augen an, schwieg und Tränen liefen ihr über die eingefallenen Wangen. So hatte ich sie das allererste Mal kennengelernt. Bitterlich heulend und wunderschön. Ihre tollen Augen waren für das Weinen nicht gemacht. Damals wollte ich sie trösten, hatte es auch getan. Das war mein Fehler. Sie strahlte sexistische Erotik aus, ihre Wirkung auf mich kam dem Verderben gleich. Sie besaß den Fluch des Unheils, sobald sie in meiner Nähe war. Angeekelt musterte ich sie von oben bis unten, während sie trauernd vor mir auf dem Stuhl saß, gänzlich eingefallen.

„Was soll das? Du weißt, dass ich auf deine Schauspielerei nicht mehr hereinfalle. Ich kenne dein eiskaltes verlogenes Herz nur zu gut. Geh!“

Doch sie blieb sitzen, vergrub ihre Hände im Schoß, blickte verschämt auf den Boden und schluchzte still. Ich wartete den Kaffee erst gar nicht ab, legte einen Schein auf den Tisch, stand auf und eilte wortlos davon. Sandra steckte sich den Schein ein, folgte mir.

„Shey, bitte warte!“, flehte sie mich an. „Gib mir nur eine Minute deiner Zeit. Mehr will ich überhaupt nicht von dir.“ Ich hatte wirklich keine Lust auf einen theatralischen Aufstand inmitten der Berger Straße, ich wollte das dumme Weib nur noch loswerden. „Eine Minute und dann verschwinde aus meinem Leben. Ohne Umschweife, du weißt, dass ich nur ein einziges Gefühl für dich übrighabe. Und das ist der abgrundtiefe Hass. In meinem Leben wird es nur eine Party geben, bei der ich ausgelassen feiern werde. Das ist die Party, die ich zur Freude deines Todes geben werde. Jetzt sprich!“

Ich setzte mich nochmals hin, die Bedienung servierte den Kaffee, fragte höflich, was sie Sandra bringen könnte. Doch ich schickte sie hinfort. Sandra kramte mit zitternden Händen ein Foto aus ihrer Tasche und legte es mir vor. Ich nahm das Foto, sah einen Jungen von vierzehn Jahren mit blondem lockigem Haar. Ich betrachtete den Jüngling, mir quollen Tränen hervor, die ich sofort unterdrückte. Er sah unglücklich aus.

„Dein Sohn. Shey, das ist dein Sohn. Falls du ihn nicht schon vergessen hast.“, heulte Sandra, und deutete mit ihrem Finger auf das Bild.

Ich riss mich zusammen und schob ihr das Bild rüber. „Nimm es, ich will es nicht.“ Ich forderte sie schroff auf, sofort zu gehen.

Sandra erhob sich wortlos, ließ das Bild liegen. „Shey, Ben ist dein Sohn.“ Sie setzte einen Schritt nach vorne. „Er wird sterben. Verstehst du? Ben wird sterben.“, schluchzte sie und trottete mit hängenden Schultern davon. Nur der Duft ihres Parfüms blieb bedrohlich in der Luft hängen.

Verwirrung durchströmte meinen Geist, ich bewegte meine Hand langsam den Tisch entlang und griff mir das Foto. Ben war ein gutaussehender Junge, das hatte er eindeutig von mir. Er war mir wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur der Glanz seiner Augen schien erloschen. Wahrscheinlich lag es an der schlechten Aufnahme des Bildes. Ich steckte das Foto ein, trank zügig meinen Latte Macciato und besuchte die Zeil, Frankfurts stark besuchte Einkaufszeile. Sie bot mir die dringend benötigte Ablenkung. Ich beobachtete die Vielfalt der Menschen, lauschte dem Geigenspieler, verdammte den niedergedrückten Moment. Erst als ich bei meinen beiden Geliebten war, konnte ich mich fassen, den miesen Gedanken verdrängen, der mich unvorbereitet ereilt hatte.

„Shey, Shan Zeibo ist eine umtriebige Kakerlake. Sie ist überall und nirgendwo. Ich kann dir versprechen, sie aufzuspüren wird wohl das schwierigste Unterfangen in dem gesamten Auftrag. Kein Licht lockt sie hervor, sie lebt als Schatten in der schwarzen Unterwelt. Abgesehen davon, dass sie Tausendschaften von Geheimdienstleuten als ihre Schutzentourage beschäftigt, ist sie noch dadurch außergewöhnlich, dass sie grenzenlos über unseren Planeten jetten kann. Die Tore der Welt werden ihr bedingungslos aufgerissen, kein Zoll und kein Gesetz hält sie auf. Informationen über sie einzuholen ist ein gefährliches Unterfangen, denn niemand ist vor ihr sicher. Die Angst, die sie verbreitet, ist unermesslich.“, berichtete Melanie kühl und sachlich, während Eve die Bildschirme im Auge behielt.

Ich zuckte mit den Schultern, rollte mir einen Spliff und verzog mich auf die Terrasse. Gedankenversunken saß ich da. Melanie folgte mir, nahm mir den Spliff aus dem Mund, zog daran, küsste mich und steckte in mir wieder zwischen den Lippen.

„Ist was?“, fragte sie mich verunsichert.

Ich zog sie zu mir auf den Schoß. „Alles gut.“, beschwichtigte ich sie. „Ist nur wegen dem Auftrag. Ich bin gespannt ob wir diesen speziellen Fall lösen können.“

Melanie stupste mir in die Seite. „So kenne ich dich überhaupt nicht. Das ist doch nicht dein Ernst. Du bekommst doch immer alles hin.“, lachte sie mich an. „Denk dran, wir sind zu dritt, darauf kannst du dich verlassen. Wer ist schon Shan Zeibo.“ Melanie stand auf und ließ mich alleine.

Ich griff in die Seitentasche meines Jacketts, nahm das Foto von Ben in die Hand, bewunderte meinen tollen Jungen. Vierzehn Jahre, welch ein wunderbares Alter. Mir schwirrten in dem Alter nur Flausen durch den Kopf. Was kostete die Welt, war mein Credo. Ich lächelte, dachte an unsere gemeinsamen Anfangsjahre zurück und zerriss das Bild. Ich hielt es für besser manche Geister schlafen zu lassen. Ich hatte mich um einen Auftrag zu kümmern und war mit meinen beiden Ladys mehr wie ausgelastet. Ich drückte meinen Spliff aus, begab mich zurück zu meinen beiden Engeln, öffnete meine Arme und grinste.

„Shan Zeibo, ein hübsches Fräulein. Sie ist also die dritte Frau, die ihr sehnlichst für mich gesucht hattet, oder?“

Augenblicklich visierten mich vier mordlustige Augen an, zeitgleich schnellten Eve und Melanie hoch und stürmten auf mich zu. Ich wich ihnen geschmeidig aus, rannte türmend um den Tisch herum. Sie versuchten mich einzukreisen, doch ich war schneller. Ich schwang mich gekonnt über das Sofa, sie hetzten wie mordgierige Hexen hinter mir her. Vereint versuchten sie mich zu ergreifen, wir lachten, ich war wendig wie ein schwarzer Panther, wenn da nicht dieser verflixte Teppich gewesen wäre, über den ich tollpatschig stolperte. Ich flog der Länge nach hin. Sie schmissen sich mit voller Wucht auf mich, boxten mich, zogen mir gnadenlos an den Haaren und bissen mich. Ich hielt mir schützend meine Arme vors Gesicht und es dauerte bis sie sich ausgiebig an mir abreagiert hatten. Sie richteten mich übel zu. Erst als ich ihnen versprach, dass ich auf der Stelle einen Juwelier bestellen würde, ließen sie von mir ab. Ich bereitete zum Zeichen des Friedens den kolumbianischen Spiegel vor, ließ meinen Ladys galant den Vortritt und organisierte den Termin mit dem Schmuckhändler.

Während der Concierge mit dem Juwelier meine Ladys beriet, begab ich mich an die hoteleigene Bar des Tizian´s und bestellte mir einen Matcha-Tee. Ich war nicht in der Stimmung, mir einen neuen Blingring auszuwählen. Erst als der Concierge mich bat, die Freude meiner Ladys zu teilen, begab ich mich zurück auf die Suite. Sie huschten sofort herbei, kokettierten mit ihren neuerworbenen Kostbarkeiten, flippten aus.

„Guck mal einer an. Der Wahnsinn. Was für ein Schmuckstück.“ Ich hielt Eves pompöse Kette in meinen Händen. „Wundervoll. Ist das ein Smaragd?“, fragte ich erstaunt nach. Ein so klares Grün hatte ich selten gesehen. Obwohl ich selbst sieben edle Smaragde in meiner Edelsteinsammlung hortete. Ich zwinkerte ihr zu. „Nur deine Augen leuchten noch grüner.“

Eve küsste mich, fraß mich auf. „Fantastisch. Solange du glücklich bist, bin ich es auch.“, flüsterte ich ihr ins Ohr, blinzelte zur Melanie.

Sie strahlte, was sag ich, überstrahlte ein glänzendschönes Armband mit roten Rubinen, zwei Ohrringe mit roten Diamanten schmückten ihre Ohren und ein mit Alexandrite bestücktes Fußkettchen zierte ihren schlanken Fuß, dafür besaß sie, seit ich sie kannte, ein Faible.

„Ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich liebe sie eben alle.“, verkündete meine zarte Melanie.

„Meine Engel, wir brauchen viel mehr Augen, die euch bestaunen und vor allem mich beneiden.“ Klatschend küsste ich meine Ladys, setzte noch einmal den Spiegel an, bereitete uns die betörende Auffrischung vor.

Frisch gepudert besuchten wir den Ivory Club. Der Hotspot der Stadt erinnerte mich, wann immer ich dort auftauchte, sofort an Djans Palast, saßen wir doch inmitten eines auserlesenen Designs, mit einem freien Blick zum wohltemperierten gläsernen Raum, der eine gut sortierte Auswahl von edlen Weintropfen aus aller Welt darbot. Die beeindruckende Innengestaltung, mit dem dunklen warmen Edelholz, den weiß gedeckten Tischen, und den prachtvollen Accessoires spiegelte den Stil der kolonialen Epoche des alten Englands wider. Wir speisten ein pikantes Tandoori Chicken, tranken auserlesenen Whiskey dazu und schwatzten unbekümmert durch die Nacht, genossen die Blicke, die meine Luxus-Ladys auf uns zogen. Hätte Dali die Zeit nicht restlos dahin schmelzen lassen können, die Uhr salvadorianisch verbannen können.

Doch dann, die Tür flog auf, Schüsse pfiffen durch den Raum, Gäste duckten sich kreischend vor den Kugeln, geistesgegenwärtig zog ich meine 35er Glock, meine Ladys ihre Ladycolts, aber bevor wir losstürmten, waren die Angreifer bereits verschwunden.

„Bestimmt einer der städtischen Gangs!“, beschwichtigte ich Eve und Melanie. „Lasst uns die Kurve kratzen! Oder hat jemand von euch Laune für eine Befragung über. Ich habe jedenfalls keinen Bock auf das Gespräch mit der Polizei.“

Fluchtartig verließen wir den überfallenen Club, unser Chauffeur fuhr sekundenschnell vor und kutschierte uns zurück zur Villa, während wir erhitzt über den Überfall debattierten.

„Eines Tages kümmern wir uns auch um diese scheußliche Plage.“, schwor ich mir. „Da jetzt wohl niemand von uns schlafen kann, lasst uns nach Shan Zeibo Ausschau halten. Wir werden sie finden. Da bin ich mir ganz sicher. Ich werde mir nur für sie eine ganz besondere Waffe schmieden lassen, mit allen Raffinessen, die der Markt zu bieten hat.“ Ich klatschte vor Freude in die Hände, während mich zwei Ellenbogen in die Seiten stupsten. „Ist ja schon gut!“, beschwichtigte ich die Situation.

Im Domizil angekommen, streifte ich mir meine Laufsachen über und ließ die beiden mit den unzähligen Bildschirmen und Laptops alleine zurück. Ich atmete tief durch, rannte mir den Stress aus dem Leib. Offene Schießereien waren in Frankfurt keine Seltenheit, verfeindete Gangs kämpften um die Vorherrschaft im Rotlichtmilieu, lauerten sich gegenseitig auf und schossen gnadenlos aufeinander. Wir hatten an diesem Abend Glück. Verdammtes Glück. Sie nahmen keine Rücksicht auf Verluste, schonten selbst die unschuldigen Bürger nicht. Sie waren kaltblütig und krank.

„Nieder mit dem Pack! Die Verbrecher sollten ausgerottet werden.“, brüllte ich lauthals.

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