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Kapitel 14

Lukas Malthys wurde schließlich von seiner Ablösung gefunden, eine Stunde, nachdem er es versäumt hatte, sich wie angeordnet zu melden. Die Kabelbinder machten es ihm schwer, den Eindringling zu leugnen. Er wurde daraufhin vor ein Tribunal des PNC gezerrt, an einen Stuhl gebunden und wegen seines Unvermögens verhört, den heiligen Boden des PNC zu schützen.

Doch bevor die Misshandlung seitens seiner Verhörer zu weit gehen konnte, packte Lukas Malthys aus. Er gestand, dem Feind verraten zu haben, dass der Konvoi auf dem Weg nach Bisbee war.

Die Mitglieder des Tribunals steckten für eine Weile die Köpfe zusammen und es wurde beschlossen, Lukas zu dem Camp zu bringen, das gerade an der Grenze entstand, wo er dann sein Versagen Malthys beichten konnte. Malthys würde anschließend höchstpersönlich über sein weiteres Schicksal entscheiden.

Lukas wurde kurzerhand in einen Van auf den langen Weg nach Süden verfrachtet.

Kapitel 15

Einer Regel folgt für gewöhnlich irgendwann eine Ausnahme und reichlich Ausreden. In Blackshaws Hotelzimmer in Bisbee drohte die aufgehende Sonne, Licht auf eine Flasche Billig-Rum zu werfen, die finster auf dem Nachttisch vor sich hin schimmerte. Der Fusel hatte beinahe dieselbe Farbe wie der Holzton der altmodischen Möbel. Neben der Flasche stand ein sauberes Glas. Weiter war Blackshaw nicht gekommen. Denn für gewöhnlich trank er keinen Alkohol.

Doch heute Morgen war alles anders. Der immer dichter werdende Dunstschleier des Buschfeuers um die Stadt herum hatte inzwischen einen Verwandten in Blackshaws Seele. Wie war er nur hierher geraten? Er hatte keine Ahnung, wohin das Ganze führen sollte. Seine Frau, LuAnna lag regungslos und unerreichbar Tausende von Meilen entfernt auf Smith Island. Blackshaws engster Freund konnte ihn nicht mehr ausstehen und hatte ihm den Rücken zugekehrt und er hatte es nicht geschafft, Rufus Colquette Einhalt zu gebieten. Und obwohl die Polizei klare Beweise für die Verbrechen des jungen Mannes gehabt hatte, fand sich kein einziges Wort über seine Festnahme in den Zeitungen oder Nachrichtensendungen. Nur wenige Stunden zuvor hatte Blackshaw einen frustrierten, rassistischen Schwachkopf gefesselt in der Wildnis zurückgelassen, ohne jegliche Bedenken, dass dem Mann etwas zustoßen konnte. Blackshaw fragte sich, ob mit ihm etwas nicht stimmte.

Er sehnte sich danach, die Versiegelung der Rumflasche aufzubrechen und ihren Plastikdeckel aufzudrehen. Er stellte sich vor, wie die Flüssigkeit beim Einschenken in das Glas leise schwappen würde. Der Alkohol würde dem rauchigen Duft des brennenden Landes im Süden, der in das Zimmer drang, etwas Süßliches und doch Explosives verleihen. Er glaubte halbwegs daran, dass irgendwo in dieser Flasche, vermutlich nahe des trüben Bodens eine Art Wahrheit lag; oder wenigstens süßes Vergessen. Der Schnaps würde entweder seine Verwirrung wegbrennen oder seinen Verstand benebeln, bis ihm alles egal war. Er war sich momentan nicht sicher, was ihm lieber wäre.

Blackshaw öffnete den Koffer, der die Komponenten des Scharfschützengewehrs enthielt. Obwohl er die Waffe in der vorherigen Nacht in der Wüste nur zwei Mal abgefeuert hatte, um das Visier einzuschießen, reinigte er die Waffe jetzt gründlich. Von Zeit zu Zeit blickte er zu der Flasche hinüber, als wäre sie ein alter Freund, dem etwas auf der Seele lag und der einfach jemanden brauchte, der ihm zuhörte. Er fragte sich, ob es sich so anfühlte, ein Orakel zu konsultieren, den Göttern zu huldigen und auf deren Schutz angewiesen zu sein. Wie lange sollte er höflich auf Antwort warten, bevor er seinen eigenen Instinkten folgen konnte? Zum ersten Mal seit vielen Jahren vertraute er seiner inneren Stimme nicht mehr. Geistige Getränke konnten entweder seinen inneren Schweinehund nähren oder seinen moralischen Kompass verdrehen, mit dem er sonst seine wichtigen Entscheidung abwägte.

Ein Junge war tot. Brutal gefoltert und ermordet. Die Gesellschaft, die sich auf der Verfassung gründete, die Blackshaw zu schützen geschworen hatte, hatte dieses Kind gleich zweimal im Stich gelassen. Erstens dadurch, dass die Umstände, die seinen oder irgendeinen anderen derart hasserfüllten Tod zuließen, überhaupt existierten. Zweitens, indem sie dem Killer, seinen Freunden und der radikalen Subkultur, die diesen Mörder hervorgebracht hatte, erlaubte, unbehelligt fortzubestehen, ja sogar florieren zu können, nachdem die Tat vollbracht worden war. Blackshaw glaubte, dass er in Richmond alles getan hatte, was ihm möglich gewesen war, um diesen Mörder und seine Freunde dem Gesetz auszuliefern, ohne dabei seine eigene Freiheit und die ersehnte Anonymität aufs Spiel zu setzen.

Blackshaw entlud, reinigte und ölte nun die drei Gewehrmagazine. Er polierte alle siebenundfünfzig 9 x 39 mm-Patronen. Er wollte die alten Magazine nicht komplett befüllen, aus Angst, die ermüdeten Sprungfedern zu beschädigen und damit die korrekte Zuführung der Patronen zu unterbinden. Die panzerbrechenden Geschosse mit der blauen Spitze wogen nämlich fast doppelt so viel wie die 7,62 x 51 mm NATO-Patronen und waren auf Unterschallgeschwindigkeit ausgelegt. Ja, Worte reisten schneller und trafen manchmal härter als Kugeln wie diese, aber in diesen Tagen gefiel ihm, wie so ein Stahlkerngeschoss jeder Diskussion sofort ein Ende bereitete.

Während Blackshaw sorgfältig die Patronen in die Magazine lud, ließ ihn die Rumflasche einfach nicht in Ruhe. Auch ohne einen Schluck getrunken zu haben, wusste Blackshaw instinktiv, dass sein Bestreben, diesen Jungen zu rächen, nur ein kläglicher Versuch war, sein Versagen an LuAnna wiedergutzumachen. Zugegeben, der Mann, der seiner Frau wehgetan hatte, war jetzt tot, und das durch Blackshaws eigene Hand, aber dieses Wissen schenkte ihm trotzdem nur wenig Trost. Ihm wurde mal wieder bewusst, dass das Leben ihm nichts schuldete … keinen Zuspruch, keinen Ablass für seine Vergangenheit, seine Entscheidungen oder Taten. Ob richtig oder falsch, er hatte die Verantwortung dafür selbst zu tragen, ein unsagbar schweres Päckchen. Er war die Summe all seiner Versäumnisse. Er spürte seine kranke Seele, die immer schwerer wurde. Für ihn sollte es keine Absolution geben … nicht ohne ein reinigendes Feuer oder erstickendes Blut.

Kapitel 16

Pershing Lowry saß allein in seinem Washingtoner Büro und starrte auf das Gräuel auf seinem Computermonitor. Das Foto des gefolterten Jungen und der Tiere, die sich an seinem Elend und Verderben ergötzten, brachten ihn unweigerlich in Rage. Es gab einen persönlichen Grund für seine tief sitzende Abscheu. Viele Jahre zuvor war Lowrys Neffe, Nathan, auf einer Kirchenveranstaltung mit Übernachtung entführt worden. Lösegeld war allerdings niemals gefordert worden. Eine Leiche wurde niemals gefunden. Lowrys erweiterte Familie war immer noch zerrissen, manche warteten immer noch auf die Heimkehr des Jungen, andere glaubten schon lange nicht mehr daran, aber alle stocherten in einer tiefen, psychischen Wunde herum, die niemals heilen würde. Und nun gab es einen weiteren kleinen, schwarzen Jungen, der entführt und ermordet worden war. Dies ließ die Unmöglichkeit von Nathans Rückkehr noch schwerer auf seiner Seele lasten. An anderen Tagen bewahrte er die Erinnerung an seinen Neffen und die unbeantworteten Fragen seines Schicksals an einem Ort auf, der schlicht nicht hier war.

Das Kind auf Lowrys Monitor, Sha’Quan Stewart, elf Jahre alt, war letzte Woche an einem Dienstag als vermisst gemeldet worden. Er war in Goochland, Virginia allein von der Sommerschule nach Hause gelaufen, oder zumindest auf sein Zuhause zu. Denn er war niemals dort angekommen. Niemand hatte danach wieder etwas von ihm gehört. Vermisstenmeldungen hatten keine soliden Spuren ergeben, jedoch war das FBI immer noch mit der sorgfältigen Auswertung von Tipps und Hinweisen beschäftigt.

Es klopfte nun sanft an Lowrys Tür. Er erkannte den Rhythmus genauso wie britische Lauscher während des Zweiten Weltkriegs individuelle Übertragungsstile deutscher Verschlüssler wiedererkannt hatten. Lowrys Herz schlug sofort schneller.

«Komm rein, Molly«, sagte er. Lowry setzte sich aufrecht hin und exhumierte ein Lächeln aus der Gruft seiner Gedanken.

Die aufgeweckten braunen Augen von Senior Agent Molly Wilde vom Stadtbüro in Calverton, Maryland, lugten hinter der halbgeöffneten Tür hervor. Lowry erhob sich und Wilde schloss ihn in ihre Arme und küsste ihn fest auf den Mund. Dann lehnte sie sich zurück, um ihm in die Augen sehen zu können.

«Bitte reg dich nicht auf«, neckte ihn Wilde.»Es weiß sowieso schon jeder Bescheid.«

«Das ist es nicht«, erwiderte Lowry.»Du hast extra den langen Weg hierher gemacht. Du hättest doch auch anrufen können oder bis heute Abend warten.«

«Ich wollte dich sehen wegen Sha’Quan Stewart. Bist du in Ordnung?«

Jedem anderen Untergebenen hätte er sofort abgewunken.»Es ist schwierig«, war alles, was er anfangs zugeben konnte. Dann fügte er hinzu:»Wir haben bisher noch gar nichts. Wir müssen Eunice Stewarts Hoffnung zerstören und das, ohne ihr die sterblichen Überreste übergeben zu können … es ist furchtbar.«

Molly fragte:»Mein Gott, hat sie Sha’Quan etwa von diesem Foto identifizieren müssen?«

«Nur ein Ausschnitt seines Gesichts. Aber sie konnte an seinem Gesichtsausdruck natürlich sehen, dass ihr kleiner Junge durch die Hölle gegangen sein musste. Aus Erfahrung glaube ich nicht, dass sie das jemals verkraften wird, ob mit oder ohne Überreste.«

Es gab nichts, was Wilde tun konnte, um ihrem Geliebten zu helfen. Nur wenige Aspekte ihrer Arbeit waren schwerer zu ertragen als das Gefühl von vollkommener Hilflosigkeit, wenn man der Familie eines Opfers die schlimmste aller Nachrichten überbringen musste.

Sie sagte:»Es tut mir so leid, Pershing. Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du dir die Überwachungsaufnahmen angesehen hast. Die vom Busbahnhof.«

Lowry sagte:»Kurz, ja. Was ist denn mit dem Kerl? War er an dem Mord beteiligt? Auf dem Handy waren nur die Fingerabdrücke des Polizisten. Es war komplett sauber, sowohl innen als auch außen. Keine Fingerabdrücke, keine Anrufliste, nur das eine Foto.«

Wilde sagte:»Dass er im Besitz des Fotos war, ist allerdings schon ziemlich belastend.«

«Ja, aber alles andere weist eher darauf hin, dass er versucht hat, das Richtige zu tun, weil er es der Polizei gezeigt hat«, meinte Lowry, als er sich wieder an seinen Schreibtisch setzte.

«Alles, bis auf die Tatsache, dass er nicht dort geblieben ist, um eine Aussage abzugeben«, konterte Wilde.»Oder um zu sehen, ob der Typ, den er verpfiffen hat, auch wirklich erwischt wurde.«

Wilde zog einen Stuhl an den Tisch heran und setzte sich.»Wir konnten Rufus Colquettes Spur bis zum Haus seiner Mutter verfolgen. Er lebt immer noch bei ihr unter dem Dach. Sie hat ihn allerdings seit Tagen nicht mehr gesehen. Sie sagte, er hätte für einen Ausflug gepackt, sie nach Geld gefragt und wäre dann abgehauen. Sie wusste aber nicht, wohin er wollte. Das war einen Tag, bevor unser Fremder sich am Busbahnhof in die ganze Sache eingemischt hat. Colquette hatte rechtsextreme Broschüren und eine brandneue Ausgabe von Mein Kampf in seinem Zimmer.«

Lowry überlegte laut:»Vielleicht hat unser Mann nicht auf die anderen Polizisten gewartet, weil er angesichts der Art des Fotos Angst vor irgendeiner Form von Vergeltung hatte. Vielleicht war er einfach nicht auf eine Belohnung aus.«

«Beim ersten Punkt gebe ich dir recht. Aber es ist ein Busbahnhof. Da befindet sich niemand, der im Geld schwimmt, und da ist auch niemand, der sich nicht über einen kleinen Geldregen freuen würde.«

«Aber man genießt dort zugleich auch größere Anonymität. Es gibt keine Ausweiskontrolle und keine Metalldetektoren. Man kann überall bar bezahlen.«

Pershing war gerade im Begriff, das Bildfenster auf seinem Monitor zu schließen, als Molly sagte:»Was ist das für ein Schatten?«

Lowry hatte sich so sehr auf die Männer auf dem Bild konzentriert, dass ihm der Schatten in der oberen linken Bildecke gar nicht aufgefallen war.»Das ist wahrscheinlich ein Finger. Der Fotograf hatte ihn vor der Linse.«

Molly lächelte.»Damit können wir doch etwas anfangen. Vielleicht bekommen wir ja so einen Teilabdruck.«

«Versuchen wir’s«, meinte Lowry. Dann klickte er sich zu einer anderen Datei. Als sich der Mediaplayer öffnete, spielte er noch einmal die Überwachungsaufnahmen ab.

Lowry beschrieb, was er sah.»Er wartet, bis der weiße Cop zur Toilette geht, denn er will offenbar zu dem schwarzen Cop.«

«Officer Keene«, informierte ihn Wilde.

«Will er Keene, weil er sich im Süden befindet oder weil er sich nicht sicher ist, ob der weiße Cop …«

«Officer Calloway«, ergänzte Wilde.

«Er ist sich nicht hundertprozentig sicher, was Calloway tun würde oder ob er schnell genug reagieren würde, weil er weiß ist …«

«Noch dazu ist es Richmond, und kein besonders gutes Viertel.«

«Was eine ziemlich zynische Sichtweise ist, gelinde ausgedrückt. Er war also sehr vorsichtig. «Lowry rieb sich grübelnd über das Gesicht.

«Das ist ja mal frech. «Wilde übernahm nun die Schilderung.»Er spricht Officer Keene an. Siehst du das? In diesem Moment wischt er gerade sein Handy ab, und er trägt dabei Handschuhe. Mitten im Sommer.«

«Ich habe das überprüft. Es war zwar eine kühle Nacht, aber nicht so kühl«, erklärte Lowry.

«Nun übergibt er das Handy. Halt da an«, sagte Wilde.»Siehst du das? Die Handschuhe sehen ziemlich eng aus.«

«So wie Fahrerhandschuhe«, meinte Lowry.

«Okay, aber er fährt im Bus mit. Fahrerhandschuhe haben Löcher über den Knöcheln für einen festeren Griff am Lenkrad. Anders als bei diesen ist der Handrücken meistens offen, zur besseren Belüftung. Taktische Handschuhe hingegen …«

«… haben dicke Kunststoffpolster«, setzte Lowry fort.»Oder sie sind glatt, wie diese, damit man leichter in Taschen greifen kann.«

«Pershing, ist da irgendetwas an diesem Typen, das dich an jemanden erinnert?«

Lowry dachte kurz über Wildes Frage nach.»Er ist kräftig. Scheint so, als ob er helfen wollte. Er macht das offenbar nicht für den Ruhm. «Lowry klickte auf eine andere Videodatei.»Hier ist die Aufnahme von der Straßenseite aus. Er kommt im Bus an …«

«… und fährt in einem Taxi weiter«, meinte Wilde.»Geh nochmal zurück. Schau, wie er sich bewegt.«

Lowry spulte das Video zurück.»Entspannt …«

Wilde nickte und entgegnete:»Aber mit Bestimmtheit auf das Taxi zu. Er trödelt nicht herum. Er ist in guter Form und äußerst sportlich. Nicht viel Gepäck, nur diese eine Tasche. Ich wette, dass unser vermisster Verdächtiger, dessen Foto uns unser freundlicher Fremder zugespielt hat, auch nur Handgepäck bei sich hatte. Ich wollte aber, dass du dir das ansiehst.«

Wilde öffnete daraufhin eine Ledermappe und zog ein Blatt Papier heraus.»Das Video ist leider nicht sehr deutlich. Officer Keene hat sich also mit einem unserer Phantomzeichner hingesetzt. «Sie legte nun eine Phantomzeichnung auf Lowrys Schreibtisch.

«Ja, er kommt mir tatsächlich irgendwie bekannt vor«, gab Lowry zu.»Das ist Blackshaw!«

Lowry atmete ein paar Mal tief ein und aus.»Fühlst du dich ihm immer noch zu Dank verpflichtet, weil er dir in dieser Folterbude das Leben gerettet hat? Siehst du ihn jetzt schon überall?«

«Das kommt vor. Wir hatten angenommen, dass er bei der Explosion umgekommen ist, so wie alle anderen auch«, erklärte Wilde.

Lowrys Erinnerungen an den Fall waren immer noch unangenehm frisch.»Nach dem Inferno haben wir nicht einmal Zähne gefunden.«

«Der Tod der Ministerin für Innere Sicherheit, Morgan, vor Ort war eine echt große Nummer«, meinte Wilde.»Ganz zu schweigen von der Elite der Philanthropen, Großindustriellen und einer Menge anderer, die nicht dort hätten sein sollen.«

Lowry sah Wilde intensiv an, als er sagte:»Vielleicht haben wir deshalb automatisch angenommen, dass auch Blackshaw gestorben ist. Was würdest du tun, wenn du ganz sicher wüsstest, dass er noch am Leben ist?«

Molly überlegte kurz, bevor sie antwortete:»Ein Teil von mir würde ihm danken wollen.«

Lowry schwieg für einen Augenblick und sagte dann:»Ich dachte, dass du ebenfalls bei dem Feuer umgekommen wärst. Dich lebendig vorzufinden und zu wissen, dass Blackshaw bei deiner Rettung seine Hand im Spiel hatte … ich würde ihm also ebenfalls danken wollen, trotz der Hinweise auf kriminelle Aktivitäten, der Vorenthaltung von Informationen, Rechtsbehinderung und was er sich sonst vielleicht noch alles bei dem Fiasko geleistet hat. Aber ich glaube, dass wir beide in dem Bewusstsein gehandelt haben, was wir ihm schulden und was er wirklich wollte, falls er überleben würde.«

Wilde sprach es letzten Endes aus:»Vergessen zu werden. So als wäre es nie passiert.«

Kapitel 17

Gunter Foss führte gerade einen Motorradkonvoi aus dreiundsiebzig handverlesenen Red-Iron-Bikern die Autobahn 10 in südwestlicher Richtung herunter. Der Wind teilte seinen Bart in zwei dicke, angegraute Strähnen und ließ seinen Zopf einen guten halben Meter hinter seinem Kopf flattern. Die ganze Gang roch wie eine Herde nasser Ziegen mit einer beißenden Auspuff-Marijuana-Note, als sie durch die anliegenden Städte rollte.

Wenn sie nicht schon modifiziert waren, waren die Schalldämpfer der Bikes mit langen Stahlbohrern durchlöchert worden, um die akustische Begleitung zu Ehren dieser Prozession so laut wie nur möglich zu gestalten. Sich an den Lärmgrenzwert von achtundachtzig Dezibel von Autobahnen zu halten, war etwas, das ein Red-Iron-Biker, der seine Lederjacke wert war, gar nicht erst in Erwägung zog. Vor allem nicht bei dieser Fahrt. Dies hier war ein Kriegskommando und die Motoren lieferten das Kampfgebrüll.

Diese Gangmitglieder gehörten zu einer ganz besonderen Elite, den One-Percentern; Kriminelle, die laut der American Motorcyclist Association den Ruf der anderen neunundneunzig Prozent der friedliebenden, lebenslustigen Motorradenthusiasten beschmutzten. Heute reisten sie mit leichtem Gepäck, also ohne Schusswaffen. Diese Art von Eisenwaren reiste momentan in einem angemieteten Pick-up, der bewusst eine ganz andere Route nach Bisbee bestritt.

Die Red-Irons waren 1948 von Frank Flachzange Marsdan gegründet worden, unter einem Credo, das noch ein weiteres Dreivierteljahrhundert zurückreichte, bis in eine Zeit, als die Yavapai-Apachen das derzeitige Territorium der Gang, Wickenburg, Arizona, noch in Angst und Schrecken versetzt hatten. Die Minenstadt war den Angriffen damals genauso sehr aus Gründen des Hungers wie zur Schikane der weißen Eindringlinge zum Opfer gefallen. Die zermürbenden Gegenangriffe durch General Crook trieben die Yavapai schließlich in das San Carlos Reservat in Graham County, östlich von Phoenix. Aber Marsdans schwelender Hass in Kombination mit seiner flexiblen Einstellung gegenüber lukrativen Ungesetzlichkeiten versorgte die Gang stets mit neuen wütenden Männern auf brüllenden Maschinen, begleitet vom Geheul marodierender Amazonen.

Obwohl die Gang die Stadt Tucson über die Bundesstraße passiert hatte, hatten sich die Fahrer in Zweier- und Dreiergrüppchen aufgeteilt, um Anklagen wegen Versammlungen ohne Genehmigung aus dem Weg zu gehen … als ob ein einzelner Polizist den Mumm hätte, einen von ihnen anzuhalten. Einen Red-Iron zu kontrollieren, würde nur einen Schwarm weiterer Mitglieder aus Foss’ vorsorglich abgestelltem Reaktionstrupp mit sich bringen, die die Kontrolle filmen und den physischen Gewalt- und Bewältigungsfaktor bis kurz vor der Festnahme hochschrauben würden. Die Kriegskasse der Gang war bis zum Bersten gefüllt und das teure Anwaltsteam des Clubs konnte einen Tornado aus legalen Lappalien entfesseln, und das war bei den Behörden ebenso gefürchtet, wie normale Bürger die Gewalttaten der Gang fürchteten.

Foss war der Waffenmeister der Red-Irons. Bisher war er mit der Fahrt zufrieden. Keine Verhaftungen und nur ein Unfall. Sonny Manfredi war eine sandige Stelle zum Verhängnis geworden, aber im Alter von fünfundsechzig Jahren hatte er vermutlich einen Schlaganfall erlitten, bevor sein Bike zu Boden gegangen war. Es würde eine vernünftige Bestattung auf Red-Iron-Art für Manfredi geben, sobald sie wieder zurück waren. Falls die Dinge nämlich so liefen, wie Gunter Foss sich das vorstellte, würde Manfredis Beerdigung nicht die einzige bleiben.

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Дата выхода на Литрес:
17 апреля 2022
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350 стр. 1 иллюстрация
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9783958356207
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