Читать книгу: «IM AUGE DES FEUERS», страница 3

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Kapitel 6

Timon Pardue brach am nächsten Morgen, trotz des Katers, der in seinem Schädel wütete, sein Camp ab. Gemächlich belud er Popper mit seinen Sachen und führte das Tier dann den steinigen Abhang hinunter in das Gebüsch, das rund um den kleinen Bachlauf am Boden der Schlucht wuchs. Ihm war bewusst, dass Wimble und sein komischer Kader vielleicht nach ihm suchten, aber wenn er hier verharrte und zu leicht zu finden war, konnte es seiner Meinung nach den Eindruck erwecken, er wäre berechenbar, oder schlimmer noch, willens, auf ihre Seite zu wechseln.

Nach einem zweistündigen Spaziergang blieb Popper stehen, fing an zu wiehern, zerrte kräftig an seinen Zügeln und riss sie Pardue dann fast aus den Händen. Pardue war kurz davor, wütend auf sein Pferd zu werden, als er die eng gewundene Klapperschlange zwei Meter vor sich erblickte und ihre unverkennbare Rassel hörte. Es war schwer zu sagen, wie lang sie tatsächlich war, so eng zusammengerollt, wie sie war, aber sie war zweifellos riesig. Bevor er sich rührte, betrachtete er die Umgebung um sich und Popper herum, um sicherzugehen, dass er sich am Rande des Schlangenterritoriums befand und nicht genau in dessen Nest gestolpert war. Der Weg zurück den Pfad entlang war zum Glück frei. Pardue führte Popper gute drei Meter rückwärts, bevor er das Pferd wendete, noch fünfzig weitere Meter wegbrachte und an einer einsamen Kalifornischen Washington-Palme festband. Die Pflanze war womöglich ein vertriebener Flüchtling des Kofa Naturschutzgebiets hundert Meilen nordwestlich von hier. Oder vielleicht war es auch ein Überbleibsel aus der Zeit der Postkutschen, in der man schattenspendende Zwischenstationen angelegt hatte. Ein Indianer oder ein Vogel hatte womöglich einen Samen fallenlassen. Pardue staunte noch eine Weile über das kleine Wunder der Natur, bis er sein Henry-Gewehr aus dessen Holster zog und den Pfad hinunterlief.

Pardue war nur ein paar Minuten weg gewesen, aber als er an die Stelle zurückkehrte, an der Popper gescheut hatte, hatte die Klapperschlange den Weg bereits wieder freigegeben. Pardue folgte einem von der Sonne erwärmten Streifen den Hang hinauf, aber da Popper nicht da war, um ihn zu warnen, bewegte er sich dieses Mal mit größerer Vorsicht. Und da war sie auch schon, dick wie ein Männerarm schlängelte sie sich immer höher, bis zu einer Stelle, an der sie für den Rest des Nachmittags in der Sonne baden konnte. Dieses Vieh war ein Monster, knapp zwei Meter lang und mit einem Kopf so groß wie ein Spaten … so kam es Pardue zumindest vor.

Der frühere Sheriff kniete sich hin und nahm die Schlange sorgfältig ins Visier. Einen Augenblick später hallte der Knall seines Gewehrs zwischen den Hängen und das Tier krümmte sich kopflos in Pardues Griff.

Als er seine Beute zusammenrollte und in die Satteltasche stopfte, fiel sein Auge auf ein Knäuel aus Gestrüpp, etwas weiter den Hang hinauf. Irgendetwas war eigenartig daran. Normalerweise konnte Pardue das Hindernis, das die Sträucher und Zweige eingefangen hatten immer gut erkennen. In einem trockenen Flussbett war es häufig ein Baumstamm oder Unrat, der das Zentrum des Wirrwarrs bildete. Bei einem Bachlauf war es manchmal ein alter Biberdamm, um den sich Gestrüpp gesammelt hatte, zumindest drüben im Osten. Diese Ansammlung hier schien allerdings eher aus Ranken und Wurzeln zu bestehen. Pardue trat näher. Nein, dies war Müll aus Menschenhand.

Eine Reihe wurzelartiger Fäden wand sich den Hügel hinauf; niedergedrückt vom Lauf der Zeit und vielleicht dem gelegentlichen Niederschlag hatten sie die Konturen und die Farbe des Bodens und der Felsen angenommen. Die Ranken endeten an einer glatten, ausgewaschenen Fläche. Wäre die Schlange nicht gewesen, hätte er es niemals bemerkt, aber jetzt wusste er, was es war.

Ein alter Fallschirm lag dort ausgebreitet vor ihm, quer über den Hang drapiert, aber bedeckt von Sand und Geröll und halb verrottet, was den Boden so glatt wie getrockneten Schlamm aussehen ließ.

An den Stellen, an denen der Stoff die Sandtöne der Wüste nicht angenommen hatte, schimmerte das blasse, sonnengebleichte Armeegrün hervor.

Pardues Blick folgte den Fangleinen des Fallschirms, bis zu dem Buschknäuel. Die Zweige und Gräser hatten sich zusammen mit Disteln und Flockenblumen um etwas Großes gewickelt. Er näherte sich weiter und spähte auf der Suche nach Kleidung, Knochen oder noch mehr Schlangen in die Schatten hinein. Er konnte sich nicht entsinnen, eine Meldung über fehlgeschlagene Fallschirm-Missionen oder vermisste Springer bekommen zu haben. Vielleicht war dieser Kerl ja Teil einer lang vergessenen Trainingsmission von Fort Huachaca gewesen. Womöglich hatte es diese arme Sau niemals in die Zeitung geschafft, weil die Mission streng geheim gewesen war oder weil er Teil eines ausländischen Militäraustauschs gewesen war.

Er hob einen Stein auf und warf ihn ins Gebüsch, um mögliche Schlangen zu verscheuchen. Anstelle von Rasseln vernahm er allerdings einen dumpfen Aufschlag. Ein weiterer Stein landete mit dem gleichen Ergebnis dort.

Mit dem Lauf seines Henry-Gewehrs schob Pardue vorsichtig eine Schicht Unrat beiseite und sah daraufhin etwas, das wie eine Abfalltonne aussah. Diese war ebenfalls olivfarben. Da war also gar keine Leiche. Er enthüllte mehr von dem Behälter und sah, dass ein Bündel Metallstreben an die Seiten der Transporttonne geschnallt waren. Zwischen den verrotteten Gurten des Tragesystems bemerkte er nun zwei weitere Riemen, die mit sprödem Leder gepolstert waren. Ein Riemen hing lose an einem Tragegestell, das die Rundung des Behälters an die flacheren Konturen eines Soldatenrückens angepasst hätte. Der andere Riemen war immer noch festgezurrt, als wäre er nie benutzt worden. Dieses Ding war anscheinend aus einem Flugzeug gefallen und nie gefunden worden. Sonst war keiner hier und es war von niemandem außer dem Fallschirm getragen worden.

Dann sah Pardue die verblassten, weißen Buchstaben, die auf dem Container prangten: M-388VT.

«Heilige Scheiße«, keuchte Pardue.

Dies war kein einfacher Vorratsbehälter oder gewöhnliches Equipment. Aus seiner Zeit bei der Army wusste Timon Pardue ganz genau, was er da vor sich hatte. Er fragte sich, ob er es wagen sollte, es anzufassen.

Er erinnerte sich daran, dass das Labor in Los Alamos, New Mexico, in den frühen Sechzigern einen Nuklearsprengkopf mit verringerter Sprengkraft entwickelt und getestet hatte. Laut Konzept sollte eine Apparatur wie diese mit eigenem Fallschirm abgeworfen und von einem zweiköpfigen SEAL-Team in Position gebracht werden können, wo es dann ferngezündet werden konnte. Es sollte einen ziemlich großen Hafen von feindlichen Schiffen säubern können. Andere Varianten waren dazu konzipiert worden, auf AGM-62 Walleye-Luftraketen montiert zu werden, der einzige Gebrauch dieser Art für Nuklearsprengköpfe, um ein gesamtes Schwadron herannahender russischer Bomber auf einmal zerstören zu können, und das zu einer Zeit, als konventionelle Luftraketen noch nicht sehr genau oder zuverlässig gewesen waren. Im Vergleich zu der W-54 Rucksackeinheit, die eine Sprengkraft von etwa einer Kilotonne besaß, war die Raketenvariante für gewöhnlich kleiner. Er vermutete daher, dass ein M-388VT als Sprengkopf für die Davy Crockett gedacht gewesen war. Ein rückstoßfreies Kernwaffengeschütz, von dem einzelne Bauteile an die Tonne geschnallt waren.

Auch wenn sich Pardue nicht sicher war, ob er die Bombe erwähnen würde, lächelte er nun, als er dem Treffen mit Wimbles Leuten freudig entgegensah. Er würde als knallharter, cooler Typ dastehen, wenn er ihnen Klapperschlange als Imbiss reichte. Sie würden instinktiv wissen, dass sie den richtigen Mann gefunden hatten, ob er sie nun zur Hölle schickte oder ihnen anbot, sie höchstpersönlich dahin zu eskortieren.

Kapitel 7

Blackshaw kochte innerlich vor Zorn, als Colquette das Foto wegsteckte, auf das er offenbar so stolz war. Hätte der Bus in diesem Moment irgendwo angehalten, hätte Blackshaw seine Reise in Richtung Westen vielleicht vorzeitig abgebrochen und stattdessen einen Passagier mit fatalen Halsproblemen zurückgelassen. Blackshaw atmete langsam und tief durch und versuchte die Galle, die ihm hochgekommen war, zu unterdrücken.

«Das ist doch mal was«, sagte er.

«Mein Erster«, sagte Colquette stolz, wie ein Junge, der seine Unschuld durch eine Vergewaltigung verloren hatte.

«Ziemlich mutig. Ich muss zugeben, ich bin überrascht, dass du’s mir gezeigt hast.«

«Du bist immerhin ‘n SEAL. Ich kann dir ansehen, dass du auch schon Blut vergossen hast. Jetzt weißt du, dass ich’s auch kann. Ich hab schließlich den Beweis.«

«Das stimmt. Weißt du, bei den Marines hatten wir ‘ne besondere Tradition.«

Colquette war ganz Ohr, halb gespannt und halb fürchtend, von einem erniedrigenden Einführungsritual zu erfahren, das er bewältigen müsste, um dazuzugehören und seine Stärke und Dominanz zu beweisen.

«Kann ich dir denn wirklich trauen?«, fragte Blackshaw mit besorgtem Tonfall.

«Teufel ja, vertrau mir. Wir sind schließlich Waffenbrüder, oder nicht? Was ist das denn für ’ne Tradition?«Colquette hatte ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, vielleicht war es sogar ein Kriegsverbrechen. Er würde garantiert alles tun, um dazuzugehören.

Blackshaw holte tief Luft und fuhr dann fort:»Es war Brauch, Fotos von unseren ersten Opfern mit unseren Kumpels zu teilen. Damals waren es natürlich noch richtige Fotos. Wir hatten sogar unsere eigenen geheimen Dunkelkammern, um die Bilder selbst entwickeln zu können, damit sie nicht in falsche Hände fielen. Du weißt schon … Leute, die unsere Bemühungen nicht zu schätzen wussten.«

«Klar, versteh’ ich. «Colquette klang so weltgewandt, als verstünde er all die Missverstandenen.

«Hast du den Brauch mit deinen Freunden fortgeführt? Wie du schon sagtest«, fuhr Blackshaw fort,»es ist der Beweis. Dadurch weiß jeder, der dir begegnet, automatisch, dass du der wahre Jakob bist. Eine eiskalte Killermaschine.«

Colquette war offenbar erleichtert und ermutigt. Er hatte getötet. Er hatte Zeugen. Er hatte getan, was sich nun als der Weg eines wahren Kriegers herausstellte. Er zählte deshalb die Beweiskette an seinen Fingern ab.»Nyqvist hat das Bild, weil er’s mit seinem Handy gemacht hat. Er hat’s mir dann geschickt. Oren hat’s auch. Denn er, Nyqvist und der Major haben mir beim Fallenstellen geholfen, also hat der Major es natürlich auch bekommen. Nyqvist hat es sogar sofort an Ort und Stelle rumgeschickt, noch bevor ich dem Scheißer überhaupt die Kehle aufgeschlitzt hab.«

«Der Major ist der Kurze? Ist er sowas wie dein Kommandant?«, fragte Blackshaw.

Colquette bekam große Augen.»Woher weißt du das?«

«Wie du schon sagtest, Rufus: Man kann es ihm ansehen. Die Führungsqualität, die Größe. Du hast das auch.«

Colquette lächelte stolz. Niemals in seinem kurzen Leben voller Demütigungen hatte man ihm so etwas zugestanden.»Ach ja, Nyqvist hat das Bild sogar ans Hauptquartier geschickt, an Malthys höchstpersönlich.«

«Die wissen Bescheid an der Spitze, da bin ich mir sicher«, bestätigte Blackshaw.

«Da draußen im Westen kennt man meinen Namen. Die wissen, wer ich bin.«

«Sogar draußen im Westen?«Blackshaw gab sich Mühe, beeindruckt zu klingen.

«So ist es. In ganz Arizona.«

«Du bist also der King in Tucson.«

«Bisbee.«

«Es ist klar, dass die was Großes mit dir vorhaben«, entgegnete Blackshaw.

Colquette sagte:»Verdammt richtig.«

«Ziemlich bald werd’ ich sagen können: Ich kannte ihn schon damals. Natürlich …«, und an der Stelle setzte er ein frustriertes Gesicht auf,»… wird mir dann keiner glauben, dass ich mal mit Rufus Colquette im Bus gesessen hab.«

Colquette platzte nun fast vor Stolz und einer ungesunden Menge an Größenwahn.»Und ob sie das werden. Willst du das Bild haben, Ben? Ich kann’s dir gleich rüberschicken.«

Blackshaw hielt sein Gesicht neutral; zufrieden, dass seine List funktioniert hatte.»Würdest du das echt tun? Ich meine, es wäre mir eine Ehre, Rufus. Ja, eine richtige Ehre von einem Ritter und Freund wie dir.«

Colquette gab daraufhin die Nummer von Blackshaws Wegwerf-Handy ein und ein paar Augenblicke später summte das Gerät.

«Danke, Rufus. Wirklich cool von dir«, meinte Blackshaw und bestätigte, dass das Bild angekommen war.

Und da war es, Rufus Colquettes Grinsen, das er schon von dem Foto kannte, quer über sein Gesicht und keinen halben Meter von Blackshaws geballter Faust entfernt. Los Angeles würde wohl doch warten müssen. Denn er hatte offenbar eine neue Mission und Tod war das Ziel.

Kapitel 8

Pardues Lagerplatz war nicht groß genug, aber das war in Ordnung. Es war wenigstens sicher dort. Es waren auch nicht die paar extra Leute, die ihm Sorgen bereiteten, es gab durchaus genug Platz für ein Schwätzchen. Falls allerdings Adele Congreve involviert war, würde sie aller Wahrscheinlichkeit nach einen ganz großen Auftritt hinlegen wollen. Aus diesem Grund hatte er Pepper angepflockt, sein Zelt aufgestellt und ein absichtlich qualmendes Feuer gemacht, das etwa hundert Meter von einer Fläche entfernt war, die als Hubschrauberlandeplatz dienen konnte.

Er mochte den Geschmack von Klapperschlange eigentlich nicht besonders, es erinnerte ihn an Fisch, der irgendwo auf dem Weg vom Wasser zum Teller zu nass geworden war. Seine Chilischoten und das langsame Anschwitzen würden allerdings wieder etwas Pep in die Mahlzeit bringen.

Pardue war gerade am Abschmecken, als das Surren der Rotoren und Winseln der Turbinen an sein Ohr drang. Es war aber nicht das unverkennbare Wummern eines zweiblättrigen Rotors eines Huey Iroquois, der von vielen Brandbekämpfungseinheiten genutzt wurde und die Grenzschutzpatrouille hatte 2011 ihre Flotte aus Hughes OH-6 Cayuse wegen der schnelleren Datenverarbeitung und besseren Kameraausstattung gegen die Eurocopter AS350 ausgetauscht.

Pardue grinste. Congreve war so berechenbar. Ihr Cayuse schwebte ein paar Minuten lang über der Gegend, in der Wimble Pardue aufgespürt hatte, dann wechselte der Hubschrauber wieder in den Flugmodus und schlug den kürzesten Weg zu der Rauchsäule ein, die von seinem Lagerfeuer aufstieg.

Adele Congreve navigierte ihren Helikopter gekonnt zu der Stelle, die Pardue ausgekundschaftet hatte, und legte kurz darauf eine Landung mit halsbrecherischem Schwung hin. Wie vorhergesehen ließ der Abwind nach, bevor sein Zeltplatz unter Staub begraben werden konnte. Pepper war von dem Ganzen nicht im Geringsten beeindruckt.

Die Turbine des Cayuse wurde nun heruntergefahren und bald darauf sah Pardue schon Congreves blonde Mähne durch die Büsche blitzen, als sie auf das Camp zuwanderte. Kurz danach konnte er drei Männer erkennen, die ihr dicht folgten.

«Hey Timon«, rief Adele.

«Miss Adele. «Pardue stand auf und gab ihr die Hand. Sie zerrte ihn in eine Umarmung, die allerdings von ihren Brustimplantaten gebremst wurde.

Als Pardue zurücktrat, stellte Congreve ihm die beiden Rancher vor, die er vom Sehen und Hörensagen aus der Gegend kannte. Sie wies auf einen großen, schlaksigen Mann Mitte sechzig und sagte:»Farrell Cutlip, das ist Sheriff Timon Pardue, der sich im Ruhestand befindet.«

Cutlip lächelte.»Ich habe für Sie gestimmt, Sir. Jedes Mal.«

«Letztes Mal hat’s wohl nichts genützt, aber danke. Flying-K-Ranch, richtig?«, fragte Pardue.»Guter Boden und gutes Wasser.«

Congreve ging zum nächsten Rancher, einem gebräunten Bullen von einem Mann, mit dichtstehenden Augen, aber keinerlei erkennbarem Hals.»Du hast bestimmt schon von Merton Dressler gehört.«

«Mr. Pardue. «Dressler hatte ein unterkühltes Lächeln und sein Handschlag zeugte von unterschwelliger Aggression.

Pardue sagte freundlich:»Nennen Sie mich doch Timon, bitte. Ich glaube, Ihr Vorarbeiter hat letztes Jahr das Tucson-Rodeo gewonnen.«

Dressler antwortete mit einem knappen, zufriedenen Nicken.»Vor zwei Jahren.«

Der dritte Mann wartete, bis Dressler zur Seite trat. Der Überschwang verschwand nun spontan aus Congreves Stimme und wich einem Flüstern, als sie einen hageren, langhaarigen Mann Mitte dreißig vorstellte. Pardue erkannte ihn sofort, nicht nur, weil er wie eine Mischung aus Rasputin und Postkarten-Jesus aussah.»Timon, das ist Malthys. Seine Ranch befindet sich ein paar Meilen die Straße hinauf.«

Pardue sagte:»Nett, Sie kennen zu lernen. «Keiner der beiden Männer machte Anstalten, die Hand auszustrecken.

«Ebenso«, grummelte Malthys.

Malthys Gelände eine Ranch zu nennen, war mehr als großzügig und grenzte schon an Irrsinn. Malthys war nämlich der Anführer des Pure Nation Comitatus, der seinen Sitz in mehreren Wohnhäusern auf einem vierzig Hektar großen Grundstück im nördlichen Cochise County hatte. Es gab sogar Gerüchte, dass dort Polygamie gang und gäbe war, aber wenigstens nicht mit Minderjährigen, zumindest bisher nicht. Die Zäune des PNC wurden von bewaffneten Wachen patrouilliert, was die benachbarten Rancher natürlich beunruhigte, ganz zu schweigen von den regelmäßigen Zielübungen mit echter Munition auf dem Schießübungsplatz des PNC. Pardue war selbst einige Male aufgrund von Beschwerden wegen zu lauter Musik zu dem Gelände gefahren, aber es hatte sich jedes Mal als ein Live-Konzert herausgestellt, bei dem die Texte zwar auf beängstigende, aber ansonsten unverständliche Art und Weise gebrüllt wurden. Die Genehmigungen für die Veranstaltungen waren immer in Ordnung gewesen und so hatte Pardue das Gelände jedes Mal mit der obligatorischen, aber nutzlosen Bitte, die Bands mögen doch bitte etwas leiser spielen, verlassen. Ein schlechter Nachbar zu sein, verstieß schließlich nicht gegen das Gesetz.

Pardue setzte seinen Gästen daraufhin das Essen vor und alle meinten, dass die Chili-Schlange ziemlich gut wäre, abgesehen von Malthys, der kein Lob äußerte, aber trotzdem alles aufaß.

«Wimble konnte wohl nicht?«, fragte Pardue.

«Oh Timon, du weißt doch, er und Fliegen …«, erwiderte Adele Congreve.

Pardue wusste, dass Wimble Fliegen überhaupt nichts ausmachte, noch nicht einmal in Leichtflugzeugen. Es waren eher Adeles Flugkünste, denen der frühere Deputy nicht traute. Leider hatte Pardues Erwähnung von Wimble nicht den gewünschten Effekt, dass seine Gäste endlich zur Sache kamen.

Niemand lehnte den Jack Daniels ab, was die Unterhaltung hoffentlich voranbringen würde. Anders als der Rest der Gesellschaft nippte Malthys allerdings nur an seinem ersten Drink, während die anderen schon ihre Dritten herunterstürzten. Er war offensichtlich gelangweilt von den endlosen Gesprächen über Fleischpreise, Benzinpreise, Futterpreise und sämtlichen Klatsch, der Dressler, Cutlip und Congreve einfiel, bevor sie den Grund des Besuches ansprachen. Pardue hatte nichts gegen Gesellschaft, aber das ständige Räuspern von Malthys ging ihm so langsam gehörig auf die Nerven.

Als Pardue nach einer eingehenden Analyse der toten Kuh, die mal einen Slot-Canyon blockiert hatte, und der vielen Wanderer, die sich wegen des Gestanks beschwert hatten, wieder zur Besinnung kam, bemerkte er, dass Malthys auf den M-388VT-Kanister und die militärische Ausrüstung neben seinen sonstigen Sachen starrte. Womöglich hatte der hagere Fremde erkannt, was Pardue da genau gefunden hatte.

Schließlich sagte Pardue:»Ihr habt aber einen ganz schön weiten Weg auf euch genommen.«

Adele Congreve schnatterte einfach weiter:»Und du bist so ein guter Gastgeber, Timon. Ich brauche unbedingt das Rezept für die Chili-Schlange. Aber ja, hier sind wir nun.«

Farrell Cutlip räusperte sich.»Timon, wir sind empört darüber, was dir passiert ist, und auch, dass du jetzt hier draußen in der Wildnis schläfst. Dir geht’s wahrscheinlich ähnlich.«

«Ich brauchte einfach mal ‘ne Auszeit nach der ganzen Geschichte«, erklärte Pardue.

Dressler warf ein:»Wir sind nicht allein. Mein Sohn hat dich bei Twitter gefunden.«

«Mit dem Kram geb‘ ich mich nicht ab«, meinte Pardue.

«Wer tut das schon?«, sagte Cutlip.

«Genug Leute«, erklärte Adele Congreve.

«Timon«, fuhr Dressler fort,»mein Sohn sagt, du trendest

«Was, bitte? Ich bin doch die ganze Zeit hier draußen gewesen. «Pardue war sich nicht sicher, was Trenden war, aber ihm gefiel der schicke, neumodische und weibische Klang überhaupt nicht.

Nun meldete sich Malthys zu Wort.»Mr. Pardue, Sie sind genau jetzt, genau hier, beliebter als nach Ihrer allerersten Wahl, Sir. Es gibt mindestens acht falsche Twitter-Accounts in Ihrem Namen, die alle behaupten, Sie zu zitieren oder zu repräsentieren, und die spekulieren, wo sie gerade sind und was ihre Meinung ist, vor allem zu den Bohnenfressern. Ein paar der Accounts sind sogar aus dem Ausland. Sie werden hier, in Frankreich und in Deutschland von gewissen Gruppen gefeiert, weil die alle Bescheid wissen, über die Ausländer, die einfach hier reinmarschieren und sich breit machen, wo sie nicht hingehören.«

«Gott im Himmel«, murmelte Pardue.

Cutlip sagte:»Die Frage ist nur, ob du bereit bist, diese Popularität einzusetzen, um etwas damit zu bewirken.«

«Ihr habt doch gesehen, was passiert ist, als ich versucht habe, etwas wegen des Problems zu unternehmen«, murrte Pardue.

«Vielleicht, wenn man den offiziellen Amtsweg geht, dann ja«, sagte Congreve, kokett und verführerisch.

«Wir reden hier aber nicht vom offiziellen Weg. «Malthys Augen begannen zu funkeln, als er weitersprach.»Sie sind jetzt ein freier Staatsbürger, Mr. Pardue. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, dass die Regierung, der sie zu dienen versucht haben, Ihnen, uns oder Ihren Anhängern wirklich irgendetwas vorzuschreiben hat. Washington ist doch auch nur noch voll gottloser Korruption. Die Grenzschutzbehörde verschleudert Unmengen von Geld, wussten Sie das? Sie geben es mit vollen Händen aus für Helikopter oder schicken einen Haufen Knarren über die Grenze und verlieren diese dann kurzerhand. Und die nennen sich Gesetzeshüter? Wenn das CBP mal ein Jahr nicht ihr gesamtes Budget verbrät, selbst, wenn es gar nichts erreicht, dann gibt’s in Zukunft eben weniger. Da geht’s doch nur ums Geldausgeben und nicht darum, das Problem zu lösen. Reine Selbsterhaltung. In einem Monat sind’s schon Schwärme von Ankerbabys …«

Cutlip unterbrach ihn:»Mein Hund hat letzten Monat sogar menschliche Plazenta angeschleppt.«

«Um Himmels willen«, sagte Congreve angewidert.

Malthys ignorierte Cutlip.»Nächstes Mal sind’s dann schon Zehntausende von Kindern ohne Begleitung. Das nennt man dann humanitäre Krise, anstatt zu sagen, was es wirklich ist. Eine sorgfältig geplante Invasion unseres Grund und Bodens.«

«Ich hab getan, was ich konnte«, erwiderte Pardue mit einem künstlichen Lächeln.

«Du hast getan, was ein einzelner Mann tun konnte«, sagte Dressler.»Du bist aber nicht länger mehr ein Mann.«

«Sie sind ein Anführer, Sir, zu Höherem bestimmt und kurz davor, wahre Größe zu erlangen. Sie sind ein General, dem Legionen unterstehen sollten. «Daraufhin stand Malthys auf, zog sein Kampfmesser und hielt es an seine Brust.»Und ich werde Ihnen den ganzen Weg folgen.«

«Den ganzen Weg wohin?«, fragte Pardue, berauscht vom Whiskey und den hochgestochenen Volksreden.

Malthys kniete sich neben den früheren Sheriff, senkte seinen Kopf und hielt Pardue sein Messer mit beiden Händen entgegen … eine abgeschmackte Bezeugung von Unterwürfigkeit, Loyalität und Ehrerbietung.

Dann sagte Malthys mit emotionaler Stimme:»Zur Grenze, Mr. Pardue, zur Grenze.«

Merton Dressler, Farrell Cutlip und Adele Congreve taten es ihm gleich, indem sie sich auf ihre alten Knie quälten, die nach dem langen Sitzen und Trinken derart knackten und knirschten, dass sie es mit dem knisternden Feuer aufnehmen konnten. Dann reckten sie ihre Klingen Pardue entgegen.

Pardue wurde rot, war überwältigt von Unbeholfenheit, und wusste nicht, was er in so einem wichtigen Moment tun oder sagen sollte. Die Messer nehmen? Diesen Waffennarren mit seiner eigenen Klinge auf die Schultern tippen und sie auffordern, sich wieder zu erheben? Seine angeborene praktische Seite gewann am Ende die Oberhand.

«Würdet ihr euch bitte alle mal wieder entspannen? Malthys, wenn Sie Legionen sagen, von wie vielen reden wir da eigentlich genau?«

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Дата выхода на Литрес:
17 апреля 2022
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350 стр. 1 иллюстрация
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9783958356207
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