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2 Professionelle Kompetenzen von Fremdsprachenlehrenden
2.1 Tendenzen in der empirischen Kompetenzforschung

Modelle, die das professionelle Wissen und Können von Lehrenden veranschaulichen und damit der Ausbildung als Orientierung dienen können, beziehen sich zumeist auf Shulmans (1987) Typologie und seine Unterscheidung von Fachwissen, fachdidaktischem Wissen und pädagogischem Wissen (z.B. Baumert/Kunert 2006: 482; Blömeke 2011:15; Hallett 2006: 36). Eine Aufgliederung, die sich auch deshalb weitgehend durchsetzen konnte, weil sie die Grenzverläufe zwischen den an der Lehrerausbildung beteiligten akademischen Disziplinen nachzeichnet. Gleichwohl handelt es sich zunächst nur um ein theoretisches Konstrukt, von dessen empirischer Begründung wir gerade im Bereich der Fremdsprachendidaktik noch weit entfernt sind. Für die Forschung sind Shulmans Typologie und die auf ihr basierenden Modelle vor allem deshalb von besonderem Interesse, weil sie – als eine Heuristik gedeutet – Ansatzpunkte für die empirische Erfassung der für den Lehrberuf notwendigen Kompetenzen bieten.

In der Fremdsprachenforschung waren empirische Studien zum Wissen und Können von Lehrenden bisher vor allem dem explorativ-qualitativen Forschungsparadigma verpflichtet (z.B. Appel 2000; Schocker-von Ditfurth 2001; Zibelius 2015). Ihnen treten erst in jüngster Zeit Arbeiten mit einem quantitativen Zugang gegenüber (Roters/Trautmann 2014 mit Überblick). Diese knüpfen an die umfangreichen Vorleistungen an, die zum Schulfach Mathematik in Studien wie COACTIV, TEDS-M und MT21 erbracht wurden (Überblick bei König 2014: 625). Die augenfällige Konzentration auf den mathematischen Bereich erscheint naheliegend, handelt es sich doch – gerade im Vergleich zu den Fremdsprachen – um ein vergleichsweise gut konturiertes Wissens- und Fertigkeitsgebiet. Die für Testverfahren notwendige Operationalisierung der Wissensdomänen fällt dadurch leichter als bei den fremdsprachlichen Fächern mit ihrer deutlich stärkeren Differenzierung (z.B. in Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Kulturstudien, Fachdidaktik, Sprachpraxis).

Für angehende Mathematiklehrkräfte konnte gezeigt werden, dass sich die theoretische Unterscheidung von mathematischem und mathematikdidaktischem Wissen auch empirisch dokumentieren lässt und beide Domänen – zumindest in Deutschland – zugleich einen hohen Zusammenhang aufweisen (Blömeke 2011:8f). Ermutigt von solchen vielversprechenden Ergebnissen lässt sich in den letzten Jahren beobachten, wie der quantitative Forschungsansatz auch im Umfeld des Fremdsprachenunterrichts allmählich mehr Beachtung findet und sich die „dürftige Forschungslage“ (Roters u.a. 2013: 156) zu verbessern beginnt.

Eine wegweisende Rolle kommt dabei zweifelsohne der TEDS-LT-Studie zu (Teacher Education and Development Study – Learning to Teach, Blömeke u.a. 2011; Blömeke u.a. 2013; Roters u.a. 2013). Sie führte zu der Erkenntnis, dass für das Fachwissen von angehenden Englischlehrenden Subdimensionen bedeutsam sind, die eher gering korrelieren. Angesichts der bereits erwähnten Heterogenität dessen, was man in den fremdsprachlichen Fächern als Fachwissen bezeichnen kann, ein nicht unerwarteter Befund. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass im Unterschied zum Fach Mathematik der Zusammenhang von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen deutlich schwächer ausfällt. Letzteres steht stattdessen eher mit dem pädagogischen Wissen in Verbindung. Die von Voss u.a. (2015: 214) geäußerten Zweifel daran, dass das pädagogische Wissen tatsächlich fächerübergreifend konzeptualisiert werden kann, erscheinen demnach gerade vor dem Hintergrund der Fremdsprachendidaktik mit ihrer eigenständigen Forschungstradition zu wichtigen pädagogischen Aspekten wie Lehr- und Lernmethoden, Unterrichtsinteraktion oder Lernbiografien berechtigt.

Es spricht einiges dafür, dass die Erforschung professioneller Kompetenzen von Fremdsprachenlehrenden fachspezifische Herangehensweisen erfordert und gleich mehrere Arbeiten im vorliegenden Band widmen sich dieser Aufgabe. Während sich die Studien von Kirchhoff und Hoinkes/Weigand in ihrem Design an quantitativen Vorarbeiten orientieren, verfolgen Diener und Gießler qualitativ-interpretative Ansätze, um die Entwicklung des professionellen Wissens im Verlauf der Ausbildung zu erfassen.

Sowohl Kirchhoff als auch Hoinkes/Weigand setzen sich mit dem Problem einer angemessenen Gestaltung von Testitems angesichts der spezifischen Struktur von Fachwissenschaft und Fachdidaktik in den Fremdsprachen auseinander. Und beide Arbeiten thematisieren im Besonderen die Verknüpfung dieser Wissensdomänen. Kirchhoffs Beitrag ist im Kontext der Studie FALKO-E verortet, einem Populationstest, in dem Fallvignetten zum Einsatz kommen. Auf diese Weise soll über das deklarative Wissen hinaus auch die Entwicklung des Erfahrungswissens im Verlauf des Professionalisierungsprozesses im Lehrberuf nachgezeichnet werden. Hoinkes/Weigand hingegen widmen sich im Rahmen der ZeBiG-Studie der Frage, mit welchen Messinstrumenten die Schnittmenge von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen beim Aufbau des Professionswissens angehender Lehrender für das Fach Spanisch bestimmt werden kann. Am Beispiel der Bedeutung linguistischen Fachwissens für die Förderung der Sprachkompetenz veranschaulichen sie den komplexen Prozess der Item-Bildung.

Mit der Kompetenzentwicklung in lokalen hochschuldidaktischen Kontexten beschäftigen sich Gießler und Diener. In beiden Studien werden die Lernfortschritte von Lehramtsstudierenden im Verlauf eines Ausbildungsabschnittes dokumentiert. Dafür entwickeln Gießler und Diener spezielle Lehreinheiten. Bei Gießlers Mehrfachfallstudie fertigen Studierende zu verschiedenen Zeitpunkten eines fachdidaktischen Seminars schriftliche Analysen zu Unterrichtsvideos an. Die Lehrkompetenz wird in dieser Studie über die stellvertretende Einschätzung von Unterricht erfasst. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Fähigkeit der Studierenden, alternative Handlungsoptionen für konkrete unterrichtliche Situationen zu benennen und zu begründen. Auch Diener verfolgt mit ihrer Lehreinheit das Ziel, die professionelle Unterrichtswahrnehmung von Lehramtsstudierenden zu fördern. Ihr Forschungsinteresse richtet sich dabei vor allem auf die Frage, wie deklarative Wissensbestände in die Kompetenz einfließen, Lehr- und Lernsituationen anhand wichtiger Kriterien wie Klarheit, Strukturiertheit oder Angemessenheit zu beurteilen.

Gemeinsam ist den vier Beiträgen, dass sie sehr anschaulich darstellen, welche Probleme es bei der empirischen Erforschung des Professionswissens von Lehrenden zu lösen gilt. Zugleich lässt sich an ihnen beispielhaft nachvollziehen, wie unterschiedlich die Kompetenzen angehender und praktizierender Fremdsprachenlehrender aus qualitativ-interpretativer und quantitativ-statistischer Perspektive konzeptionell gefasst und operationalisiert werden. Für die weitere Entwicklung des Forschungsfeldes wäre es zweifellos von Vorteil, beide Herangehensweisen verstärkt in gemischten Designs zusammenzuführen. Quantitative Verfahren sind unentbehrlich, um Muster, Tendenzen oder Unterschiede in großen Datensätzen aufzudecken. Um jedoch deren Entstehen nachzuvollziehen, bedarf es tieferer Einblicke in individuelle Lernprozesse.

Die Notwendigkeit der Kombination von Forschungsinstrumenten und Analyseverfahren wird auch von einem weiteren wichtigen Ergebnis der TEDS-LT-Studie unterstrichen: In allen Facetten des Professionswissens von Englischlehramtsstudierenden, den fachdidaktischen und den fachwissenschaftlichen, hat der Standort einen hochsignifikanten Einfluss auf die erreichten Leistungen (Blömeke 2013: 14).

Wie jede Form von Unterricht ist auch die Ausbildung von Fremdsprachenlehrenden untrennbar an die lokalen Bedingungen gebunden, unter denen sie stattfindet (siehe dazu auch König/Klemenz 2015). Auf die zentrale Bedeutung des Kontextes werden wir daher im Folgenden immer wieder zurückkommen.

2.2 Rahmenmodell

Das Professionswissen von Lehrenden auf der Grundlage empirischer Daten zu kategorisieren, seine Herausbildung zu verstehen, Einflussgrößen zu identifizieren und schließlich seine Wirkung im unterrichtlichen Handeln zu erhellen, halten wir für Aufgaben, denen sich die Fremdsprachenforschung in den kommenden Jahren intensiver als bisher zuwenden sollte. Die methodologischen und methodischen Herausforderungen sind dabei jedoch beachtlich. So muss man beispielsweise die Kritik von Neuweg (2014) ernst nehmen, der die Möglichkeit einer klaren Abgrenzung unterschiedlicher Wissensbereiche grundsätzlich hinterfragt. Die Durchdringung des Fachwissens zeigt sich für ihn gerade in der Fähigkeit, diese didaktisch aufzubereiten:

Stellt man den Anspruch, dass Fachwissen nur wirklich verstanden hat, wer es vermitteln kann, dann wird mit der fachdidaktischen Kompetenz im Grunde immer auch zugleich die Tiefe des Verständnisses des Fachwissens gemessen. (Neuweg 2014: 592).

Stellt man den Anspruch, dass Fachwissen nur wirklich verstanden hat, wer es vermitteln kann, dann wird mit der fachdidaktischen Kompetenz im Grunde immer auch zugleich die Tiefe des Verständnisses des Fachwissens gemessen. (Neuweg 2014: 592).

Ein weiteres Problem der Typologisierung des Professionswissens von Lehrenden ergibt sich aus dem Charakter des Wissens, auf das sich die einzelnen Komponenten beziehen. Der Wissensbegriff kann sehr unterschiedlich gefasst werden. Er kann explizites, kodifiziertes und publiziertes Wissen, wie es in wissenschaftlichen Theorien zum Ausdruck kommt, ebenso umschließen wie implizites, intuitives Handlungswissen, das nur über konkretes Verhalten rekonstruiert werden kann. Zu den kognitiven Komponenten der professionellen Kompetenz kommen affektiv-motivationale Komponenten. Dazu zählen Berufsmotive, subjektive Wissensformen, Überzeugungen und Werthaltung, die sich aufgrund individueller Erfahrungen herausgebildet haben. In den Modellen der Lehrkompetenzen werden sie zwar häufig berücksichtig, denn ihre Bedeutung für das Handeln konnte in den zurückliegenden drei Jahrzehnten in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Aber gerade in itembasierten Testverfahren lassen sich diese wichtigen Bestandteile professioneller Kompetenz nur bedingt operationalisieren. In der TEDS-LT-Studie zum Beispiel wurde dieser Kompetenzbereich auf die Aspekte selbstregulative Fähigkeiten, Zielorientierung und Selbstwirksamkeitserwartung beschränkt (Blömeke 2011: 14).

Neben der Unschärfe der einzelnen Wissensdomänen und der Vielgestaltigkeit des Wissensbegriffs zeigt sich bei der Unterteilung der einzelnen Wissensdomänen in Subfacetten eine dritte Schwierigkeit des Forschungsgebiets. Voss u.a. (2015: 211) kommen bei ihrer Analyse des Forschungsstandes zum pädagogischen Wissen zu dem Ergebnis, dass sich mit Blick auf diese Subfacetten ein „Begriffswirrwarr“ herausgebildet habe. Und sie appellieren daher an die Gemeinschaft der Forschenden, sich bei der Neubildung von Begriffen zurückzuhalten und sich intensiver um Bezüge untereinander zu bemühen.

Hält man sich den Forschungsstand zu den einzelnen Wissensdomänen und ihren möglichen Subfacetten vor Augen, so wird deutlich, dass es zum jetzigen Zeitpunkt als verfrüht erscheint, detaillierte Typologien von Kompetenzen zu entwerfen. Angesichts der vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit der Struktur, dem Charakter und dem Entwicklungsprozess des professionellen Wissens und Könnens von Lehrenden möchten wir daher mit dem folgenden Modell den Blick von den Details auf das Wesentliche lenken. Das Modell versteht sich als ein Orientierungsrahmen, womit wir an Überlegungen anknüpfen, wie sie Freeman/Johnson (1998) in ihrer viel zitierten Einleitung zu einer Sondernummer der Zeitschrift TESOL Quarterly zur Lehrerbildungsforschung anstellten.

Freeman/Johnson forderten eine Neukonzeption der Wissensbasis für die fremd- und zweitsprachliche Lehrerbildung: Die etablierte Erwartung, dass durch die Vermittlung (transmission) partialisierten und dekontextualisierten Fachwissens (z.B. aus der Angewandten Linguistik, der Zweitsprachenerwerbsforschung oder der Curriculumtheorie), kombiniert mit Kursen in Methodik und isolierten Praktika Lehrkompetenzen angemessen ausgebildet werden könnten, müsse zugunsten eines Bildungskonzepts aufgeben werden, das konsequent vom Lehren, den Lehrenden und den Kontexten, in denen sie handeln, ausgeht. Folglich skizzierten sie drei Schlüsseldimensionen der Wissensbasis. Die erste fokussiert die Personen, die das Lehren von Sprachen lernen; diese bringen nicht nur umfassende Erfahrungen aus der Zeit ihrer schulischen Sozialisation und vor allem als Sprachenlernende mit, denn sie haben Lehren umfassend aus der Lernerperspektive kennen gelernt, sondern haben Persönlichkeitsmerkmale und verfügen über Wertvorstellungen, die eigene Tätigkeit betreffend. Die zweite Dimension thematisiert die institutionellen und sozialen Bedingungen, die Kontexte, in denen Lehren angesiedelt ist. Und Drittens schließlich geht es um das Wissen zu den komplexen Prozessen, in denen sich das Lehren und Lernen von Sprachen vollzieht, die gesteuert, gestaltet und in ihren Zusammenhängen verstanden werden müssen.

Auch uns geht es mit dem folgenden Rahmenmodell darum, die wichtigen Dimensionen aufzuzeigen, in denen die Ausbildung von Fremdsprachenlehrenden verankert werden sollte, um den eingangs geschilderten Möglichkeiten und Herausforderungen gerecht zu werden. Vor dem Hintergrund der Ausbildungstradition im deutschsprachigen Raum und den Entwicklungen in Europa (Kelly et al. 2004) sowie den Erkenntnissen, die in den letzten zwei Jahrzehnten über den Professionalisierungsprozess von Lehrpersonen und ihre Bedeutung für das Unterrichtsgeschehen gewonnen wurden (Richards 2010; Singh/Richards 2006) halten wir jedoch eine andere Darstellungsform für angemessener. Wir gehen von vier, eng mit einander verflochtenen Dimensionen professioneller Kompetenz aus, für deren Entwicklung in der Ausbildung die jeweiligen lokalen Kontexte und institutionellen Bedingungen von zentraler Bedeutung sind. In den folgenden Abschnitten möchten wir die einzelnen Dimensionen näher charakterisieren und sie in einen Zusammenhang mit den Beiträgen dieses Bandes stellen.

Abbildung 1

Dimensionen professioneller Kompetenz von Fremdsprachenlehrenden

2.3 Sprache, Literatur und Kultur

Die Studienverlaufspläne für die Lehrämter der fremdsprachlichen Fächer der einzelnen Bundesländer zeigen in Übereinstimmung, dass der fachlichen Dimension im Professionswissen, dem Fachwissen, nach wie vor eine zentrale Bedeutung für die Ausbildung der Lehrkompetenzen zugemessen wird; der fachwissenschaftliche Anteil (mit seinen Subdimensionen Linguistik, Literatur- und Kulturwissenschaft) macht gegenüber der Fachdidaktik (ohne die schulpraktischen Studien) zwischen 40 % für den Primarbereich und 60 bis 70 % für den Gymnasialbereich aus. Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Studienanteile wird zum einen durch die langen Fachtraditionen bestimmt, die zentrale fachliche Konzepte mit hohem Erklärungspotential zu Sprache, Kultur und Texten hervorgebracht haben, und zum anderen durch die Dynamik des Faches. So hat beispielsweise die Weiterentwicklung der philologischen Fächer zu interdisziplinär orientierten Kultur- und Medienwissenschaften neue Perspektiven für die Gegenstände schulischer Bildungsprozesse eröffnet, die die Fachdidaktik aufgenommen hat. Ähnliches gilt für Beiträge der Sprachwissenschaft etwa durch die Text- und Korpuslinguistik.

Die institutionelle Nähe der Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaft einer Philologie und deren zugehöriger Fachdidaktik im deutschsprachigen Raum zeigt sich zum Beispiel darin, dass literatur- und kulturdidaktische Forschungsarbeiten einen nicht unerheblichen Teil der Forschungen ausmachen. Hierin besteht ein bedeutsamer Unterschied zur anglo-amerikanischen fremdsprachlichen Lehrerbildung, die vorwiegend der Allgemeinen Sprachwissenschaft, der Psychologie oder der Erziehungswissenschaft zugeordnet ist. Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts legt die literatur- und kulturdidaktische Forschung in zahlreichen theoretischen und zunehmend auch empirischen Arbeiten die Bildungsrelevanz literarischer (auch hybrider und mutlimodaler) Texte dar und plädieren für die gemeinsame diskursive Bearbeitung kultureller Zusammenhänge in einem lernanregenden, explorativen und offenen Fremdsprachenunterricht, für den sie Realisierungen, etwa durch Textauswahl oder Lernaufgaben, erörtern. Sie stärken damit das Prinzip der Themen- und Inhaltsorientierung fremdsprachlichen und kulturellen Lernens.

Das Prinzip der Themen- und Inhaltsorientierung muss gerade angesichts der Herausforderungen, die die Globalisierung mit sich bringt, als Leitprinzip pädagogischen Handelns gelten; es bestimmt die Auswahl der Lerngegenstände und hat Auswirkungen auf Motivation und Involviertheit der Lernenden (vgl. Kramsch 2014). Denn von der Grundschule bis zum fortgeschrittenen Fremdsprachenunterricht in der Gymnasialen Oberstufe bilden für Lernende bedeutungsvolle und relevante Themen die Referenzfolie für die gemeinsame Spracharbeit. Ohne sie und ohne ein vertieftes Verständnis ihrer Bedeutung in kulturellen Zusammenhängen wird es Lehrkräften nicht gelingen, Prozesse anzustoßen und zu strukturieren, die dabei helfen, multilinguale Individuen zu erziehen, die sensibel mit sprachlicher und kultureller Diversität umgehen können, die selbstbewusst und mit Respekt gegenüber anderen nach Lösungen suchen, Erklärungen finden und abwägen. Auch die Debatten der letzten Jahre um aufgabenorientierten und kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht mit dem Kernkonzept der komplexen Lernaufgabe (Hallet 2011; Müller-Hartmann/Schocker-v. Ditfurth 2013) bestätigen, was eigentlich eine Banalität darstellt, dass es Sprache und Sprechen ohne Inhalte nicht gibt. Damit diese Verknüpfung gelingen kann, sind Lehrkräfte vonnöten, die gelernt haben, kulturelle Zusammenhänge zu durchdringen und zu verstehen, die über Erklärungswissen verfügen, Gattungen, ihre Ausprägungen und Entwicklungen kennen, kurz, die ihr Fach studiert haben mit einem zu erwartenden, doppelten Ertrag: Zum einen verfügen sie über ein breites und vertieftes Fachwissen und zum anderen besitzen sie, da sie im Laufe des Fachstudiums selbst als interkulturell Lernende in vielfältige Diskurse verwickelt waren, reiches Erfahrungswissen.

In gleicher Weise bedeutsam für das Handeln der Lehrkräfte sind zweifelsohne die linguistischen Anteile des Faches: Um Reichweite und Funktion von Sprache anderen erklären, um sprachliche Mittel strukturieren, Äußerungen von Lernenden einschätzen und mit angemessenen Strategien weiterentwickeln zu können, um Lernschwierigkeiten und -potentiale zu erkennen, sollten Lehrkräfte über vertieftes Wissen zur Ausgangs- und zur Zielsprache, deren Strukturen und Geschichte verfügen.

Unter welchen Bedingungen es gelingt, sprach-, literatur- oder kulturwissenschaftliche Wissenskomponenten in unterrichtliches Handeln zu überführen, gehört zu den bislang kaum erforschten Thematiken der Lehrerausbildung. Die Beiträge von Kirchhoff und Hoinkes/Weigand in diesem Band verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen eine solche Forschung zu rechnen hat. Dass die über Fachtraditionen entwickelten Angebote in den Studienprogrammen dieser Aufgabe gerecht werden, kann jedoch bezweifelt werden. Sie sollen in der Regel polyvalente Funktionen erfüllen, sind also nicht in erster Linie dazu konzipiert, das Professionswissen und -können von Fremdsprachenlehrkräften zu befördern und zu bilden. Wir brauchen daher forschungsbasierte Antworten auf die Frage, wie das Fachwissen in die Lehreraus- und fortbildungsprogramme integriert werden kann, ohne dass man dabei die Belange der Praxis aus den Augen verliert oder aber in Praktizismus verfällt.

Exemplarisch lässt sich die Suche nach geeigneten Wegen des Umgangs mit dem Fachwissen an den nationalen und internationalen Diskussionen um die Entwicklung von Schreib- und Lesekompetenz im Englischunterricht der Grundschule zeigen (Frisch 2013). Jöckel legt im Beitrag zu diesem Band dar, wie Lehrkräfte in einer Fortbildungsreihe zu diesem Thema durch die Einführung und das spiralförmige Wiederaufgreifen grundlegender linguistischer Fachinhalte, die in der Ausbildung nicht vermittelt wurden, dafür qualifiziert werden, Gelingensbedingungen für die Anbahnung von Lesen und Schreiben differenziert zu erörtern. Jöckel zeigt, wie über das Bewusstmachen ihrer alltäglichen Handlungspraxis, über das gemeinschaftliche Entwickeln und Analysieren von Übungen bei gleichzeitiger, zyklischer Bearbeitung linguistischen Fachwissens Lehrkräfte ihre Selbstwirksamkeit im eigenen Unterricht erleben, die wesentlich durch die Beiträge der Gruppe bestimmt ist. Weitere Ansatzpunkte für eine enge Verzahnung der fachbezogenen Wissensdimension mit den anderen Dimensionen von Lehrkompetenz werden wir im Abschnitt 3 thematisieren.

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9783823300106
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