Читать книгу: «FREMDE HEIMAT», страница 2

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»Ich habe selber schon mit der Idee gespielt.« Delacroix tippte mit dem Zeigefinger an seinen Mund und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Was macht Sie so sicher, dass eine Kontaktaufnahme positiv verläuft?«

»Nichts, Sir«, gestand Alan. »Aber wir sollten es versuchen. Wenn uns die Kontaktaufnahme gelingt, dann eröffnen sich uns vielleicht ungeahnte Möglichkeiten. Vielleicht mehr als Proviant und Energiereserven. Vielleicht sogar Verbündete gegen die Irhog … oder ein Platz, wo wir leben können.«

Der Commander musterte ihn. Minuten schienen zu verstreichen, bis er sich endlich vorbeugte und die Hände auf die Tischplatte legte. »Halten Sie sich vor Misses White zurück. Mag sein, dass Sie glauben, dass es nicht mehr von Interesse ist, weil Sie ohnehin keine Zukunft mehr haben. Aber Sie sollten Ihre Möglichkeiten auf diesem Schiff nicht unterschätzen.«

Wovon redete er da? Welche Möglichkeiten?

Mabuto. Der Commander hatte von Konsequenzen gesprochen. Wollte er etwa Mabuto als Zweiten Offizier absetzen? Und er, Alan, sollte der Ersatz …

Gott im Himmel, als ob er sich in dieser Lage für seine Karriere interessieren würde! Das meinte er nicht im Ernst.

»Haben Sie mich verstanden, Mister McBride?«

»Aye, Sir.«

»Gut.« Delacroix nickte ihm zu. »Sie können gehen.«

Alan stand auf. »Heißt das, Sie nehmen meinen Vorschlag an?«

»Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt.« Delacroix' Miene war undeutbar. »Vergessen Sie Ihr Notepad nicht, Lieutenant.«

»Aye, Sir.« Alan wurde flau, als er nach dem Pad griff.

Also die Krail-on.

Hoffentlich irrte er sich nicht.

Ohrenbetäubender Lärm schlug Alan entgegen, als er mit Dean die Kantine betrat.

»Hipp, hipp, hurray! Hipp, hipp, hurray! Hipp, hipp, hurray!«

Jemand johlte. »Wooooooow!« Lachen ging in Applaus und Tellergeklapper unter.

Seit die Offiziersmesse einem Treffer der Irhog zum Opfer gefallen war, mussten die Offiziere mit der Mannschaft essen, in einem eigens abgetrennten Bereich, aber bei der Essensausgabe gab es nur eine Schlange.

Angesichts des Jubels prallte Alan zurück, als wäre er gegen eine Glasscheibe gelaufen.

Die Nachricht von der Antarctica hatte sich offensichtlich schnell herumgesprochen. Wie dumm waren die Leute eigentlich?

Ein Rempler von Dean trieb Alan in den Raum hinein. »Na, wie fühlt man sich als Liebling des Commanders?«, grinste er. Dean hatte wie immer alles als Erster erfahren.

»Lass das!«

»White wird kotzen.«

»Pass auf, was du sagst, verdammt!«

»Was gibt’s denn Leckeres?« Dean studierte den Aushang und seufzte. »Weshalb hab ich auch angenommen, es könnte heute etwas anderes sein?« Trotzdem griff er nach einem Tablett und einem Teller und reihte sich in die Schlange der Wartenden ein.

»Du weißt, dass wir mit dem Proviant sparsam umgehen müssen.« Seinerseits mit Teller und Tablett ausgerüstet gesellte sich Alan zu Dean.

»Ich weiß. Aber träumen wird man ja wohl noch dürfen.«

»Ich möchte wissen, von was du träumst.«

»Von einem Steak. Schön medium. Mit einem Berg von Bratkartoffeln.« Dean schloss schwärmerisch die Augen.

»Idiot.«

»Nein, wirklich.« Dean sah Alan an. »Ein riesiges Steak. Ich würde wer weiß was dafür geben, so etwas noch einmal essen zu können.«

»Schokoladeneis«, flüsterte eine Stimme hinter ihnen.

Als sich Alan umdrehte, entdeckte er Yael, die ihn durch einen Vorhang aus braunen Locken musterte. Ihre Augen schimmerten.

Alan fröstelte plötzlich. »Die Krail-on werden uns bestimmt Proviant überlassen. Da bin ich sicher.«

»Ja, nachdem sie uns massakriert haben«, tuschelte jemand. »Was denkt sich der Alte dabei? Dass die nur darauf warten, sich mit uns zu verbrüdern? Unfug sage ich.«

Alan erstarrte. Das war offene Insubordination.

»Halt den Mund!« Eine ängstlichere Stimme. Chinesischer Akzent.

»Ist doch wahr!« Laut genug, damit es alle in der Schlange hörten. »Da kriegen wir ne Nachricht von der Antarctica und der Alte setzt alles aufs Spiel, indem er vorher mit diesen Krallon verhandeln will. Was, wenn die mit den Irhog unter einer Decke stecken? Wird Zeit, dass wir die da oben zur Vernunft bringen!«

Langsam drehte sich Alan um, um den Redner ausfindig zu machen. Er entdeckte zwei Crewmen, die ihre leeren Teller zum Geschirrwagen trugen.

»Nimm mal«, sagte Alan zu Dean und schob ihm das Tablett zu.

»Alan.« Beschwichtigend legte Dean die Hand auf Alans Arm.

Doch der streifte sie ab, trat auf die beiden Crewmen zu und verstellte ihnen den Weg.

»Wie ist Ihr Name?«

»Crewman Koh, Sir.«

Der Chinese wollte an ihm vorbeischlüpfen, aber Alan hielt ihn fest.

»Entschuldigen Sie bitte, Sir.« Koh zitterte spürbar. »Es soll nicht wieder vorkommen.«

»Das will ich hoffen. Und wie ist Ihr Name?« Alan ließ Koh los.

Der andere stellte erst sein Tablett ab, bevor er sich zu Alan umdrehte. Breitbeinig baute er sich vor ihm auf und blickte auf ihn herab. »Crewman Hancock … Sir.«

»Ich empfehle Ihnen, künftig zuerst nachzudenken, bevor Sie Ihre Meinung verbreiten, Mister Hancock. Was wäre wohl passiert, wenn an meiner Stelle der Commander oder der Erste Offizier Sie gehört hätten?«

»Was glauben Sie, Sir?« Hancock grinste.

»Ich glaube, dass Sie Glück gehabt haben. Aber wenn ich noch einmal solche Reden höre, gleichgültig von wem, dann weiß ich, an wen ich mich halten muss. Haben Sie mich verstanden?«

»Aye, Sir.«

»Gut. Dann denken Sie das nächste Mal daran, wenn Sie essen gehen, dass wir bald nichts mehr zu essen haben werden, wenn uns die Krail-on nichts geben, Mister Hancock.«

»Ja, Sir. Noch etwas, Sir?«

»Nein, Sie können gehen.«

Hancock tippte sich kurz an die Stirn, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und durch das Schott verschwand, Koh im Schlepptau.

»Soll… sollten Sie ihn nicht besser melden, Sir«, wandte Yael ein.

Überrascht warf Alan der Offiziersanwärterin einen Blick zu.

»Ach was! Gut gebrüllt, Löwe«, meinte Dean.

»Nein, Yael hat recht.« Alan schüttelte den Kopf und trat zu Dean in die Reihe zurück. »Das gefällt mir nicht.«

»Mir auch nicht«, jammerte Dean mit Blick auf seinen Teller. Mit Elendsmiene begutachtete er den Gemüsebrei, den die Küchenhilfe ihm mit einem Schöpflöffel auf den Teller gegeben hatte.

Unfreiwillig musste Alan grinsen. »Stell dir vor, es wäre ein Steak.«

»Ich hasse dich, Alan McBride.«

Die Krail-on wirken auf den ersten Blick in der Tat recht anthropomorph. Ihre Gesellschaftsstruktur ähnelt in einigen Zügen denen der schottischen Highlandclans, doch ihrem auf Duellen beruhenden Ehrbegriff fehlt auf der Erde jegliche Parallelität.

Bericht über den Erstkontakt mit den Krail-on, Dr. William Bolden, Marco Polo

2.

Auf Alans Monitor kam Unruhe in die Zahlenkolonne.

»Ein Schiff, Sir!« Nguyen bestätigte, was Alan schon wusste.

Endlich. Sie krochen nun schon einen Tag im Krail-on-Raum mit Sublichtgeschwindigkeit herum. Viel länger hätte der Commander bestimmt nicht gewartet. Zwei-, dreimal waren Schiffe auf ihren Sensoren aufgetaucht, aber keines hatte Kurs auf sie gesetzt oder Kontakt mit ihnen aufgenommen. Dieses hier kam direkt vor ihnen aus dem Hyperraum. Zwei Wochen waren verstrichen, seit sie den Funkspruch der Antarctica empfangen hatten.

Alans Finger tanzten über die Tastatur, während er, ohne den Befehl des Commanders abzuwarten, mögliche Flucht- und Abfangmanöver in die Kontrollen der Schiffsführung lud.

Der Annäherungsalarm durchdrang die Brücke, würde bald Pola, Jäggi und Yael auf die Brücke jagen, um alle Brückenpositionen doppelt zu besetzen.

Zu Alans Rechter sog Dean scharf die Luft ein.

»Klassifizierung?«, fragte Delacroix.

»Keine Irhog.« Nguyen atmete hörbar aus.

»Klassifizierung, Mister Nguyen.«

Alans Blick zuckte zu Nguyens Monitor, suchte die Daten dort zu lesen, die darüber wanderten.

Niemand schien zu atmen, bis Nguyen die Stille brach. »Krail-on, Sir. Sie rufen uns.«

»Aktivieren Sie die Übersetzungsdatei!«

»Aye, Sir.«

Während Alans Finger über den Kontrollen verharrten, beobachtete er, wie Nguyens Hände die Übersetzungsdatei luden. Endlich drückte der Ensign einen Knopf und ein leises Rauschen zeigte, dass er eine Aufzeichnung abrief.

Alan wandte sich der Kommandotafel zu, die inzwischen von dem Abbild eines fremden Wesens ausgefüllt wurde. Die dunklen Haare des Fremdlings bedeckten dessen ganzes Gesicht. In seinen bis auf die Brust reichenden Zöpfen glitzerten goldene Ringe. Die Augen mit den schlitzförmigen Pupillen funkelten die Menschen aus tief liegenden Höhlen an. Die Stimme des Krail-on hallte wie Donnergrollen durch die Brücke. »Hier spricht Kass-Un Stark von Starks Klinge. Gebt uns Euren Namen!«

In Alans Ohren klang es, als habe er Delacroix gerade zum Duell herausgefordert.

Delacroix stand auf und legte die Hände hinter seinem Rücken ineinander. »Öffnen Sie einen Kanal, Mister Nguyen.« Als Nguyen ihm zunickte, straffte er sich und blickte direkt in Richtung des Aufnahmegeräts. »Commander … Kass-Un Jean-Pierre Delacroix vom Aufklärungskreuzer Sydney, Vereinte Nationen der Erde.«

»Vereinte Nationen der Erde?«, wiederholte der Krail-on, als höre er die Worte zum ersten Mal. »Was ist Euer Begehr?«

»Wir möchten Handelsbeziehungen knüpfen.«

»Handelsbeziehungen?« Der Krail-on drehte sich um, sodass sein Gesicht den Aufnahmebereich des Aufzeichnungsgerätes verließ, und sprach mit einer Person, die hinter ihm stand. Nach einer Weile drehte er sich dem Aufzeichnungsgerät wieder zu. »Welche Handelsgüter könnt Ihr uns anbieten?«

»Gewürze, Rohstoffvorkommen. Ich denke, dass sich sicherlich etwas finden lässt, was Ihrem Geschmack entspricht.«

»Was wollt Ihr dafür?« Die Augen des Fremdwesens schienen zu glühen.

Delacroix räusperte sich. »Proviant, Energiereserven. Was Sie entbehren können.«

Wieder tauschte sich der Krail-on mit der Person außerhalb des Aufnahmebereichs aus, bevor er antwortete. »Kommt mit Eurem Stellvertreter und Eurem Nachfolger auf mein Schiff, damit wir darüber reden können.«

»Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen gerne Proben unseres Angebots zukommen lassen.« Delacroix verlagerte sein Gewicht.

Auf der anderen Seite der Brücke fädelte sich in diesem Moment Pola hinter einem leer stehenden Pult ein. Ein Blinken auf Alans Display zeigte ihm, dass sie sich die Navigationsdaten auf ihren Monitor lud. Hinter Pola tauchte Yael auf und besetzte den Platz zwischen Pola und Nguyen. Nur Jäggi fehlte noch.

Die Zöpfe des Krail-on schlugen um seinen Kopf, als er sich wieder der Person hinter sich zuwandte. Nach einem kurzen Wortwechsel trat eine weiß gekleidete Gestalt neben ihn und verbeugte sich vor den Menschen mit vor der Brust zusammengelegten Händen. Dunkle Zöpfe wurden von weißen Bändern auf ihrem Kopf zusammengehalten, umrahmten ein zartes Gesicht, das aus Ebenholz geschnitten zu sein schien. Neben dem Krail-on wirkte sie wie eine Erscheinung.

Alan hielt den Atem an.

»Ich bin Sorai-an. Der Kass-Un bittet Euch durch mich, seine Gastfreundschaft anzunehmen.«

In dem Moment ließ sich Jäggi mit einem Keuchen wie eine Bombe neben Dean in den letzten freien Stuhl fallen. Alan sah auf und wandte sich wieder der Kommandotafel zu.

Delacroix legte den Kopf in den Nacken. »Ihr Angebot ehrt mich. Erlaubt, dass ich Ihnen meine Stellvertreterin schicke, um Ihnen in meinem Namen ein Angebot zu unterbreiten.«

»Womit haben wir Euer Misstrauen verdient, Kass-Un.«

Alans Blick zuckte zu Delacroix, suchte die Kommandotafel zu durchdringen, um in seinem Gesicht lesen zu können.

»Wir misstrauen Ihnen nicht. Wir lassen nur die nötige Vorsicht walten«, erwiderte Delacroix kühl.

Stark ballte die Faust, aber Sorai-an verneigte sich und antwortete an seiner Stelle. »Eure Worte sind weise, Kass-Un. Erlaubt, dass wir Euch eine Auswahl unseres Proviants zukommen lassen, damit Ihr unser Angebot prüfen könnt. Derweil kann Euer Chefingenieur Eure Energiespezifikationen schicken, damit wir Ihnen auch diesbezüglich ein Angebot machen können. Wenn Ihr erlaubt, kann Ihre Stellvertreterin währenddessen Ihre Handelsgüter auf unser Schiff bringen. Sie ist herzlich eingeladen.«

Alan lehnte sich zurück. Gut, dass diese Sorai-an das Gespräch an sich gerissen hatte. Stark hätte dem Vorschlag des Commanders sicherlich nie zugestimmt.

»Ich freue mich darauf, unser Gespräch fortsetzen zu können.«

Sorai-an neigte bei Delacroix’ Worten den Kopf. »Ich ebenso.«

Nach Sorai-ans Worten wurde die Kommandotafel wieder transparent und gab die Sicht auf den Commander frei, der sich mit den Fingern an den Mund tippte.

»Komische Typen«, meinte Dean, als der Commander mit White und Racek im Bereitschaftsraum verschwunden war.

»Findest du?« Alan fixierte seinen Monitor. Die Bilder in Boldens Bericht hatten die bedrohliche Präsenz, die er angesichts des Krail-on verspürt hatte, nicht vermitteln können. Sie waren ganz anders, als er erwartet hatte. Wie sie wohl rochen? Er versuchte, sich an die Funktion der Frauen in Weiß zu erinnern. Bolden hatte sie beschrieben und ihre Funktion als die einer Heilerin übersetzt. Nach dem, was er vor wenigen Minuten erlebt hatte, wagte Alan, das zu bezweifeln. Sie schienen eher eine Art Beraterin zu sein. Merkwürdig. Er sollte den Commander darauf hinweisen.

»Wo steckt eigentlich Mabuto?«, fragte Dean.

»Keine Ahnung. Ich glaube, der Commander hat ihn verwarnt.«

»Kein Wunder, so seltsam, wie er sich in den letzten Wochen benommen hat.«

Alan seufzte. »Haben wir uns nicht alle seltsam benommen in den letzten Wochen?«

»Mag sein.« Die Antwort war für Deans Verhältnisse ungewohnt einsilbig.

Aber Alan war das im Moment gleichgültig. Er wollte die Krail-on sehen, einem von ihnen Auge in Auge gegenüber stehen. Ohne dass ein Aufnahmegerät und ein Monitor zwischen ihnen lagen. Der Commander musste das einfach verstehen.

Der Commander verstand es nicht. »Ich will Sie auf Ihrem Posten haben, falls es zu Komplikationen kommt«, war seine Antwort gewesen, als sich Alan freiwillig meldete, um bei der Übernahme des Proviants im Hangar zu helfen. Der Chief sollte das Geschehen überwachen, während White mit dem Shuttle und zwei Crewmen die Krail-on besuchte. Alan beneidete sie.

Stattdessen saß er mit Delacroix und den Angehörigen der Einser- und Zweierschicht auf der Brücke und langweilte sich, während Ameisen in seinen Eingeweiden zu wohnen schienen. Der Commander rechnete also mit Komplikationen. Dass ihm daran lag, dass sich Alan deshalb auf der Brücke aufhielt, betrachtete Alan als Kompliment. Alans Hinweis auf die weiß gekleidete Frau hatte er mit einem in die Ferne gerichteten Blick und einem Kopfnicken beantwortet. Das war alles gewesen.

Nach Stunden des Wartens ging eine Nachricht von Hayes über den internen Komm ein. »Die Lebensmittel sind einwandfrei, Sir. Weder toxikologische noch bakteriologische Befunde. Einige der Pflanzen enthalten zu viele Alkaloide für einen menschlichen Organismus, aber ich habe sie aussortieren lassen und Misses White angewiesen, sich auf die besser verdaulichen zu konzentrieren.«

»Gute Arbeit, Doktor. Machen Sie weiter.«

»Aye, Sir.«

Kurz nach ihr meldete sich Racek. »Es gibt’n paar Probleme, Sir. Unsere Energiespezifikationen stimmen mit denen der Krail-on nicht überein.«

»Dann passen Sie sie an.«

Man hörte, wie Racek sich kratzte. »Ja, Sir. Das versuchen wir ja. Aber wir können die Symbole der Krail-on nicht umsetzen und sie nicht die unseren. Wir bräuchten einen Zahlenkünstler mit Kenntnissen der Krail-on-Sprache, damit wir vorankommen. Ich dachte mir, sie könnten mir vielleicht Mister McBride ausleihen.«

Alan horchte auf. Er wagte nicht, sich umzudrehen, aus Angst, den Wunsch zu helfen damit zu verraten. Hoffentlich lehnte der Commander Raceks Bitte nicht ab.

Der Moment zog sich in die Länge.

»Spielen Sie ihm die Daten auf Monitor drei«, antwortete Delacroix endlich.

»Aye, Sir.«

»Mister McBride.«

Alan drehte sich um und konnte mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. »Ja, Sir.«

»Sie haben gehört, was Mister Raceks Problem ist. Machen Sie sich an die Arbeit. Miss Skobzewa, Sie übernehmen solange das Ruder.«

»Aye, Sir. Danke, Sir.« Alan glaubte, ein Zucken um Delacroix' Mundwinkel zu sehen, bevor er sich wieder seinem Monitor zuwandte. Datensalat machte sich darauf breit. Alan lud sich die Übersetzungsdatei dazu und suchte nach Übereinstimmungen. Nach einer Weile wurde er auf eine Gruppierung aufmerksam. Er isolierte sie und schrieb einen Suchalgorithmus, der sich an der Struktur der Gruppe orientierte. Als das Ergebnis sichtbar wurde, lächelte er befriedigt. Er kam der Sache näher.

Die Zeit verstrich. Alan tauchte in die Zahlen ein, vergaß die Brücke um sich herum, die Bedrohung durch die Irhog und die Krail-on. Irgendwann wurden aus den Zahlengruppen Strukturen höherer Ordnung, die plötzlich Sinn ergaben. Es war wie das Erwachen aus einem Tagtraum. Der Traum wirkte realer als die Realität, die Zahlen waren so präsent, dass sie Alan mit ihrer Gegenwart erdrückten. Das Ergebnis schien so simpel.

Er wollte gerade Delacroix informieren, da drang Whites Stimme durch die Brücke. »Kehre auf die Sydney zurück, Sir. Sie können Mister McBride beglückwünschen. Rohstoffe und Schokolade. Der Handel geht klar.«

»Veranlassen Sie alles Erforderliche.«

»Ja, Sir.«

»Mister McBride.«

Alan wandte sich dem Commander zu. Hitze stieg in seine Wangen. »Die Analyse ist fertig, Sir.«

»Schicken Sie die Daten an Mister Racek. Und meinen Glückwunsch.«

»Danke, Sir.« Mit Schwung drehte sich Alan wieder dem Monitor zu und hieb in die Tasten. Es hatte funktioniert. Sie hatten Proviant erhalten und würden ihre Energiereserven auffrischen können. Und sie lebten immer noch. Kein Krail-on hatte ihren Kopf gefordert oder ihnen den Krieg erklärt.

»Doktor Hayes«, hörte Alan die Stimme des Commanders. »Sagen Sie dem Koch, er soll zur Feier des Tages die Fleischreserven anbrechen. Das wird die Stimmung hoffentlich etwas heben. Kümmern Sie sich darum.«

»Mit Vergnügen, Sir.«

Deans Ellbogen landete in Alans Seite. »Steak«, raunte er ihm zu. Seine Augen leuchteten.

In diesem Moment meldete sich White noch einmal per Funk. »Sir, noch eine Information. Sie, Mister Racek und ich wurden zwecks Besiegelung unserer Handelsbeziehungen von Sorai-an zum Essen eingeladen. Ich habe keinen Weg gefunden, diese Einladung zu umgehen, ohne dass es unhöflich wirkte. Da war nichts zu machen, Sir.«

»Verstanden, Misses White.«

Damit wurde die Verbindung gekappt.

Bevor Alan das Bedienungspanel erreichte, öffnete sich vor ihm das Schott zum Trainingsraum. Der Geruch von Schweiß und Metall schlug ihm entgegen. Ein Crewman stand vor ihm und kehrte ihm den Rücken zu. Die Neonbeleuchtung spiegelte sich in seiner Halbglatze.

»Ich sage dir, die werden uns alle verheizen. Wir sollten etwas unternehmen, bevor es zu spät ist«, ertönte es von irgendwo her.

Alan erkannte die Stimme sofort.

»Ich will damit nichts zu tun haben«, rief der Glatzkopf mit dem Bauchansatz. Im gleichen Augenblick drehte er sich um und lief direkt in Alan hinein. »Sir«, stotterte er, als er Alans Rang erkannte.

Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stürmte Alan an ihm vorbei in den Trainingsraum. Wie er erwartet hatte, fand er dort Hancock und Koh. Ein dritter Crewman saß bei ihnen auf der Trainingsbank, den Alan unter dem Namen Jerome kannte.

»Mister Hancock, ich hatte Sie gewarnt«, knurrte Alan.

»Sir«, begann Koh.

Hancock stand von der Bank auf und musterte Alan von oben herab. Neben ihm sprang Jerome auf.

Aber Alan hatte nicht die geringste Lust, sich irgendwelche Ausreden anzuhören. »Gehen Sie zu Lieutenant Commander White. Ich werde bei ihr Meldung erstatten. Sie wird wissen, wie sie mit Ihnen zu verfahren hat. Guten Tag, meine Herren.«

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Alan zu einem der Schränke und kramte seine Boxhandschuhe hervor. Er hörte, wie die drei hinter ihm mit Gemurmel abzogen. Das Zischen des Schotts zeigte ihm, dass sie gegangen waren.

Um eine Diskussion mit White zu umgehen, sprach Alan über den Schiffskomm eine kurze Mitteilung auf ihren Nachrichtenempfänger. Von White abgekanzelt zu werden, wünschte Alan nicht einmal seinem ärgsten Feind. Aber in ihrer Situation konnten sie sich solche Reden nicht leisten. Ein Funken genügte, um die Stimmung an Bord zum Kippen zu bringen.

Vielleicht hätte er noch einmal mit ihnen reden sollen, durchzuckte es ihn. Voll Zorn schlug er gegen den Spind und genoss das Krachen. Allein sein Ärger auf White hatte ihn davon abgehalten, angemessen zu reagieren. Das zu wissen, steigerte seinen Zorn umso mehr.

Alan begann, die Bandagen um seine Hände zu wickeln. Auf ein langes Warm-up hatte er heute keine Lust. Als er aufsah, entdeckte er den Crewman mit der Halbglatze, der immer noch neben dem Schott stand.

»Sir?«

»Was wollen Sie noch? Mister …?«

»Crewman Zimmermann, Sir. Ich wollte wissen … Soll ich mich auch …«

Alan runzelte die Stirn. »Weshalb? Sie haben sich von den anderen distanziert. Halten Sie sich künftig von ihnen fern.«

Mit offenem Mund starrte Zimmermann ihn an.

»Sie können gehen, Mister Zimmermann.«

Zimmermann löste sich aus seiner Starre und klappte den Mund wieder zu. »Ja, Sir. Danke, Sir«, beeilte er sich zu sagen und eilte aus dem Trainingsraum.

Alan blickte ihm hinterher. Zimmermann war sicherlich der Einzige der vier, der ihn nun nicht hassen würde. Dass er sich damit Feinde unter den Crewmen eingehandelt hatte, trug nicht dazu bei, seine Laune zu bessern.

Alan drosch auf den Sandsack ein, als ginge es um sein Leben.

»Heh, was ist los mit dir?« Dean schlang das Handtuch um seinen Hals und lümmelte sich auf eines der Trainingsgeräte. Seine Stirn zeigte nicht den Ansatz einer Schweißspur.

»Nichts«, antwortete Alan.

»Du hast doch alles, was du wolltest.«

Schweiß tropfte in Alans Augen. »Ich wollte nicht, dass sie sich von den Krail-on zum Essen einladen lassen.«

»Meinst du nicht, dass du etwas … äh … subjektiv bist, wenn es um White geht?«

»Bin ich nicht.« Alan versetzte dem Sandsack einen Haken, dass dieser ins Trudeln geriet. Er hielt inne, wischte sich den Schweiß von der Stirn und lehnte nach Atem ringend die Stirn gegen das Leder. »Sie hat’s vermasselt. Sie hätte sie dazu bringen müssen, eine Einladung bei uns anzunehmen.«

»Damit die Krail-on zu uns kommen?« Dean verdrehte die Augen. »Nun werd mal locker! Wo ist der Unterschied?«

»Der Unterschied?« Alan wirbelte zu ihm herum. »Unsere drei Führungsoffiziere wollen gemeinsam das Schiff verlassen. Das ist der Unterschied.«

»Kommst du jetzt mit den Dienstvorschriften?«

»Diese dreimal verfluchten Dienstvorschriften haben einen Sinn, Dean.«

»Dann sag es doch dem Commander.« Dean stand auf und bückte sich nach seinem Sweatshirt, das neben dem Sandsack auf dem Boden lag.

»Willst du etwa schon aufhören?« Alan hielt Dean die Hände mit den Boxhandschuhen entgegen. »Ich wollte noch ein paar Sit-ups machen.«

Dean hängte sich den Sweater um die Schultern und begann, die Schnürung von Alans Boxhandschuhen zu lösen. »Keine Lust.«

»Du könntest es vertragen.«

Dean grinste ihn an. »Dein Anblick demotiviert mich. Ich dusche lieber und mache mich fein. Ich will mein Steak nicht verpassen.«

Alan zog die Handschuhe von den Händen und warf sie in die Ecke zu seinen Sachen. Mit schnellen Bewegungen begann er, die Bandagen abzuwickeln. »Wann wollte der Commander denn seinen Besuch antreten?«

Dean sah auf die Uhr. »In einer halben Stunde, glaube ich.«

Alans Blick wanderte ebenfalls zur Uhr. »Okay. Ich komme nach.« Bei den Worten warf er die Bandagen zu den Handschuhen.

»Bis später.« Das Schott zischte, als Dean den Trainingsraum verließ.

Ohne aufzusehen, setzte sich Alan auf eine der Bänke, verschränkte die Hände hinter dem Nacken und zählte seine Sit-ups. Bei Nummer einhundertundzwanzig hielt er inne. Sein Blick wurde von der Uhr gefangen. Noch zwanzig Minuten.

Alan stand auf. Er griff nach dem Handtuch, an dessen Zipfel sich Tropfen gesammelt hatten, und rieb damit den Schweiß von seiner Brust und seinem Gesicht.

Zum Kuckuck! Mochte White ihn doch unter Arrest stellen! Er musste wenigstens versuchen, mit dem Commander zu reden. Auch auf die Gefahr hin, dass der ihn danach für paranoid hielt.

Alan feuerte das Handtuch in die Ecke, zerrte sich den Sweater über den Kopf und joggte, ohne zu duschen, Richtung Hangar.

Alan ignorierte die Blicke, die ihm unterwegs zugeworfen wurden. Außer Atem kam er im Hangar an. Die Neonbeleuchtung dort schaffte es nicht, alle Ecken auszuleuchten, sodass Alan fast in den Commander hineinrannte. »Sir.«

Delacroix musterte ihn von oben bis unten. »Ihr Aufzug lässt zu wünschen übrig, Mister McBride.«

Unter dem Blick des Commanders nahm Alan Haltung an. Obwohl er wusste, dass das seine Aufmachung nicht ausgleichen konnte. »Sir, auf ein Wort«, begann er ein zweites Mal.

Irgendwo zischte es. Ozongeruch biss in Alans Nase.

Delacroix fixierte ihn. »Sprechen Sie, Mister McBride.«

Alan kam sich mit einem Mal wie ein Idiot vor. Er zögerte.

»Ich warte.«

Da platzte es aus Alan heraus. »Sir, Sie sollten nicht zu den Krail-on gehen. Nicht alle drei auf einmal.«

»Es lässt sich nicht umgehen.«

»Sir.« Alan rang nach Atem. »Denken Sie sich eine Ausrede aus. Jemand ist krank geworden. Irgendetwas. Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Sie waren so … bedacht darauf, uns zu ihnen aufs Schiff zu locken. Da ist etwas faul, Sir.« Irgendwie hörte er sich an, als wäre er paranoid.

»Unsere neuen Handelspartner anlügen?« Der Commander runzelte die Stirn. »War das alles, was Sie zu sagen hatten, Mister McBride?«

»Nein, Sir. Doch, Sir.« Alan schluckte. »Es ist gegen die Dienstvorschriften. Die drei ranghöchsten Offiziere dürfen nicht gleichzeitig das Schiff verlassen.«

Die Augen des Commanders verengten sich. »Ich habe Ihre Einwürfe gehört, Mister McBride, und werde sie berücksichtigen. Sie können gehen.«

»Sir, ich bitte Sie. Diese Sorai-an war so bedacht darauf, Sie auf ihr Schiff zu locken. Die Dienstvorschriften haben doch ihren Grund.«

»Seit wann interessieren Sie sich denn für die Dienstvorschriften?«

Der Schock, Whites Stimme hinter sich zu hören, glich einem Kübel voll Eiswasser, der sich über Alans Kopf ergoss. »Ma’m.«

»Dann müssten Sie eigentlich wissen, dass Sie gerade Paragraf 15 a umgehen. Und dazu noch Paragraf 10 b, Absatz 2, wenn ich mir Ihren Aufzug betrachte.« White verschränkte die Arme vor der Brust. Einer ihrer Finger tippte auf ihren Arm. »Oder lese ich Kritik aus Ihrer Rede?«

»Ma’m, entschuldigen Sie mich?« Alan presste die Lippen aufeinander. Im Stillen wünschte er sich den Sandsack herbei.

»Es war doch Ihre Idee, mit den Krail-on Kontakt aufzunehmen. Was passt Ihnen jetzt nicht daran? Dass Sie es nicht sind, der die Lorbeeren erntet?«

»Misses White«, unterbrach sie der Commander scharf. »Mister McBride, Sie können gehen.«

Aber Alan hörte nicht auf seine Worte. Hitze wallte in ihm hoch, legte alle Vorsicht lahm, schrie nur danach, sich zu rechtfertigen. »Es war nicht meine Idee, dass die drei ranghöchsten Offiziere gemeinsam ihr Schiff besuchen. Sie können mir nicht die Schuld in die Schuhe schieben, wenn irgendetwas schiefgeht.«

»Wollen Sie mir etwa deswegen die Schuld geben?«, fauchte White. »Oder versuchen Sie nur im Voraus, ihre ach so reine Weste sauber zu halten, Mister McBride? Sie können gerne den drei Crewmen, die Sie mir gemeldet haben, beim Schrubben der Toiletten behilflich sein.«

Alan zitterte vor Zorn. »Ich habe keine Angst davor, mir meine Weste schmutzig zu machen. Im Gegensatz zu Ihnen stehe ich zu den Fehlern, die ich gemacht habe.«

»Mister McBride, begeben Sie sich auf Ihr Quartier. Sie befinden sich bis auf Weiteres unter Stubenarrest.« Die Stimme des Commanders klang wie aus Eis. Sein Blick richtete sich auf White. »Misses White.«

White deutete einen Gruß an. »Sir, meine Entschuldigung.«

Der Commander nickte, dann gab er ihr einen Wink, ließ Alan stehen und ging mit White auf Racek zu, der neben dem Shuttle auf sie wartete.

Mit aufeinandergebissenen Zähnen sah Alan ihnen hinterher.

Alan lag im Dunkeln auf seinem Bett und starrte an die Decke. Der Schweiß, der auf seinem Körper getrocknet war, fing an zu jucken.

Er hasste sie, diese White. Dieses Miststück. Dieses Aas. Er wünschte, er könnte es ihr irgendwie heimzahlen. Ihr irgendwann all die Ungerechtigkeiten, die sie ihm angetan hatte, unter die Nase reiben, damit sie begriff, wie er sich dabei fühlte. Damit sie endlich Ruhe gab.

Sie hatte nur Angst, erkannte er. Angst zu versagen.

Na und? War das ein Grund, ihn vor dem Commander schlechtzumachen? Alan hieb mit der Faust an die Wand. Er wollte keine Spielchen spielen, er war nicht daran interessiert, sich beim Commander einzuschmeicheln. Er wollte verdammt noch mal nur seine Arbeit tun. Und er wollte sie gut machen. Alles andere war ihm egal. Es ging ihm nur darum, dazu beizutragen, ihr aller Leben zu retten. Das war alles.

Wie kam sie dann darauf, dass er ihr Vorwürfe machen wollte? Oder, dass er versuchte, seine Akte sauber zu halten? Das war vielleicht ihre Art und Weise, mit den Dingen umzugehen, aber nicht seine. Er hatte sich nichts vorzuwerfen. Sie war diejenige, die das Ganze verbockt hatte. Hätte der Commander ihn geschickt, dann wäre das Gespräch mit den Krail-on anders ausgegangen.

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9783957658920
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