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Читать книгу: «Der dritte Versuch Magische Wesen», страница 4

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Der Drache


Die Unterhaltung zwischen Kayleigh und Cian ruht nach dem Informationsaustausch über Finn. Beide sind in Gedanken versunken.

»Es könnte sein«, unterbricht die Elfe die Stille, »dass der Tod des Onkels die Ursache für Finns Unsicherheit ist. Daraus resultierten die häufige Abwesenheit der Eltern und die Trauer der Großeltern. Alles zusammen wird die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins beeinträchtigt haben. Sobald er aber positive Erfahrungen seines Könnens erfährt, egal ob magisches oder nicht, wird sich das schnell geben. Die Anlagen eines Führers und große Zauberfähigkeiten schlummern nur in ihm, davon bist du doch auch überzeugt, stimmt’s?«

»Hast du mir das angemerkt? Du kennst mich wirklich gut. Ja, das denke ich. Aber lediglich mehrere Zaubersprüche perfekt zu beherrschen, wird das nicht bewirken. Obwohl ihm die Anwendung fast aller Zauber schwerfällt, übt er ununterbrochen und trotzdem misslingen sie sehr oft. Finn vergisst darüber sogar, dass er sich auch Zeit für die Nahrungsaufnahme nehmen muss. Ich habe ihn deshalb zu den Elfen der Mitte geschickt, damit er eine Unterbrechung in den permanenten Übungen hat. Ich dachte, es würde ihm guttun, einmal die Heimat wiederzusehen. Er ist seit Beginn seiner Ausbildung immer bei mir gewesen, darum ist eine Pause angebracht.«

Kayleigh nickt zustimmend, entgegnet aber nichts. Cian grübelt und murmelt nach einiger Zeit:

»Irgendetwas wollte ich noch. Was war das nur?«

»Kannst du bitte lauter reden? Mein Gehör ist nicht mehr so gut wie früher.«

»Ich wollte etwas klären, dich um Rat fragen«, erwidert der alte Elf mit kräftigerer Stimme. »Es ist zum Verrücktwerden. Warum fällt mir das nicht ein?« Er haut mit geballten Fäusten auf die Armlehnen des hohen Sessels. »Alt werden hat so seine Tücken. Mein Gedächtnis ist immer häufiger lückenhaft, besonders dann, wenn es um jüngere Ereignisse geht. Weit zurückliegende sind dagegen bis ins kleinste Detail präsent. Es war … Ja was?«

»Mein lieber Freund. Manchmal ist es besser, einen Gedanken, der sich widerspenstig verhält, nicht zu angestrengt aufrufen zu wollen. Dann wird er plötzlich von selbst nach oben drängen. Lass uns etwas anderes machen. Wie wäre es mit einem Spaziergang um die Festung herum. Es gibt dort eine sonnige Wiese, auf der eine große Linde steht. Ich habe in ihren Ästen schon öfters einen Kolkraben bemerkt. Vielleicht besitzt er dort ein Nest, obwohl die Brutzeit längst vorüber ist.«

»Warte mal. Ein Rabenvogel und ein Nest, die sagen mir etwas. Ha, genau. Da war doch eine Elster«, grübelt er. Aufgeregt suchen die Finger in den verschieden Taschen der Kleidung, dann blickt er auf seine linke Hand. Am Ringfinger blitzt es bläulich im flackernden Schein des Kaminfeuers.

»Ich werde wirklich senil!«, stellt er traurig fest. »Ich habe diesen Ring im Versteck einer Elster gefunden.« Mit der rechten Hand dreht er ein paarmal an dem Ring und zieht ihn schließlich von seinem kleinen Finger. Erneut blitzt das Bild eines kleinen, blauen Drachen in seinem Kopf auf. »Das ist doch vorhin, beim Aufstecken auch passiert. Es muss etwas bedeuten!« Er reicht den Ring zu Kayleigh hinüber, die ihn fragend anschaut.

»Was ist vorhin auch geschehen?« Während Cian ihr von der Erscheinung berichtet, betrachtet sie aufmerksam den Ring. Sie dreht ihn hin und her, lässt im Feuerschein die kleinen Augen aufleuchten und legt das Artefakt schließlich auf ein Tischchen, das zwischen ihnen steht.

»Ich denke, der Ring stellt einen Drachen dar, was auch zu dem Bild passt, dass du gesehen hast. Eine magische Kraft steckt in ihm, das steht für mich fest. Ich habe aber noch nie von diesem Ring gehört oder über ihn gelesen.«

»Ich konnte auch nichts in meinen Büchern finden. Ich wollte gerade in »Magische Artefakte« nachsehen, als du mich kontaktiertest. Das Buch war meine letzte Hoffnung.«

»Ich kenne das Buch in- und auswendig, darin steht nichts über diesen Ring geschrieben. Ich habe eine Idee, wie wir vielleicht etwas über seine Eigenschaften erfahren könnten. Wir sollten uns aber vorsorglich schützen, da ich die Reaktion auf den Versuch nicht vorhersagen kann. Sgiath. Protego.« Nachdem Cian seinerseits ebenso verfahren ist, erheben sie sich. Beide blicken sich kurz an, dann richtet Kayleigh beide Hände auf den Ring. »Aperio!«, fordert sie mit kraftvoller Stimme, dann erneut und schließlich ein drittes Mal.

Und wirklich, jetzt geschieht etwas Unvorstellbares. Die Ringform bewegt sich, der Kopf öffnet sein Maul und der Schwanz wird herausgezogen. Die Schwingen werden ausgebreitet und die Gestalt beginnt zu glänzen, wird heller und heller, bis sie schließlich in einem unerträglich strahlendem Blau leuchtet. Der Lindwurm erhebt sich in die Luft, dreht den Kopf mit böse blickenden Augen zu den Elfen und stößt urplötzlich seinen Feueratem in ihre Richtung. Hell leuchten die Schutzglocken auf und flackern bereits nach kurzer Zeit. Kayleigh und Cian stürzen zu Boden.

Es dauert lange, bis sich die Elfe regt. Benommen schüttelt sie den Kopf und blickt ungläubig zu Cian, der ausgestreckt neben ihr am Boden liegt. Sie muss zu ihm, will helfen, doch sobald sie sich aufzurichten versucht, wird ihr erneut schwarz vor Augen. Kayleigh atmet mehrmals langsam ein und aus und schiebt sich dann über den Boden auf ihren alten Gefährten zu.

»Cian, mein Freund. Wie kann ich …?« Sie richtet sich trotz der sofort wiedereinsetzenden Schwärze etwas auf und hält ihre Hände über den unbeweglich vor ihr liegenden Elf.

»Beatha! Beatha! BEATHA!«, ruft sie verzweifelt. Ihre Augen sind geschlossen, da sie von Dunkelheit umgeben zu sein scheint. Ihre Arme und Hände zittern, aber ein goldenes Gleißen fließt von ihnen zur ausgestreckten Gestalt. Schon nach wenigen Augenblicken erlischt es wieder, Kayleigh ist einfach zu schwach. Doch so gering die Übertragung von Lebensenergie auch war, sie reicht. Mit einem tiefen Atemzug, der an den eines fast Ertrunkenen erinnert, kommt Cian zu sich. Er schüttelt den Kopf, öffnet die Augen und blickt verwundert Richtung Decke. Der Blick klärt sich und fällt erstaunt auf die Elfe, deren Arme auf seinem Oberkörper ruhen.

»Kayleigh, meine Liebe. Was ist geschehen.« Er sieht ihre geschlossenen Lider, hinter denen die Augäpfel hin und her zucken. Jetzt richtet er vorsichtig den Oberkörper auf, breitet nun seinerseits die Hände über die Elfe und murmelt: »Beatha!« Sofort gleißt goldenes Licht hinüber. Er bemerkt, dass er das nicht lange schaffen wird und unterbricht es rechtzeitig, bevor er zusammenbricht.

»Ich … ich danke dir!«, murmelt Kayleigh so leise, dass er es kaum wahrnehmen kann. Ihre Augenlider sind noch immer geschlossen, aber die Bewegung der Augen hat aufgehört. Der Elf streckt sich neben ihr aus und entgegnet:

»Ich danke dir! Vermutlich hast du das Gleiche kurz vorher bei mir gemacht oder wieso solltest du sonst mit deinen Armen auf mir liegen?«

»Ich wollte dich nur bewegen, sehen, was mit dir ist, da wurde mir schwarz vor Augen.«

»Du hast auch schon besser geflunkert! Jetzt sollten wir uns etwas erholen. Was ist das für ein dämonisches Wesen? Es scheint mir nicht einfach nur ein magisches Artefakt zu sein. Es lebt irgendwie. Das ist zumindest mein Eindruck.«

Beide schweigen und lassen das soeben Erlebte auf sich wirken.

»Wir müssen feststellen, wo dieses Ungeheuer geblieben ist«, beginnt Kayleigh, dann zieht sie die Luft scharf ein und reißt die Augen auf. »Der Drache erinnert mich an das Wesen, das uns im Kampf um die Königsburg vor zwanzig Jahren so sehr in Bedrängnis brachte. Was meinst du?«

»Du könntest recht haben. Nur damals war das Wesen größer. Sollte dies eine kleine Ausgabe davon sein?« Cian schaut sie fragend an.

»Auch wenn das so ist, die magische Kraft scheint gleichwertig zu sein. Unsere Schutzglocken konnten ihm nur mit Mühe standhalten.«

Die beiden Elfen erheben sich langsam und vorsichtig, um dann außer Atem in die bequemen Sessel vor dem Kamin zu sinken. Ihre suchenden Blicke fallen auf den Ring, der scheinbar unverändert auf dem Tischchen liegt. Cians rechte Hand verharrt einen Moment darüber, bevor er ihn vorsichtig mit einem Finger berührt.

»Kalt wie zuvor!«, stellt er überrascht fest. »Ich hatte erwartet, dass er glüht oder zumindest noch etwas Wärme aufweist. Der Feueratem, den der Drache ausgestoßen hat, war garantiert sehr heiß.«

»Er könnte aber auch eiskalt gewesen sein. Das wäre passend zu dessen blauem Strahlen! Hm. – Was schlägst du vor, was wir mit dem Ding machen sollen. Es muss von einem begabten Zauberer geschaffen worden sein, in welcher Teufelswerkstatt auch immer.«

»Ich bin mir nicht sicher. Einerseits wäre es gut, ihn in einem geeigneten Versteck zu wissen, andererseits könnte er möglicherweise eine effektive Waffe gegen die Dubharan sein, wenn wir herausfinden, wie das Wesen gesteuert werden kann.«

»Die zweite Möglichkeit ist aber nur gegeben, wenn du den Drachen beherrschen könntest.«

»Ich habe dabei nicht an mich gedacht. Ich werde offenbar von Tag zu Tag zerstreuter. Selbst wenn wir herausbekommen, wie der Drache zu lenken ist, könnte ich das gerade dann vergessen haben, wenn es notwendig sein sollte. Nein, ich dachte an dich.«

»Das ist nicht dein Ernst. Ich werde dieses Wesen nicht beherrschen, sonst hätte es sich nicht so aggressiv gegen meinen Offenbarungsspruch verhalten. Nein, der Ring wird mir nie gehorchen, da bin ich sicher!«

Beide schweigen, in Gedanken versunken.

»Dann verberge ihn in deiner Bibliothek. Falls wir herausbekommen, wie der Drache zu beherrschen sein könnte, werden wir es erneut versuchen. Möglicherweise kann das auch ein jüngerer Magier?« Cian denkt dabei an Finn, doch das sagt er nicht.

»Einverstanden. Ich werde eine Buchattrappe anfertigen lassen, die innen mit Silber ausgekleidet ist. Dort hinein lege ich den Ring. Das ihn umgebende Silber verhindert, dass der Drache sich selbstständig aktivieren kann, wenn das möglich sein sollte. Die Buchnachbildung bekommt den Titel »Magische Wesen«. Dann weist du, wo du den Ring findest, falls ich nicht anwesend sein sollte, wenn er benötigt wird.«

Alarm in Munegard


Es ist um die Mittagszeit, am Tag nach Finns Entkommen. Durch die Küche der Festung Munegard zieht der Geruch von Essen. Ein riesiger Herd steht unter einem gewaltigen Abzug. Die Küchenmädchen laufen eilig hin und her, holen Zutaten und bereiten diese vor. Der Küchengehilfe legt Holz nach. Er schließt die Feuerklappe, nachdem er die letzten Scheite hineingesteckt hat.

»Beeilung, wir sind schon etwas in Verzug. Gleich wird der Beginn der Mahlzeit ausgerufen. Habt ihr eure Kleidung gerichtet? Wenn ihr das Essen auftragt, habt ihr ordentlich auszusehen. – Wie sieht die Suppe aus? Habt ihr schon Petersilie hineingegeben? Gut. Dann jetzt aber los!«

Das in einem schweren Topf blubbernde Gericht wird mit einer eisernen Kelle in mehrere Schüsseln verteilt, die schnell hinausgetragen werden. Ermahnend ruft die dicke Köchin, der die Schweißtropfen von der Stirn tropfen:

»Vergiss nicht, die Spießbraten weiterzudrehen. Soll das Fleisch etwa verbrennen? Lasst mich mal durch.« Sie nimmt eine lange Gabel, schiebt ihren massigen Körper durch die aufgescheuchte Schar der Küchenmädchen und sticht in zwei große Fleischstücke, dessen knusprige Schwarten einen leckeren Geruch in der Küche verbreiten. Der Küchengehilfe, der nach dem Holznachlegen abwechselnd beide Spieße auf einem speziellen Gestell über einer offenen Flamme dreht, wischt sich mit dem Ärmel das glühende Gesicht. »Da hast du aber Glück gehabt. Es ist perfekt. Jetzt hol sie herunter, damit ich sie portionieren kann.« Der Junge folgt ihrer Anweisung und hofft entgegen der Erfahrung, einen kleinen Anteil von dem appetitlich duftenden Fleisch zu erhalten. Die Köchin bemerkt seinen hungrigen Blick und lacht. »Hast du es immer noch nicht begriffen? Du bekommst, wie wir alle, nur das, was vom Essen übrigbleibt. Das wird sicher nicht dieser Braten, sondern höchstens etwas von den Gemüsebeilagen, viel wahrscheinlicher aber nur die Suppe sein. Bis dahin dauert es aber, vorher kannst du noch etwas Holz holen und unseren Vorrat wieder auffüllen.«

Sofort schlüpft der spindeldürre Junge wie ein geprügelter Hund aus ihrem Blickfeld, schnappt sich einen großen Weidenkorb und verlässt ihr Reich. Auf dem Weg nach oben, die Küche befindet sich im Kellergeschoss, begegnet ihm der Gefängniswärter. Er grüßt mit seltsamer Beklemmung in der Brust, wagt es nicht, in das Gesicht des ihm unheimlichen Mannes zu schauen. Ein unverständliches, kurzes Gebrumm ist die darauffolgende einzige Reaktion. Obwohl es ihm bisher an allen Tagen so ergangen ist, hofft er doch, einmal eine verständliche Antwort auf sein freundliches »Hallo und guten Appetit« zu erhalten. Er hat ja keine Ahnung, dass dem Wärter die Zunge fehlt. Die hatte ihm Connor vor vielen Jahren genommen, damit er sich nicht mit den Gefangenen zu unterhalten vermag.

»Sicher ist sicher«, hatte sich der Oberste der Dubharan gedacht. »So kann er nicht mit den Eingesperrten reden und etwas verraten, was ihnen möglicherweise nützlich sein könnte.« Bei diesen Gedanken hatte Connor gelacht, da es für ihn unvorstellbar ist, dass irgendeiner der Bediensteten es wagen würde, gegen seinen Willen zu handeln. Sie wussten alle, dass seine Rache schrecklich sein würde.

Der Wärter setzt sich still in der Küche auf einen Stuhl und wartet auf die Tonschüssel, in der ihm die Suppe gereicht wird. Ausnahmsweise bekommt er heute zusätzlich ein Stück frisches Graubrot, weshalb er dankbar zur lächelnden Köchin aufschaut. Sie nickt wohlwollend und dreht sich kurz darauf wieder zurück, um ihre Anweisungen zu brüllen.

»Jetzt aber das Fleisch nach oben und vergesst die Beilagen nicht!« Nachdem der Gefängniswärter die Schüssel geleert und mit dem Brot ihre letzten Reste ausgewischt und dieses gegessen hat, schlägt er seinen Umhang wieder um sich. Den hatte er in der warmen Küche abgelegt. Er bedankt sich mit einem leisen Brummen und Nicken des Kopfes für sein Essen. Dann wird Suppe in eine Henkelkanne gefüllt, die er, ebenso wie drei Tonschalen, für die Gefangenen mitnimmt. Auf der Treppe begegnet er dem Küchenjungen erneut, der den schweren Korb abgesetzt hat, um zu verschnaufen. Dieser lässt den Erwachsenen zuerst heraufkommen, bevor er den Holzbehälter hochwuchtet und Stufe für Stufe nach unten schleppt. Der Gefängniswärter schaut über den Innenhof zu einem trutzigen Turm. Der steht zentral auf dem inneren Platz der Anlage und ist mit einer eigenen Ringmauer umgeben, die mit Wehrgängen versehen ist. Ein starkes Tor in der Mauer, das nur durch einen verwinkelten, engen Zugang von außen erreicht werden kann, sichert diese Burg in der Burg. Sie ist der letzte Zufluchtsort für die Verteidiger der Festung, wenn alle anderen Wehranlagen erobert sind. Der Wärter überquert den Hof und schlurft an der Mauer vorbei. Danach kommt er zu einem weiteren Turm, der in der Außenmauer der Festungsanlage auf einer steilen Felsenklippe ruht. Er ist über eine schmale Treppe erreichbar, die der Gefangenenwärter jetzt erklimmt. Er schließt mit einem großen Schlüssel auf, tritt durch die Eichentür und verschließt den Eingang vorsichtshalber, sobald er drinnen eine Laterne entzündet hat. In ihrem unsteten Schein folgt er der Wendeltreppe nach oben. Der Turm steht nicht separat. Eine Seite ist Teil eines schmalen Bauwerks, das bis zur halben Höhe hinaufreicht. Im Bodenbereich wird das Gebäude als Schmiede und Waffenkammer genutzt, in der obersten Etage befinden sich Gefängniszellen. Der Aufseher biegt von der Treppe in einen Seitengang ab und öffnet den ersten Raum. Er reicht dem Gefangenen eine Tonschale, in die er einen Teil der Suppe gießt. Er verschließt den Raum, um Gleiches in der zweiten Zelle zu wiederholen. Bevor er nach dem Öffnen der dritten Tür den Raum betritt, erstarrt er und reibt sich erstaunt die Augen. Sonst wird er hier schon erwartet und sofort in ein Gespräch zu ziehen versucht. Doch heute ist es seltsam still. Auf dem Strohlager unter dem vergitterten Fenster erkennt er vage die Kleidung des Gefangenen. Sollte dieser in der Nacht gestorben sein, da sich dort nichts rührt? Der Wärter tritt näher und leuchtet die Stelle direkt an. Er steht erschrocken starr.

»Wie ist das möglich?« Schnell dreht er sich um, da er erkennt, dass die Handschellen zerstört sind. Sollte der Gefangene jetzt hinter ihm stehen oder gerade zu entkommen versuchen? Doch der ist nicht zu sehen, und es ist auch nicht das geringste Geräusch zu hören! Aufgeregt lässt er die Kanne fallen. Die Tonschale zerspringt daneben in viele kleine Stücke, während der Mann hastig den Raum verlässt. Er rennt den Gang entlang, bis er in den Turm kommt. Was soll er jetzt machen? Obwohl er das nicht glaubt, könnte der Gefangene aus der Zelle entkommen sein und unten auf ihn lauern. Die Tür hat er doch abgeschlossen, oder sollte er das …? Nein, er ist sich sicher. Er macht das jeden Tag auf die gleiche Weise und hat garantiert abgeschlossen. Dann wird der Flüchtige dort nicht entkommen. Als er soweit in seinen Überlegungen ist, folgt er der Wendeltreppe vorsichtig nach oben. Der Entflohene könnte ja ganz clever sein und sich dort verstecken. Möglicherweise hofft er, dass in der Aufregung das Tor unten offengelassen wird, wenn Hilfe herbeigeholt wird. Dann könnte er die Gelegenheit nutzen, um zu entkommen. Der Aufseher erreicht das Ende der Treppe unter einer Falltür, er öffnet sie und steckt vorsichtig den Kopf durch die Öffnung. Schnell verschafft er sich die Gewissheit, dass der Ausbrecher nicht hier ist. Also klettert er jetzt durch die Luke und steht auf einer Plattform, die nur von einer niedrigen, umlaufenden Mauer umgeben ist und von einem Dach auf steinernen Säulen gegen Regen geschützt wird. Das Gekreische und Schreien der Meeresvögel ist überwältigend. Der Wärter nimmt das Signalhorn, das an der Mittelsäule hängt, setzt es an seine Lippen und bläst das Alarmsignal. Er pustet dreimal hinein, wobei er die Öffnung des Horns nacheinander in Richtung Innenhof, mittleren Turm und Wachstube richtet. Es dauert keinen Atemzug, bis er erschrocken herumfährt. Connor erscheint aus einem Gleißen der Luft auf der Plattform.

»Warum bläst du das Alarmhorn. Werden wir angegriffen?« Unter seinem forschenden Blick beginnt der Wächter zu zittern, schüttelt den Kopf und versucht Worte zu formen. Da das natürlich misslingt, senkt er seinen Blick.

»Willst du darauf hinweisen, dass einer der Gefangenen entflohen ist?« Der Dubharan atmet die Luft hörbar ein. »Wie sollte das möglich sein. Wenn du unaufmerksam oder nachlässig gewesen sein solltest, werde ich dich bestrafen. Dann wirst du dir wünschen, nie geboren worden zu sein.« Connor blickt den Mann drohend und mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Seine dunklen Augen schleudern Blitze, als er ihn am Arm fasst. Im nächsten Augenblick stehen sie in dem Gang mit den Gefängniszellen. »Wo?«, fragt der Zauberer und gibt den anderen frei. Dieser macht einen Schritt in die Richtung der Zelle, wird jedoch sofort an die Seite gestoßen. Mit »Solus« lässt der Magier eine helle Lichtkugel erscheinen und untersucht den Raum. »Warum liegen hier Tonscherben? Wurden sie etwa benutzt, um die Handschellen zu zerstören? Hm. Nein. Sie zeigen keinerlei Silberabrieb. Aber wie hat der Gefangene dann entkommen können?« Er erhebt sich grübelnd. »Wurde er mittlerweile vernommen? Was ist? Du schüttelst den Kopf? Ach, das hatte ich vergessen. Du kannst ja nicht reden!« Er grinst den Mann an. Die nächsten Gedanken äußert er nicht laut. »Ich werde den Offizier der Wache fragen, oder sollte ich besser Dean darauf ansetzen? Ja. Er soll dafür sorgen, dass der junge Elf wieder in unsere Gewalt kommt. Er ist ein wichtiges Faustpfand, damit sich die Mittelelfen nicht gegen uns stellen!«

Im nächsten Moment flirrt die Luft. Der Wächter steht allein in der Zelle.

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9783742722058
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