Читать книгу: «Die Jägerin - Blutrausch (Band 2)», страница 3

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10. Update

Vier Wochen vergingen, in denen wir uns wieder einander annäherten. Es war schwierig. So viel Schmerzliches war geschehen. So viele grausame Worte gesprochen worden. Aber mit jedem verstreichenden Tag ging es leichter. Hin und wieder lachten wir sogar unbeschwert und tauschten auch wieder vorsichtige Zärtlichkeiten aus.

„Was ist eigentlich in der Zwischenzeit passiert?”, fragte ich den Pater, als wir gemeinsam auf dem Sofa in unserem Wohnzimmer saßen. Mein Kopf lehnte an seiner Schulter, und er hatte einen Arm um mich gelegt. Klassische Musik dudelte leise im Hintergrund. Auch wenn ich sie hasste, er liebte sie. Also ließ ich sie kommentarlos über mich ergehen. „Wie ist es draußen gelaufen? Ich habe das Gefühl, als wüsste ich gar nichts mehr”, bemerkte ich mit einem Seufzen.

Pater Michael schob mich von sich weg. Überrascht sah ich zu ihm auf. „Sieh es dir selbst an”, sagte er und zog mich vom Sofa hoch.

Wir liefen zu dem antiken Schreibtisch, und er schaltete den Computer an. Während der Rechner hochfuhr, schwiegen wir, und ich versuchte mir auszumalen, was er mir zeigen würde. Nach einer Weile hörte das Rattern des Computers auf, und der Bildschirm flimmerte in bunten Farben. Zielstrebig öffnete Pater Michael den Internetbrowser und wählte die Seite eines Nachrichtensenders an. Es schien, als hätte er sich diese Seite schon des Öfteren angesehen, so sicher klickte er hierhin und dorthin und fand umgehend die gewünschten Videoclips. Schockiert schaute ich mir einen nach dem anderen an. Es herrschte das reinste Chaos in den Straßen meiner Stadt. Von unendlich vielen mysteriösen Todesfällen war die Rede. Grausame Bilder von noch grausameren Tatorten wurden gezeigt und Unmengen an Fragen gestellt. Während ich tatenlos im Bett gelegen hatte, hatte die Welt sich weitergedreht, und ich hatte absolut keine Ahnung, was in ihr vorging. Als der letzte Clip geendet hatte, seufzte ich und lehnte mich mit meinem Hintern an den morschen Schreibtisch. „Tja, es gibt eine Menge für mich zu tun”, sagte ich mit einem gezwungenen Lächeln.

„Das heißt dann wohl, die alte Ada ist zurück?”, fragte mich Pater Michael.

„Zum Teil”, antwortete ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich brauchte nicht auszusprechen, was ich meinte. Wir wussten beide nur zu genau, was sich alles verändert hatte. „Es sieht ganz so aus, als hätte das Interview mit dem Reporter gar nichts gebracht”, meinte ich, als mir wieder einfiel, woran ich zuletzt gearbeitet hatte. „Kam es als Zeitungsartikel heraus?”, wollte ich vom Pater wissen.

Sofort wanderte sein Blick unsicher zu Boden. „Es wurde nie gedruckt”, antwortete er leise.

„Was? Wieso nicht?”, schrie ich auf, und erschrocken fuhr er in seinem Stuhl zusammen. Pater Michael zuckte mit den Schultern. „Das bedeutet, sie wurden nicht gewarnt. Es war alles umsonst”, bemerkte ich mit einem lauten Seufzen und rieb mir über das Gesicht. Wie hatte ich mir jemals einbilden können, dass der Chef der Zeitung zusagen würde, solch einen Bericht zu drucken? Egal wie viel Unglaubliches in unserer Welt geschah, aber so eine abstruse Geschichte würde wohl niemand veröffentlichen.

„Es gab zwar keinen Zeitungsartikel. Aber Mister Meyers hat es dennoch geschafft, an die Öffentlichkeit zu gehen”, verriet mir der Pater plötzlich. Verblüfft schaute ich ihn an. Wieso hatte er mir das nicht gleich gesagt? Mann! Ich hasse es, wenn er das tut! „Mister Meyers rief dich vor einiger Zeit auf deinem Mobiltelefon an. Du konntest nicht rangehen, weil…”, er geriet mit seiner Erklärung kurz ins Stocken, als er sich daran erinnerte, wie ich halb wahnsinnig und halb verhungert in meinem Schlafzimmer gelegen hatte. Pater Michael räusperte sich und fuhr fort: „Ich habe das Gespräch entgegengenommen, und er teilte mir mit, dass er ein Video aufgezeichnet und soeben ins Internet gestellt hatte.”

Ich sah, wie er sich zum Computer umdrehte und wieder anfing, etwas in die Tastatur einzugeben. Eine andere Internetseite öffnete sich. Nach ein paar Mausklicks hatte er das gewünschte Video gefunden. Ein kleines schwarzes Fenster mit einem weißen Dreieck war zu sehen. Pater Michael führte den Cursor dorthin und klickte darauf. Sofort ging die Vorführung los.

Etwa sechseinhalb Minuten später war das Filmchen vorbei, und ich starrte den Monitor an. Meine Blicke trafen sich mit denen Pater Michaels auf der spiegelnden Oberfläche des Monitors und starrten sich an.

„Wow!”, brachte ich nur hervor und sah, wie der Pater nickte.

„Er hat sein Bestes gegeben”, meinte er und schaltete den Computer aus.

„Und trotzdem hat es nichts genützt”, erwiderte ich. „All die Mühe, die wir, die er sich gegeben hat, hat nicht ausgereicht. Niemand hat den Ernst der Lage begriffen und die Warnung verstanden.” Plötzlich fühlte ich mich erschöpft und müde, als wenn mich der Pater gerade aufs Laufband geschickt hätte. Wieso hatten die Menschen nicht darauf gehört? Waren sie denn wirklich so ignorant, um zu verstehen, in welcher Gefahr sie Nacht für Nacht schwebten?

„Mister Meyers hat sein Versprechen gehalten. Er hat einen Weg gefunden, die Story zu veröffentlichen. Er hat ein großes Risiko auf sich genommen”, holte mich die Stimme des Paters aus meinen trüben Gedanken hervor. Er klang allerdings danach, als hätte er nie damit gerechnet, dass der Reporter sein Wort halten würde. Auch jetzt schwang seine Abneigung, die er immer noch nicht abgelegt hatte, hörbar mit.

„Was meinst du, wie es ihm geht?”, fragte ich ihn. Ob er etwas von dem Mann gehört hatte?

„Ich weiß nicht. Ich habe seit jenem Tag, als wir telefonierten, nichts mehr von ihm gehört”, antwortete der Pater. Er erhob sich von seinem Stuhl und blieb vor mir stehen.

„Ich möchte ihn besuchen”, sagte ich kurz entschlossen und wusste, dass es richtig war. Ich musste einfach sehen, wie es ihm ging. War er okay oder war auch er Opfer eines Monsters geworden, vor denen er andere gewarnt hatte? Aber vor allem wollte ich ihm für seine Arbeit danken.

Pater Michael sagte nichts. Für einige Minuten musterte er mich nachdenklich. Missbilligend verzog sich sein Mund. Ich sah, dass er einen inneren Kampf ausfocht. Er wollte zwar, dass ich meine Aufgabe wieder aufnahm und auf die Straße ging. Aber so schnell dann wohl doch nicht. Schließlich nickte er, wobei es eine merkwürdige Kreuzung zwischen einem Bejahen und einem energisch ablehnenden Kopfschütteln war. Aber ich verstand es als Einwilligung.

„Danke, Michael”, sagte ich und gab ihm einen Kuss. Bevor er seine Meinung ändern und sich auf mich stürzen konnte, um mich aufzuhalten, huschte ich schnell aus dem Wohnzimmer.

11. Die zwei UNs - UNerwartete UNhöflichkeit

Mein erster Ausflug. Der Erste nach einer langen, langen Zeit. Es war so ungewohnt, hinaus in die Nacht zu gehen wie an meinem allerersten Tag hier. Als ich in dem Portal stand, verharrte ich für einige Minuten dort und lauschte angestrengt in die Dunkelheit des frühen Novemberabends hinein. Es war kühl, aber nicht so sehr, wie es eigentlich hätte sein müssen um diese Jahreszeit herum. Meine Augen suchten die Umgebung nach etwas Verdächtigem ab, aber sie fanden nur die Bäume und Sträucher, an deren Ästen und Zweigen immer noch das Herbstlaub hing. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte. Dass sich die Monster vor meiner Haustür Nacht für Nacht versammelten und darauf lauerten, dass ich hinaustrat und sie mich noch auf der Schwelle erledigen konnten? Doch stattdessen herrschte absolute Stille. Und wenn ich ehrlich sein sollte, dann war ich ziemlich glücklich darüber. Ich glaube, ich war noch nicht wirklich bereit für eine Konfrontation mit meinen Feinden. Ich fühlte mich irgendwie eingerostet und vertraute meinen Fähigkeiten noch nicht ganz. Verunsichert blickte ich über meine Schulter zurück in das sichere Mittelschiff der Kirche. Vielleicht ist es doch keine so gute Idee gewesen, überlegte ich. Vielleicht sollte ich mich erst wieder vor die Tür wagen, wenn ich mein Können getestet hatte und wieder die alte Sicherheit in mir spürte, die mich sonst immer hatte losstürmen lassen, ohne groß darüber nachzudenken. Dieses Zögern war mir fremd, und ich konnte es nur überwinden, indem ich daran dachte, welche Risiken der Reporter auf sich genommen haben musste, um mir zu helfen.

Ungehindert gelangte ich zu Mister Meyers’ Wohnhaus. Schnell fand ich seinen Namen am Klingelbrett und drückte auf den Knopf daneben. Geduldig wartete ich auf das Summen, das mir das Öffnen der Haustür signalisierte. Als sich auch nach drei Minuten nichts tat, versuchte ich es noch einmal. Wieder wurde mir nicht geöffnet. Entweder war er nicht zu Hause oder er verweigerte mir den Zutritt absichtlich. Aber woher sollte er wissen, dass ich es war, die zu ihm wollte? Er wohnte im zwölften Stockwerk dieses Hochhauses, und ich stand im abgeschlossenen Eingangsbereich, der von oben nicht einsehbar war. Ich entschied mich dazu, es mit einem Anruf bei ihm zu versuchen. Nach wenigen Sekunden hob er tatsächlich ab.

„Miss Pearce? Welch eine Überraschung!”, sagte er erstaunt, als ich mich zu erkennen gegeben hatte. Ich hörte, dass er schnaufte, und dachte, dass er wohl nebenbei etwas Anstrengendes tat.

„Sind Sie zu Hause? Ich habe bei Ihnen geklingelt, aber es wurde nicht geöffnet”, meinte ich und lauschte, ob er jetzt auf den Türöffner drückte.

„Was wollen Sie?”, fuhr er mich an.

Erschrocken hielt ich das Telefon von mir weg und starrte es ungläubig an. Was war los mit ihm? Nur widerwillig drückte ich es mir wieder ans Ohr. „Ich habe mich gefragt, wie es Ihnen geht, und wollte nur mal kurz vorbeischauen”, antwortete ich. Es blieb eine Weile still in der Leitung, und ich fragte mich, ob er noch dran war oder sein Telefon beiseitegelegt hatte.

„Kommen Sie rauf!”, sagte er schroff und legte auf.

Ich steckte mein Mobiltelefon weg und drückte erneut auf den Klingelknopf. Sofort summte es, und ich konnte in das Wohnhaus eintreten.

Ich lief eine halbe Treppe hinauf und stand dann vor dem Fahrstuhl. An meiner Aversion gegen das Treppenlaufen hatte sich immer noch nichts geändert. Auch wenn ich weniger Gewicht zu tragen hatte als noch vor einigen Jahren. Ich drückte auf den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, und blickte mich in dem Hausflur um. Hinter mir waren die Türen zu zwei Wohnungen zu sehen, deren Spione mich sofort dazu brachten, mich etwas weiter in die Schatten zu stellen. Pater Michael hätte mir sicher ordentlich die Leviten gelesen, wenn er gesehen hätte, dass ich einfach so in ein voll bewohntes Haus ging, wo mir jede Minute einer der Mieter über den Weg laufen konnte. Aber ich hoffte darauf, dass die guten Bürger, die hier wohnten, tagsüber hart arbeiten gingen und nun ihren wohlverdienten Feierabend vor dem Fernseher genossen und nicht mitbekamen, wie eine für tot gehaltene Monsterjägerin vor ihrer Tür stand.

Als der Fahrstuhl seine Ankunft mit einem Klingeln ankündigte, fuhr ich erschrocken zusammen. Es war kein lautes Geräusch gewesen, aber in der Dunkelheit des Hausflures wirkte es wie ein Glockenschlag. Hastig schlüpfte ich in die Kabine und drückte auf die 12. Nach etwa dreißig Sekunden klingelte der Fahrstuhl erneut, und ich stieg in der obersten Etage aus. Auch hier gab es zwei Wohnungstüren, und ich überlegte, welche von beiden mich zu Mister Meyers führen würde. Doch dann sah ich, dass eine Tür einladend offen stand. Zielstrebig ging ich zu ihr hinüber. Vorsichtig klopfte ich an. Ich wollte nicht einfach so hineinplatzen, auch wenn ich erwartet wurde. Es kam mir unhöflich war.

„Kommen Sie rein!”, forderte mich eine Stimme auf, dessen Besitzer ich nicht sehen konnte.

Ich trat also in die Wohnung ein und befand mich wieder in einem dunklen Flur. Nur ein schmaler Lichtstreifen zu meiner Rechten zeigte mir den Weg. Ich lief auf ihn zu und gelangte an eine weitere Tür. Vorsichtig stieß ich sie auf. Das Licht, das mir entgegenkam, blendete mich, und ich kniff die Augen zusammen. Nach einigen Augenblicken hatte ich mich an die Helligkeit gewöhnt und sah mich um. Das Zimmer war vollgestopft mit zahllosen Kisten, auf denen Wörter mit einem schwarzen Stift geschrieben standen wie Küche, Bad, Wohnzimmer oder Arbeitszimmer. Zwischen der ganzen Pappe hockte der Reporter. Er klebte gerade einen Karton mit braunem Klebeband zu und stellte ihn zur Seite. „Ah, Miss Pearce. Lange nicht gesehen!”, meinte er, schlüpfte zwischen den Kisten hindurch und kam auf mich zu.

Ich streckte ihm meine Hand zur Begrüßung entgegen, und für einen Moment betrachtete er sie, überlegend, ob er sie nehmen sollte oder nicht. Letztendlich nahm er sie nicht. Okay! Offenbar war er sauer auf mich. „Wie ich sehe, ziehen Sie um”, bemerkte ich und ließ meinen ausgestreckten Arm wieder an meine Seite fallen.

„Was bleibt mir anderes übrig?”, fragte er und breitete die Arme resignierend aus. „Nach meinem kleinen Filmchen kennt mich jeder in der Stadt. Ich kann nicht mehr auf die Straße gehen, ohne dass man mit dem Finger auf mich zeigt und über mich lacht. Ich wurde gefeuert, Miss Pearce, und finde keine neue Arbeit! Also muss ich gehen.” Grimmig sah er mich an und wartete auf eine Reaktion von mir.

Es bestürzte mich, davon zu hören. Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie schlimm es für ihn gewesen war, und ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren würde! Hätte ich geahnt, welche Konsequenzen es nach sich ziehen würde, hätte ich ihn nie damit hineingezogen.

„Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was Sie von mir wollen”, begann der Reporter zu sagen und widmete sich wieder dem Packen. „Sie, Miss Pearce”, er deutete mit ein paar Büchern auf mich, die er dann in einen Karton stapelte, und sah mich finster an, „sind mein Verderben gewesen! Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich heute noch einen Job und müsste nicht wie ein Schwerverbrecher aus der Stadt fliehen!”

Wow, das hat gesessen! Ich schluckte schwer und blickte beschämt zu Boden. Mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können, außer: „Es tut mir leid, Mister Meyers. Es war nie meine Absicht gewesen… .”

„Sie sollten jetzt gehen!”, unterbrach er mich in meiner Entschuldigung. Unbeirrt stapelte er die Bücher in der Kiste weiter aufeinander. Das Gespräch war beendet. Ich war nicht länger erwünscht.

Mit hängendem Kopf verließ ich die Wohnung. So hatte ich mir die letzte Begegnung mit ihm nicht vorgestellt.

12. Ich mache alles falsch!

„Wie ist es gelaufen?”, fragte mich der Pater, als ich in die Kirche eintrat. Es schien alles wie immer. Es war, als wäre ich gerade von einer Patrouille gekommen, und er nahm mich nun in Empfang. „Ada? Was ist los?” Er klang besorgt und alarmiert, weil ich ihm nicht antwortete, sondern nur wie ein begossener Pudel vorwärts kroch, bis ich mich in seine Arme stürzen konnte und an seiner Brust weinte. Über mir hörte ich sein leises beruhigendes Shh und spürte seine Hände sanft über meinen Rücken streicheln. Als ich aufgehört hatte, zu schluchzen und nur noch ab und zu schniefte, schob er mich von sich und versuchte erneut aus mir Informationen herauszubekommen. „Hast du mit Mister Meyers gesprochen?” Ich nickte, ohne ihn anzusehen. „Es ist nicht gut gelaufen, mhh?”, bemerkte er.

Ich schüttelte den Kopf und wischte mir wenig damenhaft meine tropfende Nase mit dem Handrücken ab. „Er hat mir die Schuld gegeben für das, was ihm passiert ist. Er sagte, ich sei sein Verderben gewesen”, sagte ich zwischen vereinzelten verweinten Hicksern. „Es war nie meine Absicht gewesen, dass er gefeuert oder ausgelacht wird. Ich wollte das doch nicht, Michael!” Meine Augen drohten erneut überzulaufen, als ich ihn entschuldigend ansah. Wenn er mich auch noch verurteilen würde, dann… dann… ich weiß nicht, was dann gewesen wäre.

„Oh, Ada”, sagte der Pater sanft und strich mir zärtlich über die Wange. „Ich weiß doch, dass du das nicht gewollt hast. Und Mister Meyers weiß es auch.” Ich musste hysterisch auflachen. Es fiel mir schwer, das zu glauben. „Er weiß es”, betonte Pater Michael noch einmal, „aus ihm hat seine Verbitterung gesprochen. Es ist nicht deine Schuld. Du hattest gute Absichten, als du sagtest, du willst an die Öffentlichkeit gehen und die Menschen warnen. Nun, sie wurden gewarnt, und sie haben nicht darauf gehört. Es war ihre eigene Entscheidung, das zu ignorieren. Das ist etwas, was du nicht in der Hand hattest. Du hast getan, was du konntest.” Tröstend zog er mich in seine Arme und drückte mich an sich.

Eine Weile ließ ich mich von ihm halten. Seine Wärme war für mich beruhigend. Seine Stärke gab mir das Gefühl, sicher zu sein. „Du hast es gewusst, nicht wahr?”, fragte ich ihn und sah traurig zu ihm auf. „Du hast gewusst, dass es niemand glauben würde, oder?”

Pater Michaels Gesicht verzog sich schmerzlich. „Ich habe es nicht gewusst, Ada. Aber ich hatte eine Ahnung, dass es so laufen könnte”, gab er seufzend zu.

„Na toll!”, rief ich aus und entzog mich seiner Umarmung. „Wieso hast du mich dann nicht aufgehalten? Wieso hast du es mir nicht ausgeredet?”

Pater Michael sah mich mit großen Augen an. Die Verwirrung zeichnete ihm Falten auf die Stirn. „Ich habe doch versucht, dich davon abzuhalten. Aber du wolltest mir nicht zuhören. Du warst felsenfest davon überzeugt, dass es der einzige Weg war!”, erinnerte er mich unnötigerweise.

Natürlich wusste ich noch von den Diskussionen, die wir geführt hatten. „Ich weiß, ich weiß. Tut mir leid”, entschuldigte ich mich bei ihm und trat auf ihn zu. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss als Wiedergutmachung. „Tu mir bitte einen Gefallen, ja?”, sagte ich und stellte mich zurück auf die Füße. Aufmerksam blickte er mir in die Augen. „Wenn ich das nächste Mal so eine blöde Idee habe, dann hau mir eine runter oder fessle mich an den Altar!”, verlangte ich von ihm.

Pater Michael schmunzelte über meine Bitte. „Nun, das könnte ich tun. Allerdings”, sagte er und kratzte sich nachdenklich am Kinn, „glaube ich nicht, dass dich das aufhalten würde. Meinst du nicht?” Schelmisch zwinkerte er mir zu und betrachtete mein verblüfftes Gesicht.

Mein Mund schnappte vor Empörung auf und zu. Welch eine Frechheit, so etwas zu behaupten! „Du hast wahrscheinlich Recht”, gab ich dann aber kleinlaut zu und wurde puterrot. Verlegen blickte ich hinunter auf meine Schuhe. Plötzlich hörte ich das schallende Lachen des Paters, das durch die Kirche polterte. Was war denn nun schon wieder? „Du bist wirklich einmalig, Ada”, bemerkte er und wischte sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel.

Ich zog einen beleidigten Flunsch. „Schön, wenn ich so sehr zu deiner Belustigung beitragen kann”, warf ich ihm an den Kopf und schob mich an ihm vorbei, wobei ich es nicht vermeiden konnte, ihn unsanft anzurempeln. Wütend stapfte ich davon. Diese Nacht war echt scheiße!

Plötzlich packte mich eine Hand am Arm und hielt mich fest. Auf dem Absatz wirbelte ich herum und stand dicht vor dem Pater. „Du hast mich nicht aussprechen lassen”, sagte Pater Michael und sah mich verärgert an. Offensichtlich machte ich heute alles falsch! „Ich wollte sagen, dass du einmalig bist und unglaublich bezaubernd, wenn du sauer bist.”

Ich war verwirrt. War das ein Kompliment? Ich war mir nicht sicher. „Und ich liebe dich, Ada”, fügte er mit einem zärtlichen Lächeln hinzu.

Schlagartig verflog der Rauch um meinen Kopf. Wie konnte ich ihm bei diesen Worten noch länger böse sein? Und wieso war ich überhaupt böse auf ihn gewesen? Mhh, egal. Jetzt war ja alles wieder in Butter. Erst recht, als mich der Pater in seine Arme zog und küsste.

13. Vorsicht ist besser als …

Am nächsten Morgen bat ich den Pater um eine Trainingseinheit. Meine gestrige Unsicherheit, bevor ich die Kirche verlassen hatte, gefiel mir gar nicht. Sie lähmte mich zu sehr, und ich konnte das bei meiner ersten Jagdtour, die nicht in allzu weiter Ferne lag, wirklich nicht gebrauchen. Pater Michael sollte mir dabei helfen, den Wagemut und die Angriffslust, die in mir schliefen, wieder hervorzulocken. Ich übte mit Pfeil und Bogen, um zu testen, ob ich immer noch zielsicher war. Zu meiner Überraschung hatte ich nichts verlernt. Wie eh und je traf das Geschoss genau ins Schwarze. Dann drückte mir der Pater mein Schwert in die Hand. Ich war mir zuerst nicht sicher, ob ich es überhaupt würde halten können. Schließlich war mein Schmuckstück kein Leichtgewicht. Aber als ich meine Finger um den Griff schloss, fühlte es sich an, als würde ich einen alten Freund umarmen, den ich lange nicht gesehen hatte. Erinnerungen an gemeinsame Abenteuer stiegen in mir auf, und ich lächelte zufrieden. Es war ein gutes Gefühl. Pater Michael trat gegen mich und meine bedrohlich schimmernde Klinge an. Es tat gut, sich zu verausgaben. Aber ich spürte, wie er sich zurückhielt. Anscheinend wollte er mich schonen, nachdem ich so lange Zeit nicht mehr trainiert hatte. Auch ich hielt mich zurück, obwohl jede Menge Dampf unter meiner Oberfläche brodelte, der hinaus wollte. Doch dies war nicht der richtige Ort und auch nicht die richtige Zeit, um meine Wut und den Frust herauszulassen. Pater Michael sollte nicht wissen, wie sehr mich die Begegnung mit dem Reporter psychisch zurückgeworfen hatte. Nach ein paar Tagen verspürte ich wieder diesen Drang, der mich vor alledem in die Nächte hinausgezogen hatte. Ich wollte unbedingt auf Patrouille gehen. Der Pater brachte mich zur Tür. Er wirkte äußerst angespannt, und ich fühlte seine Augen auf mir, die mich unentwegt besorgt musterten. „Bitte sei vorsichtig”, mahnte er mich zum hundertsten Male, sodass mir schon die Ohren klingelten.

Genervt rollte ich mit den Augen und seufzte laut. „Ja, ja. Sei unbesorgt. Ich passe schon auf”, meinte ich gelangweilt. Ich verstand nicht, wieso er sich solche Sorgen machte. Er hatte mich doch trainieren sehen. Ich war gut. Genauso wie vorher auch. In dieser Hinsicht hatte sich nichts geändert.

„Bitte, Ada! Pass auf, und lass es zu keinem Nahkampf kommen. Nur aus der Ferne. Wie wir es besprochen haben, ja?”, erinnerte er mich an unsere Unterhaltung in der Küche.

Ich zog einen enttäuschten Flunsch. Nur aus der Ferne? Wie langweilig! „Ich versuche mich dran zu halten”, sagte ich ihm gelassen.

„Ada, bitte!” Seine Stimme klang leicht hysterisch, und er hüpfte nervös von einem Bein aufs andere.

„Ich passe schon auf mich auf, Michael. Mach dir keine Sorgen”, erwiderte ich ihm und gab ihm einen beschwichtigenden Kuss auf den Mund. Schnell wandte ich mich um. Ich zog den Kragen meines Mantels enger um meinen Hals und betastete ein letztes Mal das Arsenal an Waffen, das an meinem Körper befestigt war. Entschlossen öffnete ich die Tür und sah in die Dunkelheit hinaus. Ein kühler Wind wehte mir entgegen und verpasste mir eine Entenpelle vom Feinsten. „Es ist eine gute Nacht, um zu töten”, sagte ich leise vor mich hin. Ein letztes Mal blickte ich zurück zum Pater und wusste sofort, dass er meine geflüsterten Worte genau gehört hatte. Denn er beäugte mich voller Argwohn. Er schien meinem Urteilsvermögen nicht zu trauen. Aber was soll’s, dachte ich. Jetzt ging es los. Die Nacht hatte mich zurück. Das war das Einzige, was zählte. Ich zwinkerte ihm grinsend zu. Dann sprang ich hinaus in die dunkle Welt.

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