Читайте только на ЛитРес

Книгу нельзя скачать файлом, но можно читать в нашем приложении или онлайн на сайте.

Читать книгу: «Deportiert auf Lebenszeit», страница 41

Шрифт:

Fünfzehntes Capitel.
Die Entdeckung

Das Haus in Clarges Street war Mrs. Richard Devine zur Verfügung gestellt. Sie ließ sich dort zu dem höchsten Aerger von Mr. Smithers und der übrigen Dienerschaft häuslich nieder und es fehlte nur noch die offizielle Anerkennung von Lady Ellinor. Der Rest des fein ausgedachten Programmes mußte dann von selbst folgen. John Rex kannte sehr genau die Stellung, welche er, in seiner angemaßten Rolle, in der Gesellschaft ausfüllte.

Er wußte, daß die Welt der Diener, der Aufwärter, derjenigen, mit denen diese sprachen, der Sports-Männer und Herumtreiber, welche etwa noch nach Mr. Devine’s häuslichen Angelegenheiten sich erkundigten, kein andres Wort aussprechen würden, als etwa: »Mr. Devine hat sich mit Jemand verheirathet höre ich.« – Oder Ähnliches. Er wußte recht gut, daß die wirkliche große Welt, die Gesellschaft, deren üble Nachrede ihm schaden konnte, sich schon lange nicht mehr um ihn bekümmerte. Wenn es geheißen hätte, der Leviathan der Rennbahn hat seine Waschfrau geheirathet, so würde jeder gesagt haben: – »das ist’s gerade, was man von ihm erwarten konnte.« Die Wahrheit zu sagen Mr. Richard hatte gehofft, daß Lady Ellinor, empört über seine Brutalität, gar nichts mehr mit ihm zu thun haben wollte und daß die Prüfung seine Frau vorzustellen, ihm erspart bleiben würde.

Lady Ellinor aber hatte sich ein ganz andres Betragen vorgenommen. Die Nachricht von dem Vorhaben Richards schien ihr die Kraft zu dem Bekenntnis ihrer Abneigung gegen den Sohn zu geben, die schon lange in ihr schlummerte. Ja, ihre Zweifel über ihn, – die Schatten, die auf ihren Glauben an seine Persönlichkeit gefallen waren, schienen jetzt festere Gestalt anzunehmen.

»Sein Betragen ist brutal,« sagte sie zu ihrem Bruder. »Ich kann es nicht verstehen!«

»Es ist mehr als brutal, es ist unnatürlich,« erwiderte Francis Wade und blickte sie verstohlen an. »Ueberdies ist er verheirathet.«

»Verheirathet?« rief Lady Devine.

»So sagt er,« fuhr der Andere fort, den Brief hervorziehend, den Rex nach Sara’s Diktat geschrieben hatte.

»Er schreibt mir und sagt, daß seine Frau, die er letztes Jahr auf dem Continent heirathete, nach England gekommen ist und uns vorgestellt zu werden wünscht.

»Ich will sie nicht empfangen,« rief Lady Devine und stand auf und ging aus und ab.

»Aber das würde eine Kriegserklärung sein,« sagte der arme Francis, und drehte einen Onyx, der seine unentschlossene Hand zierte, hin und her. »Ich möchte nicht dazu rathen.«

Lady Devine stand plötzlich still mit der Geberde von Jemand, der zu einem schweren, wohl überlegten Entschluß gekommen ist.

»Richard soll nicht das Haus verkaufen,« sagte sie.

»Aber, liebe Ellinor«, rief ihr Bruder etwas unruhig über diese ungewohnte Entscheidung. »Ich fürchte, daß Du es nicht hindern kannst.«

»Wenn er der Mann ist, der er vorgiebt, zu sein, – dann kann ich es,« erwiderte sie mit Anstrengung.

Francis Wade athmete schwer.

»Wenn er der Mann ist! Es ist wahr, ich habe zuweilen gedacht – O Ellinor, kann es sein, daß wir betrogen sind?«

Sie näherte sich ihm und lehnte sich auf ihn, wie sie sich grade vor neunzehn Jahren im Garten auf ihren Sohn gestützt hatte. »Ich weiß nicht, ich fürchte mich, zu denken. – Aber zwischen mir und Richard besteht ein Geheimniß, – ein schmachvolles Geheimniß, Frank, das kein andres lebendes Wesen kennt. Wenn der Mann, der mir droht, das Geheimniß nicht kennt, so ist er nicht mein Sohn. Wenn er es kennt – —«

»Nun, in Himmels Namen, was dann?«

»So weiß er, daß er keinen Anspruch an das Vermögen des Mannes hat, der mein Gatte war.«

»Ellinor, Du erschreckst mich. – Was bedeutet das?«

»Ich will es Dir sagen, wenn es nöthig ist,« sagte die unglückliche Frau. – »Aber jetzt kann ich nicht. Ich wollte niemals wieder davon sprechen. Denke nur, es ist hart, ein Schweigen zu brechen, das zwanzig Jahre gedauert hat. Schreibe an diesen Mann und sage ihm, daß, ehe ich seine Frau empfange, ich ihn allein zu sprechen wünsche. Nein, nein, laß ihn nicht wieder hierherkommen, bis die Wahrheit bekannt ist. Ich will zu ihm gehen.«

Mr. Richard, der mit seiner Frau im Besuchszimmer saß, erwartete mit einiger Beklommenheit am Nachmittag des 3. Mai 1846 die Ankunft seiner Mutter. Er war sehr nervös und angegriffen gewesen seit einigen Tagen und die Aussicht aus die baldige Zusammenkunft erfüllte ihn, er wußte selbst nicht warum, mit großer Furcht.

»Warum kommt sie allein? Was kann sie mir zu sagen haben?« fragte er sich selbst. »Sie kann doch nach so vielen Jahren keinen Argwohn haben, – gewiß.« Er bemühte sich, allerlei Gründe zu erdenken, aber vergeblich. Das Klopfen an der Hausthür, welches das Nahen seiner Mutter verkündete, verursachte ihm Herzklopfen.«

»Ich bin ganz zittrig, Sara,« sagte er.

»Gib mir etwas zu trinken.«

»Du hast die letzten fünf Jahre viel zu viel getrunken, Dick.« (Sie hatte ihre Zunge schon ganz an den Namen gewöhnt.) »Dein Zittern ist die Wirkung des Trinkens, fürchte ich.«

»O predige nicht, ich habe nicht die Laune, darauf zu hören.«

»So nimm Dir. – Bist Du ganz sicher mit Deiner Geschichte?«

Der Branntwein belebte ihn und er stand mit angenommener Fröhlichkeit auf. »Liebe Mutter, erlaube mir, Dir – — « Er hielt inne, denn es war etwas in Lady Ellinor‘s Gesicht, das seine schlimmste Furcht bestätigte.

»Ich wünsche mit Dir allein zu sprechen,« sagte sie und that so, als sähe sie die Frau nicht, welche sie doch eigentlich gekommen war zu sehen.

John Rex zögerte, aber Sara sah die Gefahr und beeilte sich ihr entgegen zu treten.

»Eine Frau ist des Mannes beste Freundin, Madam. Ihr Sohn hat mich aus freiem Willen geheirathet und selbst seine Mutter kann ihm nichts zu sagen haben, das nicht meine Pflicht und mein Vorrecht auch wäre, anzuhören. Ich bin kein junges Mädchen, wie Sie sehen und kann die Nachrichten ertragen, die Sie bringen.«

Lady Devine biß aus ihre bleichen Lippen.

Sie sah sogleich, daß die Frau vor ihr nicht von seinem Herkommen war, aber sie fühlte auch, daß sie ihr an Geisteskraft überlegen war. Obgleich sie auf das Schlimmste vorbereitet war, so erschreckte sie diese plötzliche und offene Erklärung der Feindseligkeiten doch. Darauf hatte Sara gerechnet. Sie fühlte, daß wenn sie die Aufgabe zu Ende bringen wollte, die sie sich gestellt, sie ihre Kraft nicht in solchem Geplänkel verschwenden müsse. Sie blickte nicht auf Richards Weib, sondern redete ihn selbst an. »Mein Bruder wird in einer halben Stunde hier sein,« sagte sie, als ob die Erwähnung seines Namens ihre Lage bessere und sie schütze. »Aber ich bat ihn, er möge mir gestatten, voranzugehen, damit ich erst privatim mit Dir sprechen könne.«

»Gut,« sagte Rex, – »wir sind allein. Was hast Du zu sagen?«

»Ich will Dir sagen, daß ich Dir verbiete, den Plan auszuführen, den Du hast und Sir Richards Eigenthum zu zerstückeln.«

»Mir verbieten!« ruft Rex, ganz erleichtert. – »Ich will ja nur thun, was meines Vaters Testament mir zu thun erlaubt.«

»Deines Vaters Testament berechtigt Dich zu nichts dergleichen und das weißt Du ja.« – Sie sprach, als ob sie eine Reihe von vorher bedachten Sätzen wiederhole. Sara beobachtete sie mit wachsender Unruhe.

»O Unsinn,« ruft John Rex in hellem Erstaunen. »Ich kenne meines Advokaten Meinung darüber.«

»Erinnerst Du Dich, was in Hampstead heute vor neunzehn Jahren stattfand?«

»In Hampstead?« fragte John Rex, plötzlich bleich werdend. »Heute vor neunzehn Jahren! Nein. Was meinst Du?«

»Du erinnerst Dich nicht?« fuhr sie fort, eifrig sich vorbeugend und ganz heftig sprechend. »Du besinnst Dich nicht auf den Grund, warum Du das Haus verließest, wo Du geboren bist und daß Du nun an Fremde verkaufen willst?«

John Rex stand erstarrt da; das Blut stieg in seine Stirn. Er wußte, daß unter den Geheimnissen des Mannes, dessen Erbe er gestohlen hatte, eins war, dessen er nie habhaft geworden und auf das Lady Ellinor ein Mal hingedeutet hatte. Er fühlte, daß dies Geheimniß ihm jetzt offenbart werden sollte.

Sara, mehr vor Wuth als vor Schrecken zitternd, näherte sich Lady Ellinor. »Sprechen Sie,« sagte sie, »wenn Sie etwas zu sagen haben! Wessen klagen Sie meinen Mann an?«

»Des Betruges!« rief Lady Ellinor und ihre beleidigte Mutterwürde gab ihr Kraft, dem Feinde entgegen zu treten. »Dieser Mann mag ihr Gatte sein, aber er ist nicht mein Sohn!«

Jetzt, da das Schlimmste ausgesprochen war, fühlte John Rex, von Leidenschaft fast erstickt, den ganzen Teufel in sich gegen solche Niederlage sich empören. »Sie sind wahnsinnig,« sagte er. »Sie haben mich vor drei Jahren anerkannt und jetzt, nun ich das in Anspruch nehme, was mir gehört, nun erfinden Sie diese Lüge. Nehmen Sie sich in Acht, ehe Sie mich reizen. Wenn ich nicht Ihr Sohn bin, – so haben Sie mich doch als solchen anerkannt. Ich habe das Gesetz für mich und meine Rechte.«

Lady Ellinor wandte sich um und beide Hände an ihre Brust gedrückt, stand sie ihm gegenüber.

,Sie sollen Ihr Recht haben! Sie sollen haben, was das Gesetz Ihnen zuspricht!O wie blind bin ich alle diese Jahre gewesen! Nennen Sie sich noch länger Richard Devine und ich werde der Welt das schmachvolle Geheimniß enthüllen, das zu verbergen, mein Sohn starb! Seien Sie Richard Devine! Richard Devine war ein Bastard und das Gesetz spricht ihm nichts zu

Man konnte die Wahrheit ihrer Worte nicht bezweifeln. Es war nicht möglich, daß eine Frau, deren Haus so entehrt war, eine so sich selbst verurtheilende Lüge erfinden würde.

Doch zwang sich John Rex zum Zweifel und seine heißen Lippen fragten: »Wenn Ihr Gatte also nicht der Vater Ihres Sohnes war, wer war es denn?«

»Ich schäme mich nicht, ihn zu nennen,« sagte Lady Devine mit verzweifeltem Stolz, – »es war mein Vetter, Armigell Esmé Wade, Viscount von Bellasis!«

John Rex rang nach Athem. Seine Hand zerrte an seinem Halstuch und er riß es entzwei. Es schien, als ob der ganze Horizont seiner finsteren Vergangenheit durch einen plötzlichen Blitz erleuchtet würde und ihn betäubte. Sein Gehirn, schon geschwächt durch seine Ausschweifungen, konnte diesem letzten Schlage nicht widerstehen. Er schwankte und hätte er sich nicht an den kleinen Schrank gelehnt, neben dem er stand, so wäre er gefallen. Die geheimen Gedanken seines Herzens traten auf seine Lippen und wurden unwillkürlich ausgesprochen. »Viscount Bellasis! Er war auch mein Vater und er hat sich gerächt, – denn ich tödtete ihn!«

Ein fürchterliches Schweigen entstand und dann streckte Lady Devine die Hände nach dem bekennenden Mörder aus und mit furchtbarer Angst sagte sie flüsternd, in einem Tone, der Flehen und Entsetzen ausdrückte: »Was thaten Sie mit meinem Sohn? – Tödteten Sie ihn auch?«

Aber John Rex, mit dem Kopfe in und herwiegend wie ein gefesseltes Tier, das einen Schlag erhalten, antwortete nicht. Sara Purfoy, in Schrecken gejagt durch die dramatische Lage, in der sie sich befanden, erinnerte sich, daß Mr. Wade jeden Augenblick erscheinen könne und wollte ihre letzte Hoffnung auf Sicherheit benutzen.

Sie trat vor, berührte die Mutter an der Schulter und sagte: »Ihr Sohn lebt.«

»Wollen Sie versprechen, uns nicht zu verhindern, dies Haus zu verlassen, wenn ich es Ihnen sage?«

»Ja, ja!«

»Wollen Sie versprechen das Bekenntnis, welches Sie geheim zu halten, bis wir England verlassen haben?«

»Ich verspreche Alles! In Gottes Namen, Frau, wenn Sie ein Herz haben, sprechen Sie! Wo ist mein Sohn?«

Sara Purfoy triumphierte jetzt über den Feind, der sie geschlagen und sagte in schneidendem Tone: »Man nennt ihn Rufus Dawes. Er ist ein Deportierter in Norfolk Island, wohin er wegen des Mordes Deportiert ist, dessen sich mein Mann soeben angeklagt hat. – Ach!«

Lady Devine war ohnmächtig geworden.

Sechzehntes Capitel.
Fünfzehn Stunden

Sara flog zu Rex. »Auf, ermanne dich, John, um’s Himmels willen. Wir haben keinen Augenblick zu verlieren.«

John Rex strich mit der Hand über die Stirn. »Ich kann nicht denken. Ich bin erdrückt. Ich bin krank. Mein Hirn ist todt.«

Mit nervöser Angst die dahingestreckte Gestalt auf dem Boden bewachend, nahm Sara Hut, Mantel und Schleier und in wenigen Sekunden hatte sie John aus dem Hause und saß mit ihm in einem Cab.

»Neununddreißig, – Lombard- Straße! – Schnell.«

»Du wirst mich doch nicht angeben?» fragte Rex, seine trüben Augen auf sie richtend.

»Dich angeben! Nein. Aber die Polizei wird hinter uns her sein, sobald die Frau wieder sprechen kann und ihr Bruder seinen Advokaten ruft. Ich weiß, was ihr Versprechen werth ist. Wir haben ungefähr fünfzehn Stunden vor uns.«

»Ich kann nicht weit gehen, Sara,« sagte er. »Ich bin schläfrig und dumm.«

Sie unterdrückte die entsetzliche Furcht, die an ihrem Herzen nagte und versuchte, ihn aufzumuntern.

»Du hast zu viel getrunken, John. Jetzt sitze still und sei vernünftig, während ich gehe und Geld für Dich hole.«

Sie eilte in die Bank und ihr Name verschaffte ihr sogleich eine Zusammenkunft mit dem Direktor.

»Das ist eine reiche Frau,« sagte Einer der jungen Leute zu seinem Freunde. »Eine Wittwe. Etwas für Dich, Tom,« erwiderte der Andre und in dem Augenblick kam ein Dritter aus der hohen Conferenz heraus, wegen eines Wechsels auf Sydney von 3000 Pfund, abzüglich der Prämie und eine Anweisung auf 200 Pfund, gezeichnet Sara Carl, welche sie in Banknoten entnahm. Dann ging sie.

Von der Bank fuhr sie nach Green’s Schiffsbüreau. »Ich wünsche eine Kajüte in dem nächsten Schiff nach Sydney zu nehmen.«

Der junge Mann sah auf die Liste. »Der Highflyer geht in zwölf Tagen, Madam und ist noch eine Kajüte leer.«

»Ich muß sogleich reisen, morgen oder übermorgen.«

Er lächelte. »Ich fürchte, das ist unmöglich.« In dem Augenblicke trat Einer der Geschäftsinhaber aus seinem Privatzimmer heraus mit einem Telegramm in der Hand und winkte dem Clerk.

Sara wollte eben nach einem andern Bureau fahren, als sie eilig zurückgerufen wurde. »Grade für Sie passend, Madam,« sagte er. »Wir haben ein Telegramm von einem Herrn bekommen, der eine erste Kajüte in der Dido genommen hatte. Er sagt, seine Frau sei krank geworden und er könne nicht reisen.«

»Wann segelt die Dido?«

»Morgen Früh. Sie wartet in Plymouth auf die Post. Wenn Sie heute Nacht mit dem Postzuge reisen, um 9 Uhr 30 Minuten, so haben Sie Zeit genug und wir wollen telegraphieren.«

»Ich nehme die Kajüte. Wie viel?«

»Ein hundert und dreißig Pfund, Madam.«

Sie brachte ihre Banknoten vor.

»Bitte, zählen Sie selbst. Wir sind in derselben Weise zurückgehalten worden. Mein Mann ist sehr krank, aber ich war nicht so glücklich, daß sich gleich Jemand fand, der das Passagegeld ersetzte.«

»Welchen Namen nannten Sie?« fragte der junge Mann im Zählen. »Mr. und Mrs. Carr. Danke.« Er überreichte ihr den Zettel.

»Danke Ihnen,« sagte Sara mit bezauberndem Lächeln und eilte wieder in ihren Wagen.

John Rex kaute mürrisch an seinen Nägeln. Sie zeigte das Billet. »Du bist gerettet. Ehe Mr. Devine sieh besinnen kann und seine Schwester die Sprache wiederfindet, sind wir außer Gefahr der Verfolgung.«

»Nach Sydney,« schrie Rex ärgerlich, den Zettel anblickend. »Warum grade dahin?«

Sara sah ihn verächtlich an. »Weil Dein Plan nichts taugte. Jetzt kommt der Meine an die Reihe. Du hast mich ein Mal verlassen, Du würdest es in einem andern Lande wieder thun. Du bist ein Mörder, ein Schuft, ein Feigling. aber ich mag Dich. Ich rette Dich, aber ich will Dich behalten. Ich will Dich nach Australien bringen, wo der erste Polizist Dich auf mein Verlangen festnehmen kann, als entflohenen Sträfling. Wenn Du das nicht magst, kannst Du zurückbleiben, – es ist mir gleich. Ich bin reich. Ich habe kein Unrecht gethan. Das Gesetz kann mich nicht fassen., – Willigst Du ein? Dann sage dem Mann, daß er nach Silver’s in Cornhill fährt, wegen Deiner Ausrüstung.«

Als sie ihn endlich in einem ruhigen Wirthshause nahe der Eisenbahn-Station untergebracht hatte, versuchte sie über das von ihm bekannte Verbrechen Auskunft zu erlangen.

»Wie kam es, daß Du Lord Bellasis tödtetest?« fragte sie ganz ruhig.

»Ich hörte von meiner Mutter, daß ich sein natürlicher Sohn wäre und als ich eines Tages von einem Tauben-Wetten nach Hause ritt, traf ich ihn und sagte es ihm. Er verspottete mich und ich schlug ihn. Ich wollte ihn nicht tödten, aber er war ein alter Mann und in meiner Leidenschaft traf ich zu hart. Als er fiel, sah ich einen Reiter zwischen den Bäumen und galoppierte davon. Mein Unglück fing damals an, denn in derselben Nacht wurde ich bei den Falschmünzern verhaftet.«

»Aber ich dachte, es war Raub?« sagte sie.

»Nicht von meiner Seite. Aber um Gottes willen, sprich nicht mehr. Ich bin krank. Mein Gehirn dreht sich um und um. Ich will schlafen.

* * *

»Vorsichtig! Bitte, heben Sie ihn vorsichtig!« sagte Mrs. Carr, als das Boot an die Dido lief, die dunkel im düsteren Licht des Maienmorgens dalag.

»Was gibt’s?» fragte der wachhabende Offizier, als er die Unruhe im Boot sah.

»Der Herr scheint einen Schlaganfall gehabt zu haben,« sagte ein Bootsmann – Es war so. Jetzt war keine Gefahr mehr, daß John Rex der Frau entfliehen würde, die er betrogen.

Der teuflische Genius von Sara Purfoy hatte endlich ihren Geliebten gerettet, aber sie hatte ihn sich nur gerettet, um ihn bis zum Tode zu pflegen; – bis zum Tode blieb er ohne Bewußtsein und erkannte nicht mehr ihre Liebe, – ein bloßes Tier, seines Verstandes beraubt, den er auf so schlechte Weise gemißbraucht hatte.

Siebzehntes Capitel
Die Erlösung

– »Das ist meine Geschichte. Sie bittet: geben Sie Ihr Vorhaben auf und retten Sie sie! Die Strafe der Sünde fällt nicht auf den Sünder allein. Eine That lebt noch in ihren Folgen weiter und diese Tragödie von vier Menschenleben, diese Tragödie von Scham und Verbrechen, zu welcher mein schimpflicher Tod das passende Ende ist, ja nur die Frucht einer Sünde gleich der Ihrigen!«

Es war dunkel geworden im Gefängnis und als er aufhörte zu sprechen, fühlte Rufus Dawes eine zitternde Hand die seinige ergreifen. Es war die des Kaplans.

– »Lassen Sie mich Ihre Hand halten! Sir Richard Devine ermordete nicht Ihren Vater! Er wurde von einem Reiter gemordet, der mit ihm kam, ihn niederschlug und entfloh.«

»Gnädiger Gott! woher wissen Sie das?«

»Weil ich sah, wie der Mord begangen wurde, – weil, – lassen Sie mir Ihre Hand, – weil ich den Todten beraubte!«

»Sie?«

»In meiner Jugend war ich ein Spieler. Lord Bellasis gewann Geld von mir und und ihn zu bezahlen, fälschte ich zwei Wechsel. Gewissenlos und grausam, drohte er, mich bloszustellen, wenn ich ihm nicht die doppelte Summe gäbe. Fälschung war in jenen Tagen der Tod und ich strengte jeden Nerv und jede Kraft an, um die Wechsel zurückzukaufen.

Es gelang mir. Ich sollte Lord Bellasis an jenem Abend in der Nähe seines Hauses treffen, um ihm das Geld zu bezahlen und die Wechsel zurückzunehmen. Als ich ihn fallen sah, eilte ich hin, aber statt den Mörder zu verfolgen, nahm ich meine gefälschten Wechsel aus seinem Taschenbuch. Ich fürchtete mich bei der Untersuchung als Zeuge aufzutreten, sonst hätte ich – Sie retten können. – Ach, Sie ziehen Ihre Hand fort!«

»Gott vergebe Ihnen!« sagte Rufus Dawes und war dann still.

»Sprich!« rief North. »Sprich, oder ich werde wahnsinnig. Mache mir Vorwürfe! Stoße mich, speie mich an! Du kannst nicht schlechter von mir denken als ich es selbst thue.« Aber der Andre, den Kopf in die Hände gelegt, antwortete nicht und mit wilder Geberde, taumelte North aus der Zelle hinaus.

Beinahe eine Stunde war vergangen, seit der Kaplan die Rumflasche in seine Hand gelegt und Gimblett bemerkte in seiner halben Trunkenheit, daß sie noch nicht leer war.

Er hatte zuerst nur die Absicht, einen Schluck zu nehmen, als Lohn für seine Höflichkeit, – denn Gimblett war sich bewußt, daß er dem Branntwein gegenüber eine gewisse Schwäche besaß. Aber er wartete und wartete, – aus dem einen Schluck wurden zwei, aus den zweien drei und endlich hatte mehr als die Hälfte der Flasche seinen Gaumen benetzt und der Wunsch nach mehr wurde immer dringender.

Gimblett war in großer Verlegenheit. Wenn er nicht seine Flasche leerte, würde er es ewig bedauern.

Wenn er sie leerte, wurde er betrunken; und im Amt betrunken sein, war die unverzeihlichste Sünde. Er blickte über die dunkle See hin, wo das steigende und fallende Licht den Schooner bezeichnete.

Der Kommandant war weit fort. Eine schwache Brise, welche, – Blunts Prophezeiung zu Folge, sich mit der einbrechenden Nacht erhoben hatte, führte den Ton der Stimmen der Bootsleute von dem Hafendamm bis zu ihm.

Sein Freund Jack Mannic war Hochbootsmann. Er wollte Jack auch einen Trunk geben. Das Thor verlassend und über die Hafenmauer blickend, rief er seinem Freunde zu. Aber die Brise, welche grade aufsprang, ließ seine Stimme ungehört verhallen. Jack Mannic, der nichts gehört, setzte seine Unterhaltung ruhig fort. Gimblett war grade betrunken genug, uni über diese Unhöflichkeit ärgerlich zu sein und sich auf das Ende der Mauer setzend, trank er den übrigen Rum auf einen Zug aus. Die Wirkung auf diesen durch die Umstände mäßig gehaltenen Magen war sehr merkwürdig. Er machte eine schwache Anstrengung, sich auf seine Beine zu stellen, warf einen vorwurfsvollen Blick auf die leere Flasche, versuchte aus der geleerten Flasche zu trinken und dann mit einem Lächeln der leichtsinnigsten Zufriedenheit, verfluchte er die Insel und Alles, was daraus und schlief ein.

North, aus dem Gefängnis kommend, bemerkte die Abwesenheit des Aufsehers gar nicht; – er war nicht in der Lage, irgend etwas zu bemerken. Mit bloßem Kopfe, ohne seinen Mantel, mit starren Augen und gefalteten Händen, stürzte er durch das Thor in die Nacht hinaus, wie Einer, er vor etwas Furchtbarem flieht. Er schien, als ob er, in tiefe Gedanken versunken, nicht auf seine Schritte achtete, denn statt den Pfad nach der See einzuschlagen, folgte er dem ihm mehr vertrauten, der nach seiner Wohnung auf dem Hügel führte.

»Dieser Mann ein Sträfling!« rief er. »Er ist ein Held, ein Märtyrer! Was für ein Leben! Liebe! Ja, das ist Liebe, in der That. O James North, wie niedrig bist du in den Augen Gottes neben diesem verachteten Ausgestoßenen!« So murmelnd und sein graues Haar ausreißend, gegen seine klopfenden Schläfe mit geballten Fäusten schlagend, erreichte er sein Zimmer und sah bei dem Lichte des neuen Mondes den Reisesack und das Licht auf dein Tisch stehen, wo er Beides gelassen hatte. Sie brachten ihm die Aufgabe in Erinnerung, welche vor ihm lag. Er steckte das Licht an, nahm den Sack in seine Hand, warf einen Blick rings in dem Zimmer umher, das seine schwachen Kämpfe gegen den schlechteren Theil seiner selbst mit angesehen hatte, den Theil, der nun schließlich gesiegt.

So war es. Das Schicksal hatte ihn zur Sünde verdammt und er mußte jetzt das Urtheil dulden, das er hätte vermeiden können. Er glaubte schon, den dunklen Fleck, welcher der Schooner war, sich langsam von der Küste entfernen zu sehen. Er durfte nicht länger zögern; sie warteten am Hasen auf ihn.

Als er sich umwandte, warfen die Mondstrahlen, die noch von den rasch sich aufthürmenden Wolken nicht verdüstert waren, einen silbernen Streifen über die See und in diesem Lichtstreifen sah North ein Boot.

Irrte sich sein verwirrtes Hirn? —

Hinten im Boot saß ein Mann, in einen Mantel gehüllt! Ein Windstoß trieb die Wolken über den Mond und das Boot verschwand, als ob es von dem zunehmenden Sturm verschlungen sei. North taumelte zurück, da er die Wahrheit begriff.

Er erinnerte sich, daß er gesagt hatte: »Ich will ihn erlösen und wenn es mit meinem Blute sein sollte!«

War es möglich, daß ein gerechter Himmel so entschieden hatte und dem Manne, den ein Feigling verurtheilt, gestattete, zu entkommen, um den Feigling, der zurückblieb, zu strafen?

Ja, dieser Mann verdiente die Freiheit! Er war rechtschaffen, edel und wahr. Wie verschieden von ihm selbst, von ihm, dem hassenswerthen Egoisten, dem unkeuschen Priester, dem Trunkenbold. Der Spiegel, in dem nun bald das heilige Gesicht von Meekin sich spiegeln sollte, stand auf dem Tische und North, hineinblickend, eine Hand mechanisch in den Reisesack gesteckt, sah mit wahnsinniger Wuth auf das bleiche Gesicht und die blutunterlaufenen Augen, welche er dort erblickte.

Was für ein hassenswerther Elender war er geworden! Des letzte unheilvolle Rettungsmittel, durch welches der Wahnsinn einem scheußlichen Bilde entrinnt, blieb ihm noch und seine Finger schlossen sich krampfhaft um den Gegenstand, den er in dem Reisesack gefaßt hatte.

»Es ist besser so,« murmelte er, indem er mit starren Augen sein eigenes, verhaßtes Bild ansah.

»Ich habe Dich lange genug geprüft, ich habe in Deinem Herzen gelesen und Deine Geheimnisse aufgeschrieben. Du bist nur eine Schale, – die Schale, welche das verderbte, sündige Herz enthält. Er soll leben, Du sollst sterben!«

Die schnelle Bewegung seines Armes riß die Kerze um und Alles wurde dunkel.

* * *

Rufus Dawes, überwältigt von dem so plötzlich ihm gemachten Bekenntnis, blieb einige Augenblicke bewegungslos in seiner Zelle und erwartete das Geräusch der schweren, sich schließenden, äußeren Thür zu hören. Aber er hörte nichts und es schien ihm, als wenn die Luft in der Zelle plötzlich kühler geworden. Er ging zur Thür und blickte in den Korridor, in der Erwartung, das närrische Gesicht von Gimblett zu sehen. Zu seinem Erstaunen war die Thür des Gefängnisses weit offen und keine Seele in Sicht. Sein erster Gedanke war an North. Hatte die Geschichte, die er erzählt zugleich mit den Bitten, die er an ihn gerichtet, hingereicht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen? Er sah sich um. Es war Nacht geworden; der Wind wurde stärker; von jenseits der Barre tönte das Murren der erregten See. Wenn der Schooner noch diese Nacht segelte, mußte er sobald wie möglich in tiefes Wasser kommen. Wo war der Kaplan? Gebe der Himmel, daß der Verzug genügend war und sie ohne ihn gesegelt sind. Und doch werden sie sich sicher treffen. Er trat einige Schritte vor und sah sich um. War es möglich, daß North in seinem Wahnsinn eine Gewalthat begangen, welche den zuverlässigen Gimblett von seinem Posten gelockt hatte? – »Br, Uf!« Der zuverlässige Gimblett lag Tierisch betrunken zu seinen Füßen.

»He, Holla, – Hier!« rief Jemand vom Hafendamm »Sind Sie es Mr. North?« Wir haben keine Zeit mehr?«

Von dem Fenster des Kaplans-Hauses auf dem Hügel blinkte Licht. Die im Boot konnten es nicht sehen, aber in dem Gefangenen erweckte es eine wilde Hoffnung, welche sein Herz erzittern machte. Er lief zurück zu seiner Zelle, setzte den breitkrämpigen Hut von North auf, hing dessen Meißen Mantel um und lief schnell die Stufen hinab. Wenn der Mond nun schiene!

Springen Sie herein, Sir,« rief der nichts ahnende Mannic, der nur an die Strafe dachte, von der er bedroht war, »es wird eine schlimme Nacht geben. – Legen Sie das über ihre Knie, Sir. – Fort, schnell!« – Das Boot stieß ab. Ein Mondstrahl fiel auf die vorübergebeugte Gestalt und die Mannschaft, mit der gefährlichen Aufgabe beschäftigt, das Boot über das Riff zu ringen, achtete nicht weiter auf den Kaplan.

»Bei George, Burschen, – wir kommen grade noch zur Zeit,« rief Mannic, als sie am Schooner anlegten, der dunkel in der Dunkelheit erschien. »Hinauf, Euer Ehrwürden, schnell!« Der Wind hatte sich gedreht und kam vom Lande. Blunt, der seine Hartnäckigkeit zu bereuen begann, aber sie nicht gestehen wollte, dachte, das Beste sei, schnell die offene See zu gewinnen.

»Verdammter Pfaffe!« sagte er in seiner Aufrichtigkeit, wir können doch nicht die ganze Nacht auf ihn warten. »Lichtet, Mr. Johnson!«

So wurde grade der Anker erhoben, als Rufus Dawes auf Deck sprang. Der Kommandant, der eben in seinem Boot abstieß, brüllte ein Lebewohl. »Leben Sie wohl, North! Sie kamen grade noch im letzten Augenblick!« Dann fügte er hinzu: »Verfluchter Kerl, – ist zu stolz, um zu antworten.« Der Kaplan sprach mit Niemand, lief die Kajütstreppe hinab, nach den Stern-Kajüten. »Mit genauer Noth mitgekommen, Ehrwürden,« sagte irgend ein Jemand, und öffnete achtungsvoll die Kajütsthür. – So war es, aber der Geistliche sagte nichts. Er schloß die Thür von innen und kaum sich bewußt der großen Gefahr, der er so eben entronnen, warf er sich ganz erschöpft in die Koje.

Ueber seinem Kopf hörte er das Stampfen der Füße und das fröhliche »Jo, hi, ho! Jo, hi ho!« der Männer am Spill. Er konnte die See riechen und durch das offene Fenster unterschied er das Licht in des Kaplan’s Hause auf dem Hügel. Das Stampfen hörte auf, das Schiff fing an sich schnell zu bewegen, – das Boot des Kommandanten war einen Augenblick dort unten zu sehen, wie es nach Land ging. Die Lady Franklin war unter Segel.

Seine Augen auf das kleine Licht gerichtet, dachte er daran, was jetzt am Besten zu thun sei.

Es war unglaublich, daß er die Täuschung, welche ihm in der Verwirrung und Dunkelheit geglückt war, lange aufrecht erhalten konnte. Er war sicher, in Hobart Town entdeckt zu werden, selbst wenn er sich während der langen, langweiligen Reise verborgen halten konnte. Doch darauf kam es ja nicht an. Er hatte Sylvia gerettet, denn North war zurückgeblieben. Armer North! Als dieser Gedanke des Mitleides durch seine Seele fuhr, verlöschte das Licht plötzlich und Rufus Dawes, wie von unwiderstehlicher Macht getrieben, sank auf seine Kniee und betete um Vergebung und Glück für den Mann, der ihn erlöst hatte.

* * *

»Das ist ein Kanonenschuß von der Küste,« sagte Partridge, der Steuermann, »und sie brennen ein rothes Licht ab. Ein Gefangener ist entflohen. – Sollen wir beilegen?«

»Beilegen?« brüllte der alte Blunt mit fürchterlichem Fluche. »Wir werden etwas Anderes zu thun bekommen. Seht dorthin!«

Der Himmel hatte nach Norden zu einen streifigen Gürtel von fahlen Grün und darüber hing eine mächtige schwarze Wolke, die fortwährend ihre Form veränderte.

Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
10 декабря 2019
Объем:
700 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

С этой книгой читают