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WIEDERVEREINIGUNG (2035–2069)

»So oblag es den Bürgern, Night City wiederaufzubauen, unterstützt von Nomads und kleinen Unternehmen.«

WÄHREND DER NÄCHSTEN FÜNF JAHRE kehrten die Nationen und Konzerne der Erde allmählich zur Normalität zurück. Durch die Wiedereröffnung der Handelsrouten konnten Städte mit dem Neuaufbau beginnen. Man setzte die beschädigte Infrastruktur wieder instand, und Technologie wurde allgegenwärtig.

In den USA wurden viele Städte, die während des Kollapses von 1990–2016 aufgegeben worden waren, mithilfe der Regierung und der Konzerne neu besiedelt. Letztere sahen darin eine Gelegenheit, ihr Image zu verbessern, nachdem ihr Ansehen in der Öffentlichkeit durch den Krieg stark gelitten hatte. Außerdem wollten sie ihren kulturellen Einfluss wiederherstellen.

Night City war von Präsidentin Kress und der US-Regierung im Stich gelassen worden. So oblag es den Bürgern, ihre Stadt wiederaufzubauen, unterstützt von Nomads und kleinen Konzernen. Zu jener Zeit gab es zahlreiche Gerüchte darüber, dass die Regierung Arasaka nur zum Sündenbock für die nukleare Explosion gemacht hatte, weswegen viele Großunternehmen nach möglichst viel Unabhängigkeit strebten. Was die Bürger selbst anging – sie hätten lieber die Rückkehr des asiatischen Sicherheitskonzerns gesehen, als sich der US-Regierung zu unterwerfen.

In Europa hingegen entwickelten sich die Dinge nicht so gut für die alten Megakonzerne. Die etablierten Akteure waren durch den Krieg geschwächt, und aufstrebende Unternehmen, die von den europäischen Regierungen unterstützt wurden, liefen ihnen schnell den Rang ab.

In Asien stellte sich Arasaka hoch erhobenen Hauptes der Schmach der Niederlage. Das Unternehmen musste einen Großteil seiner Vermögenswerte für Reparationen aufwenden, aber eine Handvoll lukrativer Verträge erlaubten es ihm, schnell wieder eine marktführende Position in der Waffenproduktion und der Sicherheitsindustrie einzunehmen. Der Rückschlag zog dennoch bleibende Konsequenzen nach sich, denn Berichten zufolge kam es zu einem geheimen Bürgerkrieg in den Rängen des Konzerns, ausgefochten zwischen Saburo Arasaka und seinen Kritikern.

Neue, isolierte Netzwerke erschienen auf der Bildfläche, die meisten davon regionale Intranetze. Die wenigen Verbindungen zwischen diesen Netzwerken wurden sorgsam von NetWatch kontrolliert, obwohl dessen Einfluss in Europa und Ozeanien stark eingeschränkt war. Zivile Nutzer hatten keinen Zugang zu diesem neuen Net, und es war auch besser gegen Netrunner gesichert, da wichtige Informationen gesondert abgespeichert wurden.


07: Ein Stadtangestellter sterilisiert ausgelaufene Gefahrenstoffe in Aroyo.


VEREINIGUNGSKRIEG/ METALLKRIEGE (2069—2070)

»Unterstützt von verstaatlichten Militärtruppen, erklärte die Regierung der New United States den lose verbündeten Separatistenstaaten den Krieg.«

UNTER DEM VORWAND, DIE NATION STÄRKEN ZU WOLLEN, präsentierte die neu gewählte Präsidentin Rosalind Myers Ende 2069 ein Einheitsprogramm, um die abtrünnigen Free States wieder unter Bundeskontrolle zu bringen. Die meisten unabhängigen Territorien hingegen waren gegen eine Wiedervereinigung. Ein Konflikt war unvermeidbar. Unterstützt von verstaatlichten Militärtruppen, erklärte die Regierung der New United States den lose verbündeten Separatistenstaaten den Krieg. Betroffen waren Colorado, New Mexico, Wyoming, Montana, Arizona, Nevada und Nordkalifornien. Washington, Oregon und Idaho schafften es, während des Konflikts neutral zu bleiben, wofür sie aber einige Zugeständnisse an die Bundesregierung machen mussten. Die Free States wurden zwar im Geheimen von Arasaka mit Waffen und »Militärberatern« versorgt, trotzdem wurden sie durch die Truppen der NUSA stark unter Druck gesetzt, die ihrerseits von Pro-Einheit-Staaten unterstützt wurden. Diesen Konflikt, der mit modernster Militärtechnologie ausgefochten wurde, kennen wir heute als die Metallkriege.

Night City entging den Kampfhandlungen nur knapp. Nord- und Südkalifornien standen auf unterschiedlichen Seiten – der Süden war mit der US-Regierung verbündet, während der Norden unabhängig von der Föderalregierung bleiben wollte –, und die Bürger von Night City warteten mit angehaltenem Atem auf den Einmarsch von NUSA-Truppen. Anfang 2070 stieß eine Armeedivision der NUS Army bis an die Randgebiete der Stadt vor, aber durch das schnelle Eingreifen des Stadtrats Lucius Rhyne konnte eine Invasion abgewendet werden. Rhyne nutzte die Beziehungen, die er während seiner zehn Jahre im Stadtrat geknüpft hatte, um die in Ungnade gefallene Arasaka Corporation um Schutz zu ersuchen. Binnen weniger Tage lief ein Arasaka-Superträger in Coronado Bay ein – ein paar Stunden später hatte sich die NUS Army zurückgezogen.

Nachdem Arasaka auf so offene Weise in den Konflikt eingegriffen hatte, unterzeichneten die New United States und die Koalition der Free States schließlich einen Wiedervereinigungsvertrag, der den Vereinigungskrieg offiziell beendete. Die Freien Staaten behielten ihre Autonomie, erklärten sich aber bereit, sich an der neuen Bundesregierung zu beteiligen und die Feindseligkeiten untereinander einzustellen. Präsidentin Myers stimmte dieser Lösung zu, weil sie befürchtete, Arasakas wachsender Einfluss könnte zu einem eskalierenden Konflikt führen, welchen die NUSA sich schlichtweg nicht leisten konnten.

Keine der Parteien war wirklich zufrieden mit dem Friedensvertrag, aber sie zogen ihn einer Fortsetzung des Krieges und dem Risiko einer weiteren globalen Krise vor.

Nach dem Krieg wurde Night City zu einer internationalen freien Stadt erklärt – unabhängig von den Gesetzen und der Regierung des Freien Staates Nordkalifornien und der New United States. Diese Freiheit hatte allerdings ihren Preis: Night City geriet stärker unter den Einfluss von Megakonzernen, die große Summen Geldes in die Revitalisierung der Stadt investierten, um so an der Westküste der New United States Fuß zu fassen. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war 2070 erreicht, als Night City Arasaka genehmigte, ihr neues amerikanisches Hauptquartier in der Stadtmitte zu bauen, genau auf der Stelle, wo ihr voriger Firmensitz 2023 zerstört worden war. Einmal mehr hielt der Wohlstand in Night City Einzug – doch nicht alle konnten ihn genießen.


08: Ursprünglich im Vierten Konzernkrieg zerstört, wurde Night Citys Corpo Plaza wiederaufgebaut. Heute gehören die Wolkenkratzer zu den markantesten Teilen der Stadtlandschaft.

MODERNE GEFAHREN

»Der Grad an sozialer Schichtenbildung ist besorgniserregend, ebenso wie die hohe Kriminalitätsrate und die Flüchtlingssituation in fast allen Teilen der Welt.«

DIE STABILISIERUNG VON EUROPA UND ASIEN nach dem Vierten Konzernkrieg und der Vereinigungskrieg in Amerika haben die Welt nicht schlagartig in einen fröhlichen Ort verwandelt, wo Milch und Honig fließen. Obwohl die technologische Rezession der 2020er und 2030er den Grad an globaler Verschmutzung senkte, sieht sich die Menschheit noch immer großen Gefahren gegenüber, von denen der Klimawandel die unmittelbarste und unberechenbarste ist.

Gewaltige Stürme und Tornados fordern überall auf der Welt Tausende Leben. 2062 wurde Haiti offiziell aufgegeben, nachdem mehrere brutale Stürme den Inselstaat vollkommen verheert hatten. Hunderttausende Haitianer starben während der Katastrophe und dem darauf folgenden Exodus. Heute gilt die Verwüstung der karibischen Inseln als eine der schlimmsten Naturkatastrophen des späten 21. Jahrhunderts.

Versteppung und Dürren sind sogar noch gefährlicher, denn sie bedrohen die gesamte Bevölkerung von Südamerika sowie weite Teile Nordamerikas, Europas, Afrikas, Asiens und Australiens. Sauberes Wasser wird immer seltener, und die Situation hat sich während der letzten Jahre nicht gebessert. Gleichzeitig gibt es aber auch mehr Überschwemmungen. Während des letzten Jahrzehnts haben Fluten Teile von Los Angeles und Night City zerstört, und die Niederlande haben ein Drittel ihrer Landfläche eingebüßt – nur durch neueste Dammtechnologien konnte verhindert werden, dass die gesamte Nation in der Nordsee versank. Die Malediven hatten weniger Glück: Der Archipel ist vor ungefähr zwanzig Jahren vollständig untergegangen.

Diese Ereignisse zogen einen gewaltigen Verlust an fruchtbarem Boden nach sich, was wiederum zu Hunderttausenden Toten durch Hungersnöte in Asien und Afrika führte. Einige Regionen konnten der völligen Auslöschung nur durch die Einführung hydroponischer Kultivierungstechniken und vertikaler Stadtfarmen entgehen.

Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Cybertechnologie haben ebenfalls ein neues Problem verursacht: Cyberpsychose. Betroffene isolieren sich von anderen, bis menschliche Interaktion zu einer emotionalen Belastung für sie wird. Ihre Distanziertheit führt zu Verachtung und oft auch Gewalt gegenüber Mitmenschen. Obwohl diese psychische Störung bereits vor fünfzig Jahren entdeckt wurde und viele Studien darauf hindeuten, dass sie bei den meisten Personen in direkter Korrelation zur Zahl ihrer Cyberaugmentationen steht, wissen wir immer noch nicht, warum manche Individuen anfälliger sind als andere. In jedem Fall stellt Cyberpsychose eines der größten Gesundheitsrisiken in unserer technologieabhängigen Welt dar.

Um diese Liste sozialer Wehen zusammenzufassen: Der Grad an sozialer Schichtenbildung ist besorgniserregend, ebenso wie die hohe Kriminalitätsrate und die Flüchtlingslage in fast allen Teilen der Welt – aber die meisten von euch wissen das vermutlich bereits. Ihr seht es schließlich jeden Tag. Die Welt ist in Schräglage, und falls wir als Spezies überleben wollen, müssen wir unser Wertesystem ernsthaft überdenken. Die Frage lautet nur: Ist es dafür vielleicht schon zu spät?


09: Waffenhersteller nutzen das allgemeine Gefühl der Verunsicherung in der modernen Gesellschaft aus, um ihre Verkaufszahlen zu steigern.


2. KAPITEL


TECHNOLOGIE VON MORGEN

[030]CYBERWARE

Der Markt und das Angebot

Die Geschichte der Cyberware

[040]WAFFEN

Waffenkultur und -gesetze in Night City

Der Waffenmarkt

Waffenhersteller

Waffenkunde 2077 – Ein Leitfaden

[052]FAHRZEUGE

Das moderne Auto: Vom Vierten Konzernkrieg bis in die Gegenwart

SID und Autodiebstahl

Autohersteller

[062]BRAINDANCE

Braindance-Nutzung

Braindance-Aufzeichnung

Bearbeitung

Prominente Braindancer

Weitere Braindance-Probleme

[074]NETRUNNER

Bartmoss und der Tod des Old Net

Chaos im Net

Das Net von heute

Netrunning: Ausrüstungsstufen

“HALLO UND LANG LEBE DAS FREE NET! HEUTE SPRECHEN WIR ÜBER MODERNE TECHNOLOGIE.

JEDEN TAG ÜBERFLUTEN DIE KONZERNE UNSERE SINNE MIT WERBUNG FÜR MODERNE TECH, WÄHREND SIE EINANDER GLEICHZEITIG IDEEN UND BAUPLÄNE STEHLEN, FORSCHER DER KONKURRENZ ENTFÜHREN, ATTENTATE AUF RIVALISIERENDE MANAGER ANORDNEN UND FREMDE LABORE IN DIE LUFT SPRENGEN – UND DAS NUR, UM IHRE TECHNOLOGISCHEN WUNDER ALS ERSTE AUF DEN MARKT ZU BRINGEN. AUSSERDEM GIBT ES EINEN SCHWARZMARKT FÜR KREATIV MODIFIZIERTE AUSRÜSTUNG – VON CYBERWARE ÜBER WAFFEN BIS HIN ZU NETRUNNING-GERÄTEN, AUTOS UND FLUGZEUGEN.“

– DIE REDAKTION

CYBERWARE

ANMERKUNG

Während der letzten 50 Jahre gab es gewaltige technologische Fortschritte, und selbst wenn man diese Zeit nicht in einer Cryokammer verbracht hat, kann es schwer sein, den Überblick über die jüngsten Trends und Entwicklungen zu behalten. Darum dachten wir uns, warum schicken wir unseren Korrespondenten Josh nicht los, um sich umzuhören und ein paar Nachforschungen anzustellen? Er musste zwar ein paar Leute schmieren, aber er konnte mit echten Experten sprechen, um euch in Sachen moderner Technologie – und deren Entwicklung – auf den neuesten Stand zu bringen. Anfangen wollen wir mit etwas, was im Laufe der letzten 50 Jahre ein (oft wortwörtlich) untrennbarer Teil des alltäglichen Lebens geworden ist: Cyberware.


Künstliche Implantate, integriert in den Körper des Trägers, sind heute ein ganz normaler Anblick. Es gibt verschiedene Gründe, Cyberware zu benutzen: Notwendigkeit, Selbstverbesserung, Spaß, gesteigertes Ansehen oder einfach nur, weil es gut aussieht – Fashionware ist im Lauf der letzten Jahrzehnte jedenfalls immer beliebter geworden.

— JOSH, 2077

DER MARKT UND DAS ANGEBOT

DIE MEISTEN KONZERNE bieten eine große Bandbreite an Standardimplantaten, abfällig als »Shelfware« bezeichnet. Profis mögen sie verschmähen – die modifizieren lieber ihre eigenen Kreationen –, aber diese Implantate sind doch zuverlässig und erschwinglich. Sie haben in unserer modernen Gesellschaft dieselbe Funktion wie Tätowierungen oder Handys zu Beginn des Jahrhunderts: Sie sind ein Mittel zur Selbstdarstellung, ein trendiges Image- Accessoire und ein nützliches Hilfsmittel, alles in einem.

Einfache Cyberware bekommt man heutzutage fast überall; Läden und kosmetische Kliniken installieren »light«-Implantate ohne viel Aufwand. Man macht einfach einen Termin, unterzieht sich einer kurzen Prozedur und ein paar Adjustierungen, und voilà: Schon hat man sein eigenes Cyberaudio-Implantat. Weitere Add-Ons können dann im Laden gekauft und zu Hause installiert werden.

Wer komplexere Cyberware will, muss spezielle Kliniken aufsuchen, aber auch hier ist der Eingriff nicht viel komplizierter als ein Besuch beim Zahnarzt. Sicher, die Krankengeschichte des Nutzers muss überprüft werden, um sicherzugehen, dass es während des Eingriffs keine Komplikationen gibt, aber jeder weiß, dass Ripperdocs in dunklen Gassen dieselben Implantate für 60 % des Preises anbieten, darum wird ein Kunde nur selten fortgeschickt.

Die komplexesten kybernetischen und biologischen Augmentationen – zum Beispiel Ganzkörper-Konversion oder Ersatzgliedmaßen und -organe – werden nur von Spezialisten in markeneigenen Kliniken durchgeführt. Die meisten Leute wählen Implantate aus dem Docs-R-Us-Katalog, aber je nach Vorliebe, Kontostand und Risikobereitschaft kann man sich auch an eine Schwarzmarktklinik wenden. Wenn du dir wirklich von einem Ripperdoc aus Kirgisistan dein Herz durch ein billiges Second-Hand-Implantat ersetzen lassen willst, viel Glück.


01: EIN KABUKI-RIPPERDOC TESTET, OB DAS JÜNGST EINGEFÜGTE IMPLANTAT SEINES KUNDEN ORDNUNGSGEMÄSS FUNKTIONIERT.

Natürlich ist es nicht so, als würden sich die Leute jeden Tag eine Gliedmaße abschneiden lassen, nur um einen Cyberersatz zu bekommen. Um so etwas zu tun, muss man schon ziemlich kaputt im Kopf sein oder einen wirklich guten Grund haben – zum Beispiel einen Kredit, der zurückgezahlt werden will. Bei den Reichen sieht die Sache selbstverständlich anders aus: Wer Geld hat, tut alles Mögliche, um aufzufallen.

Implantate zu entfernen oder zu ersetzen ist in den meisten Fällen möglich, den Preis bekommt man aber nicht zurückerstattet. Überleg es dir also gut, bevor du dich moddest, vor allem, wenn es um komplexe Cyberware geht. Falls du dir kein neues Modell leisten kannst oder du deine echte Lunge nicht im Gefrierfach behalten hast, kannst du ganz schnell in ernste Probleme geraten – du weißt schon, beim Atmen und so.

KOMPATIBILITÄT

Moderne Implantate haben alle ein ähnliches technologisches Grundgerüst, weil sie sich mit dem Nervensystem jedes Users verbinden müssen. Es gibt einen Industriestandard für Schnittstellen, rivalisierende Produkte verschiedener Hersteller sind also alle miteinander kompatibel. Dein Lernprozessor ist von Arasaka, die Chipware aber von Biodyne? Kein Problem.

DIE GESCHICHTE DER CYBERWARE

PROTHESEN UND CYBERWARE DER GENERATION ZERO

Cyberware entstand als natürliche Evolution medizinischer Prothesen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden Implantate fast ausschließlich benutzt, um fehlende und beschädigte Gliedmaßen oder Organe zu ersetzen. Künstliche Herzklappen, Arme und Beine, Wirbel … Alles war darauf ausgelegt, menschliches Leben zu retten oder einem Patienten nach schweren Körperverletzungen eine möglichst normale Existenz zu ermöglichen.

Die Entwicklung von Cyberware beschleunigte sich nach dem ersten Zentralamerikanischen Krieg, als Tausende Veteranen verletzt nach Hause zurückkehrten. Fortschritte in Technologie und Miniaturisierung ermöglichten es, »medizinische« Cyberware zu verbessern und mehr Menschen zugänglich zu machen, trotzdem war sie noch immer sehr teuer und alles andere als intuitiv nutzbar. Der erste prothetische Arm war ein schwerer, mechanischer Apparat mit primitiven Greifzangen anstelle von Händen und Fingern. Heute ordnen wir solche Cyberware in die »Generation Zero« ein. Moderne Technologie hat sie vollkommen überholt.

DIE INDUSTRIELLE CYBERWARE-REVOLUTION UND GENERATION ONE

Der verstärkte Einsatz medizinischer Cyberware nach dem Krieg beschleunigte die Entwicklungen auf dem Gebiet der Miniaturisierung. Die ersten nicht-medizinischen Implantate, die erfolgreich getestet wurden, waren verstärkte Wirbelsäulen und Gelenke für Schwerarbeiter sowie Luftfilter, eingepflanzt in die Atmungswege von Einsatzkräften in stark verschmutzten Gebieten. Es kam aber immer noch viel zu oft vor, dass der Körper die Implantate abstieß – dies war das Haupthindernis auf dem Weg zur kybernetischen Augmentation der Gesellschaft.

Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts fand Cyberware schließlich den Weg auf die Schlachtfelder. Der Zweite Zentralamerikanische Krieg und der Zweite und Dritte Konzernkrieg brachten frühe Kampfimplantate hervor. Militech war der erste Konzern, der das Potenzial erkannte. Ihre verbesserten Cybersoldaten – die mehr Gewicht tragen und mit Bewegungssensoren und Reichweitensuchern ausgestattet waren – waren ihren Gegnern in fast allen Bereichen überlegen. Beide Konfliktparteien begannen schon bald, Kampf-Cyberware zu entwickeln und einzusetzen.



02: ALLE GESELLSCHAFTSSCHICHTEN NUTZEN CYBERWARE, MANCHE NUR EBEN OFFENER ALS ANDERE.

Durch diese Kriege begann ein Wettrüsten zwischen den Privatarmeen der Megaunternehmen, das bis zum heutigen Tage anhält. Diese frühe militärische und industrielle Cyberware fällt in die »Generation One« oder »Gen 1«. Sie besteht aus Metall und Plastik und ist der Generation Zero überlegen, inzwischen aber dennoch vollkommen antiquiert. Gen-1-Implantate findet man heute nur noch auf dem Schwarzmarkt, wo sie billig an die Ärmsten der Armen verkauft werden, die sich keine bessere Cyberware leisten können.

GENERATION TWO UND DIE ANTI-ABSTOSS-LÖSUNG – IMPLANTATE WERDEN MASSENMARKTTAUGLICH

Wie so oft in der Geschichte spielte der Krieg eine wichtige Rolle in der Entwicklung einer neuen Technologie. Der Staub auf den Schlachtfeldern hatte sich noch nicht gelegt, da begann bereits der Boom des cybermedizinischen Marktes. Dieselben Konglomerate, die für die Konzernkriege verantwortlich waren, sahen nun eine Gelegenheit für Profit, und sie erweiterten ihr Angebot um medizinische Implantate für Veteranen. Anschließend führten sie billigere Modelle für den Industriemarkt ein, und auch frühe Modelle für die Massen wurden entwickelt. Weil die Konzerne keiner Regierung Rechenschaft schuldig waren, erschienen bald auch die ersten Cyberwaffen auf dem Markt.

Parallel dazu wurde ein Mittel zu Verhinderung von Implantatabstoßungen entwickelt, »Kitsch«, ein neuer kultureller Stil, gewann an Popularität, und der Boom der Braindance-Technologie begann. Die Gesellschaft war den Krieg leid und wollte wieder feiern – und so aussehen wie die Protagonisten der jüngsten Braindance-Produktionen. Das Zeitalter der Cyberware hatte begonnen.

Generation-Two-Implantate sind die weitverbreitetste Art von Implantaten, die man heute auf der Straße sieht. Sie sind funktionell und relativ billig. Die Kolben und Hydraulik der Gen 1 wurden durch künstliche Cybermuskeln ersetzt, die bessere Motorik und Leistung bieten. Als dann schließlich die RealSkin-Technologie auf den Markt kam, wurde sie sofort zu einem Statussymbol der Reichen.

BOOTLEGS UND SCHWARZMARKT-CYBERWARE

Wem Original-Implantate zu teuer sind, der kann immer noch zu den billigen Kopien kleinerer Hersteller greifen. Diese Fälschungen bieten meist weniger Optionen und schlechtere Software, und sie neigen zu Ausfällen. Das ist eben das Risiko, wenn man »Militiatech« oder »Ara-Sake« kauft. Der Schwarzmarkt ist eine weitere Möglichkeit, aber die Preise sind oft recht hoch. Sicher, wenn noch Fetzen des Vorbesitzers an einem Cyberarm hängen, zahlt man weniger als für einen neuen, aber für gesuchte Ware wie den Prototyp eines brandneuen Gen-4-Großhirn-Enhancers muss man trotzdem seine Nieren auf die Theke klatschen – alle beide … oder die von jemand anderem. Hauptsache, sie sind gesund.


EIN GEN-4-ARM, ÜBERZOGEN MIT REALSKIN VON KLEIN-KIND-HAUTTEXTUR.

REALSKIN

RealSkin ist eine Technologie zur Herstellung synthetischer Haut, die praktisch nicht von echter zu unterscheiden ist. Entwickelt wurde RealSkin ursprünglich für den medizinischen Markt, damit Veteranen sich besser an ihre Cyberprothesen gewöhnen können. Während der nächsten 30 Jahre wurde RealSkin aber immer beliebter und erschwinglicher. Heute ist es der Standardüberzug für die meisten Implantate. Nur Fans des Retro-Stils und Besitzer teurer Sonderanfertigungen bevorzugen ihre Cybergliedmaßen »nackt« – sie tragen Implantate ohne RealSkin-Überzug.

BIOWARE

Bio- und Nanotechnologie sind noch immer recht neue Marktstandards. Sie entstanden als Nebenprodukt von Anti-Abstoß-Behandlungen, und ihr ursprünglicher Zweck war es, Implantate besser in einen Körper zu integrieren. Was mit künstlich gezüchteten Organen und »sanfter« Nanotech begann, könnte schon in ein paar Jahren die führende Technologie im Bereich Körpermodifikation sein. Bioware entwickelt sich rasend schnell weiter, vor allem in Europa, der Wiege erstklassiger biotechnischer Modifikationen. Als beste Bioware-Lieferanten des Marktes gelten skandinavische Labore und Kliniken, die zu relativ kleinen, von der Regierung kontrollierten Unternehmen wie Freya und Yggdrasill gehören. Alles, was ihre amerikanischen oder asiatischen Konkurrenten anbieten, ist im Vergleich dazu zweitklassig.

DER AUFSTIEG DER MEGAKONZERNE UND GENERATION THREE

Der Aufstieg der Megakonzerne hatte auch Einfluss auf die technologische Entwicklung von Cyberware. So war die Erfindung von Gen-3-Cyberware ein Resultat des »kalten« Wettrüstens zwischen den Konglomeraten. Jeder Konzern wollte besser ausgestattete Soldaten und Agenten, um die Konkurrenz in Schach zu halten und das eigene Geschäft zu schützen. Leichtere und belastbarere Kohlenfaser- und Keramikpolymere ersetzten schwere Metalle. Für verdeckte Einsätze und Attentate entwickelte man verborgene, subdermale Panzerung und einziehbare Waffen. Und die kugel–, klingen- und feuerfesten Versionen von RealSkin, die zu jener Zeit entstanden, werden heute noch von den Sicherheitskräften der Konzerne benutzt.

Parallel dazu entstanden Bioware-Technologien, die nicht auf Kybernetik, sondern auf biologische Augmentationen setzten. Skinweave-Panzerung, Heil-Nanobots, Giftfilter und synaptische Upgrades wurden immer beliebter. Obwohl biomodifizierte Muskeln und Organe noch nicht so leistungsfähig sind wie ihre Cyberware-Gegenstücke, sind sie immun gegen EMP-Angriffe und für normale Scanner unsichtbar, außerdem sind die Träger weniger anfällig für Cyberpsychosen. Viele der gefährlichsten Agenten von Konzernen und Regierungen nutzen eine Mischung aus Cyberware und Bioware. Ich würde aber davon abraten, Cyberware von einer ungeprüften Quelle zu kaufen – es sei denn, du willst eine Infektion durch verrückte, an Häftlingen getestete Nanobots riskieren, die dir irgendwann das Nervensystem zerfressen.

Während der letzten 30 Jahre hat Bioware in allen Lebensbereichen und sozialen Schichten Einzug gehalten – vom Militär, medizinischen Anwendungen und Produktionstechniken bis hin zum Familien- und Sexleben und der Unterhaltungsindustrie. Sie hat legale und illegale Geschäftszweige erschaffen, von Braindance und Cyberfashion bis hin zum Schwarzmarkt für Cybergliedmaßen und biotechnische Organe. Die Menschheit wurde für alle Zeiten verändert.



03: EIN UNTERARMERSATZ MIT EINGEBAUTEM PROJEKTILWERFER.


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