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Читать книгу: «Ein gefährliches Spiel», страница 2

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Sie wartete bereits am Auto, als ich schließlich ächzend dort ankam.

„Da bist du ja endlich“, trällerte sie fröhlich.

„Ja“, entgegnete ich zähneknirschend, „die Teile sind immer so gerutscht und ich …“

„Ach was, du hast wahrscheinlich nur getrödelt.“

Erst wollte ich sie dafür barsch zurechtweisen. Glücklicherweise fiel mir rechtzeitig ein, was ich noch mit ihr vorhatte. Sollte ich mir etwa wegen so einer Lappalie die Aussicht auf eine heiße Sexnacht vermasseln, auf die ich ohnehin schon viel zu lange hatte warten müssen? Also fragte ich stattdessen keuchend:

„Magst du mir mal kurz ein oder zwei Teile abnehmen, damit ich den Kofferraum aufschließen kann?“

„Das schaffst du schon“, gab sie aufmunternd zurück, und mehr hatte sie dazu offenbar nicht zu sagen.

Ich schaffte es tatsächlich, auch ohne dass sie einen Finger rührte, und endlich konnte ich die Kofferraumklappe wieder zuschlagen. Fragend sah ich sie an.

„Jetzt hast du dir aber wirklich eine Belohnung verdient“, verkündete sie strahlend.

Genau, was ich erhofft hatte.

„Ich habe nicht mehr viel Geld. Aber ich möchte dich wenigstens auf etwas Kleines einladen für all das, was du für mich tust.“

„Ach was“, gab ich zurück, „das geht schon in Ordnung.“

„Nein, geht es nicht. Du bist so selbstlos und so anständig, welcher andere Mann hätte mir schon so ritterlich aus der Patsche geholfen?“

Absolut jeder, dachte ich im Stillen. Jeder Mann, der einen durchschnittlich geschulten Blick für Hinterteile hat und gerade so zum Platzen geladen ist wie ich. Aber so direkt sagte ich das nicht. Sondern lieber nur:

„War doch klar.“

Dass es plötzlich nicht mehr sofort zu mir nach Hause gehen sollte, war mir nicht recht. Wir waren doch schon so wunderbar auf Kurs gewesen. Und wir waren es im Grunde noch. Sobald ich meine Beute wieder im Wagen hatte, jetzt sogar mit Sack und Pack war jede Unterbrechung nichts weiter als ein völlig unnötiges Risiko. Wie oft kam gerade bei den besten Gelegenheiten im letzten Moment noch etwas dazwischen? Aber das konnte ich ihr natürlich nicht gut sagen.

„Wenn du unbedingt willst“, fuhr ich nach kurzem Überlegen fort, weil es nicht so aussah, als würde sie es sich noch mal anders überlegen. „Ich wüsste da ein Nachtcafé, das praktisch auf dem Weg zu mir liegt.“

Das war gelogen, aber sie kannte sich ja nicht aus in der Stadt. Folglich konnte ich ihr alles erzählen, was mir gerade in den Kram passte. Vermutlich sah für sie eine Straße aus wie die andere, und da die Sonne sich für diesen Tag längst verabschiedet hatte, konnte meine knusprige Begleiterin nicht einmal wissen, in welche Richtung wir fuhren. Sollte sie später tatsächlich noch auf dumme Ideen kommen – speziell auf die eine, doch nicht bei mir übernachten zu wollen –, dann musste ich nur daran ‚erinnern’, dass wir doch ohnehin schon ‚fast da’ waren.

Taktik ist manchmal alles.

Andererseits hatte ein Umweg auch Vorteile. Denn bis dahin hatte ich jede Minute genossen, die ich mit ihr im Wagen allein gewesen war. Mit ihrem frischen Duft, diesem hinreißend zarten Stimmchen und diesen studierten langen Beinen, die ich meinerseits schon so gründlich studiert hatte.

Mit dem Ergebnis, dass ich jetzt absolut sicher war, mit diesen entzückenden Beinen und allem, was die Natur daran befestigt hatte, in Klausur gehen zu wollen. Die Abgeschlossenheit meines rassigen Renners war eine gute Vorbereitung darauf, zumal ich da in meinem Element war und jederzeit die Chance hatte, beim Schalten in den nächsten Gang in meiner begreiflichen Verwirrung auch mal vollkommen versehentlich ihr verlockend nach vorn ragendes Knie zu erwischen. Nur Flachlegen wäre trotz der erstklassigen Liegesitze ein wenig umständlich gewesen.

Aber früher oder später musste sich so viel Nähe doch auszahlen!

*

Jedenfalls war sie mit meinem Vorschlag schon mal einverstanden, und so betraten wir wenig später das besagte Lokal, ein speziell zu später Stunde attraktives Café mit zahlreichen abgeteilten Nischen auf mehreren Ebenen einer aufwendigen Balkenkonstruktion in einem saalartigen Raum – dass man sich eigentlich in einem nüchternen Betonbau befand, wurde einem höchstens beim Blick an die Decke bewusst. Das Café war auch an diesem Abend leidlich gut besucht, und wir fanden ein freies Tischchen, an dem wir uns niederlassen konnten. Da die Bedienung erst einmal auf sich warten ließ, sah ich die Chance, rasch noch eine Kleinigkeit zu erledigen:

„Bestellst du schon mal, falls jemand kommt? Ich geh mir nur eben die Hände waschen.“

Sie nickte lächelnd, und im Weggehen beschloss ich klopfenden Herzens, mir auf gar keinen Fall mehr Zeit zu lassen als unbedingt nötig, damit mir dieser Spitzenfang nicht noch im letzten Augenblick vom Haken hüpfen konnte. So zog ich auf der Toilette nur schnell eine Packung bunte Präservative, wusch mir alibimäßig die Hände und ging hast-du-nicht-gesehen wieder nach draußen.

Am Tisch erwarteten mich bereits zwei hohe Gläser mit klarem Inhalt. Mein blonder Engel erhob sich feierlich, hielt mir lächelnd eines der Gläser entgegen und hielt das zweite in einer entzückend unschuldsvollen Geste vor den eigenen Leib gedrückt, und zwar ausgerechnet zwischen zwei freundlich atmende Klassebrüste, die ich für den Rest des Abends nicht aus den Augen zu lassen gedachte.

„Meinem Retter“, rief sie mir herausfordernd zu, als sie ihr Glas schließlich zum Anstoßen hob, „auf ex!“

Ich wollte noch etwas erwidern, ließ es aber lieber sein, um sie gar nicht erst aus der Stimmung zu bringen. So ergab es sich, dass ich den Inhalt meines Glases wohl ein wenig überstürzt kippte. Erst als es heftig in meiner Kehle brannte, begriff ich, dass die klare Flüssigkeit keinesfalls Mineralwasser gewesen sein konnte.

„Haaaahh!“, keuchte ich denn auch, als ich das Glas wieder absetzte. „Was war denn das?“

„Zu stark für dich?“

„Quatsch! ‚Zu stark’ gibt’s nur für Schwächlinge.“

Sie lächelte ein Lächeln, das sich unmittelbar an meinen Weichteilen zu schaffen machte und schlagartig dafür sorgte, dass ein zentraler Teil der Weichteile hart zu werden begann.

„Eine Tradition aus meiner Heimat“, sagte sie, die Augen schüchtern niederschlagend. „Der heldenhafte Retter des schwachen Weibes erhält ein Glas vom Besten, was das Haus zu bieten hat.“

„Deine Heimat? Woher stammst du denn?“

„Kasachstan.“

„Dafür …“

„… dafür spreche ich sehr gut deutsch, ich weiß. Ich bin hier geboren. Meine Eltern haben Kasachstan verlassen, damals, als so viele das Land verlassen haben. Nicht viel später kam ich zur Welt.“

Für ein paar Augenblicke beschäftigte mich der Gedanke, dass unsere diplomatischen Beziehungen zu Kasachstan in ihrer Bedeutung für die Völkerverständigung und den Weltfrieden und überhaupt für alles bei weitem unterschätzt werden. Als nächstes empfand ich ausgeprägte Dankbarkeit gegenüber den Eltern dieses hinreißenden Wesens, weil sie ihre Tochter, deren goldenes Haar im Licht der Wandlampen wie ein Heiligenschein leuchtete, unter ärgsten Entbehrungen in mein Land gebracht hatten.

Sehr, sehr löblich!

Hier war sie eindeutig am besten aufgehoben, das konnte ich ohne Zögern bestätigen. Und deshalb hätte ich am liebsten offiziell meine Bereitschaft erklärt, ganz allein die weitere Betreuung der armen verlorenen Tochter im kalten, fremden Land zu übernehmen. Sie sollte sich hier doch gut einleben können und sich auf keinen Fall unerwünscht fühlen.

Mittlerweile wurde mir allerdings doch ein bisschen warm, was ich zu gerne allein ihrer Gegenwart zugeschrieben hätte. Doch es war wohl eher die ordentliche Portion Alkohol, die ich da gerade als Sturztrunk zu mir genommen hatte.

„Was war denn nun eigentlich drin in dem Glas?“

„Gin-Tonic. Magst du das nicht?“

„Doch, doch. Aber von Tonic war nichts zu schmecken.“

„Oh weh!“, erwiderte sie mit entzückendem Erschrecken. „Ich dachte, das heißt einfach nur so. Was ist Tonic überhaupt? Vielleicht das in dieser Flasche hier?“

„Ja“, bestätigte ich gequält lächelnd, „hier auf dem Etikett steht jedenfalls ‚Tonic Water’. Könnte man eventuell mit Tonic-Wasser übersetzen.“

„Oh, ich bin so dumm“, sagte sie, indem sie aufs Berückendste die flache Hand vor den Mund schlug. „Dann bist du jetzt betrunken, oder?“

„Tja, so ganz noch nicht. Aber …“

„Wo ist dein Autoschlüssel?“, fragte sie gespielt aufgebracht, indem sie mich gleich mal freundschaftlich in die Seite knuffte. Offenbar konnte sie sich das Lachen kaum verbeißen.

„Den kriegst du nicht“, antwortete ich lockend, indem ich ihn um den Zeigefinger kreisen ließ, „ich rücke ihn nicht ra-ha-haus.“

„O doch!“

Sie grapschte verspielt nach dem Schlüssel wie eine junge Hündin nach ihrem Lieblingsspielzeug in Herrchens Hand, und dabei kam sie mir unversehens so nahe, dass ich überdeutlich ihre wogenden Brüste an meinem Körper fühlen konnte. Vermutlich schenkte ich den beiden aufregenden Dingern eine Spur zu viel Aufmerksamkeit. Denn ich bemerkte zwar sofort, dass sich da etwas wunderbar Weiches und wundervoll Federndes gegen meinen Körper drückte. Doch dass sie sich tatsächlich des Autoschlüssels bemächtigt hatte, bemerkte ich erst, als es zu spät war.

Ich schalt sie sofort:

„Der gehört mir! Gib ihn auf der Stelle zurück!“

Freilich waren wir beide so aufgedreht, dass ich die Forderung wohl nicht ganz so ernsthaft herausbrachte und sie sie nicht ganz so ernst nahm, wie es vielleicht angebracht gewesen wäre. Jedenfalls machte sie erst einmal keinerlei Anstalten, den Schlüssel herauszurücken. Das war ungünstig. Denn leider fiel mir auf die Schnelle auch kein lockerer Spruch ein, mit dem ich sie überzeugend zur Herausgabe bewegen konnte. Ja, es schien mir sogar klüger, erst einmal so zu tun, als würde ich gar nicht darauf beharren wollen. Sonst würde ich mir meine Chancen bei ihr vielleicht im letzten Moment doch noch verscherzen.

Und verglichen mit den Chancen, die ich offenkundig bei ihr hatte, war ein dummer Autoschlüssel doch nun wirklich nicht der Rede wert.

4

Als wir das Café verließen, war die Sache mit dem Schlüssel immer noch nicht geklärt. Ich hatte rasch unsere Zeche bezahlt – „zwei dreifache Gin-Tonic für Sie, ein Glas stilles minerale für Ihre Tochter“, wie die verwirrte Bedienung fälschlicherweise aufgezählt hatte –, und war schon ziemlich in der Stimmung, den Arm um meinen blonden Engel zu legen. Noch wagte ich es allerdings nicht so ganz, zumal sie selbst keine Anstalten machte, mir das entscheidende Stückchen entgegenzukommen.

So sagte ich betont beiläufig:

„Gibst du mir mal eben den Autoschlüssel?“

„Nein“, erwiderte sie knapp. Und als ich anhob, zu widersprechen: „Du kannst nicht mehr fahren.“

Selbst unter dem leichten Alkoholeinfluss, den ich nicht gut bestreiten konnte, wurde mir bewusst, dass ihr Tonfall eine Spur zu bestimmt war. Immerhin kannten wir uns erst ein paar Stunden, es war mein Wagen und wenige Minuten zuvor hatte ich sogar noch für den kleinen Zwischenstopp bezahlt, den wir auf ihren Wunsch hin eingelegt hatten. Weil es ihr ein Bedürfnis gewesen war, mir einen auszugeben.

Also beharrte ich:

„Nun komm schon!“

„Wir nehmen ein Taxi.“

Der Satz kam ruhig und abgeklärt. Duldete schlicht keinen Widerspruch. Das warf mich für einen Augenblick aus der Bahn.

Kann sein, dass ich dadurch eine Sekunde zu lange mit einer Antwort zögerte. Kann sein, dass ich rasch abwägte, auf welche Vorzüge es bei einem gutgewachsenen Blondchen wie ihr tatsächlich ankommt. Kann auch sein, dass ich es schlicht als unmännlich ansah, ihr den Schlüssel gewaltsam zu entreißen, wenn sie sich nun mal allein mit guten Worten einfach nicht umstimmen ließ.

Jedenfalls tapste ich wenig später hinter ihr her wie ein einfältiger Jungbär hinter dem Muttertier und wusste immer weniger, wie mir geschah. Da war ein beklommenes Gefühl in der Magengrube, das mir nicht gefiel, aber so richtig wurde ich mir dessen gar nicht bewusst. Eher war ich auf eine vage Art sauer, möglicherweise sogar auf mich selbst.

„Ist doch idiotisch“, maulte ich, als ich wieder zu ihr aufgeschlossen hatte. „Ich könnte ohne weiteres noch fahren.“

Ihre Antwort kam so unverhofft, dass ich im ersten Moment glaubte, mich verhört haben:

„Halt den Mund!“, sagte sie nur, und fand es nicht einmal nötig, mich dabei auch nur anzusehen.

So lange grübelte ich darüber, ob sie diese drei Worte tatsächlich gesagt hatte, dass es schließlich albern gewesen wäre, überhaupt noch etwas zu erwidern. Es ist möglich, dass ich ein- oder zweimal mit offenem Mund nach Luft schnappte wie ein Stichling an Land, doch mehr brachte ich nicht hervor. Und vor allem nichts, was sie einer Antwort gewürdigt hätte.

Als ich mich endlich ein wenig gefangen hatte, fiel mein Blick auf ihren Busen, der gerade einen aufregenden Kampf gegen ihr knappes rotes Top bestritt, was sich im fahlen Licht der Straßenbeleuchtung besonders reizvoll abzeichnete. Und im gleichen Moment entschied ich, dass man bei einem jungen Ding wie ihr die Ansprüche an gutes Benehmen nicht allzu hoch ansetzen durfte. Sie würde es schon noch lernen.

Im Grunde spielte es folglich überhaupt keine Rolle, ob ich mich gegen ihre unbedachte Maßregelung nun entschlossen verwahrte oder nicht. Falls sie die Worte überhaupt so gesagt hatte – und das war keineswegs sicher –, dann hatte sie sie in ihrer jugendlichen Unbekümmertheit garantiert überhaupt nicht so gemeint.

*

Fünf Minuten später saßen wir tatsächlich in einem Taxi.

Sie hatte mich aufgefordert, eines anzuhalten, und als es mir beim ersten Mal nicht gleich gelungen war, hatte sie mich mit einer spöttischen Bemerkung aufgezogen, die eine schlagfertige Antwort geradezu herausgefordert hatte. Leider war mir wieder keine einzige eingefallen.

Auch das zweite und das dritte Taxi waren mit eingeschalteter Reklame durchgefahren, und da war es ihr wohl genug gewesen:

„So wird das nie was!“, hatte sie tadelnd gesagt, war selbst an den Straßenrand getreten und hatte nach dem nächsten Taxi Ausschau gehalten. Das war auch keine Minute später in Sicht gekommen. Sie hatte nur kurz ihr rechtes Bein mit dem süßen Stiefelchen einen Schritt vorgesetzt, so dass der offene Mantel auseinandergeklafft war, hatte die schmale Hand emporgehoben und energisch gerufen:

„Taxi!“

Das Quietschen der Reifen habe ich bis heute im Ohr.

Sie hatte mich dann zur Beifahrertür dirigiert – weil ich dem Fahrer den Weg weisen sollte – und war selbst hinten eingestiegen. Als ich schon saß und gerade das Ziel nennen wollte, fragte sie spitz:

„Und was ist mit meinen Gepäck?“

Das hatte ich total vergessen.

„O ich …“, sagte ich völlig perplex.

Als ich mich anschickte auszusteigen, wandte sie sich mit mitleidsvoller Stimme an den Fahrer:

„Er ist nämlich ein bisschen … Sie wissen schon.“

Dabei vollführte sie eine vielsagende Wischerbewegung vor dem zur Grimasse verzogenen Gesicht.

„Man muss ihm immer genau sagen, was er zu tun hat.“

Das war arg. Aber ganz Unrecht hatte sie natürlich nicht. Immerhin hätte ich mich grade ums Haar blamiert und ihr wichtiges Gepäck, das wir eine halbe Stunde zuvor extra geholt hatten, einfach irgendwo auf der Strecke zurückgelassen. Zähneknirschend hielt ich lieber den Mund.

Der Fahrer lenkte das Taxi die wenigen Schritte hinter mir her zu meinem Wagen und öffnete dann die Fahrertür, um mir beim Umladen zu helfen. Sie aber rief ihn zurück:

„Lassen Sie nur, es ist nicht viel.“

Viel war es wirklich nicht, doch gegen ein bisschen Unterstützung hätte ich trotzdem nichts einzuwenden gehabt.

Der Taxifahrer schien es genauso zu sehen:

„Aber zu zweit geht es schneller.“

Darauf sie:

„Es ist besser, er erledigt das allein. Sonst lernt er wieder nichts daraus.“

Der Fahrer gab nach und schlug seine Tür wieder zu. Ich kam mir ein bisschen affig vor, weil ich mir vorstellen konnte, was der Taxifahrer jetzt über mich dachte. So nahm ich mir vor, derartig dumme Fehler für den Rest des Abends unbedingt zu vermeiden.

Schließlich hatte ich es geschafft und hätte wieder zu ihr ins Taxi steigen können. Vorsichtshalber sah ich aber noch zweimal nach, ob ich nicht etwas im Kofferraum meines Wagens übersehen hatte. Auch den Kofferraumdeckel des Taxis öffnete ich noch einmal, um mich zu vergewissern, dass ich alles hineingelegt hatte. Es schien alles da zu sein. Gut, dass ich nachgesehen hatte. Sicher ist sicher!

Und eine Blamage war wirklich mehr als genug.

Nun konnte ich endlich wieder ins Taxi steigen. Kaum saß ich, hörte ich sie spitz fragen:

„Was hat denn diesmal wieder so lange gedauert?“

Sie war zur linken Seite der hinteren Sitzbank durchgerutscht, so dass sie nun hinter dem Fahrer saß. Das hatte zur Folge, dass er sie nicht sehen konnte und ich mich – wenn ich sie ansehen wollte – auf meinem Sitz ziemlich unsouverän nach hinten drehen musste, was ich allerdings auch sofort tat. Denn natürlich wollte ich meine entzückende Beute am liebsten dauernd ansehen. Zu gerne hätte ich aus Vorfreude schon mal einen ausgelassenen Freudentanz hingelegt. Natürlich nicht im Taxi.

„Gerade in der modernen Zeit“, begann sie unvermittelt, kaum dass wir losgefahren waren, „muss ein Mädchen unter allen Umständen als Jungfrau in die Ehe gehen.“

Das klang, als hätten wir schon die ganze Zeit darüber gesprochen gehabt, was aber keineswegs der Fall war. So brauchte ich denn auch eine Weile, um mich von meiner Verblüffung halbwegs zu erholen. Dann erwiderte ich hastig:

„Natürlich, das ist … schon wichtig.“

„Ich würde mich keinem Mann jemals hingeben, solange ich nicht mit ihm verheiratet bin.“

Ich musste den Fahrer nicht ansehen, um zu wissen, dass er die Ohren auf Aufnahme geschaltet hatte. Ums Haar wäre mir trotzdem die Frage herausgerutscht, ob sie selbst ihrem hohen Anspruch überhaupt noch gerecht werden konnte. Denn wenn das der Fall war, dann würde sie in Kürze zur ersten Jungfrau werden, die ich geknackt hatte.

Als ich in Gedanken schon begann, mir das ein wenig auszumalen, fing ich ihren Blick auf, der ebenso verschmitzt wie verschwörerisch war. Und ich sah, dass sie mir zuzwinkerte, während sie sich schelmisch lächelnd auf die Unterlippe biss.

Jetzt erst begriff ich: Sie wollte den Kerl aufziehen, dem mit Sicherheit nicht entgangen war, welch ein Klasseweib er da gerade aufgeladen hatte. Das Aufziehen ging natürlich am besten, wenn ich möglichst überzeugend mitmachte. Also holte ich tief Luft und sagte:

„Manche Männer sind aber auch zu unverschämt. Sie denken immer nur an sich.“

„Ja, nicht wahr“, erwiderte sie mit der Originalstimme des heiligen Unschuldslämmchens. „Dabei ist es doch wundervoll, sich enthaltsam füreinander aufzusparen und dann gemeinsam das erste Mal die Wonnen der Liebe zu erleben.“

Das musste sie aus einem Groschenroman haben, und mir fiel kein Klischee ein, das es auch nur ansatzweise damit aufnehmen konnte. Also sagte ich nur phantasielos:

„Ist ja auch viel schöner.“

„Natürlich muss man sich beherrschen können“, dozierte sie weiter, „gerade der Mann. Er ist es, der seine Triebe im Griff haben muss. Aber das ist leicht, wenn er weiß, dass er nach Jahren des Werbens in der Hochzeitsnacht seine jungfräuliche Braut überallhin küssen darf.“

Nun übertrieb sie wirklich. Aber der Fahrer stieg darauf ein. Seine Miene spiegelte Unglauben wider, vielleicht sogar Entsetzen, obwohl er scheinheilig vorgab, von Geburt an vollständig taub zu sein und nichts anderes in der Welt wahrzunehmen als seine Fahrerei und den Weg, den er gerade einzuschlagen hatte.

„Manche Männer“, fuhr sie fort, „sind heutzutage so unkeusch, dass sie ein Mädchen schon am ersten Abend küssen wollen. Das ist die Verderbnis der ungezügelten Fleischeslust!“

Der Fahrer sah auffallend starr geradeaus. Offenbar war er im Begriff, loszuprusten. Was er mittlerweile über mich dachte, hätte ich erst gar nicht erfahren wollen.

Dabei konnte er noch nicht einmal sehen, wie entzückend sie jetzt ihre Schultern hin und her warf, um mir herausfordernd die vom Mantel halb verdeckte, wippende Pracht ihres Klassebusens zu präsentieren. Grinsend, doch in umso ernsterem Tonfall fügte sie hinzu:

„Die Frau muss dem Mann von Anfang an jede körperliche Annäherung untersagen. Das lehrt ihn Disziplin und die nötige Selbstbeherrschung. Gewährt sie ihm auch nur die kleinste Vergünstigung, so wird er bald immer mehr von ihr fordern, bis er ihren hehren Leib am Ende monatlich zu besudeln trachtet.“

„Davon habe ich auch schon gehört“, warf ich ein, um diesen aberwitzigen Vortrag wenigstens für eine Sekunde zu unterbrechen. „Aber natürlich mag ich etwas so Ungeheuerliches gar nicht glauben.“

„Nur wenn die Frau den Mann von Beginn an unerbittlich zur Selbstkasteiung anhält, wird er lernen, seine infernalische Triebhaftigkeit zu bezwingen und ihr jenen Respekt zu erweisen, den er ihr als Überbringerin des Lebens schuldet.“

Sie war wie ein Tonband aus der Hölle. Wo hatte sie nur all diesen verqueren Schwachsinn aufgeschnappt?

„Trotzdem gestatten manche Frauen, die ich kenne, Männern unter bestimmten Umständen den Handkuss.“

„Nein, wirklich?“, erwiderte ich.

„Doch! Und stellen Sie sich vor: sogar wenn sie mit einem Mann nicht verheiratet sind. Also ich würde so etwas niemals dulden. Deshalb bin ich ja so froh, dass ich Sie kennengelernt habe. Sie wissen, dass Sie einem sittsamen Mädchen den gebotenen Respekt zu erweisen haben, damit es seine Reinheit bis zur Hochzeitsnacht bewahren kann. Nicht wahr?“

„Aber natürlich, wofür halten Sie mich denn?“, gab ich zurück. „Ein Handkuss, … also … das wäre doch wollüstig!“

So froh ich war, dass mir auch einmal ein knackiges Wort eingefallen war, so unangenehm traf es mich, dass ich mich damit vor dem Fahrer wie ein kastrierter Idiot gebärden musste. Aber ich wollte ihr Spiel lieber nicht ruinieren. Sie hatte sich so leidenschaftlich hineingesteigert, dass sie jetzt die richtigen Stichworte von mir schon regelrecht zu erwarten schien. Also gab ich ihr lieber, was sie wollte, um sie nicht ausgerechnet jetzt noch zu verärgern. Es waren nicht einmal mehr zwei Kilometer zu mir nach Hause.

Aber wir hielten gerade an einer roten Ampel. Und sie hatte, wie es schien, nach wie vor nicht genug:

„Eine verheiratete Frau kann mit ihrem Ehegemahl Sex haben, wann immer sie will. Der Mann hat nur dann Sex, wenn die Frau es erlaubt.“

Wieder biss sie sich schelmisch auf die Lippen, wieder wackelte sie aufreizend mit ihrem grandiosen Dekolleté.

War das etwa schon als halbe Erlaubnis aufzufassen?

Schon vor der Hochzeit?

Dann schließlich sagte sie, den Kopf leicht in den Nacken legend:

„Keine Frau von Anstand darf sich ihrem Gatten jemals im Zustand der Nacktheit zeigen. Die Beiwohnung darf ausschließlich im ehelichen Bett stattfinden. Selbstverständlich bei völliger Dunkelheit.“

„Da kann man sich beim Küssen aber heftig die Nasen stoßen“, gab ich belustigt zu bedenken.

„Jeder Kuss außer dem einfachen Begrüßungskuss auf die Wange ist natürlich ebenfalls verboten. Ganz besonders der Zungenkuss!“ Sie leckte sich vielsagend über ihre schimmernden Lippen: „Sonst würde der Mann sehr schnell jede Achtung vor seiner ihm angetrauten Gemahlin verlieren.“

„Das wollte ich damit …“

„Der Mann darf der Ehefrau teure Geschenke machen, um von ihr die Erlaubnis zur Beiwohnung zu erbitten. Aber er muss geduldig warten, ob sein Werben erhört wird. Nur wenn sie die Gnade hat, ihm die Beiwohnung ausdrücklich zu gestatten, darf er sich ihr einmalig nähern. Es wird für ihn eine hohe Ehre sein, und von der Erinnerung daran wird er sehr lange ehrfurchtsvoll zehren können. Deshalb wird er sie nach vollzogener Beiwohnung natürlich nochmals fürstlich beschenken.“

Mir blieb allmählich die Luft weg und mein Mund wollte bei so viel gequirltem Unsinn unbedingt offen bleiben. Ich musste ihn willentlich schließen, um nicht endgültig das Bild eines Vollidioten abzugeben.

„Jede Wollust ist verderblich“, rief mein blonder Engel jetzt leidenschaftlich aus, „die körperliche Vereinigung muss allein dem Zeugen der Kinderschar vorbehalten sein.“

„Gewiss“, pflichtete ich hölzern bei. „Welcher Mann könnte schon eine Frau respektieren, die sich ihm zu einem anderen Zweck als dem der Zeugung hingibt?“

Jetzt strahlte sie über das ganze Gesicht. Offenbar hatte ich endlich den richtigen Ton getroffen.

„Oh, ich bin so glücklich, dass Sie den wahren Platz des Mannes kennen. Ich könnte niemals beruhigt unter Ihrem Dach schlafen, wenn ich fürchten müsste, Sie könnten sich an meiner Unschuld vergehen.“

Sie konnte sich das Lachen jetzt kaum noch verbeißen, und so war es eine glückliche Fügung, dass wir fast am Ziel waren. Der Fahrer hatte trotz aller Ablenkung die richtige Ausfallstraße erwischt, und nun musste ich ihm nur noch zeigen, wo der Waldweg abging, an dem Tante das Haus hatte errichten lassen. Er setzte uns ab, und von da an war ich mit meinem bezaubernden Engel allein.

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290 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783847646273
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