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Читать книгу: «Eine gefährliche Unschuld», страница 4

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Du bist toll, sagte sie, er heirathet ja dich!

O nein, ich fühle es wohl, er liebt mich nicht mehr!

Aber woran willst du das erkennen?

An seinen Blicken, an seinen Worten, wie an seinem Schweigen. Schwöre mir, daß du ihn nicht liebst, daß du ihn niemals lieben wirst!

Kind, sagte Lucie voll mütterlicher Zärtlichkeit, indem ihre Fingerspitzen Clara’s Thränen abwischten, was denkst du denn? Bin ich etwa für einen Obersten gemacht? Habe ich nicht mein kleines Hämmelchen?

Es klang aus den Schmeicheltönen ihrer Stimme ein verrätherischer Spott heraus. Clara durchschoß es, wie eine Ahnung, sie sah Lucie unverwandt an. Aber diese ließ ihre Augen mit so unverkennbarem zärtlichem Mitleid auf ihr ruhen, daß die arme Märtyrin sich im Stillen den bösen Gedankenblitz zum Vorwurf machte.

O, ich klage dich nicht an, sagte sie ergebungsvoll, ich weiß wohl, du kannst nichts dafür, daß du schön und sanft bist, aber ich bin so sehr unglücklich! Und die betrübte Braut warf sich schluchzend mit abgewandtem Gesichte in den Sessel.

Fasse dich, liebste Clara, die Sache ist vielleicht nicht so schlimm, als du meinst.

Ich war zu stolz, fuhr Clara fort, ich fürchtete Niemand. Es ist eine Strafe Gottes!

Nun, da ich, wenn auch ohne Absicht, das Unglück angerichtet habe, so werde ich es auch wieder gut machen, sagte Lucie mit einem unnachahmlichen Ton voll Festigkeit und Güte. Aber du übertreibst sicherlich. Ich glaube nicht, daß der Oberst auch nur einen Augenblick zwischen uns Beiden schwanken könnte.

O geh! ich habe es wohl gesehen, er kommt nur noch deinetwegen her.

Dann heißt es also muthig sein, erwiderte Lucie mit einer Energie, die um so stärker wirkte, je weniger sie ihr natürlich schien. Ich werde dich nicht mehr besuchen und bei meinen Eltern veranlassen, daß der Oberst nicht mehr angenommen wird. Dann muß er wohl sein Unrecht einsehen und dich um Verzeihung bitten.

Du wärst im Stande, das zu thun? rief Clara im naivsten Egoismus.

Verlasse dich darauf! Und wenn du einmal verheirathet bist und ich Madame Hammel heiße, dann ist nichts mehr zu fürchten und wir können uns wiedersehen, wie vorher.

O, du bist die Bessere von uns Beiden! – Und Clara küßte vor Dankbarkeit weinend die weißen Hände ihrer Freundin.

Den Engel überflog ein Zittern teuflischen Hochmuths; aber als ob er seine Schwingen ausbreiten und mit deren Spitzen nochmals die schmerzenden Wunden der Anderen berühren wolle, sagte er:

Ich liebe dich, das ist Alles, und ich möchte dich glücklich wissen. Und zudem, fuhr die Heuchlerin fort und streichelte dabei die blonden Haare ihres Opfers, würden mir deine Thränen so nahe vor meiner Hochzeit Unglück bringen. Also, mein Fräulein, weinen Sie nicht mehr, sondern lachen Sie wieder. Ich befehle es Ihnen!

Clara legte voll Vertrauen in die Freundschaft, die ihr so zuversichtlich Rettung verhieß, ihren Kopf auf der Freundin Schulter, wie auf einen himmlischen Pfühl, wo sie Glauben und Vergessen zu finden hoffte.

Eine Stunde später trennten sieh die Beiden. Auf der Schwelle des Salons wandte sich Fräulein von Beaulieu mit einem leichten Schrei zurück.

Ich habe mein Nadelbüchschen verloren!

Ich werde es dir wiedergeben, sagte Clara melancholisch, ohne sich weiter zu erklären.

Lucie hielt es für überflüssig, diesen kleinen, nach Partherweise abgeschossenen Pfeil noch tiefer einzubohren; sie sah mit Genugthuung, daß der Freundin die Zerstreutheit des Obersten nicht entgangen war, umarmte sie zum letzten Mal und entfernte sich.

Unterwegs wiederholte sie immer leise vor sich hin mit convulsivischen Wallungen:

Endlich halte ich sie Beide fest!

Clara fühlte sich indessen, trotz aller inneren Wunden, doch ein wenig getröstet. Sie verwünschte den Obersten, segnete ihre Freundin und fing wieder an zu hoffen.

IV.
Wozu ein Notar gut ist

Nach Verlauf einiger Tage bemerkte der Oberst mit Erstaunen und Verdruß, daß Lucie nicht mehr zu Fräulein von Albingen kam. Die beiden Freundinnen waren in seinem Herzen zu untrennbar vereinigt, als daß ihn dieses Ausbleiben nicht hätte beunruhigen und in eine schlechte Stimmung bringen müssen. Nach einigen Besuchen voll langer Schweigenspausen erkundigte er sich um die Gründe von Luciens Abwesenheit. Dabei wurde er so roth und verlegen, wie ein ertappter Schuljunge, so daß die arme Clara, wenn sie überhaupt noch etwas zu erfahren gehabt hätte, es bei dieser Gelegenheit inne geworden wäre; Arthur war in der Liebesdiplomatie zu unbewandert, da seine früheren Gefühle sich stets ganz husarenmäßig äußern konnten, und so blieb er jetzt in diesen Feinheiten und kleinen Listen hängen. Unser Herkules verwirrte immer die Stränge, statt sie abzuwickeln, aber er war sich über seine Verlegenheiten echt klar und gerieth bei jeder neuen derartigen Erfahrung immer tiefer in den Verdruß gegen sich und Clara hinein.

Diese nun ging widerstandslos mit gesenktem Haupte in die von Lucien so geschickt gestellte Falle. Sie war für den Augenblick Herrin der Situation, wußte sie aber nicht zu benutzen und folgte nur den Eingebungen ihres armen verkehren Herzens. Sie gab dem Obersten eine kühle Antwort, schien seine Frage sonderbar zu finden und wußte am Ende gar keinen triftigen Grund zu nennen. Arthur drang weiter in sie. Da gab ihr der Verdruß eine sehr ungeschickte Wendung ein: sie verlangte ungestüm das Nadelbehältniß ihrer Freundin zurück.

Dem Obersten ging plötzlich eine Offenbarung dessen, was geschehen war, auf, und bei ihrem Lichte unterschied er auch mit einem Male deutlich, was sich in seiner eigenen Seele regte. Die Frage machte ihn zittern, aber eben so ungeschickt wie seine Braut, statt unbefangen seine Zerstreutheit zuzugeben und den in seinem Secretär wohlverschlossenen Gegenstand zurückzubringen, läugnete er dreist, erstaunte sehr über die Forderung und fragte lachend, seit wann die Husaren-Obersten die Gewohnheit hätten, sich solcher Etuis zu bedienen und Nadeln zu stehlen.

Clara entsetzte sich über die Verrätherei des Obersten, vor ihren Augen schwamm es wie eine Wolke. Ein plötzlicher Schwindel machte sie taumeln, dann kamen stürmische Thränen. Alles schien ihr verloren, der Schmerz hatte über den Stolz gesiegt.

Arthur fühlte einige Gewissensbisse, aber der Ehrenpunkt, dieses innerliche Planchett aller französischen Uniformen, erlaubte ihm nicht, sich zu beugen, indem er seinen Fehler eingestand und die Lüge widerrief. Wo nistet sich der Ehrenpunkt nicht alles ein! Als wenn er mit der Liebe jemals das Geringste gemein hätte, und als ob der Oberst unter diesen Umständen ihn nicht einzig darin hätte erblicken müssen. Diejenige glücklich zu machen, welche durch ihn der friedlichen Jugendstille entrissen war! Aber im Hinblick auf seine Epauletten und seinen Schnurrbart mochte er sich durch kein Geständniß demüthigen, er beschloß also würdevoll und zart zu sein, wurde aber in der That nur kalt, schwülstig und banal und erschöpfte sich in ohnmächtigen Trostreden, die auf einen wahrhaften Schmerz nur erbitternd wirken. Weil er lange sprach und dabei viel wortreicher war, als gewöhnlich, glaubte er, nun seine Pflicht nach Möglichkeit gethan zu haben und sich einen Blick auf die Uhr gestatten zu dürfen. Die Thränen sind schon oft »der Regen des Herzens« genannt worden, das soll vielleicht heißen, daß sie, wie dieser, schließlich langweilig werden. Der Oberst wenigstens schien dieser Ansicht zu sein, denn nach einer Stunde stoisch erduldeten Platzregens suchte er seinen Rückzug mit einem leicht hingeworfenen Compliment zu decken und seufzte beim Hinausgehen erleichtert auf.

Er begab sich zu Fräulein von Beaulieu, wurde aber nicht angenommen. Als er am andern Tage Clara mit rothen Augenlidern und geschwollenen Augen wiederfand, glaubte er schon viel zu thun, indem er galant zu ihr sagte:

Ich habe Ihnen wehe gethan, verzeihen Sie mir!

Clara sah ihn erwartend an, da er aber das bewußte Nadelbüchschen nicht zurückbrachte und kein mea culpa aussprach, so blieben ihre Schmerzen und ihr trauriger Gesichtsausdruck unverändert. Das Zusammensein war nicht heiterer, als gestern, nur viel stiller, weil Jedes der Beiden es überflüssig fand, unnütze Worte von sich zu geben.

Arthur betrachtete seine unbewegliche, schmollende Braut und dachte dabei: Das ist die Ehe! Er fühlte sich bis ins innerste Mark von einem Schauer erkältet, der doch zugleich seiner neuen Liebe zu günstig war, um nicht mit heimlicher Freude von ihm empfunden zu werden. Ein zweiter Versuch bei der Familie Beaulieu hatte denselben Erfolg, wie gestern, und die Verlegenheit des Stubenmädchens, als er dringender wurde, verrieth ihm, daß ein Befehl dahinter stecke. Arthur stieg die Treppe hinab, indem er vor sich hin murmelte:

So, so, man verschließt mir die Thür, man hat Angst vor mir! Aber, alle Wetter! ich will darüber nicht zum Lügner werden. Entweder komme ich über diese Schwelle, oder ich setze keinen Fuß mehr in Albingen’s Haus.

Auf der Straße ging er pfeifend weiter und drehte seinen Schnurrbart, indem er im Stillen dachte:

Das ist ja ein Complot, ein Duell! Gut denn, ich nehme es an. Ich werde mich von diesen kleinen Mädchen nicht gängeln lassen, oder weil Fräulein Clara eifersüchtig ist, auf das sehr unschuldige Vergnügen verzichten, dem liebenswürdigen Kinde ferner zu begegnen. Teufel auch! meine Zukünftige will, wie es scheint, schon jetzt ihre Rechte geltend machen und mich maßregeln. Aber ich werde Ordnung schaffen!

Und der Oberst warf sich in die Brust und sah so herausfordernd und drohend vor sich hin, als stünde er einem österreichischen Posten gegenüber.

Außerdem, fuhr er fort, ist noch nichts unwiderruflich, und wenn Fräulein Clara eine einfältige Kokette ist, so kann ich sie, meiner Treu, eben so gut einem Andern überlassen.

Unsere Geliebten werden immer einfältig und kokett, wenn sie uns nicht gestatten wollen, ihnen untreu zu sein.

Arthur verfiel nicht ein einziges Mal auf den Gedanken, daß er Unrecht habe, das Nadelbüchschen nicht zurückzugeben. Er wandte auf alle von ihm ausgehenden Handlungen den bequemen Grundsatz an: Ein französischer Offizier mag thun, was er will, er wird niemals und kann überhaupt niemals Unrecht haben.

Es muß noch bemerkt werden, daß der Oberst mit diesem Maßstabe für seine Handlungsweise eine gehörige Dosis Selbstgefühl verband. Es war ihm also einfach unmöglich, auch nur die geringsten Gewissensscrupel zu empfinden.

Als er sich nach einigen Schmolltagen herabließ, wieder bei Albingens zu erscheinen, fühlte er sich doch beim Anblick von Clara’s Blässe und Niedergeschlagenheit unwillkürlich bewegt, und in jenem Augenblicke hätte ihn ein geschickter Vermittler leicht zu einer reuevollen Abbitte veranlassen können. Aber unglücklicherweise war Clara zu offen, um sich zu zieren, und für eine glückliche Eingebung zu aufgeregt. So blieb ihre melancholisch-kalte Miene unverändert, wie ihr eintöniger Schmerz, und zum Schluß mußte sie sich noch durch ein der Geduld Arthur’s entwischtes Gähnen gedemüthigt sehen.

Aber diese dumpfe Ruhe verbarg das Gewitter, und bald zerriß der erste Blitz die Wolken.

Herr von Albingen, dessen wir bis jetzt nicht erwähnten, weil seine Persönlichkeit nur unnütz und hemmend für unsere Geschichte gewesen wäre, fühlte als Vater und Millionär die Verpflichtung eines Interventions-Versuchs und wagte, als der Oberst sich zum Fortgehen anschickte, die Frage, warum seine Besuche immer seltener würden und dabei einen so traurigen Charakter annähmen?

Vor dieser Keckheit des reichgewordenen Bürgers, der sich unterstehen wollte, ihm das Gebiß anzulegen, bäumte sich der Graf von Corval hoch auf. Er warf dem ehemaligen Fabrikbesitzer einen niederschmetternden Blick zu, wirbelte seinen Schnurrbart und verließ, nun fest zum Bruch entschlossen, majestätisch das Haus.

Einer jener Zufälle, die von Lucie zu sicher in Rechnung gezogen waren, um nicht auch wirklich einmal einzutreffen, fügte es, daß Arthur auf der Straße den Damen Beaulieu begegnete. Er eilte schleunigst auf Lucie und ihre Mutter zu und beschwerte sich über die Strenge, die ihn so lange des Glückes beraubt habe, sie wiederzusehen. Lucie blieb unerschütterlich in ihrer strengen Reinheit und Majestät. Ihre Mutter konnte erforderlichen Falls bezeugen, mit welcher vollständigen und unbesiegbaren Zurückhaltung sie dem Obersten begegnet war. Als derselbe eine zu directe Anspielung auf den Entschluß der beiden jungen Mädchen fallen ließ, machte Lucie eine Anstrengung und würdigte ihn einiger Worte, die wie ein Flug Tauben niederschwebten. Sie sprach von ihrer Freundschaft, von ihren Wünschen für Clara’s Glück, verwickelte und verstrickte dabei Arthur’s Herz immer tiefer in ihre Zauberfäden und machte ihm, schließlich eine Verbeugung, die einen förmlichen Schein auf das Pflaster ringsumher warf. Dann gingen sie weiter, während der Kriegsmann, unbeweglich wie Loth’s Weib, ihnen nachstarrte.

Als der Graf wieder zu sich kam, stieß er den kräftigsten Fluch aus, der jemals von kriegerischen Lippen erscholl, und that im Stillen Hannibal’s Schwur gegen seine Verbindung mit Fräulein von Albingen. Er träumte nur noch davon, sich mit seiner wunderbaren Freundin zu den himmlischen Regionen aufzuschwingen, welchen sie entstammte, und fragte sich immer wieder, wie er es wohl anzufangen habe, um in diesem erhabenen Marmorbilde Gegenliebe zu erwecken. Seine gewöhnlichen Erfahrungen ließen ihn im Stich, auch die Garnisons-Erinnerungen konnten ihn nur in Verlegenheit bringen. So starrte er denn angelegentlich gen Himmel, wie ein Mann, der die Bahn des Mondes zu ergründen sucht, was für ihn auch ungefähr auf das Gleiche herausgekommen wäre.

Lucie hatte sich überzeugt, daß ihr Werk vollendet war; sie brauchte nur noch die Palme zu pflücken und den Triumphwagen zu besteigen. Sie eilte zu Albingens und fand dort die ganze Familie sehr bewegt. Clara blässer und verzweiflungsvoller als je. Man begrüßte sie vertrauensvoll, wußte man sie doch so rein und unschuldig an der Missethat des Obersten!

Ich konnte es nicht mehr aushalten, sagte sie zu ihrem Opfer, dessen tiefe Niedergeschlagenheit sie mit verstohlener Begierde wahrnahm. Ich wußte, daß du unglücklich bist, und mußte zu dir eilen.

Rette mich, liebste Lucie! rief Clara und umschlang sie mit beiden Armen.

Was kann ich aber thun?

Gieb mir einen Rath, einen Gedanken ein!

Was denkst du denn? Verstehe ich vielleicht mit Husaren umzugehen, oder soll ich noch gar einer kleinen Kokette, wie du bist, guten Rath ertheilen? Und doch . . .

Sie schien nachzudenken und beobachtete aus den Augenwinkeln die dadurch verlängerte Bein. Die ganze Familie drängte sich um sie.

Ich glaube, man muß jetzt zu starken Mitteln greifen, sprach das Orakel. Im Grund ist der Oberst doch voll Hochachtung für dich.

Sie betonte das Wort Hochachtung wie eine Nonne, die Angst hat, sich an dem Worte Liebe zu verbrennen.

Ach, unterbrach sie Clara, es liegt ihm Nichts daran, ob er mich tödtet.

Du hast immer noch Zeit zur Auferstehung, lächelte Lucie, aber für jetzt ist meine Ansicht die: da Herr von Corval sein Wort gegeben hat, muß man ihn bei der Ehre nehmen.

Und ihn mit Gewalt zurückführen? Nimmermehr! Es würde auch nichts helfen. Bleibst du nicht doch immer schön?

Erstens bin ich nicht schön, erwiderte mit bescheidenem Augensenken Lucie, und dann laß mich nur einmal Madame Hammel heißen, so wird mich dein Oberst von Herzen gern vermissen. Ich bin in solchen Angelegenheiten sehr unerfahren, aber meine Vernunft sagt mir, daß man keinen Hochmuth oder übertriebenen Verdruß nähren soll. Werde nur erst Frau von Corval, und du wirst es im Uebrigen sehr gut verstehen, Alles so einzurichten, daß dein Mann dir treu bleibt.

Ich kann ihm aber doch nicht nachlaufen!

Nein; der Herr Germanet ist mit ihm befreundet und sein Notar; außerdem hat er den Prozeß beigelegt – und kann ihn im Nothfall als letztes Mittel wieder anfachen. Herr Germanet muß ihn also an das gegebene Wort erinnern, an seine Rechtlichkeit appelliren und ihn zur Heirath bewegen.

Ja, wie man eine Schuld bezahlt, um seine Unterschrift einzulösen, das wäre Alles! sagte Clara und seufzte.

Sei doch nicht so ängstlich, schöne Königin. Mit welcher Siegesgewißheit hast du hier auf dem Ball deine sämmtlichen Freundinnen herausgefordert! Kehre zu jener Stimmung zurück und gieb dich der Hoffnung wieder hin!

Fräulein von Beaulieu hat Recht, rief Herr von Albingen. Ich gehe sogleich zu Germanet.

Die beiden Freundinnen verabredeten, sich wieder zu besuchen, da Lucie dem Oberst nicht mehr hier begegnen konnte, und diese kehrte fast verzehrt von innerlichem Entzücken mit glänzenden Augen nach Hause zurück, indem sie sich die letzten Scenen ihrer Komödie im Geiste zurechtlegte.

Arthur erhielt zwei Tage später von seinem Notar eine Einladung zu Tische. Er hatte eben selbst daran gedacht, seinen gewohnten Beichtiger, den er noch nicht von der anderen Seite beeinflußt glaubte, aufzusuchen und ihm die Unruhe seines Herzens anzuvertrauen.

Das Diner verlief als Trio. Arthur saß zwischen Zenobia und ihrem Gatten, aß sehr mäßig und sprach nicht viel, als ein Mann, der seine oratorischen Mittel schont. Man war beim Dessert angekommen, und er suchte gerade in dem letzten Tropfen seines Bordeauxglases nach einer schicklichen Einleitung, als Meister Germanet sich die Lippen abwischte, seine weiße Cravatte wieder zurechtrückte, das Messer gerade vor sich hinlegte und mit einigem Ungestüm die Discussion eröffnete.

Nun, was habe ich hören müssen, lieber Oberst! Ihre Verlobung ist abgebrochen!

Ah. Sie wissen schon davon, sagte Arthur, der gar nichts dagegen hatte, auf diese Weise den Bruch, zu welchem er noch nicht fest entschlossen war, von anderer Seite bestätigt zu hören.

Bin ich nicht Hausfreund bei Albingens? sagte der vortreffliche Notar etwas kurz und ernsthaft. Habe ich die Sache nicht eingefädelt? Und mußte ich nicht die Thränen trocknen, die um Sie geweint werden? Ich habe es denn auch übernommen . . .

Mir mein Wort zurückzugeben? unterbrach ihn der Oberst ziemlich hochfahrend.

Nein, sondern seine Ausführung zu verlangen.

Ah, also Drohungen?

Nein, lieber Oberst, nur Bitten und Vernunftgründe.

Sie hätten mir vorher sagen sollen, mein Bester, daß Ihr Diner eigentlich eine Predigt sein würde. Ich hätte mich dann, da ich durchaus kein Freund von solchen bin, irgendwo anders einladen lassen.

Germanet ließ die Impertinenz dieser Rede ruhig über sich ergehen, als Geschäftsmann, der nur die Thatsachen wägt und Worten keinen Werth beimißt. Allein Zenobie, die nicht der erste Schreiber ihres Gatten war und folglich keine Geduld zu haben brauchte, bebte vor Zorn und erwartete, kampfgerüstet dasitzend, die nächste Gelegenheit zur Rache.

Ja, lieber Oberst, fing der Notar lachend wieder an, ich bin beauftragt, Ihnen ehrerbietige Vorstellungen zu machen.

Lassen Sie hören.

Und Herr Germanet entwickelte eine schulmeisterliche Auseinandersetzung in drei Punkten, mit der unglücklichen Prätension, dadurch die Rückkehr des Ungetreuen zu bewirken. Er mengte Gefühlsrücksichten und Vernunftgründe durcheinander, sprach von schönen Augen und streitigen Wäldern, und dann wieder von den Frau von Albingen gehörenden Besitzungen. Es lag eine äußerst angenehme Mischung von Ethos und Pathos in dieser bald sanften, bald kühnen Behandlungsweise.

Er wurde dabei so dringend und hartnäckig, daß den Obersten mehrmals die Versuchung anwandelte, ihn mit seiner Serviette zu knebeln oder schleunigst das Weite zu suchen. Zenobia’s Blut kochte über die Beleidigung eines Geschlechtes, dem sie auch anzugehören glaubte, und sie spähte nach einer Lücke in den wie Pallisadenreihen dicht geschlossenen Gründen ihres Gatten, um dann ihrerseits auf den treulosen Ritter loszustürzen. Einstweilen maß sie ihn mit wilden Blicken, deren jeder Krallen zuhaben schien, und pochte aufgeregt mit dem Fuße gegen den Boden.

Alle Dinge dieser Welt nehmen einmal ein Ende, sogar die Vertheidigung eines Advocaten vor Gericht und die Auseinandersetzungen eines Notars. Nachdem Herr Germanet zehnmal das Nämliche gesagt hatte, ging ihm die Luft aus, und er hielt inne, um Athem zu schöpfen. In diesem Moment erschien Zenobia mit Vorspann. Wenn sie eines militärischen Gleichnisses fähig gewesen wäre, würde sie ohne Zweifel gedacht haben, nach der Kanonade ihres tapfern Gatten müsse ein gründlicher Angriff der leichten Cavallerie folgen, um die letzten Truppen des Feindes zu zerstreuen. Leider hatten nur Herrn Germanet’s Kanonen eine traurige Aehnlichkeit mit der chinesischen Artillerie, die Niemand als ihrer eigenen Bedienung gefährlich wird, während Zenobia’s Cavallerie sehr lebhaft an die Pappdeckelpferde erinnerte, die unsern Kindern als Spielzeug dienen.

In ihrer Ungeduld, das meineidige Herz des Obersten so gründlich als möglich zu durchbohren, brach sie in ihres Gatten schön geordnete Auseinandersetzungen ein und zerstörte die ganze Wirkung, indem sie zornbebend mit ihrer schnarrenden Stimme eine ganze Litanei von verrathener Liebe herunternäselte, ja sie verstieg sich sogar zu einer anzüglichen Tirade gegen die Treulosigkeit und Feigheit der Männer im Allgemeinen, daß Herrn Germanet’s Anstandsgefühl sich schwer darüber empörte.

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Дата выхода на Литрес:
10 декабря 2019
Объем:
80 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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