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c) Max Thurian

In seiner neuen Veröffentlichung111 gibt der Theologe von Taizé den Ansatz für das Verständnis des Herrenmahles: Eucharistie ist Gedächtnis Christi, wobei dieses spezifisch-christliche Moment in den jüdischen Gedächtnisrahmen des Passa einbezogen bleibt112: »Das Wort ›Anamnese‹ bzw. ›Gedächtnis‹, von Paulus und Lukas dort gebraucht, wo sie den Eucharistiebefehl Christi überliefern, nimmt unmittelbar Bezug auf die jüdische Liturgie und besonders auf das Paschamahl. Christus führt die neue Kulthandlung im Rahmen der jüdischen Osterliturgie ein und verachtet den bisherigen Kult nicht. Im Gegenteil! Weil er zur Offenbarung gehört, findet Christus in ihm die passenden Symbole und Worte, um sich selbst verständlich zu machen.«113 Es gilt: »Christus verachtet die alte Liturgie nicht, vielmehr verlangt er brennend danach, sie zu feiern. Gestaltet er sie in der Eucharistie um, so nicht, um sie abzuschaffen oder etwas ganz anderes an ihre Stelle zu setzen; sie muß sich vielmehr im Reiche Gottes vollenden. Vom Pascha bis zum messianischen Mahl führt der Weg über die Eucharistie. Hier besteht Kontinuität, Analogie, Einheit, auch wenn der Ritus sich äußerlich wandelt und sich die in ihm zeichenhaft gegebene Wirklichkeit entfaltet; zuerst das Lamm, wirksames Zeichen der Erlösung; dann Brot und Wein, wirksames Zeichen der realen Gegenwart von Leib und Blut Christi, des gekreuzigten, auferstandenen und verklärten Erlösers; und schließlich die Vision des Gottessohnes als des geschlachteten Lammes der Geheimen Offenbarung.«114

Thurian erkennt also, daß Jesus innerhalb eines jüdischen Rituals seine Eucharistie ansiedelt und so eine liturgische Gestalt inhaltlich neu füllt, ohne diese Gestalt zu zerstören. Es ist nur konsequent, den Sinn des neuen Inhaltes vor allem vom Sinn dieser alttestamentlichen liturgischen Gestalt her zu bestimmen. Thurian ordnet daher die einzelnen Sinnmomente des Abendmahls und der Eucharistie gemäß der Sinngestalt des jüdischen Passamahles und findet in ihm eine formale Sinngestalt. Das Gedächtnis, die Anamnese spielt eine entscheidende Rolle. Dabei weist das jüdische Gedächtnis, hebräisch »Zikkaron«, griechisch »Anamnesis« auf die Heils- und Segenserfahrung des alttestamentlichen Volkes hin, läßt dieses Gedächtnis lobend und dankend zu Gott aufsteigen (Gedächtnisopfer), stellt es vor Gott hin, um Gott selbst an die von ihm ausgegangenen Segnungen zu erinnern und ihn zu neuerlicher Segensgabe zu veranlassen115. Diese Sinngestalt des Gedächtnisses in ihrer Entfaltung (vergangener Segen, Gedenken, Dank für den vergangenen Segen, preisendes darbringendes Gedenken und Lob sowie Bitte um neuerlichen Segen) ist so formal, daß sie inhaltlich aufgefüllt werden kann und dennoch die Struktur des Segens katabatisch, der Anamnese präsentisch und des Lob-Opfers anabatisch beinhaltet. Diese Sicht bleibt einem komplexen Geschehen verpflichtet und erkennt eine gänzlich formale sinnstiftende Einheit des Abendmahles. Die Zuordnung geschieht weniger durch die Inhalte, sondern die Inhalte werden durch die formale Gestalt aufeinander bezogen.

In diesem Sinngefüge entwickelt Thurian die theologische Sinngestalt der Eucharistiefeier. Sie ist eine »Handlung ›zum Gedächtnis Christi‹ «116. Die Kirche sagt in diesem und auf Grund dieses Gedächtnisses »Dank für die einmalige und vollkommene Erlösung durch das Leiden und die Auferstehung. Sie dankt auch dafür, daß diese Erlösung durch das Sakrament vergegenwärtigt wird.«117 Dabei weiß sie um den Geschenkcharakter der Ankunft Christi im Fleisch, seines Leidens und seiner Auferstehung: »Das Abendmahl … geht von der endgültigen, aber noch in Christus verborgenen Erlösung aus, um das glorreiche Offenbarwerden dieser selben und einzigen Befreiung anzukündigen und zu erflehen.«118 Das Gedächtnis der Kirche nimmt das im Christusereignis gewirkte Segensgeschehen auf (Anamnesis des katabatischen Segens) und erfleht es als neuerlich gegenwärtig für alle, lobt dafür Gott und bringt im Lob dieses Christusereignis dar (anabatische Opferdimension). Thurian erschließt die katabatische Segenswirklichkeit der Eucharistie nicht allein vom Gedächtnis der Kirche her; für ihn ist ihr Gedächtnis zugleich Wissen um das aktive Gedächtnis Gottes, das in dessen Treue begründet ist und in der Eucharistiefeier zur Wirkung kommt119. Thurian entwickelt aus diesem das menschliche Erwägen und die göttliche Treue zusammenfassenden liturgischen Gedächtnis die dynamische Gegenwart des Herrn mit seinem Heilswerk120, so daß gilt: »Das eucharistische Gedächtnis ist ein Ruf an uns, ein Ruf durch uns an den Vater, ein Ruf des Sohnes an den Vater durch uns. Somit ist das eucharistische Gedächtnis Verkündigung an die Kirche, Danksagung und Fürbitte der Kirche und Fürbitte Christi für die Kirche.«121

Die Gaben von Brot und Wein sind Gedächtnisgaben und schließen Gottes und der Menschen Gedächtnis in gleicher Weise ein. Sie sind die neu-testamentlichen Schaubrote, stellen Christus mit seinem Opfer vor Gott und die Menschen hin: »Indem die Kirche das Opfer Christi verkündigt, vollzieht sie auf dem Altar die Darstellung des Opfers des Sohnes vor dem Vater in Danksagung und Fürbitte, Lobpreis und Flehen. Wenn die Kirche das Geschehen am Kreuz darstellt, nimmt sie in Danksagung und Fürbitte teil an der Darstellung seines Opfers durch den Sohn vor dem Vater … Mit ihm und in ihm bringt sie dieses Opfer dem Vater dar: das gebrochene Brot und den eingegossenen Wein, den geopferten Leib und das vergossene Blut. So legt sie Fürbitte ein zur Verzeihung der Sünden und für die Nöte der Menschen und dankt zugleich für alle Großtaten Gottes.«122

Für Thurian erhalten auf dem Hintergrund der Anamnese als theologischer Sinngestalt auch andere Momente der liturgischen Feier ihre Bedeutung: »Die Anamnese ist das Gedächtnis der Geheimnisse Christi vor dem Angesicht Gottes und im Angesicht der Kirche – für die Kirche als Vergegenwärtigung, vor Gott als Darstellung.«123 Ihr innerstes Anliegen ist die Fürbitte Christi vor Gott für die Menschen. Wie Christus einerseits in der Himmelfahrt sein Opfer vor den Vater bringt und ihn an die Menschen erinnert, für sie fleht, letztlich um die Geistsendung für die Menschen fleht, so ist die Epiklese zugleich Ausdruck des Flehens Christi und der Kirche um den Geist: »Das Gedächtnis des Kreuzes in der Eucharistie geht über in die Bitte, der Vater möge den Heiligen Geist als Antwort auf das Opfer des Sohnes geben; dies ist vor ihm sakramental vergegenwärtigt und dargestellt als eine innige Fürbitte.«124 Wie der Vater auf die Fürbitte des Erhöhten an Pfingsten mit der Sendung des Geistes geantwortet hat, so nun in der Eucharistie: »Bei der Eucharistie ist somit der Heilige Geist als erster wirksam. In den Worten des Sohnes: ›Das ist mein Leib … Das ist mein Blut‹ ist er am Werk, um uns seine Gnadengaben mitzuteilen. Ohne das Wirken des Heiligen Geistes bliebe das Wort Christi leer; es hätte keine Wirkung, weder auf Brot noch Wein, noch auf die Kirche. Der Heilige Geist macht uns das ganze Geheimnis Christi lebendig, er macht aus der Anamnese eine echte Vergegenwärtigung des einen Kreuzesopfers in der Kirche und ein wirksames Gedächtnis dieser vollkommenen Fürbitte vor dem Vater … In der Kraft des Heiligen Geistes, der durch die Epiklese angerufen wird, bringt die Kirche dem Vater das Gedächtnis des Sohnes dar, und in ihr kann sie wirksam die Einsetzungsworte nachsprechen: ›Das ist mein Leib … Das ist mein Blut‹.«125 Thurian weist auf den zweiten Teil der Epiklese nach der Konsekration hin. Sie ruft den Heiligen Geist auf die Kirche herab, der ihr die pneumatische Gegenwart Christi geschenkt hatte126, damit auch sie über diese Gegenwart vom Geist erfüllt werde, den Christus erfleht.

Von der Anamnese über die Epiklese kommt Thurian zur somatischen Realpräsenz. Sie zeigt der Kirche an, daß ihr Herr konkret in ihrer Mitte ist und daß sie ihn unter einer konkreten Gestalt empfängt127, wobei »die Teilnahme am Leib und Blut Christi für einen jeden zugleich Teilnahme am Leib der Kirche ist. Durch die Kirche in Christus zu einer Opfergabe vereint, sind die Gläubigen durch die Teilnahme am Leib Christi unzertrennlich miteinander verbunden.«128

Wir dürften Thurian nicht falsch verstehen, wenn wir zusammenfassend sagen, daß die formale Sinngestalt der Eucharistie und des Abendmahles das alttestamentliche »Gedächtnis« ist. Die ins neutestamentliche Verstehen transponierte Anamnesis ordnet als theologische Grundgestalt die Präsenz Christi und seines Heilswerkes mit dem Opfer der Kirche zusammen, kann geschichtliche Entwicklungen einbeziehen und ist zugleich der Ort der Gegenwart Gottes, seines Geistes und der mitfeiernden Menschen. Formal ist dieses Gedächtnis Segensgedächtnis des Menschen und Gottes, Grund der Gegenwart Christi, Grund des Opfers der Kirche.

Dennoch erübrigt sich die Frage nach der theologischen Grundgestalt der Eucharistie auch hier nicht, denn es fragt sich, ob es einen Begriff gibt, der sowohl alttestamentliche Segensvorstellung, Gegenwart des Segens im Gedächtnis, wie auch Opfer und Hingabe an Gott so zusammenordnet, daß all dies mit einem Begriff benannt werden kann, ohne die von Betz sehr schön gezeigte christologische Konzentration zu sprengen. Biblisch gewendet heißt die Frage: Gibt es einen Begriff, der die formale Sinngestalt des Passamahles so einfängt, daß damit die Person Christi mit ihrem Heilswerk zugleich mit dem Abendmahlsgeschehen umgriffen werden kann?

d) Alexander Gerken

In seinem neuesten Büchlein129 arbeitet Gerken Jesus als den Konstruktionspunkt einer neuen Gemeinschaft und als Ausdruck des sich trotz dessen Todes durchhaltenden Versöhnungswillens Gottes heraus. Deshalb ist die Eucharistie Gedächtnis der Lebenshingabe Jesu, nicht nur des Abendmahles, sondern des gesamten Christusereignisses. Über dieses Gedächtnis tritt Christus in unsere Gegenwart ein und verdichtet seine Gegenwart in der Eucharistie. So bleibt die Versöhnung Gottes über den Tod Christi hinaus uns angeboten. Denn Christus ist nun als der Verherrlichte anwesend und will uns mit seinem vergangenen Leben, seinem Tod als der Hingabe an Gott und an die Menschen verbinden. Insofern ist Eucharistie Gegenwart des Opfers Christi und zugleich unser opferhaftes Einbezogenwerden in das Opfer Christi. Das wesentliche Moment dabei ist die Gegenwart Christi. Aus ihr entspringt die eigentliche »Struktur«130 der Eucharistie: »Gemeinschaft mit Jesus haben heißt: in die Bewegung zum Vater hineingenommen zu sein, unterwegs zu sein zur Gemeinschaft mit dem Vater. Wenn dies die umfassende Struktur des letzten Mahles war, so ist es auch die umfassende Struktur der Eucharistiefeier. Die frühe Kirche hat dies gewußt und eben deshalb hat sie der Abendmahlshandlung den Namen – ›Eucharistie = Danksagung‹ gegeben. Wie Jesus seine Gabe an die Jünger, das Brot und den Wein und damit seine Selbstgabe, eingebettet hat in den Dank an den Vater, so hat die Kirche die Brot- und Kelchhandlung eingebettet in einen liturgischen Rahmen, dessen Hauptinhalt der Dank an den Vater ist … Dieser Dank besteht im tiefsten darin, daß wir anerkennen, wie groß die Gabe Gottes ist. Wir können Gott ja nicht dadurch danken, daß wir ihm etwas geben, was er nötig hätte. Er ist schon das grenzenlose Leben. Alles, was der Mensch hat, ist schon Gabe Gottes, gehört Gott schon in seiner Wurzel. Der Dank des Menschen kann daher im tiefsten nur in der Bestätigung dieses Verhältnisses, in der Anerkennung der Tatsache bestehen, daß alles, was er ist und besitzt, Gabe Gottes ist. Darum besteht der Dank des Menschen letztlich wieder im Empfangen, im anerkennenden und dankbaren Empfangen der immer größeren Wohltaten Gottes.«131 Diese Struktur verwirklichen die eucharistischen Hochgebete. Insofern unser ganzes menschliches Leben von diesen Hochgebeten umfaßt wird und mit Christus verbunden ist, nimmt unser Leben an der eucharistischen Struktur der sakramentalen Eucharistiefeier teil und ist Christi Darstellung in der Welt132. Wir werden im Essen des Brotes als Leib Christi zu seinem Leib133, der um Christus als Mitte zentriert ist. Die Eucharistiefeier kann deshalb nicht zu einem »bloßen Gottesdienst«134 nivelliert werden. Sie muß sich im Alltag fortsetzen. Sie ist Sammlung und Sendung: »Gerade weil sie die Christen um einen Punkt, um Jesus Christus, den für uns Hingegebenen sammelt, sendet sie sie auch zu allen Menschen aus, weil Jesus für alle gestorben ist … Erst dann, wenn ›Gott alles in allen‹ ist, hat die Eucharistie als Sammlung und Sendung ihre Funktion erfüllt. Denn erst dann ist die Schöpfung selbst Eucharistie geworden, erst dann ist sie selbst der große Dank- und Lobhymnus an den Vater.«135 Dabei faßt die Eucharistiefeier zugleich die »Sehnsucht Jesu nach dem Reich des Vaters zusammen und ist daher sein Vermächtnis, sein Testament. Sie will auch uns einschwingen lassen in die Sehnsucht Jesu, will uns auf den Weg stellen, auf dem er uns vorangegangen ist.«136 Daher ist sie Wegzehrung, in der Christus kommt, bis er wiederkommt137.

Bei Gerken ist die christologische Konzentration und die Frage nach der Grundgestalt der Messe, die er in dem Begriff Eucharistie ausgedrückt findet, sehr schön und leicht verständlich gezeigt. Wenn es ihm auch gelingt, christologische Konzentration und Eucharistie besonders im Hinblick auf die feiernden Menschen zu verbinden, so bleibt unseres Erachtens doch gerade die Frage nach einer Sinngestalt der Eucharistie, die nicht in ihrer anabatischen Dimension überlastig ist, wie der Begriff Eucharistie dies zunächst sagt. Müssen doch die anderen Aspekte wie Gnadengeschenk, Gedächtnis, Gegenwart erst als Voraussetzungen der Eucharistie aufgezeigt werden. Natürlich sagt Eucharistie implizit auch Gedächtnis eines Geschenkes und so auch das Geschenk selbst. Hier liegt die Leistung Gerkens; aber sie ist nicht neu, sondern drückt mit anderen Worten aus, was J. A. Jungmann schon vertrat138. Wir fragen also weiter, ob es einen Begriff gibt, der alle drei Aspekte (Gnadengeschenk; Gedächtnis und damit Gegenwart; Opfer) ausdrücklich macht und in einer Sinngestalt verbindet. Wir fragen: Gibt es eine theologische Vorstellung, die sowohl die Person Christi mit ihrem Heilswerk einfängt, als auch das gesamte Abendmahlsgeschehen und in Folge dessen auch die theologischen Elemente der Eucharistiefeier?

e) Ulrich Kühn

Kühn liefert am Ende seines ausgezeichneten Beitrags zum Begriff »Abendmahl«139 »Grundlinien eines dogmatischen Entwurfs«140. Ausgehend von einem den neuesten Ergebnissen der Exegese angepaßten Begriff »einer Einsetzung durch Jesus«141, der sich auf die mit der Verkündigung des Gottesreiches in Verbindung stehende Mahlpraxis Jesu bezieht, läßt sich eine Kontinuität der nachösterlichen Abendmahlsdeutung zum vorösterlichen Tun Jesu herstellen. »Im Blick auf diesen komplexen Sachverhalt kann theologisch von einer Stiftung des Abendmahles durch den lebendigen Jesus Christus, dessen Leib die Kirche ist, gesprochen werden.«142

Damit bietet sich das Mahl, »das die Gemeinde zum Gedächtnis Jesu feiert«143, als Reflexionsbasis an, an der das Besondere der Eucharistie gegenüber anderen Handlungen der Gemeinde deutlich wird. Dabei spielt weniger das Geben und Empfangen eine Rolle, als vielmehr das gemeinsame Handeln und Empfangen (›nehmet, esset‹). Es wird so ein »für die Gemeinschaft als Gemeinschaft effektiver Symbolwert«144. »Das Mahl der Gemeinde wird zum Sakrament dadurch, daß es ausdrücklich und programmatisch zum Gedächtnis Jesu gefeiert wird. Dies wird eindeutig durch die beim Mahl gesprochenen Worte.«145 Somit erhält der von M. Thurian wieder neu herausgestellte Begriff des Memorial entscheidende Bedeutung: »Gedenken ist mehr und anderes als ein bloß subjektives Sich-Erinnern. Es ist vielmehr Danksagung der Gemeinde vor Gott, Eucharistie, in der das Heilsgeschehen, für das gedankt wird, aus der Vergangenheit und Ferne gewissermaßen gerufen und vor Gott und für uns gegenwärtig wird.«146

Bei dieser objektiven Vergegenwärtigung spielt der Heilige Geist (Epiklese) eine »entscheidende Rolle«147. Der »spezielle Gegenstand des Gedenkens sind Leib und Blut Christi«, d. h. seine ganze Person mit ihrem Heilswerk, Vergangenheit und Zukunft einschließend und gegenwärtig setzend148. Darin liegt auch der Opfercharakter. »Die Ablösung des ›kulttechnischen‹ Opferbegriffs durch denjenigen der personalen Hingabe an Gott und die Menschen, wie ihn die katholische Theologie gegenwärtig vollzieht, erscheint von daher als sachgemäß. Diese Hingabe (im doppelten Sinne), die über den Tod hinaus das ganze Leben umfaßt, ist aber der Inbegriff der in Jesus erschienenen Gottesherrschaft. An dieser Hingabe als an seinem ganzen Weg gibt Jesus im Abendmahl wirksamen Anteil. Damit werden die das Abendmahl Feiernden hineingenommen in die totale Hingabe an Gott (kultisches Moment) und in seine Hingabe an die Menschen (Sprengung des Kultischen). Darin ist der legitime Sinn der katholischen Lehre vom ›Mitopfern der Kirche mit Christus‹ zu sehen.«149

Für Kühn liegt »das theologische Problem der spezifischen Realpräsenz Christi im Abendmahl, das vor allem zwischen den reformatorischen Kirchen strittig war, in der Verknüpfung des ›Gedächtnisses‹ der Kirche mit dem von ihr gehaltenen Mahl«150. Der spezifische Inhalt des Gedächtnisses ist die Hingabe Jesu, »die im Kreuzestod ›für die Vielen‹ kulminiert und den Bundesschluß Gottes mit seinem Volke vollzieht. Als so sich Hingebender ist Jesus Christus aber nicht nur im Abendmahl, sondern auch sonst bei den Seinen gegenwärtig, z. B. wenn sie sich zum Hören des Wortes, zu Gesang und Gebet zusammenfinden.«151

Wenn Kühn von einer »spezifischen« Gegenwart Christi beim Abendmahl spricht und daher für ihn eine Gegenwart »extra usum« nicht in Betracht kommt152, so wäre hier zu sagen, daß ein Mahl und die sich in ihm bildende Gemeinschaft dann nicht aufhört, wenn das Essen zu Ende ist. Ist die Verehrung der Eucharistie nicht gerade ein Hinweis darauf, daß Christus allzeit bereit ist, sich uns im Mahl des Wortes und der Schrift hinzugeben? Könnte man dann nicht den eucharistischen Kult außerhalb des Mahles (Anbetung, Viaticum etc.) theologisch als »flankierende Maßnahme« deuten, das Mahl weder sakralistisch noch als einzige Christusbegegnung zu verstehen? Könnte man den eucharistischen Kult dann nicht dahingehend verstehen, daß wir allzeit hungrig sind nach Christus, im Mahl und im Wort?

Die eigentliche Konsekration bezeichnet Kühn sehr gut als »Sinnstiftung«, die als »Gesamtvorgang des eucharistischen Gedächtnisses der Kirche anzusehen« ist. Hier finden wir eine Beziehung zur Eucharistieauffassung des Origenes, wenn es heißt: »Das in der Abendmahlsfeier gesprochene Wort muß insgesamt primär als Glaubenswort und Zeugnis der Kirche angesehen werden, das Gott seinerseits zu seinem Gnadenwort an die Gemeinde wandelt, in das auch das sakramentale Zeichenhandeln wirksam einbezogen ist.«153 Damit ist für Kühn »das Abendmahl … der zentrale Selbstvollzug der Kirche (K. Rahner)« und »Ausdruck der Einheit der Kirche und stiftet Einheit«154.

Wenn Kühn bezüglich der katholischen Verbindung von Amtstheologie und Eucharistie sagt: »Der Begriff der ›Gültigkeit‹ ist in diesem Zusammenhang allerdings ungeeignet und ebenso ist daraus nicht eine ›Ungültigkeit‹ einer Abendmahlsfeier ohne Amtsträger abzuleiten«155, so ist dies theologisch berechtigt, versteht man Ungültigkeit im Sinne von wertlos. Es ist nicht berechtigt, setzt man eine, allerdings in der katholischen Theologie noch nicht geleistete Unterscheidung von Eucharistie im strengen Sinn und quasi-eucharistischen Vollzügen (Kommunion außerhalb der Messe, Wortgottesdienst, eucharistische Andachten) voraus. Sicher hat eine liturgisch gestaltete Agapefeier (Did) ihre eucharistische Geltung, sie ist jedoch nicht Eucharistie im vollen Sinn. Hinzu kommt beklagenswerterweise, daß der in der katholischen dogmatischen Theologie verwendete Rechtsbegriff »Gültigkeit« nicht jene tiefen Dimensionen der »Hierarchie der Wirklichkeit« aufscheinen läßt, die er eigentlich ordnen sollte.

Kühn lehnt ein ›weltoffenes‹ Abendmahl (Moltmann) mit Recht ab. Es ist »ex definitione Mahl derer, die an Christus glauben und miteinander das dankende Gedächtnis Jesu begehen«, so daß es ein Zeichen der Entscheidung und auch der Scheidung156 wird.

Kühn bringt die verschiedensten theologischen Elemente organisch in ein eucharistisches Ganzes, das für ihn das eucharistische Gedächtnismahl ist. Das Mahl als Gedächtnis offenbart die Opferdimension, die wesentlich in der vollzogenen und dargestellten Gegenwart des Hingabeaktes an Gott und Mensch besteht, in den die feiernde Gemeinde hineingenommen wird. Im Abendmahl stellt sich Christus in seinem Hingabeakt an die Menschen dar, in dem er sich austeilt. Vom rechten Verständnis des Gedächtnisses, das zugleich Gegenwart des Erhöhten ist, ergibt sich auch das rechte Verständnis der Realpräsenz, die in der »Sinn-Stiftung« als Gesamtvorgang des Gedächtnisses Christi und der Kirche besteht und so zum Selbstvollzug der Kirche wird, deshalb auch zum Ort der Entscheidung, zu Christus gehören zu wollen. Die beiden sinngestaltenden Momente sind also Gedächtnis und Mahl. In ihre Wechselbeziehung lassen sich die theologischen Sinnelemente einführen.

Kühns theologischer Ansatz zeigt dennoch, wie notwendig die Frage nach der theologischen Sinngestalt ist, bietet seine Abendmahlsauffassung doch eine Spannung von Mahl und theologischem Inhalt, die er durch das eucharistische Wortgeschehen zu überbrücken sucht. Wir fragen nach einer theologischen Grundgestalt, die sowohl den Hingabeakt Christi an Gott und die Menschen als auch das Gedächtnis, das Wortgeschehen und den Mahlcharakter umfaßt.

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9783429060329
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