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42 Vgl. Lothar Lies, Eulogia – Überlegungen zur formalen Sinngestalt der Eucharistie. In: ZKTh 100 (1978) 69–121, hier 69.

43 Vgl. ebd. 94–97.

44 Vgl. Lothar Lies, Theologie als eulogisches Handeln. In: ZKTH 107 (1985) 76–91.

45 H.B.Meyer SJ (s. Anm. 19).

46 Ebd. 445.

47 Vgl. ebd.

48 Ebd.

49 Vgl. ebd. 447–453.

50 Vgl. ebd. 454f.

51 Ebd. 455f.

52 Ebd. 457.

53 Ebd. 458.

54 Ebd.

55 Vgl. ebd. 466f.

56 Verwiesen sei auf: Martin Stuflesser, Memoria Passionis. Das Verhältnis von lex credendi und lex orandi am Beispiel des Opferbegriffs in den Eucharistischen Hochgebeten nach dem II. Vatikanischen Konzil (Münsteraner Theologische Abhandlungen 51). Altenberge 1998; neuestens Josef Wohlmuth, Opfer – Verdrängung und Wiederwehr eines schwierigen Begriffs. In: Albert Gerhards u.a. (Hg.), Das Opfer. Biblischer Anspruch und liturgische Gestalt (Quaestiones Disputatae 186). Freiburg 22000, 100–127. Man beachte auch die ökumenischen Dokumente »Das Herrenmahl« und das sogenannte Lima-Papier (Max Thyrian).

Eulogia – Überlegungen zur formalen Sinngestalt der Eucharistie
I. DIE FRAGE

Es soll an einige Neuerscheinungen der letzten Jahre zum Thema Eucharistie die Frage nach der Formalgestalt der Eucharistie herangetragen werden. Um dieses Unterfangen verständlich zu machen, ist der ungebräuchliche Begriff der Formalgestalt zu erklären. Unter Formalgestalt der Eucharistie verstehen wir jene Gestalt, die die Vorstellungen des Gedächtnisses, des realpräsentischen Sakramentes, des Opfers und des Mahles zusammenfassen kann und allen Aspekten der Eucharistie ihren formalen Sinn gibt. Wir nennen daher die Formalgestalt auch theologische Sinngestalt. Die Suche nach dieser formalen Sinngestalt ist theologisch legitim, weil eine systematische theologische Eucharistielehre Anamnese, Opfer und Präsenz einander zuzuordnen hat. Diese Frage ist theologiegeschichtlich und pastoral gefordert, da die neuzeitliche Diskussion und Verkündigung Gefahr laufen, einen traditionellen Teilaspekt der Eucharistie besonders hervorzuheben und katechetisch »auszuschlachten«, während andere, ebenso wichtige Aspekte zu kurz kommen.57

Der Begriff Formalgestalt ist nicht mit dem Begriff Formalobjekt zu verwechseln, da Formalobjekt jenen Gesichtspunkt meint, unter dem eine Sache betrachtet wird, also in die Erkenntnisebene gehört, während Formalgestalt dem Objekt selbst zukommt und in die Wirklichkeitsebene gehört. Insofern natürlich jede Wirklichkeit unter einem bestimmten Gesichtspunkt erörtert werden kann, ist der Gesichts- und Fragepunkt und somit das Formalobjekt unseres Beitrages die Frage nach der Formalgestalt der Eucharistie.

Wir wollen diese Formal- bzw. Sinngestalt so auffassen, daß sich von ihr her die Materialgestalt als sinnvoll und verstehbar erweist. Unter Materialgestalt der Eucharistie verstehen wir all das, was auf die Ebene der sichtbaren Wirklichkeit gehört und heute oft mit Grundgestalt (z. B. dem Mahl- oder dem Zeichencharakter oder dem liturgischen Vollzug) wiedergegeben wird. Mit formaler Sinngestalt der Eucharistie meinen wir deshalb auch nicht die durch die liturgische Bewegung eingeführte Kategorie der »Gestalt«58: »Mit dem Begriff ›Gestalt‹ war eine bisher unbekannte Kategorie ins theologische Gespräch eingetreten, deren reformerische Dynamik unverkennbar war. Ja, man darf sagen, daß mit dem Aufdecken dieser Kategorie Liturgiewissenschaft im modernen Sinn geboren war. Die spezifische Ebene des Liturgischen gegenüber dem Dogmatischen und Kirchenrechtlichen war erst damit in Erscheinung getreten, so daß es hier um Theologie und um theologisch begründetere Form ging, ohne daß unmittelbar die Dogmatik ins Spiel gebracht wurde … ›Tragende Gestalt ist die des Mahles‹, formulierte Joseph Pascher …«59 Diese Grundgestalt nennen wir Materialgestalt.

In einer systematischen Erörterung über die Eucharistie als Sakrament oder liturgisches Geschehen dürfte es an sich gleich bleiben, ob wir von der Materialgestalt und von den sie unmittelbar betreffenden Deutungen auf die theologische Formalgestalt schließen oder umgekehrt. Da wir nach der Formalgestalt suchen, bleibt an sich als Ausgangspunkt nur die Materialgestalt. Denn die Formalgestalt als Sinngestalt der Eucharistie ist als theologische Größe, obwohl in der Materialgestalt verwirklicht, nicht anschaubar. Der an sich richtigen Überlegung, die Formalgestalt der Eucharistie aus der Materialgestalt zu erschließen, widerspricht aber die andere, daß die Materialgestalt (etwa die Messe) gar nicht so eindeutig ist, daß sich aus ihr sofort und unmittelbar eine theologische Sinngestalt ermitteln ließe. Könnte die theologische Sinngestalt direkt aus der Materialgestalt erschlossen werden, würde sich z. B. die Frage nach dem Opfercharakter der Messe erübrigen. Daher kann und muß die Sinngestalt (auch) aus den theologischen Aussagen der Schrift, der Kirchenväter, der Theologen und Konzilien ermittelt werden. Daß man nicht vorschnell von der Materialgestalt oder »Grundgestalt« (Mahl) auf die theologische Formal- oder Sinngestalt schließen kann, zeigen auch die Erfahrungen der liturgischen Erneuerung. Schon früh begann man innerhalb der liturgischen Bewegung die Spannung von liturgischer Gestalt und theologischem Gehalt zu spüren. So bemühte sich Pascher, die Opfergestalt der Eucharistie in die grundlegende Mahlgestalt eingezeichnet zu sehen, während J. A. Jungmann »zeigt, daß schon in den frühesten liturgischen Formen die Eucharistia – das als Dank geformte Gebet des Gedächtnisses – das Übergewicht über das Mahl als solches gewinnt. Die Grundgestalt ist nach ihm jedenfalls seit dem ausgehenden 1. Jahrhundert nicht das Mahl, sondern die Eucharistia.«60 Nach Ratzinger steht »die These von der Eucharistia als Grundgestalt einer inneren Vermittlung zwischen dogmatischer und liturgischer Ebene ohne weiteres offen«61. Er folgert: »Wenn die Grundgestalt der Messe nicht ›Mahl‹, sondern Eucharistie heißt, dann bleibt zwar die notwendige und fruchtbare Differenz zwischen liturgischer (gestalthafter) und dogmatischer Ebene bestehen, aber beides fällt nicht auseinander, sondern drängt aufeinander zu und bestimmt sich gegenseitig. Im übrigen ist dann das Element des Mahles nicht einfach ausgeschlossen, weil Eucharistia auch (nicht bloß) Tischgebet des heiligen Mahles ist; aber die Mahlsymbolik ist dann unter- und eingeordnet in ein Umfassenderes.«62

Dennoch bleibt die Frage, da das Letzte Abendmahl als Stiftung der Eucharistie eben ein Mahl war, wie der Übergang vom Mahl zur Eucharistie legitim geschehen konnte: »Wie man sieht, führt diese Frage in das Grundproblem gegenwärtiger, unter dem Zeichen des Dissenses von Historie und Dogma stehenden Theologie überhaupt hinein: in die Frage nach dem Übergang von Jesus zur Kirche.«63

Bevor wir zu einer eigenen Antwort kommen, betrachten wir zunächst einige systematische Ansätze der Eucharistielehre, dann patristische und konzilsgeschichtliche Arbeiten und zum Schluß neutestamentliche Untersuchungen. Wir tun dies unter ausschließlich systematischer Rücksicht und fragen, was diese Arbeiten zur Erkenntnis einer theologischen Sinngestalt der Eucharistie beitragen. Die Frage nach der Sinngestalt wird sich nicht nur für die spekulative Theologie als interessant erweisen, auch für die Liturgik dürfte sie von entscheidender Bedeutung sein. Werden doch von ihr her besonders jene Momente, die in die Mahlgestalt aufgenommen sind und die wir aus dem Mahlcharakter nicht unmittelbar ableiten können, ihre unaufgebbare Bedeutung erweisen. Dennoch würde es diesen Beitrag überfordern, die neuen liturgie-theologischen Bücher über die Messe heranzuziehen.64

Um es gleich zu sagen: wir sind der Überzeugung, daß die den liturgischen Abendmahlsberichten und der kirchlichen Eucharistie zugrundeliegende umfassende Sinnstruktur die »Eulogia« ist. Diese theologische Sinngestalt ist geeignet, den Übergang von alttestamentlichen und neutestamentlichen Mählern zum eucharistischen Herrenmahl dogmatisch zu legitimieren.

II. DAS DERZEITIGE RINGEN UM DIE FORMALGESTALT DER EUCHARISTIE
1. Systematische Ansätze
a) Johann Auer

Für Auer65 »erschließt sich uns die Mannigfaltigkeit des Mysteriums Gottes wie auch der Eucharistie« im »Bedenken der realen Gegenwart… Gottes in der Gegenwart Christi und seines Werkes in diesem Sakrament«; Sakrament versteht Auer »als Zeichen für die reale Heilshilfe des lebendigen Gottes in Jesus Christus«66. Im Rahmen der Sakramente gebührt der Eucharistie eine Ausnahmestellung, da »Eucharistie … den Erlöser und sein Erlösungswerk selbst sakramental-zeichenhaft gegenwärtig setzt und vermittelt (Thomas, S.Th. III q 65a 3)«67. Da in der Eucharistie das ganze Christusgeheimnis (seine Person und sein Opferwerk) anwesend ist68, nimmt die Eucharistie an diesem Geheimnis teil; sie ist »Opfer und Sakrament, Opfer und Opfermahl, Mitte und Zenit des Kultes der Kirche, die aus diesem Kult lebt und sich unablässig in ihm und aus ihm erneuert und verjüngt bis zum Ende der Zeiten«.69 Solche Worte drücken das unbewußte Ringen um die Sinngestalt der Eucharistie aus.

Um diesen Sinn der Eucharistie aufzuzeigen, sucht Auer nach einer Methode: »Da die Eucharistie als sakramentale Wirklichkeit ganz aus ihrem Zeichencharakter lebt, erhebt sich die Frage, auf welchem Weg sich uns der Sinn dieses sakramentalen Zeichens am besten erschließt, oder allgemein, welcher Methoden sich eine theologische Betrachtung dieses sakramentalen Mysteriums bedienen kann und soll.«70 Als Möglichkeiten bestehen die »heilsgeschichtliche« Methode der Schrift und der frühen Väter71, die »allegorisch-symbolische« der Väter und des germanischen Mittelalters72, die »philosophischmetaphysische«, die besonders in der Transsubstantiationsdiskussion ihren Ausdruck fand73, die »phänomenologisch-idealistische« der liturgischen Bewegung74, die heilsgeschichtlich-biblische »ergänzende« holländischer Prägung75.

Um nun die richtige Methode auszuwählen, sucht Auer nach einem Ansatz. Er wählt als allgemeinen Ansatz den sakramentalen Zeichencharakter, um das Mysterium der Eucharistie zu entfalten, weil ihm der Zeichencharakter »das Erscheinungsbild« des Mysteriums bedeutet76. Bei solch einem allgemeinen Ansatz ist die Frage nach dem besonderen zugleich die Frage nach dem Einstieg77, aus dem sich der besondere Ansatz, das Mysterium der Eucharistie zu verstehen, ergibt, enthält doch nach Auer ein Ansatz das Ganze schon unentfaltet. Dieser besondere Ansatz ist eben das »geschichtliche Abendmahl Jesu Christi, wie es im nachösterlichen Kerygma uns in der Schrift überliefert ist. Dieses nachösterliche Kerygma will jedoch nur ›das neue Verständnis der Urgemeinde für das historische Ereignis‹ zur Darstellung bringen.«78 Diesem Ansatz entspricht von den oben angegebenen Methoden die heilsgeschichtliche: »Diese … führt am besten zum ursprünglichen Verständnis der OffenbarungsWirklichkeit der Eucharistie.«79

Die heilsgeschichtliche Darstellung des ursprünglichen Verständnisses der Offenbarungswirklichkeit der Eucharistie weist das historische Abendmahl als Passa- und Opfermahl aus, so daß im Ansatz jüdische und christliche Vorstellungen einfließen. Auer nennt in diesem Zusammenhang Passa, Opfer und Kreuzestod Christi, die drei »geschichtlichen Grundlagen« des Verständnisses des Eucharistie-Mysteriums80. Als dieses Eucharistiemysterium erhellend gelten ihm das »Erscheinungsbild des ›Mahles‹ als solches«, besonders nach Johannes (13, 2. 26. 28) und »die zahlreichen Hinweise Christi auf das eschatologische Mahl im Reiche (Hause) seines Vaters als Vollendung der Erlösung und Erfüllung der Erlösten …«81 »Von diesen Einstiegsmöglichkeiten her sind nun auch die ›Namen‹ zu deuten, die dieses Geheimnis der Eucharistie in der Schrift und bei den Vätern trägt«82: etwa Tisch des Herrn, geistige Speise, Engelsbrot, Opfer, Eucharistie, Brotbrechen und Altarssakrament83.

Wenn wir recht sehen, sucht Auer tatsächlich nach einer theologischen Sinngestalt der Eucharistie, in der sich die von ihm genannten Momente sinnvoll ordnen. Denn es stellt sich für die Ebene der Zeichen, also das Abendmahl, die Frage nach dem Zueinander dieser »geschichtlichen« Grundlagen. Und hier liegt für Auer u. E. das Problem: die »geschichtlichen Grundlagen« liegen auf verschiedenen Ebenen und sind nicht ohne weiteres vergleichbar, da ihnen die sie einander zuordnende Sinngestalt fehlt. So ist das Passamahl als rituelles Geschehen nicht ohne weiteres mit dem Kreuz Christi zu verbinden, so das Mahl nicht ohne weiteres mit einer eschatologischen Deutung.

Auer ordnet nun diese »geschichtlichen Grundlagen« mittels der Vorstellung der realen Gegenwart Christi zusammen: »Das Bedenken der realen Gegenwart dieser Heilshilfe Gottes in der Gegenwart Christi und seines Werkes in diesem Sakrament bildet die Voraussetzung und Grundlage für das rechte Verständnis dafür, daß uns hier das einmalige Erlösungsopfer für alle Zeiten als Gedächtnisfeier übergeben ist: Die Eucharistie als sakramentales Opfer bildet so die Grundlage für das rechte Verständnis der Eucharistie als Mahl, als Mahl der Teilhabe am Opfer Christi und als Mahl der feiernden Christusgemeinde. Im rechten Verständnis der feiernden Christusgemeinde wiederum ist der Grund dafür zu sehen, daß Eucharistie auch selbst irgendwie Gegenstand des Kultes sein kann. In diesen Vollzugsmöglichkeiten der einen Eucharistie als Opfer, Mahl und Kult liegt endlich der Grund dafür, daß Eucharistie in besonderer Weise der Kirche zugeordnet ist, dem ganzen Volk Gottes, das selbst im Opfer, Kult und Mahl mit diesem sakramentalen Leib Christi als mystischer Leib Christi lebt und sich vollenden läßt von dem, der das Ziel und die Vollendung alles Geschaffenen und Heilsbedürftigen in dieser Welt ist.«84

Auer ordnet damit, wenn wir recht sehen, die drei »geschichtlichen« Grundlagen durch einen Denkprozeß, der den heilsgeschichtlichen Ansatz überfremdet. Die Realpräsenz ist das Gefäß, in dem die Elemente von Mahl, Kreuz und Hingabe Christi zusammengefaßt sind. Das Ordnungsprinzip der »geschichtlichen Grundlagen« ist somit ein dogmatisches. Dies ist für Auer auch legitim, weil die Eucharistie eine Sonderstellung innerhalb der Sakramente einnimmt. Auer begeht damit eine Petitio principii. Von der sakramentalen Realpräsenz kommt er auf die Sonderstellung der Eucharistie, von ihr auf das realpräsentische Ordnungsprinzip der geschichtlichen Grundlagen des Abendmahls, d. h. zur Sakramentalität des Abendmahls: die Sakramentalität des Abendmahles ist das Ordnungsgefüge seiner theologischen Elemente. Dabei ist »das Zeichen für Eucharistie primär nicht aus dem zu entnehmen, was wir heute bei unserer Eucharistiefeier sehen und erleben. Es ist vielmehr aus den Berichten zu erheben, die uns darüber in der Schrift gegeben und die selbst aus ihrem heilsgeschichtlichen Zusammenhang jeweils zu erhellen sind. An dem so gewonnenen Verständnis des sakramentalen Zeichens der Eucharistie ist das im gegenwärtigen Kult erfahrene Zeichen selbst zu messen, von ihm her immer wieder neu zu gestalten und zu berichtigen.«85

Auer muß also den Sinn des Zeichens – daß es sakramental ist, weiß er schon – aus dem »geschichtlichen und sachlichen Ort…, der uns in der Verheißungsrede (sc. Joh 6) und in den Einsetzungsworten gegeben ist«, ermitteln, um »dann aber auch ihr spezifisches Erscheinungsbild (sc. Materie und Form der Tradition) und schließlich ihren einmaligen Zeichensinn zu verstehen, der hier die besondere Weise der Gegenwärtigkeit Christi und seines Erlösungswerkes in diesem eucharistischen Geheimnis zum Heile der Menschen meint«86.

Wenn für Auer das Zeichen für Eucharistie nicht primär aus dem zu entnehmen ist, was wir heute bei unserer Eucharistiefeier sehen, läßt sich dies auch für das behaupten, was die Kirchenväter und die Tradition gesehen und symbolisch-allegorisch gedeutet haben. Wer so argumentiert, dem stellt sich nun nicht nur die Frage nach der sinnordnenden Grundgestalt des geschichtlichen Abendmahles, sondern sogar die nach deren Gültigkeit, denn auch die Kirchenväter mußten ihre theologischen Aussagen über die Eucharistie ausweisen. Auer denkt also entgegen seinem Anliegen gänzlich ungeschichtlich.

Die Frage nach einer Formalgestalt der Eucharistie, die schon bei der Diskussion des Abendmahls als Passamahl aufscheinen konnte und eine Sinn-Zuordnung von Kreuz Christi, Mahl, Passa ermöglichen würde und die logisch vorgängig den Sinn der zeichenhaften Abendmahlsfeier ordnen würde, kommt ihm nicht in den Sinn. Eine solche Frage hätte der Überfrachtung des Sakramentsgedankens gewehrt. Vor allem aber hätte sie es ermöglicht, den geschichtlichen Prozeß der Eucharistieentwicklung theologisch zu überprüfen. Wenn wir es mit unserer eigenen Unterscheidung von Formal- und Materialgestalt charakterisieren dürfen, so müssen wir sagen: Auer vermischt die theologische Material- und Formalgestalt.

b) Johannes Betz

Betz87 faßt den Ansatz seiner neuesten Eucharistiedarstellung so zusammen: »Wesen und Wirklichkeit der Eucharistie gründen in der ›Stiftung‹ Jesu, wie sie vom Neuen Testament verkündet wird. Die nachfolgende Liturgie und Theologie der Kirche versteht sich im Grund nur als Entfaltung der neutestamentlichen Grundaussagen.«88 Um diesen Ansatz in den Griff zu bekommen, muß Betz diese neutestamentlichen Grundaussagen ermitteln (Neutestamentliche Einsetzungsberichte und deren Sinnerschließung, übriges NT)89 und sie möglichst nahe an das historische Stiftungsereignis heranführen. Für Betz ist dieser Ansatz nicht eine Synthese gedanklich zusammengefaßter theologischer Aussagen, sondern vor allem ein Geschehen, das seinen theologischen Sinn als solches offenbart: »Jesu letztes Abendmahl ist als sein Selbstvermächtnis in Gestalt eines Mahles letztlich ein Phänomen sui generis.«90 Das Geschehen offenbart den Sinn des Abendmahles und schließt bei genauerem Betrachten die Grundelemente »Selbstvermächtnis«, d. h. »Gegenwart Christi und Opfer an Gott und die Menschen in Mahlgestalt« ein. Die Gestalt des Geschehens fügt sich aus Wortgeschehen, Mahlhandlung und Speise zusammen. Dabei bezieht Betz den handelnden und sprechenden Jesus ein und kann dessen Identifikation mit den Gaben verdeutlichen91. Während bei Auer eine dogmatische Prämisse zur Realpräsenz führte, folgt die Realpräsenz bei Betz aus dem Abendmahlsgeschehen und verweist auf es zurück. Damit kann Betz die übrigen Eucharistieaussagen des NT den einzelnen Gestaltelementen des Abendmahls bzw. der Liturgie neutestamentlicher Zeit zuordnen, ohne das Geschehen verlassen zu müssen92.

Nach einem dogmengeschichtlichen Überblick93 kommt er zur »systematischen Einsichtnahme«94. Dieser Ausdruck ist sehr glücklich gewählt, da der Begriff Einsichtnahme ein systematisches Sehen und Betrachten und nicht ein eigenmächtiges denkerisches Gestalten nahelegt. Daher kann für Betz ein »Wesensbegriff« von Eucharistie »nur deren Charakter als Testamentum, Vermächtnis, Stiftung des Herrn sein, wie ihn die neutestamentlichen Einsetzungsberichte bezeugen. Dem entspricht als Grundakt des Menschen das Hören, Entgegennehmen, gehorsame Tun. So sieht sich die Dogmatik bei ihrer Erklärung immer auch auf den Vollzug des Testaments und die dabei gemachten Glaubenserfahrungen verwiesen.«95 Wenn wir dies vereinfachend und verdeutlichend ausdrücken, so versteht Betz methodisch gesehen die Entfaltung seines Ansatzes als systematisierte (Dogmatik) Anamnese (Tradition) der Anamnese (Stiftungsbefehl) des Abendmahlsgeschehens, wobei die Stiftung norma normans bleibt; trotz des »hermeneutischen Zirkels«, der auch solche Entgegennahme bestimmt, ja bestimmen muß, gilt dennoch: »Oberste Norm bleibt der Stiftungswille Jesu. Maßgebend sind nicht die Anschauungen eines einzelnen Individuums und hieße es Augustinus, auch nicht das Lebensgefühl einer einzelnen Generation, und fühlte sie sich noch so reformfreudig wie die unsrige, auch nicht die philosophischen und weltbildhaften Vorstellungen einer Epoche … Das Abendmahl ist nach der Schrift die restlose Selbstschenkung Jesu an den Vater und an die Menschen, das Selbstvermächtnis und damit die bleibende Gegenwart seiner Person und seines Werkes, des einen Heilsereignisses Jesus Christus. Es stellt eine analogielose Konzentration des Heiles in seiner Person dar. Darum ist umgekehrt die Christologie der nächste Verstehenshorizont für die Eucharistie.«96 Dabei ist natürlich mit einer »eucharistischen Brechung« der Christologie zu rechnen. Dennoch »bietet die Christologie den Hintergrund, vor dem die Konturen des Sakraments klarer erscheinen«97.

Das Abendmahlsgeschehen der Kirche ist daher von Christus her zu entwickeln. »Er allein ist nicht nur der historische Stifter, sondern der dauernde Urheber jeden Vollzugs, da er allein die Verfügungsgewalt über sich (sc. Eucharistie als Hingabegeschehen Christi an Gott und an die Menschen) behält. Die Kirche kann nur in seiner Kraft und in seinem Namen handeln. Er bleibt bei den Seinen gegenwärtig als Urheber und als Inhalt seines Testaments, als Opfersubjekt und Opfergabe. Mithin ist der Begriff Gegenwart geeignet, die ganze Wirklichkeitsfülle des Sakraments zu entfalten.«98 Dabei versteht Betz die Gegenwart nicht nur im Sinne des lokalen Anwesendseins, sondern im Sinne von Begegnung.

Obgleich für ihn das vornehmliche Moment der Eucharistie die Gegenwart Christi ist, verliert er doch nicht das Geschehen aus den Augen; daher gliedert Betz »Gegenwart« in drei Aspekte auf: »1. die personale, pneumatische Wirkgegenwart (Aktualpräsenz) des erhöhten Christus als principalis agens im Sakramentsvollzug (die prinzipale Aktualpräsenz); 2. die anamnetische Gegenwart seines einmaligen Heilswerkes (anamnetische, memoriale Aktualpräsenz); 3. die substantiale Gegenwart der leibhaftigen Person Christi unter den Gestalten von Brot und Wein, in der Schultheologie einfachhin als Realpräsenz bezeichnet … Alle drei Gegenwartsweisen sind pneumatisch und sind real, nicht nur gedacht. Während aber die Schultradition die an dritter Stelle genannte somatische einfachhin als Realpräsenz bezeichnet, sprechen neuerdings Autoren von der unter 1. genannten Aktualpräsenz als von Realpräsenz. Diese Sprechweise ist in sich nicht unmöglich, da jene Aktualpräsenz real ist. Die Sprechweise darf aber, will sie den Verdacht einer tendenzhaften Um-Interpretation vermeiden, den Unterschied zwischen den Gegenwartsweisen nicht verdecken, sondern sollte ihn aufdecken. Weil die substantielle somatische Gegenwart Christi unter den Gestalten das Proprium der Eucharistie ausmacht, können wir sie mit der Tradition als ›die‹ Realpräsenz fassen.99

Auch diese Aussagen lassen erkennen, daß alle theologischen Momente der Eucharistielehre in einem dynamischen Geschehenszusammenhang stehen. So besagt »die Aktualpräsenz Christi nicht nur den historischen, sondern den bleibenden Ursprung unseres Heils in Christus. Dieser ist in allem Tun der Kirche gegenwärtig, besonders dem sakramentalen. Das hat die Eucharistie mit den anderen Sakramenten gemeinsam. Sie hat aber noch ein Proprium: In ihr wird das Selbstopfer Christi mitsamt der Opfergabe auf eine selbst opferhafte Weise gegenwärtig. Gegenwärtig wird Christus als Opfersubjekt, also als Opfer- und Hoherpriester, aber auch als Opfergabe …«100 Die prinzipale Aktualpräsenz des himmlischen Hohenpriesters Christus besagt nicht Untätigkeit: Er handelt durch den Heiligen Geist in den Christen und in besonderer Weise im Priester, entfaltet so sein einstiges Heilswerk. Denn in letzterem hat er sich restlos und radikal ausgesagt und ausgegeben, das Heil ein für allemal erworben. Und so kann denn die Folgezeit nur Entfaltung der einen Heilstat bzw. die Einbeziehung der Menschen in diese sein. Wo nun die Schrift die Eigenart und Fülle der Erlösungstat Jesu knapp mit einem einzigen Wort anzeigen will, spricht sie von ihr als Opfer.«101

Daher kommt es Betz darauf an, die Dimensionen des Opfers Christi darzustellen als Ausdruck des Hingabewillens Christi an Gott und Mensch (= Sühn-, Lob- und Dankopfer). Für das Mahlgeschehen unserer Eucharistie (Messe) gelten daher folgende Momente: »1. die Eucharistie als das vergegenwärtigte Opfer Christi oder als die memoriale Aktualpräsenz des letzteren; 2. die Eucharistie als selbst opferhafter anamnetischer Vollzug der Kirche oder vergegenwärtigendes Opfer der Kirche; 3. das Verhältnis der beiden Aspekte, das nicht als Nebeneinander, nicht als Nacheinander, sondern als In- und Miteinander zu kennzeichnen ist. Wir können hier schon kurz formulieren: die Messe ist die selbst opferhafte Aktgegenwart des Opfers Christi.«102

Damit kann Betz das »grundlegende Wesen der Eucharistie« als »Aktualpräsenz des Opfertodes Jesu« bestimmen: »Demnach ist die Messe ein relatives Opfer. Sie hat ihre innere Entelechie in der absoluten Kreuzestat Jesu und bringt diese zur Gegenwart«, wobei diese »vergangene Heilstat« nicht absolut und in sich, sondern relativ und im Symbol präsent wird103: »Das blutige Opfer Christi gewinnt im kultischen Opfer der Kirche eine neue raumzeitliche Erscheinungsweise, entfaltet so seine Fülle, wirkt so die Integration der Menschen in den Christus totalis.«104 Daher muß das Erscheinungsbild, also auch schon das biblische und liturgische, selbst opferhafte Züge tragen: »Die biblische Erhellung … kann wenigstens Ansätze opferhaften Denkens freilegen, indem sie entsprechende Züge in der Abendmahlshandlung Jesu sucht, die auf Grund des Stiftungsbefehls dann auch für die Feier der Kirche gelten. Jesus stellt seine Opferhingabe an den Vater durch die Eulogisierung von Brot und Wein dar, die damit stärker als die jüdische Berakha Darbringungscharakter bekommt. Weiter symbolisiert er seine Hingabe für die Menschen durch seine Selbstverteilung in Gestalt der Speisen. In beiden Aktionen kann eine tiefer lotende Betrachtung opferhafte Züge finden. Der Wiederholungsbefehl gebietet, daß auch die Kirche wie ihr Herr Mahlgaben darbringen, an ihnen sein Opfer symbolisieren und sie als seinen Leib und sein Blut austeilen soll, und er meint nicht nur das äußere kultische Tun, sondern die es tragende innere Opfergesinnung.«105 »Als Darbringung der Kirche ist die Messe ein eigentliches Opfer (DS 1751), aber kein eigenständiges, ist selbst ein Opfer, aber kein selbständiges, vielmehr ein relatives und anamnetisches … So ist die Messe Opfergedächtnis als Gedächtnisopfer, sacrificium Christi repraesentatum und sacrificium ecclesiae repraesentans. Man könnte sie auch oblatio oblationis Christi nennen.«106 Von der »opferhaften Aktualpräsenz des Kreuzesopfers Christi« her ist denn auch die »Aktualpräsenz der Opferhingabe Jesu der tragende Grund für die Realpräsenz der Opfergabe, diese die Krönung der ersteren. Die somatische Realpräsenz Jesu darf nicht isoliert und wie ein Mirakel angesehen werden. Sie wächst vielmehr organisch aus dem Gesamtgeschehen heraus. Als Gegenwart der Opfergabe Jesus Christus ist sie ein inneres Moment im Opfergeschehen.«107

So gelingt es Betz, die »Tatsache, Subjekt und Grundweise der Realpräsenz«108, ihr »ontisches Zustandekommen: die Wandlung der Mahlelemente«109 zu verdeutlichen, ohne den Rahmen des Geschehenszusammenhanges zu verlassen: »Der Dogmatik obliegt es, das Offenbarungsgut zu wahren und dem Glaubensverständnis von heute zu erschließen. Nun ist die substantielle Wandlung der Elemente in der Schrift nicht explizit ausgesagt, sie ist aber nichts anderes als eine notwendige ontologische Entfaltung und Sicherung des Inhaltes der Einsetzungsworte, daß das Dargereichte der Leib Jesu sei, also letztlich nicht mehr bloßes Brot, sondern bei Wahrung der äußeren Brotsgestalt wirklich der Leib Christi. Die Grundaussage der Transsubstantiation ist daher einfache Auslegung des Wortes Gottes, Dogma und damit eine Wahrheit, die weder aufgegeben werden kann noch aufgeweicht werden darf. Dieser Anspruch gilt aber nur für das Daß der Wandlung. Die weitergehende philosophische und theologische Erklärung ihres genaueren Wie kann nicht den gleichen Anspruch erheben, weist auch beträchtliche Variationen der Meinungen auf und gehört in den Bereich nicht des Dogmas, sondern der Spekulation, die so viel wert ist wie ihre Gründe.«110

Wenn es Betz auch gelingt, die theologische Gestalt der Eucharistie als Entfaltung der theologischen Gestalt des Abendmahls nachzuweisen, so erhebt sich doch die Frage, ob es Betz gelungen ist, schon in der Abendmahlsgestalt, die gewöhnlich als Grundgestalt der Eucharistie angesehen wird, eine formale Sinngestalt zu finden, in der die materialen Sinnaspekte wie Hingabe Christi, seine Gegenwart etc. eingeschrieben sind. Auf Grund seiner christologischen Konzentration erhält Betz die christologische Grund- und Sinngestalt der Eucharistie. Die einzelnen Sinnmomente der Eucharistie sind bei Betz Sinnmomente der gegenwärtigen Person Christi mit ihrem Heilswerk und finden in dieser Person ihre Zuordnung. Dennoch erübrigt sich angesichts dieser beachtlichen Leistung die Frage nach der formalen Sinngestalt der Eucharistie nicht. Betz kommt durch die christologische Konzentration der eucharistischen Sinngestalt nur zu einer faktischen Zuordnung in der Person Christi. Wir fragen, ob es eine notwendige Sinngestalt gibt, die sowohl für die ganze Person Christi und ihr Heilswerk als auch für die Eucharistie gilt. Da für Betz der theologische Hintergrund der Eucharistielehre die Christologie ist, stellt sich unsere Frage auch so: Gibt es eine Sinngestalt, in der sich die gesamte Christologie zusammenfassen läßt?

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9783429060329
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