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VI. Eingriff und Schranken

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Hinsichtlich der Prüfung des Eingriffs in das Asylgrundrecht ergeben sich insoweit keine Besonderheiten im Vergleich zur Prüfung anderer Abwehrrechte. Klassische Eingriffe in das Asylgrundrecht sind die Verweigerung der Einreise, aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Rücknahme und Widerruf einer Anerkennung als Asylberechtigter oder Beschränkungen der Freizügigkeit.

Bezüglich der Schranken des Asylgrundrechts haben wir gesehen, dass dieses grundsätzlich schrankenlos gewährt wird. Jedoch sind wie auch sonst üblich vor allem die verfassungsimmanenten Schranken zu beachten. Stellt der zu prüfende Sachverhalt auf eine Länderliste nach Abs. 2 oder 3 ab, so stellt diese Liste ein einfaches Gesetz dar, welches auf seine Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen ist.

3. Teil Das materielle Asylrecht › B. Asylrecht für politisch Verfolgte › VII. Übungsfall Nr. 1

VII. Übungsfall Nr. 1

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„Der Widerstandskämpfer“

Der S ist afghanischer Staatsbürger und gehört einer dort lebenden religiösen Minderheit an. Diese Minderheit ist bereits seit längerem einer landesweiten systematischen Diskriminierung durch die Regierung ausgesetzt. Die unterdrückte Minderheit reagiert hierauf teils mit separatistischen Bestrebungen und Anschlägen auf staatliche Institutionen.

Die Regierung reagierte auf die Aktionen der Minderheit immer wieder mit Verschärfungen des Strafrechts. Darüber hinaus erfolgten vor allem im Norden des Landes, wo die meisten Anhänger der Minderheit leben ethnische Säuberungen.

Der S trat in der Folge einer Widerstandsbewegung bei, deren Ziel es war, für die Gleichberechtigung der Minderheit zu kämpfen. Im Auftrag der Bewegung klebte er Plakate und warb für deren Aktionen. Zunächst wegen der Organisation von Streiks, später im Zusammenhang mit Überfällen, die man der Widerstandsbewegung angelastet hat, wurde S mehrfach verhaftet und jeweils für mehrere Wochen festgehalten. Während der Inhaftierung kam es auch immer wieder zu körperlichen Misshandlungen.

Nachdem er seine letzte Gefängnisstrafe abgesessen hatte und wieder freigelassen wurde, reiste S auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland. Am Flughafen wurde er von den zuständigen Behörden mangels Einreisepapiere zunächst festgehalten. In einer Anhörung erklärt er, dass er mit weiteren Verfolgungen gerechnet habe, wenn er in Afghanistan geblieben wäre. Zudem habe er Angst, erneut ins Gefängnis zu müssen und dort wieder Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seine Tätigkeit im Widerstand möchte er jedoch nicht aufgeben, da er für die Freiheit seines Landes und der religiösen Minderheit weiterkämpfen möchte. Er stellt daher einen Asylantrag.

Prüfen Sie, ob dem S ein Asylrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG dem Grunde nach zusteht.

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Lösung

Dem S könnte ein Recht auf Asyl aus Art. 16a Abs. 1 GG grundsätzlich dann zustehen, wenn der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet ist.

I. Schutzbereich
1. Persönlich

Das Asylgrundrecht steht grundsätzlich nur nichtdeutschen natürlichen Personen zu. Deutscher ist gemäß Art. 116 Abs. 1 GG grundsätzlich derjenige, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Der S ist ausweislich des Sachverhaltes jedoch afghanischer Staatsbürger, weshalb er als Nichtdeutscher (also Ausländer im asylrechtlichen Sinne) gilt. Darüber hinaus ist S auch eine natürliche Person. Da der S sich nunmehr auf deutschem Staatsgebiet aufhält, hat er auch vor Asylantragstellung das Bundesgebiet offensichtlich betreten.

Der persönliche Schutzbereich ist somit eröffnet.

2. Sachlich

Neben dem Hauptmerkmal der politischen Verfolgung müssen auch weitere Kriterien erfüllt sein, auf deren Prüfung es vorliegend ebenfalls ankommt.

a) Verfolgung

Eine Verfolgung besteht bei einer Rechtsgutbeeinträchtigung des Betroffenen in asylrechtlich relevanter Intensität.[40] Als Rechtsgüter kommen nach gängiger Rechtsprechung alle Individualrechte in Betracht, mithin die Ausübung einer Religion und der Schutz von Leib und Leben.[41]

Vorliegend greift der Herkunftsstaat des S in dessen Religionsfreiheit ein, wenn er diesen auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit verfolgt. Durch diesen Eingriff wird er in seiner Freiheit nicht nur beschränkt, sondern diese wird ihm mittelbar sogar verboten und er muss mit Sanktionen und Unterdrückung rechnen. Insofern kann von einer asylrechtlich relevanten Intensität ausgegangen werden.

Des Weiteren wird der S auf Grund seiner Beteiligung an einer Widerstandsbewegung verfolgt und inhaftiert. Dies allein mag allerdings noch keine Rechtsgutbeeinträchtigung in asylrechtlich relevanter Intensität begründen. Zwar wurden Gesetze verschärft, um die Minderheit leichter verfolgen zu können. Es fehlen aber jegliche Angaben hinsichtlich des Ausmaßes der Veränderung und einer evtl. Ungleichbehandlung. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass die Inhaftierungen für sich genommen lediglich einer rechtmäßigen Strafverfolgung dienten.

Eine Rechtsgutbeeinträchtigung könnte sich allerdings durch die körperliche Misshandlung des S im Gefängnis ergeben. Eine solche greift in sein Recht auf körperliche Unversehrtheit ein. Unabhängig vom Grund der Inhaftierung stellt eine körperliche Misshandlung im Gefängnis eine erhebliche Rechtsgutverletzung dar, ist doch der Inhaftierte der staatlichen Gewalt in besonderem Maße ausgeliefert. Wird, wie hier, die Gewaltanwendung mit der Tätigkeit in einer Widerstandsbewegung verbunden, so ist darüber hinaus zu beachten, dass es sich in der Regel insofern um staatliche Maßnahmen handelt, die den Betroffenen einschüchtern sollen, um seine politische Gesinnung zu ändern. Es liegt insoweit also eine Rechtsgutverletzung in asylrechtlich relevanter Intensität vor.

Hinweis

Letztlich geht es hier vor allem um eine gute Argumentation, sodass im Ergebnis vieles vertretbar ist. Wichtig ist, dass Sie die Rechtsgutverletzung benennen und erläutern, warum diese Verletzung auch asylrechtlich relevante Intensität ausstrahlt.

b) Politisch

Ob eine Verfolgung politisch ist, richtet sich nach der Qualität der Verfolgungsmaßnahme. Dabei müssen die objektiven Umstände, die der Flucht zu Grunde liegen, an asylerhebliche Merkmalen anknüpfen.[42] Denn letztlich soll das Asylrecht dann Schutz gewähren, wenn der Betroffene aus einer willkürlichen politischen Überzeugung heraus verfolgt wird.[43] Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus aber, dass die Verfolgung an unveränderliche persönliche Merkmale des Betroffenen anknüpft. Nur dann entsteht eine asylrechtlich relevante Intensität.

Die Verfolgung des S beruht vorliegend auf Zweierlei. Zum einen wird er als Angehöriger einer religiösen Minderheit verfolgt. Insoweit beruht die Verfolgung auf einem asylerheblichen Merkmal, nämlich der Religion. Seine religiösen Überzeugungen kann der S auch nicht einfach ändern. Die Religion einer Person gehört zu den unabänderlichen Merkmalen.

Zum anderen wird der S als Mitglied einer Widerstandsbewegung verfolgt. Insoweit erfolgt die Verfolgung auf Grund einer anderen politischen Gesinnung, die der Regierung missfällt. Hierbei unterdrückt diese die freie Meinungsäußerung und -bildung des S. Fraglich ist allerdings, ob es sich auch insoweit um ein unabänderliches persönliches Merkmal handelt. Die politische Überzeugung des S ist hier eng mit seiner Religion und der Verbundenheit mit einer entsprechenden Minderheit in seinem Herkunftsland verknüpft. Es ist ihm wichtig, anderen Angehörigen dieser Religion auch aus dem Ausland zu helfen, weswegen er seine exilpolitische Tätigkeit auch nicht einstellen wird und sich damit weiterhin einer Verfolgung im Heimatstaat aussetzt.

Hinweis

Auch insoweit ist vor allem eine schlüssige Argumentation wichtiger als das Ergebnis.

c) Verfolger

Vorliegend geht die Verfolgung von einer Regierung aus, mithin einer staatlichen Stelle. Es handelt sich damit um einen tauglichen Verfolger.

d) Verfolgte

Um als Verfolger im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG gelten zu können, muss er auch individuell von den Verfolgungsmaßnahmen betroffen sein. Auf Grund der Inhaftierung und der körperlichen Misshandlung ist er jedenfalls hinsichtlich seiner Tätigkeit in der Widerstandsbewegung unmittelbar und individuell betroffen. Aber auch hinsichtlich seiner Religiosität wurde er bereits Opfer von Verfolgungsmaßnahmen.

e) Flucht wegen bzw. vor Verfolgung

Darüber hinaus muss der S auch auf Grund der Verfolgung nach Deutschland geflohen sein. Es bedarf eines Kausalzusammenhangs, für dessen Bewertung auf den Zeitpunkt der Verfolgung abgestellt wird. Der S verließ sein Heimatland unmittelbar nach der Freilassung aus der Haft. Er hatte Angst, erneut inhaftiert zu werden, wenn er nur seine Tätigkeit in der Widerstandsbewegung fortsetzen würde. Diese Annahme wird auch dadurch untermauert, dass er bereits mehrfach in Haft saß.

f) Verfolgungsprognose

Die Verfolgung ist im Falle des S unmittelbar und gegenwärtig. Er wurde bereits Opfer der Verfolgung und sie droht auch bei Rückkehr in sein Heimatland.

Neben dem persönlichen ist somit auch der sachliche Schutzbereich eröffnet.

3. Einschränkungen

Im Rahmen des Asylgrundrechts ist zu beachten, dass der Schutzbereich durch gesetzlich normierte, aber auch ungeschriebene Einschränkungen beschränkt wird.

a) Gesetzliche Einschränkungen
aa) Drittstaatenregelung

Nach Art. 16a Abs. 2 GG sind Schutzsuchende vom Anwendungsbereich des Art. 16a Abs. 1 GG ausgenommen, wenn sie aus einem bestimmten Drittstaat eingereist sind. Hierbei ist zu unterscheiden, ob der Betroffene aus einem anderen EU-Land (Abs. 2 S. 1 Alt. 1) oder anderen vom Gesetzgeber normierten Ländern eingereist ist (Abs. 2 S. 1 Alt. 2). Da der S vorliegend direkt aus Afghanistan nach Deutschland gereist ist, ist er jedenfalls nicht über ein anderes EU-Land eingereist.

Bleibt zu erörtern, ob Afghanistan ein Land i.S.d. Art. 16a Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG ist. Dies richtet sich nach einer gesetzlichen Bestimmung, die von der Legislative nach Art. 16a Abs. 2 S. 2 GG getroffen wird. Diese Länderliste ergibt sich aus § 26a AsylG i.V.m. Anlage I AsylG. Dort ist Afghanistan allerdings nicht aufgezählt, weswegen der S nicht über einen sicheren Drittstaat i.S.d. Art. 16a Abs. 2 GG eingereist ist und die Beschränkung vorliegend nicht greift.

bb) Herkunftsstaatenregelung

Die Herkunftsstaatenregelung aus Art. 16a Abs. 3 GG stellt gerade keine Einschränkung des Asylgrundrechts dar, sondern ermöglicht vor allem ein beschleunigtes Verfahren in offensichtlich unbegründeten Fällen.

Wie auch bei der Drittstaatenregelung richtet sich die Herkunftsstaatenregelung nach einer von der Legislative normierten Länderliste. Diese findet sich in § 29a AsylG i.V.m. Anlage II AsylG. Allerdings ist auch in dieser Liste Afghanistan nicht aufgeführt und damit nicht als sicherer Herkunftsstaat normiert.

b) Ungeschriebene Einschränkungen

Vorliegend kommt, ausweislich des Sachverhaltes, eine inländische Fluchtalternative in Betracht. So scheint die Regierung vor allem im nördlichen Teil des Landes gegen die religiöse Minderheit vorzugehen. Allerdings geht die Regierung grundsätzlich gegen die Minderheit vor. Eine Flucht in andere Landesteile schützt den S jedenfalls nicht von einer Verfolgung.

II. Ergebnis

Der Schutzbereich des Asylgrundrechts ist eröffnet. Auch greifen keine Einschränkungen. Damit steht dem S grundsätzlich ein Asylrecht zu.

Anmerkungen

[1]

Stern/Becker Art. 16a Rn. 62.

[2]

Göbel-Zimmermann/Eichhorn/Beichel-Benedetti Rn. 43; Jarass/Pieroth Art. 16a Rn. 28; Dreier Art. 16a Rn. 92; Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 117; BVerfGE 9, 174 (184).

[3]

Dreier Art. 16a Rn. 93; Heusch/Haderlein/Schönenbroicher Rn. 28 ff.

[4]

Dreier Art. 16a Rn. 47.

[5]

Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 146.

[6]

Jarass/Pieroth Grundgesetz, Art. 16a Rn. 7.

[7]

Vgl. zu alledem u.a. BVerfGE 9, 174 (180); 52, 391 (398); 80, 315 (335); BVerwGE 120, 16 (20).

[8]

BVerfGE 81, 141 (152).

[9]

BVerwGE 55, 82.

[10]

BVerfGE 76, 143 (157).

[11]

Vgl. BVerwGE 85, 139 (142); 87, 141 (146).

[12]

BVerfGE 80, 315 (338).

[13]

BVerfGE 80, 315 (336).

[14]

BVerwGE 80, 315 (352).

[15]

BVerfGE NVwZ 1994, 319 (392); BVerfGE 80, 315 (333).

[16]

BVerfGE NVwZ 1991, 768 (769).

[17]

BVerwG vom 7.10.1975 – I C 34.71; Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 58.

[18]

BVerfGE 94, 115 (133).

[19]

BVerfGE 94, 49 (95).

[20]

BVerfGE 94, 166.

[21]

BVerfGE 94, 49 (95).

[22]

Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 164.

[23]

BVerfGE 94, 49 (93).

[24]

Vgl. Hailbronner Rn. 497.

[25]

BVerfGE 94, 49 (92 f.).

[26]

Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 166 m.w.N.

[27]

Tiedemann S. 64; Göbel-Zimmermann/Eichhorn/Beichel-Benedetti Rn. 96.

[28]

BVerfGE 94, 115 (147).

[29]

Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Abs. 1 Rn. 91.

[30]

Vgl. BVerwGE 67, 314.

[31]

BVerwG NVwZ 1194, 1123.

[32]

Mangoldt/Klein/Starck Art. 16a Rn. 94.

[33]

Göbel-Zimmermann/Eichhorn/Beichel-Benedetti Rn. 79.

[34]

BVerfGE 74, 51.

[35]

BVerfGE 74, 51 (64).

[36]

BVerfGE 74, 51 (65).

[37]

BVerfGE 74, 51 (66).

[38]

Tiedemann S. 40 f.

[39]

Vgl. BVerwG NVwZ 1996, 86.

[40]

Jarass/Pieroth Grundgesetz, Art. 16a Rn. 7.

[41]

BVerfGE 9, 174 (180); 52, 391 (398); 80, 315 (335).

[42]

BVerfGE 76, 143 (157).

[43]

BVerwGE 80, 315 (352).

3. Teil Das materielle Asylrecht › C. Asylrecht für Flüchtlinge

C. Asylrecht für Flüchtlinge

3. Teil Das materielle Asylrecht › C. Asylrecht für Flüchtlinge › I. Der Flüchtlingsstatus

I. Der Flüchtlingsstatus

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Nachdem wir das nationale Asylrecht aus Art. 16a GG näher untersucht haben, widmen wir uns nun den weiteren Formen des Asyls, die von einem Schutzsuchenden beantragt werden können. Allen voran soll hier auf den Flüchtlingsstatus eingegangen werden.

Hinweis

Um gleich zu Beginn Verwechslungen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, dass im Verhältnis zum Flüchtlingsstatus häufig auch der Begriff internationale Schutzberechtigung benutzt wird.[1] Dieser Begriff umfasst allerdings nicht nur den Flüchtlingsstatus, sondern auch den subsidiären Schutz, den wir im nächsten Kapitel besprechen werden.

Hinweis

Lediglich von semantischer, nicht aber von inhaltlicher Relevanz ist zudem die terminologische Unterscheidung von Anerkennung der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach AsylG. Diese Differenzierung folgt aus der Überlegung, dass die politische Verfolgung zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vorliegt und damit auch die Asylberechtigung. Die Entscheidung der zuständigen Behörde hat insofern lediglich deklaratorische Wirkung. Die Flüchtlingseigenschaft hingegen entsteht erst mit der positiven Entscheidung der Behörde, hat also konstitutive Wirkung.

3. Teil Das materielle Asylrecht › C. Asylrecht für Flüchtlinge › II. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

II. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

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Lesen Sie die zitierte Norm!

Den Flüchtlingsstatus können dem Wortlaut nach nur Flüchtlinge beanspruchen. Wer Flüchtling ist, ist in § 3 Abs. 1 AsylG legal definiert:


Ein Ausländer ist Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er aus Furcht nicht beanspruchen kann oder will.

Hinweis

Diese Definition ist mit der europarechtlichen Definition in Art. 2 lit. d. Qualifikations-RL identisch. Beide Definitionen sind aus der GFK übernommen und sind entsprechend auch nach dem Telos der GFK zu interpretieren.

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Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG

I.Qualifizierte Verfolgung

1.Verfolgungshandlung

DefinitionRn. 99

Ungeschriebene Voraussetzung eines Polit-MalusRn. 103

2.Verfolgungsgründe

3.Zusammenhang von Verfolgungshandlung und -grund

4.Verfolgungsakteure

5.Schutzakteure

6.Verfolgungssubjekte

7.Schutzlosigkeit

II.Begründete Furcht

Furcht vor Verfolgung bei inländischer FluchtalternativeRn. 115

III.Aufenthalt außerhalb des Herkunftslandes

Asylantrag in deutscher BotschaftRn. 119

IV.Kein Ausschluss der Zuerkennung

Auslegung des Begriffs einer schweren nichtpolitischen StraftatRn. 123

V.Keine Versagung der Zuerkennung

Hinweis

Teilweise wird mit Bezug auf die genannten Tatbestandsmerkmale von Inklusionsklauseln als Abgrenzung zu Ausschlussgründen, die Exklusionsklauseln genannt werden, gesprochen.[2] Letztere werden wir noch gesondert behandeln.

1. Qualifizierte Verfolgung

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Die eben erörterte begründete Furcht muss sich nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG auf eine Verfolgung beziehen. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG konkretisiert hierbei, welche Anforderungen an die Verfolgung zu stellen sind. Es muss demnach eine qualifizierte Verfolgung vorliegen. Die einzelnen Kriterien werden in der Folge genauer dargestellt.

Hinweis

Die §§ 3 ff. AsylG normieren recht detailliert die einzelnen Anforderungen, die in den folgenden Abschnitten besprochen werden. Nutzen Sie das Gesetz und lesen Sie die zitierten Normen. Sie werden feststellen, dass sich alle relevanten Informationen direkt aus dem AsylG ergeben.

a) Verfolgungshandlung

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Wann eine Verfolgung vorliegt, hängt in erster Linie von der Handlung ab, die dem Betroffenen widerfährt. In § 3a Abs. 1 AsylG sind Verfolgungshandlungen legal definiert (lesen!). Diese Definition entspricht der Regelung der Qualifikations-RL. In § 3a Abs. 2 AsylG sind darüber hinaus Beispiele für Handlungen nach Abs. 1 aufgelistet. Auf diese Struktur soll nun vertiefend eingegangen werden.

aa) Verfolgungshandlungen nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG

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Lesen Sie den § 3a AsylG und Art. 15 Abs. 2 EMRK!


Nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG sind Verfolgungshandlungen solche, die „auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist“. Schwierigkeiten bereitet hierbei zunächst die Definition des Merkmals grundlegender Menschenrechte. Die Norm verweist zur näheren Konkretisierung auf die in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten Rechte. Hierbei handelt es sich um sog. notstandsfeste bzw. grundlegende Rechte. Die Annahme, es handele sich bei diesen Rechten um grundlegende Menschenrechte, liegt damit nicht fern. Allerdings ist zu beachten, dass der Wortlaut des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG im Zusammenhang mit seiner Verweisung auf den Art. 15 Abs. 2 EMRK von „insbesondere“ spricht. Die grundlegenden Menschenrechte müssen sich also inhaltlich von denen des Art. 15 Abs. 2 EMRK abgrenzen. Solche grundlegenden Menschenrechte mit wesensgleichen Gewährleistungen stellen nach herrschender Meinung die in Art. 4 Abs. 2, 11, 16 und 18 IPbürgR verbürgten Rechte dar.[3]

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Von einer schwerwiegenden Verletzung i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist dem Wortlaut der Norm nach die Rede, wenn die Verfolgungshandlung so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte bewirkt. Wobei gravierend mit schwerwiegend gleichzusetzen ist, sodass diesem Begriff keine eigenständige Bedeutung bei der Prüfung der Merkmale zukommt. Wann eine Verletzungshandlung schwerwiegend ist, richtet sich nach der Art und Weise sowie einer etwaigen Wiederholung der Verfolgungshandlung.[4] Hierbei kann bereits ein einziger Verfolgungsakt genügen, wenn dieser besonders schwer wiegt (z.B. Angriff auf das Leben). Entsprechend wird bei geringerer Intensität eine erhöhte Quantität gefordert.

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