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4. skrásetja

Das Verb skrásetja hat laut Baetke (2002: 563) die Bedeutung ‚niederschreiben, aufzeichnen‘, welche mit Fritzner (1886–96: III, 375) optegne ‚aufzeichnen‘, nedskrive ‚niederschreiben‘ übereinstimmt. Fritzner nennt unter dem Lemma zudem die Synonyme skrá, gera bzw. setja á skrá. In den etymologischen Wörterbüchern von de Vries (1962) und Blöndal (2008) fehlt ein Lemma skrásetja. Das Verb setzt sich aus dem Substantiv skrá ‚Pergament, Schriftstück, Aufzeichnung, Dokument, Buch‘ (vgl. Baetke 2002: 563, Fritzner 1886–96: III, 374) und dem Verb setja ‚setzen‘ (vgl. Baetke 2002: 527, Fritzner 1886–96: III, 213–219) zusammen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Juxtaposition des in Fritzner (1886–96: III, 375) als Synonym erwähnten Syntagmas á skrá setja ‚aufs Pergament setzen‘. Laut ONP (skrásetja) ist dieses Verb seit dem zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts bezeugt. Im vorliegenden Korpus lässt es sich einzig in der Sturlunga saga mit zwei Belegen nachweisen.

Der erste Beleg stammt aus der Þórðar saga kakala und ist in der Króksfjarðarbók erhalten. Als Þórðr kakali dem König eine Rolle mit den Händeln zwischen den Familien der Haukdœlir und Sturlungar vorlesen lassen hatte, fragte König Hákon Gizurr Þorvaldsson, was er darauf zu erwidern habe. Gizurr antwortet darauf in direkter Rede: a) „ecki hefir ek skra-sett sagnir minar“ (StS2 100) ‚Ich habe meine Aussagen nicht aufs Pergament gesetzt‘ (Übers. KM). Es fragt sich, ob Gizurr, auf den das Personalpronomen ek ‚ich‘ im Subjekt verweist, der SCHREIBER oder der AUFTRAGGEBER ist. Sein Kontrahent Þórðr kakali liess seine Aussagen aufschreiben (lét rita/ríta, vgl. Kap. II.2.2.6.b.), so dass die Rollenverteilung bei ihm klar ist. Diese Verteilung liesse sich auf Gizurr übertragen. Die Konstruktion hafa + Part. Prät. kann nicht nur als Perfekt, sondern auch als Resultativ gedeutet werden, so dass bei einer resultativen Funktion Gizurr seine Aussagen lediglich in geschriebener Form bei sich und nicht selbst niedergeschrieben hätte. Es ist aber auch denkbar, dass sich Gizurr mit einer gewissen Ironie als Schreiber darstellt, um seine Geringschätzung dem neuen Medium Schrift gegenüber auszudrücken, dessen sich Þórðr bedient. Das Attribut, auf welches das Subjekt referiert, lässt sich an dieser Stelle nicht eindeutig klären. Das Akkusativobjekt enthält das Lexem sǫgn ‚Aussage‘, welches als Wert für das Attribut INHALT steht. Das Verb impliziert mit dem Modifikator skrá den Beschreibstoff Pergament, so dass als SCHRIFTTRÄGER ebenfalls ein Pergamentblatt oder eine Rolle wie bei Þórðr als SCHRIFTTRÄGER zu erwarten wäre. Das Attribut SCHRIFTTRÄGER kommt in anderen Texten dennoch als Füllung vor wie beispielsweise á bók, í altíðabók, í kvaterni (vgl. Fritzner 1886–96: III, 375, ONP skrásetja). In der Struktur des Frames wie auch in der Valenz unterscheidet sich skrásetja also nicht von rita oder skrifa.

Der zweite Beleg aus dem Sturlu þáttr, welcher nur in frühneuzeitlichen Papierabschriften erhalten ist, ist nicht weniger leicht zu interpretieren: b) „Réz hann þá til ferðar með konungi ok var skrásettr í skip. Gekk hann þá til skips, ok var fátt manna komit“ (StS2 325). ‚Er [= Sturla] ging mit dem König auf eine Reise und wurde in die Schiffsliste eingetragen. Er ging dann zum Schiff und es waren noch wenige Leute darauf‘ (Übers. KM). Wegen des Passivs ist das Agens eine Leerstelle. Im Subjekt ist das Personalpronomen hann enthalten, welches sich auf Sturla Þórðarson bezieht, wodurch er ein Wert für das Attribut INHALT wäre. Die Person Sturlas wird bei diesem Beleg wohl metonymisch für seinen Namen verwendet. Dafür sprechen Belege aus dem ONP (skrásetja) und Fritzner 1886–96: III, 375) mit dem Thema nafn ‚Name‘ (s.a. Dipl. Norv. I, 187, Hødnebø 1960: 35, Unger 1871: 704). Im Sturlu þáttr gibt es zusätzlich ein Präpositionalobjekt í skip ‚ins Schiff‘, wo in den obigen Beispielen Werte für den SCHRIFTTRÄGER oder das SKRIPT stehen. Bei einem hölzernen Beschreibstoff wäre jedoch eher ein Verb rísta ‚ritzen‘ zu erwarten, zumal skrásetja schon den Schriftträger Pergament impliziert. Deshalb ist skip nicht als SCHRIFTTRÄGER zu verstehen, sondern als ZIEL, nämlich dass der Eintrag des Passagiernamens auf einem pergamentenen Schriftträger den Zugang zum Schiff ermöglicht. Baetke (2002: 563) deutet die Kollokation skrásetja menn á skipinu, á skipit als ‚die Leute in die Schiffsliste eintragen, die die Besatzung bilden sollen‘, so dass skip metonymisch für eine Passagierliste steht. Das Ziel skip kommt auch beim synonymen Verb skrá vor (vgl. Fritzner 1886–96: III, 375).

Die geringe Belegzahl von skrásetja im vorliegenden Korpus verlangt einen Blick in weitere Quellen, wie es bereits beim Beleg a) erfolgt ist. Das ONP (skrásetja) nennt aber nur wenige Belege, was darauf hindeutet, dass skrásetja generell ein selten verwendetes Lexem war. Neben der Sturlunga saga werden noch einzelne norwegische Urkunden, die Landslǫg, Fagrskinna, Abrósíuss saga byskups, Barlaams saga ok Jósafats, Maríu saga und die Vitæ Patrum zitiert. Letztere erlauben einen Vergleich mit dem Lateinischen, skrásetja ist in diesen Fällen eine Übersetzung von lat. scribere (Unger 1877: 484).

Das Agens lässt sich bei diesen Belegen wegen der vielen Leerstellen nur schwer fassen. Die Handlungen finden teilweise ausserhalb der Realität statt, so dass neben skelmir ‚Schurke‘ (vgl. Unger 1871: 176) auch engill ‚Engel‘ (vgl. Unger 1877: 484) und himneskir heimamenn ‚himmlische Hausleute‘ (vgl. Rindal 1981: 88) Subjekt sind. In die Realität gehören noch jene (þeir) der Christkirche in Bergen, wohl die Geistlichen dieses Gotteshauses. Das Thema ist, wie schon erwähnt, mehrfach das Substantiv nafn ‚Name‘, daneben gibt es noch einzelne Belege mit ártíð ‚Jahrzeit‘ (vgl. Hødnebø 1960: 53), bók ‚Buch‘ (vgl. Keyser/Munch 1848: 178), heit ‚Versprechen‘ (vgl. Rindal 1981: 88), hlutr ‚Teil‘ (vgl. Jónsson 1902–03: 262) und rœða ‚Rede‘ (vgl. Unger 1871: 176). Letztere entspräche semantisch dem Substantiv sǫgn aus der Sturlunga saga. Ártíð, bók und hlutr sind schon als Thema von rita vorgekommen. Bók verhält sich bei skrásetja ebenfalls ähnlich und kann zwischen Skript und Schriftträger wechseln. Dies demonstriert ein Beleg im ONP (skrásetja) mit der thematischen Rolle Ort (á bók, vgl. Hødnebø 1960: 92). Die Ähnlichkeit zu rita zeigt sich auch durch das Vorkommen eines AUFTRAGGEBERS in den Landslǫg mit dem Wert konungr in der Kausativkonstruktion láta skrásetja (vgl. Keyser/Munch 1848: 178). Das Verb skrásetja verbindet also im Aktivum wie rita e-t á/í e-t/-u die Attribute SCHREIBER, INHALT und SCHRIFTTRÄGER oder SKRIPT. Die Bedeutung ist allerdings enger, denn die Werte nafn und sǫgn wie auch ártíð, heit und rœða für den INHALT stehen für kürzere Informationen. Deshalb ist es in diesem Zusammenhang besser von TEIL zu sprechen, weil Teile einem Gesamtskript hinzugefügt werden. Dafür spricht auch das Lexem hlutr, auch wenn es nur in einer frühneuzeitlichen Abschrift erhalten ist. Die grösseren Schriftträger bók und rolla deuten darauf hin, dass diese Teile kontinuierlich, wahrscheinlich in der Form einer Liste schriftlich festgehalten werden.

5. skrifa

Das Verb skrifa hat laut Baetke (2002: 564) zwei Lesarten: 1. „bildlich darstellen, zeichnen, malen bemalen; sticken“ und 2. „aufzeichnen, schreiben“. Er erwähnt zu keiner der beiden Lesarten Zitate, die helfen könnten, die jeweiligen Lesarten zuzuordnen. Etwas ausführlicher ist Fritzner (1886–96: III, 380) mit drei Bedeutungsebenen: 1. ‚abbilden, bildlich darstellen‘ („afbilde, billedlig fremstille“) als Synonym zu marka, 2. ‚bemalen‘ („bemale“) und 3. ‚aufschreiben, aufzeichnen‘ („opskrive, optegne“) als Synonym zu ríta und skrá. Fritzner nennt dafür jedoch keine spezifischen syntagmatischen Relationen. Entscheidend scheinen hier eher semantische Faktoren wie die Träger der Schrift oder des Bildes zu sein: für die Bedeutung 1. und 2. „tjald“ ‚Zelt‘, „skjöldr“ ‚Schild‘, sowie „eldhús“ ‚Küche‘ und für 3. „blað“ ‚Blatt‘, „bók“ ‚Buch‘, „bréf“ ‚Brief‘. Noch wichtiger bei der Unterscheidung ist die Erwähnung des Abgebildeten: „dropi“ ‚Tropfen‘, „skrímsl“ ‚Ungeheuer‘, „stjarna“ ‚Stern‘. Das Schriftliche scheint hingegen implizit zu bleiben. Es wird jedoch nicht deutlich, wie die Bedeutungen 1. und 2. voneinander abzugrenzen sind, welche bei Baetke (2002: 564) zusammengefasst sind. Im Gegensatz zu rita und ríta unterscheidet skrifa offenbar nicht, ob etwas Bildliches oder Schriftliches auf den Träger aufgetragen wird. Abhängig von der Spezialisierung waren beides Tätigkeiten des Schreibers und wurden z. T. auch mit demselben Werkzeug ausgeführt.

Skrifa ist wahrscheinlich aus dem Mittelniederdeutschen entlehnt, wo schriven (Schiller/Lübben 1969: IV, 139) belegt ist, das wieder auf lat. scribere zurückgeht (vgl. Blöndal 2008: 862). Die ältesten Belege des Verbs im ONP (skrifa) stammen aus der Zeit um 1200, so dass skrifa etwa gleich lange wie ríta belegt, aber älter als rita ist, obwohl es im Korpus dieser Arbeit nur in den jüngeren Texten vorkommt: der L-Redaktion der Jóns saga helga und Laurentius saga biskups. In diesem Zusammenhang stellt sich erstens die Frage nach der Abgrenzung zu rita und ríta, welche Walter (1998: 289f.) schon stellt, und zweitens, wie die Konzepte BILDLICH und SCHRIFTLICH DARSTELLEN anhand der syntagmatischen Relationen überhaupt unterschieden werden können.

5.1. Jóns saga helga

In der Jóns saga helga gibt es nur zwei Belege von skrifa in der jüngeren L-Redaktion, in der das Verb rita mit sieben Belegen sonst deutlich überwiegt. Ein Beleg kommt im Kapitel XXII vor, wo der Bischofsanwärter Jón dem Papst sein Anliegen vorträgt (s. a. Kap. II.3.1.2.f.):

a) bar hann fyrir herra pafan fram skiǫtt ok skauruliga. sin eyrenði. þuiat hann var bæði sniallr ok I nogh hofdingia diarfr. synanðe honum bref ok Insigle. Astueri Lundensis eRkibyskups er hann hafði skrifat vm kosning. ok wigslu giorð hins h(eilaga) I(ons) (JSH 79f.).

Er [Jón] trug dem Papst schnell und freimütig seine Anliegen vor, denn er war sowohl gewandt als auch selbstsicher, und zeigte ihm Brief und Siegel des Erzbischofs Astver von Lund, die er über die Wahl und Weihe des heiligen Jón geschrieben hatte (Übers. KM).

Subjekt ist der Erzbischof von Lund. Die Position des Akkusativobjekts besetzt die Relativpartikel er, welche auf die Paarformel bréf ok innsigli ‚Brief und Siegel‘ verweist. Das Präpositionalobjekt um e-t verweist auf die ANGELEGENHEIT. Skrifa ist bei diesem Beleg eine Substitution von rita, denn vorher sagt der Erzbischof ver skulum rita meðr þer (JSH 79) ‚Wir werden dir ein Schreiben mitgeben‘ (Übers. KM). Sowohl die Valenz als auch die Attribute stimmen mit dem Korrespondenzframe von rita überein. Die Füllungen stehen für die Attribute ABSENDER mit dem Wert erkibiskup, SKRIPT mit dem Wert bréf, SIEGEL mit innsigli erkibiskups, ANGELEGENHEIT mit den Werten kosning ‚Wahl‘ und vígslugerð ‚Weihe‘. Leerstellen sind der EMPFÄNGER páfi und der BOTE Jón, welche mithilfe des Kontexts gefüllt werden können.

Der andere Beleg von skrifa, stammt aus dem Kapitel XXXIX, wo der Schreiber (skrifari) Þorvarðr sein Buch von Bischof Jón bewerten lässt:

b) hann hafði meðr ser eina bok er hann hafdi at ollu miok uandat. ok sagdiz hafa skrifat einum fiar lægium presti. er hann hafdi beðit. Villdi hann at herra byskup. legdi uerð áá bockina. segiandi prestinn hafa iaattat at kaupa eptir uirðing herra byskups (JSH 95).

Er [= Priester und Schreiber Þorvarðr] hatte ein Buch bei sich, welches er in allem sehr sorgfältig angefertigt hatte und sagte, dass er es für einen fernen Priester geschrieben habe, der ihn darum gebeten hatte. Er wollte, dass der Bischof den Preis des Buches festlege, und sagte, dass der Priester zugestimmt habe, das Buch gemäss der Bewertung des Bischofs zu kaufen (Übers. KM).

Skrifa ist Teil einer AcI-Konstruktion, so dass das Subjekt fehlt. Das Agens Þorvarðr ergibt sich aus dem Subjekt des Hauptsatzes. Sein Beruf skrifari bestätigt das Attribut SCHREIBER. Daneben hat skrifa ein Dativobjekt mit einem Priester als AUFTRAGGEBER. Das Akkusativobjekt ist eine Leerstelle, welche auf das Lexem bók ‚Buch‘ im vorhergehenden Satz referiert. Im Folgenden wird skrifa von rita substituiert (vgl. Kap. II.3.1.2.d.). Die Frames der beiden Verben teilen die Attribute SCHREIBER mit dem Wert prestr ‚Priester‘ und beztr ‚bester, sehr gut‘, die sich aus dem Kontext ergeben (vgl. JSH 95), SKRIPT mit dem Wert bók, AUFTRAGGEBER mit dem Wert prestr. Es ist nichts über den Inhalt des Buches bekannt. Diese Frage lässt sich wieder über einen Werteconstraint beantworten: Der Wert des Attributs AUFTRAGGEBER ist prestr, der höchstwahrscheinlich ein liturgisches Buch in Auftrag gibt.

Bei beiden Belegen fragt sich, worin sich rita und skrifa semantisch unterscheiden. Baetke (2002: 564) erwähnt neben der Bedeutung „schreiben“ auch „malen“, was im Kontext des zweiten Belegs zutreffen könnte, nämlich dass der Schreiber das Buch illuminierte. Beim ersten ist skrifa jedoch metonymisch verschoben, so dass dieser Bedeutungsaspekt dort keine Rolle spielt.

5.2. Laurentius saga biskups

In der Laurentius saga biskups fehlt das Verb rita ganz, anstelle dessen nur das Verb skrifa belegt ist. Die Belege in beiden Redaktionen sind zwar parallel verteilt, aber es gibt gerade in den syntagmatischen Relationen deutliche Unterschiede, so dass die gleichen Textstellen oft nicht vergleichbar sind. Bei nicht relevanten Unterschieden werden die beiden Redaktionen jedoch nicht getrennt analysiert. Die grosse Vielfalt an syntagmatischen Relationen empfiehlt die Belege nach diesen zu ordnen, beginnend bei Akkusativ- und Dativobjekten, mit Präpositionalobjekten in alphabetischer Reihenfolge fortsetzend und mit Partikelverben abschliessend.

5.2.1. skrifa e-t ‚etw. schreiben‘

Die Konstruktion skrifa e-t hat drei Belege, von denen der erste aus der A-Redaktion stammt. Jener aus der B-Redaktion unterscheidet sich und wird unten besprochen (vgl. Kap. II.5.2.3.a.). Bischof Laurentius schreibt einen Brief an den Erzbischof und danach heisst es: a) „skrifade hann eina sedula. huat hann hafdi saman sett af kirkiunnar logum“ (LSB 121). ‚Er schrieb ein Blättchen, [nämlich] was er aus Kirchengesetzen zusammengestellt hatte‘ (Übers. KM). Das Verb skrifa ist aktiv und das Personalpronomen hann im Subjekt verweist auf Bischof Laurentius. Das Akkusativobjekt enthält das lateinische Lehnwort schedula ‚Blättchen Papier‘ (Georges 1998: II, 2524), welches in den altnordischen Wörterbüchern nicht zu finden ist. Der nachfolgende Explikativsatz, eingeleitet durch das Interrogativpronomen hvat, beschreibt, wie Bischof Laurentius den Text des Blättchens verfasste (s. a. Kap. II.8.3.j.). Dieser Beleg demonstriert, wie Aufschreiben und Verfassen lexikalisch getrennte Handlungen sind, aber von derselben Person ausgeführt werden. Skrifa e-t ist hier immer noch das Erstellen eines Skripts. Das Subjekt steht demnach für den SCHREIBER. Das Lexem schedula steht zwar für einen SCHRIFTTRÄGER, ist aber metonymisch zum SKRIPT verschoben. Der Explikativsatz nennt zudem die TEILE und die QUELLEN. Ludwig (2005: 149) erwähnt die cedulae im Zusammenhang mit dem Urkundenschreiben, welche kurze Anweisungen für die Kanzleibeamten enthielten. Bischof Laurentius schreibt also die Anweisungen an seinen Sekretär für einen Brief an den Erzbischof auf. Als verantwortliche Personen für die Korrespondenz (bréfagerðir) werden in der Saga Laurentius’ Sohn Árni und Diakon Einarr erwähnt (vgl. LSB 103).

Der zweite Beleg dieser Konstruktion kommt nur in der A-Redaktion vor. Der Beleg aus der B-Redaktion hat zusätzlich ein Dativobjekt (vgl. Kap. II.5.2.3.b.). Der Priester Egill bringt Bischof Laurentius einen Brief des Erzbischofs, darauf wird erzählt:

b) og sem sira Eigill syndi honum bref og bodskap erchibyksups. og huerssu hofdu til geingit. Modru valla mal. þackade hann Gudi fyrer og suo sira Eigle. […] og þad skrifade erchibyskup huerssu truliga hann hafde giortt hans erinnde (LSB 129f.).

Und als Priester Egill ihm Brief und Mitteilung des Erzbischofs zeigte, und wie die Mǫðruvellir-Angelegenheit verlaufen war, dankte er Gott und Priester Egill dafür. […] Der Erzbischof schrieb auch, wie getreu er sein Anliegen ausgeführt hatte (Übers. KM).

Das Verb skrifa ist hier aktiv mit dem Erzbischof als Subjekt. Das Akkusativobjekt enthält lediglich das Personalpronomen þat, welches durch einen indirekten Fragesatz ergänzt ist, welcher auf den INHALT verweist. Aus dem Kontext ist zu entnehmen, dass der Wert für die Attribute SCHRIFTTRÄGER und die TEXTSORTE ein Brief (bréf) lautet. Der ABSENDER dieses Briefes ist der Erzbischof und ist somit mit dem Subjekt von skrifa identisch. Skrifa e-t ist also lediglich eine Ellipse der Konstruktion skrifa e-t með e-m til e-s. Der EMPFÄNGER ist Bischof Laurentius und BOTE Priester Egill. Das Verb skrifa in obigem Zitat ist aber keine Rekurrenz eines früheren skrifa til e-s im Sagatext. Auf das Verfassen des Briefes wird mit den Verben dikta und gera verwiesen (vgl. Kap. II.6.2.g.h. und 9.3.d.), deren Subjekt aber ein Chorherr ist, der im Auftrag des Erzbischofs den Brief auf Lateinisch verfasst (vgl. LSB 128). Der Erzbischof erscheint zudem als Subjekt des Partikelverbs gefa út, welches weder in Baetke noch Fritzner eigens aufgeführt ist. Im ONP (gefa) sind Belege mit bréf als Objekt aufgeführt, jedoch ohne Übersetzung. Jørgensen übersetzt die Stelle mit udstede ‚ausstellen‘ (vgl. Jørgensen 1982: 154). Der Erzbischof nimmt die zu erwartende Rolle des Ausstellers des Briefes ein, erscheint aber im Folgenden als Subjekt des Verbs skrifa, obwohl er den Brief nicht selbst geschrieben hat. Dieser Beleg demonstriert, dass der Kontext von skrifa immer genau analysiert werden muss, um Werte für die Attribute des jeweiligen Frames inferieren zu können. Auf den ersten Blick scheint es so, dass der Erzbischof das tatsächlich geschrieben hat, berücksichtigt man aber den näheren Kontext des Belegs sowie das vorhergehende Kapitel 54 (LSB 127–129), ergibt sich ein ganz anderes Bild.

Der dritte Beleg ist dem obigen ähnlich und nach der A-Redaktion zitiert (die B-Redaktion unterscheidet sich lediglich in der Graphie): c) „slikt ed sama skrifadi Jor(undur) byskup“ (LSB 40). ‚Etwas Ähnliches schrieb Bischof Jǫrundr‘ (Übers. KM). Skrifa ist aktiv und Bischof Jǫrundr das Subjekt. Das Akkusativobjekt besteht aus der Konstituente slíkt it sama ‚etwas Ähnliches‘, bei der unklar ist, worauf sie sich bezieht. Skrifa ist eine Rekurrenz aus folgendem Beleg, welcher unten noch näher analysiert wird (vgl. Kap. II.5.2.7.b.): „herra Jor(undur) byskup og broder B(iorn) skrifudu nordur med sira Sniolfe mest þess erinndis ad þeir villdu faa lata vrskurdar bref Laur(encij) honum til asak<a>nar“ (LSB 40). ‚Bischof Jǫrundr und Bruder Bjǫrn schickten Priester Snjólfr mit einem Schreiben in den Norden vor allem mit der Botschaft, dass sie Laurentius' Urteilsbrief ihm zu Vorwurf machen würden‘ (Übers. KM). Bei diesem Beleg gehört skrifa eindeutig in den Korrespondenzframe mit Bjǫrn und Jǫrundr als ABSENDER und Snjólfr als BOTEN. Die Leerstellen ergeben sich aus dem Kontext: SCHRIFTTRÄGER bzw. SKRIPT ist ein Brief (bréf), EMPFÄNGER ist Abt Þórðr von Munkaþverá. Die Konstituente slíkt it sama steht also entweder für das SKRIPT oder die BOTSCHAFT und Bischof Jǫrundr nimmt die Rolle des ABSENDERS ein. Dieser Beleg demonstriert einmal mehr, dass skrifa ohne typische Ergänzungen wie til e-s oder með e-m den Korrespondenzframe evoziert. Für die Analyse muss der Kontext immer einbezogen werden, der über den vorhergehenden und nachfolgenden Satz oft hinausgeht.

5.2.2. láta skrifa e-t ‚etw. schreiben lassen‘

Die Kausativkonstruktion láta skrifa ist in der Laurentius saga biskups nur einmal in der B-Redaktion belegt, wo die A-Redaktion eine Lakune aufweist: „bad hann herra Petur lata skrifa ok dikta brefit. enn sagdizt mundu gefa fyrir jnsiglit“ (LSB 14). ‚Er [= König Eiríkr] bat Herrn Pétr, den Brief schreiben und verfassen zu lassen, sagte aber, dass er sein Siegel dafür geben werde‘ (Übers. KM). Láta skrifa ist Teil einer AcI-Konstruktion, so dass der Causer herra Pétr im Akkusativ steht. Das Agens ist eine Leerstelle, ein Wert síra Laurentius für das Attribut SCHREIBER kann aber aus dem Kontext inferiert werden. Das Thema ist bréfit und im Satz das zweite Akkusativobjekt, welches von den Verben skrifa und dikta abhängt. Die Handlungen des Verfassens (dikta) und Schreibens (skrifa) werden auch hier lexikalisch getrennt, aber von derselben Person ausgeführt (vgl. Kap. II.6.2.b.). Das Lexem bréf steht als Thema von skrifa einerseits für das SKRIPT und als Thema von dikta andererseits für den TEXT. Der Brief impliziert wieder die Korrespondenz, jedoch hat láta skrifa hier eine engere Perspektive auf den Schreibauftrag, welcher einen Teil des Korrespondenzframes bildet und die Attribute ABSENDER als Causer, SCHREIBER als Agens und SKRIPT als Thema verbindet. Aus dem Kontext ergeben sich weitere Werte: Die BOTSCHAFT des Briefes beinhaltet Herrn Pétrs Brautwerbung an eine Verwandte des Königs. Daneben wird auch das Siegel erwähnt, welches nicht vom AUFTRAGGEBER Herrn Pétr, sondern von König Eiríkr stammt, so dass Herr Pétr möglicherweise nicht der ABSENDER, sondern lediglich am Verfassen des Briefes mitbeteiligt war (vgl. Kap. II.6.2.b.).

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