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Читать книгу: «Zu nah am Abgrund», страница 2

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„Nein, das wollte ich eigentlich nicht tun. Ich wollte mit euch reden und euch ein Angebot machen.“

„Was für ein Angebot?“, fragte ich zurück.

„Hat doch kein Zweck, sich gegenseitig den Kopf einzuschlagen “, und er sah dabei hinauf zum Netz, „das Angebot, das wir machen wollen, ist, dass wir uns zusammentun.“

„Du meinst uns einfach so zu übernehmen, ohne große Anstrengung“, gab ich zurück.

Wolfgang grinste und antwortete:

„Ich kann euer Misstrauen verstehen, wir meinen aber, uns wirklich gleichberechtigt zusammenzutun. Aber müssen wir das hier besprechen? Wollen wir uns nicht zusammensetzen?“

„Wolfgang, du kannst dir sicher vorstellen, dass wir etwas skeptisch sind. Wer weiß, ob du uns nicht eine Falle stellst.“ „O.K. Kalle, ich mache folgenden Vorschlag“, verwundert stellte ich fest, dass er meinen Namen kannte, „ich gebe euch meine Schwester als Pfand und wenn wir unser Gespräch beendet haben, lasst ihr sie wieder frei. Egal wie wir uns einigen. Geht das in Ordnung?“

Fragend blickte ich mich zu meinen vier Mitstreitern um. Wir hatten, um uns schnell und geheim abstimmen zu können, einen aus drei Zeichen bestehenden Geheimcode entwickelt, dessen Bedeutung für Außenstehende nicht verständlich war. Zeige- und Mittelfinger der linken Hand ausstrecken bedeutete: Ja, die rechte Hand zur Faust ballen bedeutete: Nein und beide Hände zusammen hieß: Enthaltung.

Ich sah sie mir an, es gab zweimal Ja einmal Nein und einmal Enthaltung, was so viel war hieß wie ich weiß nicht. Ich machte das Zeichen mit der linken Hand und drehte mich um.

„In Ordnung Wolfgang, lass deine Schwester hereinkommen.“ Wolfgang machte ein Zeichen mit der Hand und aus der Gruppe hinter ihm löste sich ein Mädchen. Ich schätzte so um die vierzehn Jahre alt. Sie kam zum Zaun und wartete. Ich beobachtete, immer noch auf der Hut, den Vorgang aufmerksam, dann fragte ich:

„Wo wollen wir uns treffen, Wolfgang?“

„Was hältst du davon, wenn wir uns in einer Stunde in der Eisdiele in der Stadt treffen? Aber nur wir beide, Kalle. Draußen auf der Straße dürfen nicht mehr als sechs eurer Leute stehen.“

Ich willigte ein und Wolfgang verabschiedete sich mit einem

„Tschüss bis gleich.“

„Bis gleich“, antwortete ich.

Er drehte sich um und ging mit seinen Leuten bergauf davon. Seine Schwester wartete vor dem Zaun, ich gab das Zeichen den Eingang im Zaun zu öffnen. Zwei unserer Jungs nahmen sie dort in Empfang und führten sie in eine unserer Höhlen, in der sie das Ende unserer Mission abwarten sollte.

Wir setzten uns zusammen und überlegten, was da auf uns zukommen könnte. War Wolfgang ernsthaft an einer Zusammenarbeit mit uns interessiert oder wollte er nur ein paar Leute von hier abziehen, um dann anzugreifen? Aber er würde ja wohl auf keinen Fall seine Schwester in Gefahr bringen. So beschlossen wir, dass noch drei weitere Mitglieder der Führung und drei aus der Gruppe mit mir nach unten in die Stadt gehen sollten.

Oft hatten wir den schnellen Aufbau eines Signal-, und Meldeweges von und in die Stadt geprobt, nun wurde er erstmals für den Ernstfall eingerichtet.

So waren wir in der Lage, falls Wolfgang doch ein falsches Spiel mit uns trieb, sofort eine Meldung ins Lager zu senden. Oder auch umgekehrt, falls das Lager angegriffen werden sollte, dass eine Meldung zu uns in die Stadt kam. Das kostete uns zwar ein paar Mädels, die diesen Meldeweg aufbauten und die dann im Lager fehlten, aber wir fanden es besser und sicherer so.

Jetzt konnte es losgehen, wir gingen durch die Stadt und fühlten uns unheimlich stark. Wir formierten uns auf der Hauptstraße zu einem Dreieck, dessen Spitze ich bildete. Entgegenkommende Passanten sahen uns furchtsam an und gingen uns erschrocken aus dem Weg. Vor der Eisdiele standen schon sechs von Wolfgangs Jungs und warteten. Die drei aus meiner Führungsriege und ich blieben vor der Eisdiele stehen, der Rest verteilte sich, unter den argwöhnischen Blicken der „White Angels”, über die Straße.

Ich betrat die Eisdiele und sah Wolfgang allein in einer Ecke sitzen.

‚Der hat die Eisdiele räumen lassen‘, dachte ich mir, ‚damit wir in Ruhe reden können.‘ Dafür, dass keiner mehr reinkam, würden seine Leute schon sorgen. Die Bedienung nahm meine Bestellung auf, brachte sie und verschwand nach hinten. Wir waren allein und Wolfgang sagte:

„Die Rechnung geht auf mich.“ Ich bedankte mich und begann das Eis zu löffeln.

„Was meinst du denn dazu, dass wir uns zusammentun wollen?“, fragte mich Wolfgang, währen er sein Eis schleckte.

„Wir finden es gut, denn nur gemeinsam sind wir stark“, sagte ich und beobachtete ihn gespannt.

„Richtig! Es nutzt uns nichts, wenn sich die Geschlagenen uns anschließen, weil sie keine andere Wahl haben, das ist immer eine unsichere Sache. Bei der erstbesten Gelegenheit rotten sie sich

wieder zusammen und arbeiten gegen uns. Solche Leute kann ich aber nicht gebrauchen, ich habe Größeres vor, als kleine Bandenkriege in der Stadt zu führen.“ Jetzt wurde ich doch so langsam hellhörig und ich vergaß sogar das Eis zu essen.

„Das leuchtet mir ein, aber wie soll es jetzt nach deiner Meinung weitergehen?“, fragte ich ihn.

Er setzte gerade zu einer Antwort an, als einer seiner Leute hereinkam und sich über ihn beugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Er hob den Kopf und sah mich kritisch an.

„Was machen deine Leute da draußen?“, stellte er mir mit durchdringendem Blick die Frage. Er meinte wohl die Aktivitäten der Mädels zum Aufbau der Meldelinie.

„Keine Sorge, das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme zu unserer Sicherheit”, antwortete ich ihm und hielt seinem Blick stand. Er machte ein Zeichen und sein Mann ging wieder nach draußen.

„Bist wohl immer sehr vorsichtig und vorausschauend?“, fragte er weiter.

„Ja, das ist doch nur normal. Alles durchdenken und abwägen, dann erst entscheiden.“

Wolfgang entspannte sich wieder und sagte:

„Ja, ich habe schon bemerkt, dass du so vorgehst und dass du es bist, der bei euch alles organisiert und ausarbeitet!“

Da es keine Frage war, antwortete ich auch nicht darauf und sah ihn weiter ruhig an.

„Also! Gut, wir machen euch folgendes Angebot. Ihr schließt euch uns als selbstständig arbeitende Abteilung an. Alle Einsätze werden durch uns koordiniert und abgesprochen.“ Er bemerkte meinen Unwillen und fuhr schnell fort:

„Du und ein weiteres Mitglied eurer Gruppe seid als Vertreter eurer Abteilung bei mir in der Führungsspitze dabei, damit ist gewährleistet, dass ihr auch ein Mitspracherecht habt und immer auf dem Laufenden seid, was gerade abgeht.“

Jetzt war ich sprachlos, mit diesem Angebot taten sich ganz neue Möglichkeiten für uns auf. Ich fragte ihn:

„Wie viele der Gruppierungen arbeiten freiwillig bei euch mit?“

„Ohne euch sind wir jetzt zwei Gruppen, ihr fehlt noch, der Rest ist unwichtig für uns und muss sich anpassen oder untergehen. Wenn du zusagst, vereinen wir vier der größten und besten Gruppen in der Stadt. Dann kann uns eh keiner mehr was. Das sind dann gut hundert Mann, da spielen die paar Mitläufer, die abspringen könnten, keine Rolle mehr“, er machte eine kleine Kunstpause, „also, was meinst du, kannst du dir vorstellen, dass wir uns zusammentun? Brauchst du noch Bedenkzeit oder musst du dich mit den anderen absprechen?“ Er sah mich an und grinste.

„Aber wie ich euch kenne, habt ihr schon alles abgesprochen, habe euch ja lang genug beobachtet und muss sagen, dass ihr ein tolles System in der Gruppe habt. Ich würde gern einiges übernehmen und von dir erklärt bekommen.“ Ich sah ihn nachdenklich an und überlegte:

‚Es konnte eigentlich für uns nicht besser kommen. Ohne eine richtige Auseinandersetzung, Verletzte oder gar Verluste, an die Spitze zu kommen, war ein unerwarteter Glückstreffer für uns.‘ Ich streckte ihm die Hand entgegen und sagte:

„Gut Wolfgang, darauf ein Handschlag und wir sind uns einig. Ab sofort, oder benötigst du Zeit, deine Jungs zu informieren?“ Er lachte mich an und antwortete:

„Wir haben auch ein funktionierendes Nachrichtensystem. Sowie ihr im Lager seid und meine Schwester freigelassen habt, wissen meine Leute auch schon Bescheid. Willkommen im Club. Willkommen bei den „White Angels.”

Er stand auf, ging zum Tresen und bezahlte die Rechnung. Bevor er zur Tür raus ging, drehte er sich noch einmal um und sagte zu mir:

„Die erste Versammlung der Führung ist übermorgen um fünfzehn Uhr im „Burgfried”. Tschüss, bis dann“, und er ging sichtbar zufrieden hinaus. Der „Burgfried” war eine Kneipe und das Hauptquartier von Wolfgangs Gang. Ich ließ mir noch etwas Zeit und genoss die Kühle der Eisdiele. Dann folgte ich ihm nach draußen. Auf der Straße standen nur noch meine Leute und warteten auf mich.

„Gebt das Zeichen, dass die Schwester von Wolfgang freigelassen werden kann und hebt die Alarmbereitschaft auf“, sagte ich zu meinen Leuten, „wir haben uns geeinigt und wir tun uns zusammen. Mehr gleich oben im Lager. Gehen wir!“

Wir formierten uns wieder und marschierten zurück ins Lager. Als wir oben im Lager ankamen, war alles wieder auf den normalen Status gebracht worden. Wolfgangs Schwester war schon nach Hause gegangen und die Leute warteten alle neugierig auf weitere Informationen. Als wir alle zusammen saßen, erstattete ich Bericht. Erzählte alles, was mir Wolfgang auch mitgeteilt hatte und auch vom ersten Treffen. Sie waren alle mit dieser Entscheidung und der Situation einverstanden und zufrieden.

Besser konnten wir es wirklich nicht haben. Ohne große Auseinandersetzungen und Kämpfe an die Spitze zu kommen und sogar in der Führung ein Mitspracherecht zu haben, war schon toll.

Kapitel 4
Heute

Schlaftrunken schreckte ich aus meinen Träumen auf, die Hitze trieb mir Schweißperlen auf die Haut. Es fehlte mir etwas in meinen Armen, ich blinzelte gegen das Licht.

‚Wo ist Eva?‘, dachte ich mir. Ich richtete mich langsam auf und schaute mich um. Da sah ich sie, sie spielte leichtfüßig im Wasser und ließ sich immer wieder rücklings in die Wellen fallen.

‚Ja, das brauchte ich jetzt auch. Eine kleine Abkühlung im blauen Wasser tut mir bestimmt gut.‘ Ich stand auf, lief in die Brandung und sprang mit einem lauten Aufschrei in die Wellen, dass das Wasser nur so spritzte. Wir tobten eine ganze Zeit lang im Wasser herum, bis wir Durst bekamen. Dann setzten wir uns wieder auf unsere Decke, schenkten uns ein Glas Prosecco ein, prosteten uns zu und küssten uns ausdauernd und zärtlich.

„Na, was hast du geträumt?“, fragte mich Eva. Ich erzählte ihr die Geschichte und als ich fertig war, sagte sie zu mir:

„Und - wie ging es weiter mit euch?“

„Tja“, sagte ich, „es wurde schlimmer.“ Sie setzte sich auf und sah mich an.

„Weißt du was, ich mache uns eine kleine Käseplatte und du erzählst die Geschichte weiter.“

Sie stand auf, ging zur Kühltasche und zauberte uns im Handumdrehen eine kleine Käseplatte. Stellte sie zwischen uns, goss noch für jeden ein Glas Wasser ein und sah mich erwartungsvoll an:

„Kannst jetzt loslegen, mein Schatz. Ich bin ganz Ohr“, sagte sie und strahlte mich dabei mit ihrem umwerfenden Lachen an. Jetzt musste ich mich auf den Fortgang der Geschichte konzentrieren, obwohl ich mir eigentlich etwas Schöneres mit Eva hätte vorstellen können.

Kapitel 5
1965

In den letzten zwei Jahren hatte sich allerhand getan und verändert. Wir waren zu einer großen Gang zusammengewachsen und Wolfgang hatte seine Beziehungen in andere Städte, wie Hamburg und Bremen, spielen lassen. Wir bekamen oft Besuch aus Norddeutschland und es wurde so langsam eine Geschäftsbeziehung zu den anderen Gruppen aufgebaut.

Immer, wenn etwas anlag, was einer Planung bedurfte, wurde ich eingeschaltet, gefragt und musste die Pläne entwickeln. Mein Kampfname war geboren, ich wurde „Der Organisator“. Dieser Name sollte mich viele Jahre begleiten. Mein Talent blieb auch den befreundeten Gruppen nicht verborgen und so traten sie an Wolfgang heran, um zu fragen, ob ich auch für sie arbeiten könnte. Nach einer Besprechung unter vier Augen wurden wir uns einig, dass es für uns nur gut sein konnte, auch über die anderen Gruppen Bescheid zu wissen und wir sagten zu.

Eine meiner ersten Aufgaben war es, Transportwege zwischen den einzelnen Gruppen auszutüfteln und aufzubauen. So organisierte ich einen regen Botendienst zwischen Westfalen und Norddeutschland. Vorsichtshalber setzten wir für diese Touren nur Mädchen und Jungen ein, die noch keine sechzehn Jahre alt und somit noch nicht strafmündig waren. Sollte man sie erwischen, konnte man ihnen nichts anhaben. Aber wer kontrolliert schon Jugendliche und vor allem Mädchen? Transportiert wurde alles, Waffen, Rauschgift, Informationen, eben alles, was man zu Geld machen konnte und illegal war. In diese Zeit fiel auch das Ende meiner Schulzeit und ich musste mich um eine Lehrstelle bemühen.

Hier in der Gegend gab es nicht allzu viel Auswahl, mir blieben noch Lehrstellen als Kfz-Mechaniker und Bäcker,

aber beide Berufe waren nicht die, die auch meinen Vorstellungen entsprachen. Ich brauchte eine Herausforderung. Nach dem intensiven Studieren einiger Zeitschriften stieß ich auf eine Anzeige, in der für den Beruf des Seemannes geworben wurde. Ohne lange zu überlegen, entschied ich mich, diesen Beruf zu erlernen, ich wusste, das war genau das, was ich wollte.

Noch am gleichen Tag sprach ich mit Wolfgang über meinen Plan und wir überlegten gemeinsam, welchen Nutzen wir aus diesem Vorhaben ziehen konnten. Der Vorteil war, ich kam in der ganzen Welt rum und hatte dadurch auch Gelegenheit, mit anderen Gruppierungen auf der ganzen Welt Kontakt aufzunehmen, Nachrichten und Gegenstände zu transportieren, ohne groß aufzufallen. Wer kontrolliert schon einen Seemann auf anderes als Zigaretten und Alkohol. Also, gesagt getan, jetzt musste ich nur noch meine Eltern informieren und überzeugen, denn die mussten ja, da ich noch minderjährig war, ihre Zustimmung geben. Aber das war kein Problem und schon im Juli traf ich in Bremen ein um auf dem „Schulschiff Deutschland” meine Berufsausbildung zu beginnen. Nicht zu verwechseln mit dem Schulschiff „Deutschland“ von der Bundesmarine.

Genau zu diesem Zeitpunkt wurde Wolfgang von der Polizei wegen Körperverletzung festgenommen. Man informierte mich sofort und gab auch die Bitte von Wolfgang weiter, ihn aus der Haft zu befreien. Nach seiner Befreiung wollte Wolfgang dann in Hamburg untertauchen und die Gang erst einmal von dort aus leiten.

Wenn er länger im Knast blieb, bestand die Gefahr, dass Kräfte innerhalb der Gang versuchen würden, die Führung zu übernehmen und da es auch um viel Geld ging, wollten wir uns natürlich nicht ausbooten lassen. Vor allem, da wir gerade jetzt auf dem Sprung waren, uns weltweit auszudehnen. Dann gab es ja auch noch die Möglichkeit, dass andere Gruppen versuchen würden, uns zu übernehmen.

Wenn es nur ein paar Tage gewesen wären die er im Knast bleiben musste, hätte man das noch hinbekommen, aber es sah so aus, als wenn es Wochen oder Monate dauern konnte. Dann kam noch erschwerend hinzu, dass man ihn in eine andere Stadt verlegen wollte, in der die Befreiung fast unmöglich gewesen wäre. Es musste also schnellstmöglich ein Plan her! Da ich die Polizeiwache kannte und mit den Örtlichkeiten vertraut war, konnte ich den Plan gut von Bremen aus ausarbeiten. Das Problem war, wir mussten jetzt sehr schnell reagieren. So schnell, dass die örtliche Polizei keine Möglichkeit mehr hatte, andere Wachen in der Umgebung zu alarmieren und um Unterstützung zu bitten. Ich benötigte noch ein paar Informationen über die Anzahl der Streifenwagen und die Personalstärke in der Wache.

Diese Informationen wurden von unseren Leuten vor Ort besorgt und ausspioniert. Es wurde Folgendes in Erfahrung gebracht: zurzeit waren drei Streifenwagen dort stationiert, mit jeweils zwei Mann besetzt. In der Wache gab es den Leiter, den Stellvertreter, den Polizisten am Funk und drei Mann in Bereitschaft, dies machte insgesamt zwölf Mann. Gut, sie hatten Pistolen, aber sie würden mit Sicherheit in den Minderjährigen, die für diese erste Angriffswelle auf das Revier vorgesehen waren, keine Gefahr erkennen, und erst recht nicht auf sie schießen. Das Revier war so aufgebaut, dass im Eingangsbereich ein Tresen stand, hinter dem Tresen standen die Schreibtische der Bereitschaft und des Funkers.

Links ging ein Flur mit Büros für den Leiter und den Stellvertreter ab, dann der Aufenthaltsraum der Streifenwagenbesatzungen und die Zellen. Die Schlüssel der Zellen hingen vorne an einem Schlüsselbrett und waren leicht zu bekommen.

Mein Plan sah vor, dass alle Einsatzfahrzeuge im Einsatz waren, dies wurde durch mehrere Telefongespräche auf der Wache ausgelöst, die der Polizei von irgendwelchen erfundenen Vorfällen berichten sollten und um Hilfe baten. Die eigentliche Befreiungsaktion war im Prinzip ganz einfach geplant. Die Polizeistation stürmen, Zelle auf, Wolfgang raus und schnell wieder weg, bevor die Polizei wieder zu sich kam.

Die im Hof parkenden Privatfahrzeuge der Polizisten mussten durch Eisenkrampen einsatzunfähig gemacht werden, damit uns niemand damit verfolgen konnte. Dann sollte durch einen weiteren Anruf der Leiter und der für den Funk eingeteilte Polizist beschäftigt werden. Das war der Zeitpunkt, an dem unsere Kleinen zum Einsatz kommen sollten, sie mussten die zwei Polizisten am Tresen beschäftigen.

Diese Ablenkung sollte die letzte Gruppe nutzen, sie sollten die Räumlichkeiten betreten, sich dann blitzartig im Revier verteilen und die dort noch anwesenden Personen unschädlich machen. Sie sollten sie in die Räumlichkeiten einzuschließen, in denen sie sich gerade befanden. Das konnte gut klappen, da man die Türschlüssel immer im Schloss stecken ließ. In der Zwischenzeit sollten zwei unserer Leute Wolfgang aus der Zelle befreien und zu unserem startbereiten Auto bringen und gleich nach Hamburg fahren.

Alle zu diesem Zeitpunkt noch in der Wache befindlichen Mitglieder unserer Gang sollten sich dann in verschiedene Richtungen absetzen, um den eventuellen Verfolgern das Nachstellen zu erschweren. Nach meinem Plan sollte das alles innerhalb von vier Minuten zu schaffen sein.

Alles was länger dauerte, war mit der Gefahr verbunden, dass man unsere Jungs erwischte. Sollten die Einsatzfahrzeuge zu früh zurückkommen oder einer der diensthabenden Polizisten es schaffen, eine andere Polizeiwache zu verständigen,

würden bestimmt einige von unseren Jungs hops gehen. Dieses Risiko wollte ich auf jeden Fall vermeiden.

Unsere Crews wurden für die jeweiligen Aufgaben eingeteilt und eingewiesen. Per Telefon stand ich mit dem Leitungsteam in Verbindung und wurde auf dem Laufenden gehalten, bis einen Tag vor dem Ereignis. Da war plötzlich Funkstille und ich habe niemanden mehr ans Telefon bekommen. Was war los? War der Plan verraten worden? Hatten sie kalte Füße bekommen? In den nächsten zwei Tagen saß ich wie auf Kohlen, kein Anruf oder eine andere Nachricht. Ich setzte mich mit Hamburg in Verbindung, vielleicht hatte man dort etwas gehört. Nichts!

Am dritten Tag, zwei Tage nach dem geplanten Termin, bekam ich einen Anruf. Es war der Leiter meiner Gruppe, der ehemaligen „Cats” und er sagte mir, dass alles in die Hose gegangen war. Sie hatten fast alle erwischt und eingesperrt. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Mein Plan war fehlgeschlagen, hatte Fehler oder organisatorische Mängel gehabt! Was hatte ich in meiner Planung übersehen? Ich fragte ihn:

„Was ist passiert, was war falsch geplant?“

„Nichts, du hattest alles richtig geplant und eingeteilt“, bekam ich zur Antwort, „ aber der Idiot von Stellvertreter hat sich nicht an deinen Plan gehalten und sagte, dass er das auch und besser planen könnte. Er stürmte das Polizeirevier und hat, das musst du dir mal vorstellen, erst alle Polizeifahrzeuge kaputt machen lassen bevor er in die Wache ist, dort haben sie natürlich schon auf ihn gewartet. Die Einsatzfahrzeuge wurden nicht weggerufen und somit war fast die ganze Wache voll besetzt.

In der Zwischenzeit haben die Polizisten noch Verstärkung gerufen und unsere Jungs wurden regelrecht eingekesselt. Fast alle wurden festgenommen.“

„Ist dir und unseren Jungs etwas passiert?“, fragte ich ihn.

„Nein. Wir haben uns zurückgehalten und waren nicht in Reichweite der Polizei, als alles losging“, gab er mir die beruhigende Antwort.

„Halte mich auf dem Laufenden und vor allem bekomme raus, was mit Wolfgang geschehen ist.“ Er versprach es mir und wir legten auf.

Ich beendete meine Berufsschule in Bremen und heuerte auf meinem ersten Schiff an. Die Fahrt ging nach Australien und dauerte ein halbes Jahr. Während dieser Zeit hatte Wolfgang seine Strafe abgesessen und kam fast zum gleichen Zeitpunkt wieder aus dem Gefängnis heraus, als ich in Hamburg einlief. Nachdem er aus der Haft entlassen wurde, kam er nach Hamburg und hinterließ bei meinen Jungs seine Telefonnummer.

Ich rief ihn sofort an als ich in Hamburg ankam, und wir machten ein Treffen aus. Wolfgang hatte wieder Kontakt zu der Hamburger Gang aufgenommen, mit der wir schon zu unseren alten Zeiten im Sauerland zusammengearbeitet hatten. Wir sprachen über unsere Zukunft und beschlossen, unsere gemeinsamen Aktivitäten wieder aufzunehmen, diesmal von Hamburg aus.

In unserer alten Wirkungsstätte im Sauerland war nichts mehr los. Die Polizei hatte ganze Arbeit geleistet und alles zerschlagen, nur von den „Cats”, meiner alten Gruppe, hatte die Polizei keinen gefasst. Sie hatten sich nach der Befreiungsaktion zurückgezogen und aufgelöst.

Für mich begann jetzt ein neuer Abschnitt!

399
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9783847615880
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