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11. Tina

‚Da bin ich jetzt aber in eine Zwickmühle geraten!‘ Während ich mit Andreas einen äußerst unterhaltsamen Chat am Laufen hatte, klickte ich noch bei zwei anderen ansprechenden Fotos auf Like und wartete, was kam. Und ehe ich michs versah, steckte ich in drei Chats gleichzeitig. Schon komisch, dass ich mit allen so leicht ins Gespräch gekommen bin.

Andreas wirkt eher vorsichtig zurückhaltend und ist sichtlich bemüht, auf nichts zu drängen. Er erzählt gern von sich, ist aber auch interessiert an meinen Erlebnissen. Es fühlt sich so an, als würden wir ganz gut miteinander harmonieren.

Ben ist schon optisch ein ganz anderer Typ. Blond, das Haar sehr kurz geschnitten und wie es auf dem Bild aussieht, ein wenig kräftiger gebaut als Andreas. Und was er schreibt, ist viel lustiger. In fast jedem Satz ist etwas, worüber ich schmunzeln muss. Dass er schon fast 40 ist, kann man sich gar nicht vorstellen.

Markus macht noch mal einen ganz anderen Eindruck. Hier dürfte es sich um einen Draufgänger handeln. Ich merke sofort, wo er hinwill. Trotzdem hat er etwas Charmantes an sich, was nicht uninteressant ist. Er ist genauso alt wie ich und sieht verdammt gut aus. Er fällt wie Andreas in das Schema dunkelhaarig, Bart, sehr ansprechende Augen.

‚Was mache ich jetzt mit denen? Ich kann die doch nicht alle drei treffen! Wie sieht das denn aus?‘ Ich beschließe also erst mal ein paar Tage nur zu chatten und zu sehen, was sich entwickelt. Vielleicht macht es mir ja einer leicht und disqualifiziert sich selber. Außerdem habe ich für Treffen ohnehin gerade wenig Zeit. In der Firma finden derzeit viele Sitzungen mit den unterschiedlichsten Partnern und Kunden statt, da tippe ich für den Chef die Protokolle. Dazu ist eine Aussendung von Briefen zu erledigen mit den persönlichen Einladungen zum Firmenjubiläum in zwei Monaten. So gesehen werden sich die Unterhaltungen mit den Jungs automatisch auf den späten Abend verlegen.

Heute bleibe ich jedenfalls bis halb sieben im Büro. Elf Stunden müssen reichen. Ich brauche Bewegung! Zu Hause ziehe ich mich schnell um, schnappe mein Fahrrad und strample noch eine Runde zur Alster. Auf der Promenade muss ich mich nicht mehr so auf die Straße konzentrieren und kann ein bisschen meinen Gedanken freien Lauf lassen. In meinem Hinter­stübchen messen sich gerade die einfühlsamen Sprüche von Andreas mit den witzigen Reißern von Ben. Unentschieden! ‚Hat da vielleicht Markus die Chance, weil mein Körper ohnehin auch das will, was er will?‘ Andererseits geht es mir nicht nur darum. Genial wäre ein Mann, der alle diese Eigenschaften in sich vereint. Gibt es den? Den Mann, mit dem man reden kann, der einen zum Lachen bringt, mit dem man sich einfach blind versteht und der einen glücklich macht? Ich glaube daran, auch wenn meine Mutter immer meint, ich würde vergebens auf den Märchenprinzen warten … Im Seelemannpark setze ich mich noch ein paar Minuten auf eine Bank, bevor ich zurück nach Hause radle. Die untergehende Sonne zwischen den Bäumen kann ich mir nicht entgehen lassen. ‚Nächstes Mal sollte ich doch die Kamera mitnehmen!‘

Zum Abendessen reicht mir heute ein Joghurt, zu Mittag hatte ich in der Kantine ein kleines Menü. Es ist auch schon fast acht. Ich sollte meine Unterhaltungen beginnen, damit es nicht allzu spät wird. Mal sehen, wer als Erster online ist.

Es ist Ben, der eben vom Fitnesscenter nach Hause gekommen ist:

Ciao Bella! Schön, dass Du da bist! Das ist genau das, was ich nach der Anstrengung brauche!

Und schon sind wir im Unterhaltungsmodus, man könnte es auch Lachmuskeltraining nennen. Eine gute halbe Stunde sind wir unter uns, da sehe ich das Symbol aufleuchten, das mir eine neue Nachricht anzeigt. Ich wechsle hinüber und werde von Andreas begrüßt:

Hi Tina! Hast Du die Arbeit hinter Dir? Ich gerade so … Wir hatten heute Teammeeting, hat ein bisschen gedauert.

Mal sehen, wie ich das hinkriege. Zwei Chats gleichzeitig. Und so wechsle ich eine Weile hin und her und passe höllisch auf, was ich wem schreibe. Irgendwie möchte ich keinen von beiden abwimmeln. Aber lange geht das nicht mehr, ein wenig müde bin ich auch schon. Plötzlich ein leises Pling … Die nächste Nachricht … ‚Markus, oh nein! Na, das kann ja heiter werden. Ich glaube, ich brauche für die nächsten Tage ein System!‘

12. Sven

Die Fahrt nach Rügen am Donnerstag geht ziemlich schnell vorbei. Manuela und ich sind in ausgelassener Stimmung und lachen viel. Wir freuen uns beide sehr auf die freien Tage und planen schon mal, was wir alles machen wollen. „Das Wellnessprogramm im Hotel klingt vielversprechend, aber ich denke, wir sollten auch ein Rad nehmen und Rügen ein bisschen erkunden, was meinst du?“, fragt sie. „Die Insel soll recht flach sein, da wird das schon gehen, denn ich bin ja nicht so ein geübter Radfahrer.“ Ich schaue mal bei Google Maps, wie weit es zu den berühmten Kreidefelsen ist. „Wenn wir am Ziel eine längere Pause machen, sollte ich die 65 Kilometer hin und zurück schaffen. Für dich ist das sicher kein Problem, denn du fährst ja viel Fahrrad.“ „Na ja, aber 65 Kilometer sind auch für mich eine Menge. Da sollten wir es langsam angehen lassen.“

Das Bernstein-Hotel ist wirklich großartig. Da haben wir eine sehr gute Wahl getroffen. Unser Zimmer ist groß und sehr hell mit Blick auf die Ostsee. Manuela macht gleich nach dem Einchecken eine Augen- und Gesichtsbehandlung und ich buche ein Herrenvollbad mit anschließender Massage. Für den Abend melden wir uns zum Essen im Restaurant des Hotels an, denn am ersten Abend wollen wir nicht auswärts essen. Nach unseren Wellness-Erlebnissen treffen wir uns im Zimmer wieder und ich frage Manuela, ob sie einen ersten Spaziergang durch Sellin machen möchte. „Das können wir doch morgen nach dem Frühstück machen. Jetzt könnten wir uns doch bis zum Essen noch ein wenig ausruhen.“ Daraus werden dann ein paar beachtliche Höhepunkte im großen Doppelbett und anschließend schlafen wir ein Ründchen. Das Abendessen mit einem Kabeljau und einem sehr guten Weißwein rundet unseren ersten Tag sehr schön ab und wir schlafen beide besser als zu Hause. Nur meine Träume habe ich wieder vergessen.

Das strahlende Wetter am nächsten Morgen lädt dazu ein, den Tag draußen zu verbringen. Wir verzichten auf den Rundgang in Sellin, nehmen uns nach dem Frühstück ein Hotelfahrrad und brechen auf Richtung Saßnitz zu den Kreidefelsen. Ganz so flach, wie ich gedacht hatte, ist Rügen dann doch nicht. Immer wieder gibt es kleine Hügel zu überwinden, wo ich gehörig ins Schnaufen komme.

In Saßnitz machen wir eine Pause im Café Gumpfer an der Strandpromenade. Nach einem Pott Kaffee und einem Stück Apfeltorte fühlen wir uns gut gerüstet, den restlichen Weg bis zu den Kreidefelsen zu schaffen. Es gibt noch ein paar Steigungen zu überwinden, aber nach zweieinhalb Stunden Fahrzeit sind wir angekommen. Der Ausblick ist grandios und ich hole meine Nikon hervor, um ein Foto von Manuela mit Blick aufs Meer und die Felsen zu machen. Es erinnert ein wenig an das berühmte Gemälde von Caspar David Friedrich, weil immer wieder jemand anders mit aufs Bild kommt. Dann gehe ich näher an Manuela heran und schieße noch ein paar Porträts, wo sie freigestellt ist und der Hintergrund verschwimmt. Manuela möchte ein Selfie mit dem Handy von uns beiden machen, aber ich bitte einen Spaziergänger, ein Foto mit meiner Kamera von uns zu schießen, und stelle ihm alles entsprechend ein. „Du bist aber auch ein Perfektionist“, sagt Manuela anschließend, als ich ihr das Ergebnis zeige. „Ein Selfie mit dem Handy hätte doch als Erinnerung auch gereicht.“ „Ich schick dir das Bild nachher, dann kannst du es auf dem Handy speichern und posten. Und nicht nur du wirst dann auch von der Qualität begeistert sein.“ „Ach, das sieht man doch auf dem Handy nicht wirklich.“ „Ich schon.“

Der Weg zurück ist dann etwas leichter, weil die meisten Steigungen jetzt bergab gehen. Damit wir nicht zu glücklich werden, kommt uns an freien Stellen ein kräftiger Wind entgegen. Wir legen eine Pause in Prora ein, besuchen den Baumwipfel-Pfad und essen im danebenliegenden Restaurant Boomhus eine Kleinigkeit. Da es nur noch etwa 15 Kilometer nach Sellin sind und ich sehr durstig bin, trinke ich ein paar Störtebeker. Der restliche Weg schafft mich aber dann so sehr, dass ich im Hotel nur noch aufs Zimmer schleichen und ins Bett fallen kann. Manuela ist nicht begeistert von ihrem schlappen Begleiter und geht auf ein paar Cocktails allein in die Bernstein-Lounge.

13. Leo

Meine Mausefalle ist im Großeinsatz. ‚Das gibt’s doch nicht! Da muss irgendwo ein Nest sein‘, grüble ich vor mich hin. In vier Tagen drei Mäuse, das ist rekord­verdächtig. Die Pepi wäre neidisch, wenn sie das wüsste. Die Pepi ist die grau getigerte Nachbarskatze, die lässt nichts aus, was krabbeln kann und vor ihr flüchten will. Aber in meiner Speisekammer suche ich lieber selber die Übeltäter. Das muss sich ausgehen, wenn ich heute Abend heimkomme.

Inzwischen habe ich mit Lucy die Telefonnummern ausgetauscht. Es macht Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Das ist absolut kurzweilig und ich freue mich jeden Tag darauf. Bisher haben wir nur geschrieben. Für heute nach Dienstschluss sind wir verabredet zum Telefonieren, zum ersten Mal. Ich hoffe, ich komme zu einer menschenwürdigen Zeit aus dem Büro. Da muss ich mich ranhalten, der Planungsbericht für das neue Programm muss bei Jochen, meinem Chef, auf dem Schreibtisch liegen, bevor ich die heiligen Hallen verlasse. ‚Also bitte, Konzentration! Die Gedanken an meine Mäuschen muss ich auf später vertagen!‘ Es ist schwierig, aber die Motivation hat durch das, was mich am Abend erwarten würde, gesiegt. Damit meine ich natürlich die Mickymaus, nicht die in meiner Falle …

Kurz vor acht bin ich zu Hause. Zum Mäusenest suchen ist es zu spät, wir wollen ja gleich telefonieren. Ich kann nachher nicht alles bis morgen herumliegen lassen. Meine Eltern sind zwar für ein paar Tage zu meiner Tante gefahren, aber gegen ein bisschen Ordnung habe ich selber auch nichts. Deshalb beschließe ich, die Falle wieder zu aktivieren, also den Köder zu erneuern, und die Räumaktion auf das Wochenende zu verschieben.

Und jetzt ein kühles Blondes und ab auf die Couch. Circa halb neun haben wir ausgemacht. Jetzt ist es Punkt halb. Ich wähle ihre Nummer und sie geht nach dem ersten Läuten ran. „Hi Leo! Ich staune, wie pünktlich du bist!“, scherzt eine klare, freundliche und sehr angenehme Stimme am Telefon. „Hi Lucy, ja, ich hab mich auch auf heute Abed gefreut! Wie geht’s dir? Wie war dein Tag?“ Sie erzählt von ihrem anstrengenden Arbeitstag und ich von meinem Chef, der begeistert war, wie schnell ich seinen Auftrag ausgeführt habe. „Irgendwie beflügelst du mich“, muss ich ihr gestehen. Das gefällt ihr. Es knistert richtig zwischen uns. Ich würde sie sehr gern sehen, aber ich will nichts kaputtmachen, indem ich zu voreilig bin. Nach einer Weile legt Lucy scheinbar eine Denkpause ein und fragt dann ganz vorsichtig: „Sag mal, wir wollten uns doch diese Woche noch sehen. Es ist erst knapp halb zehn. Was meinst du, sollen wir uns heute noch treffen?“ Mein Herz macht einen Sprung und der erste Impuls wäre ein lautes JA gewesen. Aber morgen sollte ich nicht zu spät aufstehen, und ausgeschlafen zu sein, wäre auch kein Fehler. „Musst du morgen gar nicht arbeiten?“, versuche ich zu erfahren. „Doch, aber zugegeben erst etwas später als sonst. Möchtest du nicht?“ Sie wirkt ein wenig enttäuscht. „Doch, doch! Sehr gern sogar. Ich muss nur früh raus und wenn wir jetzt noch irgendwo hinfahren, wird die Nacht kurz. Ich überdenk nur unsere Möglichkeiten.“

Das Ergebnis unserer gemeinsamen Überlegung ist ein Kompromiss mit Folgen. Wir haben es beide nicht weit zur U-Bahn. Und so einigen wir uns darauf, dass ich sie von der Station abhole und wir machen uns bei mir zu Hause einen gemütlichen Abend. Trifft sich gut, dass Mama vor ihrem Urlaub noch aufgeräumt hat. Und ich bin froh, dass ich die Speisekammer heute nicht ausgeräumt habe! In einer halben Stunde soll ich sie abholen. Da kann ich noch Bettzeug für die Couch heraussuchen. Wenn es sehr spät wird, was ich fest glaube, möchte ich ihr das Bett überlassen und selber auf der Couch schlafen. Ich ziehe mich noch um, dann schnappe ich meine Jacke und los geht’s.

Bei der Begrüßung wollen wir uns nicht lang aufhalten. Es gibt eine innige Umarmung und dann freuen wir uns auf zu Hause. Es ist genau 22:40 Uhr, als wir bei meiner Haustür ankommen. Ich greife in meiner Jackentasche nach dem Hausschlüssel. Da trifft es mich wie ein Schlag! Der Schlüssel liegt im Vorzimmer auf der Kommode. Ein Albtraum! Lucy glaubt erst, ich mache einen Scherz. Sie hört erst auf zu lachen, als ich sie mit in den Garten nehme – zum Glück kann man bei meinen Eltern über den Zaun steigen und so nach hinten zu meiner Terrasse gelangen. Bei der alten Terrassentüre steckt innen der Schlüssel. Um den zu erwischen, muss ich ein Loch in die Glasscheibe machen, die im oberen Teil der Tür eingesetzt ist. Da hilft nur eins. Ein Kissen von der Gartenbank holen und so leise wie möglich das Glas einschlagen. ‚Ich breche in mein eigenes Haus ein! Ich glaub’s nicht!‘ Lucy blickt ganz verlegen umher, als würde sie Schmiere stehen. Ich kann förmlich spüren, wie peinlich ihr das ist. In drei Minuten ist alles erledigt. Meine Hand passt gerade durch das Loch, ich fasse den Schlüssel und kann endlich aufsperren. Und das Wichtigste: Die Nachbarn sind nicht wach geworden!

Während ich das Loch provisorisch mit Karton abdichte, wird Lucy lockerer und kann wieder lachen. „Tut mir leid, meine Mickymaus! Das ist mir noch nie passiert. Ist ja voll peinlich, die Sache. Du musst dir jetzt was Schönes von mir denken!“, flüstere ich, während ich sie in den Arm nehme. Sie lässt es geschehen, erwidert auch meinen Kuss und beruhigt mich nachher: „Ach, das kann doch passieren. Mach dir nix draus! Du hattest die Situation doch voll im Griff.“

Bei einem guten Glas Rotwein und ein bisschen Knabberzeug wird es noch ein langer, gemütlicher Abend. Wir kommen uns bald näher, als ich es zu hoffen gewagt habe, und zum Schluss meint sie, die Bettwäsche für die Couch wäre doch nicht nötig. Sie will mir auf keinen Fall mein Bett wegnehmen. Es ist bereits nach halb zwei, als wir uns aneinanderkuscheln. Ich denke gerade, wie schön das ist. Das hatte ich schon lange nicht gespürt. Plötzlich – ein Knacksen und Scharren in der Dunkelheit … „Was ist das?“, fragt Lucy erschrocken. „Nichts weiter. Keine Sorge, wahrscheinlich die Pepi, die Nachbarskatze … Gute Nacht, meine süße Mickymaus!“

14. Lydia

Am Samstag ist Putzen angesagt, damit abends alles schön sauber ist. Ich teile mir die Hausarbeiten mit Wolfgang und Lisa. Jeder kümmert sich natürlich um sein eigenes Zimmer, aber ich biete an, die Küche in Ordnung zu bringen und auch nachmittags etwas zu essen für abends vorzubereiten. Lisa macht das Bad sauber und Wolfgang geht für seine Party einkaufen. Mittags ist die Küche fertig und bis zum Kochen und Vorbereiten habe ich noch etwas Zeit. Also schalte ich meinen Laptop ein und rufe das neue Computerspiel auf, das ich mir gestern heruntergeladen hatte. „Anno 1800“ heißt es, in dem es um den Aufbau von Gesellschaften im Industriezeitalter geht. Ich beginne damit, ein paar Bauern auf Feldern schuften zu lassen, damit die Nahrung sichergestellt wird, aber dann muss ich mich um Arbeiter in Fabriken kümmern. Nach zwei Stunden habe ich eine beachtliche Struktur geschaffen und speichere den aktuellen Stand ab, denn Wolfgang ist vom Einkaufen zurück und jetzt heißt es Live Cooking.

Die Party am Abend wird dann megalustig, wir haben etwa 30 Leute in der Wohnung, die sich in allen Räumen tummeln. Das ist das Tolle an unserer WG, dass wir gut miteinander teilen und auch feiern können. Es wird spät, fast halb vier, bis ich die übrig gebliebenen Gäste aus meinem Zimmer scheuche und ins Bett krabbeln kann. Die anderen feiern noch weiter, aber nach drei Minuten bin ich eingeschlafen.

Am Sonntagvormittag um elf wache ich auf, mein Kopf fühlt sich an wie eine teigige Masse. Ich gehe zu unserem Medizinschrank, hole mir erst mal zwei Aspirin und brühe in der Küche einen starken Kaffee auf. Geruch oder mein Klappern in der Küche hat wohl Lisa geweckt, denn kurz danach steht sie zerzaust in der Tür und sagt: „Krieg ich auch ’n Kaffee?“ „Klar Süße, brauchst du auch ein Aspirin?“ „Nee, bloß nicht, dann muss ich kotzen.“ Also lassen wir beide die Party bei einer Reihe von Kaffeetassen Revue passieren. Wir kommen zu dem Schluss, dass der Abend sehr gelungen war. Gegen eins kommt Wolfgang aus seinem Zimmer und mit ihm eine junge Frau (höchstens 18), beide hocken sich zu uns in die Küche und es gibt eine weitere Kaffeerunde. „Wie hat dir deine Geburtstags­party gefallen?“, fragt Lisa. „Supergeil, dank eurer Unterstützung, vor allem auch dank Lydias Koch­künsten, aber auch wegen Lisas Musik und Getränke­versorgung fand ich es ganz toll. Ich danke euch sehr dafür.“ Nadine, die Kleine, die mit Wolfgang hereingekommen war, fragt: „Wohnt ihr hier schon lange zusammen?“ „Drei Jahre in der Konstellation“, antwortet Lisa, „da zog Lydia ein. Vorher hatten wir einen weiteren Mann bei uns, aber das passte nicht so gut, denn der war eher ein Putzmuffel.“ „Stinkstiefel, würde ich sagen“, meinte Wolfgang, „denn sonst war mit dem auch nicht viel anzufangen. Irgendwie war der ständig bekifft und schwebte in anderen Welten.“

Ich verabschiede mich aus der Runde und versuche in meinem Zimmer noch ein bisschen „Anno 1800“ weiterzuspielen, aber dazu ist mein Geisteszustand wohl noch zu schwach. Also schalte ich ab, setze mir die Kopfhörer auf und höre Musik. Kurz danach muss ich eingeschlafen sein. Gegen fünf wache ich auf und denke: ‚Jetzt muss ich mich aber mal langsam in einen präsentablen Zustand versetzen. Und noch was essen wäre auch nicht schlecht.‘ Ich hole mir also schnell einen Joghurt mit etwas Müsli und danach gehe ich eine Viertelstunde unter die Dusche. Gegen sechs bin ich mit meinem Äußeren ganz zufrieden, die dunklen Ringe unter den Augen sind zwar auch mit Schminke nicht ganz wegzukriegen, aber was soll’s. Mach ’mer los. Guggn ’mer mal, was Frank und der Italiener zu bieten haben.

Frank steht tatsächlich an der S-Bahn-Station und wir wandern zum „Casale“. Er hat einen Tisch in einer gemütlichen Ecke reserviert und die Speisekarte sieht auch verlockend aus. Nach der Bestellung und einem ersten Schluck Valpolicella reden wir über uns. Frank will wissen, ob ich ihn mag. Ich sage wahrheitsgemäß: „Ja, schon, aber wie du weißt, stört es mich, dass du rauchst.“ „Kannst du dir trotzdem eine Beziehung mit mir vorstellen?“ „Ach du lieber Gott, Frank, da ist er wieder, der Mister Geduldig. Wieso fragst du das? Können wir es nicht einfach erst mal angehen lassen und schauen, wie sich das mit uns entwickelt?“ „Ja, aber ich möchte schon ein bisschen wissen, woran ich mit dir bin.“ „Hast du Angst, zu viel zu investieren, oder was soll das?“ „Nein, das ist es nicht. Vielleicht bin ich etwas zu konservativ. Ich hatte mir erträumt, dass wir heute Abend nach dem Essen noch zu mir gehen und dass wir uns vielleicht etwas näherkommen. Wenn dir aber nichts an mir liegt, macht das wenig Sinn, oder? Dann lassen wir das besser.“ „Frank, wir treffen uns heute zum dritten Mal, da kann ich noch nicht sagen, wie sehr ich dich mag und ob wir langfristig füreinander bestimmt sind oder zueinander passen. Das braucht Zeit.“ „Ich bin vielleicht ein blöder Romantiker, aber ich mag dich sehr und ich kann mir mehr vorstellen, als nur mit dir essen zu gehen. Ich glaube, ich bin schon sehr in dich verliebt. Aber wenn das einseitig ist, dann möchte ich lieber nicht weiter darüber sprechen.“

Das macht mich irgendwie sprachlos. Wenn es so ist, wie er sagt, dann muss ich den Kontakt mit ihm abbrechen, denn so etwas empfinde ich nicht für ihn. Jedenfalls bisher nicht. ‚Kann das noch kommen oder wird sich da bei mir nichts tun?‘ Ich antworte ihm vorsichtig: „Frank, ich habe dir schon gesagt, dass ich dich mag, aber mehr ist da nicht. Jedenfalls bisher. Ich weiß nicht, ob sich das ändern wird, aber wenn wir es nicht versuchen, dann werden wir es nicht wissen.“

Inzwischen sind meine Nudeln kalt und ich hab auch keinen Hunger mehr. Frank versucht, meine Hand zu nehmen, die ich ihm wegziehe. Dann sagt er: „Ich hab mich schon in der Firma in dich verguckt, da kannte ich dich noch gar nicht. Jetzt, wo ich dich näher kenne, ist das Gefühl noch viel stärker. Aus deinen Worten erkenne ich, dass du nicht sehr viel für mich übrig hast, und dann möchte ich nicht weiter versuchen, dich von meinen Empfindungen zu überzeugen. Ich glaube nicht, dass dies zu einer positiven Entwicklung deiner Gefühle führen wird. Dann bleiben wir halt Freunde, wenn du magst.“

Ich schlucke ein paarmal, so ehrlich ist noch nie jemand zu mir gewesen. Die meisten Männer hatten einfach weiter gebaggert und versucht, mich rumzukriegen. So ein Mensch wie Frank ist mir noch nie begegnet. Da sollte ich zumindest das Freundschaftsangebot annehmen. „Ich danke dir sehr für deine offenen und liebevollen Worte. Und für eine Freundschaft mit dir bin ich gern bereit. Das heißt, wenn dir das reicht.“ „Wenn es mehr nicht werden kann …“

15. Tina

Meine Chatzeiten habe ich jetzt gut im Griff. Seit etwa zwei Wochen schreibe ich mit den drei Jungs, wobei es sich eingespielt hat, dass ich jeweils nur einem bekannt gebe, dass ich schon zu Hause bin oder auf seine Nachricht antworte. Es ist nicht ganz einfach, einen Dialog zeitlich zu begrenzen, damit die beiden anderen noch zum Zug kommen, aber man wird erfinderisch. Mal bin ich sehr müde und muss am nächsten Tag früh raus. Dann wieder ruft meine Freundin gerade an oder ich bin draufgekommen, dass ich etwas vergessen habe, was noch dringend vor dem Schlafengehen erledigt werden muss. Und wenn es sich für einen der drei einmal gar nicht ausgeht, bin ich einfach nicht zum Chatten gekommen.

Das ist natürlich nur möglich, weil ich es bisher vermeiden konnte, meine Telefonnummer herzugeben. Langsam wird es aber eng. Markus hat schon zweimal danach gefragt. Und ich muss zugeben, die Unterhaltung mit ihm ist am spannendsten. Andreas ist vielleicht ein bisschen zu vorsichtig. Ich möchte nicht den ersten Schritt machen. Er macht ihn aber auch nicht. Ben ist unheimlich höflich und einfühlsam, mit ihm könnte ich stundenlang reden … NUR reden, glaube ich. Bei Markus ist das ganz anders! Er macht es spannend, spricht oft in Andeutungen, gibt aber seine Absichten auch offen zu, ohne dabei aufdringlich zu wirken.

Heute ist er der letzte in der Plauderrunde und diesmal ist es so weit. Die angenehme Spannung zwischen uns wird immer spürbarer und der Wunsch nach mehr deutlicher. Wir tauschen endlich unsere Nummern aus und verabreden uns für den nächsten Tag. Da ich ohnehin vorhabe, morgen mit dem Auto zu fahren, schlage ich vor, dass ich ihn von der Arbeit abhole, und dann überlegen wir, wo wir hinwollen. Markus ist begeistert von der Idee, er liebt Überraschungen.

Zuerst ist Markus erstaunt, welches Auto ich fahre. „Wow, da weiß ich ja gar nicht, wen oder was ich zuerst bewundern soll. Dich oder dein Auto! Beides echte Schönheiten, wie ich sehe“, tönt er sehr charmant und fast ehrfürchtig. „Danke für das Kompliment“, gebe ich zurück „Das Saab Cabrio war schon lange mein Traum. Im Winter habe ich es geschafft und noch einen Verrückten gefunden, der seinen Schatz verkauft! Neu gibt es die ja leider nicht mehr … Komm, steig ein, hast du eine Idee, wo wir hinfahren wollen?“

Dann bin ich überrascht. Markus schlägt vor, ins Kino zu gehen. „Gibt es eines, wo du öfter hingehst?“, will er wissen. „Ja, schon. Ich bin ab und zu in der ASTOR Lounge in der HafenCity. Da gefällt mir das besondere Ambiente und die angenehmen Liegesitze.“ Markus schmunzelt: „Soso, Liegesitze … Apropos … hat das Saab Cabrio auch Liegesitze?“ Seine Augen blitzen und ein Lächeln umspielt seinen Mund, das Bände spricht. Ich lenke erst einmal ab und frage schnell: „Also, wohin? HafenCity?“ „Alles klar! Kann losgehen.“

„Am besten parken wir im City Parkhaus, von da sind wir zu Fuß in etwa 18 Minuten im Kino … sagt Mr. Google“, lautet seine Recherche. Ich kutschiere uns also zu dem Parkhaus und muss gleich einmal feststellen, dass die ersten beiden Ebenen völlig zugeparkt sind. Also noch eine höher. Plötzlich meint Markus: „Fahr doch noch eine höher!“ Ich weiß auch nicht, warum, aber ich erklimme wirklich die nächste Etage, und als Markus richtig in Fahrt kommt und mich anfeuert, noch eine und noch eine. Auf der letzten Ebene parken nur ganz wenige Autos. „So passt das“, meint Markus, schon wieder mit einem Lächeln im Gesicht.

Unser Zeitplan ist okay. Es gibt mehrere Filme, die innerhalb der nächsten Stunde beginnen. Auf dem Weg zum Kino überlegen wir, welchen wir sehen wollen. Markus hat „Robin Hood“ im Auge. Jamie Fox soll die Rolle des Little John hervorragend spielen. Ich bin aber eher für was Lustiges und dränge auf „Booksmart“.

„Davon habe ich letztens die Vorschau gesehen. Da geht die Post ab, sag ich dir. Da gibt’s was zu lachen“, schwärme ich und Markus gibt nach. Also kaufe ich zwei Tickets für uns und eine große Tüte Popcorn.

Er kennt dieses Kino noch nicht und ist überwältigt von dem angenehm großen Saal mit der schummrigen blauen Beleuchtung. So weiche Kinosessel hat er auch noch nicht gesehen – oder besser gespürt. „War eine gute Idee, hierherzukommen. Das gefällt mir sehr“, gesteht er und kippt während des Films seinen Sessel nach hinten. Ich meinen auch. Es ist sehr angenehm, neben Markus zu sitzen, ich genieße seine Gesellschaft. Nach der Einleitung des Films, also als klar ist, was die beiden Highschool-Girls vorhaben, spüre ich, wie seine Hand meiner immer näher kommt, bis er sie zu streicheln beginnt. Von da an ist es gar nicht mehr so einfach, der Handlung zu folgen. Jedenfalls geht es im Film ganz schön heiß zur Sache, was auch uns in einen gewissen Spannungszustand versetzt.

Auf dem Rückweg zum Auto ist es etwas kühl geworden, daher hake ich mich bei meinem Begleiter unter und genieße seine Nähe. Als wir im Parkhaus auf der letzten Ebene ankommen, stellen wir erstaunt fest, dass das weiße Traumauto mit dem dunkelblauen Verdeck als einziges übrig geblieben ist. „Hm“, flüstert Markus mir ins Ohr „Hast du schon mal auf dem Rücksitz deines Autos geküsst … oder geknutscht?“ „Nein!“, lautet meine prompte Antwort. „Dazu hatte ich noch nie die Gelegenheit!“ „Das hier könnte man aber als Gelegenheit bezeichnen, oder?“ „Ja … wenn man so will. Das könnte man wohl.“ Wir schauen uns ein paar verhängnisvoll lange Sekunden an, dann öffne ich die Tür und schiebe die Sitze etwas nach vorn. Die Lehnen noch nach vorn kippen und schon ist es auf dem Rücksitz recht gemütlich. Wie in eine geheimnisvolle Höhle ziehen wir uns zurück. Die Spannung ist so groß, dass wir nicht mehr anders können, als uns zu küssen. ‚Ja, das fühlt sich gut an‘, denke ich und lasse mich voll auf das ein, was jetzt kommt. Scheinbar durch die Diskussion der Mädchen im Film inspiriert, fragt mein Liebhaber: „Weißt du, dass es sie gibt?“ … „Was?“ … „Die Scherenstellung.“ … Ich versinke zuerst in seinen lachenden Augen und dann in seinen starken Armen.

16. Sven

Mitten in der Nacht wache ich auf und wundere mich, dass Manuela nicht neben mir liegt. Ich gehe aufs Klo und versuche sie anzurufen, aber scheinbar ist ihr Telefon aus, denn es kommt gleich die Mailbox. Ich schaue aufs Handy: 4:36 Uhr. Das ist jetzt aber komisch. Was mag da wohl los sein? Mit einem unguten Gefühl lege ich mich wieder hin, aber es dauert ewig, bis ich noch einmal einschlafe. Um 6:47 Uhr wache ich aus einem Albtraum auf, in dem Manuela mit einem anderen Mann im Bett liegt, und bin vollends verwirrt. Ich versuche erneut, sie anzurufen, und wieder antwortet die Mailbox. Jetzt bin ich ernsthaft besorgt und beschließe, einen Spaziergang zu machen.

Nach ungefähr einer Stunde komme ich zurück ins Zimmer. Keine Spur von Manuela. Also gehe ich in die Sauna, um meinen Frust auszuschwitzen. Als ich gegen halb zehn wieder in unser Zimmer komme, liegt Manuela schlafend und leise schnarchend im Bett. Ich bin versucht, sie aufzuwecken, beschließe aber stattdessen zum Frühstück zu gehen. Dort genehmige ich mir neben Spiegeleiern und Schinken zuerst zwei Gläser Sekt, um von meiner Nervosität runter­zukommen. Ich überlege dauernd, was sie wohl gemacht haben könnte, und komme zu keinem anderen Schluss, dass es – wie in meinem Albtraum – nur ein anderer Mann gewesen sein kann. ‚Was mache ich denn jetzt? Soll ich sie ausfragen oder warten, ob sie von sich aus was sagt?‘ Ich beschließe, zunächst vorsichtig nachzufragen und ihr die Chance für ein Geständnis zu geben. Dann kann ich immer noch entscheiden, wie ich darauf reagiere. Vielleicht gibt es ja doch eine harmlose Erklärung.

Um 11:30 Uhr finde ich sie immer noch schlafend. ‚Muss wohl eine harte Nacht gewesen sein.‘ Ich nehme meinen Laptop und setze mich zum Lesen auf den Balkon. Irgendwie kann ich mich aber nicht konzentrieren, immer wieder drehe ich mich um und schaue sie an. Sie schläft weiter tief und fest und so fallen mir auch die Augen zu.

Plötzlich werde ich durch zwei Hände aufgeweckt, die sich von hinten auf meine Augen legen. „Guten Morgen“, sagt Manuela zu mir. „Wieso schläfst du hier auf dem Balkon? Du hättest dich doch neben mich legen können.“ „Hätte, hätte, Fahrradkette, da wär ich mir komisch vorgekommen. Wo warst du denn so lange?“ „An der Bar unten, da hab ich ein paar nette Leute kennengelernt, und als die um eins zugemacht hat, sind wir noch in einen Nachtclub gefahren.“ „Und der hatte bis morgens um neun offen?“ „Nein, um sieben waren wir wieder im Hotel und haben gefrühstückt. Danach bin ich ins Zimmer, aber du warst nicht hier. Also hab ich mich hingelegt, denn ich war echt kaputt und hatte wohl auch zu viel getrunken.“ „Und jetzt bist du schon halbwegs wieder fit?“ „Na ja, geht so. Wieso, was möchtest du denn machen? Sicher nicht schon wieder Rad fahren, oder?“ „Nö, das hat mir gestern gelangt. Aber wir könnten doch mit dem Auto irgendwo hinfahren und schön zu Mittag essen. Was meinst du?“ „Ja, wenn du fährst, denn ich glaube, ich sollte noch nicht ans Steuer.“

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9783991311249
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