Читать книгу: «Untersuchung des Einflusses technologischer Innovationen auf Stoffströme am Beispiel von Vanadium für Redox-Flow-Batterien», страница 6

Шрифт:

Die VRFB gilt als RFB-Typ mit dem aktuell größten industriellen Anwendungspotenzial, und wird kommerziell vertrieben. Die wachsende Anzahl der projektierten Demonstrationsobjekte belegt, dass die Technologie Marktreife erlangt (Alotto et al. 2014). Das Prinzip der VRFB wurde auf Grundlage der Arbeiten von (Sum und Skyllas-Kazacos 1985), (Sum et al. 1985) und (Skyllas-Kazacos 1986) an der University of New South Wales patentiert (vgl. (Skyllas-Kazacos et al. 1988)) und ist seit Mitte der 1980er Jahre der RFB-Typ mit der höchsten Forschungsintensität (vgl. (Cunha et al. 2015), (Alotto et al. 2014), (Noack et al. 2015), (Ulaganathan et al. 2016)). Auch wenn das Review von (Leung et al. 2012) bereits acht Jahre zurück liegt, so ist die Aussage zur nach wie vor fehlenden Marktdurchdringung begründet in den hohen Rohstoffpreisen für Vanadium immer noch gültig und wird in (Lourenssen et al. 2019) bestätigt. In (Lourenssen et al. 2019) wird ein Überblick zu allen Komponenten des VRFB-Typs und den aktuellen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten der Technologie zur Verfügung gestellt. Demnach sind insbesondere verbesserte Elektrolytzusammensetzungen, die Erhöhung der Energiedichte sowie die Verringerung der Kosten für den Durchbruch in kommerziellen Anwendungen notwendig. Nachfolgend wird das spezifische Prinzip der VRFB näher erläutert.

Das aufgrund der geringen Energie- und Leistungsdichte stationär angewendete VRFB-System ist ein RFB System, dessen elektrische Leistungsfähigkeit auf den Redox-Reaktionen gemischtvalenter Vanadiumelektrolytlösungen basiert. Auch die VRFB ist nach den Grundprinzipien einer RFB aufgebaut und nutzt die elektrochemischen Eigenschaften von Vanadium. Das Metall kann in acht Oxidationsstufen vorkommen (vgl. (Mortimer et al. 2015)), von denen vier für die Speicherung elektrischer Energie relevant sind. Die genutzten Elektrolytlösungen nutzen V4+/V5+ im Katholyt und V2+/V3+ im Anolyt als aktives Material. Die verfahrenstechnische Realisierung des Redoxpaars auf Basis eines chemischen Elements beugt Verunreinigungen des Elektrolyten durch Diffusion durch die Membran vor; Kreuzkontaminationen durch Fremdionen werden somit ausgeschlossen.

Wie in Kapitel 2.3.1 dargestellt, bestehen RFB grundsätzlich aus zwei Hauptkomponenten. Der Zellblock stellt die erste Komponente des Systems dar, in dem die Energieumwandlung in einer negativen (Anode) und einer positiven (Kathode) Zellkammer stattfindet. Anode und Kathode besitzen wiederum jeweils eine Elektrode aus Kohlenstofffilz oder Graphit. Die Elektrode stellt den Katalysator für den Elektronenaustausch an der Phasengrenze dar. Die Vanadiumionen gehen keine physikalische oder chemische Bindung mit der Elektrode ein und werden nicht an dieser adsorbiert. Die Vanadiumionen ändern die Oxidationsstufe und bleiben in Lösung (Schmidt 2004). Der Oberfläche der Elektrode wird durch Bildung von COOH-Gruppen eine Katalysatoreigenschaft zugewiesen. Die Funktionalisierung und Stabilisation der Elektrodenoberfläche ist seitdem Gegenstand der Forschung (Parasuraman et al. 2013). Als geeignete Separatoren kommen oberflächenbehandelte Anionen- und Kationenaustauschermembranen (Ding et al. 2013) zum Einsatz. Da die Lebensdauer des Speichers im Wesentlichen von der Beständigkeit der Membran abhängt, muss der Separator möglichst langzeitstabil gegenüber den Vanadiumelektrolyten sein (Kurzweil und Dietlmeier 2015). Insbesondere die Degradation der Membran durch das stark oxidierende V5+ ist eine Herausforderung, da dies zu einer Verschlechterung des Ionenaustauschs führen kann. Das aktuell eingesetzte Elektrodenmaterial ist auf Kohlenstoff- oder Graphitfilz und die Ionenaustauschermembran aus Nafion® (vgl. (Aziz und Shanmugam 2017), (Chen et al. 2017b)) beschränkt. Diese weisen zwar die notwendige Resistenz auf, gehen jedoch mit höheren Kosten einher (Leung et al. 2012). Auch das Stack-Design konnte in den vergangenen Jahren vorangetrieben werden. So konnte durch die Arbeiten von (Seipp et al. 2015) und (Kopietz et al. 2015) eine Lösung zur technischen Umsetzung eines Stacks ohne Schraubverbindungen mit geschweißten Bipolarplatten aus einer Graphit-Kunststoffmischung realisiert werden. Das Risiko der Undichtigkeit wird ausgeschlossen und das Gewicht der Stacks um 90 Prozent reduziert. Die so robuster ausgelegten Stacks sparen Wartungs- und Anschaffungskosten und machen die VRFB wirtschaftlich konkurrenzfähiger.

Bestehend aus zwei separaten Elektrolyttanks, Pumpen, Schläuchen und einem Leistungsregulierungssystem, stellt das externe System die zweite Komponente dar (Dassisti et al. 2016). Während des Lade- und Entladeprozesses werden die Elektrolyte in den Stack gepumpt, der durch eine Ionenaustauschermembran von den Zellkammern getrennt ist. Die unterschiedlich geladenen Vanadiumelektrolyte werden dabei in zwei separaten Kreisläufen durch die Zelle gepumpt. Die Ein- und Ausspeicherung von Energie wird im unterschiedlichen Redoxpotenzial von Anolyt und Katholyt begründet. Die Anoden und Kathodenreaktion sind in nachfolgender Abbildung dargestellt:

Abbildung 17 Gesamtreaktion der VRFB-Zelle

Beim Entladevorgang strömt der Anolyt an der Anode vorbei, während V2+ zu V3+ oxidiert. Freiwerdende Protonen gehen durch die Ionenaustauschermembran zur Kathode über. Der dortige Reduktionsprozess nimmt die Protonen auf und V5+ in Form von VO2+ wird zu Vanadium V4+, vorliegend als VO2+, im Katholyt umgesetzt (Komarnicki et al. 2017), (Kurzweil und Dietlmeier 2015). Das elektrische Gleichgewicht wird über die Migration der Protonen durch die Membran erreicht. Die elektrochemischen Reaktionen finden in den Halbzellen am inerten Elektrodenmaterial statt. Von dort wird der Strom zum Kollektor abgeleitet. In Abbildung 18 wird der Entladevorgang (schwarz) sowie der umgekehrt verlaufende Ladevorgang (orange) im Gesamtkontext des VRFB-Systems dargestellt:

Abbildung 18 Funktionsprinzip und Aufbau einer VRFB, eigene Darstellung nach (Kurzweil und Dietlmeier 2015), (Noack et al. 2015), (Weber et al. 2011)

Die größtmögliche Betriebsspannung der VRFB ist abhängig von der Zahl der in Serie geschalteten Zellen in einem Stack. Die Skalierung kann durch Vergrößerung der Elektrodengröße oder durch Hinzufügen weiterer Elektroden in jedem Stack mit monopolaren oder bipolaren Verbindungen erreicht werden. Die elektrische Leistung wird durch die Querschnittsfläche der Elektroden bestimmt. Die Energiespeicherkapazität hängt von der Konzentration der Vanadiumionen und dem absoluten Volumen des Elektrolyten ab.

Die Energiedichte des Batteriespeichers beschreibt das Verhältnis der gespeicherten Energie zu deren Masse oder Volumen. Im Vergleich zeigt sich eine grundsätzlich sehr geringe Energiedichte von VRFB, die bezogen auf die Masse etwa im Bereich von Bleibatterien liegt. Das System ist daher für stationäre Anwendungen geeignet. Die geringe Energiedichte, die bei marktfähigen Anwendungen je nach Systemkonfiguration zwischen 20 und 32 Wh/ kg (vgl. (Noack et al. 2015)) liegt, reicht für mobile Anwendungen nicht aus (vgl. Kapitel 2.3.2). Im Vergleich weist konventioneller Dieselkraftstoff 43 MJ/kg respektive 11.944 Wh/ kg auf (Hahne 2010), die Energiedichte aktueller Li-Ionen-Batterien bei Fahrzeugen liegt hingegen bei 250 Wh/kg (Placke et al. 2017). Auch wenn RFB-Optionen in Kombination mit Brennstoffzellen diskutiert (Menictas und Skyllas-Kazacos 2011) und grundsätzliche Potenziale für den Einsatz in Hybridfahrzeugen nachgewiesen wurden (Mohamed et al. 2009), ist die Technik im Mobilitätssektor nicht marktreif und konkurrenzfähig. Die geringe Energiedichte ist für stationäre und netzgebundene Anwendungen kaum hinderlich. Der Nachteil der geringen Energiedichte wird durch den technologischen Vorteil der Flexibilität, Zyklenfestigkeit, Entladetiefe und Lebensdauer der Energiespeicherung mit RFB kompensiert.

Mit jedem Zyklus findet in elektrochemischen Speichern eine Degradation der Kapazität statt. Die maximale Lebensdauer des Speichers kann somit in der maximalen Anzahl ihrer Zyklen – der sogenannten Zyklenlebensdauer – angegeben werden (Schoop 2013). Diese ist insbesondere bei VRFB mit rund 20.000 Zyklen wesentlich höher als bei anderen Speichertechnologien.

Auch im Hinblick auf Ladegeschwindigkeit, Tiefentladung und Überladung besitzt das System Vorteile. Aus technischen Gründen ist bei den meisten Systemen nur eine Teilentladung möglich. Die Entladetiefe entspricht der Differenz zwischen dem maximal und dem minimal zulässigen Ladezustand eines Akkumulators. Während Blei- oder Lithiumionenbatterien (LIB) nicht tiefentladen werden sollen, können RFB theoretisch zu 100 % entladen werden und reagieren relativ unempfindlich gegenüber Über- und Tiefentladung. (Sterner und Stadler 2017)

Weiterhin besitzt das VRFB-System den Vorteil, dass neben der elektrischen Ladung grundsätzlich auch ein mechanisches Laden durch den Tausch des Elektrolyten möglich ist. Dies eröffnet zudem die Option, in Zukunft bestehende Elektrolyte durch mögliche effektivere Redoxpaare bei Nutzung der bestehenden technischen Infrastruktur zu ersetzen.

Megatrends der Elektrifizierung des Energiebedarfs sowie der Ausbau der Anteile erneuerbarer Energieträger begünstigen die weitere Entwicklung und Markteinführung von Energiespeichern (IEA 2018). RFB und insbesondere die technisch am weitesten entwickelte VRFB können aufgrund der dargestellten Eigenschaften grundsätzlich im stationären Einsatz als dezentrale Großbatteriespeicher für Windparks oder Photovoltaikkraftwerke (vgl. (Turker et al. 2013b), (Alotto et al. 2014), (Mena et al. 2018), (López-Vizcaíno et al. 2017), (Papadopoulos et al. 2018), (Li et al. 2017c)), als lokale Kleinspeicher in Haus- oder Quartiersspeicheranwendungen zur Erhöhung des Eigenverbrauchsanteils der selbst erzeugten Solarenergie, aber auch als stationäre Kurzzeitspeicher in energieintensiven Betrieben genutzt werden. Dabei kann die Technologie je nach Bedarfsfall anwendungsspezifisch ausgelegt werden um sowohl für die Bereitstellung von Reserveleistung als auch als Netzstabilisator, als Bestandteil von Inselnetzen und zur Deckung von Lastspitzen (Peak Shaving) genutzt werden (Kamath et al. 2007). Die Realisierbarkeit großer Speicherkapazitäten und die kurze Reaktionszeit machen auch den Einsatz von RFB zum Spitzenlastausgleich, zur Spannungsunterstützung sowie zur Notstromversorgung möglich (Sterner und Stadler 2017). Der Anwendungsfall des Peak Shaving hat aktuell das relevanteste Anwendungs- und Entwicklungspotenzial (Joerissen et al. 2004), (Lucas und Chondrogiannis 2016), wobei, bedingt durch die genannte Skalierbarkeit des VRFB-Systems, grundsätzlich alle Ebenen der stationären Energiespeicherung bedient werden können (Thielmann et al. 2017).

Aus der Praxis kann das System von (Volterion 2019) exemplarisch genannt werden, welches eine Speicherkapazität von 13 kWh pro Modul aufweist und in verschiedenen Leistungsstufen zwischen 2,5, 5 und 10 kW im Dauerbetrieb beziehbar ist. Damit ist das Modul vergleichbar mit alternativen LIB-basierten Speicherlösungen, etwa des Anbieters Tesla, welcher ein vergleichbares Modul mit 13,5 kWh und 4,6 kW Leistung anbietet (Tesla 2020). Die Preise für beide Systeme sind nach (Enkhardt 2019) mittlerweile vergleichbar. Die Speicherkapazität des VRFB-Systems kann jedoch durch die Anzahl der Module beliebig vervielfacht werden.

Ein Beispiel für größere marktfähige VRFB-Systeme ist das System von CellCube mit 200 kW Leistung und 400 kWh Speicherkapazität (Resch et al. 2019) zu nennen. Für das VRFB-System werden hohe Zyklenanzahlen von > 15.000 angegeben, wohingegen LIB-Systeme je nach Temperatur- und Ladeprofilen Lebensdauern zwischen 1.000 und 5.000 Ladezyklen aufweisen (Sauer et al. 2013). Somit sind mit VRFB-Technologie bereits Anwendungen sowohl im Heimspeicherbereich, bei Ladestationen für Elektrofahrzeuge als auch im industriellen Einsatz etwa zur Lastspitzenreduktion oder auch in Verbundsystemen mit Wind- und Solarparks im Multimegawatt-Bereich realisierbar.

Heimspeicher werden insbesondere in Verbindung mit Photovoltaikanlagen eingesetzt. Die Speicherleistung dieser Systeme lag in Deutschland 2018 kumuliert bei 0,95 GWh mit stark steigender Tendenz. Insgesamt sind bis Ende 2018 125.000 Anlagen in Betrieb. Dominierende Technik stellen LIB-Systeme dar. (Figgener et al. 2019a) VRFB-Systeme haben im aktuellen Heimspeichermarkt noch keine kommerzielle Bedeutung. (Figgener et al. 2019b)

Die Angabe der installierten Leistung sowie Speicherkapazität in VRFB auf nationaler sowie globaler Ebene ist mit Unsicherheiten verbunden. Amtliche sowie belastbare wissenschaftliche Quellen, die diese Informationen transparent und mit nachvollziehbarer Datenbasis kontinuierlich ausweisen, sind nicht verfügbar. Aus der Auswertung der einschlägigen Veröffentlichungen resultieren entweder nur aggregierte Zahlen für alle elektrochemischen Energiespeicher (vgl. (REN21 2019), (IEA 2020)) oder gar keine spezifischen Angaben (vgl. (WEC 2019), (IEA 2019)). Der Einsatz von Batteriespeichern wird von (Munera und Fukui 2019) für das Jahr 2018 mit 8 GWh angegeben, eine Verdoppelung im Vergleich zu 2017. Die jährlich neu installierte Menge wird mit 85 % den LIB zugerechnet. (Munera und Fukui 2019) geben an, dass insbesondere VRFB eine potenzielle Alternative zu LIB darstellen und die Dominanz des Batteriespeichertyps angreifen könnten, ohne jedoch konkrete Zahlen dazu zu veröffentlichen. Zudem ist die frei verfügbare Datenbank des U.S. Department of Energy zu betrachten. Die Global Energy Storage Database bietet im wesentlichen forschungsrelevante Informationen über netzgekoppelte Energiespeicherprojekte. Die Angaben werden durch einen nicht weiter spezifizierten Review-Prozess verifiziert und nach eigenen Angaben monatlich überprüft (DOE 2020). Die Datenbank enthält Angaben zu unterschiedlichen Batteriespeichertypen. Zur Ermittlung der Zahl der global installierten VRFB-Speicherkapazität wurden die Daten ausgelesen und einer nochmaligen Detailrecherche unterzogen. Die eigene Auswertung und Valdierung der Daten mit Stand November 2019 ergab eine global in Betrieb installierte VRFB Speicherkapazität von 0,17 GWh. In Planung sowie in Bau befinden sich weitere 0,828 GWh Speicherkapazität von VRFB. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass allein ein VRFB-Speicherprojekt in Dalina (China) mit 0,8 GWh geplant ist (vgl. (Gillam 2020)). Die Angaben decken sich mit (Marscheider-Weidemann et al. 2016), die für den Stand 2016 annehmen, dass weltweit unter 1 GWh Speicherkapazität in VRFB installiert sind.

Das Konsortium des EU-Projekts BATSTORM gibt an, dass in den nächsten 10 Jahren die Gefahr eines Versorgungsengpasses mit Vanadiumoxiden auftreten könnte, wenn die erwartungsgemäße Installation von mehreren GWh Speicherkapazität durchgeführt wird (Ecofys 2018b). Eine genaue Quantifizierung der zu erwartenden Speicherkapazität wird von (Ecofys 2018b) nicht vorgenommen. In (Perles 2019) wird eine nicht weiter spezifizierte Hochrechnung des renommierten englischen Analysten Roskill4 zitiert, die nachfolgend dargestellt ist.

Abbildung 19 Prognose des Vanadiumbedarfs und der Speicherkapazität 2020-2030, eigene Darstellung nach (Perles 2019)

Die Vorhersage des zukünftigen Vanadiumbedarfs durch VRFB ist aufgrund der Preissensitivität zum Vanadiumpreis mit großen Unsicherheiten belegt. (vgl. (Perles 2019)). Je nach Szenario wird bis 2030 zwischen 1,3 und 5 GWh installierter Speicherkapazität durch VRFB weltweit ausgegangen. Die angegebenen Vanadiummengen sind jedoch nicht genau nachvollziehbar. Betrachtet man die Wertepaare aus Speicherkapazität und Vanadiummenge, würde eine Menge von rund 5 kg V/kWh angenommen. Dies ist praxisfern (vgl. Kapitel 2.3.2). Es daher davon auszugehen, dass in (Perles 2019) 5 kg V2O5 /kWh angenommen werden. Im weiteren Verlauf der Dissertation wird nur die Speicherkapazität als Parameter zur Einordnung genutzt und der daraus resultierende Vanadium-Gehalt über die Annahme eines Musterelektrolyten abgeleitet (s. Tabelle 16 sowie Kapitel 2.3.2). (Wong und Hackney 2019) nehmen für 2025 einen Vanadiumbedarf von 2.000 t V/a an. Unter Nutzung des Modellelektrolyten wäre damit im Jahr 2025 eine neu zugebaute Speicherkapazität von 0,71 GWh verbunden. (Marscheider-Weidemann et al. 2016) nehmen in einer Hochrechnung an, dass bis 2035 kumuliert 235 GWh VRFB-Speicherkapazität zugebaut werden. Daraus würde eine zusätzliche Vanadiummenge von jährlich 32.000 t bei Annahme einer Stoffmenge von 2,92 kg V/kWh resultieren, die zusätzlich zu den Anwendungen im Bereich der Eisen- und Titanlegierungen sowie der Nachfrage aus der chemischen Industrie bereitgestellt werden müsste. Die Annahme der 235 GWh ist jedoch unter Berücksichtigung der sonstigen Speicher als Extremannahme zu betrachten.

Tabelle 8: Auswertung Speicherkapazität in VRFB, eigene Darstellung


Der Vanadiumelektrolyt ist derjenige Bestandteil in der VRFB, der als potenziell rohstoffintensives System mit Zielkonfliktpotenzial im Zuge der nachhaltigen Energie- und Rohstoffwende zu betrachten ist. Die wichtigsten Eigenschaften des Vanadiumelektrolyten im Hinblick auf den Stand der Forschung und Technik werden nachfolgend beschrieben.

2.3.2 Vanadiumelektrolyt

Der in VRFB genutzte vanadiumhaltige Elektrolyt bestimmt die Speicherkapazität des Batteriesystems. Die Verwendung eines einzigen Metallelements in beiden Halbzellen eliminiert die Kreuzkontaminationsprobleme anderer RFB mit verschiedenen Redoxpaaren und bietet somit eine grundsätzlich unbegrenzte Elektrolytlebensdauer. Wie in Kapitel 2.3.1 dargestellt, speichern Vanadium-Redox-Flow-Batterien die elektrische Energie nicht in den Elektroden, sondern nutzen Elektrolyt als Speichermedium. Durch Volumen und Zusammensetzung des Elektrolyten wird die Kapazität des Gesamtspeichersystems bestimmt wodurch Speicherleistung und -kapazität unabhängig voneinander skalierbar sind. Der Elektrolyt enthält die reduzierten und oxidierten Formen der Vanadiumredoxpaare im Anolyten und Katholyten und dient als Medium zur Aufnahme von Stabilisatoren, die die Leitfähigkeit der Lösung erhöhen, den Stromfluss unterstützen und das Ausfallen von Vanadiumsalzen verhindern sollen. Die Elektrolytphase enthält frei bewegliche Vanadium-Ionen als Redoxpaare in einer schwefelsauren, wässrigen Lösung. (Skyllas-Kazacos et al. 2016), (Wu et al. 2014; Choi et al. 2017) Der Vanadiumelektrolyt unterliegt mit < 1 % p.a. nahezu keiner Selbstentladung (Ausfelder et al. 2015). Dies ermöglicht eine Speicherung über sehr lange Zeiträume und stellt damit eine weitere besondere Stärke von VRFB dar. Die Synthese des Elektrolyts findet entweder über V2O5 oder über VOSO4 statt. Das Ausgangsmaterial VOSO4 wird aufgrund seiner guten Löslichkeit in konzentrierter Schwefelsäure (H2SO4) direkt in dieser gelöst. Ebenso möglich ist die Herstellung auf Basis von pulverförmigem V2O5 mittels elektrochemischer Reduktion direkt in der Zelle. Etabliert ist zudem die chemische Reduktion mittels Reduktionsmitteln wie Oxalsäure. (Skyllas-Kazacos et al. 1989), (Ulaganathan et al. 2016) (Krawietz et al. 2017)

H2SO4 erhöht als Lösungsmittel nicht nur die Ionenleitfähigkeit des Elektrolyten, sondern liefert auch Protonen zur Reduktion von VO+ Ionen. Neben Schwefelsäure können grundsätzlich auch Mischelektrolyte eingesetzt werden. Mischungen aus Schwefelsäure mit Salzsäure, Schwefelsäure mit Methansulfonsäure sind neben nichtwässrigen RFB aus aktiven Metallionen in organischen Elektrolyten in der Literatur beschrieben. (Wu et al. 2014), (Small et al. 2017). Die Mischelektrolyte besitzen jedoch aktuell keine industrielle Relevanz und benötigen noch weitere Versuchsreihen zur Charakterisierung der spezifischen Vor- und Nachteile (Cao et al. 2018). Wie in Kapitel in 2.3.1 dargestellt, bildet Vanadium die notwendigen Redoxpaare als Ladungsträger in der schwefelsauren Elektrolytlösung. Der Strassentransport des Elektrolyten in flüssiger Form ist jedoch nicht der effizienteste Weg. Lösungen für kristalline Elektrolyte die in Pulverform transportiert und am Einsatzort gelöst werden können, sind vorgeschlagen (vgl. (Dormehl und Dutton 2009)), werden zur Zeit jedoch nicht in der Praxis umgesetzt.

Die Löslichkeit der Vanadiumionen bestimmt nicht nur die erreichbare Energiedichte des Elektrolyten, sondern begrenzt auch die Betriebstemperatur. Es kann zu Ausfällungen von Vanadiumverbindungen kommen, da die Löslichkeitsgrenzen sowohl von der Säurekonzentration des Elektrolyten als auch von der Temperatur abhängen (Skyllas-Kazacos 1996). Daher wird eine verdünnte Lösung als Elektrolyt eingesetzt, was wiederum die Energiedichte mindert.

Elektrolytzusätze wie Phosphorsäure, Kaliumsulfat, Harnstoff verbessern die Löslichkeit und sollen die Ausfällung von V-Salzen verzögern sowie den Temperaturbereich erweitern. (Kurzweil und Dietlmeier 2015) Insbesondere die Untersuchung der Temperaturanpassungsfähigkeit der Elektrolyte ist die Grundlage, um die die gezielte Auswahl der Vanadiumkonzentration in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur zu wählen (Xiao et al. 2016). Die Löslichkeit der V5+ Ionen in Schwefelsäure nimmt mit Erhöhung der Gesamtsulfatkonzentration zu und mit Erhöhung der Temperatur ab. Die Löslichkeit der V4+, V3+ und V2+ Ionen zeigen jedoch ein genau gegenläufiges Verhalten. (Cao et al. 2018) Eine Erhöhung der Vanadiumionenkonzentration über 2 M erhöht zwar die Energiedichte, die jedoch durch die Löslichkeit der verschiedenen Vanadiumionen im Temperaturbereich von 10 bis 40 °C begrenzt ist. Die V(II)-, V(III)- und V(IV)-Ionen fallen unter 10 °C als Sulfate aus, so dass ihre Löslichkeit mit steigender Temperatur zunimmt, mit zunehmender Schwefelsäurekonzentration aber aufgrund der gemeinsamen Ionenwirkung der Sulfationen abnimmt. Andererseits können die V(V)-Ionen im positiven Katholyten bei Temperaturen 40 °C zu V2O5 ausfallen (Roe et al. 2016). Die Arbeiten von (Roe et al. 2016) haben gezeigt, dass auch Elektrolyte mit 3 M Vanadium bei entsprechender Nutzung von geringen Zugaben von Stabilisatoren < 5 Gew.-% wie Natriumpolyphosphate, Kaliumphosphat, Ammoniumsulfat und Phosphorsäure realistische technische Potenziale aufweisen. Das thermische Ausfallen von V2O5 aus dem Katholyt konnte stark verzögert werden, jedoch wird weiterhin ein aktives Temperaturmanagement empfohlen. Aktuell auf dem Markt angebotene Elektrolyte haben deshalb eine Zusammensetzung von 1,5–2 M Vanadium in 3–5 M Schwefelsäure (vgl. (Cao et al. 2018), (Choi et al. 2017), (Skyllas-Kazacos et al. 2016), (Gençten et al. 2016), (Jing et al. 2016), (Flox et al. 2015), (Roe et al. 2016)).

Ausgehend von den genannten Konzentrationen ergibt sich für die heute eingesetzten Elektrolyte mit 2 M Vanadium eine Energiedichte von 33 Wh/L (Skyllas-Kazacos et al. 2010), (Cunha et al. 2015) bzw. von 19 bis 38 Wh/L für 1,5–2 M Vanadium in 2 M Schwefelsäure (Noack et al. 2015). Dokumentiert sind auch Konzepte mit 43 Wh/L unter Nutzung von salzsauren Mischelektrolyten (Li et al. 2011a), welche jedoch bisher keine industrielle Anwendung gefunden haben. Kommerziell erhältliche Elektrolyte in Europa werden mit 1,6 M Vanadium angegeben (vgl. (GfE 2019), (Oxkem 2020)). Unter Berücksichtigung der Systemverluste und dem Fakt, dass aufgrund von Energieverlusten und Nebenreaktionen bei extremen Ladezuständen in der Praxis nicht der potenziell mögliche Ladezustand ausgenutzt werden kann (vgl. (Turker et al. 2013a)), verringert sich diese Energiedichte jedoch. Angaben zur realen Energiedichte, welche die genannten Faktoren berücksichtigen, sind in der Literatur nicht bekannt.

Nachfolgende Abbildung fasst belastbare und praxistaugliche Literaturdaten zu den für diese Arbeit wesentlichen Elektrolytparametern wie Energiedichte, Vanadiumkonzentration sowie des Stoffbedarfs der Speicherkapazität zusammen. Mit Hilfe dieser Angaben lassen sich Rechnungen zum Rohstoffbedarf auf unterschiedlichen Ebenen durchführen.


A B C
(Noack et al. 2015). (Tang et al. 2014) (Viebahn et al. 2014)
(Tübke et al. 2015) (Skyllas-Kazacos et al. 2016) (Rydh 1999)
(Skyllas-Kazacos et al. 2010) (GfE 2019) (Tübke et al. 2015)
(Oxkem 2020)
(Cao et al. 2018)
(Choi et al. 2017)
(Roe et al. 2016)

Abbildung 20 Elektrolytparameter, eigene Darstellung

Die Abweichungen in den angegebenen Vanadiumbedarfe der Speicherkapazitäten und Energiedichten der Elektrolyte können in unterschiedlichen Annahmen zu den verwendeten Vanadiumkonzentrationen sowie spezifischen Additiven begründet sein. Der auf Basis von A und B errechnete Stoffbedarf unter Nutzung der Atommasse von Vanadium beträgt 2,34 kg V/kWh5. Die Spannweite der angegebenen Stoffbedarfe, die für die Speicherung einer Kilowattstunde notwendig sind, resultieren aus unterschiedlichen Annahmen zu Energiedichte und Vanadiumkonzentration, aus der sich der Stoffbedarf ergibt. Bei dem im Vergleich zur Berechnung aus A und B in der Literatur angegebenen Median von 3,18 kg V/kWh6 kann von einer Vanadiumkonzentration von 2 M sowie einer Energiedichte von 31 Wh/L ausgegangen werden. Die Werte sind somit nicht falsch, sondern beruhen auf unterschiedlichen Annahmen. Um im weiteren Verlauf der Dissertation eine einheitlichen Zahlenwert zu verwenden, der die Unterschiede in der Literatur berücksichtigt, wird auf Grundlage der Mittelwerte der Literaturauswertung von einem fiktiven Musterelektrolyten von 1,85 M Vanadium, einer Energiedichte von 30 Wh/L sowie einem daraus berechneten Stoffbedarf der Speicherkapazität von 2,83 kg V/kWh7 ausgegangen. Nach (Guthrie 2020) wurden 2019 rund 1 % der aktuellen Vanadiumproduktion für Batterispeicher genutzt. Dies entspricht einer Menge von 816 t/a. Auf Basis des Musterelektrolyten im Jahr 2019 kann somit von einer Produktion von 8 659 m3Elektrolyt ausgegangen werden. Diese Menge entspricht einer Speicherkapazität von 289 MWh dar. Auf Basis der Nachfragezahlen von (Guthrie 2020) für 2019 kann auf Basis des Modellelektrolyten ein Volumen von 10 579 m3Elektrolyt mit 359 MWh Speicherkapazität abgeleitet werden.

Im Fokus der aktuellen Entwicklungsarbeiten stehen nach wie vor die Stabilisierung der Elektrolyte in unterschiedlichen Temperaturbereichen, die Verbesserung der Reaktionskinetik und die Erhöhung der Energiedichte. Stellvertretend sind die grundlegenden Arbeiten von (Krawietz et al. 2017), (Skyllas-Kazacos et al. 2016), (Roe et al. 2016), (Cao et al. 2018), (Chakrabarti et al. 2007), (Choi et al. 2017) zu nennen. Die Erhöhung der Energiedichte und die Elektrolytoptimierung sind bereits seit Anfang der 1990er Jahre zu beobachten (vgl. (Kazacos et al. 1990), (Skyllas-Kazacos 1996)) und stellen nach wie vor eine Herausforderung dar, wie auch aktuelle Veröffentlichungen von (Roznyatovskaya et al. 2019) belegen. Die Untersuchungen hinsichtlich der Zugabe von stabilisierenden organischen (vgl. (Li et al. 2011b), (Leung et al. 2017), (Likit-anurak et al. 2017), (Liu et al. 2014), (Nguyen et al. 2016), (Peng et al. 2012), (Wu et al. 2012)) und anorganischen Additiven (vgl. (Wang et al. 2014), (Wang et al. 2013), (Shen et al. 2015), (Park et al. 2014), (Park et al. 2018)) und die damit verbundene Analyse der Auswirkungen von Fremdionen auf die Löslichkeit der Vanadiumionen und die Stabilität der Elektrolytlösungen, stehen in den vergangenen Jahren im Fokus.

Co-Lösungsmittel oder Additive zur Verbesserung der Stabilität von Vanadiumionen bei hohen und niedrigen Temperaturen sind somit auch erforderlich um die Betriebskosten von VRFBs senken können. Additive mit katalytischer Wirkung für die Redoxreaktionen sind nach (Wu et al. 2014) zur Verbesserung der Energieeffizienz notwendig. Nach wie vor ist nicht abschließend geklärt, welche stabilisierenden Additive die besten Effekte auf den Elektrolyten haben (Cao et al. 2018). Bei der Auswahl der Stabilisatoren kommt erschwerend hinzu, dass nicht alle Stabilisatoren die identischen positiven Effekte auf alle vier Oxidationsstufen ausüben (Ding et al. 2013). Insbesondere diese Forschungsaktivitäten besitzen daher einen großen Einfluss auf die rohstoffwirtschaftliche Betrachtung der Technologie, da mit der Stabilisierung der Elektrolyte ein wesentliches Hemmnis der Marktfähigkeit behoben wäre. Werden Elektrolyte mit höheren Vanadiumkonzentrationen realisierbar, hat dies direkten Einfluss auf den Vanadiumbedarf der Technologie. Indirekt kann aus neuen Anwendungsfeldern wie der mobilen Energiespeicherung ein zusätzlicher Bedarf resultieren.

Die Kosten des Elektrolyten machen bedingt durch den Vanadiumanteil und die benötigte Reinheit zum heutigen Zeitpunkt einen erheblichen Teil der Gesamtsystemkosten aus, insbesondere bei Anwendungen mit hoher Speicherkapazität (Cao et al. 2018), (Viswanathan et al. 2014), (Moore et al. 2015), (Minke et al. 2017). In (Ulaganathan et al. 2016) werden die Kosten für den Elektrolyten sowie die Tankinfrastruktur je nach Speicherkapazität zwischen 35 bis 45 % der Gesamtkosten des VRFB-Systems angesetzt. Wie die nachfolgende Darstellung der grundsätzlichen Kostenstruktur des Gesamtsystems einer VRFB zeigt, ist der Vanadiumelektrolyt mit zunehmender Speicherkapazität der dominierende Kostenfaktor.

Бесплатный фрагмент закончился.

Жанры и теги
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
401 стр. 53 иллюстрации
ISBN:
9783874684385
Правообладатель:
Автор
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают

Новинка
Черновик
4,9
176