Читать книгу: «Untersuchung des Einflusses technologischer Innovationen auf Stoffströme am Beispiel von Vanadium für Redox-Flow-Batterien», страница 5

Шрифт:

2.3 Energiespeichertechnologien

Energiespeichertechnologien entkoppeln den Zeitpunkt des Verbrauchs von der Energieerzeugung und sorgen so für die benötigte Flexibilität zwischen der Energiebereitstellung und der Energienachfrage. (Sterner und Stadler 2017), (Wietschel und Ullrich 2015) Diese Eigenschaft ist für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger (EE) in der Energieversorgung von hoher Relevanz (Chu und Majumdar 2012). Deutschland will den Anteil der regenerativen Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 auf 18 % und bis 2050 auf 60 % erhöhen. Der Anteil der EE für diese Zeiträume soll auf 35 bzw. 80 % steigen. Als technische Herausforderung gilt die Implementierung der fluktuierenden Energieeinspeisung von EE bei gleichzeitig zu gewährleistender Versorgungssicherheit und Netzstabilität (BMWi 2010).

Die Bruttostromerzeugung aus Wind- und Solarenergie ist durch tages-, jahreszeiten- und wetterbedingte Fluktuation charakterisiert. Im Gegensatz zu fossilen Energieträgern, Kernenergie, Wasserkraft oder Biomasse schwankt die Energieerzeugung unmittelbar durch externe Faktoren, sodass eine langfristige Grundlast aus Solar- und Windenergie ohne entsprechende Speicher nicht gewährleistet werden kann. Eine konstant dem Bedarf angepasste Stromversorgung ist essenzielle Grundlage für einen stabilen Betrieb eines Elektrizitätsnetzes. Durch die fluktuierende Stromerzeugung aus Windenergie- und Solaranlagen kann es sowohl zu regionalen Leistungsüberangeboten als auch Unterangeboten kommen. Konsequenzen sind Instabilitäten im Stromnetz. Für die Netzstabilität müssen entsprechend konventionelle, in Reserveleistung stehende Kraftwerke, zugeschaltet oder die Leistung der erneuerbaren Energieträger heruntergeregelt werden. Beides sind Zustände, die in einer intelligenten Stromwirtschaft aus ökonomischen und ökologischen Gründen vermieden werden sollten. Die Energiemenge, die durch temporäres Herunterregeln und Abschalten von Solar- oder Windenergieanlagen zur Vermeidung von Überlastung des Stromnetzes hätte eingespeist werden können, wird als Ausfallarbeit bezeichnet. Nachfolgende Abbildung stellt die Ausfallarbeit in Deutschland dar, die durch das Energieüberangebot anfällt.

Abbildung 12 Entwicklung der Ausfallarbeit 2009 bis 2017, eigene Darsllung nach Datenlage (Bundesnetzagentur 2019a)

Eine Vervielfachung der Ausfallarbeit um den Faktor 75 ist klar ersichtlich. Dominiert wird die Ausfallarbeit durch die Windenergie. Insgesamt musste zur Gewährleistung der Netzstabilität eine Gesamtleistung von rund 5,5 TWhel abgeregelt werden. Dies entspricht etwa 0,9 % der gesamten Bruttostromerzeugung (630,5 TWhel) bzw. 2,5 % des regenerativ erzeugten Stroms (187,4 TWhel) in Deutschland im Jahr 2017 (Bundesnetzagentur 2019a). Gemäß § 15 Absatz 1 des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG)3 müssen Entschädigungszahlungen an die Anlagenbetreiber der abgeregelten Solar- und Windkraftanlagen getätigt werden.

Im Jahr 2018 entstanden durch die Ausfallarbeit Entschädigungsansprüche in Höhe von geschätzten 635,4 Mio. Euro (Bundesnetzagentur 2019b). Diese Entschädigungsansprüche werden über die Netzentgelte von den Letztverbrauchern getragen, allerdings wird der wesentliche Teil dieser Kosten durch die Reduktion der ebenfalls vom Netznutzer zu zahlenden EEGUmlage kompensiert, da abgeregelte Anlagen keine Vergütung oder Marktprämie nach dem EEG erhalten (Bundesnetzagentur 2019b). Im Zug des politisch fixierten und geforderten fortschreitenden Ausbaus der erneuerbaren Energieträger kann davon ausgegangen werden, dass die Höhe der Ausfallarbeit in Zukunft parallel zum Ausbau der Wind- und Solarenergienutzung und dem Ausstieg aus der Verstromung von fossilen Energieträgern weiter zunehmen wird. Die Höhe sowie Spannweite der prognostizierten Stromüberangebote bis 2050 wird in Abbildung 13 auf Grundlage der Ergebnisse verschiedener Szenarien aus unterschiedlichen Studien dargestellt.

Abbildung 13 Prognosen der zu erwartenden Stromüberschüsse in Deutschland, nach (Sterner und Stadler 2017)

Das Stromüberangebot im Jahr 2050 bei einer zu 80 bis 85 % auf erneuerbaren Energieträgern beruhenden Stromversorgung beträgt demnach ca. 18 TWhel (Sterner und Stadler 2017). Um sowohl eine Reduktion der Ausfallarbeit zu vermeiden als auch den Ausbau der Windund Solarenergienutzung gewährleisten, muss das Energieversorgungssystem um Technologien und Maßnahmen erweitert werden, die Stromerzeugung und Stromverbrauch zeitlich sowie räumlich flexibel ermöglichen. Drei wesentliche Themen sind dafür essenziell (vgl. (Sterner und Stadler 2018, 2017), (Weniger et al. 2015), (Wesselak et al. 2013), (Doetsch et al. 2014)):

 Ausbau des Stromnetzes (Räumliche Entkopplung)

 intelligentes Lastmanagement (Demand-Side-Management)

 Energiespeichersysteme (Zeitliche Entkopplung)

Energiespeichertechnologien bieten diese notwendige Flexibilitätsoption zur Entzerrung von Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur und tragen somit zu Stabilität und Nutzbarkeit der regenerativen Energien bei. Stromüberschüsse allein führen jedoch nicht zwingend zur Investition in Stromspeicher (vgl. (Doetsch et al. 2014), (Sterner et al. 2014)). Die erforderliche Speicherleistung hängt im Wesentlichen von der Flexibilisierung des Stromsystems und von den Variablen der Entwicklung des Lastmanagements sowie des Ausbaus der erneuerbaren Energieträger und deren Art ab. Der Ausbau der Netzinfrastruktur und die Implementierung eines intelligenten Lastmanagements gewährleistet ein stabiles Stromversorgungssystem bis zu einem Anteil von etwa 40 % erneuerbarer Energieträger im System. Bei einem weiter steigenden Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromversorgung ist eine kurz- bis mittelfristige zeitliche Entkopplung von Stromerzeugung und Stromverbrauch durch Speicher mit Speicherdauern zwischen 2-6 Stunden notwendig. Ab ca. 90 % erneuerbarer Energieträger im Stromnetz sind zudem saisonale Langzeitspeicher wie Power-to-Gas erforderlich. (Felberbauer et al. 2012), (Haas und Ajanovic 2013) (Sterner und Stadler 2017) Simulationen gehen bei einem Anteil von 80 % erneuerbarer Energien im deutschen Stromnetz von etwa 14 GW bzw. 70 GWh an Kurzzeitspeichern und ca. 18 GW bzw. 7,5 TWh an Langzeitspeichern zusätzlich zu den heute installierten Speichern aus. Jedoch wird hier von einer Inselbetrachtung des deutschen Stromnetzes ausgegangen, in dem der Ausgleich über das europäische Verbundnetz nicht betrachtet wird. Damit ist davon auszugehen, dass der eigentliche Speicherbedarf in Deutschland deutlich geringer ausfallen wird. (Viebahn et al. 2014) nennen in zwei Szenarien jeweils einen Batteriespeicherbedarf für Deutschland im Jahr 2030 von 26 bzw. 52 GWh. Der Technologiemix ist dabei jedoch nicht explizit ausgewiesen. In Deutschland sind zurzeit 99 % der vorhandenen Speicherkapazität in Form von Pumpspeichern installiert, die zwischen 37,6 und 40 GWh angegeben wird (vgl. (BVES 2016, 2016), (Deutscher Bundestag 2017)). Weltweit sind in Pumpspeichern rund 9.000 GWh Speicherkapazität verfügbar (vgl. (IHA 2018)), von denen im Jahr 2019 4.200 GWh genutzt wurden (IHA 2019). (Thielmann et al. 2017) geben für 2017 im Vergleich eine weltweite Batterienachfrage von rund 500 GWh an, die maßgeblich durch Bleibatterien (350-400 GWh) gefolgt von Lithium-Ionen-Systeme gedeckt wird.

Je flexibler das Lastmanagement durch die intelligente Steuerung von Wärmepumpen, Elektromobilität und Klimatisierung gesteuert werden kann, desto weniger Kurzzeitspeicher sind notwendig. Je größer der Anteil der fluktuierenden erneuerbaren Energieträger wie Sonne oder Wind gegenüber den grundlastfähigen wie Geothermie oder Biomasse ist, desto mehr Speicher sind notwendig. Ein wirtschaftliches Optimum nach heutigen Hochrechnungen wird bei einer Speicherleistung von 8,5 GW in Europa erreicht. (Sterner und Stadler 2017) Die zeitliche Entkopplung durch Energiespeichertechnologien in einem durch fluktuierende erneuerbare Energieträger geprägten Energiesystem stellt den Rahmen der in dieser Dissertation behandelten Forschungsfrage. Energiespeichertechnologien werden nachfolgend thematisch näher eingeordnet.

Energieangebot und Energiebedarf müssen zu jeder Zeit ausgeglichen sein. Um den Energieüberschuss temporär zu speichern und diese Energie bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen, sind Speicherlösungen notwendig. Energiespeicher dienen der Netzunterstützung und fungieren als Sicherung gegen Stromausfälle oder Schwankungen bei der Versorgungsqualität. Insbesondere erneuerbare Energieträger können durch Energiespeicher in das Netz integriert werden, ohne Risiken der fluktuierenden Einspeisung einzugehen und die Netzstabilität zu gefährden. Lokale und zeitliche Überkapazitäten als auch Engpässe können durch Speicheranlagen gemildert werden. (Yang et al. 2011) Die zunehmende Elektrifizierung industrieller Prozesse, der Mobilität und auch des Alltags macht den Einsatz von Energiespeichersystemen notwendig. Der Einsatz von Energiespeichern, insbesondere der von elektrischen Energiespeichern, kann die dargestellten Herausforderungen durch dezentrale Energiegewinnung und industrielle elektrochemische Prozesse reduzieren und die Leistungsfähigkeit und Stabilität des Energiesystems sichern. (Chen et al. 2009)

Da die Entkopplung von Erzeugung und Nutzung von Energie in spezifischen Anwendungsgebieten und Netzebenen erforderlich ist, existieren im heutigen Energiesystem Speicher in unterschiedlichen Größenordnungen und Eigenschaften hinsichtlich Entladezeit und Nennleistung. Anwendungen für Informations- und Kommunikationstechnologien stellen andere Ansprüche an Speichertechnologien als Verkehrsmittel oder Netzbetreiber und produzierendes Gewerbe. (Wesselak et al. 2013) Kein Speichersystem erfüllt alle Voraussetzungen für ein ideales Speichersystem, welches eine lange Lebensdauer, niedrige Kosten, hohe Leistungs- und Energiedichte und Umweltfreundlichkeit erfordert.

Unter einem Energiespeicher wird ein System verstanden, das eine Energiemenge kontrolliert aufnehmen (Beladung), sie über einen anwendungsbezogenen Zeitraum in einem Speichermedium zurückhalten (Speicherung) und in einem gewünschten Zeitraum wieder kontrolliert abgeben kann (Entladung). (Ausfelder et al. 2015) Energiespeichertechnologien sind auf Grundlage verschiedener physikalischer und chemischer Prinzipien konstruiert und werden auf unterschiedlichen Netzebenen und in unterschiedlichen Anwendungen benötigt (Schüth und Eichel 2014). Entsprechend der gestellten Anforderungen stehen verschiedene Speicherkonzepte auf identischen Netzebenen und Technologiefeldern in Konkurrenz oder ergänzen sich auf Grundlage ihrer technologiespezifischen Eigenschaften. Die Klassifizierung der Speichersysteme kann sowohl auf Basis des jeweils zugrundeliegenden naturwissenschaftlichen Prinzips als auch nach Einsatzgebiet im elektrischen Netz, nach Leistungsklasse und Speicherkapazität, Ausspeicherzeit, Systemanforderungen, Wirkungsgrad und Zyklenfestigkeit, der anzuschließenden Netzebene und dem Kostenaufwand erfolgen. (Sterner und Stadler 2017), (Wesselak et al. 2013), (Garche et al. 2015)

Energiespeicher werden in sektorale und sektorenkoppelnde, sowie in primäre und sekundäre Strom-, Wärme-, Gas- und Kraftstoffspeicher unterteilt. Primäre Energiespeicher können nur einmal geladen und entladen werden, wohingegen bei sekundären Energiespeichern ein Wiederaufladen möglich ist. Beispiele für primäre Speicher sind fossile Brenn- und Kraftstoffe. Akkumulatoren und Batterien stellen Vertreter der sekundären Speicher dar. Unter sektoralen Energiespeichern ist die Anwendung in nur einem der spezifischen Energiesektoren definiert. Pumpspeicher für Strom, Pufferspeicher für Wärme sowie Kraftstofftanks für den Mobilitätsbereich sind Beispiele. Sektorenkoppelnde Speichervarianten wie das Powerto-X Prinzip agieren übergreifend, in dem sie Strom als Primärenergie in Rohstoffe und Produkte als stoffliche Energiespeicher, Energieträger, Wärme oder Kälte umwandeln. (Zapf 2017), (Ausfelder und Dura 2018)

Eine weitere Klassifizierung erfolgt nach der physikalischen Form der gespeicherten Energie, wozu eine Aufteilung nach elektrischer, mechanischer, thermischer und chemischer Energie erfolgt (Sterner und Stadler 2017), (Zapf 2017), (Elsner und Sauer 2015). Eine Übersicht über die physikalisch-energetische Klassifizierung bietet die nachfolgende Abbildung.

Abbildung 14 Klassifikation Energiespeichertechnologien, eigene Darstellung nach (Sterner und Stadler 2017), (Wesselak et al. 2013) und (Zapf 2017)

Eine Aufstellung verschiedener Energiespeichertechnologien hinsichtlich der jeweiligen Speicherkapazität und Ausspeicherzeit ist in Abbildung 15 dargestellt.

Abbildung 15 Speicherkonzepte in Bezug auf Speicherkapazität und Ausspeicherzeit, (Sterner und Stadler 2017)

(Aneke und Wang 2016), (Luo et al. 2015), (Alotto et al. 2014), (Guney und Tepe 2017) sowie (Gür 2018) bieten einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Varianten der zur Zeit in Industrie und Forschung diskutieren Energiespeichersysteme, deren Funktionsprinzipien sowie Eigenschaften. Die Energiespeicherforschung konzentriert sich derzeit überwiegend auf das Erreichen hoher Energiewirkungsgrade und niedriger Selbstentladeraten, was insbesondere für mobile Anwendungen – aber auch für den stationären Gebrauch – wichtig ist. Eine Schlüsselrolle wird dabei der Li-Technologie zugesprochen. Doch auch die Entwicklung lithiumfreier Technologien wird vorangetrieben. Seit 2010 sind die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Feld der Batterietechnologien, gemessen an der Anzahl wissenschaftlicher Publikationen und Patente um 30 % gewachsen. (Thielmann et al. 2015) Die in der Fragestellung der Dissertation betrachtete Energiespeichertechnologie des Typs einer Redox-Flow-Batterie ist den elektrochemischen Energiespeichersystemen zuzuordnen. Klassifikation und Funktionsprinzipien des RFB Speichertyps werden nachfolgend in Kapitel 2.3.1 dargestellt.

2.3.1 Vanadium-Redox-Flow-Batteriespeicher

RFB gehören zu den elektrochemischen Energiespeichern. Elektrochemische Energiespeicher basieren auf dem Prinzip der galvanischen Zelle und der auf Redoxreaktionen basierenden Umwandlung von elektrischer Energie in chemische Energie und Wärme (Mortimer et al. 2015). Die allen auf Redoxreaktionen beruhenden elektrochemischen Energiespeichern zugrundeliegende Gleichung ist nachfolgend dargestellt.

Abbildung 16 Redoxreaktion in elektrochemischen Energiespeichern

Die Entladung des elektrochemischen Speichers erfolgt durch die Umkehrung der Redoxreaktion. An zwei über einen Ionen- und einen Elektronenleiter getrennten Elektroden unterschiedlicher Polarität, finden die Teilreaktionen statt. Eine ionendurchlässige Membran trennt die zwei Halbzellen räumlich. Aus dem unterschiedlichen elektrochemischen Potenzial der Elektroden resultiert die Zellspannung. Durch Verbindung der Elektronenleiter findet die eigentliche Redox-Reaktion statt. Die Elektronen aus der Oxidation an der Anode gehen zur Reduktion an der Kathode über. Ein Ausgleich der unterschiedlichen Ladungen der Elektroden geschieht mit dem Ionenstrom durch Elektrolyt und Separator. Durch den externen Elektronenübergang und den internen Ionenaustausch wird der Stromkreis geschlossen und es fließt Gleichstrom, sodass sich die galvanische Zelle entlädt. Die Ladung des Akkumulators resultiert aus der Umkehrung des Prozesses, indem die chemischen Verbindungen unter Einwirkung elektrischen Stroms aufgespalten werden. Durch diese Elektrolyse nehmen die beiden Elektroden wieder unterschiedliche Potenziale an. (Kurzweil und Dietlmeier 2015), (Sterner und Stadler 2017), (Wesselak et al. 2013).

In der heutigen industriellen Anwendung finden sich sowohl Systeme auf Grundlage nichtreversibler Redoxreaktion (Primärzellen/Batterien) als auch reversibler Redoxreaktion mit begrenzter Zyklenanzahl (Sekundärzellen/Akkumulatoren) sowohl mit internem Speicher als auch mit externem Speicher. Ein externer Speicher hat den Vorteil einer unabhängigen Dimensionierung von Energie und Leistung durch entsprechend flexible Dimensionierung von Speicher- und Wandlereinheit. Für diesen Speichertyp steht exemplarisch das technisch am weitesten verbreitete Redox-Flow-System. Akkumulatoren mit internem Speicher werden zudem nach ihrer Betriebstemperatur in Niedertemperatur- und Hochtemperatur-Akkumulatoren unterschieden (Wesselak et al. 2013). Primärzellen wie Batterien basieren auf nicht- oder nur in sehr begrenztem Umfang reversiblen Redoxreaktionen. (Sterner und Stadler 2017), (Wesselak et al. 2013)

Die Funktion der RFB basiert auf unterschiedlich geladenen und in wässrigen Lösungen vorliegenden Ionen. Energiespeicher und galvanische Zelle sind im Fall der RFB voneinander getrennt. Die im Niedertemperaturbereich arbeitenden RFB speichern die elektrische Energie extern. Die redoxaktiven Stoffe liegen in den meisten Verfahrenstypen von RFB in strömenden Medien vor (engl. Flow), die als namensgebende Grundlage für die Technologie dienen. Die wässrigen Lösungen sind aufgrund des unterschiedlichen Redoxpotenzials der enthaltenen aktiven Materialien der flüssige Energieträger des Systems und werden als Elektrolyt bezeichnet, in welchem – im Gegensatz zu Blei- oder Lithium-Ionenspeichern – die Energiespeicherung stattfindet. Die generellen Vorteile der Energiespeicherung mit einer RFB sind die unabhängige Skalierbarkeit von Energie und Leistung, der einfache Aufbau sowie der nicht vorhandene Memory-Effekt. Aufgrund der Lagerung der aktiven Materialien in externen Tanks tritt eine sehr geringe Selbstentladung auf. Damit eigenen sich RFB grundsätzlich als Speichersystem für Mittel- oder Langzeitanwendungen (Wesselak et al. 2013).

Das Grundprinzip der Redox-Flow-Batterietechnologie (dt. Flussbatterien) zur elektrochemischen Speicherung elektrischer Energie wurde 1949 in einem Patent von (Kangro 1949) beschrieben. Als gelöste Redoxpaare werden Cr3+/Cr2+ und CrO42-/Cr3+ in einem wässrigen Elektrolyten durch räumliche Trennung an unterschiedlichen Elektroden entsprechend reduziert oder oxidiert. In den 1970er Jahren konkretisierte sich durch (Ashimura und Miyake 1971) die Redox-Brennstoffzellenkathode in Verbindung mit durchströmten porösen Kohlenstoffelektroden. Die National Aeronautics and Space Administration (NASA) hat im Rahmen des 1973 gegründeten Lewis Research Center in mehreren Arbeitsgruppen (vgl. (Thaller 1974), (Hoberecht und Thaller 1981)) weiterführend verschiedene Redox-Paare und Elektrodenmaterialien für die RFB-Anwendung charakterisiert. Die Technologie wurde maßgeblich vor dem Hintergrund der Zwischenspeicherung von Solarenergie auf dem Mond weiterentwickelt. Einen genauen Überblick der technologischen Entwicklung im Zeitverlauf geben (Skyllas-Kazacos et al. 2011) sowie (Bartolozzi 1989). In den letzten 20 Jahren wurden unterschiedliche Varianten der Technologie in der Literatur diskutiert. Stellvertretend sind die Arbeiten von (Ponce de León et al. 2006), (Nguyen und Savinell 2010), (Weber et al. 2011), (Skyllas-Kazacos et al. 2011), (Leung et al. 2012), (Alotto et al. 2014), (Su et al. 2015a) sowie (Shiokawa et al. 2000) zu nennen. Mittlerweile sind nach (Tübke et al. 2015) und (Noack et al. 2015) 58 verschiedene Typen von RFB in der Fachliteratur beschrieben. Von diesen sind jedoch nur die Konzepte mit den Redoxpaaren Fe/Cr-, Zn/Br- und V kommerzialisiert (vgl. (Weber et al. 2011), (Perry und Weber 2016). Einen umfassenden Überblick zum aktuellen Stand der Forschung bieten (Winsberg et al. 2017).

Nach Definition werden Stoffe und Stoffgemische, in denen sich geladene Atome oder Moleküle frei bewegen können, als Elektrolyt bezeichnet. In der elektrochemischen Verfahrenstechnik werden Elektrolyte nach ihrer spezifischen Ionenleitfähigkeit in fünf Systeme unterteilt. Dabei sind Polymer-, Fest- und Gelelektrolyte sowie Salzschmelzen und Elektrolytlösungen voneinander zu unterscheiden. In der Prozesstechnik einer Redox-Flow-Batterie kommen grundsätzlich wässrige Elektrolytlösungen zum Einsatz, die durch Lösen von festen Salzen in einem flüssigen Lösungsmittel hergestellt werden. Elektrolytlösungen werden weiterhin je nach Art der eingesetzten Salze und Lösungsmittel in organische und anorganische Systeme gegliedert, wobei diese wiederum in wässrige und nicht-wässrige Systeme eingeteilt werden. (Schmidt 2004) Im Fall der RFB sind die genutzten Elektrolyte meist als wässrige Elektrolytlösungen zu charakterisieren. Nicht-wässrige RFB sind unter anderem in (Gong et al. 2015) und (Darling et al. 2014) näher beschrieben, besitzen jedoch ähnlich der organischen RFB aktuell keine Marktreife, obwohl vielversprechende Energiedichten erreicht werden können (vgl. (Zhang et al. 2018b), (Winsberg et al. 2017)).

Grundsätzlich werden im Betrieb von RFB zwei Elektrolyte in separaten Kreisläufen durch eine gemeinsame elektrochemische Zelle gepumpt. Eine Einzelzelle besteht aus zwei Elektroden (Anode und Kathode) und einer ionenleitenden Membran, welche die unterschiedlich geladenen Elektrolyte (Anolyt und Katholyt) trennt. Die elektrische Energie wird somit in den Elektrolyten und nicht in den Elektroden gespeichert. Einzelzelle oder Zellenstapel werden als Leistungsteil des RFB-Systems bezeichnet. Höhere Spannungen können erzielt werden, in dem mehrere Einzelzellen zu einem Zellenstapel (engl. Stack) zusammengeschaltet werden. Im Stack findet bei Systembetrieb (Laden, Entladen, Laden) durch die Membran der Austausch oxidierbarer oder reduzierbarer Ionen im Anoden- und Kathodenraum statt. Der Elektronenübergang aus der Redoxreaktion wird an den Elektroden in Gleichspannung abgegriffen. Die Elektrolyte zirkulieren voneinander unabhängig durch die Halbzellen, die durch eine selektiv durchlässige Membran voneinander getrennt sind. In dieser galvanischen Zelle werden sie oxidiert beziehungsweise reduziert und geben elektrische Energie ab. Die Speicherleistung kann demnach über die Kontaktfläche der Elektrolyte mit der Membran skaliert werden. Die Elektrolyte sind außerhalb des Stacks in zwei getrennten Vorratstanks gelagert, die den Speicherteil darstellen. Diese Eigenschaft ist der wesentliche technischen Vorteil des RFB-Systems. Die Leistung einer RFB wird somit von der Zellgröße definiert, die Energiespeicherfähigkeit durch die Elektrolytspezifikationen und Menge. Leistung (kW) und Arbeit (kWh) können bedarfsorientiert individuell angepasst werden und sind unabhängig voneinander skalierbar. (Noack et al. 2015).

Das RFB-System kann mit unterschiedlichen Redox-Paaren betrieben werden. Hierzu zählen insbesondere Eisen-Titan-, Eisen-Chrom-, Zink-Chlor-, Zink-Brom, Natrium-Brom, Vanadium oder Brom-Polysulfid-Kombinationen. Nachfolgende Tabelle stellt die wichtigsten Typen der RFB und die Kombinationsmöglichkeiten von Anode, Kathode und Elektrolyt zusammen.

Tabelle 6: Verschiedene RFB-Typen und Eigenschaften, nach (Ulaganathan et al. 2016)


RFB-Typ Elektrolytsystem Energieeffizienz [%]
Fe/Cr HCL 73
V/V H2SO4 83-87
Zn/Ce CH3SO3H 75
Zn/Br ZnBr2-Öl 69,4
Fe/V H2SO4 80
Br/V H2SO4 k. A.
Polysulfide/bromine NaOH k. A.
Mn/V H2SO4 63
Zn/Ce CH4O3S 50
Pb/Ce CH4O3S 83
Pb CH4O3S 65
Fe/Fe FeCl >45
Zn/I ZnI2(aq) >80

Hohe Lebensdauer und Zyklenfestigkeit sowie die Möglichkeit der Tiefenentladung sind weitere Vorteile. Nachteile der RFB sind die im Vergleich zu anderen Speichersystemen geringen Energie- und Leistungsdichten sowie instabile Elektrolyte, wodurch insbesondere bei kleinen Systemen und kurzen Speicherzeiten die spezifischen Energiekosten ungünstig sind (Kurzweil und Dietlmeier 2015). Die nachfolgende Tabelle zeigt einen Vergleich der RFB auf Basis relevanter Kenngrößen mit anderen elektrochemischen Speichersystemen sowie einem klassischen Pumpspeicher.

Tabelle 7: Vergleich elektrochemischer Speichertechnologien, eigene Darstellung


Einheit Blei-Säure LIB VRFB Pumpspeicher
Spez. Energiedichte [Wh/kg] 25-401 130-2602 19-383 k.A.
Wirkungsgrad [%] 80-854 >955 75-854 69-836
Selbstentladung [-] 3-5 % pro Monat4 3-5 % pro Monat4 1 % p.a.7 k.A.
Lebensdauer, zyklisch [Zyklen] 9008 35008 > 15 0007 k.A.
Lebensdauer, kalendarisch8 [a] 2,6 10 15 > 25
Gesamtprojektkosten 20188 [USD/kWh] 358-631 393-581 686-1.307 165
Gesamtprojektkosten 20258 [USD/kWh] 319-540 308-419 555-951 k.A.

1(Sterner und Stadler 2017), 2(Kim et al. 2019), 3(Noack et al. 2015), 4(Sauer et al. 2013), 5(Leuthner 2013), 6(Conrad et al. 2014), 7(Volterion 2019), 8(Mongird et al. 2019)

Falls unterschiedliche Elektrolyte und Redox-Paare eingesetzt werden, besteht zudem das Risiko der Kreuzkontamination und ein damit verbundener Energieverlust. Einfluss auf die zukünftigen Anteile der RFB im Energiesystem sind die Kosten der Stromspeicherung. Eine Strategie zur Realisierung der Kostensenkung ist die Senkung der Kosten der ausgespeicherten Energie, was durch die Erhöhung der Nutzungsdauer und die Verringerung der Herstellungskosten erreicht werden kann (Thielmann et al. 2017). Die flächenspezifische Leistungsdichte kommerzieller VRFB beträgt zwischen 50 und 100 mW/cm2. Dies ist ungefähr um den Faktor zehn geringer als bei PEM-Brennstoffzellen (Noack et al. 2015). Im Gegensatz zu Brennstoffzellen können basierend auf den dargestellten technischen Grundlagen die Redox-Reaktionen jedoch elektrochemisch umgekehrt werden, womit RFB je nach Prozesstyp und Stromrichtung jede Art von elektrochemischen Energiewandlern und –speichern darstellen können (Noack et al. 2015).

Die Forschungsschwerpunkte im Bereich der RFB-Technologie können nach Anwendungsperspektive gegliedert werden. Ziele deren Einsatzes als Großspeicher für Netzdienstleistungen (z. B. Lastverschiebung) sowie die Skalierbarkeit auf große Leistungen und hohe Speicherkapazität (vgl. (Viebahn et al. 2014). Aktuelle Ansätze zur Steigerung der Energiedichte sind etwa organische RFB (vgl. (Leung et al. 2017)) oder Anodenkonzepte wie die Zink-Luft Flow Zelle (vgl. (Stock et al. 2019). Verbesserungen der Elektrodenmaterialien, z. B. durch vergrößerte Reaktionsoberflächen und geeignete Oberflächenaktivierung der Elektroden (vgl. (Langner 2016)) sowie die Weiterentwicklung der Ionenaustauschermembran (vgl. (Zeng et al. 2019), (Ding et al. 2013)) versprechen Fortschritte in der Leistungsdichte von RFB. Weiterer Forschungsbedarf zur Optimierung der Wandlerauslegung, um Bypass-Ströme und Pumpenverluste zu reduzieren besteht ebenfalls (vgl. (Alotto et al. 2014)). Die in Kapitel 1 dargestellte Forschungsfrage fokussiert das Prinzip des Vanadium-Redox-Flow-Speichers, sodass nachfolgend die technischen Grundlagen der VRFB konkreter dargestellt werden.

Жанры и теги
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
401 стр. 53 иллюстрации
ISBN:
9783874684385
Правообладатель:
Автор
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают

Новинка
Черновик
4,9
177