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Kapitel 8

Elouan Le Gripp betrachtete den Monitor und lauschte intensiv den Gesprächen. Er hoffte Anzeichen von Ermüdungserscheinungen zu sehen, um die drei Verbrecher zur Aufgabe bewegen zu können. Bis jetzt waren diese aber ausgeblieben. Lediglich der Mann, der als Marc angesprochen wurde, schien verunsichert zu sein. Elouan überlegte, ob er sich noch einmal bei dem Wortführer melden sollte. Der Mann hatte in den letzten Minuten nervöser gewirkt, denn er sah beständig auf seine Uhr.

Auch Elouan sah auf seine Uhr und stellte fest, dass das Ultimatum langsam ablief. Serge Quinnec betrat den Überwachungswagen und kam auf sie zu.

„Und? Was sagen die Herrschaften?“

„Sie haben gerade eine Autoplane gefunden und wollen sich mit den Geiseln auf dem Weg zum Hubschrauber darunter verbergen.“

„Merde, das ist nicht gut. Ich habe gehofft, dass wir sie auf dem Weg kriegen. Ich habe unbedingt verhindern wollen, dass sie wirklich wegfliegen.“

„So wie es aussieht, werden wir sie nicht daran hindern können.“

„Die kommen nicht weit. Auch bei der Flucht mit dem Hubschrauber wissen wir ständig wo sie sich aufhalten. Sobald sie die letzte Geisel freilassen, schlagen wir zu.“

„Noch ist es aber nicht so weit, Monsieur Quinnec“, meinte Elouan und sah wieder auf den Monitor.

Denis Maubert schien unruhiger zu werden. Elouan konnte sehen, dass der Mann sichtlich nervös hin und her ging und immer wieder auf die Uhr sah.

Der Fluglärm des sich nahenden Hubschraubers war im Überwachungswagen jetzt deutlich zu hören. Noch verdeckten die Häuser die Sicht auf ihn. Er näherte sich dem vorgesehenen Landeplatz, dem Parkplatz, la Place de la Résistance, am Ende der Straße. Jetzt dauerte es nicht mehr lange, bis die Geiselnehmer das Ladenlokal verließen.

Auch in der Bijouterie war der Lärm zu hören. Elouan sah, dass Denis durch einen Schlitz im Vorhang nach oben zu sehen versuchte.

„Ich werde noch einmal mit dem Mann sprechen“, sagte Elouan zu Serge Quinnec und deutete dabei auf Denis Maubert.“

„Glauben Sie, dass Sie ihn zur Aufgabe bewegen können?“

„Das schaffe ich vielleicht nicht, aber ich würde gerne versuchen, ihn weiter zu verunsichern.“

„Versuchen Sie es, ich wäre froh, wenn sie aufgeben würden. Ich will möglichst kein Blutvergießen.“

Elouan griff zum Headset und ließ sich erneut mit Denis verbinden.

Als das Telefon klingelte schrak Denis zusammen. Er hatte nicht mehr mit einem erneuten Anruf gerechnet.

„Was ist?“, meldete er sich barsch.

„Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass der Hubschrauber eingetroffen ist. Wir warten jetzt noch auf den Geldtransporter.“

„Geldtransporter? Willst Du mich verarschen? Wozu braucht ihr einen Geldtransporter für die halbe Million?“

„So sind die Vorschriften, alle Beträge über 100.000 Euro müssen wir mit einem Geldtransporter überbringen lassen. Der Wagen wird bestimmt in den nächsten dreißig Minuten hier sein.“

„Dreißig Minuten? Die Zeit ist abgelaufen. Ihr hattet mehr als genug Zeit das Geld zu beschaffen. Ich werde in den nächsten Minuten eine Geisel erschießen. Ihr scheint mich nicht verstanden zu haben. Das ist ein Ultimatum gewesen und kein Würfelspiel mit ständig neuen Chancen.“

„Jetzt beruhigen Sie sich. Der Hubschrauber ist schon da, das Geld wird bestimmt gleich eintreffen. In der Zwischenzeit können wir uns noch darüber unterhalten, wie Sie sich den Geiselaustausch vorgestellt haben.“

„Geiselaustausch?“

„Ja, Sie haben uns zugesagt, drei Geiseln freizulassen.“

„Ach so, ja die drei Frauen, die kriegen Sie, sobald wir mit dem Geld und den restlichen Geiseln im Hubschrauber sitzen.“

„Sie könnten uns die Geiseln doch sofort übergeben, dann brauchen Sie sich um die nicht mehr zu kümmern, wenn Sie sich auf den Weg machen.“

„Du hältst mich wohl für total bescheuert, wir gehen alle gemeinsam zum Hubschrauber, erst dort lassen wir die Frauen frei.“

„Gut, also ihr geht zusammen zum Hubschrauber. Das Geld, sollen wir euch das Geld zum Hubschrauber bringen lassen oder hierher?“

„Ich will das Geld hier haben. Zuerst will ich die Scheinchen sehen. Ich lass mich von euch nicht für dumm verkaufen.“

„Geht in Ordnung, dann kümmere ich mich um das Geld. Ich melde mich in wenigen Minuten wieder.“

„Du hast höchstens fünf Minuten, dann knallt’s hier.“

„Der Wagen wird gleich eintreffen, jetzt beruhigen Sie sich. Nur keine Aufregung.“

„Sie versuchen nur Zeit zu schinden, ich kenne die Methoden. Fünf Minuten!“

Elouan drehte sich um und sah Serge an.

„Das Geld ist hier in dem Koffer.“ Serge zeigte auf den Alu-Koffer.

„Der Koffer ist präpariert, aber das Funksignal reicht höchstens drei Kilometer. Mit einem Wagen wäre die Verfolgung einfacher gewesen.“

„Gut, dann sage ich ihnen, dass das Geld eingetroffen ist. Wer soll es zum Laden bringen?“

„Das sollten am besten meine Männer machen, die tragen Schutzanzüge. Wir können nicht wissen, wie die Geiselnehmer reagieren. Ich möchte nicht, dass noch jemand verletzt wird.“

Elouan nickte zustimmend und ließ sich erneut mit Denis Maubert verbinden.

„So Monsieur, das Geld ist gerade eingetroffen. Wir lassen es Ihnen bringen. Öffnen Sie uns bitte die Tür.“

„Nicht so schnell, Sie bringen den Koffer an die Tür und stellen ihn direkt vor der Tür ab und zwar so, dass ich ihn reinziehen kann sobald ich die Tür öffne. Sobald der Koffer an der Tür steht, verzieht ihr euch sofort. Erst wenn ich keinen von Euch mehr sehe, öffne ich die Tür.“

„Okay, ich habe verstanden.“

Elouan legte auf und sah Serge an.

„Der geht wirklich auf Nummer sicher.“

„Vorsichtig ist der Typ, das muss ich schon sagen“, antworte Serge und übergab den Koffer einem seiner Männer, den er gerade zu sich gebeten hatte.

Der Mann ging mit dem Koffer vorsichtig und langsam zur Eingangstür der Bijouterie. Dann platzierte er den Geldkoffer unmittelbar neben dem Türspalt und ging vorsichtig zurück. Er ließ die Tür nicht aus den Augen. Jederzeit konnte die Tür geöffnet werden. Er versuchte, auf jeden Angriff vorbereitet zu sein. Die Ladentür blieb geschlossen. Als er auf der anderen Straßenseite angelangt war, verbarg er sich hinter einem abgestellten Fahrzeug.

„Jules, du beobachtest die Straße und achtest darauf, dass sich niemand der Tür nähert, wenn ich jetzt aufsperre.“

Serge Quinnec und Elouan Le Gripp verfolgten das Gespräch und sahen permanent auf den Monitor.

Denis Maubert ging zur Eingangstür, die Pistole im Anschlag. Er drehte den Schlüssel vorsichtig im Schloss, bis ihm ein leichtes Knacken verriet, dass die Tür jetzt geöffnet war. Vorsichtig drückte er die Klinke nach unten und zog die Tür einen Spalt breit auf. Sein Blick ging zuerst nach unten zum Koffer, dann auf die Straße. Es war niemand zu sehen. Denis ging in die Hocke, ergriff mit der linken Hand den kleinen Alu-Koffer und zog ihn durch den Türspalt in den Laden. Dann verschloss er die Tür sofort wieder.

Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er jetzt den Koffer in der Hand hielt. Er sah seine Komplizen an.

„Na, was habe ich euch gesagt? Das wird klappen, wir kommen hier raus und haben eine Menge Kohle für die nächste Zeit.“

Denis öffnete den Koffer und sah auf die gebündelten Scheine. Er nahm ein Bündel heraus und ließ die Scheine über dem Daumen abblättern.

„Das fühlt sich verdammt gut an!“, meinte er und legte das Bündel wieder in den Koffer zurück.

„Holt die Plane“, rief er Jules und Marc zu.

„Hey Denis, hast du Maurice vergessen? Du wolltest ihn doch freipressen. Darauf bist du nicht mehr eingegangen.“

„Vergiss Maurice, der würde uns jetzt nur stören. Außerdem bleibt so für jeden von uns mehr übrig.“

Jules und Marc schienen nicht erfreut zu sein, dass er über Maurice so hinwegging. Aber sie beließen es dabei und griffen nach der Plane.

„Los aufstehen“, rief Denis den Geiseln zu und fuchtelte mit der Pistole wild herum.

Die Frauen zitterten, einer liefen Tränen über die Wangen. Die beiden Männer erhoben sich.

„Stellt euch so auf, dass wir uns genau in die Mitte stellen können“, befahl er mit barscher Stimme, die keine Widerrede zuließ.

Denis griff ein letztes Mal zum Telefon.

„Wir kommen jetzt raus. Ich will niemanden auf der Straße sehen, sonst knallt es. Sobald wir im Hubschrauber sind lassen wir die Frauen frei. Verstanden?“

„Wir haben Sie verstanden“, antwortete Elouan und legte auf.

Jules und Marc hoben die Plane hoch und stülpten sie den Geiseln über. Denis schnappte sich den Koffer, und Jules und Marc trugen jeweils eine Plastiktüte, in der die geraubten Schmuckstücke und Uhren lagen. Dann trat auch Denis unter die Plane, und auch Jules und Marc stellten sich darunter. Die Plane bot so viel Platz, dass es kein Problem darstellte, sich darunter gemeinsam zu verbergen. Denis stellte sich direkt hinter eine Frau an der Spitze.

„So Mädchen, du öffnest jetzt die Tür und gehst ganz langsam auf die Straße. Versuch nur nicht wegzurennen, sonst bist du tot. Du hebst die Plane soweit an, dass du die Straße einsiehst. Alle anderen folgen dir. Verstanden?“

„Ja, ich habe Sie verstanden!“ Die Plane, mit den acht Personen darunter, setzte sich vorsichtig in Bewegung. Langsam drehte die Frau an der Spitze der Gruppe den Schlüssel an der Eingangstür und zog die Tür auf. Angstvoll blickte sie nach draußen.

„Bitte nicht schießen“, rief sie so laut sie nur konnte.

„Halts Maul und geht langsam weiter“, zischte Denis ihr zu. Schritt für Schritt bewegte sich die Gruppe unter der Garagenplane weiter in Richtung des Parkplatzes, der knappe zweihundert Meter entfernt lag. Alles blieb ruhig. Die Scharfschützen waren nicht zu sehen, als sich die Gruppe unter der Plane langsam dem Parkplatz näherte. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass ein riesiger Tausendfüßler sich seinen Weg mitten durch die abgesperrte Straße suchte.

Kapitel 9

Serge Quinnec versuchte mit dem Fernglas auszumachen, zu wem die Beine unter der Plane gehörten. Sie hatten am Bildschirm des Einsatzfahrzeuges mitbekommen, dass sich die Geiselnehmer zwischen ihre Geiseln stellen wollten. Es erschien ihm aber unmöglich, mit Hilfe der Scharfschützen die Verbrecher zu treffen. Die Gefahr für die Geiseln war einfach zu groß. Außerdem stellte er fest, dass auch die drei Frauen Jeans trugen, so dass eine Unterscheidung anhand der Kleidung nicht möglich war. Es blieb ihnen nichts Anderes übrig als die Gruppe zum Hubschrauber gehen zu lassen. Seine Männer hatten in der Zwischenzeit rund um den Parkplatz Aufstellung genommen und warteten auf seinen Einsatzbefehl.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die acht Personen unter der Plane den Weg zwischen der Bijouterie und dem Parkplatz zurückgelegt hatten. Der Hubschrauber stand in der Mitte des Platzes, die Rotorblätter drehten sich nur noch sehr langsam. Schritt für Schritt näherten sie sich dem Fluggerät.

Denis Maubert versuchte, vorsichtig über die Schulter der vor ihm gehenden Frau zu blicken, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen. Sein Gesichtsfeld war jedoch erheblich eingeschränkt. Jetzt standen sie vor dem Hubschrauber. Die Seitentür stand offen, der Pilot saß an seinem Platz, auf dem Kopf einen Helm.

„Stopp“, rief Denis der Frau zu.

„Sie drehen sich jetzt ganz vorsichtig um und gehen drei Schritte nach links.“ Zu dem Mann neben ihm sagte er, dass der sich neben ihn stellen sollte.

„Jules, Marc, ihr steigt hinter den Geiseln in den Hubschrauber. Haltet euch gebückt.“

Der Mann neben ihm sollte jetzt in den Hubschrauber einsteigen. Vorsichtig hob der die Plane an und stieg in den Hubschrauber, dicht gefolgt von Jules und Marc mit ihren Tüten.

„Jetzt du“, rief er dem zweiten Mann zu. Auch der bewegte sich unter der Plane in Richtung des Hubschraubers und stieg ein.

Jetzt war Denis an der Reihe einzusteigen. Vorsichtig versuchte er sich dem Hubschrauber zu nähern, dabei zog er die Plane zu sich hin und heischte den drei Frauen zu:

„Ihr kommt rückwärts zum Hubschrauber, los macht schon. Ihr könnt gehen, sobald ich drin bin.“

Argwöhnisch bewegten die Frauen sich auf ihn zu. Denis ging rückwärts zum Hubschrauber und sah sich um. Der Einstieg war direkt hinter ihm. Er hob die Plane weiter an und stieg in den Helikopter ein.

„Verschwindet!“, rief er den Frauen zu. Langsam kamen sie unter der Plane zum Vorschein und rannten dann in Richtung der Bäume, die den Platz umgaben. Erst nachdem sie an den Bäumen vorbei waren bemerkten sie die Scharfschützen, die sich dahinter verborgen hatten.

Denis Maubert schloss die Tür und befahl dem Piloten sofort zu starten. Die Motorgeräusche waren schon nach wenigen Sekunden zu vernehmen.

„Auf was warten sie noch? Starten sie endlich!“, schrie Denis dem Piloten entgegen. Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, drehte sich der Pilot zu Denis um und zeigte auf einen der Plätze:

„Setzen Sie sich lieber, sonst fallen Sie mir noch in den Rücken, und ich verreiße den Steuerknüppel. Sie wissen vielleicht nicht was das bedeuten kann. Also setzen Sie sich, und dann sagen Sie mir wohin es gehen soll.“

Denis war verunsichert. Er setzte sich dennoch ohne eine Widerrede und sah den Piloten an.

„Sie erfahren es noch schnell genug. Machen Sie nur, dass wir wegkommen. Ich will hier nicht als Zielscheibe dienen.“

Der Motor war inzwischen auf Touren gekommen, und der Rotor drehte sich mit maximaler Geschwindigkeit. Langsam hob der Hubschrauber ab und verließ in einer Rechtskurve den Parkplatz. Denis sah hinunter.

„Wir haben es geschafft!“, jubelte er und lachte Jules und Marc an.

„Ich habe euch gesagt, dass ich euch raushole. Wir haben es geschafft. Mit der Kohle können wir jetzt ein neues Leben beginnen.“

„Wir sind immer noch in Frankreich“, meinte Jules, der nicht so euphorisch wie Denis war.

„Noch können sie uns kriegen. Die werden uns weiterverfolgen. Ich jubele erst, wenn ich wirklich in Sicherheit bin.“

„Wo soll das sein?“, fragte Marc.

„Was heißt hier wo soll das sein?“ Jules schien verwirrt zu sein.

„Kann mir jetzt einer sagen wo wir hinfliegen sollen?“, meldete sich der Pilot.

„Dorthin wo möglichst wenig Polizei ist“, antwortete Denis.

„Wo soll das sein?“

„Wir fliegen nach Groix aber kein Ton darüber an die Leitstelle.“

„Denis, die können uns doch mit Radar verfolgen!“, rief Jules ihm zu.

„Wir müssen einfach niedrig fliegen, dann klappt das nicht. Ich habe davon gelesen.“ Denis vermittelte den Eindruck, alles im Griff zu haben. Sicher war er sich allerdings nicht. Seine beiden Kumpel durften das aber nicht merken. Sie sollten weiterhin davon ausgehen können, dass er der Chef war, der alles bedacht hatte.

Der Pilot setzte seinen Flug jetzt in östliche Richtung fort. Bis zur Insel Groix waren es nicht mehr als 25 Minuten.

Marc wandte sich an Jules.

„Und, Jules, was meinst du damit, sie können uns immer noch kriegen“, wiederholte er die Frage.

„Die werden uns nicht in Ruhe lassen, nur weil wir die Geiseln freilassen. Sie werden uns jagen, bis sie uns haben. Auch im Ausland kann man uns kriegen und nach Frankreich zurückschicken. Wir müssten schon nach Südamerika oder Russland ausfliegen.“

„Ich will nicht nach Russland, sprichst du Russisch?“

„Das war doch nur ein Beispiel, ich will auch nicht nach Südamerika, ich kann kein Spanisch.“

„Hört mit dem Gequatschte auf!“, fuhr Denis jetzt dazwischen.

„Wir bleiben in Europa aber eben nicht in Frankreich. Mit dem erbeuteten Zaster können wir überall gut leben! Wenigstens eine Zeitlang.“

Der Hubschrauber näherte sich langsam der Insel Groix, und der Pilot wollte wissen, wo er runtergehen sollte.

„Was heißt hier wo? Nicht gerade vor der Gendarmerie. Sehen Sie zu, dass Sie einen Landeplatz nahe der Küste finden, nicht zu weit vom Hafen entfernt.“

„Was sollen wir am Hafen?“, fragte Jules voller Erstaunen.

„Willst du auf der Insel bleiben?“

„Wir können doch direkt nach Spanien fliegen. Du wolltest doch nach Spanien?“

„Ich mische mich nur ungern in eure Gespräche ein“, fuhr der Pilot dazwischen. „Aber mein Treibstoff reicht nicht bis nach Spanien.“

„Du hörst es, mit dem Hubschrauber kommen wir sowieso nicht nach Spanien.“ Denis wandte sich Jules zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Jules sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

„Was willst du machen?“

„Halts Maul, es braucht doch nicht die ganze Welt zu wissen wie unser Plan aussieht, mach was ich sage.“

Jules nickte und hielt seine Pistole fest umklammert.

„Also, wo soll ich jetzt landen?“

Denis beugte sich näher zum Piloten. Mit einem Griff hatte er das Mikrofonkabel aus seinem Helm gerissen. Ein weiterer kräftiger Zug riss das Kabel auch aus dem Funkgerät des Cockpits.

„Nur, dass du nicht sofort Bescheid geben kannst wo wir uns befinden. Jetzt geh langsam runter, damit ich sehen kann wo wir uns aufhalten.“

Der Pilot sah Denis mit wutverzerrtem Gesicht an, vermied es aber den Geiselnehmer weiter zu provozieren. Die Pistole in Denis Hand zielte auf ihn. Langsam senkte sich der Hubschrauber und näherte sich dem Boden.

„Wir sind hier unmittelbar am Port Lay“, sagte der Pilot zu Denis und wartete auf eine Erwiderung.

„Port Lay? Ist das der Fährhafen?“

„Nein, es ist ein kleiner, ehemaliger Fischerhafen, aber er ist nur wenige hundert Meter vom Port Tudy, dem Fährhafen, entfernt.“

„Gut, dann setz uns hier ab.“

Der Pilot steuerte den Hubschrauber auf eine Wiese und setzte auf.

„Los, den Motor ausschalten und aussteigen.“

„Aussteigen? Warum soll ich aussteigen?“

„Weil ich es sage, verstanden?“

Jules hatte die Tür geöffnet und war als erster aus dem Hubschrauber gesprungen, seine Tüte mit dem Diebesgut hielt er fest in der linken Hand. Nach ihm stieg die erste Geisel, dahinter die zweite aus. Marc folgte ihnen, ebenfalls mit seiner Tüte. Der Pilot und Denis waren die letzten die den Hubschrauber verließen.

„Los, gib mir deinen Hosengürtel“, schrie er den Piloten an.

„Meinen was?“

„Los, du hast mich schon verstanden, oder soll ich dir lieber eine Kugel verpassen?“

Der Pilot öffnete den Gürtel und zog ihn aus den Schlaufen.

„Setzt dich hier neben die Kufen.“

Der Pilot folgte dem Befehl. Er hatte keine Lust auf eine Kugel. Denis trat hinter ihn und band ihm mit dem Gürtel die Hände zusammen, dann befestigte er den Gürtel an der linken Kufe des Hubschraubers.

„So, nur damit du in den nächsten Minuten nicht die Gendarmerie informieren kannst. Man wird dich bestimmt schnell gefunden haben und befreien. Bis dahin sind wir weg.“

„Da lang, auf geht’s, wir müssen weiter“, heischte er die beiden Geiseln an und zeigte mit der Pistole auf einen kleinen Fußweg, der zur Küste zu führen schien.

Kapitel 10

Die Geiseln hatten den Juwelierladen gerade erst verlassen und waren auf dem Weg zum Parkplatz, auf dem der Hubschrauber wartete, da sprang Paul auch schon in den Laden, um sich den angeschossenen Mann anzusehen. Wie er bereits vermutet hatte, der Mann war tot.

Paul griff zu seinem Handy und rief Yannick und Dustin an. Yannick Detru, ihr Pathologe, und Dustin Goarant, gehörten fast schon zum Inventar des Kommissariats. Beide waren dort bereits tätig, bevor Paul die Stelle als Kommissar in der Mordkommission bei Ewen Kerber angetreten hatte. Jetzt kannten sie sich schon seit Jahren und waren ein absolut eingespieltes Team. Es dauerte nur eine knappe halbe Stunde, und beide trafen am Tatort ein.

Yannick ging zuerst zur Leiche und sah sich den Toten an. Er brauchte nur wenige Minuten, bis er zu einem ersten Resultat kam.

„Also, an der Schussverletzung ist der Mann nicht gestorben, das kann ich jetzt schon sagen.“

Paul stand unmittelbar hinter Yannick.

„Woran ist er dann gestorben?“

„Vermutlich an einem Herzinfarkt? Die Aufregung ist wohl zu viel für ihn gewesen. Genaueres aber erst…“

„…nach der Obduktion, ist mir bewusst, Yannick.“

„Na dann, bis später.“

Paul wandte sich an Dustin.

„Dustin, kannst du darauf achten, ob du hier im Laden irgendwelche Herzpillen findest?“

„Paul, wir achten immer auf alles!“

Paul bedankte sich und verließ den Raum. Er wollte die Arbeit von Dustin nicht unnötig erschweren, indem er vielleicht Spuren verwischte oder zerstörte. Serge Quinnec kam auf ihn zu. Seine Leute hatten sich bereits zurückgezogen und waren dabei, alles ins Einsatzfahrzeug zu verstauen.

„Monsieur Chevrier, der Funkkontakt zum Hubschrauber ist abgebrochen. Einer der Geiselnehmer hat wohl die Kabel herausgerissen. Wir wissen, dass sie sich bis zum jetzigen Zeitpunkt auf der Insel Groix befunden haben. Der Pilot hatte die ganze Zeit über das Mikrofon eingeschaltet, so dass wir die Gespräche verfolgen konnten. Dass die Insel Groix ihr Ziel gewesen ist, ist daher kein Geheimnis. Aber jetzt haben wir keinen Kontakt mehr.“

„Groix sagen Sie?“

„Ja, sie sind eindeutig auf Groix. Die Luftraumüberwachung hat den Hubschrauber auch nicht mehr auf dem Radar. Sie sind zwar niedrig geflogen aber nicht tief genug, so dass das Radar sie die ganze Zeit über erfasst hat.“

„Auf Groix hält sich mein Chef gerade auf. Vielleicht wäre es gut, ihn zu informieren.“

„Eine gute Idee, aber er wird dort alleine auch nichts ausrichten können. Die Gendarmerie von Groix ist von uns bereits informiert worden. Sie sind schon auf dem Weg zum Landeplatz des Hubschraubers. Wir konnten den Kollegen die ungefähre Position des Hubschraubers mitteilen.“

„Vielen Dank, Monsieur Quinnec.“ Paul griff in seine Tasche und holte sein Handy heraus. Er rief seinen Chef nur ungern an, er hatte Ewen aber versprochen, sich sofort zu melden, wenn etwas Unvorhersehbares geschieht.

„Kerber“, meldete sich Ewen sofort.

„Ewen, Paul hier. Ich störe deinen Urlaub nur ungern, aber hier ist etwas passiert, was du wissen sollst.

„Du störst mich überhaupt nicht, wir sind bereits am Hafen und warten auf das Schiff. Der Urlaub ist schon beinahe vorbei. Was ist passiert?“

Ewen hörte aufmerksam zu und stellte nur wenige Fragen. Carla sah missmutig drein. Nach wenigen Minuten legte Ewen auf und erzählte Carla von der Geiselnahme, dem getöteten Juwelier, und dass die Geiselnehmer vor Kurzem auf der Insel Groix gelandet sind.

„Aber was kümmert es dich? Du bist doch für Groix nicht zuständig.“

„Das stimmt, aber ich halte mich gerade hier auf, und Paul wollte mich informieren. Er hat mir gesagt, dass er auch die police judiciaire in Lorient informieren wird. Vielleicht wird mein Kollege, Georges Roux, den Fall bearbeiten können.“

Kaum hatte Ewen Carla von dem Telefonat erzählt, als auch schon Unruhe vor dem Anlegeplatz der Fähre aufkam. Ewen sah sich um und erfasste die Situation blitzschnell. Die Menschen, die sich gerade den Weg in ihre Richtung bahnten, waren die vor Kurzem gelandeten Geiselnehmer. Ewen sah die drei Männer, mit Pistolen in der Hand auf die beiden Geiseln gerichtet, an ihnen vorbeigehen, in Richtung des Anlegeplatzes der Fähre. Das Schiff war bereits zu sehen, brauchte aber bestimmt noch zehn Minuten, bis es hier eintreffen würde.

Ewen zog sofort sein Handy aus der Tasche und wählte den Notruf. Er hoffte, dass er die Gendarmerie von Groix erreichen könnte. Er hatte Glück, sofort meldete sich ein Beamter.

„Hier auf dem Quai sind gerade die Geiselnehmer aus Douarnenez eingetroffen. Ich weiß nicht, wie weit Sie schon über den Vorgang unterrichtet sind. Mein Name ist Kerber, Ewen Kerber, von der police judiciaire in Quimper.“

„Monsieur le Commissaire, wir sind bereits informiert. Wir sind schon auf der Suche nach den Männern. Den Hubschrauber, mit dem sie hierhergekommen sind, haben wir bereits gefunden und den Piloten befreit. Er war an den Hubschrauber gefesselt. Die Männer sind jetzt auf dem Quai, sagen Sie?“

„Genau, sie sind mit den Geiseln hier. Ich vermute, dass sie auf die Fähre wollen.“

„Wir sind in wenigen Minuten da!“

„Kommen Sie bitte vorsichtig, am besten nicht mit dem Wagen und vielleicht auch nicht in Uniform. Es ist bestimmt besser, wenn Sie nicht sofort als Gendarmen erkannt werden.“

„Verstanden, wir tun unser Bestes.“

„Ewen, du willst dich doch wohl nicht einmischen?“

„Nein, einmischen will ich mich nicht. Ich trage ja nicht einmal eine Waffe bei mir.“

„Hast du überhaupt je eine Waffe bei dir getragen? Ich habe noch keine gesehen.“

„Nun ja, ich besitze natürlich eine Waffe, aber ich lasse sie häufig im Büro eingeschlossen liegen. Meistens brauche ich ja auch keine. Ich glaube, in den letzten zwanzig Jahren habe ich sie höchstens dreimal wirklich gebraucht. Paul hat seine immer zur Hand.“

„Du kannst dich aber nicht immer nur auf Paul verlasen.“

„Was machen die denn jetzt?“ Ewen sah, wie die Geiselnehmer mit ihren beiden Geiseln ans Ende der abgesperrten Einstiegszone gingen und dort die Absperrkette entfernten. Ein Angestellter der Fährgesellschaft ging auf sie zu und forderte sie auf, wieder hinter die Absperrung zu treten. Einer der Geiselnehmer hielt ihm sofort die Pistole vors Gesicht, so dass der Mann umgehend zurückwich.

Die Fähre, es handelte sich um dasselbe Schiff mit dem Ewen und Carla gekommen waren, die Saint Tudy, näherte sich bereits der Hafeneinfahrt.

„Wir sollten langsam zur Anlegestelle gehen?“, sagte Ewen zu Carla.

„Jetzt, wo die bewaffneten Männer dort stehen? Wir täten gut daran, das nächste Schiff zu nehmen.“

„Es wird uns schon nichts passieren, Carla, die Gendarmen werden gleich hier sein.“

Tatsächlich näherten sich einige Männer in Zivil, wie Ewen es vorgeschlagen hatte, und gingen zur Anlegestelle. Ewen ging zügig auf die Männer zu.

„Ewen Kerber“, sprach er einen der Männer an.

‘Sind Sie von der Gendarmerie?“

„Bin ich!“

„Ich habe vorhin mit Ihnen telefoniert, Kerber, police judiciaire, Quimper. Die Geiselnehmer haben sich bereits hinter die Absperrung begeben. Ich vermute, dass sie unbedingt als erste an Bord der Fähre gehen wollen. Sie geben sich keinerlei Mühe, möglichst unerkannt auf das Schiff zu gelangen. Anscheinend fühlen sie sich sicher.“

„Aber warum wollen die überhaupt auf das Schiff? Sie müssen doch davon ausgehen, dass sie in Lorient ein Großaufgebot der Polizei erwarten wird.“

„Die Frage habe ich mir auch schon gestellt, ich habe keine Antwort darauf.“

„Wir sollten versuchen, sie zu überraschen und die Geiseln zu befreien.“

„Das wird nicht so einfach werden“, meinte Ewen, sie sind zu dritt und haben die Geiseln als Schutzschilde vor sich stehen.“

„Leider haben wir keine Scharfschützen auf Groix, ansonsten wäre es ein Leichtes, sie von der anderen Hafenseite aus ins Visier zu nehmen.“

Die vier Gendarmen kamen überein, jeweils zu zweit, links und recht des abgesperrten Weges, auf die Geiselnehmer zuzugehen. Dabei taten sie so, als würden sie mit dem Schiff nicht die Insel verlassen wollen, sondern seien nur Neugierige, die das Be- und Entladen beobachten wollten. Sie schlenderten langsam außerhalb des Ganges, den die Absperrgitter für den Zugang des Schiffes bildeten. Unter normalen Umständen hätten die Angestellten der Fährgesellschaft den Männern schon lange Einhalt geboten und sie aufgefordert zurückzubleiben. Aber jetzt achtete keiner auf sie.

Denis und Jules sahen, dass sich Männer näherten, die nicht auf das Schiff zu gehen schienen.

„Bleiben Sie wo sie sind!“, rief Denis den beiden entgegen, die sich der Gruppe näherten.

„Zurück oder es knallt“, bellte jetzt auch Jules.

Die Gendarmen überlegten. Sich als Polizei erkennen zu geben wäre jetzt Dummheit. Sie blieben stehen und sahen zu ihren Kollegen auf der gegenüberliegenden Seite.

Jetzt bemerkte auch Marc die beiden Männer auf der anderen Seite. Er hob seine Pistole zaghaft an und zielte auf sie.

„Sie sollen weggehen, Sie haben es doch gehört!“

Denis fuhr herum und sah nun auch die beiden Männer, die schon beinahe hinter ihnen standen.

„Verschwindet, das gilt auch für euch, los weg.“

Langsam zogen sich die Männer wieder zurück. Keiner trug eine Pistole in der Hand, so dass die Geiselnehmer sie nicht als Gendarmen erkennen konnten. Bei genauerem Hinsehen hätten sie die Mikrofone an ihren Revers erkennen können, mit denen sie die Kommunikation untereinander aufrechterhielten.

Ewen stand mit Carla einige Meter entfernt. Die beiden LKW und die drei Personenwagen hielten auf der für die Einfahrt vorgesehenen Spur. Bisher hatten die Fahrer der Fahrzeuge nichts von dem Geschehen um sie herum mitbekommen, doch jetzt, als Denis wild mit der Waffe gestikulierte und die Männer aufforderte zurückzubleiben, erkannten sie die Ernsthaftigkeit der Situation.

Was war zu tun? Auf das Schiff zu fahren, obwohl sich bewaffnete Verbrecher an Bord befanden, erschien dem einen oder anderen jetzt zu gefährlich. Der erste PKW versuchte auszuscheren, was allerdings nicht über einen Versuch hinausführte, denn zum Wenden war es hier eindeutig zu eng. Der dahinterstehende LKW wollte mit diesem Schiff heute noch nach Lorient kommen, ansonsten würde er die ganze Nacht auf der Insel verbringen müssen.

Denis bemerkte die Versuche der Autofahrer, drohte ihnen mit der Pistole und rief:

„Jeder, der jetzt versucht von hier wegzufahren, wird erschossen.“

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schoss er auf die Windschutzscheibe eines Wagens und schrie den Fahrer an:

„Das ist nur eine Warnung, also schön hiergeblieben.“

Ewen verstand die Handlung des Geiselnehmers nicht. Was bezweckte der Mann? Wollte er alle als Geiseln nehmen? Ewen sorgte sich jetzt um Carla. Es wäre besser gewesen, mit ihr nicht so nahe an die Geiselnehmer heranzugehen.

Der Kapitän der Saint Tudy hatte von dem Vorgang auf dem Quai noch nichts mitbekommen. Das Schiff manövrierte an die Kaimauer, und die Matrosen warfen den Kollegen auf dem Quai die Taue zu. Denis hatte den beiden Arbeitern bereits signalisiert, dass sie die Taue entgegennehmen sollen. Das Schiff lag jetzt fest vertäut am Quai, und das große Seitentor begann sich zu öffnen. Denis und Jules stellten sich genau hinter die Geiseln und sagten den beiden Angestellten der Fährgesellschaft, dass sie sich um das Entladen des Schiffes kümmern sollten. Nachdem die ersten Fahrzeuge das Schiff verlassen hatten, strömten die Passagiere von Bord. Sie achteten nicht weiter auf die wartenden Männer mit ihren Geiseln. Die Passagiere waren nach wenigen Minuten von Bord.

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