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Serge dachte nicht weiter darüber nach und machte sich auf den Weg, um seine Vorbereitungen voranzutreiben.

Kapitel 6

Paul Chevrier betrachtete die Bilder, die die kleine Kamera in den Überwachungswagen übertrug, sehr genau. Auf dem Boden hinter der Theke lag ein Mensch. Seit Minuten starrte er auf den regungslosen Körper. Er hoffte, dass er irgendeine Bewegung erkennen könnte, aber der Mensch blieb einfach nur liegen. Es schien ziemlich sicher zu sein, dass es sich um einen Toten handelte. Damit war seine Anwesenheit hier gerechtfertigt. Es galt jetzt denjenigen der drei Verbrecher zu identifizieren, der für den Tod des Mannes verantwortlich war. Die Jagd nach dem Mörder war in diesem Fall einfach. Es gab drei Verdächtige, er brauchte nur den richtigen herauszufischen. Im Verhörraum, da war er sich sicher, würde sich sehr schnell herauskristallisieren, wer geschossen hatte. Abgesehen davon, dass er nur alle drei Waffen ballistisch untersuchen lassen musste, um die Tatwaffe herauszufiltern. Die Fingerabdrücke auf der Waffe würden dann die Beweise komplettieren. Aber zuerst mussten sie die drei Männer verhaften können. Noch waren sie in dem Laden und hielten fünf Geiseln in ihrer Gewalt.

Paul kam zu dem Ergebnis, dass er für diesen Fall seinen Chef nicht aus dem Urlaub zurückrufen musste. Damit kam er alleine zurecht.

Sie hatten das Telefon des Juweliers auf ihren Apparat im Überwachungswagen umleiten lassen. Die Geiselnehmer würden jetzt sofort mit ihnen verbunden, sobald sie eine Nummer wählen.

Als das Telefon klingelte, sah Paul auf den Bildschirm. Er konnte deutlich sehen, dass der Mann, den sein Kollege Denis nannte, den Hörer in der Hand hielt.

Elouan Le Gripp setzte sein Headset wieder auf und nahm das Gespräch an.

„Hallo, hier ist Elouan Le Gripp, Sie wollen mit mir sprechen?“

„Sind Sie wieder dran, Sie Klugscheißer?“

„Sie könnten sich schon etwas gewählter ausdrücken, ich nenne Sie schließlich auch nicht Hampelmann.“

Denis machte auf dem Monitor ein verdutztes Gesicht. Elouan sah deutlich, dass der Mann unsicher geworden war. Dann hatte er sich wieder im Griff und begann den Grund seines erneuten Anrufes zu erklären, ohne nochmals auf die Bemerkung einzugehen.

„Ich habe mir die Sache überlegt. Ich will keinen Bus und auch keinen größeren Wagen haben. Sie bestellen einen Hubschrauber, der uns von hier wegbringt, ist das angekommen?“

„Einen Hubschrauber? Wo um alles in der Welt sollen wir jetzt einen Hubschrauber herbekommen? Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie zu dem Hubschrauber auch einen Piloten brauchen?“

„Bin ja nicht blöd! Natürlich brauchen wir einen Piloten. Der Hubschrauber soll hier vor dem Gebäude landen und uns aufnehmen.“

„Wohin soll der Flug denn gehen? Wir müssen das wissen, für die Tankfüllung, verstehen Sie?“

„Das kann euch völlig egal sein. Der Pilot erfährt das Ziel sobald wir gestartet sind. Der Hubschrauber muss aufgetankt sein und zwar bis unter den Tankdeckel. Verstanden?“

Elouan Le Gripp dachte nach, er musste den Mann weiter hinhalten und versuchen, irgendeine Gegenleistung von ihm zu erhalten. Auf dem Bildschirm sah er die drei verängstigten Frauen. Vielleicht gelang es ihm, die drei Frauen gegen den Hubschrauber zu tauschen. Das wäre ein Erfolg.

„Sagen Sie, was bekommen wir eigentlich dafür, dass wir Ihnen entgegenkommen. Mein Chef ist ein ganz scharfer Hund, Sie haben ihn vielleicht erlebt. Der Mann geht über Leichen, wenn er sein Ziel verfolgt. Also mein Chef wird den Hubschrauber bestimmt nicht ohne eine Gegenleistung genehmigen.“

„Was wollt ihr? Vielleicht ein Autogramm?“

„Nun, ich könnte mir denken, dass ich bei meinem Chef schneller etwas erreichen könnte, wenn ihr euch bereit erklärt, die Frauen freizulassen?“

„Frauen, woher wollt ihr wissen, dass wir Frauen hier haben?“

„Weil ihr in einem Juweliergeschäft seid. In der Regel halten sich dort eher Frauen als Männer auf. Wie viele Frauen sind in dem Geschäft?“

„Das könnte dir so passen, dass ich euch auch noch preisgebe, wie viele der Geiseln Frauen sind.“

„Ich will es gar nicht so genau wissen. Sagen Sie mir nur, dass Sie bereit sind, Frauen freizulassen im Tausch für einen Hubschrauber.“

Denis kratzte sich am Kopf, das konnte Elouan auf dem Bildschirm deutlich sehen. Der Mann schien nachzudenken. Einerseits würde er keinerlei Angaben machen wollen, anderseits wollte er den Hubschrauber bekommen. Die Bemerkung, über den Chef der über Leichen ging, schien sein Grübeln beflügelt zu haben. Noch ging der Mann davon aus, dass die Gendarmen keinen Überblick über die Situation in dem Geschäft hatten. Er könnte ihnen also noch alles Mögliche auftischen. Ihm war klar, dass die Gendarmen das Geschäft sofort stürmen würden, falls er keine Geiseln mehr hatte. Er überlegte wie er am besten vorgehen konnte.

„Also, ich bin bereit, euch eine Geisel zu geben. Eine Frau darf die Bijouterie verlassen, sobald der Hubschrauber gelandet ist.“

Elouan war das eindeutig zu wenig. Eine Geisel im Tausch gegen den Hubschrauber wollte er nicht akzeptieren.

„Hören Sie, mein Chef hat mir gerade gesagt, Sie sollen die Geisel behalten, den Hubschrauber gibt es nicht.“

„Dann stirbt eben eine Geisel, ist ihm das lieber?“

„Ich sagte Ihnen schon, der Typ ist knallhart. Er fordert wenigsten drei oder vier Frauen, am besten fünf.“

„Wir haben nicht einmal fünf Frauen, wie soll ich die jetzt herzaubern?“

„Es müssen ja nicht fünf sein, wenn Sie keine fünf haben. Wie wäre es dann mit, sagen wir, drei?“

Denis schwieg erneut, er hatte denen da draußen jetzt gesagt, dass er keine fünf Frauen als Geiseln hatte. Das war eindeutig ein Fehler. Er wollte sich aber keine Blöße vor seinen Kollegen geben. Er brauchte deren Respekt und deren Glauben an seine Führungsqualitäten. Das Heft des Handelns durfte er nicht aus der Hand geben, wenigstens nicht erkennbar. Sie sollten auch weiterhin sehen, dass er die Verhandlungen zielsicher führte und das Unterfangen zu einem guten Ende führen würde.

„Also, sag deinem Chef, dass wir bereit sind, drei Frauen freizulassen, sobald der Hubschrauber hier angekommen ist. Aber keine Mätzchen, sonst könnt ihr die Frauen auf Bahren heraustragen. Ich kann genauso hart wie dein Chef sein.“

„Das wollen wir ganz bestimmt nicht. Also, ich spreche mit ihm. Ich melde mich gleich wieder.“

„Lass dir nicht zu viel Zeit, die Uhr läuft. Ihr habt nur noch eineinhalb Stunden Zeit.“

Elouan sah auf seine Uhr und stellte fest, dass es in der Tat bereits über eine Stunde her war, dass er mit den Verhandlungen begonnen hatte. Er legte das Headset ab und verließ den Überwachungswagen, um Serge Quinnec aufzusuchen.

„Haben Sie gut hinbekommen“, meinte Paul, der neben dem Psychologen stand.

„Nun, noch sind die Frauen nicht befreit.“

Elouan Le Gripp ging nach draußen und sah sich nach Serge Quinnec um.

Der Einsatzleiter telefonierte, winkte Elouan aber zu sich, als er ihn aus dem Wagen kommen sah.

„… gut, also, das Geld liegt bereit, und der Wagen steht auch zur Verfügung. Zur Not müssen wir auf den Tausch eingehen. Au revoir.“

„Ich habe gerade mit dem Wortführer dort drinnen gesprochen“, begann Elouan das Gespräch.

„Die fordern jetzt einen Hubschrauber.“

„Einen Hubschrauber? Kommt nicht in Frage. Ich habe gerade erfahren, dass wir das Geld und einen Fluchtwagen bekommen. Wir gehen nur zum Schein auf die Forderungen ein. Sobald wir freies Schussfeld haben, beenden wir die Geiselnahme.“

„Das könnte für die Geiseln aber gefährlich werden. Von dem Mann habe ich gerade die Zusage erhalten, dass er die drei Frauen freilassen wird, sobald er den Hubschrauber bekommt.“

„Hmmm, wir bekämen die drei Frauen? Das würde das Risiko für die Geiseln minimieren.“

„Ganz genau, die drei Frauen wären dann frei.“

„Wo kann hier denn ein Hubschrauber landen? Das ist nicht einfach. Vielleicht vorne auf dem Parkplatz. Dort könnten wir eine Fläche freimachen. Das wäre auch ganz gut, denn dann müssen sie mit den Geiseln die Straße runtergehen. Für uns eine ausgezeichnete Möglichkeit, sie auf dem Weg zu überwältigen. Gut, sagen Sie denen, dass wir einverstanden sind, Hubschrauber gegen drei Frauen.“

„Ich habe es ihnen schon zugesagt, ich bin so frei gewesen die Entscheidung selber zu treffen.“

„Was? Das sollten Sie nicht noch einmal machen, ich reagiere allergisch, wenn der Psychologe mir sagt, was ich zu tun habe oder meine Entscheidungen vorwegnimmt.“

„War gerade nicht anders möglich, wird sich aber hoffentlich nicht mehr wiederholen.“

Elouan war zufrieden und ging zurück zum Überwachungswagen, um den Kontakt mit dem Geiselnehmer wiederaufzunehmen. Paul stand immer noch im Wagen und betrachtete das Bild auf dem Schirm.

„Sagen Sie, könnten wir nicht den Toten herausbekommen?“

„Ich glaube nicht, dass sie bereit sind, eine weitere Forderung anzunehmen. Ich möchte unbedingt vermeiden, dass sie das Angebot, die drei Frauen freizulassen, wieder zurücknehmen.“

„Gut, es war nur eine Frage.“ Paul Chevrier musste noch warten. Er hatte in der Zwischenzeit bereits mit den Kollegen von der Spurensicherung gesprochen. Sobald der Tatort zugänglich wäre, würde Dustin Goarant kommen und mit seinen Untersuchungen beginnen.

„Ihre Gesprächsführung unterscheidet sich deutlich von dem, was ich in den letzten Jahren, mitbekommen habe. Gibt es da eine neue Methode?“

„Wie meinen Sie das?“, fragte Elouan Paul.

„Nun, Sie stellen sich manchmal so dar, als ob Sie den Geiselnehmer nicht verstehen oder bewusst verulken.“

„Ach so, das meinen Sie. Nun ich habe da meine eigenen Vorstellungen über eine Gesprächsführung. Ich versuche, meinem Gegenüber das Gefühl zu geben, dass er derjenige ist, der genau weiß was richtig und was falsch ist, und dass er die Richtung des Gesprächs bestimmt.“

„Gut, aber warum stellen Sie nicht einfach ihre Forderungen, anstatt zu sagen, dass der Chef diese fordert.“

„Ich stelle mich dadurch als ein Befehlsempfänger dar, der keine eigenen Entscheidungen fällen darf. Das unterstützt ihn in der Annahme, dass ich auch seine Befehle entgegennehme ohne sie zu hinterfragen.“

„Ich glaube kaum, dass ich ein guter Psychologe geworden wäre.“

„Ich weiß auch nicht ob ich ein guter bin, ich versuche mein Wissen so umzusetzen, wie ich es für die vernünftigste Art und Weise halte.“

Elouan griff zum Headset und ließ sich mit dem Geiselnehmer verbinden.

Denis Maubert nahm das Gespräch sofort an. Auf dem Bildschirm konnten sie sehen, dass er unmittelbar neben dem Telefon stand und auf die Antwort wartete. Er machte einen sehr gestressten Eindruck. Langsam schien die Zeit für die Polizei zu arbeiten. Noch hatten sie aber nicht das Gefühl, dass die Männer in der Bijouterie zur Aufgabe bereit waren.

„Ja!“, schrie er regelrecht in den Apparat.

Elouan blieb ruhig und versuchte einen freundlichen Tonfall hinzubekommen.

„Monsieur, ich habe mit meinem Chef verhandelt. Es war ganz schön schwierig, ihn zu einer Zustimmung zu bewegen. Er wollte sogar noch mehr Geiseln eingetauscht haben. Aber schließlich willigte er ein. Wir versuchen den Hubschrauber in der verbleibenden Zeit aufzutreiben.“

„Was heißt hier auftreiben? Der Hubschrauber muss hier erscheinen, ansonsten sind die Geiseln fällig. Ich knalle eine nach der anderen ab.“

„Aber Monsieur, seien Sie doch nicht so verärgert. Wir tun unser Bestes. Es gibt da nur ein Problem.“

„Was für ein Problem gibt es jetzt schon wieder?“

„Nun, der Hubschrauber wird nicht vor der Bijouterie landen können. Die Straße ist einfach zu eng. Sie müssen etwa zweihundert Meter bis zum Parkplatz am Ende der Straße zurücklegen. Dort können wir einen Landeplatz einrichten.“

„Damit ihr uns abknallen könnt! Kommt nicht in Frage.“

„Aber wo sollen wir den Hubschrauber dann hier landen lassen?“

Denis Maubert war erneut verunsichert. Die Beamten konnten auf dem Bildschirm deutlich sehen, dass er heftig nachzudenken schien. Seine Ablehnung, zum Parkplatz zu gehen, war vielleicht doch zu voreilig gewesen. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass die Aussage seines Gesprächspartners stimmte. In der Straße war das Landen eines Hubschraubers unmöglich, das musste er einsehen, auch wenn es ihm nicht behagte. Ein Fahrzeug wäre günstiger gewesen. Aber er hatte seine Meinung geändert, mit einem Auto war es schwieriger von hier wegzukommen. Die Verfolger konnten das Fahrzeug auf zahlreiche Weise stoppen. Ein Hubschrauber war seine Wahl. Abgesehen davon, dass er dem Piloten jederzeit neue Anweisungen geben könnte, wäre jede Strecke deutlich schneller zurückzulegen.

„Gut“, sagte er schließlich nach einer längeren Pause.

„Wir gehen zum Parkplatz, aber die Geiseln gebe ich erst frei, wenn wir den Platz erreicht haben. Ihr lasst die Scharfschützen abziehen und zieht auch alle Polizeifahrzeuge zurück.“

„Ich will versuchen, ob mein Chef das hinnimmt“, meinte Elouan und sah Serge Quinnec an, der gerade den Überwachungswagen betreten hatte.

„Lassen Sie sich aber nicht zu lange Zeit, ihr könnt nicht mit mir spielen, hast du das verstanden?“

„Klar, Sie sind der Boss.“

Elouan nahm das Headset ab und sah zu Serge Quinnec.

„Geht das in Ordnung?“

„Ich habe mir das schon gedacht“, antwortete Serge Quinnec.

„Ich werde die Scharfschützen rund um den Parkplatz postieren, vielleicht gelingt uns ja dort ein Zugriff. In der Bijouterie ist es einfach zu gefährlich für die Geiseln. Ich habe mir bereits die Pläne des Gebäudes angesehen. Meine Kollegen haben sie mir vor wenigen Minuten gebracht. Es gibt nur die Möglichkeit durch die Eingangstür ins Gebäude zu kommen. Vom Hinterhof aus würde es zu lange dauern den Verkaufsraum zu erreichen. Wir müssten die Stahltür, mit der das Geschäft an der Rückseite gesichert ist, aufsprengen. Dadurch werden die Verbrecher gewarnt. Bis wir dann in den vorderen Teil des Ladens kämen, hätten sie Zeit genug, die Geiseln zu erschießen.“

„Ein Zugriff auf dem Parkplatz wäre einfacher, das ist bestimmt richtig. Aber wir müssen damit rechnen, dass es nicht klappt. Die Flugsicherung muss den Hubschrauber auf dem Radar verfolgen, damit wir sie nicht verlieren“, meinte Paul und sah Serge Quinnec an.

„Ja, ich werde mich sofort mit der Flugsicherung kurzschließen.“

Die Zeit verlief zusehends, und die letzte Stunde war angebrochen. Ein Koffer mit dem präparierten Geld war inzwischen eingetroffen. Der Koffer war mit einem Funksignal ausgestattet worden, mit dem eine Verfolgung per Fahrzeug möglich war. Im Hubschrauber war eine Verfolgung nicht nur schwieriger, sondern beinahe aussichtslos, da das Funksignal nur über eine Reichweite von drei Kilometern zu empfangen war. Umso wichtiger war es, dass der Hubschrauber verfolgt werden konnte.

Elouan hatte es bis jetzt nicht geschafft, die Geiselnehmer von ihrem Plan, mit dem Hubschrauber zu entkommen, abzubringen. Er hatte noch mehrere Gespräche geführt, aber Denis Maubert ließ keine Anzeichen einer freiwilligen Aufgabe erkennen. Die Nervosität der Verbrecher war nicht nur durch das Mikrophon zu hören, sondern auch auf dem Bild deutlich zu erkennen. Sie liefen beständig hin und her und fanden kaum Ruhe. Jules Fucauld und Marc Gourand schienen ihre Bewegungen nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Sie bewegten sich beinahe wie Roboter. Ein deutliches Zeichen für Elouan, dass sie mit ihren Gedanken weit weg waren. Bestimmt würde er es schaffen, dass die beiden das Vorhaben aufgaben, aber der Einfluss von Denis war noch immer stärker. Er dominierte die Situation und schien von den beiden gefürchtet zu sein. Obwohl sie beide bewaffnet waren, trauten sie sich nicht gegen ihn zu opponieren. Für Elouan ein deutliches Zeichen, dass sie von der Schusswaffe eher keinen Gebrauch machen würden. Ganz im Gegensatz zu Denis. Elouan schloss daraus, dass Denis der Schütze gewesen sein musste, der auf den am Boden liegenden Mann geschossen hatte.

Kapitel 7

Denis Maubert war sich seiner Sache ziemlich sicher. Sie würden aus diesem Schlamassel herauskommen, danach würde er abrechnen, abrechnen mit dem Tippgeber für den Einbruch. Er fände ein Juweliergeschäft mit einem verängstigten Besitzer vor, hatte der Mann ihm gesagt. Der Besitzer habe erst vor einem dreiviertel Jahr einen Überfall überstanden und sei seither total verunsichert und ängstlich. Eine Alarmanlage gab es angeblich nicht. Das waren die Informationen, die er erhalten hatte. Die Bijouterie hätte edle Stücke in den Vitrinen, und ein Überfall brächte gute Beute.

Was war geblieben von den Aussagen? Der Mann hatte eine Alarmanlage und hatte sie benützt. Er war zwar ein ängstlicher Typ, aber doch so mutig, dass er den Alarmknopf betätigt hatte. Über die Schmuckstücke konnte Denis sich noch kein Bild machen. Die waren ihm aber jetzt erst einmal egal. Wenn die Bullen seine Forderungen erfüllen würden, dann bekämen sie einen Koffer voller Geld. 500.000 Euro und den Schmuck, das sollte fürs Erste reichen, um eine neue Existenz in Spanien aufzubauen. In den Knast wollte er auf keinen Fall zurück. Der letzte Aufenthalt sollte eindeutig sein letzter gewesen sein. Seit seinem 18. Geburtstag hatte er mehr Zeit in Gefängnissen verbracht als in Freiheit. Er war inzwischen 38 Jahre alt und wollte endlich eine Familie gründen. Eine Frau fürs Leben zu finden, erschien ihm mit Geld einfacher als ohne. Dieser Überfall sollte sein letzter sein, wenigstens sein letzter, solange das Geld reichte. Einen Beruf hatte er nie erlernt. In der Schule war er weniger durch seine Noten aufgefallen, vielmehr hatte er als Klassenclown Karriere gemacht.

Bei den Mädchen war er anfangs beliebt. Sie schätzten seinen Mut, sich mit den Lehrern anzulegen, und sein attraktives Aussehen ließ die schlechten Noten schnell in den Hintergrund treten. Aber mit der Zeit genügte das nicht mehr. Keine wollte sich später mit dem Dümmsten der Klasse abgeben, so dass er zusehends aggressiver wurde, je mehr die Mädchen ihn abwiesen. Er machte seine ersten Einbrüche, um sich etwas Geld zu beschaffen. Er erhoffte sich mit dem Geld, seine frühere Position zurückgewinnen zu können. Als einer der Ersten der Schule machte er den Führerschein, und durch seine kriminellen Aktivitäten besaß er schnell einen eigenen Wagen. Eine Zeitlang schienen seine Überlegungen aufzugehen. Die Mädchen fingen wieder an, Gefallen an ihm zu finden, fragten auch nicht woher er das Geld hatte, mit dem er beinahe schon herumwarf.

Nach einem erneuten Einbruch wurde er dann aber erwischt und zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Danach war es vorbei mit seinem Ansehen beim weiblichen Geschlecht. In Quimper machte sein Gefängnisaufenthalt schnell die Runde. Auch in der weiteren Umgebung blieb der Name, Denis Maubert, bei den Menschen haften. Nach jeder Entlassung kam es zu einem erneuten Einbruch und einer erneuten Verhaftung und Verurteilung.

Seine Gefängnisstrafen hatte er in Brest abgesessen. Dort hatte er nach der letzten Verurteilung Jules Fucauld kennengelernt, der ebenfalls wegen eines Einbruchs einsaß. Jules war ein schüchterner Mann, kam aus Pont Aven, wo er eine Arbeit als Lagerarbeiter, in der Biscuiterie Traou Mad, gefunden hatte. Die Bezahlung war okay gewesen, reichte ihm nach kurzer Zeit aber nicht mehr aus, um seinen überzogenen Lebensstil zu finanzieren. Er besserte sein Einkommen durch Einbrüche auf, stellte sich aber nicht gerade sehr geschickt an und wurde rasch gefasst.

Der Kontakt zu Denis Maubert war schnell hergestellt. Er sah in dem Mann einen Menschen, der ein ähnliches Schicksal hinter sich hatte, aber deutlich aggressiver auftreten konnte, und das beeindruckte Jules.

Auch Marc Gourand hatte in Brest im Gefängnis gesessen, er hatte bei einer Schlägerei so kräftig zugeschlagen, dass sein Gegenüber drei Monate im Koma lag. Marc, ein Fischer aus Guilvinec, war eine imposante Erscheinung. Mit seiner 1,90 Meter großen, kräftigen Gestalt, einem Dreitagebart, tätowierten Armen und kurzgeschnittenen Haaren, gehörte er zu dem Typ Mann, dem die meisten aus dem Weg gingen, um nicht in eine Streiterei mit ihm zu geraten. Er war sich seiner Kraft und seiner Wirkung bewusst, war jedoch ein schüchterner und zurückhaltender Mensch. Er ging einem Streit lieber aus dem Weg, was die meisten Menschen überraschte, denn es passte so gar nicht zu seiner Erscheinung.

Bei dieser Schlägerei war er provoziert worden. Der Mann hatte ihn solange gehänselt, bis Marc die Geduld verloren hatte. Nur dank der Zeugen, die vor Gericht die Hänseleien bestätigt und darauf hingewiesen hatten, dass er sich die Sticheleien lange angehört, bevor er zugeschlagen hatte, kam er mit einer Strafe von drei Monaten davon.

In der Strafanstalt von Brest nannte man ihn das Lämmchen. Aber es traute sich niemand, aufgrund seines Aussehens, ihn mit diesem Spitznamen anzusprechen. Als Denis zum ersten Mal von ihm hörte, und seinen Spitznamen erfuhr, musste er so lachen, dass er alle Insassen des Gefängnisses beim Hofgang auf sich aufmerksam machte. Es dauerte nicht lange, dann ging Denis auf Marc zu und sprach ihn mit seinem Spitznamen an. Marc drehte sich ruhig um, sah Denis lange an und suchte die Bestätigung, dass er ihn meinte. Denis nickte und erklärte ihm, dass das sein Name im Gefängnis sei. Marc schien diese Hänselei nicht zu stören, fand Denis sympathisch und hielt sich fortan häufig bei ihm auf. So waren sich die drei in Brest nähergekommen.

Nach der Entlassung aus der Haft trafen sie sich in Guilvinec. Marc hatte dort wieder eine Anstellung als Fischer gefunden. Denis erzählte den beiden von dem erhaltenen Tipp.

Jules Fucauld war sofort bereit mitzumachen, während Marc noch zögerte. Schließlich konnte Denis ihn aber überzeugen dabeizusein. Mitten in der Planung stellten sie fest, dass sie einen vierten Mann brauchten. Den Überfall wollten sie zu dritt erledigen, aber sie brauchten noch jemanden, der den Wagen fahren sollte. Jules erinnerte sich an einen etwas jüngeren Bekannten, der sich einen Namen als Rennfahrer gemacht hatte. Der Mann schien genau der Richtige zu sein, das Fluchtauto zu steuern. Maurice, so hieß der Bekannte von Jules, musste nicht lange überzeugt werden. In seinem Portemonnaie herrschte dauernd Ebbe, so dass er sofort bereit war der Fahrer zu sein.

Denis Maubert hatte sich bei jedem versichert, dass sie seine Entscheidungen mittragen würden. Einer muss bei einem solchen Unterfangen das Sagen haben, hatte er mehrfach betont. Jetzt saßen sie hier in der Bijouterie in der Falle, und er, Denis, musste dafür sorgen, dass sie heil herauskommen konnten. Zuerst erschien ihm eine Flucht mit dem Wagen und ohne Geiseln die beste Alternative, bis ihm klar wurde, dass eine Flucht ohne eine Geisel eine aussichtslose Angelegenheit war. Der nervige Mann am Telefon, der die Verhandlungen mit ihm zu führen hatte, erschien ihm einerseits ein Dummkopf zu sein, andererseits Recht zu haben. Mit einem größeren Wagen und den Geiseln war die Flucht viel riskanter. Da kam ihm die Idee, dass sie mit einem Boot fliehen könnten. Der Hafen von Douarnenez war nicht weit entfernt, und auf einem Boot konnten sie die Geiseln leichter mitnehmen. Der Nachteil war aber, dass sie eine leichte Beute für die police maritime sein würden. Schließlich kam ihm der Hubschrauber in den Sinn. Er hatte sich allerdings keinerlei Gedanken über einen Landeplatz gemacht. Ein Hubschrauber kann ja beinahe überall aufsetzen. Läge die Bijouterie in einem Hochhaus, hätte der Hubschrauber auf dem Dach landen können. In zahlreichen Krimis hatte er eine solche Flucht gesehen.

Fernsehen ist eben nicht die Wirklichkeit. Eine Landung auf dem Dach des Hauses war nicht möglich, vor dem Haus, in der schmalen Straße, konnte selbst der erfahrendste Pilot keine Maschine landen. Der nahe gelegene Parkplatz erschien ihm daher als die beste Lösung. Er musste nur sicherstellen, dass sie unverletzt bis zum Hubschrauber gelangen konnten. Die einzige Möglichkeit, das zu erreichen, war, mitten unter den Geiseln zu sein. So hätten die Scharfschützen keinerlei Möglichkeit auf sie zu schießen.

„Jules sieh nach, ob du eine Plane oder mehrere Decken finden kannst. Vielleicht findet sich ja so etwas in den hinteren Räumen.“

„Wozu brauchst du eine Decke? Frierst du?“

„Quatsch! Frag nicht lange rum, und mach was ich dir gesagt habe. Wir brauchen das für die Flucht.“

„Kannst du damit fliegen?“, wollte Marc wissen und grinste belustigt.

„Hört auf mit dem Blödsinn. Wir brauchen etwas, um uns darunter zu verstecken. Ich habe keine Lust, von den Scharfschützen abgeknallt zu werden. Wir mischen uns unter die Geiseln und decken uns zu, dann können die Bullen uns nicht von den Geiseln unterscheiden.“

„Du bist nicht dumm, Denis“, sagte Jules und machte sich auf die Suche.

„Marc, pass du auf die Geiseln auf, dass nur keiner auf eine dumme Idee kommt. Ich räume noch die Vitrinen aus, wir wollen den Ort doch nicht ohne Beute verlassen.“

Marc nickte und sah zu den Geiseln auf dem Boden. Bis jetzt hatte Jules die fünf in Schach gehalten. Nun hielt er die Pistole in der Hand, und das bereitete ihm sichtbares Unbehagen. Er war kein Verbrecher, und die ganze Sache schien aus dem Ruder zu laufen. Er ärgerte sich, dass er mitgemacht hatte. Viel lieber wäre er jetzt auf dem Boot beim Fischen. Aber nun war es zu spät. Jetzt kam Jules zurück, mit einer grünen Plane in der Hand.

„Hinten lag nur dieses Monstrum, ich glaube es ist eine Autoplane.“

„Genau das Richtige für uns. Da passen wir alle drunter“, antwortete Denis und leerte weiter die restlichen Vitrinen. Er hatte inzwischen bereits eine zweite Plastiktüte mit Schmuck gefüllt. Aus den zahlreichen Schubladen hatte er alle Goldkettchen und Ohrringe geholt. Bei den Uhren war er wählerisch gewesen. Nur die wirklich teuren Uhren hatte er in die Tüte gesteckt. Dann hatte er die vollen Tüten neben die Eingangstür gestellt und sich jetzt seinen Kollegen zugewandt.

„Jeder von euch schnappt sich nachher eine Tüte, ich achte darauf, dass keine Geisel auf die Idee kommt abzuhauen, wenn wir nachher zum Hubschrauber gehen.“

„Wohin wollen wir denn eigentlich?“, fragte Marc.

„Das sage ich euch, sobald wir unterwegs sind“, antwortete Denis und sah auf seine Uhr. Langsam wurde es Zeit, dass der Hubschrauber auftauchte. Er war angespannt. Geduld war noch nie seine Stärke gewesen, und das Warten in dem Laden hatte sie überstrapaziert. Er hasste es, wenn er nicht die Kontrolle über seine Zeit hatte. Selbst im Gefängnis war es einfach gewesen über seine Zeit zu bestimmen. Der Tagesablauf war zwar weitgehend verplant im Knast, aber trotzdem konnte er bestimmen, wie schnell er etwas erledigte, oder wie eilig er sich beim Hofgang bewegte. Hier in diesem Raum war er zum Warten verurteilt. Keine Minute länger würde er akzeptieren.

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