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α) Levi als Kultvisionär

Die Einzeichnung des Levi-Amtes in die himmlische Welt geht in TestL schwerpunktmäßig vom Medium der Vision aus: Der Kontakt zur himmlischen Welt vollzieht sich im Rahmen des visionären Traumes als Eingang in den himmlischen Bereich der Nähe Gottes.

Das aram. Fragment 4Q213TestLev1 setzt als ältest-erkennbaren Zusammenhang die Abfolge voraus von ausgeführtem Gebet, Vision, die vom in den Himmel hineinragenden Berg ausgeht, und Eingang in den geöffneten Himmel vor den Thron Gottes. Aus dem Wortlaut in 4Q213TestLev Col II, Z. 18 und TL 5,1 kann man mit Becker2 folgern, dass TL 5,1 ursprünglich an 2,5 anschloss. Wir stoßen auf einen traditions- und motivgeschichtlich sehr übersichtlichen Urkomplex. Auf dem hohen Kultberg ist der Zugang zum Himmel, weil sich in ihm die himmlische und irdische Dimension des göttlichen Heiligtums verbinden.3 Dieses kultapokalyptische Urmotiv des visionären Zugangs zum Himmel am in den Himmel hineinragenden Kultberg ist im jetzigen Zusammenhang TestL 2,6-4,6 durch die Firmamenten-Lehre ausgestaltet. Diese Ausgestaltung ist bereits in der frühen Apokalyptik des 1Hen üblich4, so dass man den Zusammenhang TL 2,5 + 5,1ff. als archaisierende Vereinfachung bezeichnen muss5. Levi bekommt die εὐλογία τῆς ἱερατείας (5,2) aus dem sich unmittelbar über dem irdischen Kultort erschließenden himmlischen Heiligtum zugesprochen. Sein Priestertum ist himmlisch und irdisch zugleich, weil es aus dem himmlischen Heiligtum stammt und mit ihm verbunden ist. Der Priesterdienst des Levi geht aus von einem Punkt himmlisch-irdischer Gleichräumigkeit und Gleichzeitigkeit.6 Diese Gleichräumigkeit und Gleichzeitigkeit macht den Priesterdienst des Levi zu einem Verwerfungspunkt in der Geschichte der in Himmel und Erde getrennten, alten Schöpfung. Damit rühren wir an den Punkt der heilsgeschichtlichen Explizierung dieses himmlisch-irdischen Mittlungs-Dienstes.

Im jetzigen Aufbau der Berufungsvision des Levi zeigen sich die Merkmale der frühen Merkaba-Mystik.7 Der Visionär durchwandert die himmlischen Bereiche und erhält Auskunft über sie (TL 2,7f.; 3,1-10). Kap. 2 geht vom 3-Himmels-Schema aus, das im 3. Himmel um die ‚große Herrlichkeit‘ weiß, die über jeder Heiligkeit – also allerheiligst – ist und zur unreinen Erde hin durch die Gerichtsengel und die Vergeltungsengel abgeschirmt wird. Ab 3,5 scheint demgegenüber in dem katabatischen Durchgang ein 7-Himmels-Schema vorausgesetzt. Unterhalb des höchsten, allerheiligsten Bereiches findet der Gottesdienst der Engel statt (3,5f.). In diesem katabatischen Durchgang wird der Abstand zwischen den himmlischen Sphären zur Erde dadurch markiert, dass der Blick Gottes die himmlischen Geschöpfe unter seiner Herrlichkeit erschüttern lässt, die Menschen dagegen in ihrer Sünde dafür unempfindlich sind.

Die himmlische, heilige Sphäre mit ihrem Gipfel, dem Raum der allerheiligsten Gottesgegenwart, ist in Kapp. 2f., im Sinne einer konzentrischen Gliederung, in verschiedene Stufungen eingeteilt. Dabei sind diese Stufungen nicht im Sinne einer kosmischen Ordnung statisch gegliedert, sondern heilsgeschichtlich bezogen auf die Markierung des irdischen Abfalls, des eschatologischen Gerichtes und der Entsühnung der Gerechten.

In diesen Merkaba-artigen Teil sind zwei Engelreden eingefügt, die auf die Einsetzung des Levi in der Vision und auf sein solcherart himmlisch begründetes Amt hinweisen:

Nach 2,10-12 wird Levi nahe bei Gott stehen und ihm λειτουργός sein; alle drei Wendungen: ‚nahe sein‘8, ‚stehen vor‘9 und ‚λειτουργός-Sein‘10 sind Ausdrücke für den kultischen Dienst des Levi. Aus dieser himmlisch-kultischen Nähe zu Gott leitet V. 10b ab, dass Levi die Geheimnisse Gottes den Menschen offenbaren kann.11 Er ist also Offenbarungsträger, weil er als Kultdiener Zugang zur himmlischen Nähe Gottes hat. Dieses besondere, himmlische Wissen des Kultdieners hat heilsgeschichtliche Bedeutung, weil es bezogen ist auf die zukünftige Errettung Israels. Auf diesen Zusammenhang und den umstrittenen V. 11 gehen wir unten ein. V. 12 formuliert die traditionelle kultrechtliche Stellung des Priesters, der seinen Lebensunterhalt vom Anteil der Gottheit bezieht. Da ab 2,9f. betont die visionäre Szene durchgehalten ist, ist wahrscheinlich, dass V. 12, ähnlich Kap. 8, an himmlische Speise und Trank sowie an himmlische Schätze denkt.12

Die zweite Engelrede (4,2-6), die, wie wir sehen werden, den heilsgeschichtlichen Rahmen voraussetzt, umschreibt die Einsetzung des Levi wie in 2,10 in einer dreigliedrigen Wendung: Levi wird Sohn sein, Knecht und Diener des Angesichts: γενέσθαι αὐτῷ υἱὸν καὶ θεράποντα καὶ λειτουργὸν τοῦ προσώπου. Θεράπων und λειτουργός entsprechen dem Nebeneinander von שמש und שרת in der Merkaba-Apokalyptik als Bezeichnung für den engelhaft-priesterlichen Dienst des Entrückten vor der Gottheit:13 in dieser Aufgabe ist er Sohn, der Gott nahen darf – so muss man die beiden dreigeteilten Wendungen zur Bestimmung der Amtseinsetzung des Levi parallelisieren.

Dass Levi υἱός ist, bezieht sich weder auf eine vorgegebene messianische Prädikation14 noch auf eine Bezeichnung des Gerechten und Auserwählten in einem allgemeineren Sinne jüdischer Frömmigkeit15, sondern auf den technischen Kontext der kultischen Gottesnähe: Er ist Sohn, weil er Zugang zum Haus Gottes hat. Als himmlisch-irdischer Kultdiener ist Levi ‚Sohn‘.16 Während die erste Engelrede aus dieser durch den kultisch-visionären Kontext ermöglichten Gottunmittelbarkeit des Levi seine Offenbarungsmittlerschaft ableitete, werden nun die himmlischen Gaben genannt, die Levi an Israel vermittelt: Er gibt vom himmlischen Licht ab, welches zugleich himmlische Erkenntnisfähigkeit bedeutet, und er gibt Segen. 4,5 führt aus, dass Levi selbst als Träger des himmlischen Erkenntnislichtes Verstand und Einsicht hat, wie er ja der Erstling der unter dem himmlischen Segen stehenden neuen Menschheit ist.

Im zweiten Berufungstraum Kap. 817 wird Levi von 7 Engeln mit den Insignien seines priesterlich-königlichen18 Amtes ausgestattet. Die Szene erinnert an Sach 3, die himmlische Neubekleidung des Hohenpriesters Josua. Auch in diesem biblischen Text kommt zum Ausdruck, dass die Würde dieses Amtes aus seiner himmlischen Verankerung stammt. Das Amt und seine Heiligkeit gründen in einer himmlischen Stiftung. So kann auch eine Erneuerung dieses Amtes nur vom Himmel aus erfolgen. Mit den äußeren Insignien des Amtes verbunden sind die ‚klassischen‘ pneumatischen Gaben nach Jes 11 und Mal 2,5-7: δικαιοσύνη, σύνεσις, ἀλήθεια, πίστις, und προφητεία; bezeichnend ist, dass diese Reihe eingeleitet wird durch die mit der στολή verbundenen ἱερατεία.19 Die ἱερατεία ist gleichsam die erste alle anderen zusammenfassende pneumatische Gabe; die ἱερατεία ist der Schlüssel zu ihnen.

Schaut man auf diese von der ἱερατεία abhängigen pneumatischen Gaben des Levi-Amtes, so erkennt man leicht, dass sie zu den beiden auch sonst mit dem Levi-Amt verbundenen Themen gehören: der Abhaltung des gerechten Gerichtes20 und, als Ermöglichungsgrund hierfür, der zum Umgang mit der himmlischen Welt gehörenden Kenntnis der Tora.21

Im zweiten Durchgang, 8,4-10, wird Levi von den Engeln mit den Insignien seines himmlisch-irdischen Amtes versehen. Die spätere Tradition von der Verwandlung des Anabatikers in einen Engel22 ist hier angedeutet, insofern Levi in leiblicher Gestalthaftigkeit an himmlischer Nahrung und an den himmlischen Heiligungsmitteln partizipiert. Er wird mit heiligem Öl gesalbt, mit reinem Wasser gewaschen, mit allerheiligster Speise aus dem Acker Gottes versehen und mit allerheiligstem Wein aus dem Weinstock Gottes getränkt.

β) Das Priesteramt des Levi gehört zum himmlischen Teil der Schöpfung

Diese visionäre Grundschicht, die Levi als Pneumatiker und Offenbarer bestimmt, weil er gemäß der vorausgesetzten Kulttheologie als Priester vor das Angesicht Gottes und in den Transzendenz-nahen himmlischen Bereich sich begeben darf, ist in verschiedenen Wendungen der TestXII in vom Berufungsrahmen losgelösten fast statischen Kategorien ausgedrückt.

Hierbei ist in erster Linie TJuda 21,1-5 zu nennen: Während Gott dem Juda die βασιλεία gegeben hat, hat er dem Levi die ἱερατεία verliehen. Das Königtum ist aber dem Priestertum untergeordnet, weil es sich auf τὰ ἐπὶ γῆς bezieht, während das Priestertum zu tun hat mit τὰ ἐν οὐρανοῖς. Die ἱερατεία τοῦ θεοῦ überragt die irdische βασιλεία, wie auch der Himmel die Erde überragt.1 Nur dann, wenn die himmlische, zu Gott gehörende ἱερατεία der Sünde verfällt, verliert sie ihre himmlische Würde und muss sich der irdischen βασιλεία unterordnen.2 Es ist also die Kategorie der kultischen Reinheit, welche das Priestertum mit dem Himmel verbindet und der Erde überhebt, und entsprechend ist diese Höherordnung nur durch Bewahrung dieser himmlischen Reinheit durchzuhalten. 21,5 nennt den Haltegrund für diese Unterscheidung: Levi darf Gott nahen und hat mit ihm Tischgemeinschaft.

Dieses Stück ist eingeordnet in einen bestimmten Zusammenhang: Hurerei (13) und Weingenuss erleichtern die Beeinflussbarkeit durch böse Geister (14-16,20) und den Herren des Irrtums (19). Dem wehren [1.] Gott selbst in seiner Barmherzigkeit (19,3), [2.] die Offenbarung durch den Engel des Herrn an die Patriarchen, [3.] die Buße und [4.] vor allem das himmlisch-irdische Leviamt, das Israel gegen die bösen Kräfte Bestand gibt (21,1).

Ähnlich unterstreicht TL 14,3 die Zugehörigkeit Levis zur höherwertigen, reinen, himmlischen Stufe der Schöpfung. So wie der Himmel und die zum Himmel gehörenden Lichter reiner sind als die Erde und irdisches Licht, so sind entsprechend die Levi-Söhne die über die Erde erhobenen φωστῆρες Israels. Dieses himmlische ‚Beleuchtungsamt‘ nehmen die Leviten wahr, indem sie Tora von Gott her geben; aber sie machen sich zu Dienern der Finsternis, wenn sie die Tora verfälschen. Auch in diesem Zusammenhang wird also die Gefährdung der priesterlichen Zugehörigkeit zum Himmel und seiner Reinheit klar bestimmt. Unreinheit und Unkenntnis markieren diesen Abfall, durch den sich der priesterliche Segen in Fluch verwandeln würde (14,4-15,4).

Juda 25,2 nennt verschiedene Subjekte des Segens, die mit den 12 Patriarchen verbunden sind: Während Levi den Segen von Gott selbst empfängt, erhalten die anderen Söhne in einer Stufenfolge ihren Segen jeweils von einer anderen himmlischen Größe. Diese kosmologisch ausgedrückte Priorität des Levi spricht auch aus TNaph 2: Levi ersteigt die Sonne, Juda den Mond, die anderen Sterne und Tierkreisbilder.

Am deutlichsten ist die Einzeichnung des Levi-Amtes in ein kultisch erschlossenes Weltbild in TRu zu sehen: Unreinheit, in Gestalt unerlaubten (1,6), ja jeden (?, vgl. 6,1f.) Geschlechtsverkehrs, kommt zustande durch Einwirkung des Geistes der Verwirrung (3,1), der die im Menschen schöpfungsmäßig angelegten Formen geistig-sinneshaften Weltbezuges (2) zu Ausdrucksformen bösen Geistes verkehrt. Hinter dieser Geistesverkehrung durch und zu sieben bösen Geistern steht Beliar (4,7.11; 6,3): Beliar bewirkt Hurerei, bzw. ist Hurerei Ausdruck der Zugehörigkeit zu Beliar, des Götzendienstes und der Zauberei. Diese Motivschicht ist heilsgeschichtlich eingeordnet in die Engelehen-Episode (5,6f.).

Wie entkommt der Mensch diesem Verbund negativer Kräfte?

Zunächst durch Buße als Hinwendung zum reinen Wandel, also grundlegend durch Vermeidung verunreinigenden Geschlechtsverkehrs und Beachtung aller Vorsicht gegenüber den Frauen (1,6; 2,9ff.; 4). Die Umkehr beruht auf Initiative von ‚oben‘, nämlich der Offenbarung durch Engel an den Urvater (2,1; 3,15; 5,3). Aber die Ermahnung des Urvaters steht nicht auf sich selbst, sondern verweist auf das Amt, die ἀρχή, des Levi, welches mit Kenntnis des Gesetzes Gottes, Anweisung für die Rechtsprechung, Opfer für Israel und Segen verbunden ist (6,8.10f.).

Schwierig zu deuten ist TRu 6,12: Danach schließt das Amt des Levi ein Sterben in sichtbaren und unsichtbaren Kriegen ein. Wir erkennen zunächst den Rückgriff auf die Verbindung des Leviamtes mit der himmlischen Welt, sofern wir τὰ ἀόρατα als Hinweis auf die himmlische = unsichtbare Welt verstehen dürfen. TL 4,1 legt es nahe, die Kategorie des ‚Unsichtbaren‘ insofern auf das ‚Himmlische‘ zu beziehen, als es im Ausdrucksbereich der Kriegs-Ideologie unsichtbare Geister gibt, die im Endgericht vergehen werden. Der unsichtbare Krieg ist der gegen die unsichtbaren Geister, der sichtbare der gegen die irdisch-sichtbaren Vertreter der bösen Seite. Diese Kriegslehre ist ja nicht nur aus Qumran bekannt,3 sondern prägt auch TL 3,1-4: Levi geht gegen die irdische Ungerechtigkeit vor (gegen die Sichemiten) und gegen Satan und seine Scharen, welche die Menschen zur Sünde verführen. Die Aussage, dass Levi in diesem doppelten Kampf stirbt, kann man natürlich als christliche Ergänzung deuten;4 freilich entsteht dann sofort der Einwand, dass hier ein Vokabular benutzt wird, das in der christlichen Tradition nicht geläufig ist.5 Umgekehrt wissen wir von den heiligen Kriegen der priesterlichen Makkabäer, zu deren Ideologie die Einbeziehung der himmlischen Hilfe gehört; auch ist Judas Makkabäus im Kampf gegen die Syrer als σώζων τὸν Ἰσραήλ gefallen.6 Hier stoßen wir auf einen historischen Haftpunkt für die Aussage vom Priesterfürsten, der in einem sichtbaren Kampf fällt, zu dem auch eine unsichtbare Ebene gehört.

Es ist also wohl zu einfach, hier pauschal zu sprechen von einem für Menschen leidenden Messias als einer für das Judentum unmöglichen Vorstellung.7 Das Judentum weiß um die Gefahr des priesterlichen Dienstes, zu dem ein besondere Gefährdung durch Dämonen und Satane gehört.8 Wenn TRu 6,12b christlicher Einschub ist, so steht er doch in enger traditionsgeschichtlicher Beziehung zum Bild des priesterlichen Mittlers, der im Kampf gegen irdische Unreinheit sich dem Bösen entgegenstellt, welches aus dem Bereich des Unsichtbaren kommt und ihn gefährdet.

Ähnlich aufgebaut wie TRu ist TSim 5-8. Hurerei führt unter die Herrschaft Beliars. Der Zusammenhang wird ausdrücklich auf eine Henoch-Tradition zurückgeführt (5,4): Levi ist derjenige, der den Krieg des Herrn führt gegen die durch Hurerei mit Beliar Verbundenen, die den Levi bekämpfen (5,4-6). Der Gehorsam gegen Levi und Juda (7,1ff.) wird demgemäß für die Angesprochenen das Heil Gottes aufgehen lassen. Hier ist in noch nicht eschatologisch zugespitztem Sinne9 Levi Träger des Heilsamtes, welches die ‚reine‘ Linie in der Heilsgeschichte ermöglicht.

Ähnlich scheint TNaphth 8,2f. auf die immerwährende Funktion des Levi- und Juda-Amtes abzuheben, nach 8,1 jedenfalls nicht nur auf jene Zeit der eschatologischen Erfüllung zu weisen: Durch Levi und Juda wird Israel das Heil vermittelt und Segen. 8,3 steht in der Tradition der kultischen Einwohnungslehre, näherhin hier wohl der kultischen Repräsentation der Gottheit durch die Priester. Dabei entspricht die Ausweitung des Blicks auf die Welt der Völker, die hinzugefügt werden sollen, dem traditionellen Anspruch des Zion auf kosmische Bedeutung. 8,3c klingt an die eschatologische Ausgestaltung dieser Heilsbedeutung des Zion für die Welt im Spät-Prophetismus an. Ab 8,4 schlägt der Zusammenhang in ein Licht eschatologischer Verherrlichung um. Auch TGad 8,1 spricht in einem mehr amtsmäßig-zeitlosen Sinn vom Heil des Herrn für Israel, das Gott aus Levi und Juda aufgehen lässt. 8,2 macht dann deutlich, dass dieser Bestimmung des Levi- (und Juda-)Amtes ein idealer Charakter zukommt. Geschichtlich kann das Leviamt seine Heilsfunktion wegen des Ungehorsams Israels eben nicht wahrnehmen, so dass aus dieser Diskrepanz eine eschatologische Perspektive entsteht. Andersherum gesagt: Das eschatologische Heil ist die endgültige Vollendung des mit dem Levi-Amt verbundenen Segens und Heils.

Zu fragen wäre ferner, ob nicht der in TDan 6,1ff. erwähnte Mittlerengel in einer gewissen Parallele zum Levi-Amt steht: Auch er wehrt dem Reich des Feindes, dem Satan und seinen Geistern. Ist er das himmlische Gegenstück zu Levi?

γ) Das Priesteramt des Levi weist auf die eschatologische Kultordnung der Schöpfung

Die genannten Motive ‚visionäre Berufung‘ und ‚himmlische Bedeutung des Levi-Amtes‘, beide kultisch geprägt, berühren selbst und werden ergänzt durch ein drittes, welches das Levi-Amt in eine heilsgeschichtliche Dimension einordnet.

Die visionäre Berufung des Levi ist offenbar schon in der ältesten aramäischen Traditionsfassung eingebunden in eine Bestimmung der Gegenwart als von Dunkelheit, Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit beherrscht. Das Priestertum des Levi bedeutet Abkehr von den bösen Kräften und Hinwendung zur Segensgemeinschaft zwischen Himmel und Erde. Das Amt des Levi ist eingezeichnet in ein kultapokalyptisches Geschichtsbild, dem wir im 1Hen, dort vor allem in den Kapp. 6-12 aus dem alten Wächter-Buch, begegneten: Die Sünde kommt durch Einwirkung der bösen Geister auf die Menschen zustande, und zwar durch anti-kultische Verunreinigung und die Verkehrung des Kultgeheimnisses in Zauber. Diese Tradition geht zurück auf eine bestimmte Auslegung von Gen 4,26.1 Dieser antikultischen Verwirrung der Schöpfung wird gewehrt durch Eintreten der guten Engel gegen die bösen Geister: Sie binden den Anführer der bösen Geister, Asasel, wobei damit gleichzeitig der Ritus des Jom Kippur als irdische Entsprechung dieses himmlischen Vorgangs gedeutet wird. Heilsgeschichtlich-irdisch beginnt dieser Umschwung also durch die Stiftung eines Kultes, der Reinheit bewahrt und das Kultgeheimnis schützt. Henoch wandelt mit den Heiligen und wird der himmlische Kultdiener Gottes. Aus diesem Themenverbund – (1.) Schöpfungsordnung, in der die Menschen in himmlisch-irdischer Gottesgemeinschaft stehen; (2.) böse Engel führen zu Unreinheit; auch Zauber bewirkt eine anti-kultische Verunordnung der Schöpfung; (3.) gute Engel sowie ein Reinheit und Entsühnung erwirkender Kultus als Hüter der Schöpfungsordnung – entsteht das Grundprogramm einer kultapokalyptischen Erlösungslehre.

Die irdische Gestalt, die in diesem ‚Verbund‘ agiert, ist der pneumatisch begabte Priester, der sich mit den Engeln verbindet und die Entsühnung als Befreiung von Sünde, Tod und Teufel betreiben kann. Levi ist ferner der erste Mensch, der der Neuschöpfung entspricht als der pneumatisch neue Mensch, ausgehend vom Zielbild der ezechielischen Kultapokalyptik (Ez 36).

Nach dem aram. Fragment in 4Q bittet Levi als Zurüstung zu seinem Amt um Einweisung in den Weg der Wahrheit, darum, dass Bosheit und Ehebruch von ihm weggenommen werden, um Weisheit, Einsicht und Stärke, um Erbarmen vor Gott, dass kein Satan über ihn herrsche. Der Zusatz zu TL 2,3 in Hs e macht noch deutlicher, dass hinter der Erneuerung des Levi in Vorbereitung für seinen kultischen Dienst das Programm einer rituell-pneumatischen Reinigung steht. Levi reinigt sich durch Waschung in reinem Wasser, taucht sich ganz unter in fließendem Wasser; er ordnet seine Wege geradeaus2 und spricht sein Gebet zu Gott ‚vor den Heiligen‘. Das Gebet nach Hs e nennt über den erhaltenen Teil des aramäischen Textes hinaus die Bitte um die Entfernung des ungerechten Geistes und die Gabe des Heiligen Geistes. Diese pneumatische Erneuerung ist Voraussetzung dafür, dass nicht ein Satan über ihn Gewalt hat. Reinigung, Geistverleihung und damit Befreiung vom Einfluss unreinen Geistes bilden die Voraussetzung zur Neugestaltung des Menschen, der der himmlischen Reinheit entspricht.

Es reicht nicht aus, mit Haupt3 in diesem die visionäre Berufung des Levi vorbereitenden Gebet den Entwurf des Idealbildes eines Frommen zu sehen. Zumindest muss diese Frömmigkeit näher charakterisiert werden: Es geht um eine priesterliche Frömmigkeit, nach der der Gerechte rituell-exorzistisch erneuert werden muss, um so als neuer Mensch der neuen Schöpfung Gottes entsprechen zu können.4 Die Frömmigkeit des Levi gehört einerseits zur Ausrüstung für sein Amt: Nur als Gereinigter, im inneren Geist und im Wandel, taugt er zum himmlisch-irdischen Kultdiener Gottes (εἶναι σου δοῦλος καὶ λατρεῦσαι σου καλῶς, V. 11), der ihm nahen darf (V. 11 und 18). Nur als zum Kultdienst durch pneumatische Erneuerung befähigter Mensch kann er das Wort Gottes hören, ja Teilhaber des göttlichen Wortes werden. Andererseits gilt ebenso: Diese pneumatische Zurüstung für sein Amt macht den Levi nicht einfach zu einem Vorbild nachahmenswerter Frömmigkeit. Die Segenskraft des ihm geöffneten kultischen Mittlungsdienstes5 tilgt die Gesetzlosigkeit und schafft damit den Einstieg in die Neuschöpfung des Gottesvolkes (13). Der durch pneumatische Neuschöpfung zum himmlisch-irdischen Kultdienst befähigte Levi empfängt aus Gottes Mund Tora und wehrt durch ihre Weitergabe der Ungerechtigkeit in einem wahren Gericht.6 Das Priesteramt erschließt den Zugang zum himmlisch-reinen Teil der Schöpfung, und der Priester erfährt als erster eine Gottesbegegnung, wie sie in einer von Ungerechtigkeit befreiten Welt durch die Einwohnung Gottes allen zuteilwerden wird.7

In TLevi 2,3f. ist der Zusammenhang der heilsgeschichtlichen Einordnung des Levi-Amtes komprimiert: Der zu berufende Kultdiener erhält vorab den Geist des Herrn, erkennt darin die Verderbtheit der Menschen und bittet um Errettung für die Menschensöhne, auf die hin dann seine himmlische Amtseinführung bezogen ist. In 5,1ff. entsprechen dem Zugang zum himmlischen Heiligtum der irdische Kampf gegen die Gottlosigkeit (Rache an den Sichemiten), und beides bereitet die eschatologische Einwohnung Gottes vor. Das levitische Priestertum wird zur Nahtstelle, zum Bezugspunkt für die eschatologische Einwohnung Gottes. Auch TRu 6,7f. begrenzen die ἀρχή des Levi, welche in der Unterweisung und im Opferdienst für Israel besteht,8 auf die Zeit μέχρι τελειώσεως χρόνων; da in der zusätzlichen Bestimmung in 6,8 (ἀρχιερεὺς χριστός) christliche Bearbeitung durchscheint,9 ist auch hier ursprünglich ein Bezug des Levi-Amtes auf die durch es ermöglichte endzeitliche Theophanie gegeben. Das Mittleramt des Priesters endet dort, wo jede Mittlung unnötig wird. Entsprechend gehört gerade in die Zeit der Entfremdung von Himmel und Erde, dass es eine kultische Vermittlung gibt, in der der Priester vor das Angesicht Gottes in die himmlische Heiligkeit eintreten darf. Durch die heilsgeschichtliche Begrenzung und Verzahnung des Priesterdienstes wird das pneumatische, visionäre Hinüberschreiten des Priesters aus dem einen in den anderen Bereich der getrennten Schöpfung als eschatologisch bedeutsamer Vorgang erkennbar.

TLev 4,1ff. spezifizieren den heilsgeschichtlichen Einsatz des Levi-Amtes, insofern hier der dem Levi enthüllte, verderbte Zustand der Menschheit direkt bezogen ist auf das eschatologische Gericht: in ihm findet diese Verderbnis ihr Ende. Levi aber und das von ihm an die himmlische Heiligkeit gebundene Israel sind von dieser Ungerechtigkeit getrennt, so dass, während die Ungerechten dem Gericht entgegengehen, mit dem um das Levi-Amt gescharten Israel eine Insel der himmlisch-eschatologischen Neuschöpfung entsteht. Diese eschatologische Neuschöpfung beginnt mit der himmlischen Installierung des Levi.

Levi ist – so können wir zwischenzeitlich summieren – insofern ‚Erlöser‘, als er, bzw. sein Amt, die Verbindung zum himmlischen und reinen, heiligen Teil der Schöpfung herstellt, von dem aus die Erlösung sich vollziehen wird. Die eschatologische Heilsmittlerrolle des Levi ist eine Steigerung seines kultischen Mittlungs- und Offenbarungsamtes.

Es ist allerdings zu beachten, dass Levi (und Juda) nirgends Messias/Christus genannt werden. Nicht umsonst sieht sich von der Woude genötigt, diese terminologische Lücke durch Ersatzbegriffe wie ‚Organ‘, ‚Werkzeug‘ Gottes zu füllen;10 de Jonge spricht von ‚intermediaries‘11.

Eine Grundschicht der Eschatologie des TXII geht von der Theophanie Gottes aus:

TSeb 9,8 spricht nach Mal 3,20 vom Aufgehen der Sonne der Gerechtigkeit, einer Theophanie Gottes in Jerusalem, die die Verbannung beendet und die Heilszeit einleitet. Kontext ist also ein SER-Stück12, das ergänzt ist durch eine erneute Periode des Abfalls und der Vollendung. Die Theophanie Gottes als entscheidendes eschatologisches Heilsgeschehen stammt also aus der spätprophetischen Tradition von der eschatologischen Einwohnung Gottes im Zion.13 Eine messianische Ausformung fehlt dabei noch ganz. Auch TAsser 7 liegt V. 2f. ein SER-Stück zugrunde, welches nun gerahmt ist durch einen Rückgriff auf die Sünde der Urzeit (Sodom) und einen Vorgriff auf die Überwindung der hinter der Sünde stehenden Macht in der Endzeit. Die Errettung aus dem Exil wird gedeutet im Lichte der Heimsuchung der Erde durch den Höchsten als eines eschatologischen Geschehens. Eine messianische Ausformung fehlt auch hier ganz. Ein Vergleich mit verwandten Stücken in Jub (1,17) und äthHen (25,3) zeigt, dass wir hier die typische Tradition der eschatologischen Heilstheophanie auf dem Zion vor uns haben, die ohne messianische Mittlergestalt auskommt.

Umso interessanter sind die Stücke, in denen nun dennoch auf diese Zion-Theophanie-Schicht eine zweite gelegt wird, die Levi (und Juda) als menschliche Heilsmittler bezeugt.14

TL 5,2 heißt es: „Dir habe ich die Segnungen des Priesteramtes gegeben, bis ich komme, um in der Mitte Israels zu wohnen.“ Hier sind Priesteramt und Theophanie gleichsam zwei aneinander stoßende Heilsepochen, insofern die kultische Mittlung, die Verbindung zur von der Erde getrennten himmlischen Welt, dann ein Ende findet, wenn Gott auf dem verklärten Zion sichtbar wird und dergestalt diese Trennung endgültig und in einem umfassenden Sinn einer Neuschöpfung weicht.

Entsprechend heißt es TL 8, 11: Der Same Levis wird in drei ἀρχαί aufgeteilt (Hochpriestertum, Priestertum und Levitentum im engeren Sinne)15 εἰς σημεῖον δόξης Κυρίου ἐπερχομένου: Die kultische Mittlung zwischen Himmel und Erde ist ein Hinweis auf die Herrlichkeit, in der alle Mittlung ihr Ziel und ihre Aufhebung findet, nämlich in der Einwohnung Gottes im verklärten Zion.

TSim 6,5: „Gott wird auf der Erde wie ein Mensch erscheinen und selbst Adam retten“. Im Kontext geht es um den eschatologischen Krieg und die Auferstehung. Dadurch entsteht eine sehr lose Verbindung zwischen der Theophanie als Heilshandeln Gottes an Adam und der Beteiligung Levis und Judas am eschatologischen Krieg.

Dass Gott sich bei seiner Theophanie der Rettung Adams annimmt, weist auf einen Traditionshintergrund, nach dem der verklärte Zion mit dem Paradies verbunden ist. 3Hen 5f. macht relativ geschlossen mit dieser Adam-Paradies-Tradition und den darin eingezeichneten heilsgeschichtlichen und messianischen Perspektiven vertraut. Das Paradies war ein irdischer Ort, der durch die Einwohnung der Schekina mit himmlischen Qualitäten gesegnet war. Nach der Vertreibung sitzen Adam und seine Generation vor dem Paradies, können aber die Segenskraft der Schekina noch in der abgemilderten Form eines Gefeitseins gegen Fliegen, Krankheit und böse Geister erfahren. Als aber das Geschlecht der Sintflut und mit ihm der Missbrauch des Gottesnamens zu Zauber und Götzenverehrung aufkam, da konnte Gott diese Nähe zur verunreinigten Erde nicht mehr dulden und entfernte seine Schekina von der Erde und von den Menschen weg. Damit aber die Verbindung zu den Menschen auf Erden nicht ganz abreißt, wird Henoch mit der Schekina zusammen in den Himmel geholt. Er ist Gerechter, der gegen die Ungerechtigkeit zeugen muss im Gericht. Als Metatron, שר הפנים, wird er mit allen Gaben himmlischen Lebens ausgestattet, ja geradezu vergöttlicht. Diese Wandlung des Gerechten in einen Himmlischen macht ihn zum Offenbarer und Heilsmittler, der menschliches Leben in Gemeinschaft mit der Schekina und damit eschatologisches Leben realisiert. Diese Deutung der Urzeit ist die Folie für die Darstellung der eschatologischen Erlösung, nämlich einer neuen Einwohnung der Schekina, die das Adam-Geschlecht aus seiner Trennung vom himmlischen Leben erlöst. Kap. 48 (Ed. Odeberg, §§ 68-76 Ed. Schäfer) beschreiben dieses eschatologische Gegenstück: Der rechte Arm Gottes, der die Welt erschaffen und sie erleuchtet hat, ruht seit der Zerstörung des Tempels hinter seinem Rücken. Die kultischen Mittlungsformen, die den rechten Arm Gottes zum Eingreifen bewegen konnten, und denen sich Gott einst ‚verbunden‘16 hat, gibt es nicht mehr. Nur noch die Gerechten im Himmel bitten Gott um die Erlösung der Irdischen. Gott wartet daraufhin nicht mehr auf Gerechtigkeit und Barmherzigkeit unter den Menschen, sondern er greift ein um seiner eigenen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit willen. Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als Zeichen himmlischen Lebens können von der Erde nicht erwirkt werden, sondern müssen als himmlische Gaben kommen. Mit seinem Arm, in der Kraft seiner Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, greift Gott ein. 3Hen 48 mündet dieser Erlösungsprozess in den für die Redaktionszeit dieses Stoffes ‚normalen‘ Messianismus: Der Messias rettet Israel aus den Völkern und bringt sie nach Jerusalem. Dort sammeln sie sich zum eschatologischen Mahl auf dem verklärten Zion, auf den alle Völker schauen werden. So wird Gott König über die ganze Erde. Diese königlich messianische Ausformung der Zionsverklärung verbindet Theophanie-Elemente mit solchen einer messianischen Epiphanie.

Ursprünglicher ist 1Hen 25, weil hier die eschatologische Verklärung zur Paradiesherrlichkeit Adams, dem protologischen Stück, parallel läuft.

In dieser Konzeption ist der Hintergrund für TSim 6,5-7,3 zu sehen: zwischen die beiden Pole einer ursprünglichen und einer eschatologischen Gottesgemeinschaft für das Adam-Geschlecht liegt die kultische Mittlungsform des Levidienstes.17 Am Ende aber wird Gott wie ein Mensch erscheinen und selbst Adam retten.

Die Formulierung ὡς ἄνθρωπος spricht nicht unbedingt für christliche Bearbeitung; sie klänge in christlichen Ohren doketisch und wäre schon durch einfache, neutestamentliche Ausdrücke präziser zu fassen gewesen.18 Ὡς ἄνθρωπος meint wohl aber die ursprünglich anthropomorphe Verleiblichung Gottes, die der ursprünglichen Gottebenbildlichkeit des Menschen entsprach. Gott stellt die Paradiesgemeinschaft wieder her, begibt sich in die Gefahr der ihn vermenschlichenden Menschennähe.

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