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VIII. Fortsetzung der mündlichen Verhandlung

165

Nach der Beweisaufnahme wird die mündliche Verhandlung fortgesetzt. Der Sach- und Streitstand sowie das Ergebnis der Beweisaufnahme werden nochmals erörtert (§ 279 Abs. 3 ZPO). Das Gericht muss insbesondere darlegen, ob es die unter Beweis gestellte Behauptung für bewiesen hält oder nicht. Die wesentlichen Aspekte der Beweiswürdigung muss es zur Diskussion stellen. Hierdurch soll den Parteien Gelegenheit gegeben werden, durch weitere Aufklärungs- oder Überzeugungsarbeit, Richtigstellungen oder neue Beweisanträge noch Einfluss auf die Tatsachenfeststellung zu nehmen.[14] Wird den Parteien die Abschlusserörterung verwehrt, verletzt dies den Anspruch auf rechtliches Gehör. Außerdem bietet die Schlusserörterung die Möglichkeit, die Parteien – letztmalig – zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Sobald der Streit zur Entscheidung reif ist, schließt das Gericht die mündliche Verhandlung.

2. Teil Erkenntnisverfahren › D. Ablauf eines Zivilprozesses › IX. Urteil

IX. Urteil

166

Sobald die mündliche Verhandlung geschlossen ist, erlässt der Richter ein Urteil (§§ 136 Abs. 4, 300 Abs. 1 ZPO). Das Urteil kann sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet werden. Dieses wird auch als „Stuhlurteil“ bezeichnet. Andernfalls erfolgt die Verkündung in einem separaten Verkündungstermin (§ 310 Abs. 1), zu dem die Parteien aber in der Regel nicht hingehen. Nicht selten rufen die Anwälte bei der Geschäftsstelle an und fragen nach dem Inhalt des Urteils. Andernfalls wird die Zustellung des Urteils abgewartet, die stets von Amts wegen erfolgt (§§ 317 Abs. 1, 270 ZPO).


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Anmerkungen

[1]

Überblick bei Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 114.

[2]

BGH NJW 2016, 1517, 1518.

[3]

BGH NJW 2017, 3721, 3722.

[4]

BGH NJW 2013, 387, 390.

[5]

Ausführlich Zöller/Vollkommer ZPO Einl. Rn. 52 ff.

[6]

Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 346; Schilken Zivilprozessrecht Rn. 236.

[7]

BGH NJW 2001, 2477, 2478; vgl. auch BGH NJW-RR 2010, 891.

[8]

Vgl. Palandt/Grüneberg BGB § 291 Rn. 1 (geringe praktische Bedeutung der Norm).

[9]

Vgl. Musielak/Voit/Foerste ZPO § 275 Rn. 3 (Einräumung längerer Fristen regelmäßig erforderlich).

[10]

Zöller/Greger ZPO § 276 Rn. 2.

[11]

Adolphsen Zivilprozessrecht § 10 Rn. 8.

[12]

Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 210.

[13]

Vgl. Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 128 ff.

[14]

Zöller/Greger ZPO § 279 Rn. 5.

2. Teil Erkenntnisverfahren › E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage

E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage

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Mit der Zustellung der Klage ist der Beklagte über das klägerische Vorbringen informiert. Er muss sich nun überlegen, welche Maßnahmen er zu seiner Verteidigung ergreifen will. Die ZPO bietet hierfür verschiedene prozessuale Instrumente an.

2. Teil Erkenntnisverfahren › E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › I. Prozesshandlungen und ihre Auslegung

I. Prozesshandlungen und ihre Auslegung

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Bevor die einzelnen Prozesshandlungen vorgestellt werden, die der Beklagte zur Verteidigung gegen die Klage vorbringen kann, ist zunächst der Begriff der Prozesshandlung zu klären. Während im materiellen Recht der Begriff Willenserklärung im Vordergrund steht, ist es im Prozessrecht die Prozesshandlung. Als Prozesshandlungen werden die Handlungen der Parteien bezeichnet, die dazu dienen, den Prozess zu beginnen, voranzutreiben, zu gestalten oder zu beenden.[1]

Beispiele

Mona erhebt Klage, die V-GmbH stellt den Antrag auf Klageabweisung, Mona stellt ein Fristverlängerungsgesuch, die V-GmbH erkennt den Anspruch von Mona an, Mona legt gegen das Urteil Berufung ein, die V-GmbH erhebt Widerklage.

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Einigkeit besteht, dass Prozesshandlungen grundsätzlich nach den Regeln des Prozessrechts bewertet werden.[2] Allerdings gibt es in der ZPO kein eigenes Kapitel zu „Prozesshandlungen“. Daher ist es Aufgabe der Gerichte, aus den verschiedenen Vorschriften der ZPO prozessuale Grundsätze herauszuarbeiten. Ein Rückgriff auf das BGB ist nur ausnahmsweise erlaubt. Prozesshandlungen sind jedenfalls der Auslegung zugänglich (§§ 133, 157 BGB analog), sofern die Erklärung nicht eindeutig ist.[3] Dabei ist der wirkliche Wille der Partei zu ermitteln. Das Gericht darf bei der Interpretation nicht an dem buchstäblichen Sinn der Erklärung der Partei verhaftet bleiben, sondern muss davon ausgehen, „dass die Partei das erreichen möchte, was ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht“.[4] Hier kann die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) helfend eingreifen. Schließlich ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beachten (z.B. Verbot widersprüchlichen Prozessverhaltens).[5]

Hinweis

Prägen Sie sich den Begriff der Prozesshandlung gut ein. (Fast) jede Aktion des Klägers oder des Beklagten im Prozess ist eine Prozesshandlung. Dieser Begriff gehört daher zum Basiswissen (wie der Begriff der Willenserklärung im materiellen Recht).

1. Bewirkungs- und Erwirkungshandlungen

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Üblicherweise werden die Prozesshandlungen zunächst nach ihrer Wirkung unterschieden. Es gibt Erwirkungshandlungen und Bewirkungshandlungen.[6] Bewirkungshandlungen ändern die prozessuale Lage unmittelbar (z.B. Anerkenntnis, Klagerücknahme). Erwirkungshandlungen benötigen noch ein Tätigwerden des Gerichts (z.B. Beweisantrag, damit das Gericht den Zeugen lädt). Bewirkungshandlungen sind nur in seltenen Fällen widerruflich. Erwirkungshandlungen sind dagegen grundsätzlich widerruflich (Rn. 173).

2. Wirksamkeit von Prozesshandlungen
a) Allgemeine Voraussetzungen

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Die Voraussetzungen bestimmen sich allein nach dem Prozessrecht. Es müssen die allgemeinen Prozesshandlungsvoraussetzungen vorliegen.[7] Diese sind Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, Postulationsfähigkeit (Anwaltsprozess § 78 ZPO), Formerfordernis sowie Wirksamwerden mit Zugang. Die meisten Prozesshandlungen bedürfen keiner Form. Prozesshandlungen können in der mündlichen Verhandlung durch mündliche Erklärung gegenüber dem Gericht erfolgen. Außerhalb der mündlichen Verhandlung werden Prozesshandlungen durch Einreichung eines Schriftsatzes vorgenommen. § 340 Abs. 1 ZPO), die Berufungseinlegung (§ 519 Abs. 1 ZPO) oder die Revisionsschrift (§ 549 Abs. 1 ZPO). Ab 2018 ist auch die elektronische Einreichung von Schriftsätzen erlaubt (§ 130a ZPO). In Einzelfällen kann die Prozesshandlung auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (z.B. übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO). Adressat der meisten Prozesshandlungen ist das Gericht, so dass zur Wirksamkeit der Zugang bei Gericht (selten bei der gegnerischen Partei) erforderlich ist.

b) Bedingungsfeindlichkeit

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Prozesshandlungen sind anders als materielle Rechtsgeschäfte grundsätzlich bedingungsfeindlich. Sie dürfen daher nicht vom Eintritt einer Bedingung (§ 158 BGB) oder Befristung (§ 163 BGB) abhängig gemacht werden.[8] Mit den Interessen einer geordneten Rechtspflege wäre es kaum vereinbar, wenn Mona die Klagerücknahme „unter der Bedingung, dass mein Vater die Prozesskosten übernimmt“ erklären könnte. Dass derartige Handlungen unwirksam sind, leuchtet ein. Eine Ausnahme wird für sog. innerprozessuale Bedingungen gemacht.[9] Hier wird die Handlung von einem Ereignis abhängig gemacht, das unmittelbar im Prozess (vor den Augen des Richters) stattfindet. Das Ereignis kann eine bestimmte Entscheidung des Richters sein oder die Beurteilung einer dafür erheblichen Rechtsfrage. Zulässig sind daher sog. Hilfsanträge, die nur unter der Bedingung wirksam werden sollen, dass das Gericht den Hauptantrag abweist.[10] Denn dies betrifft Vorgänge im bestehenden Prozessrechtsverhältnis. Prozesshandlungen, die ein Prozessrechtsverhältnis erst begründen sollen, können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Unzulässig ist demzufolge die bedingte Einlegung der Klage, der hilfsweise erklärte Parteiwechsel, die hilfsweise Klageerhebung gegen einen Dritten, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels, die bedingte Rücknahme eines Rechtsmittels oder der bedingte Parteibetritt zu einem selbstständigen Beweisverfahren.[11]

Beispiel

Mona verklagt die V-GmbH auf Kaufpreisrückzahlung wegen eines Mangels der Fliesen aufgrund Rücktritts (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB). Kommt der Richter nach einer Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der Mangel der gekauften Sache unerheblich ist, würde Mona den Prozess verlieren. Daher stellt Mona einen zweiten (Hilfs-)Antrag bei Gericht. Hilfsweise beantragt sie Minderung (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) für den Fall, dass das Gericht die Erheblichkeit des Mangels verneint. Hier werden zwei Anträge so miteinander verbunden, dass über den zweiten nur entschieden werden soll, wenn der erste nicht erfolgreich ist. Das ist zulässig, da es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt. Das Gericht hat den Eintritt der Bedingung „selbst in der Hand“. Die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 BGB) erstreckt sich auch auf den Hilfsantrag.[12]

c) Willensmängel

173

Umstritten ist, ob Prozesshandlungen nach den Vorschriften des BGB (§§ 119, 123 BGB analog) wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung angefochten werden können. Die h.M. lehnt dies aus Gründen der Rechtssicherheit ab und leitet die Rechtsfolgen allein aus dem Prozessrecht ab.[13] Das Prozessrecht (die ZPO) erlaubt in bestimmten Fällen, eine Prozesshandlung durch Widerruf oder Rücknahme zu beseitigen. So existieren für das Geständnis (§ 290 ZPO) und die Klagerücknahme (§ 269 Abs. 1 ZPO) spezielle Regelungen. In den übrigen Fällen der Bewirkungshandlungen (z.B. Anerkenntnis) gilt daher, dass ein Widerruf grundsätzlich nicht möglich ist,[14]es sei denn, es liegt ein Restitutionsgrund (§ 580 ZPO) vor.[15] Ausnahmen macht die Rechtsprechung außerdem für die sog. Erwirkungshandlungen, die noch ein Tätigwerden des Gerichts erfordern und demgemäß nur „mittelbar“ auf den Prozess einwirken. So sind Erwirkungshandlungen grundsätzlich widerruflich (z.B. Antrag auf Vernehmung eines Zeugen, einseitige Erledigungserklärung), solange keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist.[16]

d) Besonderheiten für Prozessverträge

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Eine weitere Ausnahme gilt für sog. Prozessverträge (z.B. Gerichtsstandsvereinbarungen, Verträge über eine Klagerücknahme). Anders als bei einseitigen Prozesshandlungen gelten bei zweiseitigen Prozessverträgen auch die allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts. Prozessverträge sind daher grundsätzlich nicht bedingungs- und befristungsfeindlich (§§ 158, 163 BGB) und können analog §§ 119, 123 BGB angefochten werden.[17] Gleiches gilt für Verträge, die sowohl materiell-rechtliche als auch prozessrechtliche Wirkung haben (z.B. Prozessvergleiche).

3. Rechtzeitigkeit von Prozesshandlungen
a) Versäumung von Prozesshandlungen und Wiedereinsetzung

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Ist für die Prozesshandlung eine Frist bestimmt, muss sie innerhalb dieser Frist vorgenommen werden. Dabei gibt es gesetzliche Fristen (z.B. für die Berufungseinlegung § 517 ZPO oder für die Einlegung der Revision § 548 ZPO) oder richterliche Fristen (z.B. Prozesskostensicherheit § 113 ZPO). Nach Ablauf der Frist ist die Partei mit der Prozesshandlung ausgeschlossen (§ 230 ZPO = Präklusion). Das kann für den Betroffenen äußerst nachteilig sein, etwa wenn er die Frist für die Berufungseinlegung aus „Schusseligkeit“ versäumt hat. Daher gewährt die ZPO in bestimmten Fällen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO). Die Prozesshandlung kann dann trotz Verspätung nachgeholt werden. Statthaft ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in den in § 233 ZPO aufgeführten Fällen (Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen = Notfristen, Fristen für die Begründung von Rechtsbehelfen und Frist für den Wiedereinsetzungsantrag selbst). Neben dem Wiedereinsetzungsantrag muss die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt werden (§ 236 ZPO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist begründet, wenn die Partei ohne ihr Verschulden (z.B. schwerer Autounfall) an der Einhaltung der Frist gehindert war.[18] Das Verschulden ihres Rechtsanwalts wird der Partei zugerechnet (§ 85 Abs. 2 ZPO). Ist der Wiedereinsetzungsantrag zulässig und begründet, wird die rechtzeitige Vornahme der Prozesshandlung fingiert. Die Präklusion nach § 230 ZPO wird rückwirkend beseitigt.

Hinweis

Fristen spielen in der ZPO eine wesentliche Rolle. Die Berechnung von Fristen ist daher ebenso relevant wie die Kenntnis über die Folgen ihrer Versäumung. Grundsätzlich kann eine versäumte Frist durch den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung nachgeholt werden. Die Parteien können sich allerdings nicht auf die Vergesslichkeit ihres Anwalts berufen, da dessen Verschulden der Partei stets zugerechnet wird (§ 85 Abs. 2 ZPO).

b) Angriffs- und Verteidigungsmittel

176

Für Prozesshandlungen, die Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind, existiert in § 296 ZPO eine eigenständige Präklusionsvorschrift (= Zurückweisung verspäteten Vorbringens). Ziel ist es, Parteiverhalten zu sanktionieren, das der Prozessförderungspflicht zuwiderläuft. Eine „Überbeschleunigung“ gilt es aber zu verhindern, da Verfahrensrecht nicht Selbstzweck ist, sondern der materiellen Gerechtigkeit dient.[19] Nach § 296 Abs. 1 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer vom Richter gesetzten Frist vorgenommen werden, zurückzuweisen, es sei denn, dass keine Verzögerung des Prozesses eintritt oder die Partei die Verspätung ausreichend entschuldigt. Nach § 296 Abs. 2 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die gegen die Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1, 2 ZPO verstoßen, zurückzuweisen, wenn ihre Zulassung den Rechtsstreit verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Angriffs- und Verteidigungsmittel sind alle tatsächlichen Behauptungen, Bestreiten, Einreden sowie Beweisangebote. Nach umstrittener Ansicht zählt dazu auch die Aufrechnung.[20] Der Begriff der Verzögerung spielt in § 296 ZPO eine zentrale Rolle. Der BGH tendiert zu einem absoluten Verzögerungsbegriff. Danach liegt eine Verzögerung vor, wenn der Prozess bei Zulassung der verspäteten Prozesshandlung länger dauern würde als bei deren Zurückweisung.[21] Dieser strenge Maßstab soll einer Prozessverschleppung durch die Parteien effektiv entgegenwirken. Das BVerfG korrigiert diese Ansicht im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG dahingehend, dass die Handlung nicht präkludiert werden darf, wenn offenkundig ist, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre.[22] Da Sachverständige für ihr Gutachten i.d.R. längere Zeit benötigen, kann dieses Beweismittel „verspätet angeboten werden“.[23] In der Praxis spielt § 296 ZPO keine schwerwiegende Rolle, da die Gerichte spätes Vorbringen eher großzügig zulassen.

Beispiel

Im zweiten Verhandlungstermin benennt die V-GmbH einen Zeugen. Sie hätte den Zeugen aber bereits in der Klageerwiderung als Beweismittel anführen können (ein Vorbringen im ersten Termin ist nie verspätet nach § 282 Abs. 1 ZPO).[24] Für die Vernehmung ist also ein neuer Termin erforderlich. Das verzögert den Prozess um Monate (absolut). Für den verspäteten Beweisantritt fällt der V-GmbH keine Ausrede ein. Der Zeuge ist nach dem absoluten Verzögerungsbegriff präkludiert. Nach Ansicht des BVerfG wäre noch zu prüfen, ob auch bei rechtzeitiger Nennung dieselbe Verzögerung eingetreten wäre (ein eigener neuer Termin erforderlich gewesen wäre). Das wäre der Fall, wenn der Zeuge wegen Krankheit oder Auslandsurlaub sowieso nicht zum zweiten Termin hätte kommen können.

2. Teil Erkenntnisverfahren › E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › II. Prozessverhalten des Beklagten im Überblick

II. Prozessverhalten des Beklagten im Überblick

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Die Möglichkeiten des Beklagten auf die Klage zu reagieren, sind vielfältig. Er kann den Kopf in den Sand stecken und überhaupt nichts tun. In diesem Fall ergeht Versäumnisurteil (hierzu Rn. 268 ff.). Der Beklagte kann auch aktiv den Rechtsstreit beenden, indem er den prozessualen Anspruch des Klägers anerkennt. Dann ergeht Anerkenntnisurteil (hierzu Rn. 207 ff.). In beiden Fällen gewinnt der Kläger auf ganzer Linie. Der Beklagte kann außerdem versuchen, sich mit dem Kläger in dieser Phase noch gütlich zu einigen. Für einen Prozessvergleich braucht er allerdings die Mitwirkung des Klägers. Schließlich kann der Beklagte den Ehrgeiz entwickeln, die Klage zu Fall zu bringen. Für diese Art der Verteidigung stehen ihm im Wesentlichen drei prozessuale Möglichkeiten zur Verfügung. Diese sind der Klageabweisungsantrag, die Aufrechnung sowie die Widerklage.


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2. Teil Erkenntnisverfahren › E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › III. Der Klageabweisungsantrag

III. Der Klageabweisungsantrag

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Die Formulierung eines Klageabweisungsantrags ist denkbar einfach. Er lautet „Die Klage wird abgewiesen“. Als Begründung kann der Beklagte eine Vielzahl von Varianten vortragen. Zum einen kann der Beklagte zur Begründung vortragen, dass eine Prozessvoraussetzung (Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit etc.) fehlt.[25] Damit könnte er die Abweisung der Klage als unzulässig erreichen (Prozessurteil). Zum anderen kann der Beklagte aber auch ein Sachurteil begehren, mit dem die Klage als unbegründet abgewiesen wird. Hierzu muss der Beklagte den Tatsachenvortrag des Klägers im Einzelnen (= substantiiert) bestreiten. Das Bestreiten führt dazu, dass der Kläger nach den Grundsätzen der Beweislast die behaupteten Tatsachen beweisen muss.

Ausgangsfall

Die V-GmbH bestreitet den von Mona geltend gemachten Gewährleistungsanspruch. Die GmbH trägt vor, dass kein Sachmangel der Fliesen vorliege. Zudem seien die Verfärbungen erst durch ein falsches Putzmittel verursacht worden. Außerdem würden die Austauschkosten maximal 200 € betragen. Prinzipiell muss nun Mona sämtliche streitigen Tatsachen beweisen. Allerdings hat sie ein wenig Glück. Mona muss nicht beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag (§ 477 BGB n.F.).

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Bestreitet der Beklagte die vom Kläger behaupteten Tatsachen nicht, ist das prozessual nicht ungefährlich. Damit gelten die Tatsachen als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Für den Beklagten ist es daher wichtig, die Klageschrift intensiv zu lesen. Überliest er eine Tatsachenbehauptung und äußert sich demzufolge nicht, entfällt die Beweisbedürftigkeit für den Kläger. Gleiches gilt, wenn der Beklagte die behauptete Tatsache ausdrücklich zugesteht (§ 288 ZPO). Der Streit um Tatsachen kann daher über Erfolg oder Misserfolg einer Klage entscheiden.

180

Der Beklagte kann aber auch die rechtliche Würdigung des Klägers hinterfragen. Er kann vortragen, dass die Rechtsansicht des Klägers unzutreffend ist. Beispielsweise wird die V-GmbH im Prozess vorbringen, dass der Verkäufer nach geltendem Recht nicht §§ 123, 142 Abs. 1 BGB) oder die Sittenwidrigkeit eines Vertrags (§ 138 BGB). Er kann auch rechtsvernichtende Einwendungen erheben, wie z.B. die Erfüllung des Anspruchs (§ 362 BGB). Zudem kann er auch rechtshemmende Einreden erheben, z.B. die Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB)[28] oder der Verjährung (§§ 195 ff., 438 BGB). Eine wichtige rechtsvernichtende Einwendung ist die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB).

2. Teil Erkenntnisverfahren › E. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › IV. Die Aufrechnung im Prozess

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9783811475212
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