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Das chemische Craving

In der Natur gibt es keine Substanzen, die chemisches Craving in einem Ausmaß wie industriell hergestellte Lebensmittel auslösen können.

Wir werden kaum wegen Äpfeln, Salat, Bananen,

Fleisch oder Milch chemisches Craving entwickeln.

Das bestätigen auch Tierversuche. Ratten zeigten ein unauffälliges Essverhalten, wenn sie unbehandelte Lebensmittel wie Obst bekommen hatten. Wenn sie allerdings industrielle Nahrungsmittel wie M&Ms gefressen hatten, entwickelten sie Craving. Sie waren unruhig und nervös, klapperten mit den Zähnen, liefen im Käfig auf und ab und sprangen an die Käfigwände.

Wir Menschen können, ebenso wie die Ratten, Craving nur durch industriell hergestelltes Essen entwickeln. Wir klappern zwar nicht mit den Zähnen und springen nicht im wörtlichen Sinn an die Wände, haben aber ansonsten das gleiche Verlangen nach diesen Nahrungsmitteln.

Generell gilt:

Je raffinierter die Verarbeitung von Lebensmitteln, die wir regelmäßig essen, ist, je geschmacksintensiver und aromatisierter sie sind, umso mehr chemisches Craving entwickeln wir.

Sind wir an industriell hergestellte Lebensmittel gewöhnt, sehen wir so wie Sabine „normale“, also unverarbeitete Lebensmittel gar nicht mehr.

Woran liegt das?

Die Dopamin-Falle

In ihrem Wettbewerb um Beliebtheit bei den Konsumenten haben Nahrungsmittelkonzerne irgendwann Techniken entwickelt, mit denen sie chemisches Craving auslösen können. In ihrem ureigenen Interesse: Sind die Konsumentinnen und Konsumenten verrückt nach ihren Produkten, klingeln ihre Kassen. Sind sie regelrecht süchtig danach, ist das der Jackpot.

Bei chemischem Craving geht es vor allem um die Art der künstlichen Inhaltsstoffe und um ihre hohe Konzentration in „Highly processed foods“, den stark verarbeiteten Lebensmitteln.

In einem Artikel aus dem Jahre 2011, der im New Yorker erschien, teilte die oberste Chefin von Pepsi ganz unverblümt mit, dass sie vorhabe, die Produkte ihres Konzerns chemisch so zu verändern, dass möglichst viele Menschen sie konsumieren.

Es gibt ein Wort dafür: Die Lebensmittelindustrie will ihre Produkte „hyperpalatable“ machen. „Hyperpalatable“ bedeutet, dass möglichst viele Menschen möglichst viel davon essen oder trinken wollen.

Das Wort „hyperpalatable“ ist noch relativ neu und bedeutet schlichtweg, dass etwas sagenhaft gut schmeckt. Allerdings eben nicht von Natur aus, sondern dank zugesetzter Stoffe wie Zucker, Alkohol, Salz, Fett oder Geschmacksverstärkern.

Industrielle Lebensmittel werden dabei immer so konzipiert, dass sie eine möglichst starke Wirkung auf das Belohnungssystem haben. Denn das Belohnungssystem in unserem Gehirn bewirkt eine Ausschüttung des sogenannten „Glückshormons“ Dopamin. Dopamin ist eine hormonähnliche Substanz, wir nennen das Neurotransmitter, durch deren Wirkung wir uns gut, im Sinne von motiviert, und glücklich fühlen.

Dopamin wird durch Essen freigesetzt, vor allem durch sehr fettes oder sehr süßes Essen, aber auch durch Sport, Sex, Musik und generell durch alles, was wir als schön empfinden.

Drogen bewirken eine künstlich erhöhte Dopaminausschüttung. So wird zum Beispiel beim Konsum von Heroin im Gehirn 400 Mal so viel Dopamin ausgeschüttet wie bei einem Orgasmus.

Das hier ist keine Kampfschrift gegen die Lebensmittelindustrie, sondern eine Anleitung, die hoffnungslosen Fällen beim Abnehmen hilft. Dabei ist es zunächst allerdings wichtig zu wissen, was uns beim Abnehmen im Weg steht.

Und dabei gilt:

Mangelnde Disziplin bei der Kontrolle des Essens ist nicht einfach persönliche Schwäche. Sie ist auch Folge einer Strategie der Lebensmittelindustrie. Die zielt mit Hilfe neurochemischer Erkenntnisse bewusst darauf ab, unsere Selbstkontrolle außer Kraft zu setzen. Sie stellt Produkte her, die uns manipulieren wie Drogen.

Wir essen diese Lebensmittel und können irgendwie nicht mehr damit aufhören. Denn dieser sagenhaft gute Geschmack bewirkt eine Dopaminausschüttung ähnlich wie beim Drogenkonsum.

Gleichzeitig haben diese künstlichen Lebensmittel aber auch die gleichen Nebenwirkungen wie Drogen. Sie bewirken Abhängigkeit und Toleranzentwicklung.

Das Wort „Toleranzentwicklung“ bezieht sich auf die ständige Überflutung unserer Dopamin-Rezeptoren mit Dopamin. Irgendwann reduziert der Körper die Empfindlichkeit und die Zahl dieser Rezeptoren. Wir Ärzte sagen dann, der Körper reguliert sie down. Wir könnten auch sagen: Wir werden immer immuner gegen Dopamin und brauchen immer mehr davon.

Normale Nahrung, also natürliche, kann zu unserem täglichen Dopamin-Bedarf bald gar nicht mehr beitragen. Sie wird für unsere Dopamin-Ausschüttung mehr oder weniger irrelevant.

Industriell hergestellte Nahrung vermindert unser Belohnungsgefühl. Um das auszugleichen, essen wir immer mehr.

Ein verhängnisvoller Kreislauf, bei dem die Lebensmittelindustrie letztendlich evolutionäre Muster nützt. Denn ausreichend zu essen, ist neben der Fortpflanzung der entscheidende Faktor beim Überleben einer Spezies. Die Evolution hat deshalb nicht allein auf Hunger und das Sättigungsgefühl vertraut, sondern Essen über das Dopamin auch mit Glücksgefühlen verknüpft.

Die Evolution hatte nicht damit gerechnet, dass Nahrungsmittel irgendwann so leicht verfügbar sein werden, dass sie ein Zuviel davon besser mit Unglücksgefühlen verknüpfen sollte. Schon gar nicht hatte sie damit gerechnet, dass uns Konzerne aus einst für die Menschheit überlebenswichtigen evolutionären Strategien einmal eine Falle bauen würden.

Kontrollverlust durch freie Radikale

Industriell hergestellte Lebensmittel wirken nicht nur besonders stark auf unser Belohnungssystem. Sie greifen unser Gehirn und damit unsere Selbstkontrolle auch noch auf einer anderen Ebene an.

Dabei geht es um die gesättigten Fettsäuren in industriell hergestellten Nahrungsmitteln.

Studien zeigen, dass gesättigte Fette im Gehirn vermehrt freie Radikale freisetzen und damit Entzündungsreaktionen begünstigen. Außerdem reduzieren sie die Bildung eines Proteins, das für die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, sowie für die Erinnerung wichtig ist.

Wozu führt das?

In einer Studie bekamen Nagetiere Futter mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren. In MRT-Untersuchungen waren bereits ein bis drei Tage nach der Futterumstellung Entzündungsreaktionen im Hypothalamus erkennbar.

Der Hypothalamus ist eine Überwachungsstation im Gehirn, die Werte wie Körpertemperatur, Wasserhaushalt, Kreislauffunktionen, Atmung oder Blutzuckerwerte kontrolliert.

Die Nagetiere mit dem entzündeten Hypothalamus nahmen rasch an Gewicht zu.

Ähnliche Ergebnisse brachten MRT-Untersuchungen des Gehirns übergewichtiger Menschen. Auch ihr Hypothalamus zeigte entzündliche Veränderungen.

Forscher vermuten nun, dass diese entzündlichen Veränderungen einen Kontrollverlust zur Folge haben.

Das bedeutet:

Die gesättigten Fettsäuren in industriell hergestellten Lebensmitteln bewirken, dass wir weniger gut bestimmen können, was wir essen, wieviel wir essen und wann wir wieder aufhören zu essen.

Noch drei Fallen der Lebensmittelindustrie

Die Lebensmittelindustrie hat noch drei aus ihrer Sicht geniale Methoden entwickelt, wie sie ihre Produkte „hyperpalatable“ machen kann.

Erstens. Viele industriell hergestellte Nahrungsmittel weisen ein Ungleichgewicht zwischen Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren auf. Damit gehen ebenfalls Entzündungen im Hypothalamus und eine Neigung zum Kontrollverlust einher.

Zweitens. Der hohe Glykämische Index (GI) industriell hergestellter Lebensmittel schwächt ebenfalls die Selbstkontrolle beim Essen. Der den meisten Diät-Profis schon bekannte GI ist ein Maß für die Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Je höher der GI, desto mehr treibt uns unser Blutzuckerspiegel beim Essen sozusagen vor uns her. Zuerst steigt er, und wenn er ebenso rasch wieder fällt, fühlen wir uns „unterzuckert“ und brauchen sofort Nahrungsnachschub.

Drittens. Die Lebensmittelindustrie sorgt für eine möglichst hohe Geschwindigkeit, mit der unser Körper ihre Produkte aufnehmen kann. Sie hält zu diesem Zweck den Wasser-, Eiweiß- und Fasergehalt der Lebensmittel absichtlich niedrig. Rasche Aufnahme bedeutet ebenfalls einen raschen Blutzuckeranstieg und damit ein höheres Suchtpotenzial.

Dirty Drugs

In amerikanischen Studien ergab sich folgende „Hitliste“ von Lebensmitteln, die chemisches Craving auslösen können:

1. Milchschokolade

2. Eiscreme

3. Pommes frites

4. Pizza

5. Kekse

6. Chips

7. Kuchen

8. Popcorn

9. Cheeseburger

10. Muffins

Unter Dirty Drugs, also schmutzigen Drogen, verstehen wir Substanzen, die im Gehirn an verschiedene molekulare Bindestellen oder Rezeptoren andocken und Dinge mit uns machen, die wir nicht wollen.

Sie haben eben gesehen, dass stark verarbeitete, industriell hergestellte Lebensmittel aufgrund ihrer Inhaltsstoffe genau das tun.

Sie verändern beziehungsweise beeinflussen verschiedene Regionen Ihres Gehirns und haben viele Wirkungen aber auch Nebenwirkungen.

Sie erfüllen damit im Grunde alle Kriterien für sogenannte Dirty Drugs, weshalb wir sie in diesem Buch auch wie solche behandeln.

Dunkle Geheimnisse

Vielleicht legen Sie das Buch nun zur Seite, lehnen sich zurück und denken nach. Wobei Ihnen ein paar „dunkle Geheimnisse“ Ihres Lebens einfallen – Geheimnisse, die Sie vielleicht bisher sogar vor sich selbst zu verbergen versucht haben. Doch jetzt auf einmal sehen sie nicht mehr aus wie peinliche persönliche Schwächen, die nur Sie allein haben, sondern wie Effekte, die eine profitorientierte Milliardenindustrie bewusst hervorruft und deren Folgen Sie mit hunderten Millionen anderer Menschen teilen.

Vielleicht erinnern Sie sich an Urlaube, bei denen Sie mit dem Auto in einsamen Gegenden unterwegs waren und einiges an Chips und Cola dabeihatten, bloß damit Ihnen nichts fehlen würde. Sie haben auch ziemlich viel davon gegessen, was Ihnen vor Ihrer mageren Reisebegleiterin immer ein bisschen unangenehm war. Sie hätten es am liebsten heimlich getan, als handle es sich tatsächlich um illegale Substanzen.

Vielleicht mussten Sie einen Vortrag vor Kollegen oder auf einer Tagung halten und haben vor lauter Stress beim Lunch davor innerhalb weniger Minuten Essen mit mehr als 4.000 Kalorien (eine Portion Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln hat 840 Kalorien) in sich hineingestopft.

Oder ihr Freund wollte Sie beim Abnehmen unterstützen und hatte für Sie ein tolles Gericht nach Paleo-Art gekocht. Es hat Ihnen auch tatsächlich gut geschmeckt. Sie haben ausreichend gegessen, unter anderem auch viel Salat. Später waren Sie sogar noch im Fitnessstudio und haben sich danach wirklich wohl gefühlt. Sie waren stolz auf sich.

Am Heimweg vom Fitnessstudio kam dann allerdings die Attacke. Sie sind extra einen Umweg gefahren, um bei McDonald’s stehenzubleiben, wo Sie zwei Menüs auf einmal gegessen haben.

Das alles waren keine glorreichen Momente für Sie. Aber Sie haben diese Momente bisher wahrscheinlich falsch als reine persönliche Schwäche interpretiert. Was da in Ihnen vorgeht, ist im Grunde ganz normal. Sie reagieren sozusagen nach Plan, bloß ist es nicht Ihr Plan, sondern jener der Lebensmittelindustrie.

Anders ausgedrückt:

Niederlagen beim Umsetzen Ihres Ernährungsplans lassen sich vermeiden, aber nicht allein durch eisernes Widerstehen.

Bei diesem Versuch werden Sie regelmäßig an Ihre Grenzen kommen und sie ebenso regelmäßig überschreiten.

Sie brauchen vielmehr einen neuen Plan. Ihren eigenen.

Ganz ehrlich: Haben Sie nicht ohnedies schon immer vermutet, dass bestimmte Lebensmittel Suchtpotenzial haben? Auch damit sind Sie nicht allein. Laut Studien glauben das 86 Prozent der Bevölkerung.

Es geht also darum, das Suchtpotenzial von Lebensmitteln nicht mehr bloß als diffuse Möglichkeit, sondern als Faktum zu betrachten und die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen.

Womit Sie auch endgültig keinen Grund mehr haben, sich für Ihr Übergewicht zu schämen. Dazu haben wir eine interessante Analyse aus dem Jahr 2014 gefunden: Sie ergab, dass das individuelle und kollektive Erkennen des Suchtpotenzials von Essen die Scham und die Stigmatisierung von Übergewichtigen senkt. Wir finden: zu Recht!

Denken Sie also bitte daran:

Ihr Übergewicht ist nicht allein die Folge von Willensschwäche, die Sie sich selbst vielleicht vorwerfen, oder Ihre mangelnde Konsequenz. Das Problem liegt nicht ausschließlich in Ihrer Verantwortung.

Frankreich zum Beispiel ist ein Land, das lange berühmt war für seine Essenskultur und für die Qualität seiner Lebensmittel.

In Frankreich war es üblich, mehrere Gänge zu essen, das Essen zu kultivieren und sich viel Zeit dafür zu nehmen. Die Anzahl der McDonald’s-Filialen als Symbol für den Sieg der Gier über den Genuss lag lange weit unter dem europäischen Schnitt, ebenso die Anzahl an Übergewichtigen.

Das kam nicht von ungefähr. Viele Gemeinden versuchten, Fast-Food-Filialen mit gesetzlichen Bestimmungen zu verhindern. Nachdem die Gerichte diesen Versuchen eine Absage erteilt hatten, stieg nicht nur die Zahl der französischen McDonald’s-Filialen, sondern auch die der Übergewichtigen. Sie entspricht jetzt dem europäischen Schnitt.

Was einen weiteren Zusammenhang zwischen Essverhalten und Suchtverhalten zeigt: Die Verfügbarkeit des Suchtbeziehungsweise Nahrungsmittels spielt eine entscheidende Rolle.

Vielmehr als in unserer alleinigen persönlichen Verantwortung liegt das Problem darin, dass wir zunehmend den falschen Lebensmitteln ausgesetzt sind. Die Industrie entwirft sie absichtlich so, dass sie ein Suchtpotenzial wie Drogen haben. Sie verursacht durch die Auswahl der Inhaltsstoffe absichtlich chemisches Craving bei ihren Kunden. Und sie sorgt dafür, dass ihre Produkte überall schnell, billig und unkompliziert verfügbar sind.

Ehe wir Ihnen erklären, mit welchen Methoden Sie das Craving überwinden, der Nahrungsmittelindustrie ein Schnippchen schlagen, die Kontrolle über Ihr Essverhalten zurückgewinnen und damit Ihrer Traumfigur näherkommen, sollten Sie sich neben dem chemischen Craving die zweite Form des Cravings vertraut machen.

Das emotionale Craving

Wir brauchen eine gewisse Anspannung in uns, um die täglichen Herausforderungen zu bewältigen. Diese Anspannung verändert sich im Laufe des Tages immer wieder. Wird die Anspannung zu hoch, nennen wir sie Stress.

An dieser Stelle ist es uns wichtig zu betonen, dass Stressfaktoren sehr subjektiv sein können. Nicht nur ein vollgestopfter Terminkalender kann Stress bewirken. Auch Schicksalsschläge, Einsamkeit oder Langeweile können die innere Anspannung auf ein Ausmaß steigern, das rasch sehr unangenehm werden kann.

Übrigens kann auch eine Diät Stress auslösen. „Eine Diät mit einer sehr niedrigen Kalorienzufuhr ist, als würden Sie eine Waffe laden“, sagte die Psychologin Ashley Gearhardt in einem Vortrag. „Sie sind durch so eine strenge Diät super gestresst und überempfindlich.“

Was sich anhand vieler Beispiele bestätigen ließe. So wandert eine meiner Freundinnen regelmäßig in der Steiermark, und zwar in der Nähe einer Rehabilitationsklinik, die übergewichtige Menschen zu strengen Abnehmkuren stationär aufnimmt. Wenn sie mit dem Bus daran vorbeifährt, kommt es vor, dass zusteigende Fahrgäste den Fahrer total gestresst fragen, wo die nächste Konditorei ist. Während der Fahrt sehen manche von ihnen aus, als würden sie tatsächlich gleich die Buswände hochspringen.

Genauso gut können Stress auch Wohnungen auslösen, in denen wir uns nicht wohlfühlen, Nachbarn, die lärmen, unfreundliche Bankmitarbeiter, Abendnachrichten, die Sorgen machen oder Ähnliches.

Was dem einen vielleicht gleichgültig ist, kann in anderen eine enorme Bildung von Stresshormonen bewirken. Wenn Sie abnehmen wollen, ist das wichtig für Sie. Denn es gilt:

Jede Art von Stress kann sich auf unser Essverhalten auswirken.

Wie geht das?

Der Grund liegt wieder in unserem Dopaminhaushalt. Viel Stress erhöht unseren Bedarf an Dopamin. Dieser Zusammenhang bewirkt, dass Stresssituationen automatisch emotionales Craving auslösen. Wir wollen bei Stress essen, um uns zu belohnen.

Wenn wir gestresst sind, wodurch auch immer, sorgt unser Gehirn dafür, dass unser Verlangen nach Dopaminausschüttungen steigt. Ist dieses Verlangen bei uns mit Essen verknüpft, dann essen wir eben.

Das hinterhältige Suchtgedächtnis

Aber ich leide oft unter Craving, wenn ich zuhause bin und mir einen gemütlichen Abend machen will, also wenn ich gerade keine Spur von Stress empfinde, denken Sie sich jetzt vielleicht. Beim letzten Mal überlegten Sie ganz entspannt, was Sie sich im Fernsehen ansehen könnten, und schon ging es los mit den Gedanken ans Essen. Das Craving wurde immer stärker. Bis Sie an nichts anderes mehr denken konnten.

Was ist schuld daran?

An dieser Stelle müssen wir Ihnen kurz erklären, was das Suchtgedächtnis ist.

Darunter verstehen wir bestimmte Gedächtniszellen in einem Teil unseres Gehirns, die bestimmte Reize sofort mit einer Befriedigung bestimmter Bedürfnisse in Verbindung bringen.

Was heißt das jetzt?

Unser Gehirn verknüpft bestimmte Menschen, Orte, Gerüche, Situationen, Musikstile oder Bilder mit Essen. Wenn wir mit diesen Menschen, Orten, Gerüchen, Situationen, Musikstilen oder Bildern konfrontiert sind, wollen wir allein deshalb essen. Craving entsteht dabei scheinbar ohne jeden Anlass.

Sie treffen einen bestimmten Freund oder Bekannten immer zum Essen? Eine bloße Begegnung mit ihm, auch in ganz anderem Zusammenhang, kann Ihr Suchtgedächtnis aktivieren und Craving auslösen.

Sie besuchen ein bestimmtes Café gewöhnlich wegen seiner phantastischen Crêpes? Ein Besuch dort, zum Beispiel wegen eines beruflichen Treffens am Nachmittag, bei dem nur Kaffee und Wasser vorgesehen sind, kann Craving auslösen. Selbst dann, wenn Sie gerade gegessen haben.

Sie lieben klassische Musik und hören beim Abendessen am liebsten Mozart? Wenn Sie in einem Aufzug mit einer seiner 626 wundervollen Kompositionen beschallt werden, kann das Craving auslösen.

Die einzige Möglichkeit, das Suchtgedächtnis zu überlisten, besteht darin, allem, das es aktivieren könnte, aus dem Weg zu gehen. Indem wir zum Beispiel unseren Heimweg von unserem Job so wählen, dass wir ganz bestimmt nicht an dieser einen Gelateria vorbeikommen, wo wir doch im Sommer immer… und eigentlich auch im Frühjahr schon und spät im Herbst noch…

Beharrliche Aufmerksamkeit ist hier gefragt. Denn das Suchtgedächtnis lässt sich nicht ganz löschen. Selbst Kindheitserinnerungen, die wir mit Essen verknüpfen, können Craving auslösen.

Unser Suchtgedächtnis bleibt lebenslang bestehen.

Wir können nur darauf achten, es nicht zu aktivieren.

Emotionales Craving kann alle Lebensmittel betreffen

Einen wichtigen Unterschied zum chemischen Craving gibt es noch. Es betrifft nicht nur industriell hergestellte Lebensmittel.

Um es anhand eines Beispiels zu erklären: Ronald (Name geändert), den ich durch meine Buchpublikationen im Verlagswesen kennengelernt habe, hat viele Jahre lang versucht, sein Craving zu überwinden. Er bezeichnet sich selbst als „Suchtmenschen“, also als jemanden, der leicht in etwas „hineinkippt“ und diesem Laster dann auch exzessiv frönt – egal ob es Rauchen, Trinken oder zu viel essen ist Essen.

Weil in seiner Familie die Suchtmenschen immer früh starben, während die anderen ziemlich alt wurden, kämpfte er gegen diese Prägung an. Inzwischen hat er es tatsächlich geschafft. Er hält seit vier Jahren einen selbst entwickelten Ernährungsplan ein, der ziemlich genau festlegt, wann er was isst und wie viel davon. Mit scheinbar großer „Disziplin“. Weshalb ich mehrmals mit ihm über dieses Buch gesprochen habe.

Bis Ronald irgendwann mehr oder weniger intuitiv zu den richtigen Methoden griff, kämpfte er schwer gegen sein Craving an. Zunächst verstand er das Problem mit den Tricks der Lebensmittelindustrie und schaffte es tatsächlich nach einer Weile, industriell hergestellte Lebensmittel im Wesentlichen zu vermeiden.

Sein Craving wurde schwächer, aber es war nicht weg. Es war immer noch stark genug, um ihn regelmäßig zu überfordern.

Er aß daraufhin immer „natürlicher“ und verzichtete etwa auch auf Gewürze oder Öle wie Olivenöl.

Das Craving blieb.

„Ich glaube, wenn ein Mensch wie ein asiatischer Mönch nur noch Reis und gekochtes Gemüse isst, entwickelt er auch danach noch Craving“, sagte er bei einem unserer Gespräche.

Ein anderes Mal erzählte er mir, dass er grundsätzlich gute Erfahrungen mit Zitronenwasser gemacht hatte: Der Saft von zwei Zitronen, aufgelöst in einem halben Liter Leitungswasser. Das habe er tagsüber im Büro getrunken, um etwas gegen seine Craving-Attacken in der Hand zu haben. Irgendwann stellte er fest, dass er morgens, wenn er das Büro betrat, sogar Craving nach diesem Zitronenwasser empfand.

Er dachte, es könnte am Fruchtzucker liegen. In Wirklichkeit ist das emotionales Craving. Davor sind nicht einmal Mönche sicher.

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