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Nie wieder! ODER doch?

Es heißt, die Verklärung beginnt nach der Ziellinie. Bei mir dauerte dieser Prozess zwar etwas länger, doch je mehr Zeit nach meinem Marathondebüt verstrich, desto öfter kam mir der Gedanke: „So schlimm war es doch eigentlich gar nicht… oder?“ Im Gegenteil, es war doch alleine schon ein schönes Gefühl zu wissen, dass ich es geschafft hatte. Gut ein Drittel der Deutschen läuft regelmäßig, aber nur etwa 100.000 Menschen sind Marathonläufer – und ich war einer von ihnen. Alleine das machte mich stolz. Und wer weiß, überlegte ich, vielleicht wäre der zweite Start ja auch nicht mehr ganz so anstrengend…!? Sobald diese erste feine Gedankensaat gelegt war, kam wenig später auch schon die Handlung: Ende Januar meldete ich mich für den Mainz Marathon im folgenden Mai an.

Wieder bereitete ich mich so gut ich es damals wusste auf den Wettkampf vor. Wieder ging ich frohen Mutes an den Start, und wieder wurde mir nach einer gewissen Zeit schlagartig bewusst, wie sehr ich mich geirrt hatte. Auch der zweite Marathon war eine Qual! Das lag zum Teil sicher auch erneut (!) an den äußeren Umständen, denn genau an diesem Tag brach der Frühsommer mit voller Wucht über uns herein. Unter wolkenlosem Himmel kämpften die Läufer eine mühsame Hitzeschlacht – ein jeder für sich selbst. Und meines Erachtens litt ich von allen am meisten darunter, denn darauf war ich nun überhaupt nicht vorbereitet. Ich wusste schlicht nicht, wie ich auf solch heiße Temperaturen reagieren sollte und was mein Körper an Flüssigkeit benötigte. Das Ende vom Lied war: Ich schleppte mich völlig platt über die Laufstrecke und erreichte das Ziel saft- und kraftlos lediglich 10 Minuten schneller als bei meinem ersten Marathon… was für eine Enttäuschung!

Die Hitzeschlacht beim Mainz Marathon 2003: Lauf-Euphorie sieht anders aus.

Doch sie dauerte nur kurz. Denn bereits nach wenigen Tagen hatte ich die Qualen des Laufes und meine Unzufriedenheit komplett vergessen, und schnell war mir klar: Ich versuche es noch ein weiteres Mal und gehe noch ein einziges Mal an den Start. Ich weiß nicht, was mich damals ritt. Ich hatte mich bei meinen Marathonläufen körperlich so gequält, wie nie zuvor in meinem Leben. Warum wollte ich mir das noch ein weiteres Mal antun? Ich könnte doch einfach meine Lektion lernen und den Schlussstrich ziehen. Schließlich hatte ich es probiert, aber Marathon schien einfach nicht mein Ding zu sein. Basta! Thema beendet! Doch ich glaube, es war damals eher die mentale Komponente. Noch immer war da diese Unruhe in mir: Es konnte doch nicht sein, dass ich stets euphorische Berichte über die Leichtigkeit des Marathonlaufens las, über magische Zieleinläufe und unendliche Glücksgefühle, die sich bei (fast) allen anderen einzustellen schienen, während der Marathon für mich immer wieder in einem Desaster endete.

Wieder sollte es der Frankfurt Marathon im Oktober sein, wieder bereitete ich mich gewissenhaft darauf vor, wieder freute ich mich mit jeder Faser meines Körpers auf den Start - und was soll ich sagen: Diesmal platzte der Knoten! Aber so richtig! Es passte einfach alles! Ich genoss jeden Schritt, hatte riesigen Spaß dabei, musste kaum Gehpausen einlegen und lief am Ende völlig high und überglücklich ins Ziel. Ab da war mir klar: Ich hatte meine Leidenschaft gefunden! Es war ein harter und steiniger Weg. Ich musste viele Rückschläge einstecken, doch es schien, als hätte sich mein Durchhaltewillen nun doppelt ausgezahlt.

Bei meinem zweiten Start in Frankfurt (2003) konnte ich selbst bei Kilometer 29 noch lachen & lief am Ende in 4:23 h ins Ziel.

Wenn du laufen willst, lauf einen Kilometer. Wenn du ein neues Leben kennenlernen willst, dann lauf Marathon. Emil Zatopek

Was danach passierte, ist typisch für so manche Läuferkarriere: Ich tappte in die Leistungsfalle. Startete ich in den folgenden Jahren bei einem Wettkampf, wollte ich jedes Mal schneller sein als zuvor und meine alte Bestmarke übertrumpfen. Verbissen trainierte ich darauf hin. Gelang das nicht, war ich enttäuscht. Nicht nach außen hin, da lachte ich darüber – aber innerlich zerriss es mich, dass ich gescheitert war. Irgendwie trainierte ich in dieser Zeit nur noch gezielt auf Wettkämpfe hin. Die waren der Höhepunkt all meines Schaffens. Waren die Ergebnisse nicht wie vorgestellt, war ich gefrustet. Ich lief plötzlich nicht mehr um des Laufens willen, sondern nur noch, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Meine Gedanken kreisten nur noch um Tempo und Laufumfänge. Dies ging so lange, bis ich 2006 beim Frankfurt Marathon sogar bei Kilometer 25 ausstieg, nur weil ich sah, dass ich keine Endzeit unter 4 Stunden erreichen konnte. Wie blöd war das denn? Ich zahlte 80 € Startgebühr und beendete das Rennen, weil ich womöglich in 4:15 Stunden eingelaufen wäre… Das war eine Riesenenttäuschung für mich, ich heulte fürchterlich. Aber mal ehrlich, wen hätte das bitteschön wirklich interessiert?

Dieses Ereignis war dennoch sehr wichtig für mich, denn von da an begann ich nachzudenken. Lief ich überhaupt noch, weil ich Spaß daran hatte und das Laufen mein Leben in vielerlei Hinsicht positiv veränderte? Oder lief ich, um Bestzeiten hinterherzujagen, die mich zudem ständig unter Druck setzten? Steht das Laufen – die Natur, die Entspannung, die Rückbesinnung auf das Wesentliche – im Mittelpunkt meines Sports oder nur noch der Leistungsgedanke, Umfänge und Kilometerzeiten? Ich sah ein, dass das Laufen in gewisser Hinsicht zur Belastung für mich geworden war und ich mir damit – neben der aufreibenden Tätigkeit als Freiberuflerin, die ich mittlerweile aufgenommen hatte – einen weiteren Stressfaktor eingehandelt hatte. Und das auch noch mit etwas, das ja eigentlich dem Stressabbau dienen sollte. War das nicht komplett irrsinnig? Völlig paradox? Wen interessierte es, ob ich bei einem Marathon 5 Minuten schneller oder langsamer war? Und war es mir überhaupt wichtig?

Internationaler 50-km-Lauf des SSC Hanau-Rodenbach: Beim Start meines ersten Ultras 2006.

Das war der Zeitpunkt, an dem ich das Ultralaufen für mich entdeckte. Damit sind Läufe jenseits der Marathonmarke gemeint. Ich war plötzlich wie in einer komplett anderen Welt. Die Teilnehmer waren viel entspannter, liefen viel langsamer und redeten die gesamte Zeit. Alle Verpflegungsstellen wurden ausgiebig genossen, und wer Lust dazu hatte, setzte sich unterwegs auch einfach mal hin oder trank ein Bier. Beim Ultralaufen ging es nun nicht mehr darum, in welcher Zeit man ein Rennen bestritt, sondern darum, dass man es überhaupt geschafft hatte, ins Ziel zu kommen. Ich fühlte, wie der Druck von mir abfiel. Es war nun nicht mehr nötig, ständig mein Tempo zu kontrollieren oder gehetzt durch die Gegend zu rennen. Nun konnte ich wieder die Natur genießen, konnte gehen, wann immer ich wollte. Ich spürte, wie ich mich beim Laufen entspannte und dabei wieder viel öfter lachte. Es dauerte einige Zeit, doch nun hatte ich den Sinn des Laufens wirklich für mich verstanden. Es schien, als sei ich endlich angekommen.

Der 72,2-km-lange Rennsteiglauf ist ein echter Gourmet-Lauf – hier gibt es unterwegs auch Würstchen, Schmalzbrote und Haferschleim. Gemeinsam mit Oli, 2010.

Seitdem ist das Laufen mein treuer Begleiter. Es half mir durch die dunkelsten Zeiten und verschaffte mir immer wieder neue Zuversicht. Ich lief, wenn eine Beziehung zu Ende ging, wenn ich privat und beruflich nicht mehr weiter wusste, als ein guter Freund völlig unerwartet starb, bei Ärger, Stress und Geldsorgen. Das Laufen befreite mich vom Druck, half mir, neue Hoffnung zu schöpfen, (Lebens-)Ziele zu definieren oder Ideen zu kreieren. Das Laufen bescherte mir neue Freundschaften und einen Job, den ich liebe.

Eines verlor ich in den ganzen Jahren nie wieder aus dem Fokus: den Spaß und die Leichtigkeit des Laufens! Und genau darauf kommt es an. Finde die Freude an der Bewegung, und lebe sie. Mach dich frei von Druck, Konkurrenzdenken oder der Erwartung brillanter Finisherzeiten – diese haben langfristig keinerlei Bedeutung – das musste ich auch erst mühsam lernen. Laufen ist mehr als nur ein Sport. Laufen ist ein Lebensgefühl. Laufen ist eine spirituelle Erfahrung. Laufen lässt dich eins sein mit dir selbst. Laufen ist Freiheit.

„Laufen lieben lernen“ – wenn dir das geglückt ist, dann hast du eine echte Liebe fürs Leben gefunden.

Always keep on running!

Iris Hadbawnik

Frankfurt am Main, im September 2020

Das hatte ich in den ersten Jahren meiner „Laufkarriere“ gelernt:

Motivation: Finde deinen ganz eigenen inneren Antrieb für das Laufen.

Geduldig sein: Erwarte nicht zu schnell zu viel von dir – gib deinem Körper (Muskeln, Bänder, Sehnen, Gelenke) Zeit, sich langsam an die Belastung zu gewöhnen.

Mens sana in corpore sano = Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper: Auch der Kopf muss sich langsam an die Ausdauerbelastung gewöhnen, damit Körper und Geist eine Einheit bilden.

Durchhalten: Halte an deinem Ziel fest, auch wenn es manchmal hart wird. Wenn du wirklich für dein Ziel brennst – ob abnehmen, Gesundheit fördern, 5 km schaffen – solltest du niemals zu früh aufgeben.

Sinn des Laufens: Entdecke, was der Sinn deines Laufens ist. Was erwartest du vom Laufen, und was macht dich wirklich glücklich?

Laufen lässt dich eins sein mit dir selbst.

Nachdem ich das Laufen für mich neu definiert hatte, konnte ich auch Marathonläufe wieder genießen – wie hier gemeinsam mit Oli beim Berlin Marathon 2011.


Step 1: Aller (Lauf-) Anfang ist steinig und schwer… – muss er aber nicht!

„Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt!“

… so ist es auch beim Laufen. Doch wie beginne ich richtig? Wie lerne ich, effektiv zu laufen, ohne dass es zu anstrengend wird? Wie baue ich ein Lauftraining auf, wenn ich seit Jahren keinen Sport getrieben habe? Wie führe ich ein langes, verletzungsfreies Läuferleben? Aber vor allem: Wie lerne ich, Spaß daran zu entwickeln?

Fragen, die wohl jeden Laufanfänger beschäftigen. Wenn du dieses Buch in den Händen hältst, dann sicher auch dich. Doch ich möchte noch einen Schritt zurückgehen und wirklich bei der grundsätzlichen Fragestellung beginnen: Warum möchtest du laufen? Hast du dir darüber schon mal Gedanken gemacht? Falls nicht, ist jetzt der richtige Zeitpunkt dazu. Denn nur, wenn du die für dich richtige Antwort kennst, hast du in schwierigen Phasen – dann, wenn der Schweinehund unbarmherzig zuschlägt, das Wetter schlecht oder die Couch einfach zu verführerisch ist – die perfekte Antwort darauf.

Laufen ist die schönste Sportart der Welt! Du kannst es immer und überall tun: egal zu welcher Tageszeit – am Morgen, tagsüber oder in der Nacht –, egal bei welchem Wetter – ob bei Regen, Wind oder Sonnenschein –, egal auf welchem Untergrund – Asphalt, Wiese, Sand oder Trail –, ob in der Stadt, in den Bergen, in der Mittagspause, auf Geschäftsreise oder im Urlaub, egal ob alleine, zu zweit oder in der Gruppe. Du benötigst im Prinzip nicht mal eine besondere Ausrüstung dafür. Du schnürst einfach deine Laufschuhe, und los geht‘s.

Doch bevor du mit dem Lauftraining beginnst, ist es wichtig, dass du deine ganz eigene Motivation für das Laufen findest. Solange ich selbst immer nur mit anderen mitgelaufen bin, hatte ich keinen eigenen Antrieb, meine Laufschuhe anzuziehen. Erst, als ich gewisse Ziele mit dem Laufen verband – meine Hauptmotivation war zu Beginn sicher das Abnehmen – war die richtige Motivation vorhanden.

Also: Welche Anforderungen hast du an das Laufen? Was möchtest du damit erreichen?

Welche Antworten könnten am ehesten zu dir passen? Du läufst, um:

fit zu werden

abzunehmen

Stress abzubauen

gesund zu bleiben – oder zu werden

Kondition aufzubauen

das Herz-Kreislauf-System zu stärken

die Natur zu genießen

ganz bei dir zu sein

den Stoffwechsel anzuregen und Kalorien zu verbrennen

sportliche Ziele zu erreichen (5 km-, 10 km-Lauf, etc.)

dich auszupowern

zu meditieren

deinen Körper zu straffen

dein seelisches Gleichgewicht herzustellen

dein Immunsystem zu stärken

60 Minuten am Stück durchzuhalten

dein allgemeines Wohlbefinden zu erhöhen

rauszukommen

Krankheiten vorzubeugen

körperlich und geistig jung zu bleiben

den Flow zu erleben

glücklicher und zufriedener zu sein

Selbstbewusstsein aufzubauen

besser zu schlafen

stabilere Knochen zu haben

den Blutdruck zu senken

beim Firmenlauf mithalten zu können

vom Rauchen wegzukommen

bei einem (Halb-)Marathon zu starten

mit deinen Kindern mitzuhalten

zu sehen, was du zu erreichen imstande bist

Depressionen zu bekämpfen

mehr Körperbewusstsein zu entwickeln

um abzuschalten und den Kopf frei zu bekommen

Freiheit zu spüren

(Bei so vielen positiven Faktoren fragt man sich eigentlich unwillkürlich, warum nicht jeder laufen und von den Vorteilen profitieren möchte.)

Ich habe hier bewusst etwas Platz gelassen, damit du deine ganz individuellen Punkte aufführen kannst, die dich zum Laufen bewegen. Überlege dir dabei auch ganz genau: Willst du mit dem Laufen beginnen, weil die Motivation von außen kommt – beispielsweise, weil dein Partner sagt, Laufen wäre doch eine tolle Sportart für dich – dann garantiere ich dir, dass du nie wirklich Spaß daran haben wirst – oder aus eigener Motivation heraus? Versuche, Gründe zu finden, die wirklich deinen innersten Wünschen entsprechen.

Ich hatte einfach Lust zu laufen

Wer kennt nicht den Film Forrest Gump und die Szene, als Forrest sich aufmacht, kreuz und quer durch die USA zu laufen? Reporter kommen hinzu und interviewen ihn. „Warum laufen Sie? Laufen Sie für den Weltfrieden? Laufen Sie für die Obdachlosen? Für die Rechte der Frauen? Für die Umwelt? Für die Tierwelt?“ Die verschiedensten Fragen prasseln auf Forrest ein, doch er versteht den Sinn hinter den Fragen nicht. „Ich hatte einfach Lust zu laufen!“, ist seine entwaffnende Antwort. Manchmal kann es so einfach sein!

„Ich hatte einfach Lust zu laufen!“

Ziele setzen und erreichen

Was immer es ist, das dich zum Laufen bringt, schreibe es nieder, und setze dir ein realistisches, erreichbares und messbares Ziel. Ist es dein Wunsch, fit zu sein, dann definiere, was genau „fit“ für dich bedeutet. Willst du beispielsweise in einem halben Jahr 60 Minuten oder 5 Kilometer am Stück laufen können? Dann schreibe dir das genau so auf, und bewahre den Zettel gut sichtbar auf, so dass du dir immer wieder dein Ziel vor Augen führen kannst, wenn du es mal aus dem Fokus verlierst. Willst du abnehmen? Dann definiere, bis wann du wie viel Kilogramm verlieren möchtest. Geht es dir um deine Gesundheit, und willst du durch das Laufen gesünder werden, dann ist es sicher ratsam, dich von einem Arzt durchchecken zu lassen, um beispielsweise anhand der Blutwerte oder deines Blutdrucks vor und nach Aufnahme des Trainings den Erfolg deines Tuns festzustellen. Alleine nur zu registrieren, dass du deinem selbst definierten Ziel Schritt für Schritt immer näher kommst, lässt dich über dich hinauswachsen.

Das Glück besteht nicht darin, sein Ziel zu erreichen, sondern auf dem Weg dorthin zu sein. Ingvar Kamprad

Aber ich will nichts beschönigen: Im Leben eines Läufers gibt es immer wieder Phasen, in denen das Laufen keinen Spaß macht, der Gedanke aufkommt, „das hat doch alles keinen Sinn“ oder einfach die Motivation fehlt, rauszugehen und loszulaufen. Immer wieder höre ich ähnliche Aussagen, wie und warum das Laufen zur Qual wird, und warum man lieber nicht rausgehen möchte:

Ich gerate zu schnell außer Atem.

Versuche, langsamer und entspannter zu laufen.

Weil ich langsamer als andere bin.

Kümmere dich nicht um die anderen, konzentriere dich rein auf dich, und bleibe in deinem Takt. Du wirst sehen, dass sich – auch ohne es zu forcieren – im Laufe der Zeit dein Tempo erhöht.

Weil Muskeln, Gelenke, Bänder und Sehnen schmerzen.

Gönne dir unbedingt eine Ruhewoche, und lies im Kapitel „Step 2“, wie du an deiner Lauftechnik arbeiten kannst – eine gute Technik schont die Gelenke.

Weil das Wetter schlecht ist, zu warm, zu kalt, zu nass, zu windig, …

Laufen kann man bei (fast) jedem Wetter. Kleide dich den Bedingungen entsprechend, und passe deine Laufintensität an. Bist du erst einmal draußen, wirst du feststellen, dass es gar nicht „so schlimm“ ist, wie es zunächst von drinnen aussah.

Weil es zu dunkel, zu früh oder zu spät ist.

Ist es draußen dunkel oder dämmrig, dann suche dir beleuchtete Laufstrecken oder nutze eine Stirnlampe. Laufe aber immer nur dort, wo du dich auch sicher fühlst, wo genügend Menschen unterwegs sind und ein guter Untergrund vorhanden ist. Oder aber suche dir eine Laufgruppe, mit der du in der dunklen Jahreszeit unterwegs sein kannst.

Weil ich der Meinung bin (z.B. durch Lehrer), schon immer unsportlich gewesen zu sein.

Und? Was kümmert es dich, welcher Meinung dein Lehrer möglicherweise vor Jahrzehnten war? Auch ich selbst war eine Niete im Schulsport und absolviere heute mit Freude Ultraläufe oder Triathlons. Das hätte mit Sicherheit keiner meiner Lehrer je erwartet.

Weil der Ruf der Couch stärker ist.

Arbeite nach dem Belohnungsprinzip, und überlege dir, womit du dir nach dem Laufen etwas Gutes tun kannst.

Weil ich Wichtigeres zu tun habe, das keinen Aufschub duldet.

Das kenne ich z.B. von meiner Steuererklärung. Man schiebt sie ewig vor sich her, bis das schlechte Gewissen immer stärker wird. Dagegen hilft nur eines: einfach anpacken – und zwar am besten sofort, ohne groß darüber nachzudenken. Der Spaß kommt dann mit dem Tun.

Weil ich keine Fortschritte sehe.

Bleib dabei, und überprüfe erneut die Geschwindigkeit deiner Laufeinheiten. Läufst du in einem Tempo, in dem du locker reden kannst?

Weil ich keine Zeit habe, da ich beruflich oder familiär zu sehr eingebunden bin.

Versuche, das Laufen in deinen Alltag zu integrieren. Wenn du lange im Büro bist, überlege dir, am Morgen oder in der Mittagspause zu laufen, oder nutze den Heimweg als Laufeinheit. Wenn du zwischen Sport und Familie hin- und hergerissen bist, dann versuche, sie mit einzubinden, z.B. mit einem Babyjogger oder lass dein Kind/deinen Mann mit dem Rad neben dir her fahren, während du läufst.

Weil ich schlecht drauf oder depressiv bin.

In diesem Fall gibt es wirklich nichts Besseres, als rauszugehen und dir den Frust von der Seele zu laufen. Lauf dich frei!

Weil meine Brüste, mein Po oder mein Bauch wackeln/zu groß sind.

Achte auf die richtige Kleidung: Ist die Unterwäsche (Base Layer) eng genug, um zu stützen? Greife hier ggf. auf Kompressionskleidung zurück. Wähle die zweite Schicht weit genug, um Problemzonen zu kaschieren.

Welche Punkte fallen dir noch ein? Und welche Strategien hast du, um diesen entgegenzuwirken? Schreibe sie dir auf, damit du immer wieder nachschlagen kannst, wenn es nötig wird.

Wie dein Umfeld dir das Laufen verübeln kann - Geschichten aus dem Alltag

Als ich mit dem Laufen anfing, kam es nicht selten vor, dass Passanten – aus für mich unerfindlichen Gründen – dies mit einem „schneller“ oder „hopp, hopp, hopp“ kommentierten. Früher fand ich das anmaßend. Darüber hinaus verunsicherte es mich, ich wusste nie, wie ich reagieren sollte. „Ich bin wohl zu langsam“, kam mir mehr als einmal in den Sinn, und beschleunigte das Tempo. Später wurde mir klar, dass es den meisten Kommentatoren gar nicht um die Geschwindigkeit ging. Ein Nichtläufer kann gar nicht einschätzen, wie schnell oder langsam jemand läuft (und einer, der selbst läuft, würde solche Kommentare niemals abgeben). Es ging in erster Linie nur darum, einen blöden Spruch loszuwerden, die eigene Unsportlichkeit zu kompensieren und damit den Läufer – teilweise bestimmt auch ungewollt – zu verunsichern. Als mir das richtig klar wurde, konnte ich damit umgehen. Ich lachte einfach über solche Kommentare und entgegnete stets: „einfach mitlaufen!“ Die meisten winken dann ab. Seither hat sich das noch niemand getraut.

Noch heute kommt es vor, dass mich unterwegs Passanten fragen: „Und, wie viel läufst du?“ Mittlerweile habe ich festgestellt, dass sie dies zum einen tun, um es mit der eigenen Leistung zu vergleichen, zum anderen aber auch des schlechten Gewissens wegen, um im Anschluss zu rechtfertigen, warum sie selbst nicht (mehr) so lange oder weit laufen können. Oder aber ganz verquer: Man erhält einen Vortrag, warum das Laufen ungesund sei und dass sie selbst zwar mal liefen, aber jetzt eben dadurch die Knie schmerzten. Meine Entgegnung, „dann war wohl die Lauftechnik falsch“, wird nicht allzu gerne gehört. Denn der Glaube „Sport ist Mord“ ist leider noch immer tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Als ich mit dem Ultralaufen begann, wurden manche Menschen richtiggehend sauer, wenn ich sagte, dass ich auch mal 50 oder 100 Kilometer am Stück laufe. „Das ist doch nicht mehr gesund!“ oder „das ist doch nicht normal!“, kam dann schon mal als Reaktion. Was aber ist normal, und wer definiert das? Ist es „normal“, den gesamten Tag zu sitzen und überall mit dem Auto hinzufahren, oder entspricht es eher unseren Genen, stundenlang in Bewegung zu sein? Die Antwort muss sich wohl jeder selbst geben.

Wenn man in den USA einen Marathon läuft, reagieren alle mit: „Wow, great job!“ Läuft man in Deutschland einen Marathon, ist die erste Frage: „Welche Zeit bist du gelaufen?“ Die Tatsache, dass man unvorstellbare 42,2 Kilometer bewältigt und damit etwas Großartiges geleistet hat, rückt dadurch als nichtig in den Hintergrund. Der Fakt, dass mehrere Tausend Läufer bei einem Marathon starten, suggeriert vielen Nicht-Läufern, dass eine solche Strecke wohl ohne Probleme zu bewältigen ist. Erst, wenn sie selbst laufen, können sie allmählich ermessen, was es bedeutet, mehr als 40 Kilometer zurückzulegen. Mich hat diese Frage immer genervt. Doch als ich mit den Ultras begann, erledigte sich das Thema von alleine. Denn wer kann schon einschätzen, ob 12 Stunden für einen 100-Kilometer-Lauf schnell oder langsam sind?

Ich weiß noch, dass der Vater meines Ex-Freundes seinen Sohn nach den ersten Marathonläufen stets fragte: „Und? Hast du gewonnen?“ Natürlich musste mein Ex-Freund das verneinen, denn welcher deutsche Hobbyläufer kann sich bei einem großen Stadtmarathon schon gegen afrikanische Profiläufer durchsetzen? Dennoch war er ein sehr guter Läufer mit einer Zeit von 3:30 Stunden für sein Marathondebüt. Sobald jedoch der Vater das „Nein“ hörte, war das Thema Marathon für ihn erledigt. Kein, „wie war der Lauf?“ oder „wie hast du dich gefühlt?“ Irgendwann fragte er dann gar nicht mehr nach. Scheinbar war sein Sohn eine ziemliche Lusche, da er auch in den kommenden Jahren nie einen Marathonsieg vorweisen konnte. Was ich damit sagen möchte, ist: Es ist wichtig, sich nicht davon beeinflussen zu lassen, was andere sagen und sich von der gegebenenfalls fehlenden Anerkennung des Umfeldes frei zu machen.

Ein weiteres typisches Beispiel ist folgendes: Simone [Name geändert] wollte gerne mit dem Laufen beginnen, da bereits die gesamte Familie mit Spaß lief und auch an einigen Straßenläufen teilnahm. Auch ihr Ehemann hatte sich von einer Couchpotato zu einem Ultra-Läufer gewandelt. Nachdem Simone abends ihre Runden im Park gedreht hatte, fragte ihr Mann stets beim Heimkommen: „Wie viele Kilometer bist du gelaufen? In welcher Zeit?“ Und rechnete ihr anschließend ihre Geschwindigkeit vor. „Dann bist du einen 6er-Schnitt gelaufen“ und kommentierte das regelmäßig mit „das letzte Mal warst du schneller/langsamer als heute…“. Anfangs tat Simone das als Spinnerei ab, irgendwann nervte es sie aber nur noch, und schließlich ließ sie das Laufen nach 2 Monaten ganz sein. Zwar machte ihr der Sport Freude, doch dem Leistungsvergleich wollte sie sich nicht mehr unterziehen. Sie entschied sich daraufhin für den Kraftsport – hier konnte sie ganz für sich trainieren.

Eine meiner Laufklientinnen behauptete steif und fest, dass sie keine Läuferin sei. „Wie kommst du denn da drauf?“, fragte ich sie verblüfft. Denn ihr Laufstil sah gut und flüssig aus, und vor allem hatte sie Spaß dabei. Schließlich erzählte sie mir, dass sie in ihrer Jugend in Bulgarien Handball gespielt und ihr Trainer ihr immer wieder vorgehalten habe: „Mit diesem dicken Hintern wirst du nie eine Läuferin werden!“ Auch mehr als 20 Jahre später war diese Aussage noch tief in ihren Gedanken verwurzelt – und hinderte sie heute daran, unbeschwert zu laufen.

Warum kommst du nicht so oft zum Laufen, wie du eigentlich möchtest? Überlege dir, was dich davon abhält. Letztendlich solltest du dir in diesem Fall immer wieder folgende Frage stellen: Wieso nehme ich mir nicht genug Zeit, in meine Gesundheit und meine Ausgeglichenheit zu investieren?

Manchmal ist es wie ein Teufelskreis: Du gehst nicht laufen, weil du müde, ausgelaugt oder viel zu gestresst bist. Aber weil du keinen Ausgleich hast, werden dieses Unbehagen und die Müdigkeit immer extremer, und das Laufen rückt immer weiter in den Hintergrund. „Jetzt auch noch laufen?“, denkst du völlig abgespannt und bist froh, abends vor dem Fernseher zu liegen.

Weißt du eigentlich, wie gut es sich anfühlt, nach einem hektischen Tag nochmal eine Runde zu laufen? Und sei es auch nur für eine halbe Stunde? Runterzukommen, abzuschalten und die Gedanken zu sortieren? Und kennst du das wohlige Gefühl des Stolzes, wenn du danach zurückkommst und weißt, dass du Sport gemacht hast und nun mit Freude und Genuss das Essen und die Couch genießen kannst?

Oft ist auch eine Neuprogrammierung des Gehirns nötig. Man sagt, es dauere 21 Tage, bis der Mensch eine neue Gewohnheit angenommen habe. Das heißt jetzt nicht, dass du 21 Tage hintereinander laufen sollst. Aber nimm dir 3 Wochen lang vor, jeden zweiten oder dritten Tag für eine kurze Runde rauszugehen – und sei es auch nur für 30 Minuten Walking. Danach setze eine Woche aus und beobachte, was passiert. Wie fühlst du dich? Fehlen dir bereits das Laufen und die angenehme Erschöpfung danach?

Versuche herauszufiltern, welche negativen Assoziationen dein Laufen begleiten, und suche dir Kraftsätze, wie du diese austricksen kannst.

Kraftsätze können sein:

Ich genieße das Laufen!

Laufen macht mich frei!

Bewegung ist für mich Quality time!

Ich tue mir etwas Gutes!

Ich bin aktiver als 50 Prozent der Deutschen!

Ich stärke mein Immunsystem!

Ich laufe Krankheiten davon!

Laufen bringt mich zum Strahlen!

Laufen macht aus mir einen besseren (ausgeglicheneren) Partner/Mutter/Vater!

Laufen kann auch zum Sightseeing genutzt werden: Reichstagsgebäude Berlin, Drei Zinnen in den Dolomiten, Central Park New York, Eiffelturm Paris.

Ganz wichtig!

Es gibt natürlich auch Umstände, unter denen zur eigenen Sicherheit auf das Laufen verzichtet werden sollte, z.B. bei Glatteis, Gewitter, heftigen Orkanböen, bei extremer Hitze (es sei denn, dein Körper ist akklimatisiert), bei extremer Kälte (ggf. nur mit Mundschutz oder Gesichtsmaske laufen), bei Fieber, grippalen Infekten oder sonstigen Krankheiten, bei denen Bettruhe unbedingt erforderlich ist. Du wirst dich jetzt wundern und denken: Natürlich trainiere ich nicht, wenn ich krank bin. Doch vielleicht überrascht es dich noch mehr, dass es nicht wenige Läufer gibt, die Krankheitsanzeichen ihres Körpers mit Schmerzmitteln bekämpfen, nur, um das Laufpensum zu absolvieren, das in ihrem Trainingsplan steht.

1 531,18 ₽
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Возрастное ограничение:
18+
Дата выхода на Литрес:
25 мая 2021
Объем:
234 стр. 74 иллюстрации
ISBN:
9783941297463
Издатель:
Правообладатель:
Автор
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