Читайте только на ЛитРес

Книгу нельзя скачать файлом, но можно читать в нашем приложении или онлайн на сайте.

Читать книгу: «Abendstunden», страница 15

Шрифт:

(sie faßt den Vater an den Schultern, drückt ihn aus dem Hause in den Hof, und schließt die Thür).

Herr Fruyts blieb einige Augenblicke verwundert stehen; die Thüre aber war zu gut verschlossen, als daß er hätte hoffen können, sie zu öffnen; ergeben in sein Schicksal trat er darum tiefer in den Garten und dem Plätzchen zu, auf den er seine Dahlien hatte pflanzen wollen. Er hielt noch immer ein Stück Wurzel der Striata formosissima in der Hand, und krampfhaft zuckten seine Finger darum, während tiefe Seufzer seiner Brust entstiegen. An dem Plätzchen angekommen, starrte er wehmüthig auf die für ihn so theure Erde und sprach dann, das Auge auf die Wurzel heftend:

»Du Blume aller Blumen, so hätte ich dich denn verloren? Ich sehe meine Feinde lachen, sie klatschen spottend über mich in die Hände. Ich werde keine Medaille bekommen, alle Hoffnung darauf ist hin! Hätten die Ratten gewußt, daß jeder Biß in dich ein Biß in mein Herz war! Wenn ich das hätte ahnen können, ich hätte den Keller vollgepfropft mit Käs und Fleisch, um sie zu sättigen. Doch, es ist zu spät – o Unglück!«

Und er warf das Stück Wurzel, daß es weit über das Feld hinflog.

Hoffnungslos und sichtbar leidend wandelte Herr Fruyts den ganzen Tag hindurch in dem Garten umher; er wollte selbst nichts essen – und das war bis dahin in seinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen. Alle Bitten seiner Tochter, alle Vorwürfe seiner Frau vermochten nicht soviel über ihn, daß er in’s Haus oder zum Feuer gekommen wäre.

Gegen Abend saß er auf einer Holzbank inmitten des Gartens; er bebte vor Kälte, und seine Zähne klapperten laut. Da stieg langsam Reue in ihm auf über die Härte, mit welcher er den jungen Bielens und seine Tochter behandelt hatte, doch in demselben Augenblicke rief auch der böse Geist in ihm: Wie werden die Dahlienliebhaber dich auslachen! und aufs neue entflammte seine Wuth, als er den jungen Mann, ein Päckchen unterm Arm auf sich zukommen sah.

Wie befehlend streckte er den Arm gegen ihn aus, so etwa, wie wenn er hätte sagen wollen: »Vor die Thür, du!« Doch Bielens achtete nicht darauf, nahte vielmehr kühn, und überreichte Herrn Fruyts ein gefaltetes Briefchen. Unwillig riß er es ihm aus der Hand und öffnete es unter spöttischem Lächeln. Doch, welch ein Strahl der Freude überflog seine Züge! Welche Röthe färbte seine Wangen, welch’ froher Seufzer entstieg seiner Brust! Gewiß, das Briefchen mußte eine fröhliche Nachricht bringen. Er liest:

»Ich unterzeichneter V . . . Kunstgärtner zu Antwerpen, erkläre hiermit, daß ich Herrn Franz Bielens heute eine Wurzel der echten Striata formosissima geliefert habe.«

Die Unterschrift war die des berühmtesten und glaubwürdigsten Gärtners der Stadt.

»Ihr hättet eine Wurzel der ächten Striata formosissima?« rief Herr Fruyts entzückt aus. »Betrüget ihr mich nicht? Aber nein, es ist Wahrheit; laßt mich sie doch sehn!«

Und er nahm das Päckchen aus Bielens Händen, riß Papier und Moos herunter, und befühlte die köstliche Wurzel nach allen Seiten mit einem so seligen Lächeln, daß man wohl sah, wie glücklich er sich dabei fühlte.

»Ja das ist eine Wurzel,« murmelte er vor sich hin. »Ja, eine echte Striata formosissima

Doch ein anderer Gedanke verdüsterte seine Züge wieder.

»Nun, Franz!« seufzte er, »ihr seid glücklich; damit könnt ihr so viele Medaillen gewinnen, wie ihr wollt.«

»Ich?« frug der junge Mann. »Nein, Herr Fruyts. Ich wußte, daß Herr V . . . seit vier Tagen eine Wurzel der Striata formosissima aus England bekommen hatte. Da ich ihn genau kenne, wußte ich auch, daß er mir sie überlassen würde, und ihr seht, ich habe mich nicht darin betrogen. Niemand in der ganzen Gegend, ja vielleicht in Belgien besitzt sie außer mir. Würdet ihr sie von mir annehmen, als einen Beweis, wie sehr ich eure Betrübniß zu schätzen weiß?«

Ein lauter Schrei entstieg der lang gepreßten Brust des braven Fruyts; er griff schnell nach der Wurzel und drückte sie mit der einen Hand an sein Herz, während er mit der andern den jungen Bielens mit sich fortzog dem Hause zu. Da saß die Tochter am Ofen und weinte heiße Thränen. Frau Fruyts hatte den Kopf auf die Hand gestützt und schien ihrem Manne etwa zurufen zu wollen: »Bist du wieder da? Komm mir nur nicht zuviel unter die Augen!« Er aber gab in seiner Herzensfreude auf nichts Acht, hielt die Wurzel hoch über den Kopf und rief triumphierend:

»Hurrah! Hurrah! Ich hab meine Striata formosissima wieder! Wacker Frau, laß uns Alles vergessen und sieh nur nicht mehr so sauer drein! Schnell, hol eine gute Flasche aus dem Keller, du weißt aus dem Patersfäßchen!«

»Und du, liebe Theres,« sprach er zur Tochter gewandt, und sie bei der Hand fassend, »vergieb mir auch, daß ich so böse war. Komm her, Franz, mein Sohn!«

Und er legte Theresen’s und Franzen’s Hände in einander und rief noch einmal:

»Vivat, Striata formosissima! Lebt lang und heirathet nach Ostern!«

Der Geist.
Ein Bild aus dem Volksleben

Keine Stadt ist wohl an Sagen reicher, als Antwerpen.

Jede Straße hat ihre eigenen, doch nicht leicht ist es, zu ihnen zu gelangen, da sie zumeist nur in der untersten Volksklasse bekannt sind und erzählt werden, und selbst nicht in den Bürgerstand mehr vordringen. Es geht eben mit diesem Zweige der nationalen Traditionen, wie mit manchem andern; das »gemeine Volk« hat ihn allein bewahrt.

Wenigen Literaten aber gelingt es, manchen auch scheint es eben nicht passend, als Freund und Nachbar in den ärmsten Vierteln umherzugehen, um also eine dieser Erzählungen aus dem Munde eines Fischweibes oder eines Aschenmädchens zu hören. Mir verschaffte ein glücklicher Zufall die Gelegenheit, einige dieser Sagen abzuhorchen, ohne daß ich gesehen wurde. Die Erzähler waren vier Bursche, welche fast am Rande des Mannesalters standen und einstweilen noch bei Tage als Lehrjungen bei Zimmerleuten und Schmieden arbeiteten. Wohl war ihre Art zu erzählen nicht die ausgesuchteste, doch einer von ihnen hatte darin einen gewissen Schwung und eine Leichtigkeit, welche dem Mitgetheilten einen eigenthümlichen und komischen Charakter gab. Dieß bewog mich auch, seine Worte so getreu, wie möglich, aufzuzeichnen!27

Unter dem halbgeschlossenen Fenster eines Bürgerhauses saßen sie auf einer Kellerthür und wackerten einander an, zu erzählen. Der erste, welcher sprach, war:

Kobe.28

»Sag, Franz, kannst du die Geschicht, die sie Sonntag im Purzenellen-Keller29 gespielt haben? Weißt du, Schnuf30 heirathet am End mit der Königin von Türkeien.«

Balte.31

»Die kann ich.«

Franz

»Ist das die von Hanefruiken?«

Süs.32

»Ach nein, weißt nit mehr? Da kommt ein bezaubert Kanin drin vor, das den Brief auf den Thurm trägt zu der Prinzeß von Amerika. Kannst es nit, Balte?«

Balte

»Das kann ich Alles. Ich kann Malegys, ich kann Schmiedchen Verholen, ich kann Güldentop, ich kann Sankt Peter, ich kann alte Lampen für neue, ich kann den bezauberten Hund, und das vom Stein und Fischerchen, Fischerchen, fang mich nit, und ach Herr, ich kann wohl hundert, wenn ich sie nur erzählen wollt.«

Franz

»Ah dann laß uns Ströhchen ziehen.33

Kobe

»Vivat! ’s ist Balte! Nu vom Doktor Fautzius oder dem Keller unter der Vierschaar.«

Süs

»Nä, Balte, thu’s nicht. Erzähl lieber vom Teufel oder von einer Hex, oder von Spuken.«

Balte

»Nu gut, dann will ich euch eine wahrhaftige Geschicht erzählen, die geschehen ist auf dem Kleinmarkt, ein wenig weiter, als die Korneinepeip (Kaninchengang) auf französisch la pipe de lapin.«

Kobe

»Lapin? das heißt eine Katz, du bist im Irrthum.«

Balte

»Du bist ein schöner Vogel. Lapin ist eine Katz, pertang!34 Nein poes35 ist Katz auf französisch. Haben sie dem Franzmann aus der Mannekensstraat nicht immer nachgerufen: Voleur de poes, Katzendieb? Du willst mit mir über’s Französisch sprechen, du Kastenkind? Hast du vielleicht auf der Chantjie36 gearbeitet, he? Ist dein Vater Gardechou37 gewesen? In der Zeit der Marine? schweig nun, sag ich dir, denn ich fang jetzt aufs Neue an. – Nun in der Straß da stand einmal ein Haus mit vier Stockwerken ohne den Speicher und das war so groß und so schön, wie das Schloß eines Königs.

Aber in dem Haus wollte durchaus Niemand nicht wohnen, und es blieb Jahre hindurch unnütz leer stehn, denn es spukte drin, müßt ihr wissen.«

Süs

»Aha, das muß schön sein.«

Balte, ärgerlich

»Still doch, halt’s Maul! Nu dann. Mit dem Schlage zwölf kam da jedesmal ein Geist, der’s Haus von oben bis unten durchlief, und wenn das lang genug gedauert hatte, dann kam der Geist gegen den Schlag eins hinter die Straßenthür stehn und begann so jämmerlich zu heulen und zu schreien, daß Jedermann Mitleid mit ihm hatte . . . «

Kobe, ängstlich

»Bist du das, Süs, der da so geseufzt hat?«

Franz

»Eh, er ist schon bang, er zittert, ich fühl’s. Du sollst mir wohl ein Kerl sein!«

Balte

»Wenn Kobe sein Maul nicht hält, dann jag ich ihn weg.

Nu, da wagte doch Niemand in das Haus zu gehen, weil der Geist nichts that, als rufen: »Erlöst meine Seel! Erlöst meine Seel!«

Da sagte man dann, daß das die Seele wär – und ich glaub das auch – daß das also die Seele wär von dem letzten Herrn, dem das Haus gehört hatte und daß der aus purer Gierigkeit einen großen Schatz da verborgen hätte. Und du weißt wohl, wenn Jemand stirbt mit verborgenem Geld auf seinem Gewissen, dann muß er so lange in der Höll brennen, bis das Geld gefunden wird.

Als das nun schon sehr lang gedauert hatte, da kam einmal ein alter Soldat aus dem Kesselkrieg.

Der Soldat hieß starker Jan und der hatte in dem Wirthshaus gesagt, daß er für Nichts und wieder Nichts, so zu sagen für sein Pläsier eine Nacht in dem leeren Hause schlafen wollte, wenn sie ihm hundert Gulden vor der Hand geben wollten.

Der Hausbaas sagte zu Jan: »Ist das wahr? Wagtet ihr in dem Haus zu schlafen?«

»Ja,« sagte Jan so, »denn ich geb den Teufel,« sagt er, »um alle Spuke und Teufel! Was Gott bewahrt, ist wohl bewahrt.«

»Nu gut,« sprach der Hausbaas, »gebt mir die Hand darauf,« sagte er, »und es ist eine abgemachte Sache. Was muß ich euch geben?« frug er.

»Hört,« sprach Jan, »gebt mir nur für den Anfang ein gut Theil Buchenholz in kleinen Stücken, ein Dutzend Flaschen Wein, eine Flasche Branntwein, einen Kuchentopf voll Kuchenteig und eine gute Pfanne, um meine Kuchen darin zu backen.«

»Das sollt ihr haben,« sagte der Hausbaas, und als er ihm das gegeben hat, zog Jan gegen Abend mit seiner Provision in das Haus.

Als er nun Feuer geschlagen hatte, trug er sein Holz und seinen Kuchentopf mit dem Teig in ein Zimmer auf dem ersten Stock, wo noch ein Tisch stand mit zwei Stühlen.

Da fing er an Feuer zu machen, als wollt er das Haus abbrennen, und dann setzte er den Kuchentopf daneben, um den Teig gähren zu machen.

Während der Teig nun am Gähren war, fing Jan an, den Flaschen einer nach der andern den Hals ab zu beißen, und davon bekam er vor und nach ein Stück in seinen Kragen,38 wie ein alter Schweizer, doch er gerieth nicht von seinem Center39 und wußte gar wohl, was er that und sprach.

Das war mir nun gut, aber als er nun lang genug getrunken hatte, da begann sein Bär zu tanzen40 Er setzte also seine Pfanne auf’s Feuer und warf einen tüchtigen Löffel Teig hinein. Dann ging es an’s Braten, daß es eine Art hatte, und es roch so lecker, wie an der Thür von ’s Lanswelvelvaren,41 wißt ihr, so ’n Geruch grad wie vor einer Restauration.

Nun das war mir gut, der Kuchen war von einer Seite ganz schön braun gebacken, und Jan warf ihn herum, damit er auch auf der andern Seite backe.

Nu stand der Kuchen aber kaum wieder auf dem Feuer, da fällt so was durch den Kamin – und parduf in den Kuchen und der Kuchen in die Asche.

»Na hundert tausend ich weiß nicht was,« rief Jan. »Sollt man das hier und da nicht verwünschen? Braun und so lecker! Da liegt nun mein Seelchenkuchen.42 Was will ich aber dazu thun? sagt er zu sich selbst; ’s ist nun einmal so. Ich will mir nur einen neuen Löffel Teig in die Pfanne thun, und gut falle ’s aus.

Das that er dann auch und ging wieder an’s Backen, daß ihr einen Jähhunger davon bekommen hättet und wenn ihr selbst in drei Tagen nichts hättet gegessen gehabt.

Jan ließ aber nun den Stiel der Pfanne los und packte sich das Ding mal auf, was da aus dem Kamin gefallen war.

Nu rathet mal, was das war! – Das war ein Todtenknochen aus einem Arm.

Da schoß mir der Jan in ein Lachen und sprach so, immer fort lachend: »Haha, die denken mich bang zu machen oder gar mich zum Narren zu halten, dann kommen sie mir aber gut an mit ihren Pferdeknochen, und wenn sie mir die ganze Schindgrube durch den Kamin werfen, dann geb ich noch keinen Deut drum; mit ihrer Lapperei!«

Das war mir aber gut; als Jan seinen Kuchen nun halb gebacken hatte, da sagt er so zu sich selbst: Ihr sollt mich dieses mal nicht kriegen, ihr Pfiffikusse. Lieber eß ich meinen Kuchen halb roh . . . Und damit streckt er seine Hand aus, um den Kuchen zu nehmen, aber da fällt ein ganzes Rudel von Knochen aus dem Kamin und parduf in dem Jan seine Pfanne und der Kuchen in die Asche.

»Wel Seeseke van Maderitje!43« rief Jan; »soll ich denn all meinen Kuchenteig zum Blitz gehen sehn? Was ist das denn nun wieder, was sie mir da herunter geworfen haben? Das ist kein klein Paternosterchen; ’s sieht ja aus, wie der Rückgrat eines Füllens. Nu, das ist doch mit schön, sie sollten die Leute doch ruhig lassen essen.«

Ja, aber was da in seine Pfanne gefallen war, das waren so Knöchelken, die saßen an einander, wie an einer Kordel und das war der Rückgrat eines Menschen.

Darüber wurde Jan nun so erschrecklich bös, daß er die Knochen auspackte und sie hagelklein an der Mauer zusammenschlug.

Aergerlich setzte er sich wieder zu der Pfanne und lappte von Zeit zu Zeit einen neuen Löffel Teig hinein, aber jedesmal, wenn er den Kuchen eben aus der Pfanne nehmen wollt, fiel ihm wieder der eine oder andere Menschenknochen hinein, und das dauerte so lang, bis ihm endlich gar ein Todtenkopf drein fiel.

Jan der schoß in eine wälsche Wuth und warf den Todtenkopf, daß er flog, so weit wie es ihm geliebte. Dann begann er geduldig wieder zu backen und hatte bald eine Schüssel voll Kuchen auf’m Tisch, so daß er nur zu essen nöthig hatte.

Als er nun so recht genüglich an dem Tisch saß und so lecker am Knabbeln und saugen war, da geschah auf einmal ein fürchterlicher Schlag. – Jan zählte: ’s war zwölf Uhr.

Da hebt Jan seine Augen ’mal auf und – da steht er in der Ecke, wohin er die Knochen geschleudert hatte, ein abscheuliches Geripp stehn.

Mit dem Schlage zwölf nämlich waren die Knochen alle zusammen gekrochen, und da stand der Geist mit einem weißen Leintuch um seinen Rücken. Und er war, ach Gott, so mager geworden von dem ewigen Rundlaufen, daß ihr sein Eingeweide durch seinen Bauch sehen konntet.

Jan besah das Gespenst so ’ne Zeit lang und rieb seine Augen, denn er meinte, es wär nicht wahr gewesen; als aber das Gespenst anfing sich zu bewegen, da sah er, daß es wahrhaftig ein Geist war.

»Aha,« sagte Jan; »guten Abend, Pietchen Tod!44 Wie stehts mit der Gesundheit? Mich dünkt, ich hab dich schon mal gesehn. Stehst du nicht in sankt Wilibrords Kirche, wenn’s Seelenoktave ist? Siehst anders gar jämmeriös aus, Jan Stecken! Sieh, solch ein Kuchen oder drei und solch’ne Flasch, die könnten dir nicht schaden. Doch was sag ich? Ich glaub wahrhaftig, die Kuchen fielen dir statt in, durch den Leib, denn du trägst ja eine Weste, die à jour gearbeitet ist. Wenn du übrigens mal trinken willst, dann setz dich nur bei.«

Das Gespenst sprach nicht, aber es machte ein Zeichen mit seinem Finger, als ob’s ihm sagen wollt: Komm einmal her.

Aber Jan war klug genug, das nicht zu thun.

»Aperopo,« sagte er, »Peterchen Kracheling, willst du denn da stehen bleiben bis morgen? das kannst du ruhig thun. Wäre ich aber wie du, dann setzte ich mich ein wenig an’s Feuer, denn die Ecke ist sehr remothisch45 und du könntst dich leicht erkälten. Ah sa, aber sag mir mal, was sprichst du eigentlich für ’ne sprach? sag’, ist’s so was von parlé fransé conter alle Leut? Auch nicht? Dann pack dich nur zurück in deine Todtenlade, trockner Kerl! Bist von Gott, dann sprich, bist aber vom Teufel, dann weich!«

Aber der Geist blieb stehn, und winkte nur mit dem Finger, Jan solle doch zu ihm kommen. Jan aber fuhr ruhig fort zu essen und sah sich gar nicht mehr nach dem Gespenst um.

Als das nun schon eine gute Weile gedauert hatte, da schlug es halb eins und das Gespenst hob seine magern Beine auf und kam auf Jan zu und winkte ihm immer mit dem Finger. Da sprang Jan aber plötzlich auf und rief:

»Ah sa, Hanswurst, ich hab dir nur ein Ding zu melden, du kannst so viel plaudern, wie du willst, aber du mußt mir vom Leibe bleiben, verstehst du, oder wir werden böse Freunde! Kommst du mir noch näher, dann schlag ich dir die Flasche auf deinem Gesicht in Stücke. Ich weiß wohl, daß du mir gern das Genick brechen möchtest, he? Das wird aber nicht wahr werden; du kennst mich noch nicht, Manneken!«

Da streckte das Gespenst seinen Arm aus und rührte mit einem seiner Finger an Jan’s Hand und, denkt nur, da hatte Jan eine wahrhaftige Blase auf der Hand, so glühend brannten die Finger.

»Was Himmelschlappermosterd! Willst du so Bekanntschaft mit mir machen?« rief Jan. »Es scheint, daß du warme Hände hast, aber so sind wir nicht getraut, Nachbar. Ich will dir das schon abgewöhnen. Arré! Da hast du die erste Lektion!«

Und Jan schlug das Gespenst mit einer leeren Flasche flach auf den Schädel, aber er traf es doch nicht, denn er schlug gerad wie auf den Wind.

Da wurde Jan erst recht böse. Er wollte das Gespenst packen und zu Boden werfen, das lief aber schlecht ab, denn wenn er meinte, er hätte es fest, dann fühlte er nichts und wieder nichts.

»Nun paß auf, das hat nun lang genug gedauert; du kannst jetzt nur schnell sagen, was du von mir haben willst. Warum willst du hier streit suchen, sag? Ich hab immerhin mit dir und deiner ganzen Familie nichts zu schaffen. Laß mich also ruhig und geh deiner Wege.«

Der Geist aber winkte immer fort und wies nach der Thür.

Da war Jan deß endlich müde, nahm seinen Leuchter und sprach zu dem Geiste: »Allo! Dann laß sehen, was du willst. Geh vor, ich komme nach.«

Das Gespenst öffnete die Thür und wies Jan, er solle die Treppe hinuntergehen, doch Jan war viel gescheidter und sprach: »Geh du vor« – denn wenn er voraus gegangen wäre, dann hätte das Gespenst ihm den Hals gebrochen.

Zu langer Letzt kamen sie denn herunter in den Gang und da lag eine große Steinplatte mit einem eisernen Ringe dran. Das Gespenst zeigte darauf, als wenn es hätte sagen wollen: Jan, hebe den Stein auf; doch da lachte Jan laut auf und sprach:

»Ja du hältst mich wohl zum Narren, he, Brüderchen? Wenn du kein Nikanik46 in der Tasche hast, dann kannst du noch lang herumlaufen. Heb du selbst den Stein auf, ich kann das nicht.

Da hob das Gespenst den Stein auf und darunter war ein groß Loch, worin drei eiserne Töpfe voll golden Geld standen. Sobald Jan das Geld gesehen hatte, begann das Gespenst zu sprechen:

»Siehst du das Geld?« frug es Jan.

»Ah, du bist mir ein schöner Landsmann!« rief Jan. »Du sprichst ja grad, wie wenn’s Flämisch wär. Nun werden wir uns schon verstehn. Französisch kann ich aber auch, weißt du, denn ich hab fünf Jahr gedient und – Vivau Apoleon! Ja ich seh da so was flimmern, was stark Zehnguldenstücken gleicht.«

Nun holte der Geist die drei eisernen Töpfe heraus und sprach mit hohler Stimme:

»Das sind drei Töpfe Geld; die hatte ich verborgen, ehe ich todt war.«

»Eh du todt warst?« rief Jan nicht wenig verwundert.

»Du wärst also todt? Das sollt man nicht sagen; ich glaube, du bindest mir was auf.«

Der Geist hörte aber nicht darauf und sprach:

»Ich hab in der Hölle so lange brennen müssen, bis die drei Töpfe gefunden waren – und nun hast du mich aus der Hölle erlöst.«

»Hab ich dich aus der Höll erlöst?« frug Jan. »Das ärgert mich. Du bist mir ein schöner Vogel – doch ich will schweigen, denn das Blut fängt mir schon an zu kochen.«

»Jetzt brenn’ ich nicht mehr,« sprach der Geist. »Arré! Da ist meine Hand; fühl nur, sie ist ganz kalt . . . «

»Ich bedank mich für deine Güte,« rief Jan, »laß du deine Pickelknochen nur still zu Haus. So wenig Komplimente, wie möglich, bitt ich. Ich kenn dich, du bist dem Teufel zu klug, du.«

»Sieh,« sprach der Geist weiter; »von den drei Töpfen Goldes mußt du einen den Armen geben, einen der Kirche, daß man Seelenmessen dafür lese und . . . «

»Holla,« schrie Jan; »da bin ich doch mit dabei. Glaubst du, ich wär dein Knecht? Du machst mir da keine schlechte Rechnung. Und was soll ich denn haben? Nichts da, wenn etwas Trinkgeld für mich abfällt, dann will ich’s wohl thun . . . Du bist doch reich genug, wenn du auch so pover gekleidet gehst und das noch gar im Winter. – Eh nun, was willst du?«

»Der dritte Topf,« antwortete der Geist, »ist für dich.«

»Für mich?« rief Jan jauchzend. »Ju simenie!47 Da werd ich pudelnärrisch! Komm her, ich küß dich auf deine porzellanenen Backen.«

Und Jan sprang hoch auf vor Freude, aber er strauchelte und fiel in das Loch und sein Licht erlosch. Es schlug just ein Uhr.

Nun saß Jan im Dunkeln.

»Peterchen Tod!« rief er, so laut er konnte. »Wo bist du? He, lieb Gespenstchen, komm mal her. Ich hab dich aus der Höll erlöst, da kannst du mich jetzt auch wohl aus dem Loch erlösen.«

Das Gespenst aber war und blieb weg.

Jan kroch nun mit vieler Mühe aus dem Loch und suchte die Kerze.

Damit ging er herauf und nachdem er sich noch etwas gewärmt und noch zwei Fläschchen getrunken hatte, fiel er in den Schlaf.

Am folgenden Tage that Jan, wie der Geist ihm befohlen hatte. Er gab einen Topf den Armen, einen der Kirche und behielt einen für sich. Und Jan war reich, denn in dem Topf waren mehr als hundert tausend Millionen. Und Jan wohnte in dem großen Haus und hielt sich Wagen und Pferde und schlief auf ’nem sammtnen Bett und trank Wein und ging alle Tage in das Wirthshaus.

Und da kam ein Ferken mit ’ner langen Schnauz und die Geschichte ist aus.

27.»und sie als Probe des Antwerpner Dialektes hier mitzutheilen,« heißt es im Originale weiter, doch ist die Erzählung auch schon als solche so, daß wir meinten, sie unsern Lesern nicht vorenthalten zu dürfen.
28.Jakob.
29.Die Puppentheater sind in Antwerpen meist in Kellern.
30.Der Hanswurst des Puppentheaters.
31.Balthasar.
32.Julius.
33.Wer das längste der in der geschlossenen Hand befindlichen Hälmchen zieht, der muß erzählen.
34.Pourtant, hier als Ausruf gebraucht!
35.Sprich puhs, das Wort ist natürlicherweise echt flämisch.)
36.Chantier, Schiffszimmerwerft.
37.Garde—Chiourme, Sklavenwächter.
38.Ein Stück in den Kragen bekommen heißt betrunken werden.
39.Er hielt sich aufrecht.
40.Er bekam Hunger.
41.Gasthof in Antwerpen, zur Landeswohlfahrt.
42.Wer den ersten Kuchen beim Backen bekommt, muß ein Vater unser für die armen Seelen beten, davon heißt der Kuchen der Seelchenkuchen.
43.Jesus, Maria! Man scheut sich, die heiligen Namen ganz auszusprechen und verdreht sie darum.
44.Peterchen, so heißt meistens der Tod.
45.rheumatisch.
46.Mécanique.
47.Jemine.
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
06 декабря 2019
Объем:
260 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

С этой книгой читают