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Читать книгу: «Noleens große Reise - Teil 2», страница 3

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»Ich sollte vermehrt eine Mütze aufsetzen. Doch das hasse ich. Die Sonne brennt stark und meine Haare sind nicht dicht.«

»Das wird sie je länger es geht umso stärker. Du hast eine schicke Mütze. Die macht dich sexy.«

»Mich sexy ... findest du?«

»Natürlich, ich würde es nicht sagen.«

»Ich komme mir albern vor.«

»Hör auf und lass uns weiter philosophieren ‒ über das Reisen und das Leben. Wahrscheinlich ist es eine Epidemie, das Reisen, die durch die vielen Berichterstattungen ausgebreitet wird. Und da schüre ich als Reisejournalistin kräftig mit. Ich erkläre mich schuldig. Wäre Reisen nicht Begegnung? Tun wir das, jemandem begegnen? Begegnen würde Zeithaben einschließen. Je schneller die Reise, umso flüchtiger die Orte und umso weniger sind die Begegnungen und Zeit ist nicht vorhanden. Der heutige Tourist will möglichst viele Destinationen und möglichst ferne sollen sie sein.«

»Ich denke, dass viele heute häufig reisen wollen; viel lieber mehrmals im Jahr. Ich finde, jetzt nach dieser langen Reise, dass man eher die Ferien von mehreren Jahren zusammensparen sollte, um dann länger Urlaub zu machen. Ich frage mich, ob wir in diesen vielen Städten, die wir besichtigt haben, Begegnungen hatten?«, überlegte Oliver.

»Hatten wir wenig, stimmt. Wir waren ständig unter den Schiffspassagieren. In Maputo hatte ich eine herzliche Begegnung mit diesem Restaurantbesitzer. Das war etwas Schönes. Und in Tokio mit Akio Ito. Das war ein Highlight. Ich habe in den Städten das Gespräch mit Einheimischen gesucht, als Journalistin. Ich habe versucht, über das Leben in diesen Städten einen Eindruck zu gewinnen. Diese Begegnungen waren interessant, dennoch, es fehlte leider die Zeit und deshalb blieben sie flüchtig«, erwiderte Noleen.

»Trotzdem dürfen wir sagen, die Reise war eine Bereicherung. Wir hatten Zeit und Muße, gute Bekanntschaften, Freundschaften schlossen wir. Das Schiff in sich war die Reise. Und die Orte, die wir besichtigt haben, boten trotz der Kürze einiges«, meinte Oliver.

»Stimmt. Auf dem Schiff gab es eine komische Frau, die am liebsten ihr Zuhause mitgenommen hätte. Sie fand in Kapstadt hätte es zu viele Schwarze. War die frustriert.« Noleen lachte.

»Der Urknall hat eben nicht nur den Quastenflosser hervorgebracht, sondern gewisse Dummköpfe. Ich denke, dass Reisen Neugierde auf Fremdes beinhaltet; seien es Menschen oder die Natur. Mich hat beides angesprochen und viel ausgelöst«, sagte Oliver.

»Es hat mit Freiheit zu tun. Beim Reisen bestimmst du, was du machen willst. Du fühlst dich unabhängig von Sachzwängen.«

»Nicht verpflichtet, niemandem Rechenschaft schuldig ‒ nur deiner Geldbörse. Und zum Glück hat es bei meiner wegen meiner Sparsamkeit noch viel drin. Und bei dir?«

»Ich habe dir gesagt, dass ich ein größeres Vermögen geerbt habe. Ich weiß selber nicht, was damit anzufangen. Ich werde es nach der Rückkehr klären. Ohje, es ist jetzt mittlerweile 5 Uhr geworden.«

»Oh, wir müssen in die Stadt zurück um viertel vor acht muss ich, das heißt wir vor der Botschaft sein. Wollen wir vorher im Southern Cross dinieren?«, fragte Oliver.

»Das tönt, dinieren. Bin einverstanden. Ich glaube, wir müssen uns nicht umziehen«, sagte sie.

»Nein, ich glaube nicht. Herr Pfeiffer ist umgänglich und kein Snob«, antwortete er.

Sie fuhren in die Stadt und aßen ausgiebig, es hatte Hunger gegeben und mittags hatten sie nur ein Sandwich verzehrt. Dann machten sie sich auf zur Botschaft. Herr Pfeiffer erwartete sie vor dem Eingang. Die Pforte sei nach Büroschluss nicht mehr besetzt. Er begrüßte Noleen herzlich. Es sei ihm eine Ehre, sie in der Botschaft willkommen zu heißen. Er führte sie in sein Büro. Und gleich kamen sie zur Sache. Das Telefonat mit Olivers Chef stand an. Die Verbindung kam rasch zustande und man sprach über dies und jenes. Jens Steierle war bas erstaunt, als Oliver vom Anschlag in Tokio erzählte und Oleg Schiropopov erwähnte.

»Schiropopov wurde in Berlin ermordet. Er war querschnittsgelähmt in einem Rollstuhl erwürgt auf einem Parkplatz aufgefunden worden; am 26. war das«, sagte Steierle. »Es wurde festgestellt, dass er in einem speziellen Rollstuhl saß, der einem japanischen Spital gehörte. Man hat mit diesem Spital Kontakt aufgenommen und erfahren, dass ein Boris Lukada querschnittsgelähmt verletzt in einem Seitensträßchen in Tokio gefunden worden war ‒ unter falschem Namen. Nach fünf Tagen habe ein Verwandter und eine Krankenschwester ihn in Tokio abgeholt. Die Ermittlungen ergaben, dass der Verunfallte von den beiden Personen, von denen jede Spur fehlt, nach Berlin überführt wurde. Noch will man mit dem Bordpersonal wegen der Personalien den Profilen der Beiden Kontakt aufnehmen. Es ist die Singapur Airline und das kann dauern.«

»Das ist die Handschrift von Buchschach und Serchowitch«, sagte Oliver.

»Wir haben das gedacht und deren Alibi überprüft ‒ die sind hieb- und stichfest.«

»Wie immer«, sagte Oliver.

»Da haben Sie recht, wir haben nichts gegen sie in der Hand. Übrigens, wir stimmen einer neuen Identität zu. Wir haben mit der Personenschutzzentrale gesprochen. Die Botschaft kann Ihnen einen vorläufigen Reisepass, gültig für ein Jahr, aushändigen. Die Botschaft wird noch heute dazu ermächtigt.«

Nach dem Gespräch, das über die Lautsprecher geführt wurde, damit die beiden Anwesenden mithören konnten, sagte Pfeiffer: »Okay, in diesem Fall können wir handeln. Sie müssen dieses Formular ausfüllen ‒ er nahm es aus einer Mappe ‒ und sich ein Passporträt beschaffen, dann ist der Pass in zwei Tagen abholbereit.«

»Das habe ich mir bereits besorgt«, sagte Oliver.

»Du hast ein Foto?«, fragte Noleen erstaunt.

»Als ich das Handy besorgte, sah ich ein Fotofachgeschäft nebenan und da dachte ich, dass ich eines brauche und habe es gleich erledigt. Hier haben Sie es«, sagte er und griff in seine Handtasche, die er an diesem Tag mitgenommen hatte.

»Ah, das ist gut. Die entspricht unseren Vorschriften«, sagte Pfeiffer, der das Foto prüfte. »Ihrem Antrag steht nichts mehr im Weg.«

Oliver füllte das Antragsformular aus und reichte es Pfeiffer.

»Sie müssen wissen, dass Sie mit dem vorläufigen Reisepass nicht in allen Ländern einreisen können. Da müssen Sie sich vorher orientieren.«

»Ich will in Australien rumreisen und nachher ab nach London. In Deutschland kann ich nicht leben ‒ zu gefährlich.«

»Es ist eine verrückte Geschichte in der Sie stecken. Ich weiß nicht wie ich damit leben könnte. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Ich gebe Ihnen Bescheid, wann der Pass bereit liegt.«

Die Zeit am Donnerstag verbrachten sie mit einem Besuch im Zoo, den Noleen als einen schönen und gepflegten fand. Sie sehe sich überall Zoos an und der hier in Canberra sei wirklich gut. Nachher besuchten sie das National Museum of Australia, das abseits der Stadt liegt. Es hat dort einen gut präsentierenden Teil, der die Geschichte Australiens dokumentierte. Sie interessierten sich speziell, und das hatten sie bereits in Sydney getan, für die Kunst der Aborigines und schlossen sich einer geführten Tour an, weil sie auf diese Weise viel mehr über das wirkliche Leben der Ureinwohner erfuhren. Der Weg zum Museum hatte sich auf jeden Fall gelohnt, da es mit vielen Multimediainstallationen die australische Geschichte authentisch darstellte. Das ganze Museum ist eine Art Multimediamuseum. Und das alles kostenlos. Oliver und Noleen waren begeistert und beschlossen, am Nachmittag noch das Parlament House zu besichtigen. Die Architektur des Gebäudes lockte sie für einen Besuch. Der Eintritt war hier frei; die Tour, der sie sich anschlossen, ebenso. Sie fanden es ansprechend, überall engagiertes Personal, tolle Führung und viel Sehenswertes.

Es war Freitag, am frühen Morgen, der 6. November war's. Pfeiffer telefonierte, dass der Pass bereit liege; er müsse ihn vor 14 Uhr abholen, da schließe die Botschaft. Oliver erklärte, dass er ihn sofort abholen werde, am Samstag sei der Tag der Weiterreise. Dann werde endlich die große Reise auf den Straßen Australiens beginnen, erklärte er Noleen. Sie würden wahrscheinlich kaum mehr so lange an einem Ort verweilen.

»Wer weiß?«, sagte sie. »Wie soll ich dich jetzt eigentlich nennen? Oliver bin ich gewohnt.«

»Dann nennst du mich halt weiterhin Oliver. Wie du willst. Bei prekären Situationen solltest du besser Gregor sagen; könnte sonst Verwirrungen heraufbeschwören.«

Sie hatten bereits am Abend bezahlt und ausgecheckt, um am frühen Morgen loszufahren. Es war sieben als sie den Bungalow gut geräumt mit ihrem Gepäck verließen und losfuhren. Die Reise ging auf dem Kings Highway Richtung Küste ‒ nach Batemans Bay. Von dort wollten sie nach Lakes Entrance fahren und auf dem Camping übernachten. Oliver hatte errechnet, dass dies 550 Kilometer waren. Noleen meinte, ob es nicht besser wäre, die Strecke zu halbieren. Er wollte direkt fahren.

»Wir sind zwei, die sich beim Fahren abwechseln können«, sagte er.

»Du willst möglichst rasch rund herum, was? Wir haben Zeit«, reklamierte Noleen.

»Wir wollen noch die Städte Melbourne, Adelaide, Darwin, Crains und das Outback besichtigen. Das braucht Zeit.«

»Städte hast du gesagt, hättest du genug gesehen ‒ im Moment. Irgendwie möchte ich vielmehr die Natur erleben, in ihr meine Ruhe finden. In den Städten ist viel Unruhe und Hetze. Natürlich waren die Besuche in den Museen und Zoo schön. Ich fühlte mich im Alivio Tourist Park richtig wohl«, sagte Noleen.

»Hast du es in Canberra gestresst erlebt?«

»Nein, es war eine gute Mischung von Besichtigungen und Ruhezeit. Es wird sich zeigen wie es weiter geht.«

Sie fuhren still weiter und erreichten Batemans Bay. Dort verpflegten sie sich in Maloney's Beach Cafe und fuhren nach einer stündigen Pause, sie waren spaziert um die Beine zu vertreten, weiter. Noleen fuhr.

»Wollen wir auf dem Princes Highway fahren oder die Beach Road nehmen? In Moruya müssen wir dann auf dem Princes Highway weiter«, sagte Oliver.

»Wir nehmen die Beach Road«, entschied sie.

Oliver war es nicht recht. »Wir brauchen länger«, sagte er.

»Wir haben alle Zeit, Oliver. Ich weiß nicht, was du jetzt hast. Streiten wir uns jetzt wegen des Weges? Vor Kurzem dachte ich, wir hätten noch keine gravierende Meinungsverschiedenheiten gehabt. Jetzt scheint das vorüber zu sein. Bist du sauer, weil ich diese Straße gewählt habe?«

Noleen fuhr langsamer und machte Anstalten zum Anhalten.

»Hhh, nein, nicht sauer. Du hast wie immer recht. Auf dieser Straße sehen wir bestimmt mehr als auf dem Highway. Fahr weiter. Ich habe zu weit vorgeplant.«

»Haben wir nicht kürzlich über den Sinn des Reisens gesprochen.«

»Stimmt. Ich habe die Abfahrt mit der Ankunft verschmolzen. Okay, binde mich zurück in meinem Denken. Es ist schön auf diesem Weg.«

Sie fuhren durch kleine Küstenorte. In Malua Bay hielten sie kurz, fuhren an den Strand, behändigten sich ihrer Provianttasche für ein Picknick und setzten sich in den Sand. Es war herrlich warmes Wetter.

»Ich hätte den Hut aufsetzen sollen«, klagte Oliver. »Wie ich das hasse. Darum vergesse ich es.«

»Ich hätte Lust, ins Wasser zu gehen«, sagte Noleen.

»Du hast kein Badezeug.«

»Und wenn, macht doch nichts.«

Noleen zog die Schuhe aus.

»Du wirst nicht nackt ...?«, entsetzte sich Oliver.

Noleen lachte. »Nein, natürlich nicht. Hast du Angst man könnte mich sehen. Es ist keine Menschenseele am Strand. Will mit den Füssen ins Wasser stehen.«

Sie krempelte die Hosenbeine hoch, stand auf und forderte: »Komm mit. Das ist wohltuend und gesund nach dem ewigen sitzen.«

Er widersprach nicht und tat es ihr gleich. Zusammen gingen sie zum auflaufenden Wasser. Die Wellen waren nicht hoch und die Wassertemperatur angenehm. Oliver bückte sich und spritze Noleen an. Diese kreischte und spritzte ihrerseits. Sie alberten wie Kinder noch eine ganze Weile und waren durchnässt. Lachend fielen sie sich in die Arme und küssten sich im Wasser stehend innig.

»Weißt du was? Am liebsten würde ich hier übernachten«, sagte Noleen.

Eine höhere Welle schwappte an Land und nässte ihnen die Hosen bis über die Knie.

»Au watsch«, kreischte sie.

»Hier dürfen wir nicht campieren, das ist nicht erlaubt und kann teuer zu stehen kommen«, erklärte Oliver.

»Ich weiß, dennoch wäre es schön hier, einfach romantisch. Und das mit dir.« Sie küsste ihn und knabberte an seinem Ohr.

erneut rollte eine hohe Welle an ihnen hoch. Sie wateten an Land und setzten sich bei ihrer Picknicktasche, legten sich hin, um an der Sonne zu trocknen.

Es war vier Uhr als sie Eden erreichten.

»Schau, hier hat es einen Camping. Garden of Eden heißt er sinnigerweise«, sagte Noleen und verringerte die Geschwindigkeit.

»Okay, ich bin einverstanden. Wir halten hier. Es ist jetzt zu spät, um nach Lakes Entrance zu gelangen. Es gefällt mir hier.«

Der Platz war gepflegt, hatte viele Bungalows und für einen Moment waren sie versucht, einen zu mieten. Sie erkundigten sich, ob auf diesem Platz zelten möglich sei. Es war und war eine gute Wahl und das Zelt rasch aufgestellt, sie sahen sich um. Es hatte eine stattliche Anzahl von Campern; alle mit Vans. Warum sie mit Zelt unterwegs seien, wurden sie gefragt.

»Natur pur genießen«, antwortete Noleen. Sie hätten eine lange Zeit Luxus gelebt und jetzt das Bedürfnis zur Einfachheit.

Es wurde ein schöner Abend. Zwei Australier, ein Schotte und zwei Belgierinnen und sie, veranstalteten ein herrliches Barbecue, und es wurde spät. Es gab Verwirrung, weil Noleen Oliver als Gregor vorstellte, ihn zwischendurch Oliver nannte. Er habe zwei Namen, sagte er. Ihr gefalle Oliver besser, redete sich Noleen aus der Affäre. Jetzt sei auch das geklärt, meinte Oliver nachdem sie im Zelt nebeneinander lagen. Sie liebten sich innig und er lächelte, als er sagte: »Das war heute eine absolute Premiere und ich möchte die Fortsetzung nicht missen.«

Sie kniff ihn in den Rücken und küsste ihn zärtlich.

Am andern Morgen schlenderten sie durch Eden um einzukaufen. Es war nicht weit, doch hatten sie die falsche Straße gewählt. Auf Umwegen gelangten sie an ein kleines Einkaufsgeschäft. Sie konnten was sie brauchten kaufen ‒ Proviant für den Tag. Zurück auf dem Camping füllte Oliver frisches Wasser in den Reservekanister. Nach einem kurzen Frühstück fuhren sie los. Oliver fuhr. Er achtete sich, nicht über 110 km/h zu fahren. Die ganze Strecke fuhren sie durch Wald. Beidseits der Straße war großzügig gerodet worden. Überhaupt seien die Straßen überall großzügig ausgeführt. Die Australier hätten Platz, fand Oliver. Auf halbem Weg zeigte vor Cabbage Tree Creek ein Wegweiser nach Cape Conran. Wenig weiter stand plötzlich ein Haus rechter Hand.

»Schau, da hat es mitten im Busch einen General Store. Mal sehen, was hier geboten wird«, sagte Oliver.

Er zweigte in den Seitenstreifen, fuhr langsam am Geschäft vorbei und parkte beim roten Lattenzaun. Weiter vorn stand eine Telefonkabine. Es war halb elf. Sie stiegen aus, streckten sich und Oliver hüpfte, um sich zu lockern. Im Geschäft konnte man Kaffee und Tee konsumieren ‒ Noleen natürlich ihren geliebten Earl-Grey-Tea, daneben wurden allerlei Waren angeboten. Sie besichtigten die Auslage und Oliver wurde fündig. Da waren Messer im Angebot und ein Schweizertaschenmesser tat es ihm an. Er kaufte ein Exemplar.

»Ist es überhaupt erlaubt in Australien?«, fragte Noleen.

»Ich denke, dass dies kein Problem ist. Zwar, das Waffengesetz Australiens habe ich nicht studiert. Ich frage den Verkäufer.«

Das sei kein Problem bei diesem Messer, zumal sie es für das Campieren benötigen würden, sagte dieser. Zwar sei das Waffengesetz wegen der Terrorgefahr verschärft worden, das Besitzen eines solchen Messers sei nicht eingeschränkt. Der Storekeeper war ein freundlicher und neugieriger Mann und Noleen verbuchte erneut einen angenehmen Australier. Ron Sunder hieß er, war großgewachsen, korpulenter Mann mit Glatze, fünfzig Jahre und einer, der gerne lachte. Er wollte wissen woher sie kamen, was sie in Australien sehen möchten.

»Die Natur, die Weite, die Küsten, das Outback und natürlich die Menschen ‒ einfach alles, was Australien zu bieten hat«, sagte Noleen.

»Wenn ich Ihnen einen Rat geben kann, dann fahren Sie jetzt die Straße zurück, bis zur Abzweigung nach Cape Conran und folgen dann auf der Marlo-Conran Road der Küste entlang nach Marlo und von dort dann weiter zum Princes Highway. Es ist ein Umweg von zwanzig Kilometern, jedoch sehr sehenswert«, sagte Sunder.

Sie bedankten sich. Auf dem Weg zum Auto sagte Noleen: »Wir machen den Umweg. Das liegt zeitlich drin. Meinst du nicht?«

»Ich dachte, wir fahren jetzt durch, um dann in Lakes Entrance genügend Zeit zu haben ‒ und es scheint Regen aufzukommen.«

»Ach komm. Es ist erst elf. Wir können an der Küste Picknick halten. Warum bist du jetzt versessen, möglichst rasch nach Lakes Entrance zu kommen? Und wegen des Regens mache ich mir keine Gedanken. Im schlimmsten Fall finden wir einen Bungalow. Warte, ich fahre.«

Sie nahm Oliver die Schlüssel aus der Hand. Dieser war erstaunt, sagte nichts und wechselte auf die Beifahrerseite.

»Haben wir Probleme?«, fragte Noleen einsteigend, steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Sie schaute ihn an. »Warum willst du schnell nach Lakes Entrance? Ist da etwas Besonderes?«

»Ich habe gelesen, dass es der Melbourner beliebtester Ausflugsort sei. Man kann Bootstouren machen und Delfine und Seelöwen beobachten. Darauf freue ich mich. Delfine sind meine Lieblingstiere.«

»Lass es, wir haben genügend Zeit. Wir können gut zwei Tage dort bleiben. Wenn du willst mehr.«

Sie startete und fuhr zur Abzweigung nach Cape Conran zurück. Oliver war, als sie dort anlangten, dann einverstanden an den Strand zu gehen. Über einen Holzsteg mit Treppen stiegen sie zum Strand hinunter. Es war steinig, der ganze Strand war übersät von kleinen und großen Steinen, Felsen säumten sich dem Wasser entlang und Wellen brachen sich, was Noleen über alles liebte. Aus lauter kleinen und mittleren Steinen hatten Strandbesucher überall Steinmännchen aufgebaut. Noleen sagte: »Im Englischen nennen wir diese Cairns, wie sagst du diesen auf Deutsch?«

»Wir nennen sie Steinmännchen. Wollen wir eines errichten? Ich hätte Lust.«

»Das nenne ich jetzt aufgestellt, Oliver. Das kenne ich von dir, die Spontanität und schätze dich. Okay, los geht’s. Wo wollen wir eines bauen?«

»Da drüben, auf dem Felsvorsprung.«

»Da müssen wir die Steine hochtragen«, stellte sie fest.

»Klar. Ich trage die großen und du kannst die kleinen.«

Nach einer Weile war eine Frau ebenfalls an den Strand gekommen, schaute ihnen zu. Als sie erkannte, was sie beabsichtigten, kam sie zu ihnen und fragte: »Darf ich euch behilflich sein? Ich hätte nämlich Lust.«

Sie sprach in einem Englisch, das mit deutschem Akzent versetzt war.

»Natürlich. Wir können jede Hilfe gebrauchen. Wir wollen den größten Steinmann hier am Strand«, sagte Oliver auf Deutsch.

»Oh, Sie sind Deutscher und haben mich entlarvt. Meine Freundin wird noch nachkommen. Dann wird nichts schief gehen.«

Diese kam den Steg runter und überschaute die Szenerie. Sie kam lachend zu ihnen.

»Ist hier Arbeit angesagt?«, fragte sie.

»Natürlich, du kannst zupacken, Angela. Es soll der größte Steinmann werden.«

»Woher kommt ihr?«, fragte Oliver, einen großen Stein auf den Felsvorsprung hievend.

»Ich komme aus der Nähe von Wuppertal und meine Freundin aus der Nähe von Düsseldorf. Wir sind Landeier. Jetzt wohnen wir in Düsseldorf. Und ihr?«

»Ich aus Köln«, sagte Oliver.

»Und ich aus London, ich bin Engländerin«, sagte Noleen.

»Sie sprechen gut Deutsch. Wir sind hier gestrandet. Unser Campervan ist oben an der Straße und macht keinen Wank mehr. Wir wissen nicht was los ist und Hilfe rufen ist uns noch nicht gelungen. Aus Wut sind wir jetzt mal an den Strand gelaufen. Übrigens, ich heiße Sabine Singer und das ist Angela Weiß«, sagte die Ältere, mochte 30-jährig sein.

»Ich habe dir gesagt, wären wir auf dem Princes Highway geblieben. Da hat es mehr Verkehr und Hilfe eher möglich«, klagte Angela Weiß.

»Wenn und hätte ... jetzt bauen wir hier einen Steinmann. Der weißt mir den Weg«, versuchte Sabine ihre Freundin zu beruhigen.

Oliver, als Gregor Trummer, und Noleen stellten sich vor.

Im Nu hatten sie große und kleine Steine hochgetragen und Oliver begann aus den großen ein Fundament herzurichten. Zu viert ging es rasch und die Figur wuchs enorm. Oliver erwies sich als gewiefter Konstrukteur und es entstand ein schöner Steinmann, über einen Meter hoch. Zufrieden schauten sie auf ihr Werk.

»Er ist weitherum gut sichtbar, weist Schiffbrüchigen den Weg. Apropos Schiffbruch«, sagte Oliver, »Wegen Ihres Vans: Ich könnte mal einen Blick drauf werfen. Nach getaner Arbeit hier habe ich noch Zeit für Sie. Mal sehen.«

»Das ist nett. Von Autos habe ich keine Ahnung, kann zwar fahren und bin zufrieden, wenn es fährt. Wenn man ein solches Wagnis eingeht, sollte man gewisse Kenntnisse haben. Wir sind beide Grünschnäbel«, sagte Sabine.

»Oliver, meinst du, du könntest ihnen helfen?«, fragte Noleen.

»Ich weiß es noch nicht. Muss mal sehen. Früher habe ich an meinem Auto rum gebastelt. Das ist lange her.«

Sie stiegen den Steg hoch und gelangten auf die Straße. Olivers und Noleens Auto stand am Straßenrand. Der Van war oberhalb der Kurve stehen geblieben.

»Ihr seid mit dem Auto unterwegs? Übernachtet Ihr in Hotels?«, fragte Sabine.

»Nein, wir haben ein Zelt und campieren«, antwortete Noleen.

»Im Freien?«

»Nein, das ist hier verboten. Es hat viele Campingplätze und zwischendurch werden wir in Hotels uns zivilisieren. Je nach Bedarf. Wir sind noch am Anfang unserer Reise. Haben erst Canberra hinter uns«, sagte Noleen.

»Dort waren wir ebenfalls. Wo wollt Ihr hin?«

Sie waren beim Camper angelangt. Oliver öffnete die Motorhaube.

»Starten Sie den Motor.«

Es wurde kurz der Anlasser betätigt. Der Motor reagierte nicht.

»Ich vermute, es sind die Zündkerzen. Ich muss sie ausbauen und reinigen«, erklärte Oliver.

»Können Sie das?«, fragte Angela. Sabine war hinzugetreten.

»Ach lassen wir das Sie. Wir sind Schicksalsgefährten. Mal sehen, ob du Werkzeug hast.« Er durchsuchte alle Fächer im Wagen und wurde fündig. »Es hat einen Schlüssel für die Zündkerzen, welch Wunder.«

Es dauerte eine Weile bis Oliver die Kerzen ausgeschraubt, gereinigt und wieder eingesetzt hatte. Währendem unterhielten sich die drei Frauen. Sabine und Angela waren ein Paar und lebten seit einem Monat in Düsseldorf, kennen taten sie sich zwei Jahre. Diese Australienreise war für sie die Hochzeitsreise. Noleen sagte: »Ich bewundere euch, dass ihr euch eine solche Reise gönnt.«

»Weißt du, wir haben noch mit Vorurteilen zu kämpfen«, sagte Angela.

»Das wird bestimmt ändern, braucht Zeit. Es wird zwar weiterhin Menschen geben, die darin Verwerfliches finden. Homosexualität ist vor allem bei Religiösen eine Sünde, eine Todsünde. Ich wette, dass es noch welche gibt, die gemäß der Bibel den Tod fordern würden«, sagte Noleen.

»Meine Eltern haben mich verstoßen; haben jeglichen Kontakt verboten, sogar unter den Geschwistern«, sagte Sabine. »Darunter leide ich.«

»Wir haben uns«, sagte Angela lächelnd. »Und meine Eltern lieben dich.«

»Das ist mir ein Trost.«

»Jetzt können wir mal starten«, sagte Oliver nach einer Weile, trat zurück und wischte sich die Hände am Tuch ab, das er in der Werkzeugkiste gefunden hatte.

»Gut, ich probiere«, rief Sabine und stieg ein.

Der Wagen sprang beim ersten Versuch sofort an. Sie stellte ab und versuchte es gleich noch. Es klappte.

»Hei, du bist unser Held. Wie sollen wir dich nennen? Du sagst Gregor und Noleen nennt dich Oliver?«

Oliver zog die Augenbrauen hoch. Wie sollte er dies erklären müssen?

»Nennt mich wie ihr wollt. Noleen gefällt der zweite Namen besser«, er lächelte verlegen.

»Jetzt stehen wir in deiner Schuld. Komm, ich muss dich umarmen«, sagte Sabine.

Sie ging zu ihm hin und drückte ihn fest. Irgendwie fand er es komisch, trotzdem angenehm und ehrlich, spontan.

»Dürfen wir euch folgen? Wohin fahrt ihr jetzt?«, fragte Sabine.

»Wir fahren bis Lakes Entrance. Oliver will dort Delfine beobachten.«

»Oh, das ist schön. Wollen wir das, Angela?«

»Ich weiß nicht ... von mir aus«, sagte diese, nachdem sie den Blick von Sabine gedeutet hatte. »Habt ihr nichts dagegen?«, vergewisserte sie sich dennoch.

»Nein, absolut nicht«, meinte Noleen und wandte sich an Oliver. »Nicht, oder?«

»Nein, angenehme Gesellschaft ist bereichernd. Ich denke, wir fahren vor. Bis Lakes Entrance ist es nicht mehr weit; weniger als hundert Kilometer. Und jetzt ist es erst halb eins. Unterwegs, an einem lauschigen Plätzchen würde ich gerne picknicken. Ist das gut?«

»Natürlich. Ich habe vergessen, dass wir noch futtern sollten. Jetzt, wo du es sagst, verspüre ich Hunger«, sagte Sabine.

Sie stiegen ein und Noleen und Oliver liefen zu ihrem Auto.

»Werden die jetzt an uns kleben?«, fragte er, als er losfuhr. Im Rückspiegel sah er den Van.

»Wahrscheinlich eine Zeitlang. Wer weiß, vielleicht entwickeln sie ihre eigenen Interessen. Es ist gut, wenn man Leute kennenlernt.«

»Müssen es Deutsche sein? Australier wären mir lieber. Die beiden gestern Abend waren okay, findest du nicht?«

»Das Konto der freundlichen Australier füllt sich mehr und mehr.« Sie lächelte.

Sie fuhren der Küste entlang und es war nicht eine besonders sehenswerte Strecke, wie der Storekeeper gesagt hatte. Lange säumten Bäume und Büsche die Straße beidseits. Später sah man vermehrt das Meer und Küstenstreifen. Noleen hatte gehofft, entlang wilder Strände zu fahren. Dennoch empfanden sie eine gewisse Abwechslung. Es hatte wenig Verkehr. Endlich gelangten sie an eine Stelle, wo sie parken konnten und siehe da, es stand ein Tisch mit Bänken zur Verfügung. Welcher Luxus. Sie parkten und stiegen aus. Man hatte tolle Meersicht. Die beiden Frauen parkten hinter ihr und stiegen aus.

»Ein Platz wie bestellt. Hast du eine Nase für optimale Plätze?«, sagte Sabine.

»Das hat er, muss ich sagen«, sagte Noleen. »Ich war überrascht einen solch lauschigen Platz zu finden.«

»Hatte einfach Glück«, wehrte sich Oliver. »Richten wir uns für den Lunch ein.«

Er hatte begonnen, die Picknicktasche aus dem Wagen zu nehmen und bereitete auf dem Tisch ihre Sachen aus. Die beiden Frauen kamen mit ihrem Korb und verteilten sich.

»Ich bin gespannt auf Melbourne. Soll eine interessante Stadt sein. Sydney fand ich schön. Habt ihr Lust auf Städte?«, fragte Sabine.

»So la la. Eigentlich habe ich es satt, in Städten herum zu wandern, dies und jenes anzusehen, am Abend einen wirren Kopf zu haben. Im Moment habe ich Lust auf Natur, in ihr leben, sie atmen«, sagte Noleen. »Ich möchte beobachten ‒ Pflanzen und Tiere. Natürlich ‒ sie lachte ‒ auch Menschen, wie sie hier leben. Ich bin nämlich Journalistin. Und ihr, was arbeitet ihr?«

»Ich bin Schneiderin, arbeite zurzeit als Verkäuferin in der Modebranche ‒ noch«, sagte Sabine.

»Wir wollen eine eigene Boutique mit selbstkreierter Mode und Accessoires eröffnen. Ich wäre dann vor allem für das Administrative zuständig. Im Moment bin ich Sekretärin in einer Fabrik. Nichts Aufregendes wie bei dir als Journalistin.« Angela lächelte.

»Oh, es ist nicht aufregend. Es gibt Situationen da ist es todlangweilig und mühsam. Jetzt hatte ich eine Reiseberichterstattung zu machen, eine größere Sache. ‒ sie sah Olivers Blick ‒ In der Regel sind es kleine Angelegenheiten.«

»Ich würde mich nicht eignen als Journalistin, denke ich. Ich bin zu scheu. Direkt auf Leute zugehen und sie auszufragen, nein, das kann ich nicht«, sagte Angela.

»Es ist wirklich ein harter Job«, sagte Noleen. »Du musst ständig auf Draht sein und dich um Aufträge bemühen, besonders als Freischaffende. Angestellt sein, da hast du Druck. Und die Konkurrenz ist enorm. Du musst besser sein und es werden. Es schreiben heute viele.«

»Das stimmt. Es wird heute viel weniger recherchiert und Texte bergen viele Unwahrheiten in sich«, sagte Oliver.

»Die Journalisten haben keine Zeit mehr. Sie müssen heute schreiben und heute muss es ins Netz oder in Druck gehen. Gestern ist veraltet. Die Konsumenten sind erzogen worden, sie sind abgerichtet worden, das Neueste zu lesen und hören und das möglichst im Stundentakt. Mit den neuen Medien ist das möglich«, erklärte Noleen.

»Dieser Stress ist nichts für mich. In letzter Zeit nimmt dieser bei uns zu. Wir können weniger verkaufen, weil heute viel online gekauft wird. Die Kaufhäuser leiden darunter. Einer Bekannten von mir wurde gekündigt, weil man sparen müsse. Schluss mit diesen düsteren Gedanken, jetzt wollen wir es genießen und möglichst keine Probleme wälzen«, sagte Sabine.

»Da hast du recht«, pflichtete ihr Noleen bei. »Probleme kommen von alleine, wenn es Zeit ist, Zeit sie dann zu lösen.«

»Was arbeitest du, Oliver. Ich sage jetzt Oliver, gefällt mir ebenfalls besser«, sagte Sabine.

»Ich arbeite im Import-Export; habe mit Japan zu tun.«

»Dann bist du dort gewesen. Es muss schön sein«, meinte Sabine.

»Vor kurzem war ich dort. Habe nicht gute Erinnerungen. Eines war gut: Ich traf einen alten Mann, der noch nie aus Tokio raus war. Lebte immer in der Stadt. Das hat mir Eindruck hinterlassen. Er lebt genügsam und meint, er habe ein interessantes Leben. Ich glaube ihm. Er war interessant und belesen.«

»Das finde ich eigenartig ‒ nie aus der Stadt. Das könnte ich nicht. Ich reise gerne und musste Angela direkt zu dieser Reise überreden. Du bist eher eine Nesthöckerin«, sagte sie und strahlte Angela an.

»Ich reise nicht gern. Irgendwie kam mir zuerst diese Reise groß vor – riesig. Jetzt gefällt es mir. Man ist frei und Australien ein riesiges Land. Wohin fahrt ihr noch?«

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